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Qualitätsmaßstab Six Sigma

Es gibt zahlreiche Methoden, dieGeschäftsprozesse zu optimieren. DieSix-Sigma-Methode ist ein Ansatz, dieProzessfähigkeit zu gewährleisten, dasheißt, eine Spezifikation dauerhaft ein-zuhalten, keinen Ausschuss zu produzie-ren, alle Fehler zu eliminieren und denFokus auf Kundenanforderungen undGeschäftsprozesse zu legen. „Durch SixSigma wird eine konkrete Vorgehens-weise definiert“, erläuterte HeinrichKuhn von der Robert Bosch GmbH inStuttgart die Methode. Hauptwerkzeu-ge sind technische Statistik und dieKausallogistik. Die Methode zeichnetsich durch strukturiertes, zielgerichtetesVorgehen und striktes Projektmanage-ment und -controlling aus.

Neue Betreibermodelle

Im Rahmen dieser Management-systeme werden auch neue Fertigungs-konzepte entwickelt. Sie werden innaher Zukunft, dies erwartet EngelbertWestkämper, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnik undAutomatisierung in Stuttgart, zu tief-greifenden Veränderungen bei den Be-treibermodellen der galvanischen Pro-duktion führen. Fertigungs- und Mon-tagesysteme werden eng verknüpft unddie galvanotechnische Beschichtung in diese integriert werden. „Die ferti-gungsintegrierten Beschichtungspro-zesse setzen hohe Abscheideraten vor-aus“, so Westkämper, „um standardi-sierte Anlagendurchlaufzeiten einhaltenzu können. Außerdem muss die Be-schichtung zu Maß- und Formhaltigkeitführen, damit die Nacharbeit so geringwie möglich gehalten werden kann.“

Diese Fertigungskonzepte führendann aber auch weiter zu neuen Kun-den-Lieferanten-Beziehungen. „DieNeuordnung der Hersteller-Zulieferer-Beziehung in Form einer engeren Ver-flechtung der Zusammenarbeit erfor-dert eine strukturelle Neugestaltung

Die Oberflächeneigenschaften tra-gen in hohem Maß zur Funktio-

nalität von Bauteilen bei. Die an siegestellten Anforderungen gehen Handin Hand mit stetig steigenden An-sprüchen an den Produktionsprozess.

Sichere Qualität, umweltfreundlicheVerfahren, Null-Fehler-Produktion,Einsparungen bei Ressourcen undKosten und die Beherrschung der Pro-zesse sind die Herausforderungen,denen sich die Produzenten heute zustellen haben. Eine optimale Produk-tion wird von der Technik, aber auch von der Organisation des Betriebes, beziehungsweise den Abläufen allerGeschäftsprozesse, von der Planungüber die Produktion bis hin zu Marke-ting und Verkauf, beeinflusst.

Die für die Galvanotechnik relevan-ten Aspekte wurden auf dem 26. Ulmer

Gespräch diskutiert, das die DeutscheGesellschaft für Galvano- und Ober-flächentechnik und das VDI-Techno-logiezentrum Düsseldorf am 13. und14. Mai in Ulm veranstalteten.

„Galvanotechnische Betriebe sindin hohem Maß gefordert, innovativeLösungen zu entwickeln, die eineWirtschaftlichkeit innerhalb der Fer-tigungskette sicherstellen und die den außerordentlich hohen Kosten-druck aufzufangen im Stande sind“,beschrieb Uwe Landau, Geschäfts-führer der OTB OberflächetechnikBerlin, die Situation der Branche. Das rasante Entwicklungstempo inder Elektronikindustrie beeinflussedie Galvanotechnik maßgeblich. So

müssten beispielsweise die durch dieMiniaturisierung ausgelösten Werk-stoffprobleme gelöst werden, aberauch Veränderungen im äußerenUmfeld, wie der Wandel bei denZulieferstrukturen, bewältigt werden.Es wird erwartet, dass es im Jahr 2015weltweit nur noch zehn Automobil-hersteller und rund 2800 Zulieferergeben wird. Wer überleben wolle,müsse Technologiekompetenz zeigenund optimale Kostenstrukturen undqualifiziertes Personal aufweisen, fasste Landau die Anforderungen zu-sammen.

Auf dem Weg zur Prozessfähigkeit

Prozessfähigkeit, Steuerung und Qualität der Prozesse und Produkte diskutier-ten die Fachleute auf dem 26. Ulmer Gespräch

Von einer modernen Fertigungwird die Prozessfähigkeit aller Teilprozesse, eine fertigungsinte-grierte Prozesssteuerung und eine Online-Qualitätskontrolle erwar-tet. Auf dem 26. Ulmer Gespräch diskutierten Fachleute, wie dieseAnforderungen in die Galvano-technik Eingang finden.

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der Produktentwicklungsprozesse“,glaubt Hermann Urlberger von der Firma AHC in Kerpen. Es werde eine vertrauensvolle partnerschaftlicheZusammenarbeit gefordert, wenn dieBeschichtung als Technologiemoduleng in die Fertigung integriert werde.Eine Zusammenarbeit könne auf ver-schiedenen Ebenen erfolgen, zum Bei-spiel in einem Betreibermodell, in demdie Zulieferfirma eine Anlage finan-ziert und betreibt. „Dies setzt“, so Url-berger, „langfristige Vereinbarungenund eine faire Risikostreuung voraus.“

Optimierungen von Teilprozessenund bei der Analytik

Die Beschichtungsprozesse sind aufvielfältige Weise mit einzelnen Ferti-gungsschritten verknüpft. „Außerdemspielen Aspekte wie Transport, Hand-habung oder Datenverarbeitung beider systematischen Verbesserung vonProzessen eine ebenso bedeutendeRolle wie die eigentliche Prozess- undAnlagentechnik“, erklärte ThomasPohl aus dem Unternehmen Grohe inLahr in seinem Vortrag. Er berichteteüber Maßnahmen, die zur Verbesse-rung der Prozessfähigkeit, zur Senkungder Fehlerkosten und zur Qualitätsver-besserung beigetragen haben. Nacheiner intensiven Analyse der Prozesseim Konzern wurden Optimierungspo-tenziale erarbeitet.

So wurde zum Beispiel eine zentra-le Analytik für die organischen Sub-

gelung geeignet zu sein. Am Beispielvon mikroporig abgeschiedenenChromschichten auf Bauteilen für denAutomobil-Außenbereich zeigten Mar-kus Häp von Enthone in Langenfeldund Jörg Püttbach von der BIA Kunst-stoff- und Galvanotechnik in Solingen,dass sich Fuhrmann- und Steptest füreine Prozesskontrolle besser eignen.Mit diesen Prüfungen sind Potenzial-unterschiede, Schichtdicken undPorenzahl zeitnah zu messen und zuüberwachen. Püttbach ging zudem aufdie Vorteile mikroporiger gegenübermikrorissigen Schichten ein. Die Pro-zesszeiten sind kürzer, die Schicht-dicke ist einfacher einzuhalten undauch der Korrosionsschutz ist besser.

Effizienz und Produktqualität kön-nen auch mit Umweltverträglichkeitund dem minimalen Einsatz von Res-sourcen verknüpft werden. Anhand derFertigung von Kolbenringen für Verbrennungsmotoren stellte RudolfLinde, Leiter Entwicklung elektro-chemischer Beschichtungen und Pro-zesse bei Federal-Mogul Burscheid,dar, wie die galvanische Beschichtungfertigungslinienintegriert und umwelt-freundlich erfolgt. 60 bis 70 Prozentaller Kolbenringe erhalten eine galva-nisch aufgebrachte Schutzschicht. Neusind Chrom/Diamantschichten, dieeinen 30 bis 40 Prozent besseren Ver-schleißschutz aufweisen als Hart-chromschichten. Die Fertigung muss

stanzen installiert, welche sich in Eins-parungen an Chemikalien und bessererBadführung bemerkbar macht. Auchder Schleif- und Polierprozess wurdeals eine Fehlerquelle identifiziert.Qualitätsschwankungen ergaben sichhier durch das Einschleppen vonPolierpaste in die Galvanik. Mit derAutomatisierung des Schleifprozesseswurde auch dieses Problem behoben.Eine weitgreifende Maßnahme ist dieErfassung des empirischen Wissens im Unternehmen, das aufgearbeitetund dann allen Mitarbeitern zur Verfü-gung gestellt werden soll.

Die Prozessüberwachung ist einwesentlicher Baustein, die Prozess-fähigkeit zu verbessern. Sie muss onli-

ne erfolgen,damit optimaleProduktionsbe-dingungen ein-gestellt werdenkönnen. Sodauert der inder Automobil-industrie heuteausschließlicha k z e p t i e r t eCASS-Test zurB e s t i m m u n gdes Korrosions-schutzes mit 72Stunden viel zulang, um füreine Prozessre-

Nach einer intensiven Analyse der Prozesse im Konzern wurden Optimierungs-potenziale erarbeitet

Bei der geschlossenen Hartchromanlage wird auch auf dieUmweltverträglichkeit besonderer Wert gelegt

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Der Kunde muss vom Beschichtereinen nachvollziehbaren Nachweis er-halten, dass die Beschichtung in einemfähigen Prozess aufgebracht wurde.Erstrebenswert wäre in diesem Zusam-menhang die Einführung nur einerKenngröße, zum Beispiel eines Prozess-fähigkeitsindexes, führte Lander aus.

In einer Diskussion zum ThemaQualität und Kosten wurde in Ulm aus-führlich über die hohe Qualität debat-tiert, die alle fordern, aber keinerbezahlen will. Zudem fehlten dieFachkräfte, um die hohe Qualität zusichern, hieß es aus dem Plenum. ImMittelpunkt auch dieser Diskussionstand die Chrom(VI)-Problematik, diees nun recht bald zu lösen gilt. Landerforderte noch einmal alle Beteiligten,Forscher, Fachfirmen und Beschichterauf, zusammenzuarbeiten, um zu wei-teren grundlegenden Erkenntnissenüber die neuen Chrom(VI)-freienBeschichtungen zu gelangen. (AJA)

Vorgehen zur Bewertung muss verein-heitlicht werden, um die Vergleichbar-keit der Ergebnisse zu gewährleisten.“

Lander und Hesse schlugen vor,gemeinschaftlich in der Galvanobran-che ein Zielfeld für die Ergebnisse zudefinieren und ein Prüfblatt zu erarbei-ten, in dem die Spezifikationen festge-legt werden. Lander wies darauf hin,dass die Prüfvorschrift insbesondere imHinblick auf die zukünftigen Abläufenotwendig sei, wenn die Bauteile direktin die Montage geliefert würden. Dannmuss die geforderte Spezifikation ohneEingangskontrolle gewährleistet sein.

sehr präzise sein, um extreme Toleran-zen einzuhalten. „Es handelt sich hierum ein geschlossenes System“, erklär-te Linde. Der Prozess ist abwasserfrei,die Abwärme wird zurückgeführt, dieAbluft gefiltert. Eingeführt wurde eineElektrodialyse, um Eisen3+ Ionen, diesich bei der Elektrolyse vom Grund-werkstoff lösen, ohne Prozessunterbre-chung auf 5 mg/l zu stabilisieren. Auchdie Durchlaufzeiten konnten mini-miert werden.

Einheitlicher Beurteilungsmaßstabund die richtige Prüftechnik

Unter dem Aspekt der Prozessfähig-keit griffen Hans Lander von derBosch GmbH in Schwieberdingen undHeinz Dieter Hesse von der Daimler-Chrysler AG das Thema Chrom(VI)-freie Beschichtungen noch einmal auf.Von den chromatfreien Systemen wirderwartet, dass sie für die Großserien-produktion tauglich sind, geringeStreuung der Schichteigenschaftenund Qualitätskonstanz aufweisen.„Die große Streuung der Ergebnisseim 2. VDA Ringversuch hat alle über-rascht“, erklärte Lander.

Aus diesen Ergebnissen müsstenjetzt in der Hinsicht Konsequenzengezogen werden, dass einheitlicheBewertungsmaßstäbe definiert undintensiv über die Prüftechnik nachge-dacht würde. Die Einflussgrößen müs-sten identifiziert und untersucht wer-den und ebenso muss neue Korrosions-schutz-Prüftechnologie als Alternativezum Salzsprühtest entwickelt werden,appellierte Hesse an die Branche. „Das

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Federal-Mogul Burscheid hat eineneue Verchromungsanlage in die Fertigungslinie integriert. Die Anlageist ein geschlossenes System undermöglicht eine Reduzierung derDurchlaufzeiten.

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