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Page 1: „Asteroiden-Einschlag im Zeitraffer“ - Öko-Modellregionen · 2019-02-01 · „Asteroiden-Einschlag im Zeitraffer“ Regenwurmgänge zu bis zu 50 Proz en ta u sL f . E il c vorzust

Perlesreut. Der Bund Natur-schutz Kreisgruppe FRG unddie Ökomodellregion IlzerLand haben zusammen zu ei-nem Vortragsabend eingeladen,bei dem um den Zusammen-gang zwischen der Gesundheitdes Bodens und des Menschensowie um die Landwirtschaft inZeiten des Klimawandels ging.

Der Referent Martin Primbsist Arzt, Demeter- Landwirt undAusbilder der „Demeter-Bo-denpraktiker“ − er konnte sei-nen zahlreichen Zuhörern, derRaum war mit etwa 60 Zuhö-rern gut gefüllt, die lebendigenZusammenhänge unserer Le-bensgrundlage mit vielen Bil-dern anschaulich erläutern.

Im ersten Teil seines Vortragswidmete sich Primbs den Fol-gen des Klimawandels für dieLandwirtschaft. Dazu zitierte erden renommierten Klimafor-scher Schellnhuber, der gesagthabe, der Klimawandel unsererZeit gleiche in seiner Wirkungeinem „Asteroideneinschlag imZeitraffer“.

Klimawandel machtsich bemerkbar

Primbs zeigte Statistiken, diedie deutliche Zunahme derTemperatur und der klima-schädlichen Treibhausgase inder Atmosphäre zeigen. Dasführt unter anderem zu länge-ren Frühjahrs- und Sommertro-ckenheiten, aber auch zu mehrStarkregenfällen im Winter, zuSturzregen-Ereignissen wie imBayerischen Wald und zu denDonauhochwassern der letztenJahre.

Unsere Böden haben alsomehr Wassermassen in kürzererZeit zu bewältigen. Ein gesun-der Boden sei durchaus in derLage, Wasser aufzunehmen undzu speichern, denn dieser be-steht wegen der vielen Mittel-und Grobporen und der vielen

„Asteroiden-Einschlag im Zeitraffer“

Regenwurmgänge zu bis zu 50Prozent aus Luft. Es ist leichtvorzustellen, welche Mengenan Wasser ein solcher Bodenspeichern kann.

Nur komme erschwerendhinzu, dass die intensive Nut-zung der meisten landwirt-schaftlichen Böden zu einerstarken Veränderung des Bo-dens geführt habe. Intensiv ge-nutzte Böden, z.B. unter Mais,sind meist stark verdichtet undweisen eine sehr geringe Hu-musschicht auf. Regenwürmersind hier wegen Futtermangelund Pestiziden stark dezimiert.Dieser Boden ist kaum in derLage, Wasser zu speichern, undselbst stark gefährdet, durchden Einfluss von Wind undWasser zu erodieren. Zusätz-lich komme erschwerend hin-zu, dass die schweren Landma-schinen, die immer größer wer-den, den Boden zusätzlich ver-dichten. Ein Boden dagegen,der einen hohen Humusanteilaufweist, z.B. weil er lange Zeitökologisch mit möglichst stän-diger Bodenbedeckung bewirt-

schaftet wurde, ist weniger ero-sionsgefährdet und kann vielmehr Wasser speichern.

Als Möglichkeiten, gegenErosion Vorsorge zu leisten,nennt Primbs unter anderemMulchen im Gemüseanbau,Anbau von Winterzwischenf-rüchten, Untersaaten im Maisund Grünlandbewirtschaftungin steilen Hanglagen. Ziel solltemöglichst das ganze Jahr hin-durch eine grüne Bodenbede-ckung sein.

Eine weitere Möglichkeit be-stehe in der biologischen Be-wirtschaftungsform, mit der ammeisten Humusaufbau erreichtwerden könnte. Gesunde un-verdichtete Böden könnten proStunde über 100 Liter aufneh-men. Während auf dem ver-dichteten humusarmen Bodendas Wasser sehr schnell oberflä-chig abfließt, wirkt ein humoserBoden wie ein Schwamm.

Würmer machen denBoden zum Schwamm

Ein wichtiger Helfer, um die-

sen Schwamm entstehen zu las-sen, ist der große Tauwurm, derRöhren bis zu zwei Meter Tiefein den Boden gräbt. Auf Biobö-den seien über 300 Regenwür-mer pro Quadratmeter keineSeltenheit, wohingegen derDurchschnitt auf bayerischenBöden bei 16 pro Quadratmeterliege. Gerade in langen Tro-ckenperioden wird humusrei-cherer Boden wegen seinerWasserspeicherfähigkeit auchzu mehr Ertrag führen.

Aber nicht nur durch einesinnvolle Bearbeitung des Bo-dens lässt sich die Struktur desBodens beeinflussen, sondernauch durch die Arten- und Sor-tenwahl. So wurzelt unter denLeguminosen die Luzerne be-sonders tief, und bei Kartoffelngibt es Sorten wie die Agria, diebis 1,5 Meter tief wurzelt − imVergleich zu durchschnittli-chen 90 Zentimetern.

Primbs rief dazu auf, dass dieLandwirte wieder mehr Zeit mitdem Boden verbringen sollten,ihn verstehen und nach seinenBedürfnissen pflegen sollten.

Im zweiten Teil seines Vor-trags ging Primbs dann auch aufdie Gesundheit des Menschenein. Genau wie der Boden ver-wendet der Mensch Mikroorga-nismen und Bakterien, umNährstoffe verfügbar zu ma-chen. Primbs erklärte, dass Le-bensmittel eigentlich dann fürden Menschen besonders wert-voll sind, wenn sie zu dessenGesunderhaltung beitragen.

Dabei kommt ein Begriff insSpiel, den die meisten der Zu-hörer zum ersten Mal gehört ha-ben dürften: „Salvestrole“ ge-hören zu der Gruppe der bioak-tiven Substanzen, die man auchals sekundäre Pflanzenstoffebezeichnet. Diese sind Schutz-stoffe, die Pflanzen vor Viren,Bakterien, Schimmelpilzen, In-sekten und UV-Licht schützen.Die Pflanzen bilden sie nur

dann in größeren Mengen,wenn die Stoffe gebraucht wer-den. Es sind Bitter- stoffe, diediese Wirkung hervorrufen unddie auch beim Menschen ge-sundheitsfördernd wirken, siegelten als immunstärkend undkrebshemmend.

Durch Züchtung und techni-sche Nachbehandlung der Ern-te enthält konventionelle Nah-rung heute 80 bis 90 Prozentweniger Salvestrole als nochvor 50 oder 100 Jahren. Da kon-ventionellen Pflanzen durchdas Spritzen von so genannten„Pflanzenschutzmitteln“ dieArbeit, sich selbst zu schützen,meist abgenommen wird, ent-wickeln sie auch weniger da-von, als biologisch angebautePflanzen. Der makellose Apfelmag schön aussehen, sei aberfür die menschliche Gesund-heit wesentlich weniger wert-voll als der ökologische Apfelmit Schorfstellen, der aber mög-lichst mit Schale genossen wer-den sollte.

Was es mitSalvestrolenauf sich hat

Primbs ließ seine Zuhörerökologisch angebaute Karottender samenfesten Sorte Rodelikamit konventionellen Karottenaus dem Supermarkt verglei-chen. Erstere sind etwas holzi-ger, haben aber auch einen vielintensiveren Geschmack. An-hand von Kristallisationsbil-dern lasse sich die Struktur derLebensmittel auch bildlichnachweisen. Bei Biolebensmit-teln seien diese sehr viel struk-turierter und harmonischer.

Aber auch ganz handfesteBeweise gibt es: So wurde imRahmen eines Projekt inSchweden „ eine Familie unter-sucht, die sich „normal“ ernährthatte und in deren Blut bis zu 20verschiedene Pestizidrückstän-de nachgewiesen werden konn-ten; nach einer zweiwöchigen„Biodiät“ wurden so gut wiekeine Gifte im Blut mehr gefun-den. Primbs wollte auch nichtunerwähnt lassen, dass ein zuhoher Konsum von tierischemEiweiß eine Ursache von vielenZivilisationskrankheiten sei.

Die Konsumenten könntenselbst entscheiden und mit ihrerNahrungswahl nicht nur ihreGesundheit, sondern auch dieGestaltung der Landschaft be-einflussen. − pnp

Vortrag in der Bauhütte Perlesreut zum Thema Boden und Gesundheit: Am Ende hängt alles miteinander zusammen

Sie testeten gleich den Unterschied bei den Rrüben: Corinna Ull-rich (von links), Martin Primbs (Demeter-Landwirt und Arzt), Christia-ne Grapentin und Dr. Peter Mayer (BUND). − Foto: Lechner