Fachhochschule Bielefeld
Fachbereich
Sozialwesen
Bachelorarbeit zum Thema:
Musikalisches Zusammenspiel mit Kinder- und Jugendgruppen
– Einsatzmöglichkeiten des Didgeridoos in der Sozialen Arbeit
Erstellt von:
Tobias Tiemann
Martrikel Nr.: 110241
Lipper Hellweg 317, 33605 Bielefeld
Tel.: 01714280844
Studiengang: Soziale Arbeit
Bearbeitungszeitraum:
02.03 bis 01.05.12
Betreuer in der Hochschule: Prof. Peter Ausländer
Zweitleser: Christoph Rust
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 1
1. Einleitung 2
2. Erfahrungen mit dem Didgeridoo in der Praxis 3
2.1 Didgeridoo Workshop an der Gesamtschule Friedenstal 3
2.2 Didgeridoo Workshop in Bad Driburg 5
2.3 Eigene, persönliche und autodidaktische Erfahrung
mit dem Didgeridoo 10
2.4 Das Didgeridoo in der Straßenmusik 13
3. Die Akkulturation des Didgeridoos am Beispiel
Deutschland 16
4. Der derzeitige Einsatz des Didgeridoos in der
therapeutischen und pädagogischen Arbeit 18
4.1 Die Interviews über den Einsatz des Didgeridoos
mit Kindern und Jugendlichen 19
5. Musikalische Praxis in der Sozialen Arbeit 32
5.1 Vorwort zur musikalischen Praxis 32
5.2 Gruppenimprovisation 33
5.3 Verwendbare Instrumente 37
5.4 Auszug aus den allgemeinen Möglichkeiten
musikalischer Praxis in der Sozialen Arbeit 41
6. Fazit des Didgeridooeinsatzes im Zusammenspiel
mit Kinder- und Jugendgruppen 45
6.1 Konzeptidee 47
7. Literatur- und Quellenverzeichnis 50
7.1 Weitere Quellen 51
8. Anhang 53
9. Erklärung 54
Vorwort
Ich möchte mich an dieser Stelle für die Gastfreundlichkeit, die Offenheit und
die Zeit bedanken, die mir meine Interviewteilnehmer entgegenbrachten.
Außerdem danke ich meiner Familie und meinen Nachbarn, die anscheinend die
Fähigkeit besitzen mehrstündiges Didgeridoospiel zu ertragen. Durch diese
Akzeptanz und Offenheit wurde ein Grundstein gelegt, ohne jenen ich mich
sicherlich nicht so stark mit dem Thema „Didgeridoo“ beschäftigt hätte.
Weiterhin gilt besonderen Dank Peter Ausländer, der mir durch seine
motivierenden Sprechstunden während des Studiums immer wieder Anregungen
und Mut gab und damit einen weiteren Weg zu dieser Arbeit ebnete.
Ferner bedanke ich mich bei allen TeilnehmerInnen meiner Didgeridooprojekte
und den zahlreichen Passanten, die mir in den Fußgängerzonen diverser Städte
durch ihr Feedback weitere Motivation gaben, mich mit dem Thema
„Didgeridoo“ auseinander zu setzen.
Ganz besonders gebührt mein Dank den Ureinwohnern Australiens, die das
Didgeridoo erfanden. Auch den Didgeridoospielern, die das Instrument später in
die westliche Kultur bekannt machten, sowie jenen, die es entfremdeten und
weiter entwickelten. Ohne sie hätte ich niemals einen Zugang zu einem so
besonderen Instrument gefunden.
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1. Einleitung
Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem musikalischen Zusammenspiel mit
Kinder- und Jugendgruppen und den Einsatzmöglichkeiten des Didgeridoos,
dem Holzblasinstrument der australischen Ureinwohner, in der Sozialen Arbeit.
Ich möchte feststellen welche Eigenschaften das Didgeridoo besitzt, wie das
Instrument ein Zusammenspiel mit Kindern verschiedener Altersgruppen
ermöglicht und welche verschiedenen Möglichkeiten sich hier für den
pädagogischen Einsatz bieten.
In dieser Arbeit werde ich die Möglichkeiten der musikalischen Praxis,
insbesondere über Möglichkeiten des improvisatorischen Zusammenspiels in der
Sozialen Arbeit, aufzeigen.
Außerdem möchte ich das Didgeridoo, seine Besonderheiten, und die
Akkulturation dieses Instrumentes in die westliche Welt, speziell in den
europäischen Raum und in Deutschland, erläutern.
Es folgen weiterhin eigene Erfahrungen mit dem Instrument und die Projekte die
ich bereits mit dem Didgeridoo durch geführt habe. Ferner werde ich von
meinen Erlebnissen als Straßenmusiker und den damit einhergehenden Kontakt
der Passanten (unter denen sich natürlich auch Kinder und Jugendliche
befanden) mit dem Instrument, berichten.
Ergänzt werden meine persönlichen Erfahrungen mit denen einiger
professioneller Künstler, die sich mit dem Thema Musik in Kinder- und
Jugendgruppen befassen und das Didgeridoo dabei in der künstlerischen und
pädagogischen Praxis eingesetzt haben. Weiterhin befragte ich drei Mitglieder
der „Bielefeld Didgers“, einer Didgeridoo-Gruppe aus Bielefeld über ihre
Erfahrungen mit dem Instrument und Kindern / Jugendlichen.
Letztendlich möchte ich diese Erfahrungen zusammenführen und mit
Ratschlägen in der Literatur über den Einsatz von Musik in der Sozialen Arbeit
abgleichen um einen Eindruck über die Möglichkeiten des Didgeridoos in der
Sozialen Arbeit zu erhalten. Diese Fülle von Informationen wird dann
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schließlich zu einem experimentellen Konzept für den Einsatz des Didgeridoos
führen, mit dem Ziel dieses Konzept zu einen späteren Zeitpunkt in der Praxis
selbst zu erproben und anzuwenden.
Letztendlich vermute ich, dass das Didgeridoo als Instrument für Kinder- und
Jugendgruppen im Sinne eines musikpädagogischen Einsatzes bestens geeignet
ist. Weiterhin besitzt dieses Instrument wahrscheinlich eine einfache
Erlernbarkeit, bietet einen niederschwelligen Zugang zur Musik und scheint
zugleich kostengünstig und vielseitig einsetzbar zu sein. Weiterhin denke ich,
dass es zum experimentieren anregt. Das Didgeridoo bietet sich außerdem
wegen seiner Herkunft an, die Kultur der Ureinwohner Australiens zu
thematisieren und zu entdecken.
2. Erfahrungen mit dem Didgeridoo in der Praxis
An dieser Stelle werde ich einige Erfahrungen zusammentragen, die ich bereits
mit dem Didgeridoo in der Praxis sammeln konnte. Hierbei werde ich 2 Projekte
mit Kindern aufführen, die vom einem Didgeridoo „Workshop“ handeln.
Bereichern werde ich diese Erfahrungen durch meine eigenen Erlebnisse mit
dem Didgeridoo und mit meinen Erfahrungen als Straßenmusiker.
2.1 Didgeridoo Workshop an der Gesamtschule Friedenstal
Vom 2.10 bis 11.2.09 leistete ich ein studienintegriertes Praktikum an der
Gesamtschule Friedenstal, Herford, im Bereich der Schulsozialarbeit. Während
meiner Zeit als Praktikant hatte ich die Idee einen für die Schüler freiwilligen
Didgeridoo Workshop an der Schule anzubieten und dieses Projekt zudem an
meine Prüfung im Modul 4 (Gesellschafts- und kulturwissenschaftliche Bezüge
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der Sozialen Arbeit) meines Studiums der Sozialen Arbeit an der
Fachhochschule Bielefeld, anzugliedern. Hierfür gab mir die Dipl.
Sozialpädagogin Beate Fedler, die an der Gesamtschule tätig ist ihr vollstes
Vertrauen und alle Freiräume die dafür notwendig waren. Ich plante also einen
Workshop, der für mindestens vier Treffen zu anderthalb Stunden, Nachmittags,
nach der Schulzeit, angelegt war. Hierbei sollte die grundlegende Spieltechnik
des Didgeridoos, sowie die kulturellen Bezüge des Instrumentes bearbeitet
werden.
Ich began bald darauf Flyer auszuhängen und in den Pausen an Schüler zu
verteilen. Außerdem ging ich gezielt in Klassen verschiedener Schulstufen und
Altersgruppen der Klassen fünf bis zehn, wo ich mein Projekt bekannt gab.
Zudem erhob ich eine Gebühr von 5 Euro für die Didgeridoos aus HT-
Abflussrohren, einer Verlängerung und einem Bienenwachsmundstück.
Später meldeten sich fünf Schüler der fünften Klasse verbindlich für das Projekt.
Ich kaufte daraufhin die Materialien und gab den Termin für den Workshop
bekannt. Vier der Schüler meldeten sich vor Beginn ab und ich arbeitete
letztendlich mit einen einzigen Schüler. Hier vollzog ich das Projekt wie geplant.
Es wurde ein Didgeridoo samt Mundstück angefertigt, ich erklärte außerdem
Details über die Aborigines, wie deren Lebensweise und den mystischen
Ursprung des Instrumentes. Zudem klärte ich den Schüler über die Spielweise
und das physikalische Prinzip des Didgeridoos auf. Er übte auch zu Hause mit
dem Instrument und schien dementsprechend von dem Projekt angetan zu sein.
Nach vier Wochen schlossen wir das Projekt mit einer gemeinsamen
Improvisation ab, bei der auch ein Freund des Schülers beteiligt war, welcher
auf Anfrage spontan mit uns musizieren wollte.
Am Beispiel dieses Projektes habe ich erfahren, dass das Didgeridoo schon
innerhalb von zwei Übungsstunden erlernbar ist. Beim zweiten Treffen war es
dem Teilnehmer bereits gelungen den Grundton zu spielen.
Die spontane Beteiligung des Schülers an dem Projekt ist ein Hinweis für die
Niederschwelligkeit eines solchen Unterfangens. Hierbei gilt allerdings zu
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beachten, dass der Schüler nicht auf dem Didgeridoo spielte, sondern auf einer
Plastikbox trommelte.
Als Vorteil erwies sich ein eigener Raum, der mir von der Sozialpädagogin der
Schule zur Verfügung gestellt wurde. Hier konnten wir ohne Störung üben und
mit dem Didgeridoo experimentieren, sodass ich dem Teilnehmer z.B.
Verlängerungen für das Didgeridoo (welches aus HT-Rohren aus dem Baumarkt
gefertigt war) reichte und damit ein anderer Ton erzeugt werden konnte.
Die Zirkularatmung wurde innerhalb von vier Treffen zu je einer Stunde nicht
erlernt. Dies scheint auch nicht notwendig gewesen zu sein, der Teilnehmer hatte
meines Erachtens nach Spaß am Zusammenspiel.
Ferner erlebte ich die Einbindung des kulturellen Kontextes als passend. Der
Schüler hörte mir dabei zu, ohne zu stören oder sein Desinteresse kund zu
geben.
Als Vorteil erwies sich außerdem die kostensparende Bauvariante aus
Hochtemperatur (HT) Rohren, hier hätte mein privater, finanzieller Aufwand
durchaus höher ausfallen können, als die vier Teilnehmer absagten.
Bambusdidgeridoos für die Teilnehmer hätten beispielsweise mindestens die
vierfachen Kosten verursacht.
Kritisch anzumerken ist bei diesen Projekt, dass ich nur mit einem Teilnehmer
gearbeitet habe und die Erkenntnisse dieses Projektes von daher wahrscheinlich
nicht zu verallgemeinern sind, allerdings einen Erfahrungseinblick auf das
Thema „Didgeridoo mit Kindern“ bieten können. Zudem muss ich auch
erfahren, dass nicht alle Schüler, die Anfangs interessiert waren auch zum
Projekt erschienen sind. Möglicherweise müsste ich hier den Zugang und die
Bekanntmachung des Projektes bedenken. Dennoch empfand ich die
Freiwilligkeit des Projektes als passend, da der verbleibende Schüler regelmäßig
teilnahm und der Didgeridoo-Exkurs ihm dementsprechend Spaß gemacht haben
muss.
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2.2 Didgeridoo Workshop in Bad Driburg
Über die Didgeridoogruppe „Bielefeld Didgers“, bei der ich von Oktober 2010
bis Dezember 2011 Mitglied war, bekam ich ein Schreiben der Pfarrerin Karin
Antensteiner aus Bad Driburg. Sie war in der Planungsphase für eine
Kinderferienwoche der Evangelischen Kirchengemeinde in Bad Driburg, die
sich thematisch mit den Kontinenten und Kulturen der Welt beschäftigte. Hierfür
benötigte sie einen Didgeridoospieler, der den Kindern neben der Kultur der
Aborigines auch das Spielen auf dem Instrument beibringen könnte. Ich nahm
also diese Aufgabe an und plante nach der Gesamtschule Friedenstal ein
weiteres Projekt mit dem Didgeridoo und einer Kindergruppe.
Das Projekt fand am 25.8.11 statt. In Bad Driburg waren für die
Kinderferienwoche ca. 100 Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren zu Gast.
Jeweils 25 begaben sich für eine Stunde zu mir, um sich Geschichten rund um
das Didgeridoo und die Aborigines anzuhören. Außerdem durfte jeder nach Lust
und Laune einmal versuchen dem Instrument einen Ton zu entlocken. Später gab
es einen anderthalb stündigen Workshop für 20 der Kinder, wobei sich noch
mehr meldeten, die an den Workshop teilnehmen wollten. Hier wurde die
Technik des Didgeridoospielens näher erläutert. Jedes Kind bekam ein HT-Rohr
und konnte sich ein Mundstück aus einer von mir eingeschmolzenen
Bienenwachsplatte formen. Dabei zeichnete ich eine Skizze des Vorganges an
eine Tafel und half jedem Kind, dass mit der Formung schlecht zu recht kam.
Danach erklärte ich die Spielweise, den Lippenansatz und die Vibration der
Lippen, die dem Instrument seinen Klang entlocken. Hierbei verformte sich das
Mundstück bei vielen TeilnehmerInnen, da das Bienenwachs aufgrund der
hochsommerlichen Temperaturen leichter verformbar war. Die Schüler
probierten schließlich das Instrument aus. Viele schafften es, den Grundton des
Didgeridoos zu erzeugen. Diejenigen, die es nicht konnten, waren allerdings im
Stande ein „Tut“- Geräusch zu vollziehen, das dem einer Trompete ähnelt. Somit
hatten anscheinend alle Kinder, auch die jüngeren von sechs Jahren eine
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Möglichkeit dem Didgeridoo einen Ton zu entlocken.
Ferner wurde die Zirkularatmung praktisch geübt, anhand von Übungen mit
Wasser. Hierbei begaben wir uns nach Draußen. Ich erklärte den Vorgang, bei
dem die Kinder Wasser aus einem Becher in den Mund nehmen sollten und
daraufhin einen möglichst konstanten Strahl aus den Mund pusten sollten.
Währenddessen mussten die Kinder versuchen den Strahl aufrecht zu erhalten,
indem sie die aufgeplusterten Wangen zusammenziehen und statt das Wasser zu
pusten. Hierbei sollten sie kurz einatmen. Hierbei war es nicht Ziel die
Zirkularatmung innerhalb eines Tages zu lernen, vielmehr hatte ich mir zum Ziel
gesetzt, den Kindern vieles zu zeigen, dass sie dann später, autodidaktisch üben
konnten, wenn sie denn Interesse haben. So erklärte ich auch einige
Rhytmusgrundlagen, wie das sprechen von „take-do, take-do“ oder „do-do, da-
da“ in das Instrument bei Aufrechterhaltung des Grundtons. Zum Ende hin
verteilte ich einen einseitigen Handzettel, der die Spieltechniken und den
Workshop noch einmal zusammenfasste.
Aufgefallen ist mir außerdem, dass die älteren TeilnehmerInnen den jüngeren
halfen, beispielsweise bei der Modellierung des Wachsmundstücks, welche –
meine Beobachtung nach – für die jüngsten eine schwere Aufgabe darstellte.
Auch ich musste bei manchen Kindern mehrmals nachhelfen, um die
Mundstücke so anzupassen, dass sie die notwendige Kreisform annahmen und
eben genug geformt waren, sodass diese einen spielbaren Lippenansatz
gewährleisteten.
Probleme gab es vor Allem bei den ersten Proben des Grundtons. Der Raum
schien zum ausprobieren zu klein zu sein, weshalb ich die 20 Kinder in drei
Gruppen zu je ca. sieben Kindern aufteilte und in getrennte Räume schickte.
Dies war allerdings nur möglich, weil ich von mehreren ehrenamtlichen Helfern
der evangelischen Krichengemeinde Bad Driburg während des Projektes
begleitet wurde, die mich bei der Aufsicht der TeilnehmerInnen unterstützten.
Das Üben des Grundtons war so wahrscheinlich einfacher gestaltet, konnten sich
die Kinder doch besser selbst hören, wenn sie in kleineren Gruppen übten, da es
nun leiser war und ich mich außerdem intensiver um den kleineren Teil
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kümmern konnte.
Abschließend sollte ich noch erwähnen, dass die TeilnehmerInnen eines solchen,
kurzen Workshops nur einen kleinen Teil des Didgeridoos erfahren konnten. Mit
Projekten an mehreren Tagen hätte sicherlich mehr passieren können, da die
Kinder z.B. bei Interesse am Instrument zu Hause üben könnten.
Ein Zusammenspiel oder eine Improvisation mit den selbst gebauten
Instrumenten fand nicht statt.
Das Projekt hat mir gezeigt, dass es wahrscheinlich besser ist eine kleine Gruppe
zu betreuen, bei 20 Kindern war der Lärm der Didgeridoos zu groß, die Kinder
hatten hier meiner Meinung nach mehr Probleme zu Üben. In der kleinen
Gruppe schien dies besser zu funktionieren, es war dort ruhiger und die Kinder
wirkten auf mich konzentrierter. Außerdem konnte ich mich besser um Fragen
kümmern und Hilfestellungen geben.
Das Mundstück sollte überdacht werden, wenn man ein solches Projekt im
Sommer durchführen möchte. Hier bietet sich ein Holzring für Gardinenstangen
an, den man mit lösungsmittelfreien Kleber am Rohr befestigen kann. Mir ist
zudem ein Rezept für eine Bienenwachsmischung bekannt, in dieser
Carnaubawachs zu geringen Teilen beigemischt wird, um die
Wärmebeständigkeit des Materials zu gewährleisteten. Allerdings ist dies
schwerer in der Anwendung, da es heiß verarbeitet werden muss und nicht leicht
mit Hilfe eines Föhns oder der bloßen Handwärme geformt werden kann. Von
Daher kann ich mir die Verwendung einer Carnaubawachs /
Bienenwachsmischung für ein qualitativ besseres Mundstück in einer sehr
kleinen Gruppe und bei ausreichend Zeit besser vorstellen. Auch könnten die
Mundstücke im Voraus schon fertig auf den Rohren montiert sein, wodurch das
gemeinsame Bauen wegfallen würde. Dieses Bauen habe ich jedoch als Einstieg
angenehm empfunden. Die Kinder hatten alle ein Mundstück gefertigt, wobei
ich manchmal nachgeholfen habe. So hatte jeder einen Beitrag geleistet und sich
mit dem Instrument auseinandergesetzt.
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Weiterhin fiel mir auf, dass manche der älteren Kinder den jüngeren eine
Hilfestellung gaben, was ich als wertvoll für den Prozess erachte. Die Kleinen
kamen sich so nicht allein vor und die Großen fanden so möglicherweise etwas
Bestätigung.
Nach dem Projekt traf ich mich mit den ehrenamtlichen Betreuern und den
Fachkräften der Gemeinde Bad Driburg. Allesamt gaben sie mir ein positives
Feedback zu den Projekt. Es wurde keine Kritik genannt. Da die Betreuer auch
Teilnahmen und die Kinder beaufsichtigten und ihnen diese schon bekannt
waren gehe ich davon aus, dass sie am besten das Verhalten der Kinder und das
Gelingen des Projektes einschätzen konnten.
Für den Workshop (Didgeridoo bauen und spielen) gab es 20 freie Plätze, diese
konnten von den Kindern nach der Vorstellung in den 25er Gruppen belegt
werden. Das Interesse war hier groß, es wollten sogar noch mehr Kinder
teilnehmen, als Plätze frei waren. Ich schließe daraus eine Bestätigung meines
Vorgehens erst die potenziellen TeilnehmerInnen Geschichten über die
Ureinwohner Australiens zu erzählen, vorzuspielen und probieren zu lassen, um
Interesse für den Workshop zu wecken.
Bei der Instrumentvorstellung probierten ungefähr ein Drittel bis die Hälfte der
Kinder das Didgeridoo aus. Die anderen hatten anscheinend keine Lust oder
Berührungsängste, möglicherweise auch Angst es nicht zu können. Hier bin ich
mir nicht sicher, ob das für oder gegen das Didgeridoo als Instrument für
Kindergruppen spricht, da ich keine Vergleichswerte mit anderen Instrumenten
in einer ähnlichen Gruppe habe.
Da nicht alle Kinder den Grundton nach Anderthalb Stunden Übung erlernen
konnten bin ich mir nicht sicher, wie schwer das Didgeridoo wirklich zu erlernen
ist oder wie leicht es auch ist. Hier ist sicherlich immer die Frage offen wie viel
Zeit für ein Projekt in Anspruch genommen wird und ob nicht ggf.
beispielsweise eine Gitarre oder Trommel viel schneller spielbar ist, da ich
davon ausgehe, dass zumindest die Tonerzeugung spontaner möglich ist. Wenn
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man die „Tut“- Töne allerdings in ein Spiel einbaut und auch andere Formen wie
z.B. das Draufklopfen mit der Hand oder einem Bierdeckel auf das Didge
zulässt, dann ließe sich auch mit dem Didgeridoo schnell in ein Zusammenspiel
einsteigen. Vielleicht ist der Grundton als Basistechnik nicht das „Maß der
Dinge“ beim Didgeridoo. Sicher kann und möglicherweise muss man hier das
Instrument entfremden von den Vorstellungen der meisten Musiker, um es einer
breiteren Masse von Kindern schnell zugänglich zu machen und Zusammenspiel
zu ermöglichen.
2.3 Eigene, persönliche und autodidaktische Erfahrung mit dem Didgeridoo
Zum ersten Mal bin ich mit dem Didgeridoo in Berührung gekommen, als ich im
Internet, nach einem Seminar bei Peter Ausländer (Modul 4, FH Bielefeld im
Wintersemester 2009), auf das Selbstbauen von einfachen Instrumenten
aufmerksam wurde. Ich suchte nach einer Bauanleitung einer Flöte, die man aus
einem Strohhalm bauen kann – und fand zufällig eine Bauanleitung für ein
Didgeridoo aus HT-Rohren. Nachdem ich eine kurze Anleitung gelesen hatte
baute ich schließlich ein Didgeridoo aus den genannten Materialien und übte fast
täglich mit dem Instrument – sehr zum Leidwesen meiner Ehefrau.
Nach einiger Praxis konnte ich den Grundton halten, lernte die Zirkularatmung
und das rhythmische Spiel auf dem Didgeridoo. Ferner trat ich den Bielefeld
Didgers im Oktober 2010 bei und übte das Spielen dementsprechend auch
regelmäßig in einer Gruppensituation.
Ich war sehr auf das Instrument fixiert. Je mehr ich spielte, desto mehr lernte
ich, anscheinend von selbst dazu. Ich probierte meine Stimme einzusetzen, die
Spannung der Lippen und des Mundraumes zu nutzen. Dadurch lernte ich immer
neue Möglichkeiten und Spieltechniken. Hier bei war ich Zeuge des Vorgangs
des autodidaktischen lernens, welcher, meiner Erfahrung nach, auf dem
Didgeridoo besonders intensiv vollzogen wird. Je länger ich dieses, eigentlich
sehr simple Instrument (da es schließlich i.d.R. nur einen Grundton und dessen
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Variation kennt) also spielte und übte, desto mehr Möglichkeiten des Spielens
erkannte ich. Es ist also so, als ob das Instrument seinem Besitzer das Spielen
von selbst beibringt. Praktisch ist hierbei, dass das Didgeridoo keine Notenskala
im Sinne der westlichen Kultur kennt. Mit Ausnahme von Slide-Didges, bei
denen der Grundton durch die Rohrlänge auch während des Spielens verändert
werden kann, kennt der Didgeridoospieler nämlich nur einen Ton, den er
kontinuierlich, auch als Bordonton bezeichnet, spielt. Hierbei besteht die
Möglichkeit den Ton mit Zungenbewegungen, Atemstößen und Veränderung des
Mundraums, sowie Einsatz der Stimme individuell anzupassen und zu
verändern. Diese Spielweise beinhaltet, meiner Erfahrung nach, eine Fülle an
Möglichkeiten der Spielweise und der Töne, die das Didgeridoo für mich so
eigenartig erscheinen lassen. Denn trotz der simplen Bauweise (es ist ja
schließlich nur ein Rohr, ein hohler Baumstamm), kann der Didgeridoospieler
ein großes Spektrum an Tönen entstehen lassen und z.B. in das rhythmische
Spiel einbauen (Hollenberg u.a. 2004: 109).
Die Entstehung des Grundtons auf dem Didgeridoo ähnelt dem Prinzip der
Polsterpfeife (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Polsterpfeife), denn es gerät die
Luftsäule im Instrument (im Rohr) durch die Lippenvibration des Musikers in
Schwingung und ein Ton erklingt, der sich an der Länge, dem Durchmesser an
den inneren Beschaffenheiten und dem konisch oder zylindrischen Verlaufs des
Instruments orientiert (Hollenberg u.a. 2004: 112 ff.).
Diese Vorgänge beim Üben mit dem Didgeridoo und die vielen
Variationsmöglichkeiten der Bauart, faszinierten mich so sehr, dass ich beschloss
das Didgeridoo in meine Ausbildung in der Sozialen Arbeit einzugliedern.
Zusammenfassend kann ich, aufgrund meiner ganz subjektiven, persönlichen
Erfahrungen also sagen, dass dieses Instrument sich den Spieler selber
beibringen kann. Es erfordert kaum Einfluss von außen, nur wenige Tipps von
anderen Didgeridoospielern. Im Hinblick auf den Einsatz des Didgeridoos in
Kinder- und Jugendgruppen müsste eine Einheit also lange genug Zeit haben,
um diese Wirkung zu entfalten. Denn wenn Jemand das Didgeridoo spielen und
kennen lernt, seinen Ton erforscht und für sich entdeckt, dann muss sich dieser
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Prozess entfalten können. Es braucht definitiv Zeit um diese musikalische Frucht
zu ernten, aber dafür wird man auch mit dem unvergleichbaren Erfolgserlebnis
belohnt, ein Instrument Autodidaktisch erlernt zu haben. Dieses Erlebnis halte
ich pädagogisch für sehr wert- und sinnvoll, z.B. für Personen, die wenig
Erfolge in ihren privaten oder beruflichen Lebenslauf erlangt haben und so
wahrscheinlich oft von negativen Zuschreibungen betroffen sind.
Bei dem Zusammenspiel mit anderen Didgeridoospielern (bei den Bielefeld
Didgers) habe ich erfahren, dass es nicht einfach ist, eine ansprechende, schöne
Musik zu produzieren. So ist es schwer sich selbst beim spielen zu hören, wenn
im Raum der Ton von mehreren Didgeridoos schwingt.
Die Erfahrung der TeilnehmerInnen einer Gruppenimprovisation mit vielen
Didgeridoospielern kann allerdings dennoch positiv sein. Ich denke es kommt
immer auf die Spieler an und auf das, was sich entwickelt.
Beste Ergebnisse erzielten wir in Gruppen mit genau drei Personen.
Auch stiegen neue Mitglieder, die meistens gerade mit dem Didgeridoospiel
begonnen hatten nach meinen Beobachtungen nach kurzer Zeit in das Spiel der
Gruppe mit ein. Möglicherweise verhilft der Klangteppich aus vielen
Didgeridoos den neuen TeilnehmerInnen zum niederschwelligen Einstieg. Die
Ästhetik des Klangerlebnisses kann hier meiner Erfahrung nach sehr variieren
und auf verschiedene Meinungen stoßen, sodass die Frage offen bleibt, ob die
TeilnehmerInnen, überhaupt einen Nutzen im Zusammenspiel sehen oder
Erfolgserlebnisse haben. Dies würde wiederum die Motivation beeinflussen und
Wege für eine Auseinandersetzung mit dem Instrument öffnen oder
verschließen.
Ist es vielleicht am besten eine Didgeridoogruppe immer weiter aufzubauen,
sodass immer mehr TeilnehmerInnen neu hinzukommen und sich in den Klang
der Instrumente nach und nach einfinden und das Spielen so immer weiter von
selbst erlernen? Auch hätte man hier den Vorteil, dass fortgeschrittene Spieler
den anderen weiter helfen und sich selbst als Lehrer einbringen. Dies könnte ein
Erfolgserlebniss seitens der erfahrenen Spieler hervorbringen und auch die
neuen TeilnehmerInnen fühlen sich bestätigt. Gleichzeitig würde eine
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Begegnung auf Augenhöhe statt finden, denn die TeilnehmerInnen müssten sich
anders untereinander behandeln, als ein Leiter des Kurses.
2.4 Das Didgeridoo in der Straßenmusik
Das Didgeridoo wird meiner Erfahrung nach oft und gerne von Straßenmusikern
eingesetzt. Das mag einerseits daran liegen, dass es ein sehr eigenartiges,
unübliches Instrument darstellt und dementsprechend honoriert wird. Schließlich
ist das Didgeridoo vielen Leuten nicht bekannt, dies zeigt auch die geringe
Literatur zum Thema. Zudem erhalte ich während der Straßenmusik immer
wieder Fragen zum Instrument, was auf Neugier und Unbekanntheit schließen
lässt. Dadurch ist die Musik für viele Personen wahrscheinlich schwer als
schlecht oder gut gespielt erkennbar, da sie, meiner Meinung nach, keine
Vergleichswerte besitzen. Ich denke sogar, dass selbst die Personen die das
Didgeridoo öfter gehört haben, nur schwer unterscheiden können, ob es ein
fortgeschrittener Spieler oder ein Profi spielt, weil dieses Instrument und der
Ton, den es erzeugt in unserer Kultur noch bzw. wieder wenig bekannt ist. Das
Didgeridoo wird auf einem Grundton gespielt, der in Europa als Bordunton
bekannt ist. Laut Spitzer ist dieser mittlerweile in Europa fast nur noch von dem
Dudelsack bekannt (Spitzer 2009: 9). Ich denke, das dadurch beim Didgeridoo
eine gewisse Faszination aufgrund der Exotik herstellt wird.
Weiterhin habe ich durch die Straßenmusik Erfahrungen über die Einstellung der
Passanten zu dem Instrument machen können. Diese Untersuchungen stützen
sich auf Beobachtungen und Gesprächen während dieser Tätigkeit in
verschiedenen deutschen Städten.
Ich benutzte hierbei unter anderen eine Variante des Didgeridoos aus HT -
Rohren mit 3 Ausgängen. Dies schien auf Passanten eine besondere Wirkung zu
haben. Nach meinen Beobachtungen erkennen viele Leute das Instrument nicht
als Didgeridoo, obwohl sie es kennen oder schon einmal gehört haben. Ich habe
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einmal erlebt, wie zwei Personen mich auf das Instrument hin ansprachen, weil
sie verwirrt waren. Sie hatten ein Didgeridoo gehört, fanden mich und fragten
sich dann, ob dies denn auch ein Digeridoo sei, da es schließlich nicht danach
aussähe. Auch habe ich erlebt, wie mich ein Passant fragte, ob ich Kunst
studieren würde, da ihm die außergewöhnliche Form des Instrumentes
offensichtlich beeindruckte.
Während eines weiteren Auftrittes fragte ich einen Gitarrenspieler, der mich
wegen der Musik ansprach, ob er sich zu mir setzen und mit mir musizieren
möchte. Wir improvisierten einige Stücke zusammen und verabschiedeten uns
wieder. Dem Gitarrenspieler gefiel dies sehr und wir verabredeten, wenn wir uns
wieder in der Stadt treffen würden, ein weiteres Mal zusammen zu spielen.
Ferner spielte ich gemeinsam mit einem Nickelharpaspieler , mehrere Stunden,
in einer Fußgängerzone. Dies Zusammenspiel war allerdings nicht gelungen.
Wir hatten Probleme einen gemeinsamen Takt zu finden und die Improvisation
für uns passend zu gestalten.
Weiterhin sind mir viele Leute aufgefallen, die dem Instrument positiv
gegenüber stehen. Oft erhielt ich ein positives Feedback seitens meiner Zuhörer,
die sich auf den Klang des Didgeridoos oder auf die eigenartige Bauweise
bezogen.
Es wurden auch manchmal negative Kommentare ausgesprochen, bei denen es
oft schwer ist zu unterscheiden, in wie weit das Digeridoo als Instrument daran
beteiligt war oder einfach die Straßenmusik an sich als unpassend empfunden
wurde. Schließlich steht das Instrument in dieser Arbeit im Vordergrund, nicht
die Darbietungsart der Straßenmusik.
Aufzeigen möchte ich an dieser Stelle vor allen die Reaktionen der Kinder und
Juegendlichen, denen ich das Instrument letztendlich nahelegen und mit ihnen
musizieren möchte.
Bei Kindern im „Kindergartenalter“ konnte ich beobachten, dass sie sehr oft
neugierig das Instrument begutachten, z.B. den Kopf und die Hände in die
Ausgänge stecken wollen. Manchmal ist es auch vorgekommen, dass die Kinder
Angst vor dem Instrument hatten und nicht näher zu mir hingehen wollten
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Ältere Kinder (im Alter von ca. sechs bis 12 Jahren) haben ebenfalls kaum
Berührungsängste und fangen an Hände oder Füße in die Rohre des Didgeridoos
zu stecken.
Oft erlebte ich auch, dass Kinder und Jugendliche anfangen zum Rhythmus des
Didgeridoos zu tanzen. Bei den älteren Kindern und den Jugendlichen bin ich
mir im nachhinein nicht mehr sicher, ob sie sich damit über mich lustig gemacht
haben, oder sie die Begeisterung für die Musik dazu veranlasste. Wobei es so
oder so eine Wirkung der Musik darstellt – Tanz ist Tanz.
Ab und zu ist es auch vorgekommen, dass ein Kind oder Jugendlicher das
Didgeridoo direkt ausprobieren möchte und mich darum bittet.
Abschließend kann ich also feststellen, dass das Didgeridoo anscheinend noch
für viele Leute neu ist, gerade die Variante aus HT - Rohren ist noch sehr
unbekannt. Das führt dazu, dass ohne Vergleichswerte eine negative Reaktion
oder schlechte Bewertung des Publikums ausfallen müsste. Daraus ergibt sich
ein Vorteil für Auftritte, weil dann die TeilnehmerInnen an einen Didgeridoo
Projekt bei einer Aufführung nicht dem Druck ausgesetzt sind, den ein
möglicherweise erwartungsvolles Publikum hat. So gibt es wahrscheinlich auch
weniger Hemmungen für einen Auftritt. Das Staunen und die Begeisterung des
Publikums wird allerdings, meiner Meinung nach, dennoch sehr groß sein.
Zusätzlich gibt es dennoch die Möglichkeit einer schlechten Bewertung durch
das Publikum, aufgrund der Exotik des Instruments. Bei der Straßenmusik habe
ich schließlich auch feststellen können, dass manchen Passanten das Didgeridoo
nicht gefallen hat und sie es z.B. mit einer Kreissäge in Verbindung brachten
oder sich sogar die Ohren zugehalten haben. Hier könnte sich ein Auftritt auch
als demotivierend erweisen.
Ein Didgeridooprojekt bietet sich außerdem mit HT - Rohren an, um eine
zusätzliche Faszination von TeilnehmerInnen und Publikum herzustellen, sodass
besser Motivation und Interesse bei den TeilnehmerInnen, sowie Begeisterung
beim Publikum geweckt werden kann.
Ich habe außerdem feststellen können, dass das Didgeridoo bei Kindern auf
Begeisterung stößt. Dies ist sicherlich praktisch, um eine Motivation für das
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Musizieren zu wecken. Die Berührungsängste jüngerer Kinder sind zu
bedenken, ggf. könnte hier ein niederschwelliger, sanfter Einstieg in das Thema
und die exotischen Klänge des Didgeridoos, Abhilfe schaffen.
Das Zusammenspiel mit anderen Instrumenten scheint teils gut möglich zu sein.
Hier kommt es wohl auf das Instrument und die MusikerInnen an.
3. Die Akkulturation des Didgeridoos am Beispiel Deutschland
Über den Ursprung des Digeridoos lässt sich nicht streiten: er findet sich in
Australien. Schätzungen zufolge lässt sich das Instrument durch
Höhlenmalereien auf mindestens 2000 Jahre zurück datieren (Lindner 2001).
Die Verbreitung im westeuropäischen Raum, vor allen in Deutschland ist
hingegen schwerer nachzuvollziehen. Die Quellen hierfür sind spärlich. Lindner
nennt schließlich im Buch „Das Didgeridoo in der Moderne“ einen groben
Verlauf der Akkulturation des Didgeridoos. Er sieht David Blanasi, einen
Didgeridoospieler und Digeridoobauer als „Vater“ der Bewegung in
Mitteleuropa, der 1960 das Didgeridoo nach Deutschland brachte. Weiterhin
wird Willi Grimm genannt, einen Digeridoospieler aus der Schweiz, der 1971
daran beteilig war, weitere Instrumente nach Europa brachte (Lindner: 2001: 7).
Auch Schellberg führt Grimm auf. Er lebte demzufolge 1968 bis 1971 in
Australien und lernte dort das Didgeridoospielen (Schellberg 1999: 59).
Man kann also davon ausgehen, dass ein möglicher Weg der Akkulturation über
ein oder mehrere Personen vollzogen wurde, die das Didgeridoospiel direkt in
Australien lernten als Besucher lernten und dann diese musikalische Aneignung
in ihr Heimatland brachten. In Deutschland scheint dieser Prozess den Weg über
die Schweiz bzw. später über den süddeutschen Raum gefunden zu haben.
Schellberg macht außerdem das Obertonsingen, dass ca. 1980 in Deutschland
aufkam, für die gesteigerte Aufmerksamkeit am Didgeridoo verantwortlich, die
er zu jener Zeit wahrnahm (Schellberg 1999: 59).
Ab den 80er Jahren verzeichnet Lindner außerdem die ersten Künstler, die das
16
Didgeridoo als Instrument auf Kasseten und CD Produktionen verewigten.
Weltbekannt wurde das Didgeridoo wahrscheinlich spätestens über die
australische Gruppe „Youthu Yindi“ (Schellberg 1999: 51 u. Lindner 2001: 7)
oder über die Olympiade in Sydney 2000, dort waren in den Fernsehübertragung
ständig Didgeridoos zu hören und zu sehen (Lindner 2001: 8). Einen richtigen
„Boom“ im Sinne schlagartiger Bekanntheit erlebte das Didgeridoo jedoch nach
Lindner nie.
Das Instrument wird heute vorallem im therapeutischen Bereich eingesetzt, was
auch die von mir geführten Interviews zeigten. Weiterhin wird es oft in der so
genannten „New Age“ Bewegung gefunden und hat dort wahrscheinlich
teilweise seinen Ursprung (Lindner 2001: 9). Auch findet es meinen
Erfahrungen nach von vielen Musikern gerne einen Einsatz in der Straßenkunst.
Weiterhin spricht Lindner in einem weiteren Werk den Akkulturationsprozess
des Didgeridoos an. Demnach sei das Didgeridoo soziokulturell Betrachtet ein
sehr Komplexes Thema, da sich die Entwicklung nicht auf Australien
beschränkt, sondern sich weltweit an verschiedenen Standorten vollzieht. Denn
dadurch, dass das Didgeridoo von verschiedenen Gruppen unterschiedlich
adaptiert wurde, unterschiedliche Bauweisen, Spielarten, moralische
Vorstellungen (wie z.B. aus ökologischer Sicht keine Eukalyptusdidgeridoos aus
Australien zu beziehen) existieren und zudem kaum noch ein Einfluss der
Ureinwohner Australiens auf diese Didgeridookultur jenseits ihres Kontinentes
vorhanden ist, sieht Lindner die Didgeridooszenen weltweit als einen
besonderen gesellschaftlichen Prozess an (Lindner u.a. 2004: 255 ff.). Er spricht
deshalb treffend vom „Didgeridoo Phänomen“.
Da es hier nur wenige Quelle gibt, würde ich mich hier nicht auf einen Weg der
Akkulturation festsetzen. Ich halte es für wahrscheinlich, dass hier viele
verschiedene Quellen beteiligt waren. Dafür spricht die Mobilität der Menschen
in der heutigen Zeit, die es meiner Meinung nach vor 30 Jahren auch schon
gegeben hat und die globale Wirkung von Medien, sowie der Musikindustrie.
17
4. Der derzeitige Einsatz des Didgeridoos in der therapeutischen
und pädagogische Arbeit
Das Didgeridoo wird vor allem von Therapeuten eingesetzt (Schellberg 1999: 71
u. Lindner 2001: 9 f.). Über den genauen Einsatz in der Pädagogik oder auch der
Sozialen Arbeit finden sich keine eindeutigen Angaben. Meinen Recherchen zu
Folge gibt es allerdings einige Künstler, die auch pädagogische Arbeit mit dem
Instrument leisten. So zeigten die von mir geführten Interviews im März 2012,
dass das Didgeridoo von sechs der sieben befragten Hobby und Berufsmusikern
in Kindergruppen alle Altersklassen von Kindergarten bis in die Hauptschule mit
Jugendgruppen eingesetzt wurde. Dies zeigten mir vor allem die Musiker Volker
Hadebusch, Marc Iwaszkiewicz und Christian Falkenrich auf. Dafür spricht auch
das Internetportal „Kultur und Schule NRW“ das fünf Künstler listet, die
Didgeridooprojekte an Schulen im Raum NRW anbieten. Ferner finden sich hier
auch Berichte pädagogischer Didgeridoo - Projekte (vgl.
http://www.Kulturundschule.de). Einige dieser Künstler habe ich im Interview
zu ihrer Arbeit befragt. Auch findet das Didgeridoo einen Einsatz in der
Behinderten – und Atempädagogik, die mir Marc Iwaszkiewicz aufzeigte.
Außerdem Einsätze in der logopädischen Arbeit, wie mir Christian Falkenrich
im Interview bestätigte
Eine Erwähnung des Didgeridooeinsatzes in der sozialen Arbeit findet sich von
Theo Hartogh und Hans Hermann Wickel (Hartogh/Wickel u.a. 2004b: 121).
Hartogh und Wickel verweisen hier auf Dirk Schellberg. Dieser berichtet
wiederum, meiner Meinung nach viel zu kurz, von dem Deutschen
Didgeridoospieler Gary Thomas, der das Didgeridoo zum Bespielen mit geistig
behinderten Kindern genutzt hat. Hier wurden anscheinend viele positive
Verhaltensweisen der Kinder durch das Didgeridoospiel wiederhergestellt bzw.
überhaupt hervorgebracht. Schellberg zieht das Fazit, dass Kinder viel Spaß an
der Didgeridoomusik haben (Schellberg 1999: 68 ff.). Der Einsatz des
Didgeridoos in der Sozialen Arbeit scheint eher gering zu sein, denn bis auf den
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oben erwähnten Kulturserver und den geführten Interviews, sowie den Verweis
von Hartogh und Wickel, konnte ich keine weiteren Berichte ausfindig machen,
die sich auf gängige pädagogische Praxis beziegen. Auch Manfred Spitzer
bemängelt das Fehlen von wissenschaftlichen Studien über das Spielen des
Didgeridoos (Spitzer 2009: 287) , wobei hier allerdings anscheinend die
psychologischen Prozesse beim Spielen und Lernen dieses Instrumentes im
Vordergrund stehen und nicht der Einsatz in der Sozialen Arbeit.
Weiterhin berichten Hartogh und Wickel davon, dass sich das Didgeridoo bereits
in der sozialpädagogischen Praxis durch gesetzt hat (Hartogh/Wickel u.a 2004:
120b). Es erscheint mir deshalb seltsam, dass Anleitungen für den
pädagogischen Einsatz, dieses Instrumentes, anscheinend nicht vorhanden sind.
4.1 Die Interviews über den Einsatz des Didgeridoos mit
Kindern und Jugendlichen
Aufgrund fehlender Literatur zum Thema Zusammenspiel mit Kindern und dem
Didgeridoo, sowie zu den pädagogischen Einsatzmöglichkeiten des Instruments
führte ich selbst einige Interviews durch, um meine Erfahrungen mit dem
Didgeridoo zu festigen und die Eignung weiter zu überprüfen. Hierfür befragte
ich sieben Musiker und hospitierte zudem in einer Kindergruppe an einer
Musikschule in Iserlohn, in der das Didgeridoo von den Kindern gespielt wurde.
Ich befragte zwei Hobbymusiker, einen semiprofessionellen Künstler und vier
professionelle Musiker, die allesamt in Deutschland ansässig sind und
Erfahrungen mit dem Didgeridoo in Kinder- und Jugendgruppen gemacht hatten.
Genauer gesagt haben sechs der sieben befragten Personen teils langjährige
Erfahrungen mit dem Thema sammeln können. Alle Künstler berichteten mir
zudem von Kontakten mit Kindern und dem Instrument.
Als Interviewform wählte ich ein freies Interview, welches ich anhand von
Stichpunkten führte und über ein Aufnahmegerät mitschnitt.
Die Interviews wurden im März 2012 von mir durchgeführt.
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Anhand dieser Interviews wollte ich vor allem Details über die Didgeridoo
Projekte herausfinden. Ich wollte wissen, wie lange Kinder im Durchschnitt
brauchen, um das Didgeridoo zu lernen, den Grundton zu können und
möglicherweise die Zirkularatmung zu erlernen. Auch erhoffte ich mir
Rückschlüsse zu ziehen, auf die Dauer eines solchen Projektes und auf die
Möglichkeit des Zusammenspiels. Ferner über die Reaktionen der Kinder und
Jugendlichen.
Interessiert hatte mich auch die Möglichkeit des Zusammenspiels mit anderen
Instrumenten. Welche sind dafür gut geeignet, welche vielleicht nicht zu
empfehlen? Außerdem fragte ich mich, ob meine Bauvariante mit HT - Rohren
auch von diesen Personen benutzt wird, ggf. noch andere Materialien in Frage
kommen?
Weiterhin wollte ich erfahren wie die Künstler mit dem Instrument in Berührung
gekommen waren und was sie dazu veranlasste dieses zu erlernen. Dies könnte
auch Rückschlüsse auf die Akkulturation des Didgeridoos in Deutschland und
Westeuropa geben.
Hinsichtlich des Zusammenspiels ergaben die Befragungen, dass das Alter für
eine musikalische Arbeit mit dem Didgeridoo stark variieren kann. So sprach
sich beispielsweise ein Künstler über die Möglichkeit von Didgeridooprojekten
im Kindergarten aus, die vor allem das Hören des Instruments und nicht das
aktive Spielen zum Teil haben. Drei von sieben Befragten hielten das
Didgeridoospiel ab sechs Jahren für denkbar und hatten teils auch entsprechende
Erfahrungen in dieser Altersklasse gesammelt. Weitere drei Personen gaben kein
Alter an oder wollten sich hier nicht festlegen.
Nach der Einschätzung des Großteils der Interviewten Personen wird eine
Gruppengröße von zehn TeilnehmerInnen als optimal empfunden. Hier fiel
mehrfach das Argument, eine zu hohe Anzahl an Personen würde Fehlerquellen
multiplizieren und das Zusammenspiel so schlecht möglich machen. Dennoch
sprachen sich zwei der befragten Musiker dafür aus die Teilnehmerzahl ggf. auf
Schulklassengröße anzuheben, hier hatten sie bereits gute Erfahrungen bei
kurzzeitigen Projekten gemacht.
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Von den meisten Befragten wird das erlernen und die Erzeugung des Grundtons,
die meiner Meinung nach elementar für das Spielen des Didgeridoos ist, von
Kindern schnell, teils sofort erlernt. Zwei Interviewpartner berichteten mir
allerdings, dass dies immer unterschiedlich ist und auch mehr Zeit in Anspruch
nehmen kann. Mir wurde außerdem erzählt, dass bei manchen TeilnehmerInnen
das spielen des Grundtons auf Schwierigkeiten stoßen kann. So seien Kinder oft
frustriert und verlieren ihre Motivation, wenn diese Basistechnik nicht gelingt.
Ferner sagten zwei Personen aus, die Lippenspannung der TeilnehmerInnen
könne zu stark oder zu schwach sein, sodass unter Umständen gar kein
passender Ton erzeugt werde kann. Abhilfe schafft es hier den Grundton nicht
als Basis zu sehen und andere Techniken wie das Hineinrufen in das Didgeridoo
oder den Trompetenton als eine mögliche Spielweise zu betrachten, sodass alle
TeilnehmerInnen auf dem Instrument ein Geräusch erzeugen können. So äußert
sich beispielsweise der Didgeridoospieler Christian Falkenrich im Interview
zum Thema Grundton bei Kindern:
„Ich muss immer klar machen, dass es völlig okay ist, wenn das nicht
geht.“ (Christian Falkenrich am 12.3.12)
Bezüglich der Dauer einen Didgeridooprojektes sprechen sich drei von sieben
Befragten für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten aus. Lediglich ein
Künstler meint, ein Didgeridooprojekt sollte eher kurz gehalten werden, da es
sonst schwer wäre die Kinder auf einen Spiellevel zu halten und so die Kinder
weniger Motivation haben.
Hinsichtlich der Instrumentwahl finden vier der Befragten Musiker das
Didgeridoo passend für das musikalische Zusammenspiel, gerade bei Kindern,
bzw. nennen keine Gründe, warum ein Didgeridoo - Konzept nicht funktionieren
würde.
Die restlichen drei Musiker weisen mit Nachdruck darauf hin, dass Trommeln
besser geeignet ist, für eine musikalische Improvisation mit Kinder- und
Jugendgruppen. Vorteile der Trommel seien hier der niederschwellige Zugang,
die einfache Erlernbarkeit und die damit einhergehenden schnellen
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Erfolgserlebnisse, welche zu einer starken Motivation führen und damit
entscheidend zum Gelingen eines Kurses oder einer Unterrichtseinheit beitragen.
Bei dem Didgeridoo träfe dies nicht oder nur gemindert zu. Sie sprechen sich
allerdings alle dennoch dafür aus, es mit dem Didgeridoo zu probieren, da es je
nach Gruppe auch funktionieren kann.
Einer der Befragten bringt dieses an einer anderen Stelle auf den Punkt:
„Sobald du mit Menschen arbeitest gibt es kein Universalrezept.“
(Christian Falkenrich am 12.3.12)
Weiterhin waren die meisten Interviewten Personen sich darin einig, dass es
wichtig sei, dass Didgeridoo selbst zu beherrschen und spielen zu können. Dies
sei von Vorteil, um durch das Vorspielen Interesse und Motivation der
potenziellen TeilnehmerInnen zu wecken. Außerdem könne es manchmal von
Vorteil sein Beatbox – Techniken adaptieren zu können, um dadurch einen
Zugang zu Jugendlichen zu finden, die das Beatboxen bereits beherrschen. Dies
sei nach Ansicht einiger Künstler gerade in sozial schwachen Gebieten der Fall
und hat sich dort bereits als hilfreich erwiesen. Weiterhin empfiehlt ein Befragter
den Einsatz von Soundsamples und Loops des eigenen Didgeridoospiels, um
daran in der Gruppe zu arbeiten. Auch hier wäre ein gewisses Können am
Instrument erforderlich.
Bezüglich des Didgeridoos als Instrument für Kinder und Jugendliche bekam ich
positive wie auch negative Einschätzungen von den Musikern.
Die meistgenannten Vorteile, mit mindestens zwei oder mehr Nennungen von
den Interviewpartnern werde ich im Folgenden aufzeigen.
Das Didgeridoo wird von vielen als Instrument mit guten Selbstbaupotenzial
betrachtet, Bambus und HT - Rohre wurden hierbei von Interviewten benannt,
wobei es bei beiden Vor- und Nachteile gibt. Dabei spricht sich beispielsweise
der Musiker und Atempädagoge Marc Iwaszkiewicz für beide Möglichkeiten
aus, die er bereits mehrfach erfolgreich anwendete. Ingo Stanelle hingegen hat
gute Erfahrungen mit den HT - Rohren gesammelt und auch mit Jugendlichen
die so genannte „Sandwichtechnik“ erfolgreich durchgeführt. Bei dieser wird ein
22
Ast längst zersägt, ausgehöhlt und anschließend verleimt, sodass ein
durchgehender Hohlraum entsteht, der die Erzeugung des Grundtons ermöglicht
(vgl. Stefan Thiel „Didgeridoos in der Sandwichtechnik“ in Lindner (Hrsg.)
2004: 161 ff.)
Ferner schätzen einige der Befragten die Möglichkeit zu rhythmischen Übungen
und Spielweisen auf dem Instrument. Der Didgeridoospieler Volker Hadebusch
gibt an, dass diese Techniken die Mundmotorik fördern und bei Kindern
besonders gut funktionieren. Einige Befragte sprachen sich zudem dafür aus die
Stimme mit einzusetzen, entweder als Ergänzung oder auch als Ersatz zum
Grundton, wenn dieser von einem TeilnehmerInnen nur schwer erlernt wird.
Weiterhin besäße das Didgeridoo viele kreative, musikalische Möglichkeiten
und intuitives Spielen ist sehr gut möglich.
Ein weiterer Vorteil ist laut einigen Befragten, dass keine Noten existieren. Dies
trägt zum intuitiven Spielen des Instrumentes bei.
Die Interviewten Musiker schätzen außerdem die Möglichkeit die Kultur und
Geschichte der Aborigines, der Natureinwohner Australiens in einen Kurs
einbringen zu können.
Folgende positive Zuschreibungen wurden außerdem von einem kleinen Teil der
Befragten genannt.
Demnach sei das Instrument als Naturinstrument generell gut für Kinder und
bringe sich selbst bei. Weiterhin ermögliche es eine neue Erfahrung durch seine
Exotik hinsichtlich Spielweise und Ton.
Negativ wurde vor allen, von zwei oder mehr Personen genannt, dass das
Didgeridoo wahrscheinlich zu schwer ist, bzw. die Möglichkeit besitzt zu schwer
zu sein. Ulf Heße, Leiter der Musikschule „Living Rhythm“ in Iserlohn
berichtete hier z.B. von einem Schüler, der voller Frust sein Didgeridoo in die
Ecke schmiss, weil es ihm zu schwer war
„Kinder müssen halt auch ein schnelles Erfolgserlebnis haben, haben
sie das nicht, schmeißen sie ihre Sachen gleich in die Ecke“
(Ulf Heße am 13.3.12).
23
Zudem äußerten sich drei der Interviewpartner, eine Trommel sei dem
Didgeridoo vorzuziehen, da diese niederschwelliger sei. Kinder würden eher
dazu neigen auf eine Trommel zu schlagen, als ein Didge zu probieren.
Weiterhin sei eine Trommel einfacher zu erlernen und spontaner zu bedienen.
Eine Person beschrieb mir, dass Trommelspiel Kreativität wecke, dem
Didgeridoo schrieb er dies jedoch nicht in dem Ausmaß zu. Das Didgeridoo sei
außerdem in der musikalischen Arbeit mit Kindern als Ergänzung und nicht als
Hauptinstrument zu sehen. Ferner ist es sinnvoll den „alternativen Touch“ und
die Exotik des Instrumentes zu bedenken, dies könne ggf. auf Abneigung seitens
der TeilnehmerInnen stoßen.
Ferner berichtete mir mindestens eine Person über einen negativen Aspekt des
Didgeridoos. Es verlangt beispielsweise eine Menge Ruhe und Konzentration,
ein solches Instrument zu spielen.
Weiterhin wird ein erfahrener Spieler vorausgesetzt, um die Spieltechniken
aufzuzeigen oder die TeilnehmerInnen mit einer Vorführung zu motivieren.
Einer der Befragten Musiker merkte an, dass die musikalischen
Ausdrucksmöglichkeiten mit dem Didgeridoo anfangs begrenzt sind und erst
später ansteigen.
Zudem erlebte ein Befragter, dass bei einem Didgeridookonzert mit Kindern die
Stimmung nicht auf das Publikum übertragbar war. Mehrere Didgeridoos seinen
außerdem schwer in einer Gruppe zu spielen, es käme hier sehr auf die Leute an.
Ein Musiker sagte, er hätte noch nie einen Auftritt mit dem Didgeridoo in einer
Kindergruppe erlebt und es sei ausgeschlossen oder zumindest schwer möglich
diesen nur mit dem Didgeridoo zu füllen.
Ferner brauche ein Didgeridooprojekt eine Menge Zeit, diese sei nicht immer
verfügbar.
Im Verlauf der Interviews wurden mir auch auf Nachfrage Instrumente
empfohlen, die sich besonders gut für eine Kombination mit dem Didgeridoo
eignen. Zu nennen ist hier vor allem die Perkussion und das Trommeln, zu dem
mir sechs der Teilnehmer als Ergänzung oder auch als Grunlage geraten haben.
24
Weiterhin wurden Klangschalen und Monochorde genannt. Zwei Personen
sprachen fast jedem Instrument eine Möglichkeit für das Zusammenspiel mit
dem Didgeridoo zu und konnten sich nicht zu einem Instrument äußern, das
nicht funktionieren könnte.
Ergänzend erhielt ich hier den Ratschlag auf die Tonlage der anderen
Instrumente zu achten und sie mit dem Didgeridoo abzustimmen.
Das Bauen von Didgeridoos bietet sich anscheinend an, alle sechs Musiker, die
mit dem Didgeridoo und Kindern gearbeitet haben, empfehlen dies. Hier wird
größtenteils mit HT - Rohren gearbeitet, aber auch Bambusrohre können mit der
richtigen Technik bearbeitet und verwendet werden. Einer der Befragten
arbeitete erfolgreich mit der so genannten „Sandwich“ - Bauvariante um ein
Didgeridoo zu erbauen. Dies wurde mit älteren Schülern der Klassen sieben bis
zehn vollzogen (vgl. Workshop von Ingo Stanelle Navigiere zu: Workshop /
Didgeridoo http://www.saxophonista.de/saxophonista/data/frameset_work.html)
Die ersten Kontakte mit dem Didgeridoo gestalten sich verschieden. Ich erhoffte
mir hier einen Hinweis auf den Ursprung des Instruments im europäischen
Raum.
Quellen zum Erstkontakt waren hiernach die Straßenmusik, Kassette und CD,
Zufallsbegegnungen (z.B. über einen Spontankauf des Instruments), die
spontane Begegnung mit einem Musiker in der Freizeit und das Fernsehn. Dabei
überwiegt die Kassette und CD, diese wurden von drei Personen genannt.
Interessant ist hier, meiner Meinung nach, dass sich drei Künstler erinnern
können, zuerst mit den westlich orientierten Spielstil des Didgeridoos in Kontakt
gekommen zu sein. Nur eine Person hörte zuerst den australischen, originalen,
Aborigine – Spielstil. Der Rest konnte sich nicht mehr erinnern oder war sich
nicht sicher.
Zum Ursprung des Didgeridoos in Deutschland gab es wenig direkte Einsichten.
Lediglich wurde der Name Gary Thomas, Charles Mcmahon und Eddy Halat
genannt. Da es sich hier um drei Didgeridoospieler aus Amerika, Australien und
25
aus Süddeutschland handelt, wird hier die These nach verschiedenen
Akkulturationsquellen möglicherweise bestätigt (vgl. http://www.eddyhalat-
didges.com, http://de.wikipedia.org/wiki/Charlie_McMahon,
http://de.wikipedia.org/wiki/Gary_Thomas).
Zwei der befragten Musiker lernten das Didgeridoo selbst autodidaktisch. Die
restlichen fünf Personen machten Kurse oder hatten zumindest einen Freund als
Lehrer.
Der Spielstil der Didgeridospieler wird von drei Personen als Mischung aus
Improvisation und festen Rhythmen beschrieben, weshalb ich dem Instrument
gute Improvisationseigenschaften zuschreibe.
Von den Befragten Musikern erhielt ich einige Tipps und Ratschläge, von denen
ich einige hier aufführen möchte, da ich sie als wichtig für das musikalische
Zusammenspiel, gerade mit dem Didgeridoo erachte.
Demnach sei es wichtig, Motivation zu wecken und zu sichern, beispielsweise
anfangs durch Vorspielen und später durch Auftritte, dies setzt allerdings
Können am Instrument voraus, für den Kursleiter und später auch von den
TeilnehmerInnen. Ein anderer Musiker merkt an, dass es wichtig sei ein Vorbild
und gerade ein Klangbild zu liefern, an dem sich die TeilnehmerInnen dann
orientieren können.
Für den Kurs selbst sei es, nach Meinung mancher Befragter wichtig,
Variationen zu schaffen. Z.B. durch verschiedene Einheiten, die das Bauen und
Bemalen des Didgeridoos, das Spielen / Musizieren und das Zuhören /
Vorspielen beinhalten. Hierbei sei es außerdem wichtig sich selbst zu fragen.
Wie viel Zeit habe ich? Welche finanziellen Mittel sind verfügbar? Wie groß ist
die Gruppe? Welche TeilnehmerInnen habe ich? Welche Vorurteile haben sie
beispielsweise zu dem Instrument? Welche Erwartungshaltung besitzen die
TeilnehmerInnen? Wichtig sei hierbei, so bemerken mehrere befragte Pesonen,
den Umgang mit den TeilnehmerInnen zu bedenken. Ulf Heße sprach hier
beispielsweise von dem Respekt den Kindern gegenüber. Hierfür müsse man
außerdem nicht nur einfacher Betreuer der Gruppe sein, gibt ein anderer
26
Künstler zu bedenken.
Weiterhin gaben mir einige Interviewpartner zu bedenken, dass das
Didgeridoospiel nicht den Grundton voraussetzt. Es könne auch in das
Instrument geschrien und nur die Stimme eingesetzt werden. Ferner sei mit dem
Didgeridoo auch ohne die Zirkularatmung vieles machbar.
Der angehende Logopäde und Didgeridoospieler Christian Falkenrich merkte für
den Umgang einer Didgeridoogruppe mit Kindern an, dass bei einer Gruppe mit
starkem Altersgefälle die älteren Kinder angesprochen werden könnten, um den
Jüngeren zu helfen. Dies schaffe Vertrauen und Motivation auf beiden Seiten.
Perkussive Spielweisen sieht der Didgeridoospieler Volker Hardebusch wichtig
und gut möglich bei dem Spiel mit Kindern an. Hier bieten sich seiner Meinung
nach aussagekräftige Lautmalereien wie „Take - Do“ an, die bei dem
Didgeridoospiel gesprochen werden.
Letztendlich sei es auch praktisch andere Instrumente anzubieten, um
Abwechslung zu schaffen. Möglicherweise könnte hier das Didgeridoo auch die
Ergänzung sein, wie viele interviewte Personen anmerkten, beispielsweise zu
einem Trommelkurs.
Während meiner Recherchen besuchte ich die Musikschule „Living Rhythm“ in
Iserlohn, die von Ulf Heße geleitet wird. Ich habe hier einen weiteren Einblick
in die musikalische Praxis mit Kindergruppen erhalten. In der Gruppe spielten
ungefähr 10 Kinder im Alter von ca. neun Jahren hauptsächlich Djemben
(Trommeln) und diverse Perkussionsinstrumente. Diese Gruppe trifft sich einmal
in der Woche für eine Stunde und spielten dort unter Anleitung meist feste
Rhythmen und Stücke. Sie besteht schon seit mehreren Jahren, das Didgeridoo
hatten die TeilnehmerInnen vor drei Monaten gelernt, nachdem der Leiter der
Schule durch Vorspielen des Instrumentes ihr Interesse geweckt hatte. Ich habe
beobachtet, dass die Hälfte der Kinder das Didgeridoo insoweit beherrschen, als
das sie den Grundton spielen können, auf verschiedenen Didgeridooarten (Holz,
Pappe und HT - Rohr) spielten und Rhythmen erkennbar waren. Allerdings sah
ich nicht alle Kinder am Digeridoo, ob sie es nicht gelernt hatten, sie es nicht
27
spielen wollten oder es vielleicht auch nicht zum Stück dazugehörte, das alle
Kinder Didgeridoo spielen, konnte ich nicht feststellen.
Interessant ist hier auch, dass sich ein Talent am Didgeridoo herauskristallisierte.
Einer der TeilnehmerInnen konnte bereits die Zirkularatmung und Ulf Heße
teilte mir mit, dass das Kind sehr motiviert und talentiert am Didgeridoo sei.
In dieser Gruppe wird das Didgeridoo außerdem nur als Ergänzung, als
Nebeninstrument zu den Trommel eingesetzt.
Zur Aussagefähigkeit dieser Interviews möchte ich sagen, dass diese mir einige
Erfahrungen, Einsichten und Ratschläge vermitteln konnten, es sich allerdings,
aufgrund der Teilnehmerzahl von sieben Personen nur um einen kleinen Einblick
in die musikalische Arbeit bietet und deshalb nicht überbewertet werden sollte.
Ferner variieren die Erfahrungen der Teilnehmer und auch deren Professionalität
teil stark. Deshalb denke ich, dass eine wirkliche Abschätzung der
Möglichkeiten des Didgeridoos nur jahrelange, regelmäßige Praxis mit den
entsprechenden Personen bieten kann. Und selbst dann wird man noch auf
Überraschungen stoßen und neues Entdecken.
Weiterhin habe ich, aufgrund des lockeren Gespräches, ohne starren Leitfaden,
sicherlich die ein oder andere Frage „unter den Tisch fallen lassen“. Deshalb
liegt der Wert dieser Interviews für mich in den einzelnen Tipps, Hinweisen,
Ratschlägen, Berichten und Anekdoten zu dem Thema „Didgeridoo“ und nicht
in einer peniblen, formalen Auswertung. Ich fühle mich dennoch – oder gerade
deshalb – in meinen Erlebnissen mit dem Didgeridoo ergänzt und bestärkt,
manchmal auch von einer neuen, gegensätzlichen Meinung neugierig gemacht.
So sehe ich es mittlerweile als Vorteilhaft an weitere Instrumente in ein
Didgeridooprojekt mit einzubinden, statt nur auf das Didgeridoo zu
beschränken. Ferner haben mich die Erfahrungen dieser Musiker in dem
Vorhaben gefestigt selbst weitere Erfahrungen zu sammeln und neue Ideen zu
probieren. Ich denke, dass ich einen schönen und umsichtigen Eindruck in die
musikalische Praxis mit Kindern- und Jugendgruppen erhalten habe, der
wertvoll für meine spätere Arbeit ist. Es fühlt sich an, als hätte ich sieben kleine
Praktika absolviert.
28
Bestätigt sehe ich mich hier in manchen eigenen Erfahrungen mit dem
Instrument. Das Didgeridoo scheint für Kinder geeignet zu sein, für das aktive
Spielen ist ein Alter ab sechs Jahren passend, dies habe ich auch in Bad Driburg
erfahren. Ferner kann ich davon ausgehen, dass eine zu große Gruppe viele
Fehlerquellen bietet und deshalb die Größe auf ca. zehn Personen beschränkt
sein sollte, wenn es sich um ein langfristiges Projekt handelt. Ansonsten ist es
ratsam die Gruppe zu teilen oder zumindest nicht alleine mit den Kindern zu
arbeiten.
Die Fixierung auf den Grundton allein kann auf Frustration seitens der
TeilnehmerInnen stoßen. Deshalb sollte das Didgeridoo nicht alleine auf diesen
Ton fixiert werden, hier bieten sich Techniken wie Schreien in das Didgeridoo ,
draufklopfen oder Trompetentöne an. An sich scheint es aber bewiesen, dass der
Großteil der Kinder den Grundton schnell lernen kann. Am Anfang sind die
Möglichkeiten des musikalischen Zusammenspiels begrenzt, dies sollte in der
Planung und im Konzept berücksichtigt werden. Auch gestalten sich Auftritte
möglicherweise schwierig, werden dabei aber mehrfach empfohlen, um die
Motivation der TeilnehmerInnen zu sichern. Hier reicht ein einfaches Vorspielen
vielleicht nicht aus.
Das nur zwei Musiker das Didgeridoo autodidaktisch lernten, überrascht mich.
Dementsprechend muss ich wohl davon ausgehen, dass es sich nicht von selbst
beibringt, sondern zumindest am Anfang ein Lehrer zur Verfügung sein muss.
Es kann meiner Meinung trotzdem sein, dass eine Person mit dem Instrument
später ohne Anleitung weiter Fortschritte macht. Dafür spricht auch die
Tatsache, dass es keine Notation für das Didgeridoo gibt.
Ich sehe es außerdem als gegeben an, dass ein Didgeridooprojekt über eine
gewisse Zeitspanne durchgeführt werden muss, um ein musikalisches
Zusammenspiel möglich zu machen. Dies schließe ich aus den Ratschlägen der
Interviewpartner und meiner eigenen Erfahrung, da es z.B. in Bad Driburg an
einen Tag nicht zum Zusammenspiel kam.
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Über die Instrumentenwahl des Didgeridoos für Kinder gibt es geteilte
Meinungen. Hier scheint es angebracht ein Didgeridooprojekt nicht alleine auf
dieses Instrument zu beschränken, sondern andere Instrumente einzubinden.
Dabei sind vor allen Trommeln und weitere Perkussionsinstrumente, sowie
Monochorde und Klangschalen sehr zu empfehlen.
Hervorzuheben ist außerdem das hohe Selbstbaupotenzial des Didgeridoos. Es
kann leicht, günstig und in guter Klangqualität aus Hochtemperaturrohren aus
den Baumarkt gefertigt werden. Ergänzend kann man nun weitere Schritte wie
das Bemalen oder Hinzufügen von Rohren durchführen. Als Mittelweg mit mehr
Aufwand, bietet sich der Bau aus Bambus an. Möglich ist bei älteren Kindern
(bzw. bei Jugendlichen) auch der Bau in der Sandwichtechnik. Letztere erfordert
allerdings meinen Erfahrungen nach einen hohen Aufwand. Zudem ist die
Klangqualität und die Spielbarkeit des Instruments hier möglicherweise sehr
schlecht, wie ich im Selbstbauversuch bereits festgestellt habe.
Da mir von vielen die Trommel als bessere Alternative zum Didgeridoo
aufgezeigt wurde, möchte ich dieses Thema noch einmal kritisch betrachten.
Dem Argument, Perkussionsinstrumente sind niederschwelliger und bieten einen
einfacheren, spontaneren Einstieg, komme ich entgegen, indem ich für ein
Projekt planen würde, das Didgeridoo zu entfremden. Es bietet sich auf der
einen Seite an, die Klatschorgelvariante zu verwenden, die mir Peter Ausländer
bereits in einer Sprechstunde nahe gelegt hat. Diese Orgel besteht aus HT -
Rohren, die man auch als Didgeridoo verwenden kann und ist zum spontanen
musikalischen Zusammenspiel bestens geeignet (Ausländer 2006: 14 f.). Durch
einen solche Verwendung der Didgeridoo - Rohre könnte man für einen
einfachen Einsteig in das Didgeridoospiel sorgen. Zudem bietet sich auch noch
die erwähnte Möglichkeit Stimme und Trompetenton einzusetzen.
Ich gehe also davon aus, dass die Argumente gegen das Didgeridoo nur wirken,
wenn man ein traditionelles Didgeridoospiel über den Grundton voraussetzt.
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Kulturelle Aspekte der Aborigines und Geschichten lassen sich anscheinend sehr
gut mit einbringen, auch dies deckt sich mit meinen Erfahrungen. Hier vertrete
ich die Meinung, dass diese Elemente zwar eingesetzt werden können, allerdings
nur, wenn vorher schon ein solcher Kontext vorhanden ist. Beispielsweise wenn
an einer Schule ein Australientag veranstaltet werden soll und dafür das
Didgeridoo einsetzt werden soll. Ich denke, dass das Didgeridoo auf für sich
stehen kann, als . Meiner Meinung nach ist das Didgeridoo ein Instrument,
welches sich, durch die vielen modernen Formen und Varianten (wie bereits in
Kapitel 3.1 beschrieben) von seinen Australischen Wurzeln entfremdet hat.
Somit möchte ich das Didgeridoo als Instrument ernst nehmen und nicht
zwingend nur mit Australien in Verbindung setzen.
Ferner denke ich, dass bei dem Zusammenspiel mit Kindern und Jugendlichen
die Australische Kultur nicht im Vordergrund stehen sollte, sondern das
Musizieren an sich.
Der alternative und exotische Eindruck des Didgeridoo sollte zudem bedacht
werden, dies kann auf Abneigung stoßen. Der Großteil der Kinder scheint das
Instrument allerdings anzunehmen. Es stößt auf viel Interesse.
Hier kann ich mir auch vorstellen, dass es hilfreich ist, dass Didgeridoo vom
Ursprung Australien zu entkoppeln, sodass es nicht als „Kuriosität“ der
Ureinwohner, sondern als ernsthaftes Instrument vorgestellt wird.
Rhythmische Übungen und Lautmalereien sind außerdem für das erlernen des
Didgeridoospiels wichtig, wie ich bereits in Bad Driburg heraus finden konnte.
Die vielen Quellen, die von den Musikern als ihren Erstkontakt genannt wurden,
zeichnen ein ähnliches Bild ab, wie Lindner (Linder 2001: 7 ff.). Demnach gab
es keinen „Boom“ mit dem das Instrument über eine bestimmte Quelle
schlagartig berühmt wurde. Ferner scheint der westliche Spielstil bei den ersten
Didgeridookontakten zu dominieren, was meines Erachtens für eine Subkultur,
wie z.B. der „New Age“ - Bewegung, spricht. Wenn das Didgeridoo direkt aus
der Aborigineszene nach Deutschland und Europa gekommen wäre, gehe ich
davon aus, dass der Spielstil weniger „westlich“ und damit näher an der
31
Ursprungsquelle sein müsste.
Zudem deutet die neue Spielweise, die sich meiner Meinung nach, von der
originalen, Aboriginespielweise, abgrenzt auf eine eigene Didgeridookultur in
Deuschland und außerhalb von Australien hin.
Die Erfahrungen in der Musikschule sprechen für verschiedene Materialien, die
beim Didgeridoobau zum Einsatz kommen können. Weiterhin scheint die
Einbindung der Perkussion sehr sinnvoll zu sein. Ferner ist nach drei Monaten,
also nach ungefähr 12 Treffen ein Zusammenspiel spätestens möglich. Wobei ich
kritisch sehe, dass es sich nach meiner Beobachtung nicht um eine
Improvisation, sondern um ein festes Stück gehandelt hat
5. Musikalische Praxis in der Sozialen Arbeit
5.1 Vorwort zur musikalischen Praxis
Es soll nicht Sinn und Ziel dieser Arbeit sein sämtlicher musikalischer Methoden
in der Sozialen Arbeit zu erfassen, dies würde sicherlich den Rahmen sprengen.
Daher möchte ich mich in diesem Teil vor allen der pädagogischen Bedeutung
des musikalischen Zusammenspiels in Gruppen, genauer gesagt von
Gruppenimprovisationen widmen. Ich möchte herausstellen welche Ziele und
Zwecke durch diese erreicht werden können. Auch frage ich mich, im Sinne
meiner Grundthese, welche Instrumente für ein musikalisches Zusammenspiel
geeignet sind. Diese Zuschreibungen von Musik und Ratschläge für die
Anwendung werde ich an diese Stelle zusammenfassen.
Ich werde nun im Folgenden Gruppenimprovisationen und Instrumentenwahl
zusammenfassen und schrittweise mit dem Didgeridoo in Verbindung bringen.
Abschließend werde ich Musik in der Sozialen Arbeit grob zu skizzieren und
einige Einsatzmöglichkeiten aufzeigen.
32
5.2 Gruppenimprovisation
Die Gruppenimprovisation ist nach Jers (Jers u.a. 2004: 123 f.) eine der
wichtigsten Anwendungen musikalischer Praxis in der Soziale Arbeit. So haben
die TeilnehmerInnen eines solchen Zusammentreffens die Möglichkeit sich auf
einfache Schlaginstrumente zu beschränken, welche spontan und ohne
Vorwissen spielbar sind. Außerdem sollte ein gemeinsames Spiel mit der Musik
auf wenigen, einfachen Grundregeln beruhen und den TeilnehmerInnen
ansonsten viele Freiheiten lassen.
Als wichtigstes Ziel formuliert Jers, dass es im Vordergrund steht in der Musik
eine Kommunikationsform zu finden und zu ermöglichen. Es sei nicht Ziel ein
besonders gute oder schöne Musik zu schaffen. Es könne allerdings
unabsichtlich ein musikalisches Produkt entstehen, dass die TeilnehmerInnen
erfreut und als schön empfunden wird (Jers u.a. 126 f.).
Weiterhin dürfte das Ergebnis der Interaktion keiner Leistungsbewertung
unterliegen. Dazu gehört, dass die Improvisation keinen Leiter oder Dirigenten
kennt, sondern die Initiative der TeilnehmerInnen wichtig ist. Abschließend
formuliert Jers, die Gruppenimprovisation sei kein Ersatz für Kommunikation,
allerdings kann diese auch zu Gesprächen mit den TeilnehmerInnen führen. Die
TeilnehmerInnen sollten weiterhin über keine musikalischen Kenntnisse
verfügen, dies ermögliche Kommunikation über die Musik, die eine Art
„musikalische Alltagssprache“ darstellt. Diese Sprache erlaubt es jeden Klienten
an der Kommunikation in der Gruppe teil zu nehmen. Darin gäbe es außerdem
kein Richtig oder Falsch, alles ist möglich (Jers u.a. 126 f.).
Weiterhin spricht sich Jers für das melodische Spiel aus, das er von dem
metrischen und ryhtmischen Spiel unterscheidet. Ein TeilnehmerInnen, der
Trommeln spielen kann und über ein starkes Rhytmusgefühl verfügt müsse so
lernen dies abzulegen und unrythmisch zu spielen (Jers u.a. 2004: 123 ff.).
33
Jers bedient sich der Grundannahme
„[...], dass jeder Mensch die Kompetenz besitzt, sich mittels eines
Klangerzeugers auszudrücken [...]“
(Norbert Jers „Gruppenimprovisation“ in Hartogh/Wickel (Hrsg.)
2004: 124).
Es gilt zu vermitteln, dass jedes Instrument einfach zu spielen ist. Wenn z.B. ein
Klavier hin zu gezogen wird, kommt es darauf an zu zeigen, dass jeder dies
spielen kann, auch ohne musikalische Erfahrung und Begabung.
Weiterhin setzt Jers Grundregel voraus, für die musikalische
Gruppenimprovisation. Demnach muss die Teilnahme freiwillig sein, es soll
entweder gesprochen oder gespielt werden und niemand darf das Spiel durch
Gestik oder andere Eingriffe stören (Jers u.a. 2004: 123 ff.).
Es kann also festgehalten werden, dass es wichtig für die musikalische Praxis
ist, spontanen Zugang zur Musik zu ermöglichen. Wichtig ist hierbei die Wahl
des richtigen Instrumentariums, auf das ich später nochmal ausführlicher zu
sprechen komme. Dabei kann, unter der Grundannahme, dass jeder Mensch
musikalisch ist, auch jedes Instrument leicht und spontan gespielt werden, dies
gilt es als Projektleiter zu vermitteln. Es ist außerdem wichtig, dass bestimmte
Grundregeln festgehalten werden und das Zusammenspiel auf Freiwilligkeit
beruht. Dies würde ich für ein Musikprojekt gerne übernehmen, da ich hier
gleicher Meinung mit dem Autor bin.
Ferner geht es darum mit der Musik zu kommunizieren, nicht besonders schöne,
ansprechende Musik zu machen und das Ergebnis soll nicht ästhetisch bewertet
werden. Diese Zielsetzung müsste also den TeilnehmerInnen klar gemacht
werden. Dirigenten oder Leiter soll es nicht geben. Dies empfinde ich nicht so,
meinen Erfahrungen in den Seminaren von Peter Ausländer an der
Fachhochschule Bielefeld nach zu urteilen, kann ein Dirigent ein sinnvolle und
interessante Ergänzung für eine Improvisation sein.
Bestenfalls haben die TeilnehmerInnen keine Kenntnisse über die Musik. Dies
stelle ich mir schwer vor, da ich davon ausgehen würde, dass viele Personen hier
Kenntnisse besitzen. Eine Beschränkung auf „unmusikalische“ TeilnehmerInnen
34
halte ich daher für nicht möglich und nicht sinnvoll.
Auch die Beschränkung auf melodisches spielen von Instrumenten finde ich
nicht angebracht. Meiner Erfahrung nach kann das rhythmische Spiel auch zur
Kommunikation der TeilnehmerInnen beitragen, schließlich können hier
Rhythmen verändert und im Spiel weitergereicht werden, wie ich in den oben
erwähnten Seminaren erfahren habe.
Abschließend kann ich also für ein Didgeridooprojekt feststellen, dass es hier
wichtig ist, es als einfach und leicht spielbar darzustellen. Die Frage ist hier, ob
und wie das gelingen kann. Eine Option dafür ist wahrscheinlich die Variante
das Instrument zu entfremden und andere Spieltechniken, wie das Draufschlagen
mit Bierdeckeln als Alternative, aufzuzeigen.
Weiterhin habe ich in den von mir geführten Interviews festgestellt, dass es sehr
wichtig ist, für die Motivation der TeilnehmerInnen zu sorgen, hier können z.B.
Auftritte Erfolgserlebnisse liefern und Motivation sichern. Nun bleibt für mich
offen, wie es möglich ist bei einem Zusammenspiel, dass nicht als schön
empfunden werden muss und in erster Linie der Kommunikation und nicht dem
ästhetischen Erleben von Musik dient, die Motivation der TeilnehmerInnen
gesichert werden kann.
Auch Hill (Hill u.a. 2004) gibt Anweisungen zum musikalisches Spiel innerhalb
von Gruppen. Er empfiehlt Leitern von Gruppen den TeilnehmerInnen als
Grundlage schnell erlernbare Basisspieltechniken beizubringen, um schnell mit
dem Spielen beginnen zu können und die Motivation der TeilnehmerInnen
aufrecht zu erhalten (Hill u.a. 2004: 127). Diese einfachen Kenntnisse mit den
jeweiligen Instrument machen dann erst die Gestaltungsprozesse in der
Improvisation möglich (Hill u.a. 2004: 124).
Diese schnell erlernbaren Grundtechniken könnten beim Didgeridoo, neben den
weiteren Möglichkeiten des Stimmeinsatzes und des Klopfens, auch der
Grundton sein. Meinen Recherchen zur Folge kann dieser schließlich von
Kindern schnell erlernt werden. Da sich anschließend, meiner Meinung nach,
weitere Mundraumvariationen und Spieltechniken bezüglich der
35
Grundtonvariation als langwierig und schwer erweisen, würde ich Vorschlagen
die HT - Rohre mit verschiedenen Reduktionen auszustatten, die von den
TeilnehmerInnen dann gewählt werden können. So ist der Lernprozess nicht zu
lang und die Musizierenden können dennoch für Variationen sorgen. Wenn nun
zusätzlich noch Schreie und Trompetentöne hinzukommen, so glaube ich, hat
man bereits eine solide Basis, die Zusammenspiel ermöglicht. Im weiteren
Verlauf eines Projektes kann dann darauf aufgebaut werden.
Kreatives Handeln beim gemeinsamen Musizieren passiert schon mit wenig
Aufwand, so gibt Hill im weiteren bekannt. Z.B. findet Wechselseitige
Inspiration statt, indem TeilnehmerInnen in einer gemeinsamen Improvisation
Tempo, Rhythmus und Melodien verändern. Auch digitale Techniken regen zur
Kreativität an, wenn Soundschnipsel zu neuen Stücken verarbeitet werden.
Ferner können bekannte Lieder (z.B. Weihnachtslieder) verändern werden (Hill
u.a. 2004: 126 ff.).
Durch diese kreative musikalische Kommunikationsprozesse, treten oft neue
Fähigkeiten der TeilnehmerInnen in Erscheinung, die im positiven Kontrast zu
schulischen Misserfolgen und negativen Zuschreibungen , wie „Du bist nicht
musikalisch.“ stehen (Hill u.a. 2004: 128).
Ferner können Improvisationen gestörte oder intakte Beziehungsnetze unter den
TeilnehmerInnen sichtbar machen, die dann weiter bearbeitet oder ggf.
thematisiert werden können. Es muss allerdings eine Befreiung von ästhetischen
Zwängen gegeben sein, um diese Prozesse anzuregen und Versagensängste und
Blockaden nicht entstehen zu lassen (Hill u.a. 2004: 128).
Spontane, musikalische Improvisation unter diesen Vorgaben bewirkt einen
neuen Zugang zu sich selbst (Hill u.a. 2004: 126 ff.). Weiterhin fördert diese
Teilnahme an der Gruppebeschäftigung mit Musik die Entwicklung der
Wahrnehmungs- , Kritik- und der Äußerungsfähigkeit (Hill u.a. 2004: 122).
Ich denke, dass das Didgeridoo zusätzliche Inspiration durch die verschiedenen
Baumöglichkeiten der HT - Rohre liefern könnte. In wie weit Tempo, Rhythmus
und Melodien bereits im Anfangsstadium eines Projektes von den
36
TeilnehmerInnen eingesetzt werden bleibt offen.
Soundschnipsel digital verwerten ist sicherlich mit dem Didgeridoo möglich, ich
denke es verhält sich hier wie jedes andere Instrument. Mit einem so genannten
Slide - Didge (einem Didgeridoo, auf dem die Tonlage während des Spielens
verändert werden kann) ist das nachspielen von bekannten Liedern zudem
möglich, erfordert allerdings meiner Beobachtung nach viel Übung.
Versagensängste und Blockaden beugt das Didgerdioo, meiner Meinung nach,
möglicherweise vor, da es sich um ein exotisches Instrument handelt, das nur
wenig bekannt ist (siehe eigene Erfahrung des Autors). Und wer keine Vorgaben
für eine richtige oder schöne Spielweise hat, der wird, so glaube ich, auch keine
Angst haben es nicht zu können. Schließlich kann dieses „Können“
wahrscheinlich nur schlecht oder gar nicht eingeschätzt werden. Voraussetzung
hierfür ist allerdings, dass der Leiter das Didgeridoo nicht zu stark vorführt und
nur wenig eigenes Können präsentiert.
5.3 Verwendbare Instrumente
Für die Untersuchung der praktischen Anwendung und des Themas
„Didgeridoo“ werde ich an dieser Stelle einmal den Selbstbau und die
Verwendung von Instrumenten erläutern.
Anleitung und Ratschläge zu dem Thema „Selbstbau von Musikinstrumenten“
gibt hier beispielsweise Ulrich Martini (Martini u.a. 2004: 269 ff.). Das Bauen
und anschließendes Spielen von Instrumenten verhilft nach Martini zur
Durchschaubarkeit und zum Verständnis der unterschiedlichen
Klangeigenschaften z.B. der Materialien und zeigt den bauenden Klienten
außerdem verschiedene Zusammenhänge unter den Instrumenten auf (Martini
u.a. 2004 269 ff.).
Ein einfaches Beispiel wäre hier die Verwandschaft von dem Monochord, der
sich leicht selbst bauen lässt und der Gitarre .
37
Auch führt das Selbstbauen eines Instrumentes zu einer persönlichen Beziehung
zum musikerzeugenden Objekt, der Anwender wird dadurch vorsichtiger und
liebevoller mit ihnen umgehen. Nachdem Bauen und vergleichen ist es möglich,
dass ein TeilnehmerInnen aufmerksamer andere Instrumente betrachtet und
genauer inspiziert, es wird folglich Neugier geweckt. Ferner regt der
Instrumentenbau dazu an mit anderen Materialien und Musikformen zu
experimentieren (Martini u.a. 2004: 269 ff.). Zusammenfassend bemerkt
Martini, dass diese Prozesse, die beim Selbstbau entstehen die Aufmerksamkeit
u. Sensibilität für anderes und Ähnliches, letztendlich für Andersartigkeit
fördern (Martini u.a. 2004: 275).
Dementsprechend verhilft der Selbstbau den Klienten ein Bewusstsein für Neues
und anderes zu erkennen, dies könnte auch hilfreich in der interkulturellen
Arbeit sein.
Eine ähnliche Stellungnahme liefert auch Ausländer (Ausländer 2006: 5 f.) in
dem Vorwort zu dem Buch „Musikwerkstatt und Klanglabor“. Er ruft die Leser
seines praktischen Ratgebers zum Instrumentenbau dazu auf, die richtige
Spielweise, das Zusammenspiel, die Klänge und Funktionsweisen neugierig zu
entdecken. Auch die Verwandtschaften mit Instrumenten aus aller Welt, die sich
anhand der selbst gebauten erkennen lassen, hebt er hervor.
Hier kann ich feststellen, dass das Didgeridoo für diese musikalische
„Entdeckungsreise“ bestens geeignet ist, da es aus vielen Materialien gefertigt
werden kann. Einen Einblick dazu bietet David Lindner (Lindner 2001). Auch
lässt sich die Verwandschaft zum Alphorn oder der Trompete aufzeigen, wie der
„Trompetenton“ zeigt. Zusätzlich kann man am Didgeridoo viel entdecken,
indem man die Länge variiert, mit Reduktionen für konische Formen sorgt oder
den Innenraum bearbeitet (z.B. mit Wachs ausgießt). Dies ist gerade mit HT -
Rohren gut möglich. Einen Überblick zu den vielen Variationsformen bietet
Reimer (Kay Reimer „Dem Wunschklang auf der Spur“ in Das Didgeridoo
Phänomen, in Linder u.a. 2004)
Hier ist wieder das HT - Rohr gut geeignet, da es in vielen Formen erhältlich ist,
38
die man schließlich zusammenstecken und zu einem Didgeridoo formen kann.
Gleichzeitig können die konisch geformten Didgeridoos auch als „Hörtrichter“
genutzt werden, indem sie das Ohr mit einem leisen Geräuscherzeuger, z.B.
einen kleinen, selbst gebauten Monochord, verbinden.
Eine Art „pädagogische Checkliste“ für Instrumente – seien es selbst gebaute
oder bereitgestellte – findet man von Hartogh und Wickel (Hartogh/Wickel u.a.
2004b: 116 f). Es wird demnach empfohlen ein Instrument vor der Verwendung
zu prüfen. Hierfür folgende Kriterien:
1. Wie hoch ist die Schwelle des Zugangs zu einem bestimmten Instrument?
2. Welchen Aufforderungscharakter besitzt ein Instrument, z.B. durch seine
Exotik?
3. Wie hoch ist die Akzeptanz eines Instruments aufgrund verschiedener
Kriterien, passt es z.B. zu der jeweiligen Altersgruppe
4. Welche lebensgeschichtlichen Anknüpfpunkte, welche biografischen Bezüge
gibt es bei dem Instrument, möglicherweise auch regionale Besonderheiten?
5. Wie hoch ist die Belastbarkeit, die Robustheit eines Instruments?
6. Wie steht es mit der Verfügbarkeit?
7. Wie stark ist ein Instrument gesellschaftliche bereits in verschiedenen
Kontexten „besetzt“? Könnte dies möglicherweise unpassend sein?
8. Wie hoch ist die Körperbezogenheit eines Instruments?
9. Bestehen besondere Anforderungen an die Spielbarkeit?
10. Wie hoch sind die Anschaffungskosten?
11. Welche Vorkenntnisse und Fähigkeiten sind bereits vorhanden, wo und
womit kann der Adressat „abgeholt“ werden? Worauf kann aufgebaut werden?
(aus: Hartogh/Wickel u.a. 2004b, 116 f.)
Hier muss ich zugeben, dass das Didgeridoo gerade in der Exotik und in dem
gesellschaftlich besetzten Kontext negativ auffällt. Meine Erfahrungen in der
Straßenmusik bestätigen die Besonderheit des Instrumentes, die auch zu
Berührungsängsten führen kann. Außerdem kann ich mir vorstellen, dass der
39
gesellschaftliche Kontext stark ist, mit dem das Didgeridoo mit Australien und
den Ureinwohnern verknüpft ist. Dies zeigt sich auch darin, dass ich bei
Auftritten oft danach gefragt werde, ob ich bereits in Australien war.
Ich denke außerdem, dass durch verschiedene Spieltechniken, wie die bereits
aufgeführten Variationen über die HT - Rohre und die Abkopplung vom
Grundton als Voraussetzung ein niedrigschwelliger Zugang gesichert werden
kann.
Zur Körperbezogenheit des Instrumentes wurde mir von einer Person berichtet,
dass es beim Didgeridoo für Kinder manchmal schwer ist den Atem zu
koordinieren, was Erschöpfungszustände zur Folge haben kann. Hier halte ich
Pausen in den Spielphasen für angebracht.
Positiv sehe ich beim Didgeridoo die Belastbarkeit der HT - Rohre und die
niedrigen Anschaffungskosten.
Hartogh und Wickel schließen ihre Empfehlungen für das Richtige
Instrumentarium mit folgenden Worten ab:
„Dieses Instrumentarium darf aber nicht nur die Funktion eines
Substituts übernehmen, sondern entfaltet viel eigenständigen Raum für
sozialpädagogische Ziele im Zusammenhang mit Körpererfahrung,
Koordinationsfähigkeit, Lebenswelt- und Umweltbezug,
handwerklichem Geschick, Anregung der Fantasie und Kreativität und
erschließt zudem einen extrem niedrigschwelligen und
prozessorientierten Zugang zu einem Medium, das sich z.B. ganz
allmählich erst von einem Werkstück zu einem Musikinstrument wandeln
kann.“
(Theo Hartogh und Hans Hermann Wickel 2004b „Instrumentarium“ in
Hartogh/Wickel (Hrsg.): 119)
Weiterhin führen sie aus:
„Beim Gruppenmusizieren in der Sozialen Arbeit ist Grundsätzlich jede
Instrumentenkombination denkbar [...]“
(Theo Hartogh und Hans Hermann Wickel 2004b „Instrumentarium“ in
Hartogh/Wickel (Hrsg.) 2004: 122)
40
Diese Zitate bestärken mich in meinen Vorgehen des Selbstbaus der Instrumente
und ich kann mich außerdem abschließend dafür aussprechen ein Instrument
immer wieder auszuprobieren, unter der Annahme, dass keine „Allround -
Lösung“ gibt und genau so wenig sinnvoll ist Instrumente auszuschließen, ohne
sie probiert zu haben.
5.4 Auszug aus den allgemeinen Möglichkeiten musikalischer Praxis in der
Sozialen Arbeit
Musik findet in der Sozialen Arbeit viele Anwendungen. So finden sich eine
Fülle von Ratschlägen und Beispielen für die unterschiedlichsten Bereiche,
beispielsweise Jugendarbeit, Schulsozialarbeit, interkulturelle Arbeit,
Altenarbeit, für die Arbeit mit Behinderten Menschen, im Strafvollzug, in der
Heimerziehung und in der Kulturarbeit (vgl. Hartogh/Wickel u.a. 2004c).
In der Sozialen Arbeit ist die Musik zwischen Musiktherapie und
Musikpädagogik angesiedelt. Sie dient nach Hill vor Allem der Förderung von
Geselligkeit und Kommunikation zwischen Personen in ihrem sozialen Umfeld.
Weiterhin fördert Musik die Entfaltung von kreativen Ressourcen, hilft musische
und kulturelle Bildung zu vermitteln und wirkt sich positiv auf das
Wohlbefinden aus (Hill u.a. 2004: 146 ff.).
Zur Förderung von Geselligkeit trägt Musik bei, weil sie Sprachgrenzen außer
Kraft setzt und durch gemeinsames Musizieren, Tanzen oder Feiern
Möglichkeiten eröffnet, die z.B. in der normalen sprachlichen Kommunikation
nicht möglich wären (Hill u.a. 2004: 146). Gerade deshalb ist Musik
wahrscheinlich in der Interkulturellen Arbeit und in der Gemeinwesenarbeit
besonders wichtig.
Weiterhin schafft Musik für Klienten der Sozialen Arbeit Entfaltungsräume und
aktiviert durch die Einbringung der Personen in den musikalischen Prozess
Ressourcen. TeilnehmerInnen können so z.B. neue Fertigkeiten entdecken und
41
sich von vorherigen Blockaden und unmusikalischen Zuschreibungen lösen.
Musische und kulturelle Bildung wird erreicht, indem z.B. Kenntnisse über
Instrumente erlernt werden. Wichtig ist außerdem, dass die TeilnehmerInnen
einer musikalischen Einheit soziales Lernen erfahren. Es wird gelernt, sich in
einer Gruppe zu integrieren und in dieser zu kommunizieren (Hill u.a. 2004: 146
ff.).
Musik ermöglicht zudem Gehör- und Persönlichkeitsbildung, indem „hören
gelernt“ wird. Die TeilnehmerInnen bilden sich so ein Bewusstsein hinsichtlich
der eigenen Vorlieben und Abgrenzungen. Die musikalische Erfahrung kann
auch weiter gehen, indem anspruchsvolle und eigene kreative Leistungen
erbracht werden können, sofern es von den Klienten gewünscht wird.
Letztendlich existiert auch eine therapeutische Komponente der Musik, wenn es
sich um die Begleitung von Therapieprozessen handelt, beispielsweise in der
Arbeit mit Menschen mit Behinderungen oder schweren Krankheiten. Hier kann
Musik durch die aktivierende Wirkung Handlungsfähigkeiten verbessern. Ferner
wirkt sie sich positiv auf das Wohlbefinden aus und vermittelt Entspannung. Hill
nennt hier als Beispiel die positive Wirkung einer musikalischen Eltern - Kind
Gruppe in einer Krebsstation, mit dieser ein Entspannungszustand geschaffen
wird, in dem Kommunikation innerhalb der Familie besser ermöglicht wird (Hill
u.a. 2004: 146 ff.).
Zu ähnlichen Zuschreibungen von Musik kommen auch Hartogh und Wickel.
Demnach ist Musik in der Sozialen Arbeit angebracht, weil das Musizieren mit
anderen Menschen sozialer Vereinzelung entgegenwirkt, kulturelle Teilhabe
ermöglicht, eine Möglichkeit der Selbstdarstellung aufzeigt und durch kreatives
Handeln sowie die Entfaltung von schöpferischen Kräften zur
Persönlichkeitsentwicklung beiträgt.
Ferner ermöglicht musizieren Sinneserfahrungen und fördert die
Genussfähigkeit. Weiterhin schafft Musik Atmosphäre und positive Stimmung,
kann also gut als Vorbereitung für verbal orientierte Methoden benutzt werden.
Schließlich dient Musik auch der Schulung von Wahrnehmung und ist deshalb
besonders wichtig für Kommunikation (Hartogh/Wickel u.a. 2004a: 50).
42
Weiterhin schreibt Bruhn zu den Musikpsychologischen Grundlagen des
Menschen, dass Musik einen Anreiz schafft, sich genauer mit einer
Problemstellung oder einer Situation zu beschäftigen. Sie verstärke zudem eine
positive Grundhaltung und fördert Selbstbewusstsein durch Erfolgserlebnisse.
Ferner sei gemeinsames Musizieren Probehandeln in sozialen Situationen. Diese
Fähigkeiten der Musik können helfen den Zugang zu den Klienten zu erleichtern
und Therapien zu ermöglichen (Bruhn u.a. 2004: 68 f.).
„In manchen Fällen kann aber gerade Musik die einzige Möglichkeit
bieten, mit einem schwierigen Jugendlichen oder einem
Patienten in einer Klinik Kontakt aufzunehmen:“
(Herbert Bruhn „Musikpsychologische Grundlagen“ in
Hartogh/Wickel (Hrsg.) 2004: 68)
Hier erkennt man deutlich den Nutzen der Musik für die Soziale Arbeit. Durch
musikalische Intervention kann anscheinend bei Klienten ein Zugang hergestellt
werden, die auf sonstige Methoden nicht oder nur wenig reagieren.
Der Grundansatz des Einsatzes von Musik in der Sozialen Arbeit ist, dass jeder
Mensch musikalisch ist. Schließlich kann jedes akustische Erlebnis als Musik
empfunden werden, es ist nur von Bedeutung, ob der Hörer oder Musiker das
Erlebnis als Musik ansieht – oder eben nicht. Auch bei Kindern ist dieses
Empfinden schon stark ausgeprägt. Auf Basis dieses Verständnisses steht Musik
jedem Klientenkreis offen (Hartogh/Wickel u.a. 2004a: 45f.).
Ich kann also festhalten, dass Musik überall eingesetzt werden kann, sich ein
Didgeridooprojekt dementsprechend nicht auf einen festen Klientenkreis
festsetzen lässt und definitiv offen für alle sein kann.
Hill zeigt außerdem, dass Musik wichtig ist, indem er die
Kommunikationstheorie von Paul Wazlawick zitiert und dabei Musik als
Analoge Kommunikation im Sinne Wazlawicks bezeichnet. Musik sei nicht so
eng mit Bedeutungen verknüpft, wie die Sprache, da hier ein allgemeinerer
43
Zeichenvorrat vorliegt, der sich z.B. in Rhythmik, Dynamik und Melodie
ausdrückt. Dementsprechend setzt sich die Musik über kulturelle Grenzen
hinweg und ermöglicht eine wechselseitige Kommunikation. Dies gilt gerade in
der Improvisation, hierbei sollte der Fokus allerdings auf das
Gemeinschaftserlebnis und nicht auf den Bildungsaspekt liegen. Ferner gilt dies
nicht für das reine Musik hören, sondern für gemeinsam selbst gespielte Musik
in Gruppen. (Hill u.a 2004: 132 ff.)
„Im gemeinsamen Singen und Spielen können also Beziehungen
hergestellt, verändert und gefestigt werden, anders als dies durch
sprachgesteuerte Prozesse möglich wäre.“ (Burkhard Hill „Musik“
in Jäger/Kuckhermann (Hrsg.) 2004, 134)
Musik scheint also eine Sprache zu sein, die über kulturelle Grenzen hinaus
gesprochen wird. In praktischer Anwendung können Menschen durch
musikalische Praxis kommunizieren, ohne besondere Sprachkenntnisse erlernen
zu müssen. Ich schließe also daraus einen besonderen Stellenwert der
musikalischen Gruppenimprovisation für die Interkulturelle Arbeit und
dementsprechend für die Soziale Arbeit.
Peter Ausländer fasst die Möglichkeiten von Musik auf das menschliche
Zusammenleben und die Kommunikation innerhalb von verschiedenen Gruppen
in dem Referat „Musikalische Bildung grenzt nicht aus!“ (Ausländer 2011)
zusammen. Demnach hat musikalische Praxis, bei „richtiger“ Anwendung in
Form von ausgewählten Stücken im Bereich der Neuen Musik, eine wichtige
Funktion für das menschliche Miteinander.
Im oben genannten Text führt Ausländer ein Konzept des musikalischen Spiels
an, das vorallen durch niederschwelligen Zugang besticht (Ausländer 2011: 4).
So existieren beispielsweise Stücke der Neuen Musik, die keinerlei Vorwissen
oder Talent mit Musik oder Instrumenten benötigen und dennoch eine volle
Partizipation aller TeilnehmerInnen ermöglichen. Ausländer nennt hier z.B. das
Stück „irreversible“ von Mathias Spahlinger (Ausländer 2011: 7). Dieses Stück
und ähnliche bieten Möglichkeiten für ein Zusammenspiel aller Altersklassen,
Herkünfte und Leistungsstufen, also sowohl für Menschen mit und ohne
44
Migrationserfahrung, sehr jungen und sehr alten Personen, sowohl mit oder ohne
Behinderungen (Ausländer 2011: 4 ff.) . Dadurch wird eine musikalische Praxis
ermöglicht, die Separationsprozessen entgegenwirkt, welche für Ausländer
derzeit unser gesellschaftliches Zusammenleben negativ prägen (Ausländer
2011: 2).
„Wenn wir gemeinsam Musik machen und Zusammenspiel erleben,
werden uns Möglichkeiten bewusst, wie wir zu einer Kultur des
Miteinanders von Unterschiedlichem zurückfinden können.“
(Ausländer 2011: 1)
Anhand der Ausführungen von Ausländer sieht man deutlich ein praktisches
Konzept, für Musik in der Sozialen Arbeit, das meiner Meinung nach im Sinne
der theoretischen Annahmen von Hill, Hartogh und Wickel gut anwendbar für
die interkulturelle-, Kinder-, Jugend- und Gemeinwesenarbeit.
Zusätzlich scheint es ratsam gerade neue Musik zu benutzen. Möglicherweise
lässt sich diese auch gut mit dem Didgeridoo verbinden.
6. Fazit des Didgeridooeinsatzes im Zusammenspiel mit Kinder-
und Jugendgruppen
An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass sich das ein oder andere
Fazit bereits in den entsprechende Kapiteln findet. Im Folgenden sollen sich nur
die wichtigsten Erkenntnisse und eine grobe Konzeptbeschreibung eines
Didgeridooeinsatzes in der Sozialen Arbeit, wiederfinden.
Meine eigenen Erfahrungen, die Interviews und die Ratschläge aus der Literatur
zum Einsatz von Musikinstrumenten und Gruppenimprovisation geben einige
Hinweise auf die Einsatzmöglichkeiten des Didgeridoo.
Festgestellt habe ich, dass das Didgeridoo als Instrument eine gute Grundlage
für die musikalische Praxis mit Gruppen bieten kann. Gerade wenn man es
45
verfremdet, die Spielweise nicht auf den Grundton beschränkt und einen freien
Umgang mit anderen Spielformen wahr nimmt, bietet es sich aufgrund der
daraus resultierenden Niederschwelligkeit, Spontanität und Einfachheit an.
Ferner könnte hier den von mir festgestellten (wenn auch seltenen)
Berührungsängsten durch den niederschwelligen Einstieg vorgebeugt werden.
Weiterhin ermöglichen es Didgeridoos aus HT - Rohren den Kindern viele
musikalische Entdeckungen zu machen. Es kann vor Allem mit Reduktionen,
Aufsätzen und Verlängerungen experimentiert und die Tonveränderung entdeckt
werden. Dies trifft sowohl für den Grundton, aber auch für die anderen
Techniken zu. Dabei kann das Didgeridoospiel Kreativität anregen und lässt
Raum für Inspirationen. Hier bietet sich auch das so genannte Slidedigeridoo an.
Außerdem ist das HT - Rohr – Instrument sehr belastbar und günstig in der
Anschaffung. Nach meinen Berechnungen bedarf es für ein einfaches
Didgeridoo mit Mundstück weniger als zwei Euro. Je nachdem, wie viele
potenzielle Variationen ermöglicht werden sollen, muss man hier allerdings noch
mehr Budget einplanen, hier ist zu rechnen mit fünf bis vierzig Euro, je nach
Ausführung. Der günstige Preis bietet sich in der Sozialen Arbeit gerade wegen
dem chronischen Geldmangel Sozialer Einrichtungen an, wie ich in vielen
Seminaren der FH - Bielefed und in meinen Praktika erfahren habe.
In meiner persönlichen Erfahrung mit dem Didgeridoo habe ich festhalten
können, dass das Didgeridoo auf jeden Fall einen Spaßfaktor bietet. Bei einer
Projektvorstellung kann ich mir vorstellen, das dadurch Interesse und
Motivation potenzieller TeilnehmerInnen geweckt werden könnte. Hier gilt es
wiederum mögliche Vorurteile wegen der Exotik und dem „Australien“ - Flair
vorzubeugen oder einzubinden. Das kann einerseits eine Australienwoche an
einer Schule sein. Andererseits wäre es denkbar die vielen verschiedenen
„modernen“ Didgeridoos aus Glas, Plastikrohren, sowie Fertigungstechniken
wie die „Sandwichtechnik“ zu erläutern, um einen regionalen Bezug zum
Instrument herzustellen.
Die Interviews mit den Musikern zeigten außerdem, dass das Didgeridoo schon
bei Kindern im Grundschulalter spielbar ist. Und auch wenn der Grundton nicht
die Basis für das Zusammenspiel sein muss, kann er sehr schnell erlernt werden,
46
was weitere Spielformen, vorallen in Kombination mit einer kreativen
Einbringung der HT - Rohre ergeben kann.
Zudem ist es sicherlich angebracht, weitere Instrumente zu nutzen, da das
Didgeridoo mit vielen zusammen benutzt werden kann.
Hinsichtlich des kuturellen Hintergrundes der Ureinwohner Australiens muss ich
zugeben, dass ich es etwas bedaure, ihn nicht mit einem Kapitel gewürdigt zu
haben. Doch wie bereits erwähnt, muss das Didgeridoo meiner Meinung nach
nicht zwangsweise nur mit Australien in Verbindung gebracht werden. Zudem
denke ich, dass eine Einbettung der Aboriginekultur in diese Arbeit viel Platz in
Anspruch nehmen würde. Ich möchte den Leser darum bitten diese Lücke nicht
als Respektlosigkeit gegenüber dieser Kultur zu werten. Ich denke vielmehr,
dass das Thema sehr wichtig ist, auch für die Soziale Arbeit. Trotzdem oder
gerade deshalb erscheint es mir in meinen Augen an anderer Stelle passender,
wo mehr Platz für diesen kulturellen Hintergrund vorhanden ist und dieser
stärker in den Vordergrund steht.
6.1 Konzeptidee
Ein Didgeridoo – Projekt kann kurz und spontan erfolgen, sollte dann auf jeden
Fall nicht nur die Grundtontechnik enthalten. Auch wäre es aus meiner Sicht
nicht von Vorteil das Instrument auf Grundtonspielweise vorzuspielen, sondern
den TeilnehmerInnen die Spieltechniken selbst entdecken zu lassen. Dies würde,
da ein musikalisch perfektes Vorbild nicht vorhanden wäre, Versagenssängsten
vorbeugen und gleichzeitig Kreativität und gegenseitige Inspiration wecken. Bei
einem langfristigen Projekt sehe ich dies eher als Einstieg an. Ferner könnte man
den Kurs dann offen gestalten, sodass bei Interesse, auch Grundtontechniken
und ähnliches gelernt werden und darauf aufgebaut wird.
Eine Möglichkeit sehe ich hier in einer Verbindung des musikalischen
Konzeptes von Peter Ausländer (Ausländer, 2011: 5 ff.) mit den Erfahrungen,
47
die ich bei den Bielefeld Didgers gemacht habe. Beginnen könnte man z.B. mit
einer Didgeridoogruppe, die aus einigen interessierten Personen besteht. Der
Klangteppich, der von den ersten TeilnehmerInnen, nach einiger Übung,
geschaffen wird, setzt die Grundlage. Da das Konzept für alle Personen offen ist,
kommen nach und nach immer mehr hinzu. Diese bekommen allein durch das
Zuschauen möglicherweise einen niederschwelligen Einstieg in die Musik.
Ferner können sich die TeilnehmerInnen, die nun über unterschiedliche
Erfahrungen mit den Instrumenten verfügen gegenseitig Hilfestellungen geben.
Hierbei außerdem müsste klar sein, dass jeder TeilnehmerInnen und Besucher
die Freiheit hat, sich eines der bereitgestellten Instrumente zu nehmen und unter
den Deckmantel der vorhandenen Musik, des Klangteppichs, spontan
einzusteigen. Dabei können neben Didgeridoos auch andere Instrumente,
vorallen perkussive, hinzugezogen werden. Da sich das Didgeridoo auch als teils
sehr schweres Instrument herrausgestellt hat, sollen hier keine TeilnehmerInnen
ausgegrenzt oder abgeschreckt werden. Hierbei sorgen ergänzende Instrumente
für einen breiteren Zugang und die Möglichkeit des musikalischen
Zusammenspiels aller Personen.
Ergänzend könnten hier Musikstücke der neuen Musik von Spahlinger, wie
Ausländer sie empfiehlt (Ausländer 2011: 4) eingesetzt werden.
Zusätzlich müsste der Gruppenleiter Basisspieltechniken der vorhandenen
Instrumente kennen und diese auf Wunsch der TeilnehmerInnen oder im
Vornherein, einfach und simpel erläutern.
Im weiteren Verlauf könnten außerdem rhythmische Übungen eingebracht
werden, gerade im Zusammenspiel mit den Perkussionsinstrumenten. Da nach
der Meinung mancher Musiker dies gerade bei Kindern gut möglich ist, denke
ich, dass damit Motivation aufrecht gehalten wird, welche für ein langfristiges
Projekt wichtig sein kann.
Weiterhin bleibt noch die Möglichkeit, Geschichten und Informationen über die
Kultur der Ureinwohner Australiens einzubauen. Dies halte ich in einem Projekt,
was neben dem Didgeridoo auch andere Instrumente enthält, nur für notwendig,
wenn alle anderen Instrumente auch vorgestellt werden oder ein
Didgeridooprojekt aufgrund einer Kulturwoche oder ähnlichen Verantstaltung
48
durchgeführt wird. Ferner empfinde ich den Bezug zu Australien nicht primär,
wenn mit HT - Rohren und Materialien aus der deutschen und westlichen
Didgeridooszene gearbeitet wird. Hierbei denke ich, dass es sinnvoller ist die
kreativen Dimensionen lokaler Didgeridoohersteller und den entsprechenden
Akkulturationsprozess in Deutschland hervorzuheben. Dies würde auch sinnvoll
sein, um das Didgeridoo als ernsthaftes Instrument und nicht als Kuriosität
Demnach sollte die Einbindung der Aboriginekultur nicht aus Prinzip erfolgen.
Aus Respekt zum Ursprung des Instruments, würde ich jedoch persönlich dieses
Thema immer ansprechen. In dieser Arbeit habe ich es wegen der aufgeführten
Bedenken, aber auch aus Platzmangel nicht mehr aufgeführt. Ferner denke ich,
dass im Kontext eines Didgeridooprojektes mit HT – Rohren eher die
Akkulturation des Instruments im Deutschen Raum und eben jene Variationen
aus unserem Kulturkreis wichtig erscheinen.
Mit den Interviews und meinen eigenen Erfahrungen habe ich versucht die eher
allgemeinen Empfehlungen zur Gruppenimprovisation, die in der Literatur zu
finden ist, auf Kinder, Jugendliche und schließlich auf das Didgeridoo zu
beziehen.
Gerade für Kinder und Jugendliche gilt schließlich dieses Fazit. Es darf dennoch
gerne für andere Altersgruppen zählen, da ich davon ausgehe, dass viele der
Vorteile des Didgeridoos auch für jene gelten.
Die Einsatzmöglichkeiten, wie beispielsweise im Jugendzentrum und die offene
Gestaltung des Konzeptes, machen es meines Erachtens möglich, externe
Personen mit einzubinden. Dies könnten Eltern und Großeltern und Besucher
einer solchen Einrichtung sein. Hier wäre auch ein Einsatz in der interkulturellen
Arbeit denkbar, da das Konzept niederschwellig ist und ich denke, dass mit
wenig Erklärung (Basisspieltechniken) eine Spiel möglich wird. Dies kann
dementsprechend auch interkulturell passieren, da die Sprachbarierren
schließlich, wie schon in Kapitel 5.4 dieser Arbeit, nach Hill, festgehalten
wurde, in dem gemeinsamen Zusammenspiel außer Kraft gesetzt werden.
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Letztendlich muss ich zugeben, dass diese Ergebnisse wahrscheinlich nicht für
alle Personen gelten. Es wird in der Praxis, meiner Erfahrung nach, immer
Änderung und Unvorhergesehenes geben. So verschiedenen wie wir alle sind, so
verschieden und offen für neues muss auch ein Projekt sein, gerade wenn es
niederschwellig und offen sein soll. Somit gibt es kein Universalkonzept für
einen Didgeridooeinsatz in der Sozialen Arbeit, nur Hinweise auf die Stärken
und Schwächen dieses Instrumentes. Diese Arbeit hat einige Möglichkeiten und
Grenzen aufgezeigt, an die sich ein Didgeridoo- oder Musikbegeisterter
Pädagoge richten kann – oder auch nicht.
7. Literatur- und Quellenverzeichnis
Ausländer, Peter (Mai 2011): Musikalische Bildung grenzt nicht aus!
Musikschulkongress '11, Congress Centrum Mainz.
Ausländer, Peter (2006): Musikwerkstatt und Klanglabor. Vlotho.
Bruhn, Herbert 2004: Musikpsychologische Grundlagen. In Hartogh/Wickel
(Hrsg.): Handbuch Musik in der Sozialen Arbeit, S. 57 – 70. Weinheim.
Martini, Ulrich 2004: Selbstbau von Musikinstrumenten. In Hartogh/Wickel
(Hrsg.): Handbuch Musik in der Sozialen Arbeit, S. 269 – 280.
Weinheim.
Hartogh, Theo/Wickel, Hans Hermann 2004a: Musik und Musikalität. In
Hartogh/Wickel (Hrsg.): Handbuch Musik in der Sozialen Arbeit, S. 45 – 56.
Weinheim.
Hartogh, Theo/Wickel, Hans Hermann 2004b: Instrumentarium. In
Hartogh/Wickel (Hrsg.): Handbuch Musik in der Sozialen Arbeit, S. 113
– 122. Weinheim.
Hartogh, Theo (Hrsg.)/Wickel, Hans Hermann (Hrsg.) u.a. 2004c: Handbuch
Musik in der Sozialen Arbeit, Weinheim.
Hill, Burkhard 2004: Musik. In Jäger/Kuckhermann (Hrsg.): Ästhetische Praxis
in der Sozialen Arbeit, S. 121 – 156. Weinheim.
50
Hollenberg, Lloyd 2004: Die Akustik des Didjeridu. In Lindner (Hrsg.): Das
Didgeridoo-Phänomen, S. 105 – 124. 2. Auflage, o.O.
Jers, Norbert 2004: Gruppenimprovisation. In Hartogh/Wickel (Hrsg.):
Handbuch Musik in der Sozialen Arbeit, S. 123 – 134. Weinheim.
Lindner, David 2001: Die Neuen Didgeridoos. Das Didgeridoo in Mitteleuropa,
Schönau im Odenwald.
Lindner, David 2004: Von der Urzeit zur Moderne – Die Didgeridoo-Evolution.
In Lindner (Hrsg.): Das Didgeridoo-Phänomen, S. 255 - 270. 2. Auflage,
o.O.
Schellberg, Dirk 1999: Didgeridoo. 5. Auflage, Diever.
Spitzer, Manfred 2009: Musik im Kopf. 9. Auflage, Stuttgart.
Thiel, Stefan 2004: Didgeridoos in der Sandwichtechnik. In Lindner (Hrsg.):
Das Didgeridoo-Phänomen, S. 161 – 184. 2. Auflage, o.O.
7.1 Weitere Quellen:
Halat, Eddy: http://www.eddyhalat-didges.com, letzter Zugriff am 26.4.12 um
23.00 Uhr
Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes
Nordrhein-Westfalen: http://www.Kulturundschule.de, Suche:
Didgeridoo, letzter Zugriff: am 10.04.12 um 20.22 Uhr
Wikipedia Foundation Inc.: http://de.wikipedia.org/wiki/Charlie_McMahon,
letzter Zugriff am 26.4.12 um 23.17 Uhr
Wikipedia Foundation Inc.: http://de.wikipedia.org/wiki/Gary_Thomas, letzter
Zugriff am 26.4.12 um 23.18 Uhr
Wikipedia Foundation Inc.: http://de.wikipedia.org/wiki/Polsterpfeife, letzter
Zugriff am 16.4.12 um 12.15 Uhr
Stanelle, Ingo:
http://www.saxophonista.de/saxophonista/data/frameset_work.html,
letzter Zugriff am 11.4.12 um 13.44 Uhr
51
Interviews geführt von Tobias Tiemann im März 2012, mit folgenden Personen:
Anonymes Mitglied der „Bielefeld Didgers“
Christian Falkenrich
Heino Lamm
Ingo Stanelle
Marc Iwaszkiewicz
Ulf Heße
Volker Hadebusch
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8. Anhang
Links im Bild erkennt man eine mögliche Bauweise, aus HT – Rohren. Die drei
Ausgangselemente sind schwenkbar. Die Mundstücke austauschbar und somit in
Länge und in der Form variierbar. Ferner kann das Instrument vielfach zerlegt
und erweitert werden.
Rechts daneben ein Didgeridoo, das mit der Sandwichtechnik hergestellt wurde.
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9. Erklärung
Hiermit versichere ich, die vorliegende Arbeit eigenständig und nur unter
Benutzung der angegebenen Hilfsmittel angefertigt zu haben. Alle zitierten oder
sinngemäß übernommenen Textstellen habe ich als solche gekennzeichnet und
die Zitierquellen vollständig angegeben.
Mit einer Auslegung in der Fachhochschulbibliothek bin ich nicht einverstanden.
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(Ort, Abgabedatum)
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(Unterschrift)
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