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STÄRKE BRAUCHT KEINE MUSKELN.
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WAS IST ANDERSTARK?
„Wie kann man sich den Alltag von dir vorstellen? Lebst du alleine? Hattest du schon eine Beziehung? Geht das überhaupt? Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau mit einer Muskelerkrankung ein normales Leben führen kann!“ - Anastasia Umrik hatte es satt, solche Fragen gestellt zu bekommen und begann mit der Organisation von anderStark.
In dem Fotoprojekt „anderStark“ stehen Frauen, die eine Muskelerkrankung haben, im Mittelpunkt. Sie wurden in unterschiedlichen Lebenssituationen und Stimmungslagen fotografiert, um so einen Einblick in das Leben einer körperlich eingeschränkten Frau zu gewähren. Die Aufnahmen sind in fünf Themengebiete gegliedert:
PortraitLifestyleEmotionalesErotik/Akt Provokantes
Initiatorin des Projektes ist Anastasia Umrik, die selbst mit der Behinderung lebt. Ziel des Projektes ist es, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass an Muskelschwund erkrankte Frauen mit ihrer starken Einschränkung im Leben stehen, keine Angst vor Herausforderungen haben und ihr Leben zu leben verstehen. Leider haben die meisten Menschen wenig mit schönen und starken körperbehinderten Frauen zu tun, sondern haben Ängste, Unsicherheiten und große Hemmschwellen. anderStark möchte solche negativen Emotionen abbauen und die Gesellschaft dazu anregen, umzudenken und über den Tellerrand zu schauen. Es gibt nichts zu verstecken. Das sollen alle erfahren.
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7© JESSICA PRAUTZSCH
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DIE PROJEKTINITIATORIN
„Anastasia Umrik, am 09. Februar 1987 irgendwo in der ehemaligen UdSSR geboren, verbrachte ihre Kindheit auf einem kleinen Bauernhof in der Nähe von Makinsk. Sie wuchs wie alle anderen Kinder in dieser Gegend mit Tieren und in der Natur auf.“
So oder so ähnlich könnte der Beginn eines Kinderbuches sein. Wenn es da nicht das ABER gäbe:
Schon bald wurde Anastasia klar, dass sie anders als die Kinder im Dorf war: Sie konnte sich immer weniger selbstständig fortbewegen, bis sie schließlich nur noch in dem selbstgemachten Sessel von ihrem Großvater sitzen konnte.
Einen Rollstuhl hatte sie nicht – dafür fehlte sowohl das Geld als auch die Barrierefreiheit in ihrem Elternhaus. Aus dem gleichen Grund besuchte Anastasia nicht die lokale Dorfschule und wurde von ihrer Mutter zu Hause unterrichtet.
Ein paar Jahre später zog Familie Umrik als Spätaussiedler nach Deutschland und es folgten für Anastasia Operationen und Tests, bis schließlich die Diagnose ausgesprochen wurde: „Spinale Muskelatrophie. Sie wird niemals wieder laufen können.“
Anastasia wurde auf eine sogenannte „Schule für Körperbehinderte“ geschickt. Sie besprach oft mit ihren damaligen Lehrern, dass sie gerne eine Regelschule besuchen würde. Man sagte ihr: „Wer soll dir aus der Jacke helfen? Wer soll dir die Türen aufhalten?
Dort sind keine netten Kinder wie hier, man wird dich vielleicht ärgern und auslachen. Willst du das?“ – Sie wollte nicht. Nicht immer war Anastasia so selbstbewusst wie heute, sie hatte Angst, abgelehnt und nicht gemocht zu werden.
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Sie blieb. Dadurch war sie allerdings weiterhin unterfordert und machte gelangweilt ihren Hauptschul-abschluss ,mit links‘. Im Anschluss absolvierte sie auch den Realschulabschluss und begann in einem der größten Versandhäuser Deutschlands ihre Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau. Doch es gab keinen Halt, das nächste Ziel war klar: Abitur mit anschließendem Studium…
Heute ist Anastasia eine selbstbewusste, dynamische und lebensfrohe, junge Frau. Sie wohnt in ihrer eigenen Wohnung, studiert und organisiert ihr Leben mit Hilfe persönlicher Assistenz.
Würde man sie danach fragen, würde sie selbst ihr Leben als absolut „normal“ bezeichnen. Schließlich mache sie all die Dinge, die andere Frauen in ihrem Alter auch tun – vielleicht sogar noch vieles mehr. Dennoch ist Anastasia wohl bewusst, dass behinderte Menschen in der Gesellschaft leider immer noch nicht als „normal“ angesehen werden.
Eines Nachts, sie war zu dem Zeitpunkt lebensbedrohlich krank, kam ihr DIE Idee: Aussagekräftige Bilder mit Ironie und Tiefgang, die dennoch zum Lächeln und Nachdenken anregen.
Konzept und konkrete Ideen hatte sie noch keine… nur das Ziel war klar:
Neue Wege, neue Möglichkeiten, neue Blickwinkel schaffen. Vielleicht könnte man eine Brücke zwischen den scheinbar unterschiedlichen Welten kreieren.
So begann die kleine Erfolgsgeschichte von anderStark.
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DIE FOTOGRAFEN
JESSICA PRAUTZSCH, geboren am 11.08.1987 in Hamburg.
Als Fotografin hat sich Jessica auf eine Reise begeben, auf der sich ihr Blick auf sich selbst und andere ständig erweitert. Dies zu dokumentieren und sichtbar zu machen, hat sie sich zur Aufgabe gemacht.
Seit 2011 selbstständig als freie Fotografin.
www.jessicaprautzsch.com
ANNA-LENA EHLERS, geboren am 15.02.1988 in Rendsburg.
Nach ihrem Abschluss der Fotografenausbildung in einem Werbestudio mit begleitender Berufsfachschule am Photo + Medienforum Kiel absolvierte Anna-Lena ein zweijähriges Volontariat zur Journalistin in Hamburg.
Seit 2011 selbstständig als freie Redakteurin und Fotografin.
www.anna-lenaehlers.de
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STEFFEN GOTTSCHLING, geboren am 10. Juli 1976 in Schwerin.
Steffen Gottschlings gesamte Arbeit entsteht aus emotionalen und leidenschaftlichen Begegnungen verschiedenster Collagen. Das, was ihn berührt, verändert, lehrt und erweitert, hat den Anspruch festgehalten zu werden. Das versucht er in seinen Arbeiten zu zeigen.
www.steffengottschling.net
KONSTANTIN EULENBURG, geboren am 21.06.1965 in Hamburg,fotografiert Räume und Menschen und Menschen in Räumen.
Seit 1992 selbständig als freier Fotograf, hauptsächlich tätig für Redaktionen wie Brigitte, Living at home, Schöner Wohnen und Schöner Wohnen Deco, Essen & Trinken und weitere Magazine.
www.eulenburg-foto.de
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EINE LIEBESERKLÄRUNG MAL ANDERS
Heute ist der Tag des Abschiedes gekommen.Abgeschoben wirst du! Als wärst du nie da gewesen.
Spürst du die Trauer des Abschiedes ebenfalls, mein alter treuer Freund?
Erinnere dich an unsere erste Begegnung... wie amüsierend es war!Damals wussten wir beide nicht, wohin das alles führen wird - Nun sind wir da wo wir sind und wissen nicht, wie es ohne gehen soll.Die Erlebnisse waren voller Wahnsinn und Leidenschaft, weißt du es noch? Bei Regen, Sturm, Schnee und praller Sonne fuhren wir zu einem meiner wahllosen Ziele.Selten hast du widersprochen, dennoch hin und wieder den Geist aufgegeben.Wütend und beleidigt war ich deswegen!Heute habe ich es vergessen und verziehen, als wäre es nie geschehen.Deine „Vertreter“ konnten dir nie das Wasser reichen, Sie schienen unerfahren und grobmotorisch.Ich betete um deine baldige Genesung und fühlte das „Zuhause“ wenn du wieder da warst.
Böswillig warst du nie, eher würdest du dich selbst zerstören, als mir wehzutun... Anders als ich: Schrammen, Kratzer und Dellen – nie absichtlich.Dennoch: Verzeih!
Heute würde ich dir jede Pause der Welt gönnen... bliebest du doch nur noch ein bisschen.
Bleib!
Du wirst mir fehlen. Mit wem soll ich die unzähligen Geheimnisse teilen? Wer wird der Zuschauer meiner Fantasie sein?
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Die Erfahrungen, die Erinnerungen... es verbindet. Du warst Zeuge meines ersten Kusses;Du weißt wie nass sich meine Hände vor den Prüfungen anfühlen;Du spürtest meine Fingerspitzen auf deinen Knöpfen... Oh ich werde sie besonders vermissen!
Du warst ein treuer Begleiter, hast Gas geben können, wenn die Blase zu platzen schien und keine Toilette zu sehen war.Du hast verschlossene Türen aufgestoßen und leise gelacht, wenn jemand den Fuß unter deinem Reifen hatte.
Ich würde dich gern noch einmal berühren, mein treuer, alter Freund.Lass uns noch einmal um die Ecken düsen, noch einmal versuchen die Bahn zu erwischen!Nur noch einmal den Fahrtwind im Gesicht spüren...
Jetzt bist du alt und bekommst des Öfteren Atemnot... wie kann ich dir helfen? Vermutlich gar nicht. Ich werde deine Hand halten, bis du endgültig gehst.
Versprochen.
Der Neue wird dich nie ersetzen können, mein geliebter, alter, unersetzbarer, kaputter Rollstuhl.
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DIE INKLUSION VON DER ALLE SPRECHEN
Das neumodische Wort „Inklusion“ wird in Deutschland groß geschrieben. Hier und da hört man es, besonders in den dunklen, abgelegenen Ecken. Das ist immer und immer wieder das Ziel aller Behörden im ganzen Land: Keiner darf ausgeschlossen werden!
Wie sieht die Realität aus?
Die vielen Stufen... überall sieht man Stufen! Die Welt eines Rollstuhlfahrers besteht quasi aus Stufen! Manchmal träumen Rollstuhl- fahrer sogar davon: Große Vorfreude vor einer Feier, ein Wiedersehen mit den Freunden und dann... Stufen. Viele, unendlich viele Stufen. Sie fragen sich, warum die Rollstuhlfahrer sich nicht ‚einfach‘ hochtragen lassen? Könnten sie. Wollen sie aber nicht. Würden Sie sich gern von beliebigen Menschen anfassen lassen und diesen Ihr Leben blind anvertrauen? Abhängigkeit gehört nicht zu einem der schönsten Gefühle. Selbst wenn man in ein Lokal getragen wird, muss man bedenken, dass man irgendwann auch raus möchte – ob dann genug vertrauenswürdige Helfer vor Ort sind, bleibt offen. Die meisten Treppen in ohnehin schon kleinen Lokalen führen zu den Toiletten im Keller. Möchten Sie immer ankündigen, wann Sie auf die Toilette müssen? Stufen sind übrigens auch oft im Alltag anzutreffen: Büros, Ärzte, Bahnhöfe, wenn die Fahrstühle kaputt sind... Die Liste ist lang.
Als würden die Stufen allein nicht reichen, werden besonders Frauen im Rollstuhl viele Steine in den Weg gelegt, die mit Stufen gleichzusetzen sind. Nur können sie über diese „Steine“ nicht getragen werden, diese Hürden müssen sie selbst bewältigen. Wie andere Frauen auch müssen sich Rollstuhlfahrerinnen bemühen, ein festes Standbein in ihrem Leben aufzubauen. Sie wollen ihren Haushalt managen, sich bilden, Fortbildungen besuchen, sich kulturell und beruflich weiterentwickeln und dabei ihr soziales Umfeld nicht vernachlässigen.
Einige glauben, Firmen stellen behinderte Mitarbeiter ein, um die Quote zu erfüllen. Doch dem ist leider nicht so. Reichen die Kenntnisse nicht aus, gibt es auch keinen Arbeitsvertrag und die Firmen zahlen lieber eine Abfindung an den Staat. Bei der Arbeit müssen dann insbesondere die Rollstuhlfahrerinnen ihre Kompetenzen beweisen. Wenn sie nicht gerade in einem Verein für Behinderte oder Ähnlichem arbeiten, stoßen sie – wie in and ren Bereichen ihres Lebens auch – auf Berührungsängste, Unsicherheiten und Vorurteile. Doch sie stellen sich den Herausforderungen!
Wie kann es sein, dass bei so einer großen Anzahl von Rollstuhlfahrer/-innen in Deutschland kaum jemand jemals mit einem/-r Rollstuhlfahrer/-in zu tun hatte?Als Erklärung hört man oft: „Sie sind da, man weiß es. Man sieht sie, traut sich aber nicht, den Kontakt zu suchen. Man will schließlich nicht starren oder gar aufdringlich werden! Man kennt diese Welt nicht, und will nichts Falsches machen oder sagen. Also bleibt man lieber weg. Beobachten und manchmal Bewundern aus Distanz.“
Inklusion ist nicht immer gleichzusetzen mit Barrierefreiheit. Barrieren finden oft im Kopf statt.
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HAIR & MAKE-UP
Alex Merk
Jeanette Schreiner
Kerstin Piehorsch
Mahsa Houshiar
Marina Eigenseher
Melanie Jasmin Crnomarkovic
Nina Wagner
Nathalie Paustian
Saskia Drexhage
Sebastian Krenzin
OTHERS
Barbara Teveßen | Kostümbildnerin
Christian Struck | Video/Schnitt
Caroline Königsfeld | Designerin
Léonie Gené | Bodypainting
Sarah-Luisa Wilke | Designerin
Sina Greinert | Ballonkünstlerin
Svenja Wolsky | Floristin
DANKSAGUNGEN
LOCATIONS / RENT
25 hours Hotel Number One
aXzea
Alpha Noble Ice Bar
Audi Hamburg GmbH
Café Brooks
Casino Esplanade Hamburg
ETV Hamburg (Boxtraining)
Grand Elysée Hamburg
Hotel Village
H2E Studios Hamburg
Kaifu Lodge
Knackscharf Rent
Le Royal Meridien
Morrywoods
Mövenpick Hotel Hamburg
Patrick Schwalb Photography
Pony Bar
Sascha Moll Fotografie
Schloß Tremsbüttel
Schauspielhaus Hamburg
Sommersalon Hamburg
Tropenschauhaus Hamburg
Taucher Zentrum Hamburg
MODELS
Anja Wackerbarth
Annika Schmalenberg
Anastasia Umrik
Anna Franken,
Bianca Reissmann
Christiane Battesimo
Christina Dorn
Christine Fink
Corina Zolle
Christine Komander
Delia Soetandi
Eva Hunger
Hannah Heynk
Janine Kolbig
Jenny Biessmann
Johanna Klemm
Katharina Meyer
Kristin Kruse
Larissa Weisensee
Luise Mittag
Lucy Wilke,
Marina Zdravkovic
Nora Welsch
Olga Ulrich
Patrizia Kubanek
Petra Strack
Romy Pötschke
Sarah Stumpe
Svenja Möller
Svenja Koch
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Stärke braucht keine Muskeln.
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