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Aktuelle Themen der Lebensmittelüberwachung mit besonderer Berücksichtigung der Risikoorientierung
Jahreshauptversammlung des BLC am 13. und 14. Oktober 2006 in Erlangen
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• Zunehmende Globalisierung der Wirtschaft
• Anhaltendes Wachstum der Weltbevölkerung
• Anstieg der Kaufkraft in den Schwellenländern (insbesondere in Asien)
• Entwicklung und Einführung neuer Lebensmitteltechniken (Hochdruckverfahren, Gentechnik usw.)
• Verlust von Ressourcen (Bodenerosion, Überfischung der Weltmeere)
• Klimawandel
Veränderungsprozesse mit Einfluss auf den Lebensmittelsektor
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Von der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft bis zum Grünbuch zur Vollendung des Binnenmarktes (1960 bis 1985):
• Harmonisierung technischer Handelshemmnisse (Rezepturgesetzgebung)
Vom Grünbuch zur Vollendung des Binnenmarktes bis zum Höhepunkt der BSE-Krise (1985 bis 2000):
• Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung (Reaktion auf die Cassis-Rechtsprechung)
Seit Herausgabe des Weißbuchs zur Lebensmittelsicherheit (ab 2000):
• Aufbau eines Systems der Lebensmittelsicherheit von der Erzeugung bis zum Verzehr
Entwicklung des Lebensmittelrechts in der EU
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• Festlegung materieller Anforderungen an die Beschaffenheit von und den Umgang mit Lebensmitteln
• Sanktionierung von Verstößen
- Abgabe an die Staatsanwaltschaft bei Straftaten
- Anwendung des Opportunitätsprinzips bei Ordnungswidrigkeiten
•
• Durchsetzung der Rechtsvorschriften unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
Grundzüge des Lebensmittelrechts und seiner Anwendung vor Erlass der Verordnung (EG) Nr. 178/2002
Gefahren werden nach ihrem Auftreten durch Kontrollmaßnahmen erkannt und können danach abgestellt werden
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• Risikoanalyse (Artikel 6; Risikomanagement stützt sich auf Risikobewertung)
• Vorsorgeprinzip (Artikel 7; fordert Verhältnismäßigkeit ein)
• Frühbeobachtung (Artikel 33 und 34)
- Sammlung und Auswertung von Daten
- Identifizierung neu auftretender Risiken
• Rückverfolgbarkeit (Artikel 18; Ziel: Eingrenzung von Lebensmittelkrisen)
Zusätzliche Anforderungen durch den Erlass der Verordnung (EG) Nr. 178/2002
Kontrollmaßnahmen sollen so konzipiert werden, dass Gefahren vor ihrem möglichen Auftreten im Einzelfall identifiziert, bewertet und minimiert werden können
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 6
• Grundsätzliche Verpflichtung zur Durchführung von Risikoanalysen (Abs. 1)
• „Die Risikobewertung beruht auf den verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen und ist in einer unabhängigen, objektiven und transparenten Art und Weise vorzunehmen.“ (Abs. 2)
• Einbindung des Vorsorgeprinzips (Abs. 3)
Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vom 28. Januar 2002;Artikel 6: Risikoanalyse
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• „ … können vorläufige Risikomanagementmaßnahmen zur … getroffen werde, bis weitere wissenschaftliche Informationen für eine umfassende Risikobewertung vorliegen.“ (Abs. 1)
• „Maßnahmen, die nach Absatz 1 getroffen werden, müssen verhältnismäßig sein und …“ (Abs. 2)
Verordnung (EG) Nr. 178/2002 vom 28. Januar 2002;Artikel 7: Vorsorgeprinzip
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Frühe Globalisierung
Um das Jahr 130 v. Chr. setzte der regelmäßige Handel über die Seidenstraße ein, auf der Güter - insbesondere chinesi-sche Seide – quer durch Asien transportiert wurden, um am Ende das römische Reich zu erreichen.
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 9
Verlust an Information
• Waren wurden mit den Karawanen unterschiedlicher Händler
transportiert, ohne dass ein einzelner Mensch diese Reise machte.
• Weder Römer noch Chinesen wussten viel voneinander.
• Die Römer nahmen an, dass Seidenfasern auf Bäumen wachsen.
• Die Chinesen dachten, Baumwolle aus dem Westen werde aus der
Wolle eines “Wasserschafes” hergestellt.
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Verdorbenes oder überlagertes Fleisch und daraus hergestellte Erzeugnisse
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 11
Nur ca. 12.000 t von über 5.000.000 t betroffen (Schätzung des Präsidenten der BVE)
Inverkehrbringen von Schlachtnebenprodukten (K3-Material) als Lebensmittel
Rohware häufig aus Betrieben in anderen Mitgliedstaaten der EU
Durch anonymisierte Handelsbeziehungen begünstigt
Drittlandbetriebe nicht als Verursacher festgestellt (Zulassungsregime und Grenzkontrollstellen wirksam)
Häufig durch Fehler oder Versäumnisse der zuständigen Überwachungsbehörden begünstigt
Erkenntnisse aus den Skandalen um verdorbenes oder überlagertes Fleisch
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 12
0% 5% 10% 15% 20% 25%
Schokolade, Kaffee u.a.
Obst und Gemüse
Fertiggerichte
Milch und Milchprodukte
Fische, Krabben usw
Diät-Lebensmittel
Getreide und Backwaren
Nüsse, Knabberwaren
Eier und Eiprodukte
Kräuter und Gewürze
Fette und Öle
Alkoholfreie Getränke
Suppen, Brühen, Saucen
Alkoholika (außer Wein)
Zuckerwaren
Fleisch u. Fleischerzeugn.
Eis und Desserts
Produktgruppe
Prozentualer Anteil der Proben mit Verstößen (2004)
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 13
Beispiel: Fleischwirtschaft
Konzeption des Qualitätsmanagements:
• Viele Wirtschaftsteilnehmer, überregionaler Markt
• Keine Integration der Qualitätsmanagementsysteme von Futtermittel- wirtschaft, Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft
• Keine systematische gegenseitige Information bei Lebensmittel- risiken oder Qualitätsmängeln
Folge:
• Risiken werden häufig spät erkannt
• Systematische, branchenweit koordinierte Maßnahmen zur Krisenabwehr setzen in der Regel zeitverzögert ein
Fehlende Integration von Qualitätsmanagementsystemen
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 14
Beispiel: Molkereien
Konzeption des Qualitätsmanagements:• Molkereien überprüfen die Einhaltung von Qualitätsstandards bei
ihren Zulieferern (Landwirtschaft)• Keine Vernetzung zwischen den einzelnen Molkereien oder mit
Futtermittelherstellern und Handel
• Regionale Wertschöpfungsketten begrenzen das Risiko
Folge:
• Bessere Integration landwirtschaftlicher Erzeuger in die Eigenkontrollsysteme
• Geringe Krisenanfälligkeit des Milchsektors
Vertikale Integration der Qualitätsmanagement-Systeme
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Maßnahmenpyramide zur Herstellung von Lebensmittelsicherheit
Betriebs- und stufenübergreifendes Qualitätsmanagement (Pilotprojekt)
Prüfung der betrieblichen Eigenkontrolle durch Dritte (Zertifizierung, Auditierung, unabhängige Kontrollstellen)
Betriebliche Eigenkontrollsysteme (HACCP, Rückverfolgbarkeit)
Wareneingangs- und Endkontrolle, Dokumentation
__
__
__
__
Sichere Lebensmittel
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Mikrobiologische Beschaffenheit von Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 17
Mikrobiologischer Status von Lebensmitteln
Ergebnisse der Zoonosenerhebung 2003 bei Lebensmitteln (ALTS)
SalmonellaCampylo-
bacter
E. coli VTEC/STEC
L. mono-cytogenes
Fleisch, ohne Gefl.
Geflügelfleisch, ges.
Gemüse und Salate
Lebensmittel, sonst.
2,15
16,46
0,17
19,56 0 5,25
1,03
0 0,12 1,37
? ? ?
1,03
0 0,69
2,94 3,58 1,11
Konsum-Eier, Huhn 0,57
?
0Roh-Milch ab Hof
1,120
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 18
Cumarin in Zimt und zimthaltigen Lebensmitteln
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 19
Cumarin als Bestandteil in Cassiazimt seit langem bekannt
TDI: 0.1 mg/kg Körpergewicht und Tag (BfR und EFSA)
Lebensmittel bei 14-tägiger Überschreitung des TDI nicht mehr sicher
Fünffache Überschreitung des TDI über 14 Tage kann bei besonders empfindlichen Personen zu hepatotoxischen Wirkungen führen
Basisinformationen über Cumarin in Zimt und zimthaltigen Lebensmitteln
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 20
Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf oder in Obst und Gemüse
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 21
Entwicklung der Anzahl der Proben und der untersuchten Wirkstoffe
Anzahl 2001 2002 2003 2004
Proben 7719 8934 12874 15874
Lebensmittel 97 99 140 159
Wirkstoffe 128 492 605 713
Ergebnissätze 280161 860033 1406852 2426762
DurchschnittlicheAnzahl der untersuchtenWirkstoffe pro Probe
36 96 109 153
Jahr
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Vergleich der Ergebnisse am Beispielder KÜP-Programme 2002
Vergleich der Ergebnisse* des koordinierten Kontrollprogramms der Europäischen Gemeinschaft (KÜP) für das Jahr 2002 (Untersucht wurden 8 Lebensmittel auf 41 Wirkstoffe)
n >HM in % n >HM in %
Birnen 1330 1,6 213 2,8Bananen 883 1,4 171 0,0Bohnen 896 6,9 134 4,5Kartoffeln 1502 0,5 266 0,4Möhren 1457 1,4 318 1,9Orangen/Mandarinen 2144 4,0 453 5,3Pfirsiche/Nektarinen 1190 3,1 207 3,9Spinat 644 8,5 123 2,4Gesamt 10046 3,0 1885 2,9
EG-Gesamt
Lebensmittel
Deutschland
* Daten aus dem Bericht der Kommission
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Lebensmittel mit den meisten HM-Überschreitungen*
* Berücksichtigt wurden Lebensmittel, bei denen mindestens 100 Proben untersucht wurden
** Die Ergebnisse für das Jahr 2004 sind vorläufig
Lebensmittel n >HM in % Lebensmittel n >HM in %
Paprika 922 17 Rucola 184 21Tafeltraube 933 14 Paprika 1209 20Johannisbeere 107 14 Tafeltraube 1157 16Pfirsich 271 13 Johannisbeere 232 11Aprikose 159 11 Zitrone 348 8Birne 426 10 Salat 780 7Salat 451 10 Himbeere 132 7Zitrone 300 9 Pflaume 229 6Mandarine 233 9 Feldsalat 165 6Erdbeere 894 7 Erdbeere 1431 5
2003 2004**
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Verbesserung der Lebensmittelsicherheit durch systematische Risikoanalysen
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 25
Strategisches Risikomanagement
Risikofrüherkennung
Projekt „PERIAPT” (2004)
Projekt „EMRISK” (2005-2006)
Projekt „SAFEFOODERA” (2004-2008)
Projekte finanziert mit Mitteln der EU
(ERA-NET- Programm im 6. FRP bzw. Mittel der EFSA)
Ziel: Entwicklung effektiver Instrumente zum strategischen
Risikomanagement.
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50 Teilnehmer aus…ForschungWirtschaftBehördenInternat. Organisationen
„Ganzheitlicher Ansatz”
Internationaler PERIAPT- Workshop „Risikofrüherkennung“ (Bonn, 5. bis 6. Juli 2004)
LebensmittelketteLebensmittelkette
WissenschaftWissenschaftund und
TechnologieTechnologie
Kultur und Kultur und DemographieDemographie
ÖkonomieÖkonomie
MedienMedien
Natur und Natur und UmweltUmwelt
Verbraucher-Verbraucher-verhaltenverhalten
Richtlinien Richtlinien und Gesetzeund Gesetze
LandwirtschaftLandwirtschaftIndustrieIndustrie
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 27
Mengenkorrelierte Risiken
• Werden Lebensmittel aus dem Warenkorb der Verbraucher durch andere Lebensmittel ersetzt, dann ersetzt man auch die durch die früheren Lebensmittel verursachten Risiken durch die Risiken , die den neuen Lebensmitteln zugeordnet werden müssen.
• Beispiele:
Rückstände von Pflanzenschutz- oder Tierarzneimitteln sowie Umweltkontaminanten in Lebensmitteln
• Ergebnis:
Es kommt zu einer Substitution von Risiken, nicht zu einer Addition.
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 28
Inzidenzkorrelierte Risiken
• Werden Lebensmittel aus dem Warenkorb der Verbraucher durch andere Lebensmittel ersetzt, von denen neue Infektionsrisiken ausgehen, dann ermittelt sich das gesamte Risiko durch die Addition der von den einzelnen Lebensmitteln ausgehenden Risiken, solange durch die Substitution kein bestehendes Risiko vollständig ausgeschlossen wird.
• Beispiele:
Zoonoseerreger (z. B. Salmonellen) oder Viren (z. B. Vogelgrippevirus vom Typ H5N1) in Lebensmitteln
• Ergebnis:
Es kommt zu einer Addition von Risiken, nicht zu einer Substitution.
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 29
Risikobasierte Bewertung der Lebensmittelsicherheit
Bewertungsmatrix: 0 bis 15 Punkte je Branche oder Betrieb in einem Rechtsraum (willkürliche Bewertungsbeispiele)
Rechtslageamtliche
Überwachungbetriebliche
Praxisbetriebliche
Eigenkontrolle
Fischwirtschaft
Fleischwirtschaft
Geflügelwirtschaft
Fleischerhandwerk
Mühlenindustrie
usw.
7
12
11
9
7 8 10
8
6 10 11
9 8 4
3 14 12
5 10 6
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 30
Verbesserung der Lebensmittelsicherheit durch dynamische Minimierungskonzepte
BVL • 13. Oktober 2006 • Seite 31
Erweiterung der Werkzeuge im Krisenmanagement
Neben den etablierten Gebots- und Verbotsregelungen (z.B. der Höchst-mengenfestsetzung) hat das BVL als neues Instrument dynamische Anpassungsprozesse unter Verwendung von Indikatoren eingeführt
Beispiel: Minimierungskonzept Acrylamid
SignalwertDatensammlung
Minimierungs-dialog
Minimierungs-maßnahmen
Üb
erschreitu
ng
Erf
olg
e
Management BVLManagement BVL
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