Universität Kassel
Fachbereich Ökologische Agrarwissenschaften
Studiengang Ökologische Landwirtschaft
Bachelorarbeit
zum Thema
Konzeption eines Weiterbildungsprogramms für die
Agroforst-Praxis und Agroforst-Beratung in Deutschland
1. Prüferin: M.Sc. Franziska Wolpert
Fachgebiet Sozial-ökologische Interaktionen in Agrarsystemen
2. Prüfer: Dr. Rüdiger Graß
Fachgebiet Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe
vorgelegt von
Quirin Kern (geb. am 24.03.1991 in München)
Matrikelnummer: 33403603
Witzenhausen, den 29. Juli 2019
II
Zusammenfassung
Obwohl Agroforstwirtschaft (AFW) einen großen Beitrag zur Schaffung klimaresilienter, ressourcenef-
fizienter und hochproduktiver Agrarökosysteme leisten kann, sind moderne Agroforstsysteme (AFS) in
Deutschland noch so gut wie unbekannt. Für eine schnelle Verbreitung von Agroforst-(AF)-Praktiken
sind spezielle Bildungs- und Beratungsangebote wünschenswert. Die AG Bildung und Beratung der Ag-
roforstkampagne (DE) hat zu diesem Thema bereits erste Ideen zusammengetragen. Die vorliegende
Arbeit hat nun zum Ziel, diese zu einem Fortbildungsleitfaden auszuarbeiten. Dazu wurde eine Litera-
turrecherche zu AFW der gemäßigten Breiten, theoretischen Grundlagen der Beratung sowie profes-
sionellen Bildungsangeboten zu AFW in ausgewählten Ländern der gemäßigten Klimazone (v.a. FR, CH,
USA) durchgeführt. Anschließend wurde aus den gewonnenen Erkenntnissen ein intensives Ausbil-
dungskonzept abgeleitet mit den Haupt-Modulen „Agroforst-Fachkundige*r“ und „Agroforst-Bera-
ter*in“, für die Inhaltsbeschreibungen erarbeitet wurden. Zudem wird die Idee vorgestellt, parallel
verlaufende Einführungs- und Vertiefungsmodule daraus zu extrahieren, um auch niedrigschwellige
Angebote bereitstellen zu können. Im Kurs sollen sich theoretische und praktische Einheiten abwech-
seln und in Form von Online- und Präsenzteilen zeitlich entzerrt werden. In jedem Modul soll ein Plan-
spiel am realen Fall absolviert werden und als abschließende Prüfungsleistung die Lernziele
„eigenständige Gestaltung von AFS“ bzw. „kompetente Agroforst-Beratung“ kontrollieren. Es sollte je-
doch noch eingehender überlegt werden, wie sichergestellt werden kann, dass ein solch umfangrei-
ches Programm nicht die zeitlichen Kapazitäten der Zielgruppen überfordert. Außerdem sollten
Zielgruppenanalyse und didaktisches Konzept noch detaillierter ausgearbeitet sowie Fragen zur prak-
tischen Umsetzung des Programms wie Finanzierung und Infrastruktur entwickelt werden.
III
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung ..............................................................................................................................II
Inhaltsverzeichnis ..............................................................................................................................III
I Abbildungsverzeichnis ................................................................................................................ V
II Tabellenverzeichnis .................................................................................................................... V
III Abkürzungsverzeichnis .............................................................................................................. VI
1 Einleitung ....................................................................................................................................1
1.1 Was ist Agroforst? ...............................................................................................................1
1.2 Warum Agroforstbildung in Deutschland? ...........................................................................2
1.3 Ursprung der Idee der Agroforst-Fortbildung .......................................................................3
2 Ziel und Aufbau der Arbeit ..........................................................................................................3
3 Material und Methoden ..............................................................................................................4
4 Theoretische Grundlagen der Beratung .......................................................................................5
4.1 Systemische Beratung..........................................................................................................6
4.2 Entscheidungstheorie ..........................................................................................................7
4.3 Übernahme von Innovationen .............................................................................................8
4.4 Beratungsmethoden .......................................................................................................... 10
4.5 Evaluierung/Erfolgskontrolle in der Beratung .................................................................... 11
5 Zum Stand der Agroforstbildung in den gemäßigten Breiten ..................................................... 12
5.1 Deutschland ...................................................................................................................... 12
5.2 Frankreich ......................................................................................................................... 12
5.2.1 AFAF .......................................................................................................................... 12
5.2.2 AGROOF..................................................................................................................... 12
5.3 Mediterranes Europa: Agrof-MM....................................................................................... 14
5.3.1 New Training Path...................................................................................................... 16
5.3.2 European Professional Reference Book of Agroforester ............................................. 16
5.3.3 Projektergebnisse ...................................................................................................... 18
5.4 Schweiz ............................................................................................................................. 19
5.5 USA ................................................................................................................................... 20
5.5.1 Missouri ..................................................................................................................... 20
5.5.2 Wisconsin .................................................................................................................. 21
5.6 Andere Länder ................................................................................................................... 22
6 Leitfaden für die Agroforst-Fortbildung ..................................................................................... 22
6.1 Konzept ............................................................................................................................. 22
6.1.1 Module ...................................................................................................................... 23
6.1.2 Formate ..................................................................................................................... 23
6.2 Inhalte Modul C1: Agroforst-Fachkundige*r....................................................................... 24
6.2.1 Einführung ................................................................................................................. 24
6.2.2 Biologische und agronomische Aspekte ..................................................................... 25
IV
6.2.3 Technik und Management ......................................................................................... 28
6.2.4 Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte ...................................................................... 30
6.2.5 Synthese .................................................................................................................... 33
6.3 Inhalte Modul C2: Agroforst-Berater*in ............................................................................. 33
6.3.1 Einführung ................................................................................................................. 34
6.3.2 Beratungstheorie ....................................................................................................... 34
6.3.3 Beratungspraxis ......................................................................................................... 35
6.3.4 Beratungsqualität ...................................................................................................... 36
6.3.5 Weitere Agroforst-Werkzeuge ................................................................................... 37
6.3.6 Vertiefung von Themen aus Modul C1 ....................................................................... 37
6.3.7 Synthese und Ausblick ............................................................................................... 39
7 Diskussion ................................................................................................................................. 39
7.1 Diskussion der Ergebnisse .................................................................................................. 39
7.2 Diskussion der Methoden .................................................................................................. 41
8 Fazit und Ausblick ..................................................................................................................... 42
Literaturverzeichnis .......................................................................................................................... 44
Anhang ................................................................................................................................................i
Selbstständigkeitserklärung ............................................................................................................... iii
V
I Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Agroforstsysteme als Kontinuum zwischen Ackerbau, Bäumen und Viehbesatz (den
Herder et al. 2015, S. 2) ......................................................................................................................2
Abbildung 2: Zeitverlauf der Übernahme von Innovationen (Ampofo 2018, S. 53) ...............................9
Abbildung 4: UMCA Agroforestry Academy 2019: Programmschema (Center for Agroforestry 2019) 20
II Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Schematischer Entscheidungsprozess (nach van den Ban und Wehland 1984, S. 36) ...........7
Tabelle 2: Modulangebot Icosysteme (nach Icosysteme.com o.J., eigene Übers.) .............................. 13
Tabelle 3: Inhalte Modul „Agroforst: Techniker, Berater, Kursleiter“ (nach Icosysteme.com o.J., eigene
Übers.) .............................................................................................................................................. 14
Tabelle 4: Agrof-MM Kerninhalte (nach NOUALLET 2018a, S. 21, eigene Übers.) ............................... 16
Tabelle 5: Agrof-MM Kernkompetenzen (nach ROUSSEAU 2018a, eigene Übers.) ............................. 17
Tabelle 6: Agrof-MM Liste der Aktivitäten einer Berater*in (nach ROUSSEAU 2018a, eigene Übers.) 18
Tabelle 7: Empfohlene Agroforst-Spezies (nach Wilson et al. 2018, S. 21, eigene Übers.) .................. 21
Tabelle 8: Konzept der Module C1 und C2 ......................................................................................... 23
Tabelle 9: Inhaltsübersicht Modul C1: Agroforst-Fachkundige*r ........................................................ 24
Tabelle 10: Inhaltsübersicht Modul C2: Agroforst-Berater*in ............................................................ 34
VI
III Abkürzungsverzeichnis
AF ........................................................................................................................................................ Agroforst
AFAF ............................................................................................................... französische Agroforstvereinigung
AFS ........................................................................................................................................ Agroforstsystem(e)
AFW ..................................................................................................................................... Agroforstwirtschaft
AG .......................................................................................... AG Bildung und Beratung der Agroforstkampagne
Agrof-MM ............................................... Training in Agroforestry – Mediterranean, Semi-Arid Zones, Mountains
AGROOF .......................................................... französisches Planungsbüro, spezialisiert auf Agroforstwirtschaft
CTS ........................................................................................................................ Consultant/Trainer/Specialist
DeFAF ......................................................................................... Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft
LE .................................................................................................................................... Landschaftselement(e)
mdl. Mit. ............................................................................................................................ mündliche Mitteilung
SAFE ............................................................................................................ Silvoarable Agroforestry For Europe
UMCA ........................................................................................... University of Missouri Center for Agroforestry
1
1 Einleitung
Agroforstsysteme (AFS) haben eine lange Tradition in Europa und weltweit als integrale Bestandteile
der Nahrungs- und Rohstoffproduktion, der Kulturlandschaft und der Agrarökosysteme, z.B. in Form
von Streuobstwiesen, Heckenlandschaften, Hauberg- und Waldweidesystemen. Ihr starker Rückgang
im letzten Jahrhundert ist u.a. auf hochgradige Mechanisierung und Intensivierung der Landwirtschaft,
politische Weichenstellungen (z.B. Förderstruktur, Flurbereinigung) und sozio-ökonomische Verände-
rungen zurückzuführen (vgl. Nerlich et al. 2013; Smith et al. 2012).
Angesichts zahlreicher lokaler wie globaler Herausforderungen unserer Zeit (Klimawandel, Bodenero-
sion, Biodiversitätsverlust, Störung der Stoffkreisläufe etc.) ist ein erneuter tiefgreifender Wandel der
Agrarstruktur notwendig, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen langfristig zu sichern. Vielfältige
AFS bieten sich hierfür besonders an, da sie ein erhöhtes Potenzial haben, Kohlenstoff zu speichern,
Artenvielfalt zu fördern, Bodenfruchtbarkeit aufzubauen und Luft- und Wasserqualität zu verbessern.
Gleichzeitig können sie Erträge erhöhen, das Mikroklima verbessern, Krankheits- und Schädlingsstress
vermindern und das (Weide-)Tierwohl steigern (vgl. Hofmann 2019, S. 5–6; Grünewald und Reeg
2009). Die Synthese moderner AFS aus traditionellem Wissen und aktueller Forschung ist daher ein
wichtiger Schlüssel, um diese Vorteile für die heutige landwirtschaftliche Praxis nutzbar zu machen
(vgl. Smith et al. 2012).
1.1 Was ist Agroforst?
Mit dem Begriff Agroforstwirtschaft (AFW) werden Landnutzungssysteme bezeichnet, bei denen Ge-
hölze (Bäume oder Sträucher) mit Ackerkulturen und/oder Tierhaltung so auf einer Fläche kombiniert
werden, dass zwischen den verschiedenen Komponenten ökologische und ökonomische Wechselwir-
kungen entstehen (vgl. Nair 1993, S. 14, zitiert nach Lundgren und Raintree, 1982). Die Kunst besteht
darin, Design und Management so zu wählen, dass negative Interaktionen minimiert und positive ma-
ximiert werden können, um damit die bestmögliche Ressourcennutzung zu erreichen (Jose et al. 2004).
Agroforstsysteme werden meist in folgende Kategorien eingeteilt (vgl. Gold et al. 2018, S. 10–11):
a) silvoarable Systeme: Kombination von Gehölzen und ackerbaulich/gärtnerischer Nutzung,
z.B. mit Baumreihen zwischen Ackerstreifen (engl. Alley Cropping);
b) silvopastorale Systeme: Kombination von Gehölzen mit Futterbau, z.B. klassische Streuobst-
wiese, Waldweide, Kastanienselven (s.a. Gabriel und Toensmeier 2018);
c) Forest Farming: Anbau oder Wildsammlung von Spezialprodukten (Medizin-, Zier- oder Nah-
rungspflanzen) in Waldflächen, z.B. Pilze, Farne, Ginseng (s.a. Mudge und Gabriel 2014);
d) Gewässerschutzstreifen: Reihenpflanzung von Gehölzen und Gräsern entlang Gewässern ne-
ben landwirtschaftlicher Nutzfläche zum wechselseitigen Schutz z.B. vor Stoffeintrag bzw.
Überflutung (engl. Riparian buffer strips);
e) Windschutzhecken: Bäume und Sträucher in Reihen zum Schutz von Pflanzenbau, Tieren und
Boden vor Wind.
2
Wilson et al. (2018, S. 6) kritisieren, dass eine zu strenge Trennung der Kategorien mögliche Über-
schneidungen außer Acht lasse, die auch auf der Zeitachse stattfinden könnten, indem z.B. eine Alley
Cropping-Fläche mit zunehmendem Schattendruck durch die Baumkomponente nach etwa 20 Jahren
in eine Weide oder Wiese umfunktioniert wird. Zudem lassen sich viele Übergangs- und Mischformen
denken, darunter agrosilvopastorale Systeme, die z.B. in mediterranen Gebieten weitverbreitet sind
(vgl. Rigueiro-Rodríguez et al. 2009; Nerlich et al. 2013). Um zu verdeutlichen, dass AFW mehr ein Kon-
tinuum als ein starres System darstellt, eignet sich die Darstellung mittels Dreiecksdiagramm (vgl.
Abb. 1).
1.2 Warum Agroforstbildung in Deutschland?
Dass Agroforstsysteme auch in Deutschland großes Potenzial haben, hat Reeg (2010) in ihrer Disserta-
tion dargestellt: demnach reicht das Spektrum an Funktionen, die von AFS in der deutschen Landwirt-
schaft erfüllt werden können, von Produktdiversifizierung über Bodenschutz und Schaffung eines für
die Produktion günstigen Kleinklimas bis zur Aufwertung von Agrarlandschaften in Bezug auf Natur-
schutz und Landschaftsbild (ebd., S. 14). Zugleich bemängelt sie aber, dass fehlende Kenntnisse und
eine überwiegend ablehnende Einstellung der Landwirtinnen1 einer Umsetzung entgegenstünden
(ebd., S.17).
1 Um den Lesefluss nicht zu stören, werden in dieser Arbeit jeweils für ein ganzes Kapitel ausschließlich weibliche oder männliche Formen verwendet, wobei nach jedem Kapitel gewechselt wird (mit Ausnahme der Zusammen-fassung und der Überschriften). Gemeint sind damit jeweils sämtliche Geschlechteridentitäten gleichermaßen (m/w/x), sofern nicht explizit anders gekennzeichnet.
Abbildung 1: Agroforstsysteme als Kontinuum zwischen Ackerbau, Bäumen
und Viehbesatz (den Herder et al. 2015, S. 2)
3
Diesem Thema widmete sich eine Studie im Rahmen des SAFE-Projektes (Silvoarable Agroforestry For
Europe), die 2003/04 in 17 europäischen Regionen durchgeführt wurde (darunter auch Schleswig-Hol-
stein und Brandenburg). In der Tat konnten nur rund ein Drittel der befragten Landwirtinnen eine rich-
tige Definition von AFW nennen. Offenbar herrsche Verwirrung durch den Wortbestandteil „-forst“,
der generell eher mit typischen Waldbildern wie dichten Baumbeständen und Verschattung von Feld-
kulturen assoziiert würde. Dementsprechend negativ gegenüber AFS fiel auch die erste Reaktion der
Befragten aus. Nachdem sie jedoch anhand von Bildern und Informationen aufgeklärt wurden, zeigten
überraschende 48% der Landwirtinnen Interesse an einer Umsetzung von silvoarablen Systemen auf
eigenem Ackerland, was andeutet, wie viel bereits mit gezielter Aufklärung erreicht werden kann. Ei-
ner Umsetzung im Wege stünden vor allem mangelndes Wissen, fehlendes Anschauungsmaterial in
Form von regionalen Demonstrationsflächen, Unsicherheiten über die Profitabilität sowie hinderliche
gesetzliche Rahmenbedingungen. Landwirtinnen, die angaben, an einer eigenen Agroforstanlage inte-
ressiert zu sein, wünschten sich im Anschluss an die Umfrage oft weiterführende Informationen und
Beratung (vgl. Graves et al. 2009).
Wenn man bedenkt, dass eine positive Entscheidung für ein neues Verfahren nur getroffen werden
kann, wenn u.a. (a) das Verfahren grundsätzlich bekannt ist und (b) Zugang zu umfassenden Informa-
tionen besteht (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 36–42), wird deutlich, welche Bedeutung die
Bereitstellung von umfassenden Bildungsangeboten, verbunden mit kompetenter Beratung, für die
wirksame Verbreitung von Agroforstsystemen hat.
1.3 Ursprung der Idee der Agroforst-Fortbildung
Die Agroforstkampagne hat sich die Propagierung von Agroforstsystemen zum Ziel gesetzt (agroforst-
kampagne.net) und gab im Frühjahr 2018 den Anstoß, eine „AG Bildung und Beratung“ der Agroforst-
kampagne (im Folgenden „AG“ genannt) zu gründen. Der daraus entstandene ehrenamtliche Kreis von
ca. 15 Agroforst-Interessierten aus ganz Deutschland verfolgte zunächst das Ziel, mittels Exkursionen,
Referentinnenvorträgen und eigener Recherche sich selbst und gegenseitig in mehreren Gruppentref-
fen pro Jahr zu Agroforst-Beraterinnen auszubilden. Mit Beginn der Vorarbeiten zur Gründung des
Deutschen Fachverbands für Agroforstwirtschaft (DeFAF) wurde die AG in den „Fachbereich Aus- und
Weiterbildung“ des DeFAF integriert. Die bisherigen Ergebnisse der AG sollten dabei für eine an die
Öffentlichkeit gerichtete Fortbildungsreihe für Agroforst-Beraterinnen zur Verfügung stehen. Als Mit-
glied der AG bzw. des Fachbereichs erklärte sich der Autor bereit, im Rahmen seiner Bachelorarbeit
die Konzeption und wissenschaftliche Aufbereitung des Fortbildungskurrikulums zu übernehmen. Die
Treffen der AG dienten als wertvolle Orientierung für diese Arbeit.
2 Ziel und Aufbau der Arbeit
Um der Realisierung einer Agroforst-Fortbildung in Deutschland näherzukommen, soll mit dieser Ar-
beit ein Konzept erarbeitet werden, nach dem die Fortbildung gestaltet werden kann. Das Ziel ist, einen
Leitfaden zu schaffen, der sowohl traditionelles Wissen als auch aktuelle Forschung zu AFS in einem an
die Begebenheiten in Deutschland angepassten Inhaltskatalog vereint. Zugleich sollen Formate der
4
Vermittlung dargestellt werden, um die bestmögliche Agroforst-Ausbildung nach aktuellem Stand der
Praxis zu gewährleisten.
Die Fortbildung richtet sich explizit nicht nur an die ökologische Landwirtschaft, sondern möchte alle
in der Landbewirtschaftung Tätigen gleichermaßen ansprechen, unabhängig von Zertifizierung und Be-
wirtschaftungsweise.
Da bereits viel Literatur zu AFW an sich existiert, aber wenig zur Agroforstberatung und -ausbildung,
wird der Schwerpunkt dieser Arbeit auf diesen Punkten liegen. Dazu soll in einem ersten Schritt die
Methodik erläutert werden (Kap. 3). Anschließend werden die Ergebnisse der Literaturrecherche dar-
gestellt, beginnend mit den wissenschaftlichen Grundlagen der Beratung (Kap. 4) und dem Stand der
Agroforst-Ausbildung in Deutschland und vergleichbaren Ländern (Kap. 5). Es folgt ein Vorschlag für
die Agroforstbildung in Deutschland mit Konzept und Inhalten (Kap. 6). In der anschließenden Diskus-
sion (Kap. 7) sollen die Ergebnisse evaluiert werden. Zum Schluss wird ein Fazit aus der Arbeit gezogen
und Ausblick auf zukünftige Herausforderungen entwickelt (Kap. 8).
3 Material und Methoden
Es wurde eine Bibliotheks- und Internetrecherche zu den Hauptthemen Agroforst, Agroforstbildung
und Agroforstberatung in der gemäßigten Zone (deutsch und englisch) sowie zu relevant erscheinen-
den Unterthemen durchgeführt. Benutzt wurden KARLA (Katalogportal der Universitätsbibliothek Kas-
sel), „google scholar“ und „google“. Sofern vorhanden, wurden wissenschaftliche Publikationen den
nichtwissenschaftlichen vorgezogen. Die Auswahl der tiefergehend zu analysierenden Bücher, Studien
und Webseiten erfolgte nach Titel, Abstract oder Startseite anhand des Vorwissens des Autors sowie
seiner subjektiven Einschätzung der Relevanz für die Arbeit. Wenn unter einem Stichpunkt nicht genug
Material gefunden werden konnte, wurde die Suche auf angrenzende Wissenschaftsgebiete (z.B. Land-
wirtschaftsberatung, Agroforstbildung in der mediterranen Zone) ausgeweitet.
Eine weitere wichtige Quelle für die Strukturierung und Vorsondierung dieser Arbeit waren die Grup-
pentreffen der AG bzw. deren Protokolle. Diese enthalten eigene Rechercheergebnisse sowie Praxiser-
fahrungen der Gruppenmitglieder, zum Teil auch zu bisher weniger beforschten Spezialgebieten wie
z.B. sukzessionaler AFW, sowie eine Liste mit Themen, die in der Ausbildung enthalten sein sollten. Da
jedoch häufig Quellenangaben fehlen, wurden sie nur dann inhaltlich zitiert, wenn es sich um Praxiser-
fahrungen handelt, die neue Erkenntnisse für die AFW in Deutschland bringen könnten. Die Protokolle
können bei Interesse beim Autor angefordert werden und sind im Anschluss an das Literaturverzeich-
nis aufgelistet.
Im Lauf der Recherche zeigte sich, dass unter ausschließlicher Verwendung von deutsch- und englisch-
sprachiger Literatur nicht ausreichend Material über bestehende Agroforstfortbildungen gesammelt
werden konnte. Daher wählte der Autor zum Verständnis der französischsprachigen Seiten den kos-
tenfreien online-Übersetzungsdienst DeepL, der durch die Nutzung neuartiger künstlicher Intelligenz
nach persönlicher Erfahrung des Autors sehr gute Übersetzungen liefert und den Referenzen zufolge
alle anderen Anbieter weit übertrifft (vgl. DeepL GmbH o. J.). Zur Kontrolle wurde zusätzlich ein
5
Muttersprachler gebeten, die Übersetzungen zu prüfen und holprige Formulierungen etwas zu glätten.
Übersetzungen aus dem Englischen wurden dagegen vom Autor selbst vorgenommen und, wo es sinn-
voll erschien, mit dem Original ergänzt.
Agroforst-Beratung
Zur Integration von Erfahrungswerten aus der Praxis wurden Telefoninterviews mit einer Agroforst-
Beraterin und zwei Agroforst-Beratern (haupt- oder nebenberuflich) aus dem deutschsprachigen Raum
durchgeführt. Dabei wurden kurz Hintergrund und Ziel dieser Arbeit skizziert und anschließend gefragt,
was nach Meinung der Experten unbedingt in einer Fortbildung für Agroforst-Berater gelehrt werden
sollte. Abschnittsweise ähnelte das Gespräch eher einem Dialog, da sich das relativ weite Feld der Ag-
roforst-Beratung so besser strukturieren ließ. Die Mitschrift der Interviews erfolgte handschriftlich und
stichpunktartig. Aufgrund des Gesamtumfangs dieser Arbeit konnte keine Transkription erfolgen. Die
Ergebnisse der Interviews finden sich daher nur im Text und sind mit “mdl. Mit.” gekennzeichnet. Eine
Beschreibung der Experten findet sich im Anschluss an das Literaturverzeichnis.
Erasmus+ Projekt „Agrof-MM“
Die Recherche der Projektveröffentlichungen erfolgte über dessen Wissensdatenbank (AGROF-MM
2009). Da es weder eine Übersicht der Publikationen noch des Projektes an sich gab, musste die Pro-
jektstruktur selbst hergeleitet werden. Der Autor kam zu dem Schluss, dass das Projekt in mindestens
fünfzehn Phasen oder Arbeitsgruppen unterteilt war, die mit der Abkürzung IO und fortlaufender Num-
mer (IO01, IO02, …, IO15) gekennzeichnet waren. Nicht alle IO-Nummern hatten eigene Veröffentli-
chungen in der Datenbank, manche Dokumente trugen aber mehrere Nummern.
4 Theoretische Grundlagen der Beratung
Da der Begriff „Beratung“ im deutschsprachigen Raum vielschichtig ist, muss zunächst geklärt werden,
worum es in der Agroforstberatung gehen soll. Von den verschiedenen Bedeutungsvarianten erschei-
nen die folgenden relevant:
- Auskunft: die Vermittlung von wertfreiem Faktenwissen auf Anfrage der Ratsuchenden;
- Aufklärung: Bewusstmachung von Tatbeständen und deren Konsequenzen;
- Öffentlichkeitsarbeit: Bereitstellung und Verbreitung von Informationen über die eigene Per-
son oder Institution aus Eigeninteresse;
- Beratung im eigentlichen Sinn: Entscheidungshilfe zwischen mehreren Alternativen auf An-
frage der Ratsuchenden;
- Erwachsenenbildung: planmäßige Wissensvermittlung zur Vorbereitung auf aktuelle oder zu-
künftige Herausforderungen (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 9).
Eine etwas ausführlichere Definition der Beratung im engeren Sinne findet sich bei Boland (1991, S.
16):
„Im Beratungsprozess lässt sich der Berater auf eine partnerschaftliche Interaktion mit einem verunsi-
cherten, aber zur Bearbeitung seiner Situation motivierten Ratsuchenden ein, die zum Ziel hat, die
Schwierigkeiten des Ratsuchenden durchsichtig zu machen und ihn zu befähigen und zu ermutigen, eine
6
persönliche und sachliche Entwicklung einzuleiten. Dabei soll sich keine Abhängigkeit zu dem Berater
entwickeln, vielmehr soll dem Ratsuchenden seine eigene Verantwortung für die Ingangsetzung und
Durchführung von Änderungen verdeutlicht werden.“
Es handelt sich also um ein komplexes Feld, in dessen Zentrum nicht allein die Sachinformation steht,
sondern mindestens gleichberechtigt die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Beraterin und Kli-
entin. Vor allem hilft die Beraterin der Klientin, sich im richtigen Moment die entscheidenden Fragen
zu stellen und Zugang zu den für die Entscheidung nötigen Informationen zu erhalten.
Die Ziele der Beratung sollten dabei in erster Linie den selbst wahrgenommenen Interessen der Klientin
dienen, jedoch werden immer auch die Vorstellungen der Beraterin sowie die Ziele eventueller Geld-
geberinnen eine Rolle spielen. Diese gilt es bewusst abzuwägen, da es durchaus alltäglich ist, dass man
als Beraterin im Sinne der Klientinnen, der Gesellschaft oder gar globaler Zusammenhänge Entschei-
dungen und Entwicklungen zu beeinflussen versucht, sei es offen oder verdeckt. Dies wirft aber ernst-
zunehmende ethische Fragen auf, da es durchaus diskutabel ist, was denn genau im Interesse der
Klientinnen liegt und wer dies zu beurteilen vermag. Solche Fragen können nur im jeweiligen politi-
schen, gesellschaftlichen oder globalen Kontext beantwortet werden. Es ist aber wichtig, sich als Bera-
terin die eigenen ethischen Grundsätze klarzumachen, um zu vermeiden, dass durch die eigene Arbeit
langfristig mehr Schaden als Nutzen entsteht (vgl. van den Ban und Wehland 1984, 12-14 u. 30-35).
4.1 Systemische Beratung
Wie in der Definition von Boland oben schon angeklungen ist, geht es in der Beratung nicht darum,
„kluge Ratschläge“ zu erteilen, an die die Klientin sich zu halten hat, sondern darum, sie zu befähigen,
selbst zu entscheiden. Diese Form der Beratung wird als systemisch oder nicht-direktiv bezeichnet.
Ihre Berechtigung soll hier noch etwas vertiefter begründet werden.
Nach der konstruktivistischen Erkenntnistheorie können wir nur das wahrnehmen, was unser Gehirn
aus den ihm zugetragenen Sinnesreizen zusammensetzt. Wir können jedoch nicht bestimmen, wie sehr
sich diese Konstruktion einer Wirklichkeit von der realen Umwelt außerhalb des Körpers unterschei-
det. Objektivität existiere demnach nicht, da Beobachtungen nicht ohne Beobachterin gemacht wer-
den können. Folglich erlebe jeder Mensch seine eigene Version der Wirklichkeit; und das sogar, ohne
sich dessen bewusst zu sein (vgl. Palmowski 1995, S. 69–74). Daraus ergibt sich der Satz von der „Un-
möglichkeit instruktiver Interaktion(…): Da jeder Mensch seine eigene Wirklichkeit erschafft, ist es
sinnlos und unmöglich, aus einer anderen Wirklichkeit heraus (der des Beraters etwa) Instruktionen,
Lösungen, Vorschläge oder Interventionen zu unterbreiten, in der Erwartung, dass sie mit der Wirk-
lichkeit des Klienten übereinstimmen“ (Palmowski 1995, S. 75).
Für die Beratungspraxis bedeutet das: Wenn eine Beraterin Informationen oder Vorschläge ins Ge-
spräch einbringt, muss sie sehr darauf achten, dass die Klientin in der Lage ist, sich ein eigenes Bild
davon zu machen, um selbst entscheiden zu können, ob sie sie annehmen will oder nicht. Besser noch
ist es, wenn die Klientin sich die Lösungsalternativen selbst erarbeitet (ggf. mit Hilfestellung). Das Drän-
gen zur Übernahme von Vorschlägen, die nicht mit der inneren Wirklichkeit der Klientin
7
übereinstimmen, führt fast zwangsläufig zu Widerstand und Ablehnung, oder aber Unterwerfung un-
ter die Verantwortung der Beraterin, welche dann aber bei Scheitern der vorgeschlagenen Lösung oft-
mals den Vorwurf der Irreführung oder Inkompetenz tragen muss. Daher bleibt aus Sicht der
konstruktivistischen Erkenntnistheorie nur eine Möglichkeit: die Klientin als gleichberechtige Partnerin
anzuerkennen und sie zu befähigen, selbst eine Entscheidung zu finden (vgl. Palmowski 1995; van den
Ban und Wehland 1984).
4.2 Entscheidungstheorie
Wer sich zum Ziel setzt, anderen Menschen bei schwierigen Entscheidungen zu helfen, sollte sich zu-
nächst tiefergehend mit dem Prozess der Entscheidungsfindung an sich beschäftigen. Wie Tabelle 1
zeigt, liegt der Schlüsselpunkt des Entscheidungsprozesses in der Problemwahrnehmung, da alle wei-
teren Schritte darauf aufbauen. Zudem handelt es sich um ein potenziell zyklisches Modell, da nach
der Realisierung der Entscheidung eine Evaluation ansteht, bei der möglicherweise ein neues Problem
aufgedeckt wird, womit ein neuer Entscheidungsprozess beginnt. Das Schema kann dabei auch als
Richtlinie für die Vorgehensweise im Beratungsprozess dienen.
Tabelle 1: Schematischer Entscheidungsprozess (nach van den Ban und Wehland 1984, S. 36)
Entscheidungsprozess der Klientin Aufgaben der Beraterin im Entscheidungsprozess
1. Wahrnehmung des Problems ggf. Bewusstmachung des Problems
2. Problemerfassung
- Definition der Ist-Situation
- Definition der Soll-Situation
- Diagnose – Ermitteln der Schwierigkeiten, die
Ist- in die Soll-Situation zu überführen
Objektivierung und Konkretisierung der Problemstellung
- Objektivierung der Wahrnehmung
- Hilfestellung geben, über die Soll-Situation bewusst
und systematisch nachzudenken, Zielvorstellungen
herauszuarbeiten. Ggf. Zielkonflikte deutlich machen
- Hilfe bei der Erfassung und Bewertung der Schwierig-
keiten; evtl. Gegenüberstellung subjektiv empfunde-
ner und objektiv vorhandener Schwierigkeiten
3. Formulierung alternativer Lösungsmöglichkeiten (neue) alternative Lösungsmöglichkeiten aufzeigen
4. Bewertung und Entscheidung
- Bewertung jeder Alternative im Hinblick auf die Zielsi-
tuation
- Entscheidung für eine Alternative
- Objektivierung der Bewertung mit Hilfe wissenschaft-
lich abgesicherter Analysen; Begrenzung des Auf-
wands zur Beurteilung der Alternativen
- Unterstützung der Klientin, auch wirklich eine Ent-
scheidung zu treffen
5. Realisierung der Entscheidung Geistige Förderung, damit Entscheidung realisiert wird
6. Evaluierung
Angestrebtes Ziel nicht erreicht = neue Problemstellung
Objektivierung und Systematisierung der Kontrolle
Hilfe bei der Lösung des neuen Entscheidungsprozesses
Ob das Konsultieren einer Beraterin für eine erfolgreiche Entscheidungsfindung überhaupt notwendig
ist, hängt unter anderem davon ab, ob die Klientin ihre Problemsituation sowie die möglichen Wege
zur Problemlösung klar definieren kann. Ist die Klientin hierzu selbstständig in der Lage, so liegt eigent-
lich kein Beratungsbedarf vor. Bestehen aber in einem oder beiden Punkten größere Unklarheiten, so
handelt es sich um eine sogenannte „innovative Entscheidung“, also um Neuland in ihrer persönlichen
8
Lebenserfahrung, für deren Meistern die Klientin auf Unterstützung bei der Informationssuche ange-
wiesen ist (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 38).
Obwohl eine wichtige Funktion der Beraterin in der Objektivierung der Bewertungen der Klientin liegt,
muss hier erwähnt werden, dass auch psychosoziale Konsequenzen einer Handlungsalternative (wie
z.B. die Verschlechterung des Ansehens bei Berufskolleginnen) oft eine große Rolle spielen. Soll hier
eine Verhaltens- oder Einstellungsänderung hervorgerufen werden, zeigt es sich oftmals als viel wir-
kungsvoller, Anschaulichkeit und Austausch auf Augenhöhe (z.B. durch Betriebsbesichtigungen, Dis-
kussionen mit Praktikerinnen etc.) zu fördern, als sich rein auf den Top-Down-Wissenstransfer von der
Expertin zur Landwirtin zu beschränken (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 39–41).
4.3 Übernahme von Innovationen
Haben Landwirtinnen ein Problem identifiziert, stellt sich ihnen die Frage, ob sie zu dessen Lösung auch
neue Ideen, Produkte oder Verfahren einsetzen sollen. Da es sich bei Agroforstwirtschaft in der aktu-
ellen deutschen Landbewirtschaftung um neue bzw. fast völlig aus der Praxis verschwundene Konzepte
handelt, scheint es interessant, sich mit den Erkenntnissen der Innovationsforschung zu beschäftigen.
Der Verlauf der Übernahme erfolgt in fünf Schritten: (1) Bewusstwerden der Existenz einer Innovation,
(2) Interesse und Informationssuche, (3) Bewertung im persönlichen Kontext, (4) Ausprobieren in be-
grenztem Umfang (z.B. auch durch Erkundigungen bei Pionierinnen) und (5) endgültige Übernahme.
Diese Schritte laufen jedoch bei weitem nicht immer rational ab, sondern werden häufig spontan ent-
schieden oder einfach von anderen Bezugspersonen abgeschaut (vgl. van den Ban und Wehland 1984,
S. 44).
Ob eine Neuerung übernommen wird, hängt u.a. von den ihr zugeschriebenen Eigenschaften ab. Diese
sind:
1. Relative Vorzüglichkeit (Kosten, Nutzen, Zeitdauer, Arbeitserleichterungen etc.),
2. Normenverträglichkeit (Übereinstimmung mit eigenen Werten),
3. Komplexität (Überschaubarkeit),
4. Teilbarkeit bzw. Erprobungsmöglichkeit in begrenztem Umfang und
5. Anschaulichkeit (Sichtbarkeit, Möglichkeit der Demonstration).
Alle diese Punkte unterliegen jedoch der höchst subjektiven Interpretation sowie dem Einfluss der ak-
tuellen Situation und der Persönlichkeitsstruktur der Klientin. Dennoch kann es sich lohnen, diese As-
pekte bei der Verbreitung von Innovationen zu berücksichtigen, da sie die Maßstäbe für die zu
leistende Überzeugungsarbeit darstellen (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 45–46). Bezogen auf
AFW als Innovation in Deutschland und Europa nehmen die Landwirtinnen laut Graves et al. (2009) die
Punkte 3-5 als ungünstig wahr, während Punkt 1 eher neutral gesehen wird.
Im Zeitverlauf nach Einführung einer Innovation lässt sich im Verhalten der Individuen, für die die In-
novation relevant ist, ein typisches Muster erkennen: nach einer anfänglichen sehr zögerlichen Über-
nahme durch einige wenige Individuen folgt ein rasanter Anstieg der Zahl der Übernehmerinnen (engl.
9
Adopter), bevor zum Schluss des Betrachtungszeitraums wieder nur sehr wenige Übernahmen statt-
finden (vgl. Abb. 2). Daraus kann man die verschiedenen Kategorien von Übernehmerinnen ableiten:
1. Innovatorinnen
2. Frühe Übernehmerinnen
3. Frühe Mehrheit
4. Späte Mehrheit
5. Nachzüglerinnen
Abbildung 2: Zeitverlauf der Übernahme von Innovationen (Ampofo 2018, S. 53)
Da die Gruppen 3 und 4 erst dann auf eine Neuerung eingehen, wenn sie bereits in ihrem näheren
Umfeld getestet, etabliert und bewährt ist, und die fünfte Gruppe zahlenmäßig kaum eine Rolle spielt,
konzentrieren sich Innovations-Einführungsstrategien meist auf die ersten beiden Kategorien. Bei den
Innovatorinnen handelt es sich um meist sehr gut informierte sowie mit Ressourcen (Geld, Hilfsmittel)
ausgestattete „Einzelkämpferinnen“, die in ihren Normen nicht mit den lokalen Bezugsgruppen ver-
knüpft sind, sich sozial und unternehmerisch eher überregional betätigen und daher von ihren regio-
nalen Kolleginnen kaum als Referenzpersonen anerkannt werden. Sie verfügen dadurch jedoch über
ausgezeichnete Möglichkeiten, Neuerungen früh zu entdecken, sich umfassend zu informieren und
eigene Versuche durchzuführen, die in ihrer Region dann oft große Aufmerksamkeit erregen und zur
lokalen Erprobung neuer Verfahren äußerst aufschlussreich sein können (vgl. van den Ban und Weh-
land 1984, S. 52–53).
An zweiter Stelle kommen die Induktorinnen oder Früh-Übernehmerinnen, die oft als Schlüsselperso-
nen fungieren und im Gegensatz zu Innovatorinnen in ihren Normen mit dem sozialen Umfeld über-
einstimmen. Gleichzeitig sind sie überdurchschnittlich gut informiert und werden daher als
Referenzpersonen respektiert, wodurch sie sich am besten als Ansprechpartnerinnen und Wegberei-
terinnen für die Verbreitung von Neuerungen eignen. Wenn hingegen diese Gruppe nicht erreicht
10
werden kann, wird es schwierig, die große Mehrheit (Gruppe 3 und 4) von Nutzen und Machbarkeit
einer Innovation zu überzeugen, da sie aus verschiedenen Gründen nicht zur frühen Übernahme bereit
ist. Dies wird noch durch die Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit einer Innovation dahingehend modifi-
ziert, dass die erfolgreiche Einführung und Verbreitung umso schwieriger wird, je weniger sichtbar sie
ist, da sie mehr auf interpersonelle Kommunikation angewiesen ist (vgl. van den Ban und Wehland
1984, S. 53–57).
Für die Agroforstbildung und -beratung kann dies insofern nützlich sein, als die Kategorie der Innova-
torinnen sich als Partnerinnen für die Anlage von ersten Demonstrationsflächen eignet, während für
die schnelle Verbreitung von AFS die frühen Übernehmerinnen relevanter sind, da sie positiv auf ihre
regionalen Kolleginnen wirken, indem sie z.B. bereits erprobte Agroforst-Methoden auf ihren Höfen
etablieren.
4.4 Beratungsmethoden
Doch wie erreicht man bei gegebenem Beratungsbedarf nun Fortschritt für das Klientel? Es gibt im
Wesentlichen drei Obergruppen von Beratungsmethoden: Massenmedien, Gruppenberatung und Ein-
zelberatung. Massenmedien eignen sich vor allem zur schnellen Verbreitung von ersten Informationen
über eine Neuerung, aber weniger, um generelle Einstellungs- und Verhaltensänderungen hervorzu-
rufen, u.a. aufgrund von Selektionsprozessen bei der Aufnahme und Verarbeitung von Informationen.
Hierzu zählen z.B. Zeitschriften, Rundfunk und Internet (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 58–
61).
Mit Gruppenmethoden können ebenfalls viele Menschen erreicht werden, allerdings zu deutlich hö-
heren Kosten. Dafür ergibt sich die Möglichkeit der verbesserten Rückkopplung und damit der Vermei-
dung von Missverständnissen. Außerdem kann gezielt die Interaktion zwischen Klientinnen beeinflusst
werden, um Änderungen ihres Verhaltens und ihrer Gruppennormen anzustoßen. Eventuell kann da-
mit wirksam der Entstehung größerer Probleme vorgebeugt werden, die andernfalls aufwändig in Ein-
zelberatung gelöst werden müssten. Gruppenmethoden umfassen Vorträge, Vorführungen und
Demonstrationen, Exkursionen und Gruppendiskussionen (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 61–
70).
Die klassische Form der Beratung ist die Einzelberatung. Sie ist dann geeignet, wenn bei der Klientin
bereits ein Problembewusstsein vorhanden ist, und bietet den größtmöglichen Situations- und Perso-
nenbezug. Allerdings ist sie sehr aufwendig und erfordert ein Vertrauensverhältnis zwischen Klientin
und Beraterin.
In der Gestaltung der Gesprächsführung ergeben sich mehrere Möglichkeiten, je nach Grad der Direk-
tivität, mit der die Beraterin das Gespräch lenkt: Das Diagnose-Rezept-Modell ermöglicht eine schnelle
fachliche Lösung des Problems durch die Beraterin, macht die Klientin aber von deren Entscheidung
abhängig. In Situationen, wo nur die Qualität der Lösungsalternative relevant ist, nicht aber ihre Ak-
zeptanz durch die Klientin, scheint dies ein vertretbarer Weg zu sein (vgl. van den Ban und Wehland
1984, S. 71–75).
11
Handelt es sich vorrangig um persönliche Probleme der Klientin, eignet sich das Counselling-Modell
(„nicht-direktives Gespräch“) nach Carl Rogers. Ziel ist, dass die Klientin sich verstanden und akzeptiert
fühlt, ohne ihre Äußerungen zu bewerten und beurteilen. Dieses Modell wird nur in einzelnen Phasen
der Entscheidungsprozesses hilfreich sein, da so keine sachlichen Informationen von der Beraterin an
die Klientin gegeben werden können.
Eine Mischform zwischen Diagnose-Rezept-Modell und Counselling ist die Partizipations-Methode.
Die Beraterin hat hier hauptsächlich die Funktion der Gesprächsstrukturierung im Sinne des Entschei-
dungsprozesses und bringt nur Sachinformationen ein, wenn sie danach gefragt wird, z.B. in der Fin-
dung von Lösungsalternativen. In den Phasen der Problemerfassung sowie der Entscheidungsfindung
tritt sie hingegen zurück und lässt die Klientin die Entscheidung selbst treffen (vgl. van den Ban und
Wehland 1984, S. 76–77).
In jeder der Gesprächsmethoden kann eine Beraterin sechs verschiedene Reaktionsmuster zeigen: Re-
flexion/Zusammenfassung, wertfreie Informationen, Werturteile, Beschwichtigungen, Interpretatio-
nen, Ratschläge. Von diesen sind einzig die Reflexion und die Information geeignet, eine Beziehung der
gegenseitigen Achtung und ohne Abhängigkeitsverhältnisse, Verheimlichungen und Vertrauensabbau
herzustellen, da alle anderen Reaktionsmuster durch unerwünschte Nebeneffekte das Beratungsver-
hältnis belasten. Es ist daher essentiell, sich vor Aufnahme einer Beratungstätigkeit intensiv mit Ge-
sprächsführung und Kommunikationstechniken auseinanderzusetzen und diese nicht nur aus
theoretischen Quellen, sondern gezielt auch durch praktisches Training einzuüben (vgl. van den Ban
und Wehland 1984, S. 77–80). Weiterführende Literatur findet sich ebd. jeweils am Ende jeden Ab-
schnitts.
4.5 Evaluierung/Erfolgskontrolle in der Beratung
Um sich selbst ständig verbessern zu können, benötigt die Beraterin eine Vorstellung von der aktuellen
Qualität ihrer Arbeit. Sie soll verhindern, dass eine Beraterin „wie ein Blinder [handelt], der nicht mehr
weiß, ob er noch auf dem wichtigen Weg ist“ (van den Ban und Wehland 1984, S. 97). Da es aus Kos-
tengründen nicht oft vorkommen wird, dass dafür externe Expertinnen bezahlt werden können, muss
die Beraterin sich meist selbst evaluieren. Eigenbeobachtungen während ihrer Arbeit und Fragebögen
zur Erfassung der Auswirkungen ihrer Aktivitäten sind dabei Mittel der Wahl.
Zunächst sollte Klarheit über die Ziele und Strategien der Beratungstätigkeit hergestellt werden, um
die Erreichung derselben anschließend überprüfen zu können. Dabei können Konzept, Prozess oder
auch Ergebnis im Zentrum des Interesses stehen. Ebenso kann die Evaluierung auf verschiedenen Ebe-
nen stattfinden. Diese reichen von personellen und finanziellen Inputs über Klientelreaktionen bis hin
zu Änderungen in den Werten, Einstellungen, Handlungen und schließlich Endergebnissen. Wesentlich
ist jedoch, dass das Beratungsprogramm ausreichend Ressourcen (Zeit, Knowhow, Geldmittel) für die
regelmäßige Evaluation vorsieht (vgl. van den Ban und Wehland 1984, S. 97–105).
12
5 Zum Stand der Agroforstbildung in den gemäßigten Breiten
Während Agroforstsysteme in den Tropen und Subtropen schon länger große Bedeutung haben, er-
fahren sie in der temperierten Zone erst seit einigen Jahren vermehrte Aufmerksamkeit (vgl. Gordon
et al. 1997). Wie Graves et al. (2009) zeigen konnten, liegen die aktuellen Hindernisse für die Verbrei-
tung von AFW in der Praxis darin, dass sie generell zu unbekannt sind und zu wenig Unterstützung bei
der Information und Planung verfügbar ist. Um zu verstehen, wie Agroforstbildung in den gemäßigten
Breiten funktionieren kann, sollen nun das Bildungsangebot ausgewählter Länder dargestellt werden.
5.1 Deutschland
Während Streuobst als traditionelles AFS viel Engagement von Seiten der Naturschutzbewegung erhält
(vgl. Bünger 1996), konnte im Bereich professioneller Bildung für moderne AFW nur ein einziges Ange-
bot gefunden werden. Es handelt sich um ein dreitägiges Seminar mit Theorie und Praxis zur Vermitt-
lung von Grundwissen über AFS, das in Kooperation der Agroforstkampagne mit der Thüringer
Obstbaumschnittschule veranstaltet wird (vgl. Obstbaumschnittschule Michael Grolm o. J.). In der In-
haltsbeschreibung werden Wertholzerzeugung, Streuobst und Heckenwirtschaft sowie Übungen zur
Planung am realen Beispiel und zur Wertholzastung erwähnt (ebd.).
5.2 Frankreich
Ein größeres Fortbildungsangebot konnte bei mindestens zwei Initiativen in Frankreich gefunden wer-
den. Eine stammt von AFAF, der französischen Agroforstvereinigung, in Kooperation mit GAIA Consul-
ting, einem Privatunternehmen, das Weiterbildungen für Landwirte im Bereich Agrarökologie
veranstaltet (vgl. Agroforesterie-Association Française o.J.; GAIA o. J.). Das andere stammt aus der Fe-
der von AGROOF, einer Genossenschaft für Forschung, Entwicklung und Ausbildung auf dem Gebiet
der Agroforstsysteme (vgl. Agroof SCOP o.J.). Es wird durchgeführt von ICOSYSTEME, einer gemein-
schaftlichen, praxisorientierten Bildungsplattform, die sich verschiedenen agrarökologischen Themen
widmet (vgl. Icosysteme.com o.J.).
5.2.1 AFAF
Zur Zeit der Erstellung dieser Arbeit gab es auf den Websites von AFAF bzw. GAIA keine umfassende
Agroforst-Fortbildung. Einzelne Kurse deckten zwar Spezialbereiche ab, wie z.B. Hühnerhaltung in AFS
oder Fruchtertragshecken, diese schienen aber nicht geeignet, um generelle Kenntnisse über Agroforst
zu vermitteln. Sämtliche Kurse dieser Anbieter dauern zwischen zwei und vier Tagen. Unter der Rubrik
„Unsere Kurse im Lauf der Jahre“ finden sich wenige weitere Trainings mit Agroforstbezug, die offen-
bar nicht mehr oder zumindest nicht jedes Jahr angeboten werden, darunter „Agroforst: warum, wie?
(Level 1&2)“ (vgl. Agroforesterie-Association Française o.J.vgl. Agroforesterie-Association Française
o.J.; GAIA o. J.GAIA o. J.).
5.2.2 AGROOF
Demgegenüber präsentiert sich das Programm von Agroof/Icosysteme ergiebiger: Sowohl Onlinekurse
als auch Mischformate (Onlinekurs plus Präsenzseminare) stehen zur Auswahl (vgl. Tab. 2). So soll ein
Basis-Online-Kurs Agroforst, bestehend aus acht Stunden digitalen Lehrmaterials, die Grundlagen
13
vermitteln, die für das Verständnis und die Anwendung von Agroforsttechniken unerlässlich sind. Die-
ser kann bequem von zuhause und in beliebiger Zeiteinteilung absolviert werden. Zusätzlich stehen
fünf Aufbaumodule zur Verfügung, die sich auf Teilbereiche der Agroforstwirtschaft wie Alley Crop-
ping, Tierhaltung oder Beratung und Planung beziehen. Jedes dieser Module besteht aus dem Online-
Basiskurs sowie themenspezifischen Präsenzseminaren, die außerdem in sich noch nach Vertiefungs-
grad gestaffelt sind und zwischen einen, drei oder fünf Tage dauern (vgl. Tab. 3). Alle Module von mehr
als einem Tag beinhalten dabei auch Praxiseinheiten und Planungsübungen. Tabelle 3 zeigt eine Über-
sicht der Inhalte des Online-Teils sowie der drei Vertiefungsstufen des Moduls „Agroforst: Techniker,
Berater, Kursleiter“ (vgl. Agroof SCOP o.J.; Icosysteme.com o.J.).
Tabelle 2: Modulangebot Icosysteme (nach Icosysteme.com o.J., eigene Übers.)
Angebot Zielgruppe max. Teilneh-
merzahl
Methoden
Online-Kurs
„AF 100% Digital“ alle beliebig Videosequenzen, Anwendungs-Quiz, Selbstbewertungstests,
Lernhilfen, umfangreiches Dokumentationsmaterial
Präsenzmodule
„AF: Tierhaltung“ Landwirte, Schü-
ler, Studenten,
Lehrer
15 Betriebsbesichtigungen, Diagnosebesuche, Treffen mit
Landwirten, Forschern und Fachkräften, Gruppenarbeiten,
Feldeinsatz
„AF: Pflanzenbau“ desgl. 12-15 desgl.
„AF: Gemüsebau,
Weinbau, Obst-
bau, Kräuterbau“
desgl. 15 desgl.
„AF: Entwicklung
Ihres Projekts im
Gemüsebau“
Landwirte 10 desgl.
„AF: Techniker,
Berater, Kurslei-
ter“
Fachkräfte, Bera-
ter, Kursleiter
15 desgl.; zusätzlich praktische Arbeit an realen Fällen, Rollen-
spiele
Inhaltlich deckt der Online-Kurs die theoretischen Grundlagen der Agroforstwirtschaft ab, während im
Präsenzteil die praktische Anwendung des erworbenen Wissens auf zukünftige oder bereits beste-
hende Projekte angestrebt wird.
Die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten der Agroforstbildung durch Auswahl geeigneter Modulblö-
cke bieten sowohl Teilnehmern als auch Lehrenden große Flexibilität bei der Gestaltung des Kurska-
lenders. Dennoch waren auch bei ICOSYSTEME zum Zeitpunkt der Arbeit nur drei Agroforst-Module
für 2019 wählbar: Ein Meta-Modul „Techniker, Berater, Kursleiter“ im „Erweiterten Modus“ mit drei
Tagen Präsenzzeit, ein Modul „Reflektieren und Bewerten Ihres biologischen Agroforstprojekts“ eben-
falls mit drei Tagen und ein Gartenbaumodul „Entwicklung Ihres Agroforstprojektes im Gartenbau“ im
„Tiefenlehrgang“ mit 5 Tagen. Auf Nachfrage konnte jedoch in Erfahrung gebracht werden, dass früher
im Jahr bereits mehrere der Agroforstkurse stattgefunden hatten und dass außerdem Kurse, die z.B.
14
von Institutionen komplett gebucht werden, nicht im Online-Kurskalender erscheinen (schriftl. Mit.
Amar, Laure, icosysteme.com 2019).
Tabelle 3: Inhalte Modul „Agroforst: Techniker, Berater, Kursleiter“ (nach Icosysteme.com o.J., eigene Übers.)
Online-Teil Präsenzteil Techniker-Modul
Ziele:
- Erlernen der Grundlagen, die für das Verständnis und
die Anwendung agroforstlicher Techniken unerläss-
lich sind
- sich selbst technische Fragen zu stellen, die spezifisch
für Ihre Praxis und Ihre Projekte sind
Inhalte:
Einführung in die AFW
- Definitionen der AFW
- Ihre Ursprünge
- Neueste Entwicklungen, Zukunftsaussichten
Funktionsprinzipien
- Baum- und Pflanzenassoziationen
- Ökologische Produktivität
- Management des Gleichgewichts zwischen Konkur-
renz und Förderung
Wirtschaft
- Rentabilität des Agroforstprojekts
- Margenentwicklung
- Eckpunkte der Rentabilität
Ökosystemdienstleistungen
- Erbringung von Dienstleistungen
- Mechanismen hinter diesen Diensten
- Entwicklung von Dienstleistungen im Feld
Reglementierungen
- Stellung der AFW in der Entwicklung der Vorschriften
- Stand der Dinge in Bezug auf die GAP
- Rechtsstellung der Agroforstparzellen
- Welche Lehren können aus dieser einzigartigen Ge-
schichte der AFW gezogen werden?
Das Agroforstprojekt
- Elemente, die für die Realisierung des Agroforstpro-
jekts nützlich sind.
- Hauptphasen dieser Ausführung
Ziele:
- Anwendung des online erworbenen Wissens
- Förderung des Erfahrungsaustausches
- Integration eines Netzwerks von Fachleuten
Inhalte Entdeckungslehrgang (1 Tag):
Identifizierung der Hürden und Stellschrauben für die Ent-
wicklung der Agroforstwirtschaft auf ihrem Betrieb.
- Verständnis der wissenschaftlichen und technischen
Herausforderungen der AFW
- AFW in High-Stakes-Gebieten
- Diagnose-Besuch einer AF-Pilotfarm
INHALTE Erweiterter Lehrgang (2-3 Tage):
Geeignete Planungsmethoden und Beratungsstrategien
zur Unterstützung eines Netzwerks von Landwirten bei der
Entwicklung von Agroforstprojekten
- Rollenspiel-Workshop (Kommunikation von AFW an
Landwirte u.a.)
- AFW bei Landwirten (Planung von Agroforstprojek-
ten)
- Diagnoseworkshop (autonome Agroforstdiagnostik
bei Landwirten)
- Praktische Workshops zur Team-Projektplanung
Inhalte Tiefenlehrgang (4-5 Tage):
- Feldworkshops Pflanzung (Bodenvorbereitung, Pflan-
zung, Mulchen und Schutz, ...)
- Feldworkshops Überwachung und Wartung (Schnitt,
Schichtmanagement, Biodiversitätsmonitoring, ...)
5.3 Mediterranes Europa: Agrof-MM
Weiteres bedeutsam erscheinendes Material stammt von einem EU-geförderten Projekt namens Ag-
rof-MM, dem Nachfolge Projekt von AgroFE (Agroforestry Education in Europe).
15
Das Dreijahresprojekt Agrof-MM (Training in Agroforestry – Mediterranean, Semi-Arid Zones, Moun-
tains; 2015-2018) wurde gefördert durch das ERASMUS+ Programm, koordiniert von AgroSup Dijon
(FR) und durchgeführt mit zwölf weiteren Partnerorganisationen aus Europa, der Türkei und dem Li-
banon. Es hatte drei konkrete Ziele: (1) die Weiterbildung von 130 bis 150 in der Landwirtschaft Tätigen
in Europa, (2) die Weiterentwicklung und Verbesserung der Trainingstools hin zu nachhaltigem Lern-
erfolg, und (3) die Entwicklung eines maßgeschneiderten Agroforst-Fortbildungsprogramms für jedes
Land in Europa (vgl. AGROF-MM 2016a). Dazu wurden zunächst bestehende Ressourcen gesammelt
und ausgewertet, Kerninhalte formuliert, Leitfäden entwickelt, Testtrainings in mehreren Projektlän-
dern durchgeführt, ein Bezugsrahmen für den Beruf des „Agroforesters“ geschrieben und das Projekt
anschließend evaluiert.
Die Zielgruppen des Programms waren (vgl. AGROF-MM 2016a; NOUALLET 2018d, S. 1):
• „Farmers“: Landwirte, Förster, Land- und Waldarbeiter, also Menschen, die bereits praktisch
in der Landnutzung tätig sind und die sich für Agroforst interessieren, sowie deren „Nach-
wuchs“, also Schüler und Studenten, die für diese Berufe ausgebildet werden;
• „CTS“ (Consultant/Trainer/Specialist) und solche, die es werden wollen, im Einzelnen:
o Consultant (intensive Beratung von einzelnen Landwirten),
o Advisor (Gruppenberatung/Information von Landwirten, Beamten o.ä.),
o Teacher/Trainer (Lehrer an Schulen/Hochschulen sowie Kursleiter/Ausbilder in der
Berufsausbildung) und
o Technician/Specialist (Fachkraft/Experte auf agroforstrelevanten Spezialgebieten).
Die Ergebnisse des Projekts wurden in einer Wissensdatenbank (AGROF-MM 2009) veröffentlicht.
Dazu gehören u.a.:
• Übersicht bereits bestehender Ressourcen (IO02)2
• Thesaurus wichtiger AF-bezogener Begriffe in mehreren europäischen Sprachen (IO02-IO06)
• Zusammenstellung der Kerninhalte (Core Content) der Fortbildungen (IO03-IO04)
• zwei Leitfäden für die Fortbildung von Landwirten bzw. Ausbildern/Beratern (IO03 bzw. 04)
• Berichte der Testtrainings (IO08 bzw. 09)
• Überarbeiteter Leitfaden “European Professional Reference Book of Agroforester” (EPRA,
IO11)
• Projekt-Evaluation und Ausblick (IO10/14, IO12, IO13, IO15)
Agrof-MM berücksichtigte durchgängig das Bildungslevel der Teilnehmer und gruppiert diese demnach
in L2-L4 und L5-L6/L7, wobei es so scheint, als beziehe sich diese Gruppierung sowohl auf die laufende
Ausbildung als auch den bereits erreichten Abschluss. Die Abkürzungen sind gemäß Europäischem
2 Die IO-Nummern entsprechen der Kennzeichung der jeweiligen Projektphase bzw. Publikation, unter der sie in der Projekt-Datenbank gefunden werden können; s.a. Kap. 3
16
Qualifikationsrahmen (EQR) zu entschlüsseln und können folgendermaßen in den Deutschen Qualifi-
kationsrahmen (DQR) übersetzt werden (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung 2013):
• L2-L4: Hauptschulabschluss, Mittlere und Hochschulreife, Berufsausbildung
• L5-L6/7: z.B. Fachwirt, Meister, Diplom, Bachelor, Master, Staatsexamen
5.3.1 New Training Path
Es wurden zwei Leitfäden für die Agroforst-Ausbildung entwickelt, je einer für die Gruppen L2-L4 (Far-
mers) und L5-L6/7 (CTS). Dabei soll noch einmal erwähnt werden, dass sowohl erwerbstätige als auch
in der Ausbildung befindliche Menschen eingeschlossen sind: in L2-L4 also hauptsächlich Landbewirt-
schafter, Berufs- und Mittelschüler, in der Gruppe L5-L6/7 die Beratungs- und Lehrberufe sowie Hoch-
schulstudenten (vgl. ROUSSEAU 2018c und NOUALLET 2018d).
Die Leitfäden basieren auf dem speziell dafür entwickelten „Core Content“ (Kerninhalte). Er gibt einen
Überblick über die zu vermittelnden Inhalte und sollte von den Projektpartnern als Grundlage für das
Kurrikulum ihrer Agroforst-Ausbildungen genutzt werden. Die Kerninhalte galten für L2-L4 und L5-L6/7
gleichermaßen, jedoch sollte die Tiefe der vermittelten Inhalte dem Bildungsgrad angepasst werden.
Eine Übersicht findet sich in Tabelle 4, für detaillierte Beschreibungen der einzelnen Kapitel der Kern-
inhalte siehe NOUALLET (2018a, S. 2–21).
Tabelle 4: Agrof-MM Kerninhalte (nach NOUALLET 2018a, S. 21, eigene Übers.)
1) Einführung
a) Über Agroforstwirtschaft
2) Wirtschaft & Recht
a) Ansatz in bestehenden Agroforst-Systemen
b) Produktion von Gütern
c) Produktion von Ökosystemdienstleistungen
d) Agroforstwirtschaft und Vorschriften
3) Agronomie & Biologie
a) Agroforstbäume, Physiologie und Anbaubedingungen
b) Über Ökologie + Wechselwirkungen
c) Welche Bäume zu welchem Zweck?
4) Technik & Praxis
a) AF und Bäume: Nutzen des bestehenden oder Implementierung eines neuen Systems?
b) Anlage und Pflege des Agroforstsystems
c) Ernte der Baumkomponente (Technische Aspekte)
d) Bilanz (technische und wirtschaftliche Sicht)
5) Synthese & Perspektiven
a) Projektmanagement mit wirtschaftlich-finanziellem Ansatz
b) Elemente der mittel- und langfristigen Bilanzierung und Bewertung
c) Einige Beispiele (basierend auf regionalen, lokalen Praktiken oder Potenzialen) und Perspektiven
5.3.2 European Professional Reference Book of Agroforester
Eines der zentralen Output-Dokumente bildete das „European Professional Reference Book of Agro-
forester” (EPRA), das den „Agroforester“ als neuen Berufsstand zu etablieren und einen europaweit
vergleichbaren Standard für seine Ausbildung zu schaffen versucht, das “European Professional
17
Referential of Agroforester and CTS” (Europäischer Berufsstandard-Bezugsrahmen für Agroforester
und AF-Berater). Es definiert Agroforester dabei als praktizierende oder in Ausbildung befindliche
Landwirte oder Förster, oder Grundeigentümer, die sich für AFW interessieren (vgl. ROUSSEAU 2018a,
S. 10).
Kernstück des EPRA sind die fünf Kernkompetenzen („Core Competencies“, s. Tab. 5); nicht zu ver-
wechseln mit „Core Content“, vgl. vorgehendes Kapitel). Sie beschreiben die Fähigkeiten, die für den
Beruf des Agroforesters benötigt werden, und sind ergänzt durch je eine Tabelle der Aktivitäten („list
of activities“) und der Berufssituationen („List of professional situations“), die in ROUSSEAU (2018a, S.
15–24) nachgelesen werden können.
Tabelle 5: Agrof-MM Kernkompetenzen (nach ROUSSEAU 2018a, eigene Übers.)
Kompetenz Beschreibung
CC1 Beherrschung der wichtigsten Elemente des Projekts und seines Kontextes im Zusammenhang mit der Ag-
roforstwirtschaft; dies bedeutet, dass der (zukünftige) Agroforester in der Lage sein wird, die kontextuellen
Elemente seines Betriebs zusammen mit seinen Erwartungen und Bedürfnissen zu analysieren, um sein
Agroforstprojekt angemessen zu gestalten, wobei breitere Erwartungen und Bedürfnisse zur Verbesserung
seiner Umwelt berücksichtigt werden (unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit: ökonomische Aspekte,
Umweltdienstleistungen,....).
CC2 Entwurf und Planung des Projekts
CC3 Umsetzung und Gestaltung des Projekts
CC4 Bereitstellung von technischem Monitoring und Valorisierung von Baumerzeugnissen in der Agroforstwirt-
schaft
CC5 Entwicklung des wirtschaftlichen und patrimonialen Gleichgewichts und des Vermögensinventars des Ag-
roforstbetriebs
CC6 (nur für
CTS)
Höhere Kompetenzen in angewandter Datenverarbeitung, persönlicher und fachbezogener Bera-
tung/Lehre/Kommunikation, professionell-technisch-wissenschaftliche Beobachtung, Aktualisierung der
Kompetenzen, Führungsverhalten und verwandte Bereiche
Für CTS (Consultants/Teachers/Specialists) werden die fünf Kernkompetenzen noch durch „CC6 Trans-
versal Competencies” (Bereichsübergreifende Kompetenzen) ergänzt. Alle diese Gruppen müssen die-
selben Agroforst-Qualifikationen besitzen wie Farmer, da sie die Grundlage für ihre spezialisierte
Arbeit bilden. Darüber hinaus unterscheiden sich die Gruppen darin, dass Berater über spezifische Be-
ratungskompetenzen verfügen müssen, Lehrer/Kursleiter über pädagogische Kompetenzen (wobei sie
auch zur Beratung befähigt sein sollen) und Spezialisten über technische Kompetenzen (je nach ihrem
Spezialisierungsgebiet) (vgl. NOUALLET 2018d, S. 21–25).
Auch für diese Berufsgruppen existieren Beschreibungen in der „Liste der Aktivitäten“ (siehe Tab. 5)
sowie der „Liste der Berufssituationen“. Es wird jedoch betont, dass diese sog. Transversalen Kapazi-
täten nicht im Rahmen der Agroforst-Ausbildung gelehrt werden sollen, sondern als anderweitig er-
worben vorausgesetzt werden, ausgenommen es handelt sich um Inhalte der (Hochschul-) Ausbildung,
in der sich die Teilnehmer gerade befinden und deren Teil das Agroforst-Modul ist (vgl. NOUALLET
2018d, S. 24). Daher tauchen die Transversalen Kompetenzen auch nicht in den Kerninhalten auf.
18
Tabelle 6: Agrof-MM Liste der Aktivitäten einer Berater*in (nach ROUSSEAU 2018a, eigene Übers.)
Einzelberatung (Consultant) Gruppenberatung (Advisor)
- Bereitstellung der entsprechenden professionellen In-
formationen für einen Landwirt im Zusammenhang
mit einem bestimmten Agroforstprojekt;
- Unterstützung des Landwirts, seine Erwartungen zu
formalisieren und die erste Stufe eines Projekts auf-
zubauen;
- Co-Management des Projekts mit dem Landwirt, For-
malisierung der Ziele und Schritte;
- Durchführung der Betriebsinventur (Ausrüstung, Per-
sonal, Finanzen, ...) und Erstellung der Plot(s) Diag-
nose;
- Co-Pilotierung, Mitwirkung an allen Schritten des Pro-
jekts, Beratung in Bezug auf Finanzen, Recht, ...;
- Gestaltung der agroforstlichen technischen Aspekte:
Anpflanzung und Auswahl der Baumarten;
- Planung, Mitwirkung bei der Projektdurchführung:
von der Bodenbearbeitung bis zum Baumschutz;
- Übernahme des technischen Supports, Mitwirkung
bei den ersten Schritten der Nachbereitung;
- Mitwirkung an der Kurzfristbewertung der agroforst-
wirtschaftlichen Betriebsergebnisse;
- Beitrag zur mittel- bis langfristigen Betriebsbalance
und Projekt-Evaluierung
- Bereitstellung angemessener, professioneller Infor-
mationen auf höchster und angemessener Ebene im
Zusammenhang mit der AFW oder damit verbunde-
nen Fragen für große Gruppen oder engagierte kleine
Gruppen von Landwirten;
- Aufbau der eigenen professionellen Fachgebietsbe-
obachtung, basierend auf Internet und anderen Quel-
len;
- Analyse und Zusammenfassung der gesammelten In-
formationen, Erstellung geeigneter Dokumente und
Notizen;
- Beitrag zur professionellen Information der Zielgrup-
pen durch Konferenzen, Seminare, Internet, ...;
- Aufbau des eigenen Kontaktnetzwerks und Beitrag
zur Verbesserung des Sektors;
- Beitrag zur Ausbildung von Landwirten, die an die Be-
dürfnisse der Landwirte angepasst ist;
- Aufrechterhaltung, Verbesserung des eigenen Kom-
petenzniveaus;
- Entwicklung anderer beruflicher Aktivitäten, wie sozi-
ale, berufliche Beziehungen, ...;
- Information und Schulung erwerben, um die Techni-
ken der AFW zu kennen und zu beherrschen
5.3.3 Projektergebnisse
Im Rahmen des Projektes Agrof-MM wurden von sieben Projektpartnern Testtrainings in Frankreich,
Ungarn, Albanien, Griechenland, Bulgarien und dem Libanon durchgeführt, mit insgesamt 579 Teilneh-
mern: 295 aus der Gruppe L2-L4 und 284 aus der Gruppe L5-L6/7. Die Trainings folgten dem dafür
erarbeiteten Core Content, wurden jedoch teilweise an die landesspezifischen Gegebenheiten ange-
passt. Die Unterlagen zu den einzelnen Kursen sollen auf der projekteigenen moodle-Plattform hinter-
legt sein, worauf man als externer Nutzer jedoch keinen Zugriff bekommt (vgl. AGROF-MM 2016b).
Etwa zwei Drittel der Teilnehmer aus Gruppe L2-4 wurden einen Tag lang (ca. 8 Stunden) geschult3, die
anderen eine Woche (ca. 35 Stunden). Die Trainings der höheren Bildungsstufe dauerten zwischen 35
und 60 Stunden; mindestens ein Drittel davon waren praktische Übungen (vgl. NOUALLET 2018b, S. 1–
2; NOUALLET 2018c, S. 1-3)
In allen Gruppen wurden Teilnehmerbefragungen durchgeführt, um die Zufriedenheit mit den Trai-
nings zu ermitteln. Alle zeigten sehr positive Resultate. Besonders bemerkenswert in der Gruppe der
3 allerdings fehlt eine Erklärung, wie es ermöglich werden soll, den gesamten Core Content innerhalb nur eines Tages zu vermitteln
19
„future farmers“ (v.a. Studenten) waren das große Interesse an nachhaltigen Landbewirtschaftungs-
verfahren, die hohe Bereitschaft für die Umsetzung von AFS in ihrer Zukunft, und die Wertschätzung
von Praxiseinheiten wie Feldbesuchen und Austausch mit Experten (vgl. ROUSSEAU 2018b, S. 11). Die
Schlussfolgerungen aus der Evaluation sind, dass das Trainingsprogramm höchst erfolgreich in der Ver-
folgung seines Bildungsauftrags war, dass besonderes Potenzial in der gezielten Weiterbildung inte-
ressierter junger Menschen im Agrar-/Forstsektor steckt, und dass mehr angewandtes Training (d.h.
Praxisbezug) in die Kerninhalte aufgenommen werden sollte (vgl. ROUSSEAU 2018b, S. 13).
5.4 Schweiz
In der Schweiz gibt es seit 2011 die IG Agroforst, die sich in der Bereitstellung von Wissen über traditi-
onelle wie moderne Agroforstsysteme und im Aufbau von Kontaktnetzwerken engagiert. Sie ist ver-
knüpft mit AGRIDEA, der Schweizerischen Vereinigung für die Entwicklung der Landwirtschaft und des
ländlichen Raums (vgl. AGRIDEA 2018), sowie Agroscope, dem Kompetenzzentrum des Bundes für
landwirtschaftliche Forschung, welches auch Forschungsprojekte zu Agroforstthemen durchführt (Ag-
roscope 2019). Es finden vereinzelt Vorträge, Kurse oder Exkursionen statt. Beispielsweise wird für
Oktober 2019 ein Kurs „Neue Anbausysteme für die Peri-urbane Landwirtschaft“ für Praktiker und Be-
rater angeboten (vgl. AGRIDEA o.J.; das genaue Programm stand nicht zur Verfügung).
Die Publikationen von AGRIDEA sind auch insofern interessant, als sie aufschlussreiche Erfahrungen
mit Agroforstsystemen in der Schweiz enthalten, wo klimatisch sehr ähnliche Bedingungen herrschen
(vgl. Jäger 2017; Jäger 2019). So wurden die Projekt-Partnerbetriebe anhand ihrer agroforstlichen (sil-
voarablen) Praktiken in vier Kategorien eingeteilt:
1) System Frucht intensiv
2) System Frucht extensiv
3) System Frucht/Holz
4) System Wertholz
Bemerkenswerterweise beinhalten drei der vier Kategorien Gehölze mit Fruchtertrag, Wertholz
kommt nur in Kategorie 3 und 4 vor, Energieholz spielt gar keine Rolle. Entscheidend für den Erfolg der
Parzellen scheint in jedem Fall zu sein, dass das jeweilige System zur allgemeinen Ausrichtung des Be-
triebes passt (vgl. Jäger 2019, S. 8–11).
Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ergab, dass im System Frucht-extensiv ab dem 16. Standjahr der-
selbe Stundenlohn realisierbar ist wie im reinen Ackerbau (mit den aktuell möglichen Agrarfördergel-
dern in der Schweiz) (vgl. Jäger 2019, S. 18–20). Interessant ist auch, dass die teilnehmenden Landwirte
sich in einer Befragung zur subjektiven Wahrnehmung der Agroforstparzelle überwiegend positiv äu-
ßerten: so lobten sie beispielsweise den Beitrag zur Versorgungssicherheit, die Regulations- und Habi-
tatfunktionen und das weitgehende Ausbleiben von negativen Wechselwirkungen wie Konkurrenz um
Licht und Wasser. Auch wurden zusätzliche Leistungen genannt, die in der Agroforstliteratur sonst sel-
ten bis gar nicht Beachtung finden, obwohl sie für die Lebensqualität der Landwirte sehr wichtig sein
können, wie z.B. die Freude am Obstbaum, Freude an der Bewirtschaftung und Freude an Strukturen
20
und mehr Biodiversität auf dem Acker. Von den Landwirten genannte Nachteile wie Einschränkung der
rationellen Bearbeitung der Parzellen, erschwerte Ernte und erhöhter Arbeitsaufwand zeigen an, dass
trotz der positiven Resultate eine individuelle Eignung für AFS vorhanden sein sollte (vgl. Jäger 2019,
S. 25–28).
5.5 USA
5.5.1 Missouri
Das Center for Agroforestry (UMCA) an der University of Missouri, USA, veranstaltet seit 2013 jährlich
ein einwöchiges Training für maximal 24 Teilnehmer, die Agroforestry Academy, durchgeführt von ei-
nem regionalen Konsortium von Experten. Es richtet sich sowohl an Landwirte („Farmers“) als auch
Erwachsenenbildner („Educators“) und möchte sie befähigen, selbst Agroforst-Designs zu planen und
durchzuführen. Dazu nutzt es Vorträge, Feldbesuche, Fallstudien und Praxiseinsätze. Kernstück der
Ausbildung ist die Ausarbeitung in Kleingruppen eines Designvorschlags für einen realen Beispielbe-
trieb. Das genaue Kursprogramm vergangener Jahre und weitere Infos können online eingesehen wer-
den, für 2019 existiert bisher nur ein schematischer Überblick (siehe Abb. 4). Vormittags gab es
meistens Vorträge, nachmittags Hofbesichtigungen und abends Gruppenarbeitszeit für das Design-
Projekt, dessen Ergebnisse zum Abschluss der Woche vorgestellt wurden (vgl. Center for Agroforestry
o.J.). Das Programm ähnelt äußerlich stark dem Agrof-MM Core Content, scheint aber mehr auf ange-
wandtes Design ausgerichtet zu sein und großen Wert auf Hofbesuche zu legen.
Abbildung 3: UMCA Agroforestry Academy 2019: Programmschema (Center for Agroforestry 2019)
21
Das UMCA hat für den Kurs ein eigenes Handbuch herausgegeben, das “Training Manual for Applied
Agroforestry Practices” (Gold et al. 2018), das im Internet frei zugänglich ist und neben vielen allge-
meinen Informationen zu AFW einen ausführlichen Praxis-Leitfaden für die Planung enthält, mit des-
sen Hilfe das eigene Projekt realisiert werden kann. In 23 einzeln beschriebenen Schritten wird der
gesamte Planungsprozess durchexerziert, von der Ausgangsanalyse bis zum Ausblick auf die nächsten
Bewirtschaftungsjahre (siehe Tabelle im Anhang dieser Arbeit). Im Handbuch (Gold et al. 2018, Anhang
5) findet sich zusätzlich ein Arbeitsheft, das durch den Prozess führt und ihn durch Begleitübungen
ergänzt. Ebenfalls enthalten sind Pflanzenportraits, Leitfäden für die Wirtschaftsplanung und eine Hil-
festellung für den Holzverkauf für Einsteiger.
5.5.2 Wisconsin
Das Savanna Institute in Wisconsin, USA, gegründet 2013, setzt sich als gemeinnützige Organisation
für die Entwicklung und Verbreitung von multifunktionalen multi-spezies-Agroforstsystemen im Mitt-
leren Westen ein und engagiert sich in Forschung, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit (vgl. Savanna
Institute: Mission o.J.). Durch seine geographische Lage im Nordosten der USA (Breite entspricht ca.
Norditalien – im Vgl. dazu Missouri: Sizilien) und das kontinentale Klima in Nordamerika mit strengen
Wintern und niederschlagsreichen Sommern entspricht es recht genau unseren Bedingungen
(Deutschland liegt zwar weiter nördlich, kann durch den atlantischen Einfluss jedoch höhere Tempe-
raturen verzeichnen als die gleichen Breiten in Nordamerika; vgl. Hendl und Billwitz 1997). Auf der
Homepage findet sich zwar kein Seminarprogramm, dafür zahlreiche Infomaterialien und Publikatio-
nen, darunter „Perennial Pathways: Planting Tree Crops“ (Wilson et al. 2018), ein Handbuch für die
Planung und Umsetzung von AFS. Es unterscheidet sich vom UMCA Training Manual v.a. durch seinen
Schwerpunkt auf essbaren Gehölzen sowie ausführlichen Informationen zur praktischen Umsetzung
von Baumpflanzungen, während das Training Manual eher allgemein über verschiedenste Anwen-
dungsmöglichkeiten von AFW und speziell die ökonomische Planung referiert.
Tabelle 7: Empfohlene Agroforst-Spezies (nach Wilson et al. 2018, S. 21, eigene Übers.)
Gute Hauptspezies Gute Begleitspezies Anspruchsvoll (empfindlich/auf-wendig/schwierig)
Bäume Sträucher Viehfutter
- Mostapfel - Schwarznuss - Esskastanie - Haselnuss
- Aronia - Schwarze Johan-
nisbeere - Felsenbirne
- Persimone - Gleditschie - Maulbeere
- Nashi-Birne - Holunder - Blaue Heckenkir-
sche - Pawpaw - Pekannuss
- Tafelapfel - Kirsche, Apri-
kose, Pflaume - Wein-/Ta-
feltrauben - Brombeere - Blaubeere
Dennoch scheint Perennial Pathways vor dem Hintergrund der klimatischen Ähnlichkeit mit Deutsch-
land interessant. Die Liste der vorgeschlagenen Gehölze (vgl. Tab. 7) beispielsweise ist überraschend
kurz, bietet aber nützliche Informationen zu den einzelnen Spezies. Einige Zuordnungen könnten in
Deutschland anders ausfallen (z.B. Äpfel, Kirschen und Pflaumen als Haupt- oder zumindest Begleit-
spezies), andere fehlen möglicherweise mangels Kundennachfrage (Birne, Himbeere), für wieder an-
dere gäbe es in Deutschland vermutlich gar keinen Markt (Felsenbirne, Blaue Heckenkirsche). Anhand
22
von Praxisbeispielen zeigt es jedenfalls, dass es möglich ist, auch in raueren Klimaten essbare Baum-
früchte in AFW zu produzieren.
Auffällig ist, dass es keine eigenen Kapitel für die gängigen fünf Kategorien von AFS (siehe Kap. 1.1)
gibt. Ein möglicher Grund dafür könnte sein, dass es Kritik an einer strikten Trennung der AF-Praktiken
gebe, da diese sich häufig überschneiden würden (vgl. Wilson et al. 2018, S. 6). In der Tat folgt das
Buch eher dem Grundsatz der Multifunktionalität, Praktiken wie Alley Cropping, Silvopasture und Fo-
rest Farming werden beispielsweise zeitversetzt statt räumlich getrennt gedacht (siehe z.B. Infobox
„Successional Planning“ in Wilson et al. 2018, S. 59). Der Großteil des Buches beschreibt vielmehr die
praktische Planung und Umsetzung der Baumpflanzungen, von Feldvorbereitung bis Ernte/Verarbei-
tung.
Das Aktionsschema, nach dem die Planung und Etablierung der Agroforstparzelle durchgeführt werden
kann, unterscheidet sich dementsprechend auch hauptsächlich im Hinblick auf den Schwerpunkt
Markterschließung (Training Manual) bzw. Realisierung der Pflanzung (Perennial Pathways). Eine Ge-
genüberstellung der beiden Aktionsschemata findet sich im Anhang.
5.6 Andere Länder
Für das Vereinigte Königreich konnte kein explizites Bildungsangebot für Agroforst gefunden werden,
obwohl eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2000 anzeigt, dass bereits seit längerem Forschung und
Versuche durchgeführt werden (vgl. Hislop und Claridge 2000). Die Perspektiven werden dort ähnlich
vielversprechend beschrieben wie in Frankreich.
In Österreich gibt es kaum Hinweise auf moderne AFS. Das einzige Infomaterial, das gefunden werden
konnte, stammt vom Verein Ökoregion Kaindorf und stellt Agroforst stark vereinfachend als silvoarable
Kombination von Ackerland mit Gehölzen zur Erzeugung von Wert- oder Energieholz dar (vgl. Verein
Ökoregion Kaindorf o.J.).
6 Leitfaden für die Agroforst-Fortbildung
Ziel der Arbeit ist die Erstellung eines Leitfadens für die Agroforstfortbildung in Deutschland. Dazu soll
nun aus den Erkenntnissen der Kapitel 4 und 5 sowie weiterer Literatur ein Konzept für die Ausbil-
dungsstruktur vorgestellt und anschließend die Inhalte ausgewählter Module dargelegt werden.
6.1 Konzept
Wie bereits in der Einleitung beschrieben, ist der Bedarf an Informationen zu AFS in Deutschland groß.
Da jedoch nicht nur theoretisches Wissen, sondern vor allem praktische fachübergreifende Fähigkeiten
gefordert sind, um AFS erfolgreich in die Praxis umzusetzen, müssen Fortbildungsangebote entspre-
chend interaktiv und breit aufgestellt sein. Um sowohl Beratungskompetenzen zu schaffen als auch
die praktische Umsetzung von AFS in Deutschland voranzutreiben, scheint es sinnvoll, ein mehrstufiges
Modell zu wählen, sodass je nach Bedarf mehr oder weniger tief in das Thema eingestiegen werden
kann.
23
6.1.1 Module
In der AG wurde ein Vorschlag für eine Modulstruktur vorgeschlagen (verändert nach AG 7):
A. Einzeltermine für Praktiker, die sich nur sehr begrenzt für AFW interessieren (z.B. nur eine Kate-
gorie: silvoarabel, silvopastoral, …) oder die durch ihre betriebliche Situation auf eine spezielle
Ausrichtung der Inhalte angewiesen sind (z.B. Gemüsebau, Sonderkulturen, ...);
B. Lehrangebote für (Berufs-)Schulen und Universitäten, die besonders auf die Bedürfnisse und In-
teressen der Schüler, Auszubildenden, Studenten zugeschnitten sind.
C. mehrwöchige Fortbildung für Menschen, die sich längerfristig mit Agroforst auseinandersetzen
wollen und dafür umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten benötigen (z.B. Neuausrichtung eige-
nen Betriebes, Beratung, Technik und Entwicklung, Forschung, …)
C1. Grundlehrgang „Fachkundiger“ für die eigenständigen Planung, Umsetzung und Erhaltung
von AFS
C2. Aufbaulehrgang „Berater“ für die unterstützende Beratung und Begleitung anderer Pro-
jekte
D. Vertiefungen für Absolventen von Modul C2, die sich weitere Kompetenzen in Spezialgebieten
aneignen wollen (Tools wie GIS, Keyline Design, Bodenfruchtbarkeit o.ä.).
Tabelle 8: Konzept der Module C1 und C2
Da im Rahmen dieser Arbeit nicht alle Module detailliert untersucht werden können, wurde sie auf die
C-Module eingegrenzt. Tabelle 8 skizziert Ideen für deren Konzept und Format. Auf eine tiefere Be-
handlung der A-, B- und D-Module wurde hingegen verzichtet, weil A und B durch Reduzierung und
Anpassung der Inhalte aus C abgeleitet werden können, während die Module D auf C2 aufbauen und
sehr speziell sind.
6.1.2 Formate
Bei der Frage nach dem Kursformat konnte nach der Literaturrecherche eine Kombination von Online-
und Präsenzformaten überzeugen (vgl. Agroof, Kap. 5.2.2). In den digitalen Abschnitten können grund-
legende Informationen vermittelt werden, die keine intensive Interaktion zwischen Lehrenden und
Lernenden erfordern. Dies kann z.B. durch Videoaufnahmen von Expertenvorträgen oder Textdoku-
mente geschehen und durch Verständnis- und Wiederholungsübungen (z.B. Quiz) ergänzt werden. Ein
Abschnitt Modul C1: Fachkundige*r Modul C2: Berater*in
Ziel: Eigenständige Planung, Umsetzung und Ma-
nagement von AFS im eigenen Projekt
Begleitung und Beratung von anderen AF-Pro-
jekten
Dauer Präsenzteil: 6-8 Tage oder 3-4 Wochenenden 4-6 Tage oder 2-3 Wochenenden
Voraussetzungen: Vorbildung oder Vorerfahrung in einem der
Bereiche Landwirtschaft, Obstbau, Forst
Modul 1 abgeschlossen oder vergleichbare in-
ternat. Vorbildung
Methoden digital: Videovorträge, Begleitmaterial, Tests, Quiz, … Videovorträge, Begleitmaterial, Tests, Quiz, …
Methoden Präsenz-
teil:
Expertenrunden, Gruppenübungen, Planspiel
am realen Fall, Hofbesuche, Praxiseinsätze
Pflanzung und Pflege
Expertenrunden, Gruppenübungen, Rollenspiel,
Planspiel, Hofbesuche, Praxiseinsätze
Bsp. Prüfung: Präsentation oder Ausarbeitung der Ergeb-
nisse des Planspiels am realen Fall
Erfolgreiche Beratung bis zur fertigen Planung
oder Umsetzung mit Tutor
24
Vorteil ist, dass dies bequem, kostengünstig und in freier Zeiteinteilung von Zuhause aus erledigt wer-
den kann. Die aufgrund eventuell anfallender Anfahrts-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten kost-
bare Präsenzzeit kann dann darauf aufbauend dazu genutzt werden, sich intensiv über Fragen und
Ideen auszutauschen, Gruppenübungen, Hofbesichtigungen und Praxiseinsätze zu absolvieren und
Netzwerke zu bilden und zu stärken (vgl. AG 6).
6.2 Inhalte Modul C1: Agroforst-Fachkundige*r
Wie in Kapitel 6.1 dargestellt dient das Modul C1 der Fortbildung von interessierten, engagierten Men-
schen aus Praxis, Beratung, Forschung und Entwicklung. Damit sich AFS in der Praxis schnell verbreiten,
sollen explizit auch Landwirte an den Kursen teilnehmen können. Tabelle 9 zeigt einen Vorschlag für
die inhaltliche Struktur des Moduls. Die Darstellung der Details erfolgt in den folgenden Unterkapiteln.
Tabelle 9: Inhaltsübersicht Modul C1: Agroforst-Fachkundige*r
1) Einführung
• Vorstellung des Kursprogramms
• Chancen und Herausforderungen von Agroforst
• Formen von Agroforstsystemen: traditionell, modern, zukünftig?
• Nutzungskonzepte (Ober- und Unternutzung)
2) Biologische und agronomische Aspekte
• Boden und Standort
• Einführung in die Baumphysiologie
• Arten und Sorten für Agroforstsysteme
• Interaktionen und Steuerung
• Ökosystemdienstleistungen
3) Technik und Management
• Neuanlage
• Erhaltung: Pflege und Ernte
4) Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte
• Rechtlicher Rahmen
• Agrarsubventionen für Agroforstsysteme
• Weitere Fördermöglichkeiten
• Ökonomie: Möglichkeiten zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit
• Marketing: Wertsteigerung und Vermarktung
• Bilanz: Kurzfrist, Mittelfrist, Langfrist
5) Synthese
• Prüfung: Präsentation der Planungsübung
• Ausblick, Netzwerke
6.2.1 Einführung
Im ersten Block wird in das Thema eingeführt, ein erster Überblick über AFW geboten und die Ziele
und Inhalte des Kurses angesprochen. Alle Punkte des ersten Blocks könnten größtenteils online ver-
mittelt werden.
25
Vorstellung des Kursprogramms
Ein kurzer Überblick über das geplante Kurrikulum, um die Teilnehmer darauf einzustellen und Erwar-
tungshaltungen zu klären. Es bietet sich auch an, eine das ganze Kursprogramm durchgehende Pla-
nungsübung (zum Beispiel in Kleingruppen) durchzuführen, anhand derer sämtliche Schritte von der
Standortanalyse bis zum langfristigen Management eingeübt werden können. Diese sollte ebenfalls zu
Beginn vorgestellt werden, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten.
Beispiele für Planungsübungen sind in den Leitfäden für die Planung und Anlage von Agroforstsyste-
men aus den USA enthalten, jeweils mit Hinweisen zu den einzelnen Schritten (vgl. Übersicht im An-
hang). Prinzipiell könnten diese auch für Deutschland übernommen werden. Die Schwerpunktsetzung
sollte jedoch an das jeweilige Kursprogramm angepasst werden.
Chancen und Herausforderungen von Agroforst
Hier geht es darum, die Sensibilität der Teilnehmer für die aktuelle, vielfach problematische Situation
der Landwirtschaft, der Gesellschaft und des gesamten globalen Biosystems zu stärken. Dem gegen-
über wird das Bewusstsein für die vielfältigen Vorteile, aber auch Herausforderungen der AFW vertieft,
wie z.B.:
- Ökonomie: Ertragssteigerung, Produktdiversifizierung, langfristiger Kapitalaufbau
- Ökologie: Gesundheit Pflanze-Tier, Stoffkreisläufe, Umweltschutz, Naturschutz
- Soziales: Arbeitsalltag, Erholung, Landschaftsbild
Formen von Agroforstsystemen: traditionell, modern, zukünftig?
Aus einem geschichtlichen Rückblick werden moderne AFS entwickelt, die fünf Agroforst-Kategorien
und deren mögliche Überschneidungen/Kombinationen vorgestellt und insbesondere Chancen und
Entwicklungspotenzial für Deutschland aufgezeigt (s. Kap. 1).
Nutzungskonzepte (Ober- und Unternutzung)
Ebenso als kurzer Überblick soll nun das breite Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten umrissen werden:
- Gehölznutzung: Frucht, Nuss, Wertholz, Futter, Biomasse, Energie, …
- Unternutzung: Grünland, Ackerbau, Gemüsebau, mehrjährige und Sonderkulturen, Wald-
weide, …
Beispiele von funktionierenden AFS aus anderen Ländern runden die Einführung ab.
6.2.2 Biologische und agronomische Aspekte
Für das erfolgreiche Arbeiten mit AFS sind Kenntnisse aus verschiedensten Bereichen nötig: Landwirt-
schaft, Forstwirtschaft, Obstbau, Ökosystemmanagement u.a. Da die Teilnehmer möglicherweise aus
sehr unterschiedlichen Branchen kommen (Forst, Landwirtschaft, Gartenbau, …) wäre zu überlegen,
ob nicht verschiedene Basismodule zur Auswahl stehen sollten, um auf effiziente Weise einen einheit-
lichen Wissenstand zu erreichen. So könnte das Thema Baumphysiologie je nach Bedarf ersetzt oder
ergänzt werden durch „Einführung Landwirtschaft“ und „Einführung Obst- und Gemüsebau“ (vgl.
AG 6).
26
Boden und Standort
Drehpunkt jeder Landschaftsnutzung ist der Standort, der u.a. durch Boden, Klima und Gelände cha-
rakterisiert wird. Folgende Informationen müssen über die zur Planung vorliegende Fläche eingeholt
werden (vgl. Wilson et al. 2018; Gold et al. 2018; zur Vertiefung: Hendl und Billwitz 1997; AG 1; AG 2):
- Klima (Niederschlag, Temperatur, Wind, Licht)
- Boden (Art, Tiefe, Textur, Reaktion, Organik, Wasserhaushalt, Nährstoffverfügbarkeit)
- Gelände (Neigung, Richtung, Erosion, Wassereinzugsgebiet)
- Vorhandene Drainagen? → Probleme mit der Baumwurzel können AFS verunmöglichen, falls
nicht Ende der Lebenszeit der Drainage erreicht oder rechtl. Absicherung gegen evtl. Rück-
baugebühren (mdl. Mit. Jäger 2019)
„The map is not the territory“ (die Karte ist nicht das Terrain, Kayser 2019): Um Tunnelblick zu vermei-
den, sollte das Gelände im Rahmen der Standortanalyse unbedingt besichtigt werden! Dies gilt auch
für die Planungsübung, die in diesem Block startet und sich bis zum Ende des Moduls durchzieht.
Einige einführende Worte zu den Grundlagen der Bodenfruchtbarkeit und der herausragenden Rolle
des Bodenlebens darin sind an dieser Stelle ebenfalls angebracht, um den in der Einleitung angespro-
chenen Zielen einer zukunftsfähigen Landwirtschaft gerecht zu werden (vgl. AG 2; Beste et al. 2001;
Cropp und Bonin 2016). In diesem Kontext zu erwähnen sind u.a.:
- Bedrohung der Böden durch industrielle Landwirtschaft
- Rolle des Bodenlebens und der Pflanzenwurzeln
- Möglichkeiten zur Förderung
- Einfache Bodenbeurteilung nach Beste (2003)
Einführung in die Baumphysiologie
Für erfolgreiches Wirtschaften mit Gehölzen sind einige Grundkenntnisse dieser komplexen Lebens-
formen nötig sowie Möglichkeiten für den Menschen, mit ihnen zu arbeiten (vgl. Shigo 1990; AG 2;
AG 3):
- Physiologie, Wuchsverhalten, vegetativ bis generativ
- Grundbedürfnisse (Licht, Luft, Wasser, Nährstoffe, Klima), Klimawandelanpassung
- Grundidee des Baumschnitts (Zweck, Mittel, Möglichkeiten)
Arten und Sorten für Agroforstsysteme
Anhand der verschiedenen Agroforst-Kategorien sollen nun geeignete Bäume und Sträucher durchge-
gangen werden. Die Teilnehmer erarbeiten sich (z.B. für ihre Planungsübung) ein Sortiment an Pflan-
zen für verschiedene Produktionsziele (vgl. z.B. AG 2; Jäger 2017; Reeg et al. 2009a; Bender et al. 2009;
Hislop und Claridge 2000; Veste und Böhm 2018; Tatschl 2015; Kleinz 2016; Hübner-Rosenau und Hof-
mann 2016; Hofmann 2019; Wilson et al. 2018; Gold et al. 2018; Gordon 1997; Toensmeier 2016):
- Nahrungsanbau (Obst, Nüsse, Wildobst)
- Tierfutter (Früchte, Laub)
- Wertholz
27
- Energieholz
- Unternutzungen: Zier-, Aroma- und Heilmittel, Forest Farming, Futterbau
Besonderes Augenmerk sollte darauf liegen, standortangepasste Arten und auch Sorten auszuwählen!
Auch Anmerkungen zu jeweils relevanten Krankheiten/Schädlingen und deren Vermeidung sollten zu-
mindest in den Unterlagen genannt oder an einem Beispiel betrachtet werden. Das Potenzial von viel-
fältigen Systemen, solche Probleme durch Ökosystemfunktionen wie erhöhte Biodiversität oder
Bodengesundheit zu minimieren, könnte sich hier besonders ausspielen.
Interaktionen und Steuerung
Hier erfolgt eine vertiefte Beschäftigung mit den vielfältigen und komplexen Beziehungen zwischen
den Komponenten Boden-Gehölze-Feldkultur-Tiere-Bewirtschaftung. Ein umfassendes Werk zu den
ökologischen Interaktionen von AFS liefern Batish et al. (2008). Die wichtigsten davon sind:
- Wind und Temperatur (Schutz, Ausgleich, Erosion; Winddüsen, Kaltluftstau)
- Wasser (Evaporation und Evapotranspiration, Bodenwasserhaushalt, Erosion)
- Licht (Nischenfindung, Vegetationsperiode, Kronendichte und -form, Reihenausrichtung, …)
- Nährstoffe (Nutzungseffizienz, Zyklierung, tierische Düngung, Stickstofffixierung)
- Allelopathie (Risiken, Wege der Vermeidung)
- Humusanreicherung
- Bodenleben (Mykorrhizierung, Soil Food Web)
- Biodiversität (Schädlinge, Nützlinge, generelle Artenvielfalt)
- Wirtsfunktion für Krankheiten/Parasiten (z.B. Feuerbrand)
- Schäden durch Bewirtschaftung (z.B. Bodenverdichtungen, Anfahrschäden)
- Tiergesundheit (Schutz, Kleinklima, erweitertes Futterangebot durch gesundheitsfördernde
oder -mindernde Pflanzen)
- Baumschäden durch Tiere
Bei allen Faktoren geht es immer um die Steuerung zwischen den beiden Polen „Konkurrenz“ und
„Komplementarität/gegenseitige Förderung“. Es sollte ausreichend Raum für problematische Interak-
tionen in AFS gewährt werden, da diese gerade bei Landwirten oft Skepsis bis Ablehnung hervorrufen
(vgl. Graves et al. 2009). Die Steuerung dieser Problematiken muss unbedingt beherrscht werden, um
Fehler möglichst bereits in der Anlage zu vermeiden.
Neben Knowhow als Grundlage für Fehlervermeidung zu den Strategien zur Steuerung der Wechsel-
wirkungen gehören (vgl. Chalmin und Mastel 2008, S. 69–109; Smith 2010):
- Design (Auswahl der Komponenten nach Kompatibilität/Nischenbildung, Pflanzabstände, Ori-
entierung, …)
- Management (Baumschnitt, Wurzelschnitt, Baumschutz, Beikrautkontrolle, Bodenbearbei-
tung, …)
28
Ökosystemdienstleistungen
Eine Abgrenzung der o.g. Interaktionen zum Begriff Ökosystemdienstleistungen ist nicht ohne viele
Überschneidungen möglich (vgl. Götzl et al. 2011, S. 15). Fest steht, dass AFS Ökosystemleistungen in
allen Kategorien erbringen können. Darunter fallen z.B. Beitrag zu Ernährung und Einkommenssiche-
rung, Landschaftsästhetik, Luftreinigung, Kohlendioxidsequestrierung, Gewässerschutz, Sanierung von
Giftstoff-belasteten Böden, Habitat für Biodiversität und Vernetzung von Landschaften (vgl. Kohli et al.
2008).
Von den Aspekten der Ökosystemdienstleistungen, die nicht an anderer Stelle dieser Arbeit behandelt
werden, sind vor allem Naturschutz und Landschaftsästhetik relevant.
Agroforst und Naturschutz
Auswirkungen von Agroforst auf den Artenschutz können sehr unterschiedlich ausfallen. So ist im Vor-
hinein zu prüfen, ob z.B. gefährdete Offenlandarten verdrängt werden könnten. Auch das Design der
Anlage kann sich diesbezüglich positiv oder negativ auswirken und sollte berücksichtigt werden, sofern
dies mit den ökonomischen Produktionszielen vereinbar ist. Es sollte auf gute Vernetzung der Anlage
mit anderen Landschaftsstrukturen wie Hecken und Waldstücken geachtet werden. Förderlich sind
auch zusätzliche Maßnahmen wie Nistkästen, Steinhaufen u.a. (Reeg et al. 2009b).
Agroforst und Landschaftsbild
AFW schafft meist halboffene Landschaftsbilder, die ästhetisch sehr ansprechend wirken können, lei-
der jedoch in vielen Gebieten Deutschlands selten geworden sind. Entscheidend für die ästhetische
Aufwertung der Landschaft sind unter anderem Auswahl, Anordnung (räumlich u. zeitlich) und Ma-
nagement der Gehölze. Auch Anschluss an bestehende Landschaftselemente sowie Einfügung in lokale
Topographie und regionale Eigenart der Landschaft können zur Aufwertung beitragen und so wiede-
rum bspw. durch Tourismus die ökonomische Situation der Landwirtschaft fördern (vgl. Hislop und
Claridge 2000, S. 91–96; Reeg 2009).
6.2.3 Technik und Management
Agroforst-Management kann in zwei Phasen eingeteilt werden (vgl. NOUALLET 2018a, S. 10–11): (1)
Neuanlage im ersten Jahr und (2) Erhaltung in den Folgejahren (wiederum je nach Kultur weiter unter-
teilbar in Jugend, Erstertrag, Vollertrag, Abnahme oder auch Licht, Teilschatten, Schatten). In Anbe-
tracht der Vorlaufzeit, die mindestens für die Planung, oft aber auch für Voreinsaaten,
Gehölzvermehrung, evtl. Erdarbeiten etc. benötigt wird, sollte Phase 1 aber auch diese ein bis zwei
Jahre vor der Pflanzung beinhalten (siehe z.B. Wilson et al. 2018, S. 71). Informationen zur praktischen
Umsetzung finden sich ebd., während von Gold et al. (2018) ein mehrjähriger Aktionsplan sowie eine
Detailübersicht für jedes einzelne Jahr entlehnt werden kann.
Neuanlage
Die einzelnen Schritte bei der Begründung neuer AFS sind allgemein (vgl. Wilson et al. 2018; NOUALLET
2018a):
29
- Baumbeschaffung: Baumschulen/Forstinventar, Eigenvermehrung, ggf. Sortenveredelung
- Vermessung und Markierung
- Feldvorbereitung: Bodenvorbereitung, Beikrautmanagement, Gründüngung, Alley Cropping:
Feldeinsaat
- Pflanzung samt Pflanzschnitt, Pflock und Anbindung
- Baumschutz, Zäune etc. (Entscheidungshilfe je nach Kontext)
- Beikrautstrategie (Mulchen, Hacken, Blühstreifen, …)
Da die Neuanlage und die Pflege in den ersten Jahren oft maßgeblichen Einfluss auf spätere Perfor-
mance der Gehölze haben, sollten Fehler unbedingt vermieden werden. Es bietet sich also an, hier
einen Praxiseinsatz bei der Neuanlage einer Agroforst-Fläche einzubauen. Auch die Möglichkeiten der
Arbeitserleichterung durch Mechanisierung (z.B. Erdbohrer oder Baumpflanzmaschinen für großflä-
chige Anpflanzungen) sollte demonstriert werden (vgl. Wilson et al. 2018, S. 78–83).
Auf Flächen, die bereits einen Gehölzbestand aufweisen, können einzelne Schritte individuell abwei-
chen, zum Beispiel kann Ausdünnung und/oder Rückschnitt notwendig sein, um genügend Licht und
Raum für die Jungpflanzen und Unterkulturen zu schaffen (vgl. NOUALLET 2018a, S. 11).
Erhaltung: Pflege und Ernte
In den Jahren nach der Pflanzung erfordern AFS eine Mindestpflege, die je nach angestrebter Nut-
zungsintensität variiert. Oft ist das Gedeihen der Gehölze in den ersten Jahren entscheidend für den
späteren Erfolg der gesamten Anlage (vgl. Wilson et al. 2018, S. 84). Zur Pflege zählen typischerweise:
- Beikrautmanagement/Baumstreifenpflege
- Bodenfruchtbarkeitsmanagement (Bodenleben fördern, Nährstoffkreisläufe, regenerative
Landwirtschaft)
- Ersatz von Ausfällen bzw. selektives Ausdünnen bei Verbundpflanzung (vgl. Bender et al.
2009)
- Krankheits- und Schädlingskontrolle (vgl. Heitefuss 2000)
- Baumschnitt und -pflege (Wertholzastung, Obstbaumschnitt, Heckenpflege, Stammanstrich
etc.)
- Ernte
Eine Mechanisierung der Pflege kann sinnvoll sein, wenn das Design der Anlage darauf ausgelegt ist.
So können bspw. Baumstreifen gemulcht oder mit Blüheinsaaten versehen werden, Kopfbäume mit
sog. Laubschneidern geschneitelt (d.h. bis zum „Kopf“ zurückgeschnitten) werden und Schnittgut in
den Fahrgassen gemulcht werden. Auch die Ernte bzw. das Aufsammeln von Strauchobst und Nüssen
kann mittlerweile problemlos technisch gelöst werden, wenn das entsprechende Design an die Ma-
schinen angepasst ist (vgl. Hofmann 2019, S. 50–51). Da solche Systeme vermutlich weit vom alltägli-
chen Erleben der meisten Landwirten abweichen, sollte wenn möglich die Vor-Ort-Besichtigung eines
funktionierenden Systems in das Programm integriert werden.
30
6.2.4 Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte
In diesem Block werden Grundlagen gelegt, um sich bei der Anlage von AFS im geltenden Recht bewe-
gen zu können. Auch soll Rüstzeug vermittelt werden, die wirtschaftliche Profitabilität von AFS sicher-
zustellen. Als Format eignen sich wiederum e-Learning für die reine Wissensvermittlung sowie
Fragerunden mit Kursleitern/Experten für rechtliche Detailfragen und Gruppenarbeiten.
Rechtlicher Rahmen
Agroforstsysteme in Deutschland bewegen sich laut Chalmin und Möndel (2009) in einem Graubereich,
da sie hierzulande noch nicht gesetzlich definiert sind. Nach Abwägen der Quellenlage schlussfolgerten
Ebd. jedoch, dass sie logisch betrachtet unter Landwirtschafts- und nicht unter Forstrecht fallen müss-
ten, da sich auf Agroforst-Flächen kein Waldbestand entwickelt und die lws. Nutzung eindeutig über-
wiegt. Dementsprechend könnten neue AFS in erster Linie auf landwirtschaftlichen Nutzflächen
angelegt werden; Waldflächen scheiden (bis auf Ausnahmen wie z.B. Waldweide und Forst Farming)
eher aus. In jedem Fall muss aber die Neuanlage von AFS mit der zuständigen Landwirtschaftsbehörde
(ggf. Forstamt) abgesprochen werden (vgl. Chalmin und Mastel 2008, S. 32).
Welche Wege dennoch gegangen werden können, soll hier kurz umrissen werden. So gibt es für die
Codierung der Nutzung im Flächen- und Nutzungsnachweis bislang keine explizite Lösung, dafür meh-
rere „Umwege“, von denen jedoch keiner vollumfänglich zufriedenstellend ist (vgl. AG Protokoll 5):
- Gehölze als Landschaftselemente (LE) innerhalb des landwirtschaftlich genutzten Schlages:
z.B. Hecken, Knicks, Baumreihen; nicht für Fruchtnutzung; Pflege meist erlaubt, Nutzung
Graubereich;
- Streuobstwiese: Obst- oder Nussproduktion, fast keine Forstpflanzen, Grünland muss intakt
bleiben;
- Dauerkulturen: vielfältige Kulturen möglich; relative hohe Pflanzdichte;
- „Agroforstschlag“: derzeit noch Zukunftsszenario; es existiert aber bereits einen Vorschlag
für eine kontrollfähige Definition für Agroforstschläge von Böhm (2016); bis dahin nur wie
oben als getrennte Schläge oder LE codierbar.
Weitere Reglementierungen mit Bedeutung für AFS (vgl. Chalmin und Mastel 2008):
- Einvernehmen zwischen Pächter und Verpächter, z.B. durch Vertrag;
- Nachbarschaftsrecht und Straßenverkehrsordnung: regelt z.B. Mindestabstände zur Grund-
stücksgrenze;
- Anwendung von Pflanzenschutzmitteln: keine rechtliche Einschränkung; ökologische Sinn-
haftigkeit jedoch diskutabel, mit Verweis auf Ökosystemleistungen und Naturschutz;
- Naturschutzflächen: mögliche Unvereinbarkeit mit Schutzgebieten, Biotopschutz etc.
Agrarsubventionen für Agroforstsysteme
Die EU gibt den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, die Anlage von AFS zu fördern. Deutschland macht
davon bisher mit Blick auf moderne AFS jedoch weder auf der Bundes- noch auf der Länderebene Ge-
brauch. Die meisten Bundesländer fördern jedoch traditionelle AFS wie Streuobstwiesen (vgl. Chalmin
31
und Mastel 2008, S. 28–31). Seit der Neugründung des DeFAF im Juni 2019 besteht jedoch Hoffnung
auf eine Einwirkung auf die Politik, z.B. in Richtung einer Anerkennung von AFS als landwirtschaftliche
Nutzungsform, wodurch sie auch förderungsfähig würden.
Betriebsprämien sollten bei AFS weiterhin gezahlt werden können. Da die Landwirtschaftsbehörden in
Sachen Aufklärung über AFW quasi noch bei null stehen, muss aber auch hier mit ihnen im Vorhinein
besprochen werden, was wie gepflanzt werden kann, damit der landwirtschaftliche Charakter der Flä-
chen erhalten bleibt (ebd.).
Weitere Fördermöglichkeiten
Da AFW als modernes Landnutzungskonzept in Deutschland noch so gut wie unbekannt ist, kann nicht
davon ausgegangen werden, dass bereits spezielle Fördermöglichkeiten dafür existieren. Allerdings
stehen bundesweit bzw. je nach Bundesland ggf. weitere Fördertöpfe zur Verfügung, die im Einzelnen
geprüft werden müssten. Je nach individueller Ausrichtung des AFS kann dies vielfältig ausfallen, zum
Beispiel im Rahmen von Programmen für Naturschutz, Biodiversität, Landschaftsentwicklung, Be-
triebsdiversifizierung oder Obstbaumpflege (vgl. AG 5). Im Kurs sollte mindestens ein Beispiel gegeben
werden, um für diese Möglichkeit zu sensibilisieren.
Ein weiterer Punkt, der zumindest in den USA eine Rolle zu spielen scheint, sind Steuererleichterungen
für bestimmte Fälle wie Aufforstung und Umweltschutzmaßnahmen (vgl. Gold et al. 2018, S. 161). Ob
und in welchem Maß sie für AFW in Deutschland relevant sein könnten, konnte in der gegebenen Zeit
nicht beantwortet werden. Es erscheint jedoch auf jeden Fall sinnvoll, hierzu eine lws. Beratungsstelle
anzufragen, die sich auf Steuerfragen spezialisiert hat.
Ökonomie: Möglichkeiten zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit
Landwirtschaftliche Betriebe sind Wirtschaftsbetriebe, deshalb sollten auch Agroforstschläge finanziell
attraktiv oder mindestens neutral gegenüber monokultureller Nutzung sein (es sei denn, eine dauer-
hafte Querfinanzierung aus anderen Betriebszweigen ist ausdrücklich gewollt). Es können aber nicht
einfach die Erträge aus Mischkulturanbau mit denen von isolierten Flächen gleichgesetzt werden, da
zahlreiche Wechselwirkungen und Dynamiken bestehen. Chalmin und Mastel (2008) beschreiben fol-
gende Einflüsse von Gehölzen, die den Ertrag der landwirtschaftlichen Nutzfläche bedingen können:
- Produktdiversifizierung
- Langfristiger Kapitalaufbau
- Ertragsreduktion durch Verlust an lws. Produktionsfläche und evtl. Konkurrenz
- Evtl. Ertragssteigerung durch Verbesserung des Wasserhaushalts und Mikroklimas
- Abhängigkeit vom Design, z.B. Reihenabstände, Astungshöhe, verwendete Spezies etc.
Eine Berechnung für Wertholzsysteme von Möndel et al. (2009) kommt zu dem Schluss, dass ihre öko-
nomische Leistung der von rein ackerbaulich genutzten Flächen gleichkommt. Allerdings handelt es
sich um ein eher konservatives Modell, da zwar Ertragsreduktionen durch Lichtkonkurrenz eingerech-
net wurden, aber keine Ertragsteigerungen durch bspw. Kleinklimaförderung, welche in vergleichba-
ren Systemen aus Frankreich, Großbritannien und USA belegt wurden (vgl. Chalmin und Mastel 2008,
32
S. 138). Außerdem wird bisher entsprechend der Situation in Deutschland ohne spezielle Agroforst-
Förderungen gerechnet, welche in Zukunft, sobald eingeführt, ebenfalls zugunsten der AFW wirken
könnten.
Mögliche Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind z.B. Kosten-Nutzen-Rechnung und Finanzflusspla-
nung. Je nach gewünschter Komplexität kann dabei beliebig ins Detail gegangen werden. Interessant
erscheint vor allem eine Bewusstmachung der anfänglichen Investitionskosten, einer realistischen Er-
tragswartung, der Durststrecke zwischen Pflanzung und erster Ernte sowie ggf. sehr langer Return-
Spannen bei der Holzproduktion (vgl. Gold et al. 2018, S. 158–161). Einige nützliche Links und Hinweise
finden sich zudem in Wilson et al. (2018, S. 91–93).
Marketing: Wertsteigerung und Vermarktung
Eng mit der Wirtschaftlichkeit verknüpft ist das Gebiet des Marketing. Detaillierte Informationen und
Vorgehensweisen hierzu finden sich bei Gold et al. (2018, S. 138–154). Für jedes Agroforst-Produkt
sollte überlegt werden, welche Wege der Vermarktung am geeignetsten sind. Dabei können Werk-
zeuge wie die SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen, Gefahren) und das Porter-Fünf-Kräfte-
Modell (zur strukturierten Markterschließung) hilfreich sein. Ebenfalls lohnend sind Erwägungen, wie
die Produkte ggf. im Wert gesteigert werden können und ob dies sinnvoll ist. Das kann mittels Verar-
beitung (Haltbarmachung, Veredlung, künstlerische Verwendung) geschehen, es kann aber auch ein-
fach in der Hervorhebung von besonderen Qualitäten aus dieser Herkunft bestehen (z.B.
gesundheitliche, praktische oder ideelle Vorteile). Es muss aber sorgfältig überlegt werden, ob diese
zusätzlichen Schritte im konkreten Kontext sinnvoll sind. Relevante Faktoren sind u.a.:
- Verfügbare Arbeitskraft, Know-How, Interesse
- Zusätzliche Investitionskosten
- Ausreichend Rohmaterial
- Absatzmöglichkeiten
- Risiko der Verantwortung in der Wertschöpfungskette
Schließlich müssen auch die Verteilung und Verbreitung der Produkte durchdacht werden. Entschei-
dungen sind nötig zwischen Direktvermarktung und Handel, für den geeigneten Ort und Transport,
über die Preisfindung und ggf. über Werbestrategien.
Idealerweise wird all dies an einem oder mehreren Beispielen aus der Praxis kurz vorgestellt, z.B. dem
Esskastanienanbau (Ernte, Mehl-/Musproduktion, Trocknung, Lagerung, Absatzmärkte etc.) sowie der
Holzernte bei Wertholzproduktion. Auch Exkurse in neuere Vermarktungssysteme wie z.B. Solidarische
Landwirtschaft, Selbsternte oder Onlineshop sind aufgrund der speziellen Marktsituation von Agro-
forstprodukten angebracht. In der Planungsübung kann dies dann am eigenen Beispiel angewendet
werden.
Bilanz: Kurzfrist, Mittelfrist, Langfrist
NOUALLET (2018a, S. 14–20) geben ein Schema zur Kontrolle der kurz- mittel- und langfristigen Ren-
tabilität des Agroforst-Projektes. Die Punkte reichen von der initialen Zielsetzung des Projektes über
33
Einkommenswirkung bis hin zu ökosystemaren Auswirkungen. Ein Evaluierungszeitraum wird festge-
setzt und nach der entsprechenden Zeit (z.B. 1 Jahr, 3 Jahre, 10 Jahre) wird der Bogen ausgefüllt und
anhand dessen über das Ob und Wie der Weiterführung des Projektes entschieden.
6.2.5 Synthese
Im letzten Block werden keine neuen Inhalte behandelt, sondern Raum gegeben für Rückblick und
Auswertung des Moduls mit Evaluation seitens der Teilnehmer, Ausblick auf zukünftige Entwicklung,
weitere Module und Fortbildungsmöglichkeiten, Netzwerke und Veranstaltungen der Agroforst-Szene
(s.a. NOUALLET 2018a, 29-21). Außerdem findet hier die Prüfung (Präsentation und/oder Ausarbeitung
der Gruppenplanungsübung) zur Lernzielkontrolle statt (vgl. AG 6).
6.3 Inhalte Modul C2: Agroforst-Berater*in
Das zweite Modul richtet sich speziell an diejenigen, die zusätzlich zur eigenen Umsetzung von AFS
auch zu Beratungs- und Multiplikatorentätigkeiten befähigt sein möchten. Eine Beschreibung der Kom-
petenzen der Agroforstberatung wird in NOUALLET (2018d, S. 29) gegeben:
- „Die Fähigkeit, dem einzelnen Landwirt die notwendigen fachlichen Informationen zur Ver-
fügung zu stellen, die er im Zusammenhang mit einem bestimmten Agroforstprojekt benö-
tigt;
- Die Fähigkeit, dem Landwirt zu helfen, seine Erwartungen zu erkennen und die erste Stufe
seines Projekts zu realisieren;
- Ko-Leitung des Projekts (mit dem Landwirt): Konzeption des Agroforstprojekts, Festlegung
von Zielen und Schritten, Durchführung eines landwirtschaftlichen Inventars (Ausrüstung,
Personal, Finanzen usw.) und Analysen der Parzellen;
- Co-Piloting durch Mitwirkung an jedem Schritt des Projekts, Beratung in wirtschaftlichen, fi-
nanziellen, rechtlichen und technischen Aspekten; bei Bedarf gestalten sie die agroforst-
wirtschaftlichen technischen Aspekte der Pflanzung und Auswahl von Baumarten;
- Pläne, indem sie zur Projektdurchführung beitragen: von der Bodenbearbeitung bis zum
Baumschutz; bietet technische Unterstützung durch einen Beitrag zur Projektüberwachung;
- beteiligt sich an der kurzfristigen Bewertung der Projektleistung der Agroforstwirtschaft und
trägt zu den mittel- bis langfristigen Projektergebnissen und der Bewertung bei.”
Das Modul sollte wiederum so aufgebaut sein, dass reine Wissensvermittlung, für die keine intensive
Interaktion mit den Lehrenden notwendig ist, per Onlinematerial erfolgt, während die Präsenztermine
für praktische Übungen, Fragerunden sowie den Austausch untereinander vorgesehen sind. Eine Über-
sicht der Inhalte bietet Tabelle 10 auf S. 35, Details dazu die folgenden Unterkapitel.
34
Tabelle 10: Inhaltsübersicht Modul C2: Agroforst-Berater*in
1) Einführung
2) Beratungstheorie
• Möglichkeiten und Grenzen
• Selbstverständnis
• Ethik
3) Beratungspraxis
• Vorgehensweisen im Beratungsfall
• Kommunikationstechniken
• Mediation
• Berufspraxis
4) Beratungsqualität
5) Weitere AF-Werkzeuge
6) Vertiefung von Themen aus Modul C1
• Landnutzungsalternativen
• Agroforstsysteme
• Planung
• Technik
• Recht und Ökonomie
7) Synthese
• Prüfung: erfolgreiche Beratungssession
• Ausblick, Netzwerke
6.3.1 Einführung
Zunächst wird eine Einführung in das Kursprogramm gegeben. Beim ersten Treffen sollten außerdem
Konzepte der Gewaltfreien Kommunikation und Soziokratie vorgestellt und für den Rest des Moduls
praktiziert werden, um bereits einen ersten Trainingserfolg zu ermöglichen (s. Kap. 6.3.3).4
6.3.2 Beratungstheorie
Als Einführung in die Beratungstätigkeit sollen Grundbegriffe und -konzepte vorgestellt werden, wie
sie in Kapitel 4 erläutert wurden. Lernziele sind dabei insbesondere:
- Möglichkeiten und Grenzen der Beratung
- Selbstverständnis: personenzentriert-interaktives Modell statt hierarchischer Top-Down-Be-
ratung
- Ethik: Spannungsfelder und Konfliktpotenziale
- Übernahme und Verbreitung von Innovationen
(Hellwig 2018; Palmowski 1995; van den Ban und Wehland 1984)
4 Der Erfolg wäre besser, wenn diese Methoden bereits im ersten Modul eingeführt würden, allerdings könnte es für die dortige breitere Zielgruppe zu speziell sein und daher der Zeiteffizienz im Wege stehen.
35
6.3.3 Beratungspraxis
Beratung erfordert hohe methodische und kommunikative Kompetenzen. In diesem Block sollen
Grundlagen vermittelt, vor allem aber praktische Fähigkeiten eingeübt werden.
Vorgehensweisen im Beratungsfall
Zur Gesprächsstrukturierung siehe Kapitel 4.2 bis 4.4.
Für Kayser (mdl. Mit. 2019) zentral ist die Offenheit der Lösungsansätze. Dies sei eine Frage der inneren
Einstellung, die es im Berufsalltag zu bewahren gelte. Auch wenn sich für bestimmte Situationen be-
stimmte Praktiken und Methoden bewährt hätten, solle man wachsam bleiben und situationsange-
passt entscheiden, anstatt für alle Probleme dieselbe Lösung vorzuschlagen (z.B. persönliche
Präferenzen).
Während zur Strukturierung des Planungsprozesses im Modul C1 noch die Projektplanung von den
Vorlagen des UMCA oder Savanna Institute übernommen werden konnte (s. Kap. 6.2.1), erscheint es
nun erforderlich, ein universell anwendbares Gestaltungsprozessmodell einzuführen (mdl. Mit. Kayser
2019). Dazu können bekannte Muster wie z.B. „OBREDIMET“ dienen (ein Akronym aus den Worten
Observation, Boundaries, Ressources, Evaluation, Draft, Implementation, Maintenance, Evaluation,
Tweaking for Improvement) (vgl. Gestaltungsprozesse und -Methoden o.J.). Die Kurzversion auf
Deutsch könnte lauten: Beobachtung, Analyse, Bewertung, Design, Umsetzung, Zelebrieren, Optimie-
rung (vgl. Holmgren und Kennedy 2016).
Der Vorteil eines solchen Prozessmodells ist, dass der Anwender zu jedem Zeitpunkt des Prozesses
einen Überblick hat, bei welchem Schritt er sich befindet, welche Aufgaben gerade anstehen und wie
es weitergeht. Auch kann einfach auf vorherige Schritte zurückgegangen werden, wenn sich Änderun-
gen im Projekt ergeben (ebd.).
Kommunikationstechniken
Obwohl der Mensch beinahe pausenlos kommuniziert, sind sich nur sehr wenige Personen der Art und
Weise ihrer Kommunikation bewusst. Für erfolgreiche Gesprächssteuerung sollte dies also gezielt trai-
niert werden. Grundlagen sind laut Hellwig (2018, S. 102): echtes Interesse, innere Bereitschaft, Zu-
sammenfassen von Gesagtem, klärendes Nachfragen und Ansprechen von Stimmungen. Zu den
spezifischen Techniken für Beratungsgespräche zählen: Vertrauensbasis schaffen, strukturiertes Zuhö-
ren, Umgang mit Widerständen, Gefühle reflektieren und akzeptieren u.a. (ebd., S.103-108). In Part-
ner- oder Gruppenübungen kann dies verdeutlicht und trainiert werden (Kayser 2019).
Mediation: Gewaltfeie Kommunikation und Soziokratie
Konfliktsituationen gehören zur Beratungstätigkeit, wenn bspw. entweder bereits Konflikte zwischen
mehreren Interessensträgern bestehen oder durch Agroforstplanungen neues Konfliktpotenzial ent-
steht (mdl. Mit. Gerhardt 2019). Um die angehenden Berater auch dafür zu wappnen, können folgende
Methoden verwendet werden:
Bereits seit Jahrzehnten erfolgreich angewandt wird bspw. die Methode der Gewaltfreien Kommuni-
kation (GfK) nach Marshall B. Rosenberg. Dabei handelt es sich um ein Handlungskonzept, das dazu
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befähigt, sowohl mit den eigenen Bedürfnissen, Werten und Gefühlen in Kontakt zu sein als auch mit
denen des Gegenübers. Diese für uns ungewohnte Form des Kontakts ermöglicht mehr Vertrauen und
Freude durch eine bewusstere Art der Kommunikation, die auf Kooperation und gemeinsamer Kreati-
vität beruht. Dadurch wird eine wertschätzende Beziehung geschaffen, die das Überwinden von Kon-
flikten und Kommunikationsbarrieren erleichtern kann (vgl. Rosenberg 2016).
Ebenfalls empfehlenswert erscheint eine Einführung in die Soziokratie. Dieses Modell zur Gruppenor-
ganisation ermöglicht größtmögliche Mitbestimmung aller Beteiligten, indem es äußerst effektive
Techniken der Gruppenmoderation, Aufgabenteilung und Entscheidungsfindung bietet (Reijmer und
Strauch 2018).
Um der Teilnehmergruppe ein förderliches, partizipatives Lernumfeld zu bereiten, aber auch, damit sie
diese Methoden einüben können, bevor sie sie in ihrer zukünftigen Arbeit anwenden, bietet es sich an,
diese Techniken bereits zu Beginn des Moduls zu erlernen.
Berufspraxis
Zur Berufspraxis gehören auch Dinge, die außerhalb des Beratungsgesprächs stehen:
- Kundenakquise: Aufgrund der relativen Unbekanntheit von AFW sollte hier (noch) nicht mit
großem Andrang gerechnet werden (Kayser). Da jedoch gezeigt wurde, dass großes Inte-
resse bei Landwirten potenziell dann besteht, sobald grundlegende Informationen über AFS
vorliegen (vgl. Graves et al. 2009), sollte überlegt werden, wie zu diesem Zweck (soziale oder
Massen-)Medien und Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden könnten.
- Leistungsbeschreibung, Ausschreibung, Beratungsverträge, Honorare, Rechtsfragen, Versi-
cherungen, Auflagen (vgl. Menne 1997; mdl. Mit. Gerhardt 2019)
- Wissensrückfluss: eine Nachbegleitung des Agroforst-Projektes in Folgejahren wäre wün-
schenswert, besonders aufgrund der kaum vorhanden Praxiserfahrungen aus Deutschland
und der damit noch sehr großen Unsicherheit in der Planung. Die Schwierigkeit besteht je-
doch darin, ehemalige Klienten im Berufsalltag nicht aus den Augen zu verlieren, nachdem
die Beratungstätigkeit abgeschlossen ist, da evtl. kein geschäftlicher Kontakt mehr stattfin-
det. Es handelt sich also (wenn es kein privat gepflegter Kontakt ist) um zusätzliches Engage-
ment des Beraters, sich im Nachhinein regelmäßig über den Erfolg der von ihm beratenen
Projekte zu informieren. Obwohl dieser Aufwand im stetigen Zuwachs seiner Kompetenz re-
sultieren sollte, wird es aus Ressourcengründen schwierig sein, dies praktisch umzusetzen
(mdl. Mit. Kayser 2019).
- Informationsmaterial für Landwirte erstellen bzw. Austausch desselben (z.B. als Praxisleitfä-
den zu Anlage, Unternutzung, Baumschnitt, Förderungen, …) (mdl. Mit. Jäger 2019).
6.3.4 Beratungsqualität
Um sich und anderen Urteile über Qualität der eigenen Beratungstätigkeit zu ermöglichen, müssen
regelmäßig Evaluationen durchgeführt werden (siehe Kap. 4.5). Den angehenden Agroforst-Beratern
sollte vermittelt werden, wie sie dies selbst durchführen können.
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Kayser (mdl. Mit. 2019) betont besonders die Transparenz in der Entscheidungsfindung, um gute Be-
ziehungen zu den Klienten zu bewahren und eine ständige Verbesserung der Anlage zu ermöglichen
(„Planung ersetzt den Zufall durch Irrtum“ (ebd.), heißt auch Rückkopplung für die eigene Arbeit).
Weitere Hilfsmittel bei der Qualitätssicherung könnten ein „brancheninternes“ Agroforst-Beratungs-
netzwerk, der regelmäßige Besuch von Weiterbildungsveranstaltungen und/oder Jahrestagungen sein.
Würde dies verpflichtend für die Akkreditierung als (bspw.) DeFAF-Berater gemacht, könnte das Netz-
werk durch gemeinsame Leistung aller Beteiligten gepflegt und bereichert werden (z.B. auch durch
Eigenverpflichtung zur Berichterstattung über Ergebnisse aus der Nachbegleitung). Die Förderung der
Kollegialität unter Beratern in Deutschland (und darüber hinaus) ist ein weiteres Ziel, das die Qualität
unterstützt, da Kooperation statt Konkurrenz zu verbessertem Wissensfluss beiträgt (mdl. Mit.
Gerhardt 2019; Kayser 2019).
6.3.5 Weitere Agroforst-Werkzeuge
Zur Vermittlung von Tools, die für die Beratung und Planung nützlich sind, sollten weitere angeleitete
Workshops eingeplant werden zu folgenden Themen (mdl. Mit. Gerhardt 2019):
- Grundzüge der Fernerkundung: Kartenarbeit, Software, Flächenverwaltung (Verständnis und
einfache Anwendungen)
- Managementtools: Entscheidungsunterstützung in Konfliktsituationen. Zusätzlich zu den un-
ter Kapitel 6.3.3 angesprochenen Mediationstechniken geht es hier um die Beschaffung und
Vermittlung von entscheidungsrelevanten Daten
- Grundlagen der wissenschaftlichen Recherche und des Zugangs zu Fachinformationen
6.3.6 Vertiefung von Themen aus Modul C1
Während es im ersten Modul vorrangig darum ging, das Grundrüstzeug für die erste eigene Anlage zu
vermitteln, wird von Beratern größere Detailkenntnis erwartet, um auf verschiedenste Situationen an-
gemessen eingehen zu können. Daher erfolgen hier Vertiefungen in Form von Vorträgen, Planungsü-
bungen, Hofbesuchen oder Praxiseinsätzen in den folgenden Bereichen.
Landnutzungsalternativen
- Grundlagen in Regenerativer Landwirtschaft, Holistic Planned Grazing, Keyline Design, Terra
Preta, Sukzessionale AFW u.ä.: Möglichkeiten und Potenziale, Grenzen und Risiken, kriti-
scher Umgang (vgl. AG 1-7)
- Vernetzung der Landschaftselemente vorantreiben (Hecken, Waldstücke etc.)
- Möglichkeiten der Anpassung der lws. Nutzung an die AFW (z.B. Populationssorten im Ge-
treide; Viehzüchtung für mehr Robustheit; Integration stickstofffixierender Bäume und
Sträucher (vgl. Smith et al. 2012))
(mdl. Mit. Gerhardt 2019; Kayser 2019; Jäger 2019)
Agroforstsysteme
- Umfassende Standortlehre: Bodenkunde, natürliche Vegetation, Wetter, Klima (besonders
für Quereinsteiger in die Landnutzungsbranche)
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- Klimawandel: Prognosen, Risiken, Chancen, Anpassung
- Umfassende Kenntnis der relevanten Arten und speziell geeigneter Sorten samt aller Vor-
und Nachteile, Gefahren, Risiken, zukünftiger Entwicklungspotenziale etc.
- Dendrologie
- Ökosysteme, Nischenbildung, Komplementarität, Differenzierung (systemisches Verständnis
statt punktuellem Wissen)
- Zeitliche Entwicklung von AFS, Nutzung der Kräfte der Sukzession (vgl. Hofmann 2019, S. 15–
20)
(mdl. Mit. Gerhardt 2019; Kayser 2019)
Planung
Zunächst sollten sämtliche verfügbare Vorerfahrungen von Praktikern abgefragt werden, wenn ein
neues System geplant wird. Aufgrund der Interdisziplinarität von AFW erscheint es wichtig, nicht nur
innerhalb der Agroforst-Szene nach Erfahrungen und Erkenntnissen Ausschau zu halten („überall ler-
nen“; mdl. Mit. Kayser 2019).
Jäger (mdl. Mit. 2019) empfiehlt, sich vor der Betriebsbesichtigung bereits grundlegende Fakten über
das Gelände zu beschaffen, um dann gezielter beraten zu können. Dazu zählen z.B.:
- Karten zu Böden, Topographie, Erosionsgefährdung
- Risikogebiete: Feuerbrand, …
- Schutzgebiete: Bodenbrüter, …
Ein weiterer Aspekt ist die Fehlerfreundlichkeit der Planung (mdl. Mit. Kayser 2019):
- Alternativen im Kopf behalten (falls im Prozess unbekannte Schwierigkeiten auftauchen)
- Respekt vor den Konsequenzen (für das Terrain, den Betrieb, die Anwohner, ...)
- Zweitmeinung einholen, z.B. durch lokalen Förster, Obstbauern, …
Technik
In diesem Block steht die Vermittlung bewährter Lösungsstrategien aus der Praxis im Zentrum („der
Teufel steckt im Detail“, mdl. Mit. Jäger 2019). Doch auch eigene Praxiserfahrungen in möglichst vielen
Bereichen der AFW sollten angestrebt werden, um ein Gefühl für die technischen Details zu entwi-
ckeln:
- Anlageproblematiken im Detail kennen und beherrschen: Wasserhaushalt, Beikraut, Arbeits-
aufwandsplanung, Konkurrenzmanagement, Drainagen, Pflanzung etc.
- Baumschulwesen: Sortimente, Pflanzverfahren, Veredelung
- Umfassende Kenntnis der Mechanisierungsmöglichkeiten: Anlage, Pflege, Ernte, Verarbei-
tung
- Baumschnitt: Obstbau z.B. Hochspindel (Vorteil Kompaktheit), Wertholzerzeugung: Stamm-
bildung, Astung, Wundvermeidung
- Pflege der Unternutzung: Alternativen zu Mulchen (Arbeitsaufwand!), z.B. Robotik, Blüh-
streifen, Beeren, Wildobst, Kräuter, …
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- Ernteverfahren in der Land- und Forstwirtschaft
(ebd.; Gerhardt 2019; AG 1-3; 7)
Recht und Ökonomie
- Kenntnis der relevanten Eckdaten aus Landwirtschaftsgesetz, Waldgesetz, Jagdgesetz, Na-
turschutzgesetz
- Grundlagen Betriebswirtschaftslehre: landwirtschaftliche Ertragsrechnung, Kalkulation, öko-
nomischer Entscheidungsprozess
- schwierige ökonomische Situation der Landwirtschaft in Deutschland kennen und Praxisein-
blicke erhalten
- gute Einschätzungsfähigkeit der Wirtschaftlichkeit aneignen (gründliche Recherche, Praxiser-
fahrung, Berufserfahrung)
- spezielle Verarbeitungs- und Vermarktungsmethoden und kompetente Entscheidungsfin-
dung.
(vgl. Kap. 6.2.4; mdl. Mit. Kayser 2019; Gerhardt 2019; AG 4)
6.3.7 Synthese und Ausblick
Der letzte Block gibt wieder die Möglichkeit zu Rückblick und Evaluation der Fortbildung sowie zu Aus-
blick und Netzwerkarbeit. Die Prüfung in diesem Modul könnte z.B. aus einer realen Beratung beste-
hen, die je nach verfügbarem Zeitrahmen ganz oder teilweise geleistet und von einem Tutor begleitet
wird. Je nach Zeitplan könnte sie bis zur Umsetzung der Neuanlage reichen (vgl. Ag 6)
7 Diskussion
Nachdem nun die Ergebnisse der Literaturrecherche im Einzelnen dargestellt wurden, folgt eine Be-
wertung und Interpretation derselben, anschließend auch der verwendeten Methodik und Materia-
lien.
7.1 Diskussion der Ergebnisse
Fokus auf Agrarflächen
Je nach Ausganspunkt der Bewirtschafterin kann Agroforst die Integration von Gehölzen in Agrarland
oder die Integration von landwirtschaftlicher Nutzung in Waldland bedeuten. So bietet Agroforst auch
zahlreiche Möglichkeiten für die Diversifizierung von Waldland (vgl. z.B. Gabriel und Toensmeier 2018).
In Kapitel 6.2.4 wurde jedoch argumentiert, dass die Genehmigung einer Neuanlage von Agroforst-
schlägen auf landwirtschaftlichem Land wahrscheinlicher sei als auf Forstflächen. Daher und entspre-
chend der agrarischen Ausrichtung des Studiengangs fokussierte der Autor sich auf die erstere
Herangehensweise. Systeme mit überwiegend forstlicher Nutzung wie z.B. Waldweiden wurden je-
doch bewusst mit in den Leitfaden aufgenommen. Zu Fragen der praktischen und rechtlichen Umset-
zung sollten hierzu noch weitere Nachforschungen angestellt werden.
40
Qualität der Fortbildung
Aus Sicht der Didaktik und Erwachsenenbildung ist das in dieser Arbeit vorgelegte Konzept unvollstän-
dig: so wurde aus Zeitgründen auf die wissenschaftlich-kritische Behandlung didaktischer Aspekte ver-
zichtet. Daher fehlt z.B. ein ausgearbeiteter Lehrplan mit Zeiteinteilung, speziellen Methoden etc. für
die einzelnen Inhalte der Module. Einige Erkenntnisse aus Studien und Testtrainings, z.B. die Beliebt-
heit von Fragerunden, Praxiseinsätzen und Hofbesuchen, sollten diese Lücke überbrücken helfen, da
sie sich in vergleichbaren Lehrgängen bewährt haben (vgl. Graves et al. 2009; NOUALLET 2018b, 2018c;
ROUSSEAU 2018b). Des Weiteren wurde angenommen, dass ein Planspiel am realen Fall der verbes-
serten Aneignung der Inhalte diene und darüber hinaus die dabei entstehenden Projekte in Zukunft
als Demonstrationsflächen für weitere Kurse sowie für die Allgemeinheit zur Verfügung stünden. Den-
noch besteht die Vermutung, dass Qualität, Effizienz und Lernerfolg des gesamten Programms durch
ein wissenschaftlich gestütztes Lehrkonzept deutlich gesteigert werden könnten, weswegen eine wis-
senschaftliche Auseinandersetzung mit didaktischen Konzepten Inhalt zukünftiger Arbeiten werden
sollte.
Umfang der Module
Kayser (mdl. Mit. 2019) gab den Hinweis auf eine weitere mögliche Schwachstelle des Konzepts: den
Umfang. Besonders für Landwirtinnen seien niedrigschwellige Angebote vonnöten, um neben den im-
mensen Herausforderungen des Berufsalltags eine Teilnahme möglich zu machen. Als Beispiel nannte
ebd., dass das dreitägige Seminar der Thüringer Obstbaumschnittschule (s. Kap. 5.1) trotz des über-
sichtlichen Umfangs auf so geringe Nachfrage getroffen sei, dass es 2018 sogar ausfallen musste.
Grundsätzlich entschied sich der Autor vor allem deshalb für ein möglichst breit aufgestelltes Lehrpro-
gramm, um die Wichtigkeit der Multifunktionalität der AFW zu betonen. Lovell et al. (2018) argumen-
tieren, dass die Ressourceneffizienz und Produktivität eines AFS umso mehr steigen, je stärker es ein
natürliches Ökosystem nachahmt, d.h. je vielfältiger die kombinierten Komponenten sind und damit
je mehr Nischen besetzt werden. Gleichzeitig nähmen auch deren ökologische Vorteile zu. Daher plä-
dieren sie für einen stärkeren Fokus auf essbaren Gehölzen, d.h. Frucht- und Nussproduktion, um das
Produktivitätspotenzial der Landschaft zu erhöhen, die Rentabilität für die Landwirtinnen zu verbes-
sern, die Chance auf flächendeckende Übernahme solcher Systeme zu erhöhen und schließlich die
ökologischen Vorteile von multifunktionalen Landschaften Realität werden zu lassen. Da in Deutsch-
land bisher fast nur zu Energieholzstreifen auf Ackerland geforscht wurde und in geringerem Maße
auch zur Wertholzproduktion (vgl. Reeg et al. 2009a), sind diese Formen der AFW ebenfalls in das Kur-
rikulum eingeflossen, auch wenn die ökologische Vorteilswirkung dieser Varianten aufgrund ihres ge-
ringen Komplexitätsgrades eher der von monokulturellen Flächen ähneln sollte als der von o.g.
komplexen multifunktionalen AFS (Lovell et al. 2018).
Zudem wurde dem Bedarf an niedrigschwelligen Angeboten dadurch Rechnung getragen, dass die Mo-
dulkategorie A genau für solche in wenigen Stunden zu absolvierenden Einheiten konzipiert ist (s. Mo-
dulvorschlag Kap. 6.1). Dass diese Module im Rahmen dieser Arbeit nicht genauer beschrieben werden
konnten, wurde in Kauf genommen, da sie bei Bedarf aus dem „Gesamtpaket“ C herausgeschnitten
41
werden könnten (ebd.). Dennoch ist fraglich, wie viele Praktikerinnen sich angesichts des Umfangs und
der voraussichtlich hohen Kosten (zeitlich wie monetär, vgl. Angebote aus Frankreich und den USA) für
die längere Fortbildung entscheiden würden, wenn auch deutlich kürzere Module zur Wahl stünden.
Dabei sei angemerkt, dass es ggf. Möglichkeiten gibt, das Programm zu verkürzen. Agroof schaffen es
z.B., ein Modul für Fachkräfte/Spezialistinnen/Beraterinnen (also vergleichbar mit C2 in dieser Arbeit)
von nur drei Tagen Präsenzzeit anzubieten (nachdem die Grundlagen per Online-Material vermittelt
wurden, vgl. Kap. 5.2). Strategien zur Verkürzung der Präsenzzeit könnten sein, eine Ausgliederung von
Praxismodulen nach Hauptinteressen (Ackerbau, Tierhaltung, Gemüsebau, …; siehe Kap. 5.2.2) vorzu-
nehmen, und/oder Detailwissen aus dem Kurs zu streichen und stattdessen auf die Eigenleistung der
Teilnehmerinnen zu vertrauen, sich dieses vor, während oder nach dem Kurs selbst anzueignen (ggf.
mit zusätzlichem Material). In beiden Fällen wäre (a) zu fragen, wie Beraterinnen sich das für ihren
Beruf essenzielle Detailwissen aneignen könnten, und (b) anzumerken, dass der Zeitaufwand für die
Teilnehmerinnen im Endeffekt nicht geringer würde, nur anders verlagert. Außerdem sind es oft ge-
rade die Details, die über den Erfolg oder Misserfolg einer Agroforst-Anlage entscheiden (mdl. Mit.
Jäger 2019), und daher nur unter Vorbehalt aus der Fortbildung ausgeklammert werden sollten. Den-
noch könnte es aufgrund reduzierter Präsenzzeit die Kosten senken, die z.B. für Referentinnen anfal-
len, und dadurch die Attraktivität und Machbarkeit der Fortbildung insgesamt erhöhen.
Akzeptanz des Angebots durch Zielgruppen
Ein weiterer ausschlaggebender Faktor für die Annahme des Angebots durch die Zielgruppe könnte
sein, dass ein Berufsbild wie das der/des „Agroforsterin“ noch nicht existiert. ROUSSEAU (2018a) zeich-
net zwar das Bild eines solchen „Europäischen Agroforsterinnen“-Berufsstandes mit gemeinsamer Zer-
tifizierung, eine Umsetzung dessen war aber bisher noch nicht erkennbar. Würde es gelingen,
gesellschaftliche Anerkennung für die neuen Berufsstände der „Agroforst-Fachkundigen“ (C1) und „Ag-
roforst-Beraterinnen“ (C2) zu erlangen, könnte das evtl. die Attraktivität einer solchen umfangreichen
Fortbildung erhöhen.
7.2 Diskussion der Methoden
Ziel der Arbeit war es, anhand wissenschaftlicher Literatur sowie von Praxiserfahrungen aus anderen
Ländern ein Konzept für die Agroforst-Weiterbildung zu erarbeiten. Es zeigte sich, dass es schwierig
ist, Erfahrungen aus anderen Ländern auf Deutschland zu übertragen, da es hierzulande immer noch
vielfach an Forschung mangelt. Daher wurden Praxiserfahrungen z.T. bereits dann übernommen, wenn
sie vom Autor als plausibel einstuft werden konnten. Gleiches gilt für den Aufbau der Trainings, der in
den verschiedenen Klimazonen (mediterran, atlantisch, gemäßigt) sehr ähnlich ausfiel, weswegen da-
von ausgegangen wurde, dass die reine Ausbildungsstruktur übertragbar ist.
Neben der Analyse verschiedener Bildungsangebote aus dem In- und Ausland hätten genauso auch die
Beratungsangebote untersucht werden können. Eine kurze Recherche ergab jedoch, dass es so gut wie
gar kein Material über Agroforstberatung gibt. Was es an Öffentlichkeitsarbeit und Informationen zu
AFS zu finden gibt, besitzt dagegen keine direkte Relevanz für die Beratung; indirekt könnte es
42
hingegen z.B. als Informationsmaterial für die Klientinnen verwendet werden. Die Erarbeitung von In-
fomaterial für Ausbildung und Beratung hätte jedoch den Rahmen dieser Arbeit gesprengt.
Außer der Vorgabe, dass mit Agroforstbildung sowohl Praxis als auch Beratung erreicht werden sollen,
fand keine Zielgruppenanalyse statt. Obwohl in der Einleitung (Kap. 1.2) gezeigt wurde, dass der Bedarf
für Agroforst-Bildung in Deutschland vorhanden ist, und in Kapitel 6.1 grob umrissen wurde, für wen
die jeweiligen Module gedacht sind, fand keine Beschäftigung mit der Frage statt, ob die Zielgruppen
das Angebot auch annehmen würden. Eine repräsentative Erhebung hätte jedoch ebenfalls den Rah-
men dieser Arbeit gesprengt. Daher sollte dies in Zukunft weiter erforscht werden, nicht zuletzt, um
das Angebot besser auf die Zielgruppen zuschneiden zu können.
Zur Übersetzung der französischsprachigen Quellen wurde ein sehr guter Online-Übersetzer und ein
nachträgliches Korrekturlesen verwendet (s. Kap.3). Ob dadurch sämtliche Fehler vermieden werden
konnten, kann jedoch nicht garantiert werden.
Bei der Befragung der Expertinnen wurden keine leitfadengestützten Interviews durchgeführt, wie es
methodisch korrekt gewesen wäre (vgl. Diekmann 2009). Auch die Transkription der Interviews wurde
vernachlässigt, da dies zu viele Kapazitäten in Anspruch genommen hätte. Da die Interviews zwar einen
wesentlichen Beitrag zu Kapitel 6.3 leisteten, aber nicht den alleinigen zum Oberthema „Agroforst-
Beratung“, wurde diese Ungenauigkeit in Kauf genommen.
Einige Probleme bei der Auswertung der Agrof-MM-Datenbank wurden bereits in Kapitel 3 beschrie-
ben. Eine weitere Schwierigkeit stellten die intern verwendeten Abkürzungen dar, da sie nicht zentral
verzeichnet waren und daher selbst hergeleitet/gefunden werden mussten. Außerdem waren sie teils
doppelt belegt, was zu einiger Verwirrung führte: z.B. wurde „CC“ als Abkürzung sowohl für „Core Con-
tent“ als auch „Core Competencies“ verwendet, was umso verwirrender war, als diese zwei relativ
ähnliche Konzepte darstellen und somit zusätzliche Verwechslungsgefahr besteht.
8 Fazit und Ausblick
Die Bedeutung von Agroforstsystemen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft ist mittlerweile auch in
Deutschland erkannt worden. Auch wenn es derzeit noch an finanziellen Anreizen und dem Entgegen-
kommen der Verwaltung mangelt, steigt das Interesse an der praktischen Umsetzung dieser teils tra-
ditionellen, teils innovativen Landnutzungsformen stetig an. Zu ihrer Verbreitung sind neben
flächendeckenden Fortbildungsangeboten auch eine speziell geschulte Beratung essenziell, die sowohl
theoretische als auch praktische Kompetenzen aus den unterschiedlichsten Wissensbereichen verei-
nen muss. Durch Orientierung an vergleichbaren Ausbildungsprogrammen aus anderen Ländern der
gemäßigten Zone und Abgleich mit dem aktuellen Stand der Forschung konnte in dieser Arbeit ein
Vorschlag für Konzept und Inhalt einer Fortbildung für Agroforst-Fachkundige und Agroforst-Berater
erarbeitet werden. Dieser sieht vor, dass zunächst der erste Grad (Fachkundiger) erreicht werden
muss, bevor die Fortbildung für die Beratung gewählt werden kann. Optional können auch einfacher
gehaltene Module aus dem Inhaltkatalog extrahiert werden, z.B. als Kurzeinführung in bestimmte Sys-
teme der AFW.
43
Bis es zur Umsetzung eines solchen Bildungsangebots kommen kann, sind noch viele weitere Schritte
zu untersuchen, z.B. durch weitere studentische Arbeiten, darunter:
- Arbeitsaufwand und mögliche Trägerschaft: hier sollte versucht werden, die Expertise und
Schlagkraft des DeFAF bzw. des entsprechenden Fachbereichs zu nutzen;
- Finanzierung und Förderung, idealerweise direkt verbunden mit der Erarbeitung von Förder-
anträgen für das Projekt;
- Verfügbarkeit von Expertise, Demonstrationsflächen und Praxisbeispiele;
- Infrastruktur für den Online-Teil;
- Erstellung von Unterrichtsmaterialien für Online- und Präsenzteil;
- Anerkennungsfähigkeit durch den Staat;
- etc.
Sodann sollte zur Realisierung der Fortbildung geschritten werden, indem ein Testlauf z.B. mit den
Mitgliedern der AG bzw. des Fachbereichs durchgeführt wird, um das Konzept in der Umsetzung zu
prüfen und zu evaluieren, bevor es für die Öffentlichkeit geöffnet wird.
Schließlich fehlen auch noch genauere Daten zu Erträgen, Wirtschaftlichkeit, Praktikabilität etc. von
multifunktionalen AFS in Deutschland (vgl. Hofmann 2019). Eine verlässliche Beratung ohne Praxiser-
fahrungen ist schwierig bis unmöglich. Dabei ist das Potenzial der Verknüpfung von Praxis und For-
schung gerade bei AFW enorm, da es sich um ökologisch hochkomplexe und sehr kontextabhängige
Systeme handelt, die in großer Formenvielfalt auftreten und sehr langfristig angelegt sind (Louah et al.
2017). Die Ergebnisse solcher Praxisforschung wären zudem äußerst förderlich das Fortbildungsange-
bot sowie die Qualität der Beratung.
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Interviews wurden mit folgenden Personen geführt:
Gerhardt, Philipp (2019): Agroforstberater und Betreiber der Plattform baumfeldwirtschaft.de
Jäger, Mareike (2019): Agroforstberaterin und Fachmitarbeiterin Biolandbau bei AGRIDEA und IG Ag-roforst (Schweiz)
Kayser, Burkhard (2019): Berater für nachhaltige Landnutzung, Schwerpunkt Agroforstsysteme
Verzeichnis der Protokolle der AG Aus- und Weiterbildung der Agroforstkampagne
Im Fließtext wird auf die Protokolle verwiesen mit AG 1, AG 2 etc.
- Protokoll 1: Boden, Ökologie, Keyline, GIS (28.02.2018)
- Protokoll 2: Boden, Baum, Systeme (09.03.2019)
- Protokoll 3: Management, Technik (22.06.2018)
- Protokoll 4: Recht, BWL (15.09.2018)
- Protokoll 5: Verarbeitung, Vermarktung (26.10.2018)
- Protokoll 6: Planung Sonnenwaldhof, Konzept Ausbildung (31.01.2019)
- Protokoll 7: Ausbildungsstruktur und Inhalte (11.05.2019)
i
Anhang
Gegenüberstellung zweier Planungsprozess-Anleitungen (verändert nach Gold et al. 2018, S. 16; Wil-son et al. 2018, S. 9; eigene Übers.)
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UMCA: Training Manual Savanna Institute: Planting Tree Crops
Schritte zur Entwicklung eines Agroforstplans: Persönliche Bewertung Schritt 1: Anfängliche Ziele und Prioritäten Schritt 2: Bewertung der persönlichen Ressourcen Biophysikalische Standortbewertung Schritt 3: Identifizierung der aktuellen Landnutzung Schritt 4: Kartographieren der Gebiete für die Entwicklung der AFW Schritt 5: Klimabewertung Schritt 6: Bodenbewertung Schritt 7: Physische Merkmale (Gelände) Schritt 8: Inventur der Holz- und Nichtholz-Baumprodukte Agroforstliche Entwicklungsideen Schritt 9: Ideen für die Agroforstwirtschaft - Brainstorming Schritt 10: Auflistung der „best bets“ ("Besten Optionen") Bewertung der „best bets“ im Kontext der Branche Schritt 11: SWOT-Analyse Schritt 12: Porter Five Forces Modell Schritt 13: Überarbeitung des Marketings für die „best bets“ Strategie für die „best bets“ Schritt 14: Auswahl und Beschreibung der Zielmärkte Schritt 15: Wertsteigerung von Produkten Schritt 16: Produkte und Käufer zusammenbringen Schritt 17: Feststellen der Preise Schritt 18: Bewerbung der Produkte Agroforstwirtschaftliche Praxis, Design und Management Schritt 19: Revidieren der Ziele und Prioritäten Schritt 20: Detaillierte Informationen zur Kulturführung der „best bets“ Schritt 21: Entwerfen der agroforstlichen Verfahrensweisen Plan für die Entwicklung des Agroforstsystem Schritt 22: Fünfjährige Managementplanung Schritt 23: Jahres-Aktivitätenplan
Planung der Anlage 1. Durchführung einer Standortanalyse
a. Sammeln von Standortinformationen b. Erkundungsbesuch
2. Liste möglicher Bäume und Sträucher für den Standort a. Standortanalyse und Artenprofile verwenden
3. Kompatibilität von Tieren berücksichtigen a. Abstimmung der Bäume auf den Bedarf der Tiere b. Beachtung der Weiden, Zäune, Wasser, Scheunen, etc.
4. Erntemethode a. Hand- vs. Maschinenernte b. Lohn- vs. Eigenarbeit
5. Definieren der Ziele a. Auswahl einer Methode: Holistic Management, Whole Farm Planning, Keyline-De-sign, etc. b. Vereinbarkeit der ausgewählten Bäume und Nutztiere mit den Zielen?
6. Entwurf des Felddesigns a. Berücksichtigung von Interaktionen, Timing, Baumabstand b. Erstellen von Feldkarten
7. Entwicklung einer Wirtschaftlichkeitsberechnung a. Erstellen eines Unternehmensbudget für jede Kultur b. Recherche von Kostenbeteiligungs- und Fördermöglichkeiten
Einrichtung der Anlage 1. Pflanzen beziehen/selbst vermehren 2. Feld vorbereiten 3. Bäume pflanzen
a. Pflanzempfehlungen befolgen b. Bewässerung installieren
4. Baumschutz 5. Unkrautkontrolle
a. Wahl der Methode je nach Standort und Situation 6. Kontinuierliche Pflege
a. Schädlinge und Krankheiten beachten b. Bodenfruchtbarkeit erhalten c. Baumschnitt
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