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Page 1: Constructive Alignment und Lernzielorientierung...Constructive Alignment bezeichnet die wechselseitige Abstimmung von Lernzielen (respektive beabsichtigten Lernergebnissen), Lehr-Lernaktivitäten

Lukas Musumeci

Schreibzentrum

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Constructive Alignment und Lernzielorientierung

UNIVERSITÄTSKOLLEG

Constructive Alignment

Ein lernendes System

Constructive Alignment bezeichnet die wechselseitige Abstimmung von

Lernzielen (respektive beabsichtigten Lernergebnissen), Lehr-

Lernaktivitäten und Prüfungen. Die Lehr- Lernaktivitäten sollen darauf

ausgerichtet sein, dass die Studierenden die Lernziele erreichen. Ob dies der

Fall ist, misst die Prüfung. Sie gibt also sowohl Lehrenden wie auch

Lernenden ein Feedback darüber, ob die Lernenden die gesetzten Ziele

erreicht haben. Diese Feedback wiederum kann die Lehrenden dazu

veranlassen, Lernziele, Lehr- Lernaktivitäten und Prüfung besser

aufeinander abzustimmen. So entsteht ein lernendes System.

Lernziele gestalten im StaatsorganisationsrechtLernziele ergeben sich nicht alleine aus dem Fach oder dem Lerngegenstand,

auch wenn sie von diesem abhängen. Lehrende müssen sie setzen. Diese

didaktische Entscheidung hängt von einer Reihe von Parametern ab.

Diesbezüglich ist zu unterscheiden zwischen den von außen gesetzten

Rahmenbedingungen und Entscheidungen, welche Lehrende innerhalb

dieses Rahmens treffen müssen.

Lernziele

Begriff

Lernziele sind zumeist schriftliche Aussagen darüber, wozu Studierende

nach erfolgreichem Lernen in der Lage sein, was sie also wissen und

können sollen. Lernziele sind von reinen Umschreibungen der Lerninhalten,

wie wir sie etwa in Prüfungsgegenständekatalogen finden, abzugrenzen.

Erstere bestehen aus zwei Komponenten, einer inhaltlichen und einer

prozessualen. Die inhaltliche Komponente beschreibt den Lerngegenstand,

die prozessuale den kognitiven Prozess, ein in der Regel beobachtbares

Verhalten der Lernenden im Zusammenhang mit dem Lerngegenstand.

Störungen

Voraussetzung für ein konsequentes Constructive Alignment ist eine

Personalunion von Lehrendem, Prüfendem und Korrigierendem.

Störungen entstehen also da, wo verschiedene Personen diese Funktionen

arbeitsteilig wahrnehmen. Im juristischen Studium fallen vor allem die

folgenden Konstellationen auf.

• (Nicht)verknüpfung AG und zugehöriger Lehrveranstaltung

• Lehrender ist nicht Prüfende, insbesondere Staatsexamen

• Einsatz von Korrekturassistenten

Damit die Störungen nicht zu Brüchen werden können sie aufgefangen

werden, indem

• Rückkoppelungsschlaufen eingebaut und

• Gemeinsame Lernziele formuliert werden.

Evaluation

Synthese

Analyse

Anwenden

Verstehen

Wissen

Eigene Setzungen

Welche Kompetenzen?

▪ Gutachtenkompetenz

▪ Weitere allgemeine juristischen Kompetenzen (z.B. Orientierung in der

Textlandschaft)

▪ Staatsorganisationsrechtsspezifische Kompetenzen (z.B. Umgang mit der

Offenheit des Grundgesetzes)

▪ Überfachliche Kompetenzen (z.B. Selbstlernkompetenz)

Welche rechtlichen Kontexte?

▪ Rechtsvergleichung

▪ Europa- und Völkerrecht

▪ Andere öffentlich-rechtliche Teilrechtsgebiete

▪ Straf- oder Privatrecht (z.B. Gesellschaftsrecht)

Welche außerrechtlichen Kontexte

▪ Politik und Politologie

▪ Staatstheorie und –philosophie

▪ Historisch

▪ Gesellschaftlich, kulturell und soziologisch

▪ Organisationstheorie

Inhalt

„Zusammensetzung und Wahl der

Verfassungsorgane“

Kognitive Handlung

„darstellen“

Lernzielebenen

In der Hochschule werden drei Ebenen von Lernzielen unterschieden, die

sich in ihrem Abstraktionsgrad unterscheiden.

• Richtziele auf Studiengangs- und Modulebene,

• Grobziele auf Lehrveranstaltungsebene und

• Feinziele auf der Ebene der einzelnen Unterrichtseinheiten

Autoren von Grob- und Feinzielen sind die betreffenden Lehrenden,

individuell oder, was besonders für die Grobziele wünschenswert wäre,

kollektiv bezogen auf einen Studiengang oder ein Modul. Die Zielebenen

sind idealerweise so verknüpft, dass sich die Ziele einer Ebene an der

übergeordneten Ebene ausrichten.

Lernzieltaxonomien

Lernzieltaxonomien sind Klassifizierungssysteme, anhand welcher sich

Lernziele, in der Regel ihrer Komplexität nach, einteilen lassen. Sie helfen

Lehrenden dabei, die Komplexität bereits gesetzter Lernziele zu evaluieren

und neue Lernziele auf der gewünschten Stufe anzusiedeln. Die wohl

einflussreichste ist die Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich von

Benjamin Bloom et al. (1956).

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Rahmenbedingungen

Rahmenbedingungen ergeben sich durch

• direkte Vorgaben z.B. in Juristenausbildungsgesetzen, Studienordnungen

und Richtzielformulierungen

• implizite Vorgaben, die sich aus der curricularen Stellung ergeben.

Die curriculare Stellung ist in verschiedener Hinsicht relevant. Sie gibt

Aufschluss über das erwartbare Vorwissen und die angemessene

Komplexität der Lernziele.

Lernziele in einem SchlaufenmodellDie folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Vorlesung StaatsrechtI: Staatsorganisationsrecht, durchgeführt von Arne Pilniok an derUniversität Hamburg im Wintersemester 2013/14.

Abschichtende Sequenzierung

In der Lehr- Lernforschung wird davon ausgegangen, dass an Vorwissen

anzuknüpfen, einen hohen Lerneffekt zeitigt. Deshalb haben wir haben

uns entschieden, die Veranstaltung abschichtend zu sequenzieren. Das

bedeutet, dass in vier Modulen zentrale Themen mehrfach aus

unterschiedlichen Perspektiven oder mit anderen Schwerpunkten

behandelt wurden. Dieses Vorgehen erlaubte es, sukzessive Vorwissen

aufzubauen, auf das die Studierenden bei jedem Vertiefungsschritt

zugreifen konnten.

Lernziele zum Demokratieprinzip

Modul 1: Das Grundgesetz kennenlernenIm ersten Modul sollten sich die Studierenden das notwendigeOrientierungswissen erarbeiten, um mit dem Grundgesetz arbeiten zukönnen. Wie ist das Grundgesetz aufgebaut? Welches sind seineStrukturprinzipien? Welches die Verfassungsorgane? Wie läuft derGesetzgebungsprozess ab?

• Die Strukturprinzipien benennen und in den Grundzügen erläutern

können, insbesondere

• die Umsetzung des Demokratieprinzips beschreiben können.

Modul 2: Das Grundgesetz verstehen lernen

In Modul 2 wurden die Inhalte aus Modul 1 vertieft. Dabei sind wir vom

Normalfall ausgegangen und nicht von den verfassungsrechtlichen

Konfliktfällen.

• Mehrheitswahlrecht und Verhältniswahlrecht voneinander abgrenzen

können.

• Beschreiben können, wie der Bundestag gewählt wird.

Modul 3: Mit dem Grundgesetz argumentieren lernen

Anknüpfend an Modul zwei wurden typische Konfliktsituationen und

mögliche Argumentationsstrategien erörtert.

• Erklären können, weshalb Verfassungsgerichte Sperrklauseln für

Bundestags-, Europa- und Kommunalwahlen unterschiedlich

beurteilen.

• Die Argumente des Bundesverfassungsgerichts bewerten können.

Modul 4: Grundgesetzexpert*in werden

Wiederholend und vertiefend wurden zentrale Themen aufgegriffen und

in größere Kontexte gestellt.

• Die Funktionen, Voraussetzungen und Grenzen des Mehrheitsprinzips

und des Minderheitenschutzes zueinander in Beziehung setzen

können.

• Die Ausformung von Mehrheitsprinzip und Minderheitenschutz im

Staatsorganisationsrecht analysieren und bewerten können.

Welche Inhalte?Keine Lehrveranstaltung kann die Inhalte des betreffenden Fachsvollständig behandeln. Alle Lehrenden müssen innerhalb des ihnenvorgegebenen Rahmens Entscheidungen bezüglich der zu behandelndenInhalte treffen. Hier schließt sich auch die Frage an, wie die (inhaltliche)Arbeitsteilung zwischen Vorlesung, AG und Selbststudium verwirklichtwerden soll.

LiteraturKrüper, Julian, Pilniok Arne (Hrsg.), Staatsorganisationsrecht Lehren, Baden-Baden 2016Musumeci, Lukas, Lernziel- und Kompetenzorientierung am Beispiel desStaatsorganisationsrecht, in Krüper/PilniokPilniok, Arne/Musumeci, Lukas, Anhang 4 – Beispiel eines Lernzielkataloges für dieVorlesung Staatsorganisationsrecht, in: Krüper/PiliokBiggs, John/Tang, Catherine, Teaching for Quality Learning: What the Student Does, 4.Auflage, San Francisco 2011