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kulturABENDZEITUNG FREITAG, 5. 1. 2018 / NR. 4/1

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Verstehen Sie Spaß?

E r sagt gleich, dass er nichtviel Zeit habe. GerhardPolt muss rüber in die

Kammerspiele zum Stück „Ek-zem Homo“. Dann gibt er auchzu, immer Lampenfieber zu ha-ben, was aber gut sei für dieVerdauung. Was auch immer erdamit meint. Also sollen wirmit dem Gespräch schnell an-fangen? „Ja klar, fangen Sie an.Denn meistens ist ja die Fragefrüher da als die Antwort.Wenn es sich nicht um voraus-eilende Antworten handeltoder beflissen hinterher hin-kende Fragen. Soll’s ja alles ge-ben. Vor allem in der Politik.“

AZ: Herr Polt, gibt es sowaswie Münchner Humor?GERHARD POLT: Nein, aber esgibt Karl Valentin, der zum Bei-spiel in einem Stück vorführt,wie er vor der Inflation undnach der Inflation gelacht hat.Das ist nicht Münchnerisch,sondern menschlich. Es hat jaangeblich drei Begegnungenzwischen Valentin und Hitlergegeben, und bei einer hat Hit-ler gesagt: „Mein lieber Valen-tin, ich freue mich immer überihren Humor.“ Und der Valen-tin hat gesagt: „Kann schonsein, aber über Ihren habe ichehrlich gesagt noch nie ge-lacht.“

Gibt es humorlose Menschen?Ja, aber das ist ja dann auchwieder komisch. Man weiß,dass es unter den Nazis die Di-rektive gab, humorvoll zu sein,um sympathischer rüber zukommen. Aber bei denen hatder Spaß nicht funktioniertund schnell aufgehört.Gibt es einen englischen Hu-mor?Ich bin dem persönlich nochnicht begegnet. Und wenn manaktuell den Donald Trumpnimmt, dann wird doch auf derganzen Welt über ihn gelacht

und sicher wird es auch in Ne-pal Karikaturisten geben, dieihn karikieren. Überhaupt istHumor ein Rätsel. Wenn manjemanden fragt, warum er ge-rade gelacht hat, kann er es oftgar nicht sagen.Sie haben gesagt: Humor istein Ozean, wie auch die Liebe.Das macht es so interessantund gleichzeitig schwierig, Hu-mor einzufangen. Ich bin aktivgeworden für ein „Forum Hu-mor und Komische Kunst“, weilich mich bei all den neuenrechten politischen Strömun-gen gefragt habe: Kann Demo-kratie überhaupt ohne Humorexistieren? Nehmen wir dasThema Humor in der Religion,also Blasphemie, wo Humorvorkommt, wo er offiziell nichtstattfinden soll. Dann wirdklar: Humor ist antitotalitär.Worüber lachen Sie?Das kann ich so gar nicht sagen,aber es gibt zum Beispiel dasweite Feld des historischenWitzes, wie den Toilettenwitzvor 2000 Jahren: In Pompejiwurden in den Latrinen auchWitze an die Wand gekritzelt.Da wurde eine Inschrift ent-deckt: „Du arme Wand, wie be-wundere ich, dass du trotz desBlödsinns, den du tragenmusst, nicht zusammen-brichst“. Man könnte ergän-zen: „...vor allem nicht vor La-chen“.Humor ist schön, macht aberviel Arbeit.Polgar hat gesagt: „Geben S’mir a Flasche Rotwein und amandern Tag habe ich Ihnen eineTragödie geschrieben. Aber aKomödie? I weiß net, ob desmeine Leber aushält.“Sie werden immer als Co-In-spirator bezeichnet, wenn esum das Haus für den Humorgeht. War das Ihre Idee?Nein, das hat eine lange Vorge-

schichte mit der Meisi Grill undihrer Sammlung von Satire-zeichnungen. Aber ich bin mitmeiner Frau auf die Viehbankim Schlachthof gekommen, umdort das „Forum für Humorund Komische Kunst“ zu ma-chen. Ich habe lieber die Ideebeigesteuert und muss nichtorganisieren. Die Arbeit habendie anderen. Die müssen dasjetzt voranbringen.Warum fehlt in München einsolches Forum?Wir haben das Valentin-Mu-säum oder in Tegernsee dasGulbransson-Museum. Aber esgibt keinen Ort, an dem man al-les bündeln kann: ein Forum,wo man Humor erlebt, wenn erstattfindet, wo man Humorzeigt, aber eben auch analy-siert. Es wäre ein Forum für So-ziologen, Psychologen, Maler,Zeichner, Literaten, Kabarettis-ten, Filmemacher oder Kas-perltheaterbetreiber. Interes-sant wäre es doch, zum Beispielbei Siemens zu vergleichen,welche Witze da oben im Vor-stand gerissen werden undwelche unten im Keller beimArchivar. In so einem Forumkönnten auch Leute davon er-zählen, wie sie Humor schaf-fen. Der Witz ist ja: Einer kannauf der Bühne eine Bewegungmachen und keiner lacht, er va-riiert leicht, und das Publikumlacht. Warum? Man kann esnicht sagen, man muss es erfor-schen. Oder: Mir hat nach einerVorstellung mal einer ein Buchin die Hand gedrückt, an demer gearbeitet hatte: „Der Witzin Auschwitz“. Darin wurdeklar, wie sich Menschen mitKalauern für Augenblicke ausdem Schrecken gerettet haben.Das ist auch ein interessantesFeld. Es gibt Leute, die sind Ex-perten nur für Flüsterwitze inDiktaturen. Adrian Prechtel

Gerhard Polt setztsich für das MünchnerHumor-Forum ein. Aberwas genau ist Humor?Ein Gespräch mit demgroßen Komödianten

Gerhard Polt mit Reinhard G. Wittmann, im Dezember bei einem Pressegespräch zum „Forum für Humor und Komische Kunst“. Foto: Sigi Müller

AZ-INTERVIEWmit

Gerhard PoltDer Humor der MünchnerKabarett-, Film- und TV-Le-gende ist erst kürzlich in ei-ner Dissertation wissen-schaftlich analysiert worden

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