RohstoffeCRAS
HKUR
S
ISBN: 978-3-942888-50-9
CRASH-
KURS
Rohstoffe
HBÖRSENBUCVERLAG
Gold, Öl und nicht zuletzt Seltene Erden – mit Rohstoffen ließen sich in den
vergangenen Jahren enorme Gewinne erzielen. Doch wie investieren Anleger am
besten in Gold? Steigt der Ölpreis auf ein neues Allzeithoch? Und was genau
versteckt sich hinter den heiß begehrten Seltenen Erden? Diese Fragen und noch
viele mehr beantworten die beiden Rohstoff-Experten Marion Schlegel und
Markus Bußler in diesem Buch. Leicht verständlich führen sie den Privat anleger
in die Welt der Rohstoffe ein und geben dem erfahrenen Anleger ein ideales
Nachschlagewerk an die Hand. Geballte und wertvolle Informationen über
Energie rohstoffe, Edelmetalle, Industriemetalle, Seltene Metalle und Agrar-
rohstoffe – und wie man diese Informationen in bares Geld ummünzt.
Geld verdienen mit Gold,
Öl, Seltenen Erden & Co.
Das Grundlagenwerk für
Rohstoff-Investoren
Marion Markus
Schlegel Bußler
�������
Mit einem Vorwort von Hans A. Bernecker
Crashkurs_Rohstoffe_Broschur.indd 1 22.07.2011 13:40:30
1 / Crashkurs Rohstoffe
CrashkursRohstoffe
Geld verdienen mit Gold, Öl, Seltenen Erden & Co.Das Grundlagenwerk für Rohstoff-Investoren
Crashkurs Rohstoffe.indb 1 19.07.2011 15:56:39
© Copyright 2011:BÖRSENMEDIEN AG; KULMBACH
Gestaltung und Satz: Jürgen Hetz, denksportler Grafikmanufaktur Johanna Wack, BörsenbuchverlagLektorat: Claus RosenkranzDruck: Bercker Graphischer Betrieb GmbH & Co. KG
Marion Schlegel, Markus Bußler – Crashkurs RohstoffeISBN 978-3-942888-50-9
Band 8 der Serie „Crashkurs“
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der fotomechanischen Wiedergabe und der Verwertung durch
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Crashkurs Rohstoffe.indb 2 19.07.2011 15:56:40
3 / Crashkurs Rohstoffe
Inhalt
Crashkurs Rohstoffe.indb 3 19.07.2011 15:56:40
Die in diesem Buch vorgestellten Sachverhalte, insbesondere
Informationen über einzelne Unternehmen, dienen ausschließlich
zur Information der Leser über grundlegende Sachverhalte und
spiegeln die Meinung der Autoren wider. Kein in diesem Buch
dargestellter Sachverhalt stellt eine Aufforderung zum Kauf oder
Verkauf von Aktien dar.
Crashkurs Rohstoffe.indb 4 19.07.2011 15:56:40
5 / Crashkurs Rohstoffe
Inhalt
Vorwort ...................................................................................................................... 07
Kapitel 1 – Der Megatrend des 21. Jahrhunderts ...... 11
Kapitel 2 – Energierohstoffe ............................................................... 15
Kapitel 3 – Edelmetalle ............................................................................ 63
Kapitel 4 – Industriemetalle ............................................................147
Kapitel 5 – Seltene Metalle ..............................................................171
Kapitel 6 – Agrarrohstoffe..................................................................191
Kapitel 7 – Ein Muss für jedes Depot ................................... 219
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7 / Vorwort
Vorwort
Hans A. Bernecker
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9 / Vorwort
Zum Geleit.
Rohstoffe sind im Laufe der letzten Jahre eine besondere Asset-Klasse
geworden. Bis zur Jahrhundertwende waren Rohstoffe ein Markt, der
im Wesentlichen vom Verbrauch der Industrie und den Förderungen
abhing. Die Marktbewegungen und mithin die Preisgestaltung spielten
sich im Rahmen der Erwartungsgrößen zwischen effektiver Nachfrage
und effektivem Angebot ab.
Als Asset-Klasse hat sich der Markt für Rohstoffe inzwischen fast
verzehnfacht. Es bedeutet, dass Finanzinvestoren auf die Werthaltig-
keit von Rohstoffen setzen und mit eigenen Preiserwartungen unter-
legte Investorenprogramme realisieren. Daraus entstand ein völlig neu-
er Markt, der mit den ursprünglichen Verhältnissen von Angebot und
Nachfrage nur noch wenig gemein hat. Die Rolle der Finanzinves-
toren unterliegt anderen Kriterien, die wohl auch die künftige Ent-
wicklung an den Rohstoffmärkten bestimmen dürften. Die Einschät-
zung der Preise resultiert aus den tatsächlichen Verbrauchswerten der
Industrieländer und den hochgerechneten Erwartungen für die kom-
menden Jahre, woraus sich Preisentwicklungen ableiten lassen, die die
Grundlage jedes Investments darstellen. So können die Annahmen
über den chinesischen Verbrauch an Kupfer ebenso nachhaltig sein,
wie sie völlig falsch dargestellt sein können. Das ergibt zusammen ein
Marktbild mit sehr unterschiedlichen Einflussgrößen, jedoch von
höchstem Interesse.
Wer in Rohstoffe investiert, kann sich nicht an seinen Erfahrungen mit
Aktien oder Anleihen orientieren, sondern muss die Besonderheiten be-
rücksichtigen, die sich aus zwei Dingen herleiten:
Jeder Markt hat eine Grundtendenz von Menge und Preis, die an den
realen und effektiven Märkten ausgerichtet sind. Man kann es auch ei-
nen Zielkorridor oder einen Trend nennen.
Crashkurs Rohstoffe.indb 9 19.07.2011 15:56:40
Crashkurs Rohstoffe / 10
Die Volatilität aller Preise in diesem Markt ist jedoch so hoch wie in
kaum einem anderen Markt. Daran orientieren sich spekulative Inves-
toren, die mit hinreichender Technik diese Schwankungen nutzen
können. Darin liegt das eigentliche Interesse von Investoren oder Spe-
kulationen.
Der Crashkurs zeigt Ihnen, wie Sie die markttechnischen Besonder-
heiten nutzen können und wie Sie dies auch dauerhaft als ein Betäti-
gungsfeld der besonderen Art ansehen können. Er gliedert die Arbeits-
gebiete sorgfältig auf und stellt die Werkzeuge vor, die Sie für die Arbeit
benötigen. Ohne diese Werkzeuge und ohne die richtige Anwendung
der Werkzeuge ist die Gefahr von Fehlgriffen einfach zu groß.
Rohstoffe als Asset-Klasse sind keine Langfristinvestments, in denen
man in Kupfer oder Silber investiert, um jahrelang engagiert zu bleiben.
In den kurzfristigen Preisbewegungen nach beiden Seiten liegt der
Charme von Rohstoffspekulationen für den Privatanleger.
Legen Sie deshalb den Crashkurs auf Ihren Schreibtisch oder neben
den Computer. Sie werden immer wieder danach greifen müssen, um
nachzulesen, wie das eine oder andere zu verstehen beziehungsweise zu
interpretieren ist. Erst mit sehr viel Erfahrung können Sie dann mit ei-
genständigen Erkenntnissen das Richtige tun.
Damit ist eigentlich alles gesagt, wie Sie in Rohstoffen erfolgreich spe-
kulieren können, um mit hinreichender Sicherheit Ihre Verluste zu be-
grenzen. Auch das gehört zu einem Crashkurs wie bei einem Auto: Sie
können jedes Auto so rasant fahren wie Sie wollen, vorausgesetzt, dass
die Bremse funktioniert und Sie auch die Geistesgegenwart haben, die
Bremse zu bedienen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Hans A. Bernecker
Crashkurs Rohstoffe.indb 10 19.07.2011 15:56:40
11 / Megatrend Rohstoffe
Der Megatrend des 21. Jahrhunderts
Kapitel 1
Crashkurs Rohstoffe.indb 11 19.07.2011 15:56:40
Crashkurs Rohstoffe / 12
Der Markt für Rohstoffe boomt – ein Ende ist nicht in Sicht. Die welt-
weite Industrialisierung sowie die immens steigende Weltbevölkerung
dürften Rohstoffe in den kommenden Jahrzehnten immer begehrter
machen. Insbesondere die aufstrebenden Volkswirtschaften der BRIC-
Staaten Brasilien, Russland, Indien und China sowie deren unaufhalt-
samer Drang nach höheren Lebensstandards werden die Rohstoffmärk-
te enorm mitbestimmen. Diese Entwicklung, gemeinsam mit der zu-
nehmenden Knappheit vieler Rohstoffe, macht diese immer wertvoller
und lässt die Preise von Gold, Öl & Co steigen.
Die drohende Rohstoffknappheit ist ohnehin ein Schlüsselproblem
des noch jungen 21. Jahrhunderts. Viele Experten gehen davon aus,
dass beispielsweise der Höhepunkt bei der Erdölförderung (Peak Oil)
bereits überschritten wurde. Eine weitere Verknappung könnte umfas-
sende Folgen für die Weltwirtschaft haben. Aber nicht nur fossile Ener-
gieträger werden knapper. So hat der Wettlauf um die als Seltene Erden
bezeichneten wichtigen Metalle bereits begonnen. Kein Handy, kein
iPhone, kein Laptop kommt ohne sie aus. Ohne sie würde die Mensch-
heit ins 20. Jahrhundert zurückgeworfen werden. Auch Agrarrohstoffe
könnten mehr und mehr zur Rarität werden. So sorgen immer stärkere
Wetterkapriolen wie Dürren, Überschwemmungen oder Stürme für
ein geringeres Angebot. Gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Biodie-
sel und eine zunehmende Zahl von Menschen will außerdem ernährt
werden. Und auch Edelmetalle wie beispielsweise Silber könnten Schät-
zungen zufolge in den kommenden Jahren knapp werden.
Immer mehr institutionelle und insbesondere private Anleger entde-
cken derzeit die Anlageklasse Rohstoffe für sich. Neben vielen Punk-
ten, die für ein Investment in Rohstoffe sprechen, nimmt ihre Bedeu-
tung als Schutz vor Inflation stetig zu. So wird beispielsweise Gold selbst
dann noch etwas wert sein, wenn die Menschheit schwere Krisenzeiten
durchlebt. Aber auch bei anderen Rohstoffen ist der Zusammenhang
Crashkurs Rohstoffe.indb 12 19.07.2011 15:56:40
13 / Megatrend Rohstoffe
zwischen der Inflations- und der Preisentwicklung am Rohstoffmarkt
sehr ausgeprägt. Bei einer Beschleunigung der Teuerungsrate steigen his-
torisch betrachtet auch die Preise für beispielsweise fossile Brennstoffe,
Edelmetalle und Agrarprodukte. Anleger erreichen also durch die Bei-
mischung von Rohstoffprodukten zu ihrem Portfolio einen wirksamen
Schutz vor Inflation.
Doch was genau beeinflusst eigentlich die Kurse der Rohstoffe, auf
was muss man als Anleger achten und wo bieten sich die besten Chan-
cen? Um diese Fragen zu beantworten, wird auf den folgenden Seiten
alles Wichtige zu den einzelnen Rohstoffen kompakt aufbereitet. So
kann jeder Anleger bestens gewappnet seine ersten Rohstoffinvest-
ments in Angriff nehmen oder der erfahrenere Investor wird besser
vorbereitet auf Kauftour gehen. Denn eines ist sicher: Rohstoffe wer-
den im 21. Jahrhundert eine zentrale Rolle spielen.
Crashkurs Rohstoffe.indb 13 19.07.2011 15:56:40
Crashkurs Rohstoffe.indb 14 19.07.2011 15:56:40
15 / Energierohstoffe
Energierohstoffe
Kapitel 2
Crashkurs Rohstoffe.indb 15 19.07.2011 15:56:40
Crashkurs Rohstoffe / 16
Nimmt man das Handelsvolumen der Terminkontrakte oder aber die
gesamtwirtschaftliche Bedeutung als Grundlage, dann sind Energieroh-
stoffe eindeutig der bedeutendste Rohstoffmarkt überhaupt. Dabei sind
die Kontrakte auf die Rohöl-Futures die mit Abstand wichtigsten Kon-
trakte. Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass pro Tag rund 85
Millionen Barrel Öl gefördert werden. Bei einem Rohölpreis von 90 Dol-
lar je Barrel errechnet sich ein Marktvolumen von 7,65 Milliarden Dollar.
Rohöl ist auch mit einem Anteil von 35 Prozent der wichtigste Ener-
gielieferant, gefolgt von Kohle mit 29 Prozent und Erdgas mit 24 Pro-
zent. Regenerative Energieträger befinden sich zwar auf dem Vormarsch,
sind aber zurzeit noch weit davon entfernt, die fossilen Energien abzu-
lösen. Weder die Produktion von Gütern noch deren Transport kommt
ohne Energierohstoffe aus. Damit hat die Entwicklung der Weltwirt-
schaft einen großen Einfluss auf die Notierungen der Rohstoffe, aber
auch politische Entscheidungen zur Energieversorgung können sich bei
den Preisen niederschlagen.
Abb. 2.0: Reserven – Produktion – Ressourcen
7,0 %
45,0 % 18,3 %
16,9 %
0,4 %
8,1 %
3,2 % 1,0 % 45,1 % Hartkohle
18,3 % Erdgas, konventionell
16,9 % Erdöl, konventionell
8,1 % Weichbraunkohle
7,0 % Erdöl, nicht konventionell
3,2 % Uran
1,0 % Thorium
0,4 % Erdgas, nicht konventionell
Reserven
Crashkurs Rohstoffe.indb 16 19.07.2011 15:56:40
17 / Energierohstoffe
25,3 %
32,2 %
34,9 %
2,1 %5,6 %
34,9 % Erdöl
32,2 % Hartkohle
25,3 % Erdgas
5,6 % Uran
2,0 % Weichbraunkohle
Produktion
69,5 %
8,1 %
16,9 %
0,4 % 2,1 %
1,5 %0,9 %
0,7 %
69,5 % Hartkohle
16,9 % Erdgas, nicht konventionell
8,0 % Weichbraunkohle
2,1 % Erdöl, nicht konventionell
1,5 % Erdgas, konventionell
0,9 % Uran
0,7 % Erdöl, konventionell
0,4 % Thorium
Ressourcen
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Anteile der einzelnen Energierohstoffe an der Förderung, den Reserven
und den Ressourcen der nicht erneuerbaren Energierohstoffe
Stand: Ende 2008
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Crashkurs Rohstoffe / 18
Rohöl
Von den Anfängen zur GegenwartEs ist schon mehrere Tausend Jahre her, dass Menschen das erste Mal
auf Erdöl stießen. Man geht davon aus, dass bereits die römischen Legi-
onen Erdöl als Schmierstoff für Achsen und Räder verwendet haben.
Doch erst Mitte des 19. Jahrhunderts fiel der Startschuss für die nach-
haltige Förderung. Es war der kanadische Arzt und Geologe Abraham
Gesner, der 1846 bei seinen mineralogischen Untersuchungen einen Pro-
zess entdeckte, mit dem man Petroleum aus Kohle gewinnen kann.
Sein neues Produkt nannte er Kerosin.
Eigentlich war Gesner auf der Suche nach einer preiswerteren Alter-
native zu Walöl als Brennstoff für Lampen. Sicherlich hatte er sich da-
mals nicht träumen lassen, dass Erdöl einmal der wichtigste fossile Roh-
stoff der Welt werden würde. Als findiger Geschäftsmann gründete er
16
640
12
10
15
kumulierte Förderung Ressourcen
Reserven
in Gt Reserven: 161,0 Gt (= 229,9 Gt SKE)Förderung: 3,8 Gt (= 5,4 Gt SKE)
15
17
14
24
18
24
7
613
21
44
102
4
29
Weltkarte Erdöl
Abb. 2.1
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Crashkurs Rohstoffe.indb 18 19.07.2011 15:56:41
19 / Energierohstoffe Rohöl
1850 die „Kerosene Gaslight Company“, die zunächst in Halifax, später
auch in vielen anderen Orten Kanadas Straßenbeleuchtungen errichte-
te. Die Expansion ließ nicht lange auf sich warten. 1854 gründete er
unter dem Namen „North American Kerosene Gas Light Company“ in
den USA seine erste Niederlassung. Am 27. Juni 1854 erhielt er schließ-
lich auf seine Erfindung des Kerosins die US-Patente 11.203, 11.204
und 11.205.
Doch für die Geschichte des Erdöls ist ein weiterer Name von entschei-
dender Bedeutung: Edwin L. Drake. Er machte einen der ersten bedeu-
tenden Ölfunde am 27. August 1859 am Oil Creek in Pennsylvania.
Drake stieß in nur 21,2 Metern Tiefe auf die erste amerikanische Öl-
quelle. Bald förderte er 4.000 Liter Öl pro Tag. Das Erdöl wurde anschlie-
ßend in der Fabrik von Samuel Kier destilliert. Das gewonnene Petro-
leum wurde zur gefragten Alternative zu Lampenöl. Ein Jahr später stan-
den in Pennsylvania bereits 2.000 Bohrtürme. Damit nahm in den USA
zehn Jahre nach dem Goldrausch der Öl-Boom seinen Anfang.
Die Ölkrise und ihre Folgen
Angesichts der vielseitigen Einsatzbereiche von Rohöl verwundert es
nicht, dass sich längst Metaphern wie „Schwarzes Gold“ oder auch
„Schmierstoff der Weltwirtschaft“ eingebürgert haben. Sie alle bringen
Spätestens mit dem Aufstieg der Autoindustrie gewann
Öl immer mehr an Bedeutung. Heute wird Öl nicht nur
als Energierohstoff verwendet, sondern findet auch in der
Produktion von Kunststoffen, Düngemitteln, Farben oder
Medikamenten Verwendung. Selbst in alltäglichen Dingen findet
sich Öl wieder. So werden beispielsweise für die Produktion einer
gewöhnlichen Handzahnbürste 0,1 bis 0,2 Liter Rohöl benötigt.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 19 19.07.2011 15:56:41
Crashkurs Rohstoffe / 20
zum Ausdruck, wie wichtig und wertvoll Rohöl für die Weltwirtschaft
ist. Wie abhängig die Wirtschaft und auch jeder Einzelne von Rohöl ist,
zeigte sich nicht zuletzt durch die Ölkrise 1973. Damals drosselte die
Organisation der Erdöl exportierenden Länder (OPEC) die Fördermen-
ge um circa fünf Prozent – der Preis für ein Barrel Öl (159 Liter) schnell-
te daraufhin um rund 70 Prozent nach oben. Der Grund für die Dros-
selung: Die arabisch dominierte OPEC wollte die westlichen Nationen
unter Druck setzen, die im sogenannten Jom-Kippur-Krieg Israel un-
terstützten.
Als Reaktion darauf beschloss Deutschland ein Fahrverbot an vier
Sonntagen im November und Dezember 1973. Mag man das als histo-
risch-nostalgische Fußnote der Ölkrise betrachten, so traf es die Wirt-
schaft und den Arbeitsmarkt weit härter. Deutschland musste im fol-
genden Jahr rund 17 Milliarden D-Mark mehr für Ölimporte ausge-
ben. Die ohnehin schwächelnde Wirtschaft rutschte noch tiefer in die
Krise. Steigende Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit waren die Folge.
Eine Zahl soll an dieser Stelle verdeutlichen, welchen Stellenwert Öl
heute hat. Laut der International Energy Agency (IEA) lag der Anteil
der Ausgaben für Öl im Jahr 2010 bei 4,1 Prozent des Welt-Bruttoin-
landsprodukts (BIP). Steigt der Ölpreis nachhaltig auf mehr als 100
Dollar, dann würde der Wert knapp fünf Prozent betragen, bei mehr
als 150 Dollar würden die Ausgaben bei 7,5 Prozent des BIP liegen.
Diese Zahlen verdeutlichen auch, welche Auswirkungen steigende
Ölpreise auf die Konjunktur haben können. Nicht umsonst folgte in
den vergangenen Jahrzehnten auf starke Kurssprünge beim Öl meist
zeitversetzt eine Rezession der Wirtschaft.
Trotz aller Bemühungen, sich durch regenerative Energien unabhän-
giger von fossilen Energieträgern zu machen, ist Öl auf Sicht der nächs-
ten Jahrzehnte aus der Wirtschaft nicht wegzudenken. Allerdings rech-
net der Mineralölkonzern BP in der Publikation „BP Energy Outlook
Crashkurs Rohstoffe.indb 20 19.07.2011 15:56:41
21 / Energierohstoffe Rohöl
2030“ damit, dass der Anteil erneuerbarer Energien am Energie-
wachstum von fünf Prozent auf 18 Prozent im Jahr 2030 steigen wird.
Öl ist nicht gleich Öl
Weltweit werden mehr als 30 Rohölsorten angeboten. Für den Anle-
ger sind vor allem zwei Sorten wichtig: Brent und West Texas Interme-
diate (WTI). Beide Sorten werden zu den sogenannten „süßen“ Leicht-
ölen gezählt. Brent stammt aus der Nordsee, genauer gesagt aus der
Region zwischen den Shetlandinseln und Norwegen. Es wird an der
Londoner Warenterminbörse ICE Futures gehandelt. WTI hingegen
hat seinen Ursprung in den USA und wird an der New York Mercantile
Exchange (NYMEX) gehandelt. Brent-Öl ist von etwas schlechterer
Qualität und daher in der Raffinierung kostspieliger. Entsprechend ist
WTI in den vergangenen Jahren im Mittel rund 1,30 Dollar höher ge-
handelt worden als Brent. Zu Beginn des Jahres 2011, mit den aufkom-
menden Unruhen in Nordafrika, veränderte sich die Situation jedoch.
Brent-Öl in Prozent zu 2008 WTI-Öl in Prozent zu 2008
2008 2009 2010 2011
-60
-40
-20
0
20
40
60
Abb. 2.2
Crashkurs Rohstoffe.indb 21 19.07.2011 15:56:42
Crashkurs Rohstoffe / 22
Der Preis für Brent-Öl stieg erheblich stärker als der für WTI. Der
Grund dafür: Brent ist mittlerweile die Referenzgröße für knapp 65
Prozent aller Ölgeschäfte weltweit. Der Brent-Preis gilt auch im Nahen
Osten als Referenzpreis. Die politischen Unruhen in der Region laste-
ten entsprechend stärker auf dem Preis für Brent. Dazu kommt: Der
Markt für Brent ist weit weniger transparent als der für WTI in den
USA. Dort werden regelmäßig Lagerdaten veröffentlicht.
Das Beispiel der Ölkrise, aber auch der Unruhen in Nordafrika zeigt:
Der Ölpreis reagiert sehr sensibel auf geopolitische Ereignisse. Weitere
Beispiele sind der Einmarsch Iraks in Kuwait Anfang der 1990er-Jahre
oder die US-Invasion im Irak. Anleger, die sich für ein Engagement in Öl
oder Öl-Aktien entscheiden, sollten dies stets im Hinterkopf behalten.
Nichts geht ohne den Dollar
Doch egal ob Brent oder WTI – der Ölpreis wird in Dollar gehandelt.
Gerade Anleger im Euroraum sollten deshalb bei Engagements in Öl
stets die Entwicklung des Dollarkurses im Auge behalten. Allerdings
ist die Kritik an der Dollar-Währungshegemonie in den vergangenen
Jahren immer lauter geworden. Einem Bericht von The Independent
aus dem Herbst 2010 zufolge planen China, Russland, Brasilien, Japan
sowie einige Golfstaaten, den Ölhandel bis 2018 nicht mehr in Dollar
abzuwicklen. Im Gespräch ist ein Währungskorb aus Yuan, Yen, Rubel,
Euro, Gold und anderen Rohstoffen, der den Dollar ablösen kann. Die
Gerüchte erhalten weitere Nahrung, da sich der weltgrößte Ölprodu-
zent Saudi-Arabien mit Kuwait, Bahrain und Katar auf eine Wäh-
rungsunion geeinigt hat. Auf längere Sicht ist auch eine physische
Währung geplant. Gut möglich also, dass früher oder später der Öl-
preis tatsächlich nicht mehr in Dollar gehandelt wird. Die politische
Brisanz wäre immens.
Crashkurs Rohstoffe.indb 22 19.07.2011 15:56:42
23 / Energierohstoffe Rohöl
Handeln ohne Währungsrisiko
Es gibt allerdings eine Möglichkeit für Anleger, das Währungsrisiko
aus der Kursentwicklung von Rohstoffzertifikaten auszuklammern.
Man spricht hier von sogenannten Quanto-Zertifikaten. Quanto steht
für „Quantity Adjusted Option“. Anleger sollten sich jedoch vor Augen
führen, dass sie damit auch Währungschancen eliminieren. Bei Quan-
to-Zertifikaten wird der in Dollar gehandelte Ölpreis im Prinzip „eins
zu eins“ in Euro umgewandelt, das heißt, die Wertentwicklung des Öl-
preises entspricht auch der Wertentwicklung des Zertifikats. Allerdings
gibt es diesen Schutz nicht umsonst. Da dem Emittenten bei der Absi-
cherung von Währungsrisiken Kosten entstehen, verlangen sie in der
Regel einen Aufschlag für Quanto-Zertifikate. Dabei spielt neben der
Volatilität auch die Zinsdifferenz zwischen beiden Währungen (in der
Regel Dollar und Euro) eine entscheidende Rolle.
Die Bedeutung des OPEC-Kartells wächst
Die wichtigste Organisation, deren Name immer wieder im Zusam-
menhang mit der Erdölförderung fällt, ist zweifelsohne die OPEC. Das
Kartell aus zwölf Mitgliedsländern mit Sitz in Wien förderte zuletzt
Für Anleger stellt sich vor allem eine Frage: Wann lohnen
sich Quanto-Zertifikate? Für die Beantwortung dieser
Frage spielt natürlich die Entwicklung der Währungen
eine entscheidende Rolle. Eine Aufwertung des Euros kann
die Performance bei der Entwicklung von Rohstoffzertifikaten
mitunter zunichte machen. Also sollten Quanto-Zertifikate dann
gewählt werden, wenn der Anleger mit einem stark steigenden
Euro im Vergleich zum Dollar rechnet.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 23 19.07.2011 15:56:42
Crashkurs Rohstoffe / 24
über 30 Prozent des weltweiten Gesamtvolumens an Öl. Derzeit gehö-
ren der OPEC Algerien, Angola, Ecuador, Iran, Irak, Kuwait, Libyen,
Nigeria, Katar, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und
Venezuela an. In den kommenden Jahren könnte jedoch Bewegung in
die Mitgliedstaaten kommen. So rechnet beispielsweise der US-Ölmil-
liardär T. Boone Pickens damit, dass sich Russland schon bald der
OPEC anschließen könnte. Der Einfluss der OPEC dürfte damit weiter
zunehmen.
Bereits in ihrer jetzigen Zusammensetzung verfügt die OPEC über
rund drei Viertel der weltweiten Ölreserven. Der Anteil der OPEC-Staaten
an der Ölproduktion wird in den kommenden Jahren merklich steigen.
Die Internationale Energieagentur (IEA) prognostiziert, dass 80 Prozent
der zusätzlichen Förderung aus OPEC-Staaten stammen wird. Hoch-
rechnungen zufolge dürfte der Anteil des Kartells bis zum Jahr 2030 auf
52 Prozent steigen. Das verwundert nicht, da die meisten Nicht-OPEC-
Mitglieder mittlerweile ihr Fördermaximum überschritten haben.
Derzeit besitzt Saudi-Arabien nach eigenen Angaben die mit Abstand
größten Ölreserven der Erde. Allerdings gibt es unter Experten Zweifel
an den tatsächlichen Reserven und Ressourcen der OPEC-Mitglied-
staaten. So könnte Berichten zufolge Saudi-Arabien seine Ölreserven
um 300 Milliarden Barrel zu hoch ausgewiesen haben. Auch andere
OPEC-Mitgliedstaaten verfahren möglicherweise so. Immerhin haben
die Ölreserven entscheidenden Einfluss auf die durch die OPEC zuge-
teilten Förderquoten. Mit diesen Förderquoten will die OPEC ein Gleich-
gewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Weltmarkt schaf-
fen. Allerdings gibt die Förderdisziplin der OPEC-Länder immer wie-
der Anlass zu Spekulationen. Gerade in Zeiten hoher Ölpreise kursier-
ten wiederholt Gerüchte, einzelne Länder könnten weit mehr Öl fördern
als eigentlich vereinbart, um die hohen Notierungen in bares Geld
umzumünzen.
Crashkurs Rohstoffe.indb 24 19.07.2011 15:56:42
25 / Energierohstoffe Rohöl
Neben Saudi-Arabien verfügen Venezuela, der Iran und der Irak inner-
halb der OPEC über die größten Ölvorkommen, doch alle drei Länder
sind alles andere als stabile politische Größen. Die ehrgeizigen Ziele, die
sich insbesondere der Irak und der Iran bei der Ölproduktion gesetzt
haben, könnten sich außerdem als zu ambitioniert erweisen. So will der
Irak bis zum Jahr 2017 zusätzliche 9,9 Millionen Barrel pro Tag (mb/d)
fördern. Der irakische Ölminister erklärte sogar, sein Land wolle bis
2016 zum führenden Ölproduzenten weltweit werden. Experten sind je-
doch skeptisch. Sie gehen davon aus, dass der Irak bis zum Jahr 2020 ins-
gesamt fünf mb/d fördern kann. Die fehlende Infrastruktur und die ge-
ringe Investitionstätigkeit dürften einer höheren Produktion im Wege
stehen. Ähnlich sieht es im Iran aus. Die Sanktionen gegen das Land wer-
den einen schnelleren Ausbau der wichtigen Infrastruktur verhindern.
Der Zugang zu Kapital und zu Fachkräften wird immer schwieriger.
Brasilien – Immense Vorkommen auf hoher See
Außerhalb der OPEC ruhen die Hoffnungen neben Russland auch auf
Brasilien. Dabei handelt es sich aber zum Großteil um Offshore-Vor-
kommen, also Öl, das unter dem Meeresgrund gefördert werden muss.
Die OPEC dürfte Interesse an einem moderat steigenden
Ölpreis haben. Allerdings hat allen voran Saudi-Arabien
in der Vergangenheit versucht, extreme Kursanstiege
durch eine höhere Förderung auszugleichen. Zu hohe Öl-
preise führen zum einem zu Bemühungen, regenerative Ener-
gien noch schneller und stärker zu fördern. Zum anderen brem-
sen hohe Ölpreise auch die Konjunktur. Beide Faktoren lasten
wiederum mittelfristig auf dem Ölpreis.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 25 19.07.2011 15:56:42
Crashkurs Rohstoffe / 26
Die Ölfelder liegen in einer Meerestiefe von fünf bis acht Kilometern
und am Meeresgrund selbst muss noch eine etwa drei Meter dicke Salz-
schicht aufgebohrt werden, um an das begehrte Öl zu kommen. Die
technischen Herausforderungen sind immens. Nicht zuletzt das Un-
glück auf der BP-Plattform Deepwater Horizon im Jahr 2010 hat ver-
deutlicht, wie schnell Fehler zu einer Umweltkatastrophe führen kön-
nen. Die Sicherheitsanforderungen werden in den kommenden Jahren
sicherlich nicht zuletzt aufgrund dieses Vorfalls weiter steigen – und
Tiefseebohrungen noch kostspieliger machen. Derzeit liegen die För-
derkosten bei rund 60 Dollar/Barrel. Ungeachtet dessen will der brasi-
lianische Ölmulti Petrobras in den kommenden Jahren rund 200 Mil-
liarden Dollar in die Entwicklung des Ölvorkommens investieren.
Peak Oil: Hirngespinst oder bereits Wirklichkeit?
Sicherlich werden solche Mammutprojekte in den kommenden Jah-
ren und Jahrzehnten vermehrt von den Ölmultis angegangen werden.
Der Grund: Seit Jahren wurde kein sogenanntes Elefantenfeld, also kein
riesiges neues Ölfeld mehr entdeckt. Und damit drängt sich Experten,
aber auch Anlegern eine Frage auf: Ist eventuell Peak Oil bereits erreicht?
Gerade als sich der Ölpreis im Jahr 2008 der Marke von 150 Dollar je
Barrel genähert hat, geisterte der Begriff durch die Medien. Peak Oil
bezeichnet dabei den Zeitpunkt, zu dem das globale Ölfördermaxi-
mum erreicht ist. Bereits 1956 prägte Marion King Hubbert diesen Be-
griff. Damals war Hubbert bei Shell tätig und prognostizierte für die
USA Peak Oil für den Zeitraum zwischen 1965 und 1970. Tatsächlich
bewies er dabei ein gutes Gespür. Die USA erreichten 1971 ihr Förder-
maximum. Mittlerweile haben die meisten Nicht-OPEC-Staaten die-
sen Punkt überschritten, Russland beispielsweise 1987, Mexiko 2004.
Crashkurs Rohstoffe.indb 26 19.07.2011 15:56:42
27 / Energierohstoffe Rohöl
Neuentdeckungen 2005-2009
Onshore Flachwasser
0-400m 400-1500m >1500m
Tiefwasser Tiefstwasser
0
5
10
15
20
25
in M
illia
rden
Ton
nen
Ölei
nhei
ten
Abb. 2.3
Quelle: Deutsche Rohstoffagentur
Auch in der Nordsee wurde das Fördermaximum im Jahr 2000 er-
reicht. Für die weltweite Rohölproduktion prognostizierte Hubbert
Peak Oil für das Jahr 2010.
Tatsächlich gibt es nicht wenige, die der Ansicht sind, dass Peak Oil
bereits erreicht ist beziehungsweise in naher Zukunft bevorsteht. Die
Internationale Energieagentur und auch das PostFossil Institut gehen
davon aus, dass das Fördermaximum für konventionelles Erdöl bereits
erreicht ist. Die jetzige Produktionsmenge könnte deshalb nur noch
wenige Jahre aufrechterhalten werden, bevor die Förderung unweiger-
lich drastisch sinken wird. Diese Entwicklung würde nur durch die
Entdeckung neuer Felder aufgehalten werden können. Auch die öster-
reichische Erste Bank geht in ihrem „Spezial Report Öl“ aus dem Jahre
2011 davon aus, dass das globale Fördermaximum bei koventionellem
Öl demnächst erreicht sein dürfte.
Ein Indiz dafür, dass Peak Oil bereits erreicht ist oder kurz bevor-
steht, könnte die Fördermenge sein: So befand sich die Ölproduktion
Crashkurs Rohstoffe.indb 27 19.07.2011 15:56:42
Crashkurs Rohstoffe / 28
2010 in etwa auf dem Niveau von 2005 – und das, obwohl der Preis deut-
lich höher lag. Zudem wurden seit Beginn der industriellen Erdölför-
derung bis Ende 2008 rund 155 Gigatonnen (Gt) Erdöl gewonnen. Da-
mit wurde fast so viel Erdöl gefördert, wie Reserven an konventio-
nellem Erdöl ausgewiesen werden. Rechnet man die Ressourcen noch
hinzu, so kommt man auf knapp 40 Prozent des Gesamtpotenzials an
konventionellem Erdöl, das bereits gefördert ist. Somit dürften diejeni-
gen, die von einem bereits erreichten oder nahenden Fördermaximum
sprechen, gute Argumente auf ihrer Seite haben.
Die Auswirkungen von Peak Oil und eines anschließenden Rückgangs
der Ölproduktion hat das Zentrum für Transformation der Bundes-
wehr in der Studie „Peak Oil: Sicherheitspolitische Implikationen knap-
per Ressourcen“ untersucht. Die Folgerungen sind umstritten und die
Bundesregierung hat bereits erklärt, diese nicht zu teilen. In der Studie
wird vor einem möglichen Bedeutungsverlust westlicher Industrie-
mächte und einer Verschiebung der politischen und wirtschaftlichen
Abb. 2.4: Nachgewiesene Ölreserven in Prozent
8,4 %
6,9 %
5,9 %
65,8 %
9,7 %
3,4 % 65,8 % Naher Osten
9,7 % Nordamerika
8,4 % Europa & Eurasien
6,9 % Lateinamerika
5,9 % Afrika
3,3 % Asien
1989: insgesamt 1.006,4 Milliarden Barrel
Crashkurs Rohstoffe.indb 28 19.07.2011 15:56:42
29 / Energierohstoffe Rohöl
Machtgleichgewichte gewarnt. Außerdem könne es zu einem Rückfall in
die Planwirtschaft kommen.
Bei der OPEC selbst und insbesondere in Saudi-Arabien ist Peak Oil
hingegen beinahe ein Tabuthema. Dort beruft man sich gerne darauf,
dass in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten die Reserven ständig
9,9 %
9,0 %
7,8 %
63,2 %
6,4 %
3,1 %
63,8 % Naher Osten
9,9 % Europa & Eurasien
9,0 % Lateinamerika
7,8 % Afrika
6,4 % Nordamerika
3,1 % Asien
1999: insgesamt 1.085,6 Milliarden Barrel
10,3 %
14,9 %
9,6 %
56,6 %
5,5 %
3,2 %
56,6 % Naher Osten
14,9 % Lateinamerika
10,3 % Europa & Eurasien
9,6 % Afrika
5,5 % Nordamerika
3,1 % Asien
2009: insgesamt 1.333,1 Milliarden Barrel
Quelle: BP Statistical Review of World Energy June 2010
Crashkurs Rohstoffe.indb 29 19.07.2011 15:56:42
Crashkurs Rohstoffe / 30
erhöht wurden. Auch der Ölmulti BP verweist in seinem „Statistical Re-
view of World Energy June 2010“ auf die in den vergangenen 20 Jahren
um rund 30 Prozent erhöhten Reserven – und das trotz der hohen För-
derung in den vergangenen beiden Jahrzehnten (Abb. 2.4).
Zudem gibt es nicht wenige Wirtschaftswissenschaftler, die der An-
sicht sind, dass Peak Oil nicht zum Problem werden wird, da unter
anderem der technologische Fortschritt dazu führe, Ölquellen besser
ausbeuten zu können. Dabei sollte man wissen, dass Ölfelder derzeit
nur zu etwa 15 bis 18 Prozent verwertet werden. Neue Technologien wie
Enhanced Oil Recovery (EOR) oder Improved Oil Recovery (IOR) wer-
den beispielsweise in den USA schon vermehrt eingesetzt. Dabei wird
durch Fluten mit Gas oder Wasser weit mehr Öl aus dem Vorkommen
gedrängt, als es durch herkömmliche Förderung möglich wäre.
Exkurs: Ölsand und Ölschiefer Große Hoffnungen richten einige Experten auch in die Gewinnung
von Erdöl aus sogenanntem Ölsand. Dabei handelt es sich um eine Mi-
schung aus Ton, Silikaten, Wasser und Kohlenwasserstoffen. Ölsande
müssen nach ihrem Abbau in mehreren Schritten weiterverarbeitet
Ob Peak Oil tatsächlich unmittelbar bevorsteht oder be-
reits erreicht ist, wird man erst in einigen Jahren rückbli-
ckend sagen können, da dazu sowohl die Fördermengen
als auch die Reservemengen analysiert werden müssen.
Allerdings scheint eines bereits heute klar: Es dürfte kaum noch
große, leicht zu explorierende Ölfelder geben. In Zukunft wird
die Ölförderung vor allem im Offshore-Bereich und in großen
Tiefen stattfinden. Das wird die Produktionskosten nach oben
treiben – und mit ihnen auch den Ölpreis.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 30 19.07.2011 15:56:42
31 / Energierohstoffe Rohöl
werden, um daraus synthetisches Rohöl zu gewinnen. An dieser Stelle
melden jedoch Umweltschützer nicht ganz zu Unrecht Bedenken an: Bei
der Verarbeitung von Erdsand wird zum einen jede Menge Wasser ver-
braucht, zum anderen sind die Auswirkungen auf das Ökosystem teils
katastrophal. So hat der Abbau von Ölsand beispielsweise im kana-
dischen Bundesstaat Alberta den borealen Wald vollkommen zerstört.
Eine weitere Methode zur Erdölgewinnung besteht in der Verarbei-
tung von Ölschiefer. Dies sind Gesteine, die Bitumen oder schwerflüch-
tige Öle enthalten. Allerdings ist die Gewinnung von Öl aus Ölschiefer
technisch alles andere als einfach. Mittlerweile wird dabei auch die Fra-
cking-Technologie eingesetzt, die im Abschnitt „Erdgas“ beschrieben
wird. Zwar befindet sich diese Technologie auf dem Vormarsch und hat
in den vergangenen Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Doch vor
allem bei Umweltschützern ist das Verfahren höchst umstritten. Die Ge-
winnung aus Ölschiefer ist derzeit wegen der hohen Produktionskos-
ten noch keine Konkurrenz zu konventionell gewonnenem Erdöl.
Fördermenge an Erdöl pro Jahr
1940 1960 1980
historisch Projektion
2000 2020 2040
1
2
3
4
5
6
konv. Erdöl + Flüssiggas+ nicht konv. Erdöl
konv. Erdöl + Flüssiggas
konv. Erdöl (ohne Flüssiggas)
in M
illia
rden
Ton
nen
pro
Jahr
Abb. 2.5
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Crashkurs Rohstoffe.indb 31 19.07.2011 15:56:43
Crashkurs Rohstoffe / 32
Allerdings werden beide Verfahren bei steigenden Ölpreisen vermehrt
in den Blickpunkt rücken. So rechnet etwa die Energy Information Ad-
ministration des US-Energieministeriums (EIA) in ihrem „Internatio-
nal Energy Outlook 2009“ damit, dass nicht-konventionelles Erdöl bis
zum Jahr 2030 einen Anteil von 5,4 Prozent erreichen könnte. Die IEA
ist noch etwas optimistischer und rechnet mit einem Anteil von 6,7 Pro-
zent. Doch die beiden Zahlen zeigen: Weder Ölsand noch Ölschiefer
werden den Zeitpunkt des Fördermaximums weiter hinauszögern kön-
nen. Einzig der steigende Ölpreis könnte dazu führen, dass Ölfelder er-
schlossen werden, deren Ausbeutung aus heutiger Sicht noch zu teuer ist.
Investieren in Öl
Fast alle Experten sind sich einig: Auf lange Sicht wird der Ölpreis wei-
ter steigen. Weltweit könnte es in den kommenden Jahren tatsächlich zu
einer Verknappung kommen. So prognostizierte die Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe bereits 2009, dass Erdöl in abseh-
barer Zeit nicht mehr die zu erwartende Nachfrage decken könne. Für
den Anleger bieten sich einige Möglichkeiten, in Öl zu investieren. Da-
bei sollte er sich jedoch stets vor Augen führen, dass konjunkturelle
Schwankungen auch den Ölpreis binnen kürzester Zeit abstürzen las-
sen können. Mit Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008 brach der
Ölpreis beispielsweise binnen weniger Wochen von knapp 150 Dollar/
Barrel auf unter 40 Dollar/Barrel ein. Börsianer sollten bei einem En-
gagement daher den Markt stets im Auge behalten.
Im Vergleich zu Edelmetallen gibt es bei Öl und bei allen anderen Ener-
gierohstoffen eine Besonderheit: Dem Privatanleger als auch den insti-
tutionellen Anlegern ist es nicht möglich, die gewünschte Menge einfach
in ein Schließfach zu legen. Aus diesem Grund müssen Anleger, die
nicht in Aktien von Ölunternehmen, sondern direkt in Öl investieren
Crashkurs Rohstoffe.indb 32 19.07.2011 15:56:43
33 / Energierohstoffe Rohöl
möchten, den Umweg über Zertifikate wählen. Dabei ist Folgendes zu
beachten: Während sich der Kurs der Zertifikate bei Edelmetallen am
Kassamarkt orientiert, beziehen sich die Kontrakte bei Öl in der Regel
auf die an den Terminmärkten festgesetzten Future-Kurse.
Da aber ein Future-Kontrakt eine bestimmte Laufzeit hat, kommt es
am Ende dieser Laufzeit zum Vorgang des sogenannten Rollens. Damit
wird die Anlieferung der Ware zum Fälligkeitszeitpunkt des Kontraktes
umgangen. Der Anleger kann damit weiterhin investiert bleiben, ohne
tatsächlich das Rohöl abnehmen zu müssen.
Contango und Backwardation
Das Problem des Rollens: Jeder Future hat seinen eigenen Preis. Wird
also der alte Future verkauft, kann der Erlös höher oder niedriger sein
als der Betrag, der für den Kauf des neuen Futures aufgewendet werden
muss. Entsprechend kann es zu Rollverlusten oder Rollgewinnen kom-
men. Der Regelfall ist jedoch, dass die weiter in der Zukunft liegenden
Kontrakte teurer sind. Die Gründe dafür sind die Lagergebühren,
Versicherungskosten und auch Zinsen. Mit anderen Worten: Der An-
leger wird beim Rollen in einen neuen Kontrakt in der Regel Verluste
erleiden.
In diesem Fall spricht man auch von einer Contango-Situation. Hier
sind die Kontrakte mit längerer Laufzeit deutlich teurer. Damit haben
wir es meist dann zu tun, wenn der Markt mit steigenden Preisen beim
Öl rechnet. In einer Contango-Situation können Gewinne aus dem aus-
laufenden Future-Kontrakt durch das Rollen in den nächstlängeren
Kontrakt verringert, aufgezehrt oder im Extremfall sogar in einen Ver-
lust verwandelt werden. Der andere Fall wird Backwardation genannt.
Hier rechnet der Markt mit fallenden Rohölpreisen. Da aber dennoch
Lagergebühren, Versicherungskosten und auch Zinsen anfallen, sind
Crashkurs Rohstoffe.indb 33 19.07.2011 15:56:43
Crashkurs Rohstoffe / 34
die möglichen Rollgewinne, die sich aus einer solchen Situation erge-
ben können, meist geringer Natur.
Emittenten sind in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, Zer-
tifikate mit mehr oder minder ausgefeilten Strategien auf den Markt zu
bringen, die Rollverluste minimieren sollen. Meist werden diese Zerti-
fikate als „rolloptimierte Produkte“ bezeichnet. Die meisten davon
funktionieren jedoch nur in einem normalen Marktumfeld. Bei starken
Kursbewegungen beim Rohöl können sich dennoch größere Rollver-
luste ergeben. Zudem lassen sich die Emittenten einen entsprechenden
Schutz meist auch bezahlen.
Schmierstoff für das Depot
Für Anleger, die direkt auf einen steigenden oder auch fallenden Öl-
preis spekulieren wollen, gibt es eine schier unendliche Auswahl an
Hebelprodukten – sowohl auf WTI als auch auf Brent-Öl. Wem jedoch
das Risiko eines Hebelproduktes angesichts des volatilen Ölpreises zu
hoch ist, der kann mit einem sogenannten Tracker direkt am Ölpreis
partizipieren, ohne Gefahr zu laufen, ausgeknockt zu werden. Aller-
dings besteht auch hier die Gefahr von Rollverlusten. Daher gibt es
auch im Bereich der Tracker rolloptimierte Produkte wie beispielswei-
se das Open-End-Zertifikat auf rolloptimiertes WTI-Öl von Goldman
Sachs (WKN GS1 AA1). Goldman Sachs legt dabei frühere, statische
Rolltermine fest. Normalerweise wird der Kontrakt zwischen dem 5.
und 9. Handelstag eines Monats gerollt. Bei diesem Produkt wird je-
doch bereits zwischen dem 1. und 5. Handelstag gerollt. Der Hinter-
grund: Das Rollen in diesem Zeitfenster hat in der Vergangenheit zu-
sätzliche Gewinne erbracht. Zudem wird in einem modifizierten Ver-
fahren dann gerollt, wenn es zu einer Contango-Situation kommt, bei
der der Preisunterschied zum nächstmöglichen Future weniger als 0,5
Crashkurs Rohstoffe.indb 34 19.07.2011 15:56:43
35 / Energierohstoffe Rohöl
Prozent multipliziert mit dem Roll-Out-Kontraktpreis beträgt. Auf
die se Weise sollen die Rollverluste minimiert werden.
Explorer oder Ölmulti?
Wer in Aktien investieren möchte, kann zwischen kleinen Explorati-
onsunternehmen wählen, deren Kurse im Fall eines erfolgreichen Öl-
fundes häufig durch die Decke gehen, und zwischen Ölmultis, die zu
den größten Konzernen weltweit gehören. Die Liste der an der Börse
gehandelten Ölexplorer ist lang, die Liste derer, die vermutlich nie den
erhofften großen Fund landen, ebenfalls. Diese Kategorie eignet sich
nur für sehr risikobewusste Anleger. Als weitaus konservativer stellen
sich die Aktien der Ölmultis dar. Nimmt man die Liste Fortune Global
500 als Grundlage, befinden sich gemessen am Umsatz gleich fünf Öl-
unternehmen unter den größten börsennotierten Konzernen weltweit.
Aber auch das Investment in einen dieser Top-Player ist nicht ohne
Risiko. Der Unfall auf der Ölplattform Deepwater Horizon von BP im
2007 2008 2009 2010 2011
300
400
500
600
700
BP in Britische Pence
Abb. 2.6
Crashkurs Rohstoffe.indb 35 19.07.2011 15:56:43
Crashkurs Rohstoffe / 36
Jahr 2010, der zu der Ölpest im Golf von Mexiko führte, hat das ge-
zeigt. Am 20. April 2010 kam es auf der Ölbohrplattform zu einer Ex-
plosion. Bis zum 16. Juli 2010 strömten daraufhin zwischen 500.000
und einer Million Tonnen Öl ins Meer. Der Kurs der BP-Aktie brach
binnen kürzester Zeit um rund 50 Prozent ein und erholte sich in der
Folge nur langsam wieder. Zu groß war die Verunsicherung mit Blick
auf mögliche Schadenersatzforderungen. Doch trotz dieser Verunsi-
cherung lief es bereits kurze Zeit nach der Katastrophe operativ erneut
rund bei den Briten und für die kommenden Quartale dürfte bereits
wieder eine Dividende gezahlt werden.
Wer sich für ein Engagement in Exxon Mobil (WKN 852 549) ent-
scheidet, der kann sich, zumindest historisch betrachtet, rühmen, in die
Fußstapfen von John D. Rockefeller zu treten. Schließlich geht Exxon
Mobil, das aus dem Zusammenschluss aus Exxon und Mobil Oil ent-
standen ist, auf die Standard Oil Company zurück. Dabei handelte es
sich bis zur Zerschlagung um das größte Erdöl-Raffinerie-Unternehmen
der Erde. Der Konzern gilt als Quelle für den legendären Reichtum der
2007 2008 2009 2010 2011
50
60
70
80
90
100
Exxon Mobil in US-Dollar
Abb. 2.7
Crashkurs Rohstoffe.indb 36 19.07.2011 15:56:43
37 / Energierohstoffe Rohöl
Rockefeller-Dynastie. Auch Exxon Mobil muss sich in Sachen Reich-
tum schon lange nicht mehr hinter den Rockefellers verstecken, im Ge-
genteil: 2007 erwirtschaftete der Konzern einen Umsatz, der der Grö-
ßenordung des Bruttoinlandproduktes von Belgien entsprach. Freilich,
auch dieser Ölkonzern hatte in der Vergangenheit mit Ölkatastrophen
zu kämpfen. Der Öltanker Exxon Valdez, der am 24. März 1989 vor
Südalaska auf ein Riff lief, ist den meisten sicher noch in Erinnerung.
Damals liefen 37.000 Tonnen Rohöl aus und verseuchten ungefähr
2.000 Kilometer Küste. Doch für die Gewinne des Konzerns spielt
dieses Unglück keine Rolle mehr.
Der größte Energiekonzern weltweit heißt aber nach wie vor Royal
Dutch Shell (WKN A0D 94M). Gemessen am Umsatz war der Ölmulti
2009 der größte Konzern weltweit. In den vergangenen Jahrzehnten ist
das Unternehmen ständig gewachsen. Zuletzt förderte Royal Dutch
Shell 3,8 Millionen Barrel Öläquivalent pro Tag. Mittlerweile ist der
Konzern in über 140 Ländern aktiv, ist neben der Exploration von Öl
und Gas auch im Chemiegeschäft tätig und investiert in regenerative
Energien. Das Unternehmen betreibt Windparks in den USA und entwi-
ckelt unter anderem Kraftstoff aus Biomasse.
Bei der Aktie gibt es eine Besonderheit: Da Royal Dutch
Shell eigentlich im Handelsregister in London eingetra-
gen ist, seinen Sitz aber in Den Haag hat, gibt es sowohl
eine niederländische als auch eine britische Aktie. Grund-
sätzlich sind beide Aktien gleich, doch bei der A-Aktie erhalten
die Anleger die Dividende nach britischem Recht, bei der B-Ak-
tie nach niederländischem. Für Anleger haben also die A-Aktien
den Vorteil, dass in Großbritannien derzeit keine ausländische
Quellensteuer erhoben wird.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 37 19.07.2011 15:56:43
Crashkurs Rohstoffe / 38
Erdgas
Auf dem Weg zum wichtigsten Energieträger Ähnlich wie Erdöl hat auch Erdgas mittlerweile eine breites Spektrum
an Einsatzmöglichkeiten. Bei der Beheizung von Wohnungen ist es auf
dem Vormarsch, bei Gasturbinenkraftwerken wird es zur Stromge-
winnung verwendet und für Autos dient es als Kraftstoff. Das farb-
und geruchlose Gas kommt oft in unterirdischen Lagerstätten gemein-
sam mit Erdöl vor. Dabei sammelt sich das Erdgas über dem Erdöl.
Wird das Reservoir geöffnet, entströmt das Erdgas von selbst. Wurde
es zunächst bei der Erdölgewinnung einfach abgefackelt, dient es
heute als wertvolle Energiequelle. Rund ein Viertel des weltweiten
Ener gieverbrauchs wird mittlerweile durch Erdgas bedient. Die Inter-
nationale Atomenergiebehörde geht sogar davon aus, dass Erdgas bis
zum Jahr 2080 mit einem Anteil von 50 Prozent zum wichtigsten Ener-
gieträger werden könnte. Auch der Ölmulti BP nimmt in seiner Publi-
kation „BP Energy Outlook 2030“ an, dass Erdgas der am schnellsten
wachsende fossile Rohstoff sein wird.
Die Erdgas-Förderung geht relativ einfach vonstatten. Sowohl der hohe
Lagerdruck als auch die Tatsache, dass Erdgas leichter ist als Luft, füh-
ren dazu, dass die Gassäule aus eigener Kraft entweicht. So können bis
zu 80 Prozent einer Lagerstätte gewonnen werden. Allerdings gestaltet
sich der Transport weitaus schwieriger. Zum einen kann Erdgas auch
Anteile von Schwefelwasserstoff enthalten, der durch Entschwefelung
entfernt werden muss. Zum anderen muss das Erdgas, um mit Tank-
schiffen transportiert werden zu können, zunächst verflüssigt werden.
Anschließend wird das flüssige Erdgas wieder in seinen ursprünglichen
Zustand zurückgeführt. Die wichtigsten Förderländer für Erdgas sind
die USA und Russland.
Crashkurs Rohstoffe.indb 38 19.07.2011 15:56:44
39 / Energierohstoffe Erdgas
31
9
37
9
8
3
kumulierte Förderung Ressourcen
Reservenin Bill. m³ Reserven: 191,9 Bill. m³ (= 247,9 Gt SKE)
Förderung: 3,0 Bill. m³ (= 3,9 Gt SKE)
1615
3
117
64
26
2516
75
7535
6
511
Weltkarte Erdgas
Abb. 2.8
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Zwei Kontrakte – zwei Welten Ähnlich wie bei Erdöl werden auch Erdgas-Kontrakte in Dollar gehan-
delt – und zwar in Dollar pro Millionen British Thermal Units (mm-
Btu). Eine Btu ist definiert als die Menge Gas, die benötigt wird, um
ein britisches Pfund Wasser um ein Grad Fahrenheit zu erwärmen.
Der wichtigste Handelsplatz ist die New York Mercantile Exchange
(NYMEX). Der gehandelte Henry Hub Natural Gas Future bezieht sich
auf Erdgas an dem wichtigsten Pipeline-Knotenpunkt Henry Hub in
Louisiana. Aber auch an der Intercontinental Exchange (ICE) wird ein
Gas-Future gehandelt. Er bezieht sich auf das Erdgas, das ins britische
Gasnetz geliefert wird. Dieser Future wird in britische Pence je 10.000
Btu gehandelt. Anleger sollten beachten, dass sich die in Deutschland
gehandelten Kontrakte zumeist auf den Gas-Future an der NYMEX
beziehen. Dies ist deshalb wichtig, da beide Kontrakte sehr stark auf
den Lokalmarkt ausgerichtet sind. Wetterkapriolen wie Hurrikans
Crashkurs Rohstoffe.indb 39 19.07.2011 15:56:44
Crashkurs Rohstoffe / 40
im Golf von Mexiko wirken sich stark auf den Henry Hub Future aus,
allerdings kaum auf den europäischen Gasmarkt. Insofern schwanken
die beiden Kontrakte auch unterschiedlich stark.
Ein Relikt aus den 1960ern: Die Ölpreisbindung
Generell unterliegt der Gaspreis einer höheren Volatilität als der Erd-
ölpreis. Der Grund liegt in der weit niedrigeren Lagerhaltung, die auf
die Beschaffenheit von Gas zurückzuführen ist. Entsprechend schlagen
sich Umweltereignisse, die beispielsweise die Produktion für kurze Zeit
lahmlegen, wesentlich schneller im Gaspreis nieder. Zudem hängen
Angebot und Nachfrage häufig sehr eng mit den klimatischen Verhält-
nissen während der Heizsaison zusammen. Aus diesem Grund sind
Future-Kontrakte für den Winter in der Regel teurer als solche im Som-
mer. Allerdings sollten Anleger mit Blick auf den Henry Hub Future
auch stets im Hinterkopf behalten, dass die Region am Golf von Mexiko
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
4
2
8
12
16
Erdgas in US-Dollar
Abb. 2.9
Crashkurs Rohstoffe.indb 40 19.07.2011 15:56:44
41 / Energierohstoffe Erdgas
gerade im Sommer häufiger von Hurrikans heimgesucht wird. So er-
reichte der Gaspreis sein Hoch nach der schweren Hurrikan-Saison
2005, in der auch Katrina den Südosten der USA heimsuchte und New
Orleans verwüstete. Damals kletterte der Kurs auf mehr als 14 Dollar
je mmBtu. Zur Erinnerung: Der Ölpreis erreicht sein bisheriges Hoch
erst im Sommer 2008.
Daraus zu schlussfolgern, dass der Ölpreis keinen Einfluss auf den Gas-
preis hat, wäre jedoch falsch. Im Gegenteil: So ist etwa in Deutschland
der Preis für Erdgas an den Heizölpreis gekoppelt (Ölpreisbindung).
Die se Koppelung geht auf die 1960er-Jahre zurück und diente damals
der Sicherung von Investitionen im Bereich der Förderung und des
Transports von Erdgas. In der Vergangenheit ist die Ölpreisbindung
immer wieder als kartellrechtlich bedenklich kritisiert worden. Bislang
hat der Bundesgerichtshof jedoch in seiner Entscheidung aus dem
März 2010 nur erklärt, dass Gasversorger ihre Preise nicht mehr aus-
schließlich an die Entwicklung des Ölpreises binden dürfen. Von einem
freien Markt ist man damit aber noch weit entfernt.
Schiefergas: Fluch oder Segen?
Die Reserven an konventionellem Erdgas belaufen sich auf 192 Billi-
onen Kubikmeter. Mehr als die Hälfte davon entfallen auf Russland,
Iran und Katar. Die Versorgung mit Erdgas dürfte angesichts der Re-
serven für die kommenden Jahrzehnte gesichert sein. Allerdings müs-
sen Lieferungen aus dem Iran mit einem Fragezeichen versehen werden
und auch Russland hat in der Vergangenheit bereits gedroht, den Gas-
hahn zuzudrehen.
Schiefergas könnte eine Möglichkeit darstellen, sich von Exporten un-
abhängiger zu machen. In den USA hat sich die Technik in den ver-
gangenen Jahren bereits durchgesetzt, in anderen Ländern, insbesondere
Crashkurs Rohstoffe.indb 41 19.07.2011 15:56:45
Crashkurs Rohstoffe / 42
in Osteuropa, befindet sich Schiefergas ebenfalls auf dem Vormarsch.
Für die Preisentwicklung von Gas, aber auch mit Blick auf eine größere
Unabhängigkeit von einzelnen Gaslieferländern könnte Schiefergas von
entscheidender Bedeutung sein: Schätzungen gehen davon aus, dass
das Potenzial von nicht-konventionellem Erdgas das bekannte Potenzi-
al an konventionellem Erdgas um ein Vielfaches übersteigt. In den USA
stellt Schiefergas bereits jetzt 15 Prozent des US-Gasangebots. Der An-
teil soll in den kommenden Jahren deutlich steigen. Bei der Energy In-
formation Administration geht man davon aus, dass der Anteil von
Schiefergas bis 2035 auf knapp 45 Prozent wachsen wird. Gerade Schie-
fergas hat dazu geführt, dass Gas plötzlich auch für die Stromindustrie
interessant wird. Im Schnitt der vergangenen fünf Jahre wurde Erdgas
mit einem Aufschlag von 3,50 Dollar pro mmBtu zur als Referenzmaß-
stab dienenden NYMEX-Kohle gehandelt. Doch dieses Premium hat
sich mittlerweile in einen Discount von 0,30 Dollar pro mmBtu gewan-
delt. Dies dürfte dazu führen, dass Erdgas auch von Stromproduzenten
vermehrt als Energiequelle genutzt wird.
Schiefergas ist grundsätzlich natürlich vorkommendes Erdgas, das in
Tongestein entsteht und dort gespeichert wird. Bei der Gewinnung von
Schiefergas wird das sogenannte Hydraulic Fracturing oder kurz Fra-
cking verwendet. Dabei wird mit Quarzkügelchen und Chemikalien ver-
setztes Wasser unter hohem Druck in Bohrlöcher gepumpt. Damit wird
das Gestein aufgespalten. Das Problem: Dabei können auch Schwerme-
talle ausgespült werden, die ins Grundwasser gelangen können. Daher
regt sich Widerstand in der Bevölkerung. Allerdings weist die Erste
Group in ihrem „Spezial Report Öl 2011“ darauf hin, dass Schiefergas
meist in einer Tiefe von mehreren Kilometern auftritt, während Grund-
wasser meist nahe der Oberfläche liegt. Damit besteht keine Gefahr für
das Grundwasser, solange das Bohrloch sorgfältig zementiert und aus-
gekleidet ist. Auch der beim Fracking oft kritisierte Wasserverbrauch
Crashkurs Rohstoffe.indb 42 19.07.2011 15:56:45
43 / Energierohstoffe Erdgas
ist bei Weitem nicht so dramatisch wie häufig dargestellt. Für ein
durchschnittliches Bohrloch werden rund 15 Millionen Liter Wasser
verwendet. Eine ähnliche Menge benötigt ein Golfkurs mit 18 Löchern
in circa zwei bis drei Wochen.
Ungeachtet der Bedenken von Umweltschützern wächst die Bedeu-
tung von Schiefergas. In den vergangenen Monaten ist es zu einer regel-
rechten Fusionswelle in der Branche gekommen. So hat beispielsweise
im Juni 2010 Exxon Mobil die US-Firma XTO Energy für 30 Milliar-
den Dollar gekauft. Auch aus China mehrten sich zuletzt die Stimmen,
man wolle vermehrt in Schiefergas-Technologie investieren und sei auch
bereit, dafür bei ausländischen Konzernen einzusteigen. Kein Wunder,
sitzt China doch auf geschätzten 26 Billionen Kubikmetern Schiefer-
gasressourcen.
Investieren in Gas
Wie auch bei Erdöl ist bei Erdgas ein physischer Handel praktisch nicht
möglich. Derivate beziehen sich daher in aller Regel auf den Future –
und zwar wie bereits erwähnt zumeist auf den Henry Hub Natural Gas
Future. Wer auf einen steigenden Erdgaspreis spekuliert, kann sich bei-
spielsweise das Partizipationszertifikat auf den Henry Hub Natural Fu-
ture der Commerzbank (WKN CZ2 4GQ) ins Depot legen. Das Zerti-
fikat hat keine Laufzeitbegrenzung und bildet den Future 1:1 ab. Aller-
dings sollten sich Anleger darauf einstellen, dass es gerade bei Erdgas-
Kontrakten zu starken Rollverlusten kommen kann. Dies liegt daran,
dass Erdgas im Winter stets teurer ist als im Frühjahr. Bislang hat noch
kein Zertifikate-Emittent dieses Problem zufriedenstellend gelöst.
Ebenso bietet sich ein Engagement in den beiden weltweit größten
Erdgasproduzenten an: Gazprom und Chesapeake Energy. Bei Gaz-
prom sollten Anleger beachten, dass in Deutschland die American
Crashkurs Rohstoffe.indb 43 19.07.2011 15:56:45
Crashkurs Rohstoffe / 44
Depository Receipts (ADRs) unter der WKN 903 276 gehandelt wer-
den. Der russische Energiekonzern Gazprom wurde bereits 1992 in
eine Aktiengesellschaft umgewandelt, 2005 fusionierte der Konzern mit
dem Ölunternehmen Rosneft. Gazprom verfügt über ein Sechstel aller
wirtschaftlich gewinnbaren konventionellen Gasreserven der Welt. Zu-
dem treibt Gazprom derzeit den Bau der Ostsee-Pipeline Nord Stream
voran. In der Pipeline sollen ab Ende 2011 zunächst rund 27,5 Milliar-
den Kubikmeter Erdgas pro Jahr transportiert werden. Durch einen
zweiten Strang soll die Kapazität im Jahr 2012 verdoppelt werden. Gaz-
prom könnte dann rein rechnerisch 26 Millionen Haushalte mit Gas
versorgen.
Die Nummer 2 auf dem Weltmarkt ist Chesapeake Energy (WKN 885
725). Das in Oklahoma ansässige Unternehmen hat sich auf die Explo-
ration und Produktion von Gasfeldern in den USA spezialisiert. Auch
wenn Chesapeake im Spätwinter 2011 einen Teil seiner Schiefergasvor-
kommen an den Rohstoffgiganten BHP Billiton verkauft hat, setzen die
Amerikaner vermehrt auf die neue Technologie. Das hat bereits eine
2007 2008 2009 2010 2011
100
150
200
250
300
350
400
Gazprom in Russische Rubel
Abb. 2.10
Crashkurs Rohstoffe.indb 44 19.07.2011 15:56:45
45 / Energierohstoffe Erdgas
2007 2008 2009 2010 2011
20
10
40
60
80
Chesapeake Energy in US-Dollar
Abb. 2.11
ganze Reihe von Investoren angelockt. So will sich die staatliche chine-
sische Öl- und Gasgesellschaft CNOOC mit insgesamt 2,16 Milliarden
Dollar an dem Chesapeake-Projekt Eagle Ford beteiligen. Und auch das
indische Firmenkonglomerat Reliance Industries hatte Interesse an dem
Projekt bekundet. Die Inder hatten sich bereits in den vergangenen bei-
den Jahren an verschiedenen großen Schiefergasprojekten beteiligt. Zu-
dem hat sich Starinvestor Carl Icahn Ende 2010 in den Konzern einge-
kauft. Auch er setzt offensichtlich große Hoffnungen in die Zukunft
von Schiefergas.
Crashkurs Rohstoffe.indb 45 19.07.2011 15:56:45
Crashkurs Rohstoffe / 46
Kohle Von keinem anderen Energierohstoff gibt es so hohe Reserven und Res-
sourcen wie von Kohle. Die Reserven sind derart hoch, dass sie für den
Kohleabbau der nächsten 120 bis 125 Jahre ausreichen werden. OECD-
Schätzungen gehen sogar noch einen Schritt weiter: Demnach sollen die
Kohlereserven den aktuellen Verbrauch 200 Jahre decken. Dazu sind die
Kohlereserven nahezu quer über den Globus verteilt. Somit kann Kohle
nicht als politisches Druckmittel eingesetzt werden. Lieferengpässe wie
bei anderen Rohstoffen wie Erdöl oder Erdgas sind damit so gut wie aus-
geschlossen. Allerdings hat Kohle als Energieträger auch einen gravie-
renden Nachteil, der immer wieder diskutiert wird: Bei der Verbrennung
wird massiv CO2 freigesetzt. Bei Braunkohle kommt erschwerend hinzu,
dass auch Schwefeldioxid freigesetzt wird. Schwefeldioxid gilt als ein
Auslöser des sogenannten sauren Regens. Kohle entsteht durch Karboni-
sierung von pflanzlichen Substanzen unter Einfluss von Druck und ohne
Luftzugang. Kohle besteht hauptsächlich aus Kohlenstoff, Wasserstoff
und Sauerstoff und erzeugt thermische Energie bei der Verbrennung.
Hartkohle oder Weichbraunkohle?
Es gibt eine ganze Reihe von Kohlearten. Für Börsianer ist es jedoch
meist ausreichend, wenn sie den Unterschied zwischen Hartkohle und
Weichbraunkohle kennen. Hartkohle umfasst dabei Hartbraunkohle,
Steinkohle und Anthrazit, die energiereichste Kohleart. Aufgrund des
hohen Energieinhalts und des einfach Transports werden diese Sorten
nahezu weltweit gehandelt. Im Gegensatz dazu wird Weichbraunkohle
wegen des hohen Wassergehalts meist für die Stromerzeugung nahe
der Lagerstätten eingesetzt. Daher überrascht es nicht, dass Hartkohle zu
mehr als 90 Prozent zur Deckung des Kohleanteils von Primärenergie
Crashkurs Rohstoffe.indb 46 19.07.2011 15:56:45
47 / Energierohstoffe Kohle
zum Einsatz kommt. Eine veredelte Form von Kohle ist Koks, der wich-
tig für die Stahlerzeugung ist. Der Kohlepreis folgt in gewissem Maße
dem Stahlzyklus. Immerhin sind ungefähr 64 Prozent der weltweiten
Eisen- und Stahlproduktion von Kohle als Energieträger abhängig.
Auch bei der Zementproduktion und bei der Herstellung von Alu-
miniumprodukten wird Kohle verwendet.
Unter den Exportnationen für Hartkohle stechen Australien mit einem
Anteil von 29,7 Prozent und Indonesien mit 25 Prozent ins Auge. Da-
gegen sind bei den Importnationen vor allem Japan, China und Südko-
rea mit zusammen 43,4 Prozent zu nennen.
Unterangebot trotz hoher Reserven?
Mit einem Anteil von rund 29 Prozent am weltweiten Primärener-
gieverbrauch nahm Kohle 2009 nach Erdöl den zweiten Rang ein.
42,6
6651,7
232,4
28,3
9,51,5
kumulierte Förderung
geschätzte kumulierte Förderung seit 1950
Reservenin Gt Reserven: 723,0 Gt (= 611 Gt SKE)
Förderung: 6,0 Gt (= 5,0 Gt SKE)
78,330,3
7,7
2883,9
122,6 23,1
6861,3
309,2 70,71,2
40,0
0,1
25,6
473,5
17,8
Weltkarte Hartkohle
Abb. 2.12
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Crashkurs Rohstoffe.indb 47 19.07.2011 15:56:46
Crashkurs Rohstoffe / 48
Betrachtet man nur die Stromversorgung, war Kohle mit einem Anteil
von 40 Prozent sogar der wichtigste Energierohstoff. Experten gehen
davon aus, dass Kohle auch in den kommenden Jahren begehrt bleiben
wird. Insbesondere die Diskussion um einen Ausstieg aus der Kern-
energie dürfte zu einer Renaissance der Kohle führen. So schätzt etwa
die Energy Information Administration (EIA), dass der weltweite
Ener gieverbrauch, getrieben durch eine höhere Nachfrage seitens der
Schwellenländer, bis 2030 um 71 Prozent steigen wird. Der Anteil von Öl
am globalen Energiekonsum soll im gleichen Zeitraum auf 33 Prozent
fallen, der Anteil von Kohle auf 28 Prozent zunehmen. Zuletzt lag der
Anteil bei etwa 26 Prozent.
Trotz der hohen Kohle-Reserven könnte es in den kommenden Jahren
zu einem Unterangebot kommen. So schätzt die EIA, dass der globale
Verbrauch an Kohle bis 2030 um mehr als das Doppelte steigen wird.
Allerdings dürfte im gleichen Zeitraum die Produktion nur im gerin-
gen Maße steigen. Auch hier werden die Emerging Markets, allen vo-
ran China und Indien, die Nachfrage treiben. Nach Schätzungen dürf-
ten die Schwellenländer für 70 Prozent der Zuwächse bei der weltwei-
ten Kohlenachfrage bis 2030 verantwortlich sein.
Erschwerend kommt hinzu: Auch große Kohle-Exportnationen wie
Australien können ihre Transport- und Ladekapazitäten nur langsam
ausbauen, was zu einem Engpass führen könnte. Experten rechnen län-
gerfristig mit einem Nachfrageüberhang von 25 bis 35 Millionen Tonnen.
Visionen für Kohle
In Zukunft könnte die Verflüssigung zu Öl eine immer größere Rolle
spielen. Gerade China hat in den vergangenen Jahren begonnen, Ver-
flüssigungsanlagen zu bauen. In der Mongolei errichtet China eine
Anlage, mit der 160.000 Barrel Benzin- und Dieselersatzstoff pro Tag
Crashkurs Rohstoffe.indb 48 19.07.2011 15:56:46
49 / Energierohstoffe Kohle
produziert werden sollen. Zudem könnte Kohle als Grundlage für die
Wasserstoffwirtschaft dienen. Immerhin gilt Wasserstoff als sauberste
Energiequelle. Fossile Brennstoffe sind eine mögliche Quelle zur Er-
zeugung von Wasserstoff. Nach Ansicht des World Coal Institute ist
Kohle der wahrscheinlichste Kandidat, wenn es um die Herstellung von
größeren Mengen Wasserstoff geht.
Mit Kohle Kohle scheffeln
Wer sich für ein Engagement in Kohle entscheidet, dem stehen unter-
schiedliche Wege offen. Anleger können beispielsweise auf das TR-
Open-End-Index-Zertifikat der RBS (WKN AA0 BWB) auf den Global
Coal TR Index setzen. In dem Index sind 15 große Kohleunternehmen
enthalten. Mit dem Zertifikat der UBS auf den Stowe Global Coal In-
dex (WKN UB1 CAL) setzen Anleger auf 40 Unternehmen, die zum Teil
auch als Zulieferer der Kohleindustrie tätig sind.
Als Einzelinvestment bietet sich der weltgrößte nichtstaatliche Kohle-
produzent Peabody Energy (WKN 675 266) an. Die US-Amerikaner
sind nicht nur auf ihrem Heimatmarkt aktiv, sondern produzieren auch
in Australien Kohle. Von dort aus versorgen sie den asiatischen Raum.
Aus diesem Grund soll das Australien-Geschäft in den kommenden
Jahren weiter ausgebaut werden. Dabei zeigt sich CEO Gregory H. Boyce
optimistisch. „Mit jedem Tag verstärkt sich der Kohle-Superzyklus“, er-
klärt er. Und Peabody profitiert nicht nur von der Produktion der Koh-
le, sondern kümmert sich auch um den Transport und den Handel.
Auf die Aktien von Bumi Resources (WKN 895 404) und Banpu (WKN
882 131) sollten Anleger ebenfalls ein Auge werfen. Zwar handelt es sich
bei Banpu um ein thailändisches Unternehmen, doch das Hauptabbau-
gebiet liegt genauso wie bei Bumi Resources in Indonesien. Die beiden
Konzerne profitieren nicht zuletzt aufgrund der geografischen Nähe zu
Crashkurs Rohstoffe.indb 49 19.07.2011 15:56:46
Crashkurs Rohstoffe / 50
China und Indien von der steigenden Kohlenachfrage. Banpu betreibt
zudem unter anderem die Gaohe-Mine direkt in China. Die Ziele der
Thailänder sind ehrgeizig: Bis 2015 will Banpu 33,5 Millionen Tonnen
Kohle produzieren.
2007 2008 2009 2010 2011
20
40
60
80
100
Peabody Energy in US-Dollar
Abb. 2.13
Crashkurs Rohstoffe.indb 50 19.07.2011 15:56:46
51 / Energierohstoffe Uran
Uran Aus wissenschaftlicher Sicht handelt es sich bei Uran um ein che-
misches Element mit dem Symbol U und der Ordnungszahl 92. Uran
wurde bereits 1782 von Martin Heinrich Klaproth aus dem Mineral
Pechblende isoliert. Es dauerte mehr als 100 Jahre, genauer gesagt bis
zum Jahr 1896, bis Henri Becquerel seine Radioaktivität erkannte.
Wirklich bedeutend wurde Uran mit der Entdeckung der Kernspal-
tung im Jahr 1938. Uran ist die einzige bekannte natürlich vorkom-
mende Substanz, die zu einer Kernspaltungs-Kettenreaktion fähig ist.
Aus diesem Grund findet Uran seine Anwendung vor allem in Kern-
kraftwerken als Primärenergieträger.
Fluch und Segen
Wohl kaum eine Energieart wird so kontrovers diskutiert wie die
Atomenergie. Auf der einen Seite könnte der weltweite Hunger nach
Energie durch Kernreaktoren weitestgehend CO2-neutral befriedigt
werden, auf der anderen Seite gibt es nach wie vor erhebliche Beden-
ken mit Blick auf die Sicherheit der Kernenergie. Der Super-GAU im
Atomkraftwerk in Tschernobyl ist allen Menschen noch in Erinne-
rung. Zwar sind die Sicherheitsstandards seitdem erheblich verschärft
worden. Der atomare GAU im Norden Japans im März 2011 hat die
Welt jedoch aufschrecken lassen und den Skeptikern neue Nahrung
geliefert.
Trotz dieser Gefahren setzen einige Länder weiter oder sogar ver-
stärkt auf die Kernenergie – und damit auf Uran als Energieträger.
Während in Deutschland die Laufzeitverlängerung der Atomkraft-
werke im Anschluss an den Tsunami zunächst ausgesetzt wurde, in-
vestieren andere Nationen in den Bau neuer Kernkraftwerke. Allen
Crashkurs Rohstoffe.indb 51 19.07.2011 15:56:46
Crashkurs Rohstoffe / 52
voran in den Schwellenländern stehen Atomkraftwerke (noch) hoch
im Kurs. Während in China bislang 13 Reaktoren am Netz sind, hat
die Regierung in Peking ehrgeizige Ziele: Bis 2020 soll die Kapazität
von derzeit 10,8 Gigawatt verachtfacht werden. Auch in Indien inves-
tiert die Regierung massiv in den Ausbau der Kernenergie. So soll die
nukleare Energiekapazität auf 40.000 Megawatt in etwa verzehnfacht
werden.
Midas Research geht in einer Studie davon aus, dass sich zu den be-
reits bestehenden 438 Reaktoren, die derzeit am Netz sind, bis zum
Jahr 2030 mindestens 400 neue gesellen werden. Zuletzt mehrten sich
aber die Stimmen, die aufgrund der angespannten Haushaltslage der
meisten westlichen Nationen davon ausgehen, dass es künftig in den
Industrienationen kaum noch Subventionen zum Bau neuer Kern-
kraftwerke geben wird. Deshalb dürfte nur ein Bruchteil der ge-
planten Kraftwerke auch tatsächlich gebaut werden. Zudem dürften
einige ältere Kernkraftwerke in den kommenden Jahren vom Netz
gehen.
Ein Engpass droht – oder etwa doch nicht?
Ob es zu einem Engpass bei Uran kommen wird, auch darüber wird
kontrovers diskutiert. Der kanadische Branchenverband Prospectors &
Developers Association of Canada sieht einen Engpass bei der Uran-
versorgung auf die Industrie zukommen. Die Bergbauexperten raten
dringend dazu, neue Vorkommen zu erschließen, andernfalls könne
der höhere Bedarf, der durch neue Kraftwerke vor allem in China ge-
trieben werde, nicht gedeckt werden.
Anderer Ansicht ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und
Rohstoffe (BGR). In der Studie „Reserven, Ressourcen und Verfüg-
barkeit von Energierohstoffen“ aus dem Jahr 2009 gehen die Experten
Crashkurs Rohstoffe.indb 52 19.07.2011 15:56:46
53 / Energierohstoffe Uran
davon aus, dass es neben den wachsenden Reserven aus stark zuneh-
mender Explorationstätigkeit auch ausreichend Ressourcen gibt, die
eine Versorgung über Jahrzehnte sichern können.
Zwar besteht nach wie vor eine Lücke zwischen der Förderung von
Uran und dem Bedarf. Allerdings wird diese Lücke über Sekundär-
quellen geschlossen. Hier sind zum einen früher angelegte zivile Lager-
stätten, zum anderen der Abbau von militärischen Beständen zu nen-
nen. Dieser Trend wird auch die kommenden Jahre anhalten.
Für den Uranpreis hat sich das Umfeld seit Anfang 2011 deutlich ver-
schlechtert. Zwar gibt es nur wenige Konzerne, die tatsächlich zuver-
lässig Uran liefern. Im Jahr 2010 waren es zehn Bergbauunternehmen,
die rund 87 Prozent der Weltproduktion erbracht haben. Dies liegt si-
cherlich auch daran, dass in nur wenigen Ländern Uran gefördert wird.
Kanada, Australien, Kasachstan und Russland erbrachten zusammen
68 Prozent der geförderten Uranmenge.
0,4
3,6
0,8
0,7
0,2<0,01
kumulierte Förderung Ressourcen
Reservenin Mt Reserven: 2,5 Mt (= 35 Gt SKE)
Förderung: 0,05 Mt (= 0,7 Gt SKE)
0,9
0,2
0,4
0,40,3
2,31,3
0,2<0,1
0,3
>0,1
0,30,5
<0,01
2,5
Weltkarte Uran
Abb. 2.14
Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR)
Crashkurs Rohstoffe.indb 53 19.07.2011 15:56:47
Crashkurs Rohstoffe / 54
Die Konzentration der Marktmacht auf wenige Konzerne spricht grund-
sätzlich für einen steigenden Uranpreis. Doch die Sicherheitsbedenken
überwiegen derzeit sowohl in der Bevölkerung als auch bei den poli-
tischen Entscheidungsträgern.
Strahlende Investments
Wer trotz der oben beschriebenen Bedenken in Uran-Aktien investie-
ren möchte, kommt an dem Papier von Cameco (WKN 882 017) kaum
vorbei. Der kanadische Konzern mit Sitz in Saskatoon, Saskatchewan,
war im Jahr 2010 der zweitgrößte Uranproduzent weltweit. Der Kon-
zern entstand im Jahr 1988 durch die Fusion von Eldorado Nuclear und
Saskatchewan Mining Development Corporation.
Cameco betreibt zahlreiche Minen in Nordamerika und Kasachstan,
darunter McArthur River, die weltgrößte Mine mit hochgradigem
Uranvorkommen, und Cigar Lake, das weltgrößte unentwickelte hoch-
gradige Uranvorkommen. Allerdings bereitet vor allem das Vorkommen
Der atomare GAU im japanischen Kraftwerk in Fuku-
shima hat die Welt aufgeschreckt und das Umfeld für
Kernenergie deutlich eingetrübt. Vor allem in den west-
lichen Industrienationen hat ein Umdenken eingesetzt.
Erneuerbare Energien, aber auch Erdgas und Kohle stehen als
Energieträger hoch im Kurs. Die Atomkraft gerät dabei mehr
und mehr ins gesellschaftliche, aber auch wirtschaftliche Ab-
seits. Der Uranpreis begab sich im Anschluss auf Talfahrt. Zwar
dürften einige Schwellenländer auch künftig auf Kernenergie
setzen, doch dass es zu einer Renaissance der Atomenergie und
damit von Uran als Rohstoff kommt, darf bezweifelt werden.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 54 19.07.2011 15:56:47
55 / Energierohstoffe Uran
Cigar Lake dem Konzern einige Schwierigkeiten. Cameco kämpft dort
immer wieder mit Wassereinbrüchen. Der Produktionsstart, eigentlich
schon für 2009 anvisiert, soll sich jetzt auf den Zeitraum 2013 bis 2015
verschieben. Allerdings dürfte es dennoch nicht zu einem Lieferengpass
vonseiten Camecos kommen. Der Grund: Die achtgrößte Uran-Mi-
ne der Welt, Rabbit Lake, soll noch bis 2015 in Betrieb bleiben. Schät-
zungen haben ergeben, dass die Restressourcen des einstmals größ-
ten Projekts von Cameco noch so lange reichen werden. Das Unter-
nehmen will seine Produktion bis zum Jahr 2018 verdoppeln. Das kann
jedoch nur gelingen, wenn Cigar Lake in Produktion gebracht wird.
Konservativer als Cameco ist Europas größter Atomkonzern Areva
(WKN 890 173) mit einem Jahresumsatz von mehr als drei Milliarden
Euro. Das französische Unternehmen ist unter anderem im Zulieferge-
schäft für Kernkraftwerke tätig. Areva baut allerdings auch selbst Uran
in Kanada, Kasachstan, Namibia, Südafrika und im westafrikanischen
Niger ab. Dort hat Areva in mehr als 40 Jahren über 100.000 Tonnen
Uran gefördert. Areva war 2009 der weltweit größte Uranproduzent.
2007 2008 2009 2010 2011
10
20
30
40
50
60
Cameco in Kanadische Dollar
Abb. 2.15
Crashkurs Rohstoffe.indb 55 19.07.2011 15:56:47
Crashkurs Rohstoffe / 56
Der Bereich Bergbau hat zuletzt zehn Prozent zum Umsatz des Gesamt-
konzerns beigetragen.
Dazu hat sich der Konzern in der jüngsten Vergangenheit auch ein
Standbein in regenerativen Energien geschaffen. Solarthermische Kraft-
werke, Biomasse-Anlagen und Windenergie gehören mittlerweile eben-
falls zum Angebot der Gruppe.
Bei Investments in Uran gibt es eine Besonderheit: die
Aktie des Rohstoffunternehmens Uranium Participation
(WKN A0E QYX). Der kanadische Konzern kauft und
lagert ausschließlich Uran. Der Aktienkurs des Unterneh-
mens ist daher eng an die Preisentwicklung von Uran gekoppelt.
Mit der Aktie selbst oder mit Hebelprodukten auf die Aktie kön-
nen Anleger also indirekt den Uranpreis nachbilden.
!
2007 2008 2009 2010 2011
4
8
12
16
20
Uranium Participation in Kanadische Dollar
Abb. 2.16
Crashkurs Rohstoffe.indb 56 19.07.2011 15:56:47
57 / Energierohstoffe Lithium
Lithium Streng genommen gehört Lithium nicht zu den Energierohstoffen. Li-
thium ist ein Leichtmetall und besitzt unter Standardbedingungen die
kleinste Dichte aller festen Elemente. Das Element wurde bereits 1817
von dem Schweden Johan August Arfwedson entdeckt. Lange Zeit gab
es allerdings für Lithium praktisch keine Anwendung. Erst als die Ver-
einigten Staaten Tritium für den Bau von Wasserstoffbomben ent-
deckten, änderte sich dies.
Tritium kann aus Lithium gewonnen werden. Die zivile Nutzung von
Lithium begann in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts.
Der erste kommerziell erhältliche Lithium-Akku wurde von Sony im
Jahr 1991 auf den Markt gebracht. Mittlerweile wird Lithium bei der
Entwicklung von Batterien und Akkumulatoren gebraucht. Aus die-
sem Grund wird Lithium in diesem Buch unter den Energierohstoffen
behandelt.
Preise für Lithiumkarbonat
2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010
0
2.000
1.000
3.000
4.000
5.000
6.000
in U
S-Do
llar j
e To
nne
Abb. 2.17
Quelle: Rock Tech Lithium Inc.
Crashkurs Rohstoffe.indb 57 19.07.2011 15:56:48
Crashkurs Rohstoffe / 58
Ohne Lithium geht bei modernen Akkus nichts. Von allen am Markt
erhältlichen Akkus liefern Lithium-Akkus derzeit die höchste Energie-
dichte. Kein Wunder, dass bei Akkus für Elektroautos auf Lithium ge-
setzt wird. Aber auch bei Hybridfahrzeugen kommt der Rohstoff zum
Einsatz.
Zudem setzen Firmen im Bereich der regenerativen Energien auf Li-
thium als Rohstoff, schließlich muss die Energie gespeichert werden.
Experten gehen davon aus, dass aufgrund der wachsenden Bedeutung
von Batterien und Akkus die Nachfrage nach Lithium bis 2020 im
Schnitt um sieben bis neun Prozent pro Jahr wachsen wird.
Das Lithium-Dreieck
Nach derzeitigen Erkenntnissen sind rund 70 Prozent der weltweiten
Vorkommen im durch Bolivien, Chile und Argentinien gebildeten so-
genannten Lithium-Dreieck Südamerikas konzentriert. Allein der Sa-
lar de Uyuni enthält 40 Prozent der bekannten Weltreserven. Dort will
Boliviens Regierung 2013 den Abbau starten. Laut U.S. Geological Sur-
vey lagern dort 5,4 Millionen Tonnen des Rohstoffs. Allerdings vertritt
Bolivien bislang den Standpunkt, das weiße Metall nicht exportieren
zu wollen.
Vielmehr möchte man in Bolivien eine eigene Industrie etablieren,
die Lithium beispielsweise zu Batterien verbaut. Aber auch Chile kann
auf hohe Vorkommen verweisen. Drei Millionen Tonnen birgt der chi-
lenische Salzsee Salar de Atacama. Das drittgrößte Reservoir befindet
sich in einem tibetischen Salzsee unweit des Mount Everest, wo der
chinesische Citic-Konzern fördert. Die Gewinnung von Lithium aus
Salzseen ist bedeutend einfacher und vor allem kostengünstiger als die
Gewinnung aus Mineralien. Daher dürfte die letztgenannte Abbaume-
thode erst mit einem steigenden Rohstoffpreis interessant werden.
Crashkurs Rohstoffe.indb 58 19.07.2011 15:56:48
59 / Energierohstoffe Lithium
Investieren in Lithium
Lithium selbst ist an der Börse nicht handelbar. Anleger, die sich für
ein Engagement interessieren, haben grundsätzlich die Möglichkeit,
über Basket-Zertifikate an der Preisentwicklung des Rohstoffs zu par-
tizipieren. So hat beispielsweise die Société Générale ein Partizipati-
onszertifikat auf den Solactive Global Lithium Index (WKN SG1 3SL)
aufgelegt. Der Index umfasst derzeit 22 Unternehmen, deren Hauptge-
schäftstätigkeit in der Exploration oder dem Abbau von Lithium oder
der Herstellung von Lithium-Batterien liegt.
Anleger können aber auch auf Einzelaktien setzen. Der größte Lithi-
umproduzent ist Sociedad Quimica y Minera de Chile (SQM) (WKN
895 007). Die Chilenen fördern im Salzsee Salar de Atacama. Aller-
dings sollten sich Börsianer vor Augen führen, dass die Lithiumpro-
duktion lediglich rund acht Prozent zum Umsatz des Konzerns bei-
trägt. Das Hauptgeschäftsfeld von SQM ist der Bereich Spezialdünger
und Kali. Kontrolliert wird SQM von der Investmentholding Pampa
2007 2008 2009 2010 2011
10
20
30
40
50
60
Sociedad Quimica y Minera de Chile in US-Dollar
Abb. 2.18
Crashkurs Rohstoffe.indb 59 19.07.2011 15:56:48
Crashkurs Rohstoffe / 60
Calichero. Auch der weltgrößte Kaliproduzent Potash of Saskatchewan
hält eine 30-prozentige Beteiligung an SQM.
Der zweitgrößte Lithiumproduzent mit einem Weltmarktanteil von
28 Prozent ist Chemetall. Die Firma aus Frankfurt wiederum gehört zu
Rockwood Holdings (WKN A0F 5ML). Anders als SQM verarbeitet
Rockwood einen Großteil des abgebauten Lithiums selbst. So stellt der
Konzern beispielsweise Vorprodukte für pharmazeutische Wirkstoffe
her. Damit ist Rockwood auch weit weniger vom Lithiumpreis abhän-
gig als SQM.
2007 2008 2009 2010 2011
10
20
30
40
50
60
5
Rockwood Holdings in US-Dollar
Abb. 2.19
Crashkurs Rohstoffe.indb 60 19.07.2011 15:56:48
61 / Energierohstoffe Benzin, Heizöl und Ethanol
Benzin, Heizöl und Ethanol Es gibt noch drei weitere Energierohstoffe: Benzin, Heizöl und Etha-
nol. Alle drei Rohstoffe können an der Börse über Futures gehandelt
werden.
Bei Benzin handelt es sich um das meistverkaufte raffinierte Erdölpro-
dukt. So wird beispielsweise in den USA mehr als die Hälfte jedes Bar-
rels Rohöl zu Benzin verarbeitet. Handelsplatz für die Benzin-Kon-
trakte ist die NYMEX (New York Mercantile Exchange). Der Kontrakt
für bleifreies Benzin notiert in US-Cent je Gallone und umfasst jeweils
42.000 Gallonen. Eine Gallone entspricht 3,785 Liter. Die Kontrakte
beziehen sich auf aufbereitetes Benzin, das zur Zusetzung von zehn
Prozent Ethanol (in den USA gesetzlich vorgeschrieben) geeignet ist und
im New Yorker Hafen angeliefert wird. Damit ist der Future sehr stark
auf den amerikanischen Markt zugeschnitten und reagiert entspre-
chend sensibel auf Daten aus den USA. Da Rohöl der wichtigste Roh-
stoff bei der Herstellung von Benzin ist, entwickelt sich der Benzinpreis
ähnlich wie der Preis für Rohöl. Der wichtigste Einflussfaktor für den
Benzinpreis ist unter anderem die Hurrikan-Saison im Sommer im
Golf von Mexiko. Immerhin wird dort die Hälfte der Raffineriekapazi-
täten der USA abgedeckt. Anleger sollten auch die Lagerkapazitäten
und die freien Kapazitäten der Raffinerien im Auge behalten.
Das zweitwichtigste Produkt, das aus Rohöl gewonnen wird, ist Heiz-
öl. Etwa 25 Prozent eines Barrels wird in Heizöl umgewandelt. Der wich-
tigste Handelsplatz ist die NYMEX in New York. Dort wird „Heating
Oil“ in US-Cent je Gallone gehandelt, wobei sich die Kontrakte wie bei
Benzin auch auf jeweils 42.000 Gallonen beziehen. Gemessen an der
Zahl der Kontrakte ist mittlerweile die Intercontinental Exchange (ICE)
der wichtigste Handelsplatz. Dort werden die Kontrakte in US-Dollar
je Tonne gehandelt. Jeder Kontrakt bezieht sich auf 100 Tonnen. An der
Crashkurs Rohstoffe.indb 61 19.07.2011 15:56:48
Crashkurs Rohstoffe / 62
ICE wird das sogenannte „Gas Oil“ gehandelt, also leichtes Heizöl. Die
meisten in Deutschland gehandelten Wertpapiere beziehen sich aber
nach wie vor auf den US-Kontrakt. Natürlich hängt auch der Preis von
Heizöl am Ölpreis. Anleger sollten das Wetter im Auge behalten. Stren-
ge Winter in Nordamerika können zu einer Verteuerung bei Heizöl
führen.
Ethanol ist in Deutschland vor allem durch die Diskussion um die
Einführung des sogenannten E10-Kraftstoffes in den Mittelpunkt ge-
rückt. Bei Ethanol handelt es sich um einen Alkohol, der vor allem aus
Zuckerrohr und Mais gewonnen wird. Aus diesem Grund spricht man
auch von einem Rohstoff der zweiten Verarbeitungsstufe. Der wich-
tigste Handelsplatz ist das Chicago Board of Trade (CBOT). Der Kon-
trakt wird in US-Dollar je Gallone gehandelt und bezieht sich auf 29.000
Gallonen. Der Grundtrend folgt dem des amerikanischen Benzins. Al-
lerdings gibt es eine Besonderheit: Da Ethanol in den USA vor allem aus
Mais gewonnen wird, hat die Maisernte einen erheblichen Einfluss auf
die Notierung von Ethanol.
Crashkurs Rohstoffe.indb 62 19.07.2011 15:56:48
63 / Edelmetalle
Edelmetalle
Kapitel 3
Crashkurs Rohstoffe.indb 63 19.07.2011 15:56:49
Crashkurs Rohstoffe / 64
Edelmetalle sind Metalle, die besonders korrosionsbeständig sind.
Auch von Salzsäure werden die Edelmetalle nicht angegriffen. Neben
Gold (Au) und Silber (Ag) zählen zudem die Platingruppenmetalle wie
Platin (Pt), Palladium (Pd), Rhodium (Rh), Ruthenium (Ru), Osmium
(Os) und Iridium (Ir) zu den Edelmetallen. Trotz ihrer Ähnlichkeit wei-
sen sie dennoch einige Differenzen auf:
Die wichtigsten Fachbegriffe zum Einstieg
Anlegern, die bereits eingehende Erfahrungen mit Edelmetallen ge-
sammelt haben, dürften die jeweiligen Fachbegriffe vertraut sein. Insbe-
sondere für Edelmetallneulinge werden die Bezeichnungen Feinunze,
Eigenschaft / Edelmetalle Ru Rh Pd Os Ir Pt Ag Au
Ordnungszahl 44 45 46 76 77 78 47 79
Atomgewicht 101,1 102,9 106,4 190,2 192,2 195,1 107,9 197,0
Dichte g/cm³ bei 25 °C 12,45 12,41 12,02 22,61 22,65 21,45 10,49 19,32
Schmelzpunkt °C 2310 1960 1554 3050 2443 1769 962 1064
Therm. Leitfähigkeit bei 300 °K W/m/K 105 150 76 87 148 73 429 317
Elektr. Wiederstand bei 20 °C mW/cm 6,80 4,33 9,33 8,12 4,71 9,85 1,60 2,20
Härte geglüht HV 220 101 41 >250 220 41 26 20
Zugfestigkeit geglüht N/mm² 378 410 184 – 491 140 160 140
Abb. 3.0: Eigenschaften der Edelmetalle
Quelle: Johnson Matthey
Crashkurs Rohstoffe.indb 64 19.07.2011 15:56:49
65 / Edelmetalle
Reserven und Ressourcen aber noch nicht so geläufig sein, weswegen
sie im Folgenden kurz erklärt werden.
Feinunze
Die Feinunze ist ein Massemaß, das hauptsächlich zur Gewichtsbe-
stimmung bei Edelmetallen verwendet wird. So werden die Preise für
Gold, Silber, Platin und Palladium meist in US-Dollar pro Feinunze
angegeben. Eine Feinunze entspricht nach heutiger Definition 31,1034768
Gramm. Dabei ist es wichtig, die Feinunze von einer normalen Unze
zu unterscheiden. Eine normale Unze hat ein geringeres Gewicht von
nur 28,35 Gramm.
Reserven und Ressourcen
Reserven und Ressourcen sind entscheidende Kennzahlen für jeden
Bergbaubetrieb. Anleger können damit die Chancen und Risiken eines
Investments besser abwägen. Doch was ist eigentlich der Unterschied
zwischen beiden?
Bei den Reserven handelt es sich um Vorkommen, die mit der heute
vorhandenen Technik wirtschaftlich (Ertrag > Aufwand) abgebaut wer-
den können. Der Nachweis erfolgt anhand einer „Feasibility Study“
(Machbarkeitsstudie), die von der jeweiligen Gesellschaft erbracht wird.
Unterschieden werden Reserven in „probable“ (wahrscheinliche) und
„proven“ (erwiesene) Reserven.
Ressourcen hingegen bezeichnen alle Vorkommen, die zwar nach-
weislich vorhanden sind, aber mit der momentanen Technik noch nicht
wirtschaftlich gefördert werden können. Geläufig sind die drei Katego-
rien „inferred“ (vermutete), „indicated“ (angedeutete) und „measured“
(berechnete) Ressourcen. Die Umwandlung einer Ressource in eine
Crashkurs Rohstoffe.indb 65 19.07.2011 15:56:49
Crashkurs Rohstoffe / 66
Reserve ist nur mit angedeuteten und berechneten Ressourcen möglich.
Für Anleger wichtig ist, dass die vom Unternehmen behaupteten Res-
sourcen nach internationalem Bewertungsstandard als nachgewiesen
gelten. Einer der geläufigsten Standards ist der kanadische NI (Natio-
nal Instrument) 43-101. Wenn also ein Gutachten vorliegt, das Vorkom-
men als NI 43-1010-konform ausweist, können Anleger davon ausge-
hen, dass sie auch wirklich existieren.
Crashkurs Rohstoffe.indb 66 19.07.2011 15:56:49
67 / Edelmetalle Gold
GoldSeinen Ursprung hat das Wort Gold in der indogermanischen Spra-
che. Es bedeutet „gelb glänzend“. Als chemisches Element hat Gold das
Symbol Au, das sich vom lateinischen „aurum“ ableitet.
Lange Geschichte
Gold ist schön, Gold ist selten, Gold ist beständig. Seit Generationen
zieht Gold Menschen aufgrund dieser Eigenschaften in seinen Bann.
Bereits bei den alten Ägyptern hatte das Edelmetall einen enorm hohen
Stellenwert. So schmückten sich die Pharaonen mit Gegenständen aus
Gold. Aber auch später hat Gold Menschen immer wieder verzaubert.
Der wohl bekannteste Goldrausch der Geschichte spielte sich Ende des
19. Jahrhunderts in Alaska ab, als am Klondike und Yukon River Gold
gefunden wurde. Das Goldfieber lockte damals mehr als 40.000 Aben-
teurer in die eisigen Weiten Alaskas.
Internationaler Goldstandard lange vorherrschendEbenfalls zu dieser Zeit wurde der internationale Goldstandard eta-
bliert. Anfang des 19. Jahrhunderts galt England als führende Welt-
handelsnation. Von dort aus begann der historische Goldstandard sei-
nen Siegeszug. Kennzeichen des Goldstandards war die Bindung des
Banknotenumlaufs des Landes an die Goldreserven der jeweiligen Zen-
tralbank. Der jeweils aufgedruckte Wert des Papiergeldes war somit zu
einem vorgeschriebenen Prozentsatz in Gold hinterlegt. Gleichzeitig
bestand die Verpflichtung der Zentralbanken, das Papiergeld zum festen
Kurs in Gold zurückzutauschen. Inflationäres Gelddrucken sollte da-
mit vermieden werden. In den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts führten
schließlich unter anderem auch das Deutsche Reich, die skandinavischen
Crashkurs Rohstoffe.indb 67 19.07.2011 15:56:49
Crashkurs Rohstoffe / 68
Staaten und die Niederlande die Goldwährung ein. Später folgten
Russ land, Österreich-Ungarn und weitere Länder. Offiziell führten
die USA 1900 den Goldstandard ein, de facto war er aber schon seit
1879 gängige Praxis.
Durch die Bindung der Währungen an Gold waren die Wechselkurse
der verschiedenen Landeswährungen stabil. Eine Geldeinheit ent-
sprach einer bestimmten Menge Gold. Während des Deutschen Kai-
serreiches (1871-1918) war die Goldmark das gesetzliche Zahlungsmit-
tel. Dabei entsprachen 2.790 Goldmark einem Kilogramm Feingold.
Ein Pfund Sterling wurde in 113 Grän getauscht.
Ein Dollar entsprach 23,22 Grän, eine Unze kostete 20,67 Dollar. Da-
durch ergab sich ein fixer Wechselkurs zwischen Pfund und Dollar von
4,86 Dollar.
Ein Problem dieses Systems sahen allerdings viele darin, dass die Gold-
produktion den limitierenden Faktor hinsichtlich der Entwicklung der
weltweiten Geldmenge darstellte. Als diese Ende des 19. Jahrhunderts
stagnierte, gleichzeitig aber die Nachfrage stieg, kam es weltweit zu de-
flationären Tendenzen.
Um die Wirtschaft mit ausreichend Liquidität zu versorgen, wurde
der Goldstandard in der Folge immer weiter gelockert. Zur Finanzie-
rung des Ersten Weltkriegs wurde der Goldstandard dann fast über-
all aufgelöst. Alle Versuche, nach dem Krieg zum alten System zu-
rückzukehren, wurden in der Weltwirtschaftskrise der 1930er-Jahre
aufgegeben.
Grän Erläuterung
Gewichtseinheit 1 Grän = 0,0648 Gramm; 1 Unze = 480 Grän
Crashkurs Rohstoffe.indb 68 19.07.2011 15:56:49
69 / Edelmetalle Gold
40 Jahre Goldverbot in den USAIm Rahmen der Krise stellte der US-Kongress den „Allgemeinen Not-
stand“ fest. Dies bedeutete, dass der Präsident der Vereinigten Staaten
direkt Verfügungen und Gesetzte erlassen durfte, um der „Bedrohung
für Frieden, Gerechtigkeit und Wohlergehen“ entgegenzuwirken.
Im Zuge dessen verbot der damalige Präsident Franklin D. Roosevelt
durch den berühmten „Gold Confiscation Act“ allen amerikanischen
Staatsbürgern im In- und Ausland den privaten Goldbesitz im Wert von
mehr als 100 US-Dollar. Sämtliche Goldmünzen, Goldbarren und Gold-
zertifikate mussten zu einem gesetzlich festgelegten Preis von 20,67
Dollar je Feinunze an die amerikanische Notenbank Fed verkauft wer-
den. Bei Zuwiderhandlungen konnten Haftstrafen von bis zu zehn Jah-
ren, erhebliche Geldstrafen oder beides verhängt werden.
Im Gegensatz zur freiwilligen Abgabe wurde das Gold, das bei staat-
lich angeordneten Durchsuchungen gefunden wurde, entschädi-
gungslos konfisziert.Schließfächer wurden versiegelt und durften nur
in Anwesenheit eines Vertreters des Finanzamtes geöffnet werden. We-
nig später, als das Gold bereits eingezogen war, wurde der Goldpreis bei
35 US-Dollar je Unze neu festgelegt. Für den nun im Staatsbesitz be-
findlichen Goldschatz bedeutete dies eine deutliche Aufwertung. Das
Goldverbot in den USA wurde fast 40 Jahre lang aufrechterhalten und
erst mit dem Untergang des Bretton-Woods-Systems Anfang der
1970er-Jahre aufgehoben.
Bretton Woods setzt auf feste WechselkurseIm Jahre 1944 wurde eine „Light“-Version des Goldstandards, das
Sys tem von Bretton Woods, eingeführt. Der US-Dollar, der dabei als
Leitwährung fungierte, war mit Gold hinterlegt. Die amerikanische
Zentralbank verpflichtete sich, Dollarreserven eines jeden Mitglieds-
staates des Währungssystems auf Verlangen zu einem Kurs von 35
Crashkurs Rohstoffe.indb 69 19.07.2011 15:56:49
Crashkurs Rohstoffe / 70
Dollar je Feinunze in Gold zu tauschen. Durch die feste Kopplung an
den Dollar existierten damit unter allen beteiligten Währungen feste
Wechselkurse. Das Problem dieses Systems war allerdings die Leitwäh-
rung selbst, der Dollar. Die Länder benötigten immer mehr davon, ei-
nerseits für Währungsreserven, andererseits um die Rechnungen im
wachsenden internationalen Handel begleichen zu können.
Die USA mussten demnach immer mehr Dollar zur Verfügung stel-
len – allerdings auf Kosten des Goldstandards. Schließlich konnte die
amerikanische Zentralbank Anfang der 1970er-Jahre ihrer Verpflich-
tung nicht mehr nachkommen, die Dollarbestände der Mitglieds-
staaten in Gold zu tauschen. Im Jahre 1973 war das Bretton-Woods-
System endgültig am Ende, nachdem die USA aufgrund des Vietnam-
krieges international zahlungsunfähig wurden. Die Folge: Es kam
weltweit zu erheblichen Geldmengenerhöhungen und zu einem deut-
lichen Anstieg des Goldpreises, der seinen vorläufigen Höhepunkt im
Jahre 1980 bei 850 Dollar je Feinunze erreichte.
Mittlerweile gibt es immer wieder Bestrebungen, das System von
Bretton Woods in abgewandelter Form wieder aufleben zu lassen. So
forderte beispielsweise der Weltbank-Chef Robert Zoellick im Novem-
ber 2010 in der Financial Times einen neuen Goldstandard, um die De-
visenmärkte zu stabilisieren. Gold solle dabei als eine Leitwährung
fungieren.
Gold meldet sich eindrucksvoll zurück
Während Gold in den Jahren von 1980 bis Ende des 20. Jahrhunderts
eher wenig Beachtung bei den Anlegern fand, änderte sich dies mit dem
Jahrtausendwechsel schlagartig. Seit dem Jahr 2001 kennt der Gold-
preis nahezu nur noch eine Richtung: die nach oben. Im Januar 2008
wurde erstmals die alte Rekordmarke von 850 Dollar je Feinunze aus
Crashkurs Rohstoffe.indb 70 19.07.2011 15:56:49
71 / Edelmetalle Gold
dem Jahre 1980 nach oben durchbrochen. Bereits im März 2008
knackte das Edelmetall die psychologisch wichtige Marke von 1.000
Dollar. Die 1.500-Dollar-Hürde wurde schließlich im April 2011 er-
folgreich genommen. Und Experten sehen noch lange kein Ende des
Goldbooms.
95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11
400
200
800
1.200
1.600
Gold in US-Dollar
Abb. 3.1
Der Gold-Spezialist Ronald Stöferle von der Erste Bank
Group erklärte im Interview mit „DER AKTIONÄR“, dass
sich die jüngsten Kurssteigerungen relativieren, wenn man
den inflationsbereinigten Goldchart betrachtet. Lege man
die offiziellen Daten des Bureau of Labor Statistics (http://data
.bls.gov/cgi-bin/cpicalc.pl) zugrunde, würde das 1980er-Hoch
von Gold bei 2.300 Dollar je Unze liegen.
Zöge man sogar die alte Berechnungsweise von 1980 laut
Shadow Stats (http://www.shadowstats.com) heran, so müsste
Gold auf über 7.000 Dollar steigen, um das Hoch des Jahres
1980 real zu übertreffen.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 71 19.07.2011 15:56:49
Crashkurs Rohstoffe / 72
Real betrachtet steht der Goldpreis demnach noch gar nicht so
hoch wie von vielen vermutet. Doch was kann den Goldpreis auch
inflationsbereinigt zu neuen Höhen treiben? Welche Faktoren bestim-
men überhaupt den Goldpreis?
Einflussfaktoren für den Goldpreis
Die Nachfrage boomtIn einem freien Markt bilden sich Preise durch das Zusammentreffen
von Angebot und Nachfrage. Bei Gold war in den vergangenen Jahren
ein enormes Wachstum der Nachfrage festzustellen, was einen wesent-
lichen Faktor für den steten Anstieg des Goldpreises seit der Jahrtau-
sendwende darstellte. Im Jahr 2010 erreichte die weltweite Goldnachfra-
ge mit 3.812,2 Tonnen ein neues 10-Jahres-Hoch. Die Käuferseite ist da-
bei breit gefächert.
Abb. 3.2: Goldnachfrage 2011e
56 %
6 %
21 %
5 %
10 %
1 %1 %
56 % Schmuck
21 % Münzen/Barren
10 % Industrie
6 % Notenbanken
5 % ETCs/ETFs
1 % Zahnmedizin
1 % De-Hedging
Quelle: LBBW Commodity Research
Crashkurs Rohstoffe.indb 72 19.07.2011 15:56:49
73 / Edelmetalle Gold
Schmuckindustrie ist die Nummer 1Der größte Nachfragemarkt für Gold ist auch heute noch die
Schmuckindustrie. Die Nachfrage aus diesem Sektor betrug im Jahr
2010 insgesamt 2.059,6 Tonnen – in Dollar ausgedrückt 81 Milliarden
Dollar. Zwar hat sich der Schmuckbedarf aufgrund der weltweiten Fi-
nanzkrise und der Rezession vorübergehend deutlich reduziert, den-
noch zeigt auch hier der Trend wieder nach oben.
Heutzutage ist Indien der weltweit größte Verbraucher von Gold. Die
Inder sind ein Volk, das eine besonders innige Beziehung zu Gold
pflegt. Für sie ist Gold wesentlich mehr als Edelmetall oder Schmuck,
sondern insbesondere ein Symbol für Reichtum und Glück. Gold wird
dort vor allem zu religiösen Festen und in der herbstlichen Heiratssai-
son gekauft. Gemäß dem Hinduglauben soll Gold nicht nur Glück
bringen, sondern auch eine reinigende Wirkung besitzen.
Berechnungen des World Gold Council zufolge entfällt rund ein Vier-
tel des weltweit in der Schmuckindustrie verbrauchten Goldes auf In-
dien. Indischer Goldschmuck weist einen sehr hohen Reinheitsgrad
Goldimporte Indiens
1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008
0
200
400
600
800
1.000
in M
illia
rden
Indi
sche
Rup
ien
Abb. 3.3
Quelle: World Gold Council, GFMS, Bloomberg
Crashkurs Rohstoffe.indb 73 19.07.2011 15:56:50
Crashkurs Rohstoffe / 74
von 22 bis 24 Karat auf und ist deswegen verhältnismäßig teuer. Aller-
dings kann Indien nur einen Bruchteil seines Goldbedarfs im Land sel-
ber produzieren und ist deswegen auf Importe aus dem Ausland ange-
wiesen.
Investoren zeigen steigendes InteresseDass auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts Gold nichts an Faszination
verloren hat, sondern im Gegenteil immer mehr Menschen das Edelme-
tall als Anlageform wiederentdecken, verdeutlicht das enorm gestiegene
Investoreninteresse.
Die Nachfrage nach Goldmünzen, Goldbarren, ETF-Investments und
ähnlichen physisch gedeckten Anlageformen betrug im Jahr 2010 welt-
weit 1.333 Tonnen. Wertmäßig stieg die Investmentnachfrage auf 52
Milliarden Dollar und nimmt damit derzeit Platz 2 unter den wich-
tigsten Nachfragegrößen ein.
Aber auch immer mehr Privatanleger entdecken Gold als Investment
für sich. Bis heute gründet der Mythos des Goldes darauf, dass es als
letzte Sicherheit gilt, wenn alle anderen Sicherheiten wegfallen. So er-
griffen die Anleger infolge der Banken- und Finanzkrise – im Jahre
2008 sorgte die Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers und
Auch immer mehr Hedgefonds-Größen entdecken ihr
Faible für Gold. John Paulson, einer der bedeutendsten
Hedgefondsmanager der Welt, hat sogar Anfang 2010
einen eigenen Goldfonds aufgelegt. Er hält außerdem grö-
ßere Aktienpakete an einer Vielzahl bekannter Goldminenunter-
nehmen. Zudem ist er wie im Übrigen auch die Investment-Le-
gende George Soros einer der größten Anteilseigner des SPDR
Gold Trust, dem derzeit größten Gold-ETF der Welt.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 74 19.07.2011 15:56:50
75 / Edelmetalle Gold
der folgende Kollaps weiterer Häuser für Schlagzeilen – die Flucht von
riskanten Titeln hin zu der als krisensicher geltenden Währung Gold.
Die Angst vor Staatspleiten, Währungsreformen oder einer neuen
Weltwirtschaftskrise sowie politischen Unruhen wie in Nordafrika
und im Nahen Osten schüren Unsicherheit unter den Anlegern und
sind somit Futter für den Goldpreis.
Insbesondere die Problematik der Staatsverschuldung scheint sich
immer mehr auszubreiten. Auch wenn derzeit Griechenland und die
restlichen PIIGS-Staaten (Portugal, Italien, Irland, Griechenland und
Spanien) im Fokus stehen, so ist die Situation in vielen anderen Län-
dern, insbesondere in den USA, ähnlich prekär. Die Dimensionen sind
dort aber weitaus größer. Nach Regierungsangaben sollen sich die Net-
tozinskosten für den Schuldendienst bis 2015 auf einen Rekordbetrag
von 554 Milliarden Dollar verdreifachen. Im Jahr 2010 waren „ledig-
lich“ 185 Milliarden Dollar erforderlich, um die Staatsschulden zu be-
dienen. Derzeit liegt die Verschuldung des US-Staates mit 14,3 Billi-
onen Dollar bei 96,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), also
der Summe aller im Inland hergestellten Güter und Dienstleistungen.
Sobald die Schulden und die Zinsleistung schneller steigen als die Ein-
nahmen, beginnt der Teufelskreis der Überschuldung.
Eng verknüpft mit der Staatsverschuldung ist die Inflation. Im An-
schluss an einen deutlichen Anstieg der Verbindlichkeiten der öffent-
lichen Hand findet oft eine Entwertung der Schulden durch Inflation
statt. Immer mehr Anleger haben deswegen Angst vor einer weiter
wachsenden Geldentwertung oder gar einer Hyperinflation. Die Men-
schen suchen Zuflucht in Gold, das als „sicherer Hafen“ gilt. Bereits im
Jahre 1966 schrieb der frühere US-Notenbankchef Alan Greenspan in
seinem Aufsatz „Gold und wirtschaftliche Freiheit“ über die Überlegen-
heit des Goldes gegenüber Papierwährungen. Seiner Meinung nach gebe
es ohne Goldstandard keine Möglichkeit, Ersparnisse vor Entwertung
Crashkurs Rohstoffe.indb 75 19.07.2011 15:56:50
Crashkurs Rohstoffe / 76
durch Inflation zu schützen: Im Jahr 1999 bekräftigte er seine Position:
„Gold ist weltweit immer noch das letztgültige Zahlungsmittel. Papier-
geld wird im Extremfall von niemandem akzeptiert. Gold wird immer
akzeptiert.“
Sogar die chinesische Regierung empfahl 2009 laut dem sogenannten
„Thunder Road Report“ im zentralen staatlichen Fernsehen den Erwerb
von physischen Edelmetallen zu Investmentzwecken. Die Nachfrage
nimmt dortzulande deutlich zu.
ETFs sehr beliebtFonds mit Börsenzulassung, sogenannte Exchange Traded Funds
(ETFs), stoßen bei Goldanlegern auf immer größeres Interesse. Im Jahr
2004 wurden die ersten ETFs auf Gold initiiert. Der SPDR Gold Trust
ist der weltweit größte ETF dieser Art. Da die Anteilscheine der Gold-
ETFs zu einem hohen, möglichst 100-prozentigen Anteil mit physischem
Gold hinterlegt sind, spielen diese bei der Nachfrage nach Gold eine im-
mer größere Rolle.
Physisch gedeckte Gold-ETFs
April 04 April 05 April 06 April 07 April 08 April 09 April 10
0
10
20
30
40
50
60
70
80
in M
illia
rden
US-
Dolla
r
Abb. 3.4
Quelle: ETF Securities, Bloomberg
Crashkurs Rohstoffe.indb 76 19.07.2011 15:56:50
77 / Edelmetalle Gold
Produzenten reduzieren Hedge-PositionenZur Absicherung gegen einen fallenden Goldpreis tätigen Goldprodu-
zenten Vorwärtsverkäufe von Gold (Hedging). Damit werden Erträge
künftiger Goldförderungen garantiert. Steht allerdings der Goldpreis
auf einem Niveau wie in den Jahren seit der Jahrtausendwende, können
die Goldförderer nicht von der höheren Notierung profitieren. Die Fol-
ge: Immer mehr Goldproduzenten lösten ihre Vorwärtsverkäufe auf,
betrieben also sogenanntes De-Hedging. Dabei werden Goldverkäufe
auf Termin vorzeitig aufgelöst, indem die Firmen Gold am Markt kau-
fen und somit als großer Nachfrager auftreten. Die Société Générale
erfasst die Daten zum weltweiten Gold-Hedging zusammen mit dem
Marktforscher GFMS. Demnach wurde im Jahr 2000 der höchste Stand
von Gold-Terminverkäufen registriert. Das Global Hedge Book (die Ge-
samtheit aller Hedging-Positionen) belief sich auf 3.064 Tonnen Gold.
Im Jahr 2010 besaßen die Goldproduzenten weltweit lediglich noch
Gold-Hedging-Positionen im Umfang von 158 Tonnen.
Grundsätzlich kann festgehalten werden: Hedging hat tendenziell ei-
nen negativen Einfluss auf den Goldpreis, während es beim De-Hedging
gerade umgekehrt ist.
Zentralbanken im WandelEine entscheidende Rolle bei der Goldnachfrage spielen die Zentral-
banken. In den Jahren seit 1989 traten sie als Nettoverkäufer von Gold
auf, es wurde also insgesamt mehr Gold veräußert als gekauft. In diesen
Jahren sorgten die Zentralbanken sogar für ein zusätzliches Goldange-
bot am Markt. Im Jahr 2009 fand allerdings eine der dramatischsten
Trendwenden der letzten Jahrzehnte statt: Erstmals seit 1988 waren sie
wieder Nettokäufer von Gold. Insgesamt wurden knapp 400 Tonnen
Gold eingesammelt und immer mehr Zentralbanken planen, Gold zu
kaufen, um ihre Reserven zu diversifizieren. So kündigte China an, seine
Crashkurs Rohstoffe.indb 77 19.07.2011 15:56:50
Crashkurs Rohstoffe / 78
Goldreserven schrittweise ausbauen zu wollen. Offiziellen Angaben
zufolge besitzt China derzeit gut tausend Tonnen Gold. Das entspricht
lediglich einem Anteil von 1,6 Prozent an den gesamten Reserven des
Landes. Auch Russlands Zentralbank will ihre Goldvorräte weiter auf-
stocken. Zwar ist der Goldanteil an den russischen Gold- und Devisen-
reserven mit 7,5 Prozent per Anfang 2011 bereits deutlich höher als in
China, dennoch will die russische Zentralbank eigenen Aussagen zu-
folge jährlich mindestens weitere 100 Tonnen Gold zukaufen. In abso-
luten Zahlen betrugen die russischen Goldvorräte per 1. Dezember 2010
knapp 784 Tonnen.
Industrie im HintergrundDie industrielle Nachfrage spielt bei Gold eine eher untergeordnete
Rolle. Dennoch wird Gold aufgrund seiner chemischen Eigenschaften
bei vielerlei technologischen Anwendungen eingesetzt. Wichtigster Ab-
satzmarkt in diesem Zusammenhang ist der Elektroniksektor, auf den
Zentralbanken und internationale Organisationen
Bestandsveränderung / Goldreserven 1989-2009
89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09-800
-400
-600
-200
0
200
400
in T
onne
nAbb. 3.5
Quelle: Erste Bank, Bloomberg
Crashkurs Rohstoffe.indb 78 19.07.2011 15:56:50
79 / Edelmetalle Gold
etwa 70 Prozent der Industrienachfrage entfallen. Beispielsweise ist Gold
leicht hämmerbar, sodass aus einer Unze Gold eine extrem dünne,
knapp 40 Quadratmeter große Platte hergestellt werden kann.
Begrenztes AngebotDas gesamte weltweite Goldangebot belief sich im Jahre 2010 auf 4.108
Tonnen. Die Spanne zwischen Angebot und Nachfrage hat sich in den
vergangenen Jahren immer mehr verringert. Noch kann derzeit die
Nachfrage durch das Angebot gedeckt werden, ob dies jedoch auch in
Zukunft der Fall sein wird, hängt insbesondere von der Angebotsent-
wicklung ab. Knapp 60 Prozent der Angebotsseite wird von der Mi-
nenproduktion abgedeckt, der Rest im Wesentlichen durch das Recy-
cling von Altgold.
Höhepunkt der Minenproduktion überschritten?Die Experten sind sich einig, dass in den kommenden Jahren mit einem
nachhaltigen Rückgang der Minenproduktion zu rechnen ist. In den
Jahren 2001 und 2010 wurden rund 2.600 Tonnen Gold gefördert. Vieles
spricht dafür, dass damit der Höchststand der jährlichen Goldproduktion
Goldangebot in Tonnen 2009 2010 Veränderung
Gesamte Minenproduktion 2.332 2.543 +9%
Verkäufe offizieller Sektor 30 -88 n/a
Angebot an recyceltem Gold 1.672 1.653 -1%
Gesamtes Angebot 4.034 4.108 +2%
Abb. 3.6: Goldangebot
Quelle: GFMS, LBMA, World Gold Council
Crashkurs Rohstoffe.indb 79 19.07.2011 15:56:50
Crashkurs Rohstoffe / 80
(Peak Gold) markiert wurde. Insbesondere Südafrika hat schon seit
Längerem mit rückläufigen Produktionsraten zu kämpfen.
Seit 1905 führte das Land ununterbrochen die Liste der weltweit größ-
ten Goldproduzenten an. Im Jahr 2007 löste schließlich China Südafri-
ka an der Spitze ab. Doch Experten glauben, dass China die Poleposi-
tion in Zukunft nur schwer verteidigen können wird. Nach Angaben
der U.S. Geological Survey verfügt China derzeit lediglich über knapp
sechs Prozent der weltweiten Goldvorkommen. Sind diese Schätzungen
korrekt, so wären die derzeit nachgewiesenen Reserven bereits in weni-
ger als einem Jahrzehnt komplett aufgebraucht.
Ein Grund dafür, dass Experten mit einer sinkenden Goldproduktion
rechnen, liegt darin, dass die durchschnittlichen Goldgehalte des Ab-
baumaterials in den Ländern, die bereits seit längerer Zeit Goldabbau
betreiben, immer geringer werden. Im Schnitt lag dieser in den Jahren
1830 bis 1920 bei rund 22 Gramm pro Tonne, heute sind es nicht ein-
mal mehr ein Gramm je Tonne.
Produktion Südafrika 1930-2010
1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000
0
200
100
500
400
300
700
600
800
1.000
900
1.300
1.200
1.100
in T
onne
nAbb. 3.7
Quelle: Sharelynx.com
Crashkurs Rohstoffe.indb 80 19.07.2011 15:56:51
81 / Edelmetalle Gold
Zudem wurde ein Großteil der leicht zugänglichen und goldreichen
Lagerstätten bereits gefunden und abgebaut. Das Auffinden und Er-
schließen neuer Explorationsprojekte dürfte in Zukunft immer schwie-
riger und insbesondere auch kostspieliger werden. Ein hoher Goldpreis
ist unabdingbare Voraussetzung dafür, dass solche Projekte überhaupt
in Betracht gezogen werden. Aber auch dies dürfte nicht ausreichen,
dass die alljährlichen Abbauvolumen durch Neufunde aufrechterhal-
ten werden können.
Altgoldangebot hängt am GoldpreisEin beträchtlicher Anteil des Angebots – rund 40 Prozent – entsteht
aus dem Gold-Recycling. Darunter versteht man die Wiedergewin-
nung beziehungsweise Trennung des bereits verarbeiteten Goldes wie
Schmuck in seinen ursprünglichen Zustand. Je höher der Goldpreis
steigt, desto größer ist auch die Bereitschaft, Gold zu recyceln.
Große Auswahl an Investmentmöglichkeiten
Welche Möglichkeiten haben Anleger, an der Entwicklung des Gold-
preises teilzuhaben? Grundsätzlich gibt es je nach Anlegertyp eine
Vielzahl verschiedener Investmentchancen. Aber auch hier gilt wie
bei den meisten anderen Anlagen, dass Diversifizierung das Zauber-
wort ist.
Gold-Aktien
Extrachance durch HebelwirkungDurch ein Investment in Goldminenunternehmen profitieren Anleger
von der Entwicklung des Goldpreises. Allerdings sind die Schwankungen
Crashkurs Rohstoffe.indb 81 19.07.2011 15:56:51
Crashkurs Rohstoffe / 82
deutlich größer als beim Edelmetallkurs selbst. Dies liegt an der so-
genannten Hebelwirkung von Gold-Aktien. Der Grund: Mit einem
steigenden Goldpreis steigen auch die Gewinne der Goldunternehmen.
Die Kosten für den Abbau einer Unze Gold bleiben theoretisch be-
trachtet aber weitgehend gleich. Jeder Anstieg des Goldpreises um ei-
nen Dollar führt also automatisch zu einem Anstieg der Gewinne der
Goldminengesellschaften um einen Dollar.
Ein vereinfachtes Beispiel verdeutlicht das Ganze:
Angenommen die Goldminen AG hatte im Jahr
1980 Produktionskosten von 50 Dollar je Unze.
Der Marktpreis von Gold hätte bei 55 Dollar je
Unze gelegen. Dies ergäbe einen Gewinn für die
Goldminen AG von fünf Dollar je Unze.
Szenario: Inflationsbereinigt steigen die Förderkosten bis 1985
auf 53 Dollar. Der Marktpreis hat sich in diesem Zeitraum aber
auf 110 Dollar verdoppelt. Der Gewinn der Goldminen AG würde
dann 57 Dollar je Unze betragen und hätte sich somit mehr als
verzehnfacht.
Gewinnentwicklung Goldminen AG:
1980:
55Dollar(Goldpreis)
– 50Dollar(Förderkosten)
= 5Dollar(Gewinn)
+100 Prozent
Beispiel
Hebelwirkungvon10
1985:
110Dollar(Goldpreis)
– 53Dollar(Förderkosten)
=57Dollar(Gewinn)
+1.040 Prozent
Crashkurs Rohstoffe.indb 82 19.07.2011 15:56:51
83 / Edelmetalle Gold
Vom Explorer zum Produzenten Grundsätzlich kann man bei Goldminengesellschaften zwischen Pro-
duzenten, Junior-Goldunternehmen und Explorern unterscheiden. Das
Risiko der Investments nimmt in der Reihenfolge der Aufzählung zu.
Goldproduzenten verfügen bereits über Minen mit einem nachhaltigen
Goldausstoß, während Explorern das Aus drohen kann, bevor sie über-
haupt begonnen haben, das erste Gold aus dem Boden zu holen. So wird
auf vielen Gebieten exploriert, nur sehr wenige eignen sich aber letzt-
endlich zur Goldförderung. Zudem verschulden sich viele Unterneh-
men in der Erwartung eines großen Goldfundes während der Explora-
tionsphase tief. Kommen auch noch Ereignisse wie die Finanzkrise im
Jahr 2008 hinzu, werden gerade die Aktien dieser Unternehmen förm-
lich auf den Markt geworfen. Andererseits versprechen sie aber über-
proportional hohe Kursgewinne im Falle eines Erfolgs. Aufgrund des
hohen Risikos eignen sich Explorer-Aktien deswegen nur für extrem ri-
sikobereite Anleger.
Bereits etwas geringer ist das Risiko für Goldanleger bei Junior-Gold-
unternehmen. Diese Gesellschaften haben nicht nur Gold nachweisen
können, sie haben bereits mit dem Ausbau ihrer Goldlagerstätten be-
gonnen. Der Produktionsstart liegt also zeitlich viel näher als bei Ex-
plorern. Somit ist das Risiko eines Totalausfalls deutlich niedriger.
Das geringste Risiko weisen die Aktien der Goldproduzenten auf. Als
Basisinvestments sollten sie deswegen in keinem ausgewogenen Gold-
depot fehlen. Wichtigste Klassifizierungsmöglichkeiten für Gold-Ak-
tien sind die Größe der Goldreserven einer Gesellschaft und die För-
derkosten.
Neben den genannten Arten von Goldunternehmen gibt es auch
Gold-Royalties-Firmen, die sich Lizenzrechte an Goldminen sichern
und dadurch Einnahmen generieren. Das Risiko ist hier relativ über-
schaubar.
Crashkurs Rohstoffe.indb 83 19.07.2011 15:56:51
Crashkurs Rohstoffe / 84
Barrick Gold (WKN 870 450)
Der weltweit größte Goldproduzent ist mit einem 2010er-Ausstoß von
knapp acht Millionen Unzen Barrick Gold. Die Kanadier haben neben
25 bereits operierenden Minen weitere vielversprechende Projekte in
der Pipeline, die in Zukunft für einen weiteren Anstieg des Goldaus-
stoßes sorgen dürften. Barrick Gold nannte per Ende 2010 nachgewie-
sene und wahrscheinliche Reserven von knapp 140 Millionen Unzen
Gold sein Eigen.
2007 2008 2009 2010 2011
20
30
40
50
60
Barrick Gold in US-Dollar
Abb. 3.8
Trotz der erstklassigen Voraussetzungen hinkte die Ak-
tie von Barrick Gold in den Jahren 2000 bis 2009 der Per-
formance vieler anderer Goldproduzenten hinterher. Dies
hatte einen einfachen Grund: Barrick Gold verfügte über ein
sehr hohes Hedge-Book. Das Unternehmen hat dieses allerdings
im Jahr 2009 vollständig aufgelöst, sodass Barrick Gold seitdem
wieder in vollem Umfang vom steigenden Goldpreis profitieren kann.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 84 19.07.2011 15:56:51
85 / Edelmetalle Gold
Goldcorp (WKN 890 493)
Ein weiteres hochinteressantes Unternehmen ist die kanadische Gold-
corp. Goldcorp wurde von Rob McEwen gegründet und schaffte es, in-
nerhalb kurzer Zeit in die vorderste Riege der bedeutendsten Goldpro-
duzenten der Welt vorzurücken.
Die Marktkapitalisierung stieg von 1992 bis 2011 von 50 Millionen Dol-
lar auf mehr als 39 Milliarden Dollar.
Goldcorp besticht mit beeindruckenden Goldreserven von knapp 49
Millionen Unzen per Ende 2010, die stetig weiter ausgebaut werden sol-
len. Die Gesellschaft ist unter anderem in der Red-Lake-Mine in Kana-
da, einer der hochgradigsten Goldminen der Welt, tätig. Im Jahr 2010
produzierte Goldcorp insgesamt 2,5 Millionen Unzen Gold. Bis 2015
will das Unternehmen den Ausstoß auf rund vier Millionen Unzen
deutlich erhöhen – ein Wachstum, das bei Gesellschaften dieser Grö-
ße eher selten ist. Zudem glänzt Goldcorp traditionell mit im Branchen-
vergleich extrem niedrigen Förderkosten von weniger als 300 Dollar je
2007 2008 2009 2010 2011
10
20
30
40
50
60
Goldcorp in US-Dollar
Abb. 3.9
Crashkurs Rohstoffe.indb 85 19.07.2011 15:56:51
Crashkurs Rohstoffe / 86
Unze auf Beiproduktbasis im Jahr 2010, was enorm hohe Gewinn-
margen verspricht.
Fonds und ZertifikateAnlegern, die das Risiko einer Anlage in Einzelaktien scheuen, aber
dennoch die Hebelwirkung von Aktien gegenüber dem Goldpreis spie-
len möchten, bieten ausgewählte Goldfonds eine hervorragende Invest-
mentalternative. Aber auch als Basisinvestment sind solche Fonds für
jedes Depot bestens geeignet. Wer direkt auf die Entwicklung des Gold-
preises setzen möchte, ist neben dem Kauf von physischem Gold am
besten bei Zertifikaten und ETFs/ETCs aufgehoben. Hier gibt es für
jeden Anlegertyp – ob risikobereit oder eher konservativ – die ver-
schiedensten Produkte.
BGF-World Gold Fund (WKN 974 119)Mit einem Volumen von mehr als acht Milliarden Euro ist der BGF-
World Gold Fund der größte der Goldminenfonds. Der Hauptanteil
Hervorragende Margen
2007 2008 2009 2010 Q1/20110
300
600
703 $
868 $
978 $
1.240 $
1.394 $
900
1.200
1.500
in U
S-Do
llar j
e Un
ze
Realisierter Goldpreis
Cashkosten auf BeiproduktbasisMarge
540
163
563
305
683
295
966
274
1.206
188
Abb. 3.10
Quelle: Goldcorp
Crashkurs Rohstoffe.indb 86 19.07.2011 15:56:52
87 / Edelmetalle Gold
des Fondsvermögens wird in Unternehmen des Goldbergbaus investiert.
Verantwortlich für den Fonds ist Evy Hambro. Ihn und sein Team
zeichnet eine jahrelange Erfahrung im Fondsmanagement aus. Zudem
verfügen sie über geologische Fachkompetenz und hervorragende Kon-
takte in der Minenbranche. Laut Standard & Poor’s gehört die Mann-
schaft zu den stärksten und am besten ausgebildeten Rohstoffteams der
Branche. Der BGF-World Gold hat demnach ausgezeichnete Chancen,
auch in Zukunft zu den besten Goldminenfonds zu zählen.
Zertifikate für alle AnlegertypenBei den Zertifikaten haben Anleger schier unendliche Auswahl-
möglichkeiten: von Laufzeitprodukten über Endlospapiere, Zertifi-
kate mit und ohne Hebel, währungsgesichert oder nicht, Titel direkt
auf den Goldpreis oder auf Aktien. An dieser Stelle soll deswegen nur
auf die einfachste Variante, einen sogenannten Gold-Tracker, einge-
gangen werden.
Physisches GoldEine weitere Möglichkeit, von einem steigenden Goldpreis zu profitie-
ren, ist der Kauf von physischem Gold. Zwar ist dies die teuerste, aber
nach Meinung vieler Experten gleichzeitig die sicherste Methode, sein
Vermögen zu schützen. Es empfiehlt sich deswegen, rund fünf bis 15
Prozent des eigenen Vermögens in physischen Edelmetallen zu halten.
Mit einem Gold-Tracker, beispielsweise von der Commerz-
bank (WKN GS7 2X2), partizipieren Anleger nahezu 1:1
an der Wertentwicklung des Edelmetalls. Zudem ist das
Commerzbank-Zertifikat währungsgesichert. Eine Abschwä-
chung des Dollars beeinträchtigt die Performance dieses Papiers
demnach nicht.
!
Crashkurs Rohstoffe.indb 87 19.07.2011 15:56:52
Crashkurs Rohstoffe / 88
Grundsätzlich gibt es hier zwei Möglichkeiten der Anlage: Münzen
und Barren. Aufgrund der größeren Fungibilität sollten Anleger zu-
nächst einen gewissen Grundstock an Münzen aufbauen. Bereits seit
Jahrtausenden werden Goldmünzen als Zahlungsmittel verwendet. Es
ist und bleibt also das Wertaufbewahrungsmittel schlechthin, das in
jedem Land der Welt akzeptiert wird. Reicht das Vermögen für größere
Investitionen, kann der Bestand mit Barren angereichert werden. Hier
gestaltet sich die Auswahl recht einfach. Man muss sich lediglich für
eine der vielfältigen Gewichtsklassen wie 100, 500 oder 1.000 Gramm
entscheiden.
Im Gegensatz zu den Barren hat man bei Münzen allerdings die Qual
der Wahl. Die Auswahl ist schier unbegrenzt. Unterschieden wird zwi-
schen Sammler- und Anlagemünzen. Bei Sammlermünzen muss meist
ein hoher Aufschlag auf den Materialwert bezahlt werden, wohingegen
bei Anlagemünzen der Erwerb nahe am eigentlichen Materialwert mög-
lich ist. Münzen werden außerdem in verschiedenen Prägequalitäten an-
geboten. So gibt es die normale Stempelglanz-Ausführung und die teurere
Spiegelglanz-Qualität, deren Herstellung deutlich aufwendiger ist. Gold-
münzen sind von der Mehrwertsteuer befreit. Zudem gilt bei physischen
Edelmetallen in Deutschland noch die alte Spekulationssteuer, sodass
Gewinne bei einer Haltedauer von mehr als einem Jahr steuerfrei verein-
nahmt werden können.
Gebräuchliche FeingehalteDer Feinheitsgrad von Goldlegierungen wird in Karat angegeben. Er
zeigt an, in welchem Verhältnis Gold zu anderen Materialien wie Silber
oder Kupfer im Metall steht. Der höchste Goldgehalt liegt bei 24 Karat.
Dies entspricht der Legierung von 999,9er-Gold. Es gibt eine Reihe von
verschiedenen Feingehalten. Die gebräuchlichsten finden Sie in der
nachstehenden Tabelle.
Crashkurs Rohstoffe.indb 88 19.07.2011 15:56:52
89 / Edelmetalle Gold
KrügerrandDie wohl bekannteste und zugleich älteste Anlagemünze ist der Krü-
gerrand. Er wurde erstmals im Jahr 1967 von der South African Mint
herausgegeben. Das Motiv bleibt in jedem Jahr beidseitig gleich. Deswe-
gen hat die Münze einen hohen Wiedererkennungswert. Sie ist nach dem
südafrikanischen Politiker Paul Kruger, der auf der Vorderseite der Münze
abgebildet ist, und dem Gebiet „Witwatersrand“, in dem Ende des 19.
Jahrhunderts erstmals Gold gefunden wurde, benannt. Auf der Rücksei-
te ist das Nationaltier Südafrikas, eine Springbock-Antilope, zu sehen.
Der Krügerrand ist in den Stückelungen 1/1, ½, ¼ oder 1/10 Unzen
erhältlich. Er hat eine Feinheit von 22 Karat (916,6/1.000), besteht also
zu 91,66 Prozent aus Gold. Zur Erhöhung der Kratzfestigkeit wird zur
Unze Gold außerdem Kupfer zulegiert – der Grund für den rötlich-
goldenen Farbton der Münze. Durch die Zugabe des Kupfers kommt
die Münze auf ein Gewicht von 33,93 Gramm. Im Vergleich zu Mün-
zen, die aus 999er-Gold bestehen, bedeutet dies eine Zugabe von fast
drei Gramm.
Karat Bezeichnung Verwendung
24 Karat 999,9er-Feingold Maple Leaf, Wiener Philharmoniker, Panda
22 Karat 916er-Münzlegierung Krügerrand
18 Karat 750er-Gold Schmuckindustrie
14 Karat 585er-Gold Schmuckindustrie
9 Karat 375er-Gold Schmuckindustrie
8 Karat 333er-Gold Schmuckindustrie
Abb. 3.11: Gebräuchliche Feingehalte
Crashkurs Rohstoffe.indb 89 19.07.2011 15:56:52
Crashkurs Rohstoffe / 90
Aufgrund des im Vergleich zu anderen Goldmünzen relativ niedrigen
Aufgelds und seiner starken Verbreitung sowie Bekanntheit ist der Krü-
gerrand eine der interessantesten Anlagemünzen.
Maple LeafEine gute Alternative zum Krügerrand ist der kanadische Maple Leaf.
Die Münze hat einen Goldgehalt von 99,99 Prozent. Erstmals erschien
der Maple Leaf im Jahr 1979. Er ist damit die zweitälteste Anlagemünze
nach dem Krügerrand und gleichzeitig auch eine der am weitesten ver-
breiteten Goldmünzen. Auch beim Maple Leaf bleibt das Erscheinungs-
bild Jahr für Jahr gleich. Die Vorderseite zeigt das Motiv des kana-
dischen Ahornblattes (engl.: maple leaf). Auf der Rückseite ist unter
anderem das Portrait der englischen Königin Elisabeth II. abgebildet.
Der Maple Leaf kann in den folgenden Stückelungen erworben werden:
¹⁄¹-, ½- (seit 1986), ¼- (seit 1982), ¹⁄¹0- (seit 1982) und ¹⁄²0- (seit 1993)
Unzen. Zwischen 1994 und 1996 gab es auch eine 1/15-Unzen-Variante.
Sein hoher Wiedererkennungswert und insbesondere der hohe Fein-
gehalt der Münze machen den Maple Leaf zu einer der interessantesten
Gold-Anlagemünzen überhaupt.
Wiener PhilharmonikerDie österreichische Goldmünze Wiener Philharmoniker ist mittlerwei-
le zur beliebtesten und meistverkauften Goldmünze Europas avanciert.
Ihren Namen hat sie vom weltberühmten Orchester, den Wiener Phil-
harmonikern. Das gleichbleibende Motiv zeigt auf der Vorderseite aus-
gewählte Instrumente des Orchesters sowie die Aufschrift „Wiener
Philharmoniker“. Auf der Rückseite ist die Orgel, die im Goldenen Saal
des Wiener Musikvereins steht und aus dem alljährlichen Neujahrs-
konzert bekannt ist, zu sehen. Ein Pluspunkt der am weitesten verbrei-
teten europäischen Goldmünze ist die hohe Feinheit von 999,9/1.000.
Crashkurs Rohstoffe.indb 90 19.07.2011 15:56:52
91 / Edelmetalle Gold
Anfangs gab es den Philharmoniker nur in den Stückelungen 1/1 und
¼. Im Jahr 1991 folgte die 1/10-Unze und 1994 das ½-Unzen-Stück. Bei
diesen vier Größen ist es bis heute geblieben. Mit der Euroeinführung
zum 1. Januar 2002 änderte sich der Nennwert von Schilling in Euro.
Zum 15-jährigen Jubiläum der Münze erschien im Herbst 2004 zudem
eine auf 15 Stück limitierte Sondermünze zu 1.000 Unzen und einem
offiziellen Nennwert von 100.000 Euro. Auch zum 20-jährigen Jubilä-
um im Jahr 2009 wurde wiederum eine Sonderprägung herausgege-
ben. Sie hat einen Nennwert von 2.000 Euro und ein Feingewicht von 20
Unzen.
Mit seiner Feinheit folgt die österreichische Goldmünze dem Anlage-
trend zu hoher Reinheit. Sie ist in jedem Fall eine der interessantesten
europäischen Goldmünzen.
China PandaDer Chinesische Panda ist eine sehr bekannte und beliebte Anlage-
münze aus China, dem mittlerweile weltweit größten Goldproduzenten.
Im Gegensatz zu den bislang vorgestellten Münzen wechseln die Pan-
da-Motive jährlich. Auf der Vorderseite ist Jahr für Jahr ein anderes Ex-
emplar des vom Aussterben bedrohten und streng geschützten Panda-
bären zu sehen (Ausnahmen: 2001 und 2002 – hier war es identisch).
Auf der Rückseite ist der Himmelstempel, eine Tempelanlage in Pe-
king, abgebildet. Die ansprechende Gestaltung der Münze in Verbin-
dung mit den vergleichsweise geringen Auflagezahlen, vor allem bei
den älteren Jahrgängen, macht die Münze auch bei Sammlern immer
beliebter. Allerdings wird der Panda deswegen mit einem Sammlerauf-
schlag gehandelt. Die Feinheit liegt bei 999,9/1.000.
Bereits von Anfang an war der Panda in vier verschiedenen Stücke-
lungen erhältlich: ¹⁄¹-, ¼-, ¹⁄¹0- und ¹⁄²0-Unzen. Zwischenzeitlich gab es
die Münze auch in anderen, teils ungewöhnlichen Größen wie etwa die
Crashkurs Rohstoffe.indb 91 19.07.2011 15:56:52
Crashkurs Rohstoffe / 92
1-Gramm-Variante. Heutzutage ist der Panda auch in der ½-Unzen-
Variante zu kaufen.
Der Panda ist auf der Schwelle zwischen Anlage- und Sammlermünze
angesiedelt. Als Depotbeimischung ist er aufgrund seiner Reinheit und
des Herkunftslandes aber in jedem Fall eine interessante Option.
Hier können Anleger zugreifenAnleger beziehen physisches Gold, egal ob Münzen oder Barren, am
einfachsten über ihre Bank. Als gute Alternative zu dieser traditionellen
Methode bietet sich der Erwerb über Goldhändler an, die oftmals güns-
tigere Preise aufrufen. Allerdings sollte man hierbei unbedingt auf die
Seriosität der Geschäftspartner achten, da sich immer mehr schwarze
Schafe auf dem Markt tummeln.
Auf den Edelmetallhandel spezialisiert hat sich unter anderem die
Firma Pro Aurum in München, die im Jahr 2004 als erster reiner Edel-
metallhändler am Markt auftrat.
Crashkurs Rohstoffe.indb 92 19.07.2011 15:56:52
93 / Edelmetalle Silber
SilberDas chemische Symbol für Silber ist „Ag“. Es leitet sich vom latei-
nischen Wort Argentum ab, das übersetzt Silber bedeutet.
Silber als Zahlungsmittel
Das „Gold des kleinen Mannes“ wird Silber oft genannt, da es deutlich
günstiger ist als Gold. Eine Unze Gold kostete Anfang Mai 2011 das
41-Fache einer Silberunze. Dies war aber nicht immer so. Lange Zeit war
Silber sogar wertvoller als Gold. Silber ist enorm beliebt. Bereits seit vie-
len Jahrtausenden wird Silber von Menschen verarbeitet. Sowohl die
Griechen als auch die Römer und Germanen verwendeten das Metall.
Die ersten Funde stammen aus der Zeit der Ägypter etwa 4.000 v. Chr.
Besonders hoch im Kurs stand Silber circa 600 v. Chr., als die Griechen
die ersten Münzen aus Silber prägten. Auch in Deutschland war der
Silbertaler lange Zeit das vorherrschende Zahlungsmittel. Im Laufe der
Jahre verlor Silber allerdings enorm an Bedeutung. Nach dem Jahr 1870,
also zu Zeiten des Goldstandards, wurde nur noch Gold als Währungs-
metall genutzt. Während kurz zuvor in Zeiten des Bürgerkriegs in den
USA der Silberpreis noch bei 3,62 Dollar lag, fiel die Notierung in den
Jahrzehnten nach dem Wegfall des Bimetallstandards (das Papiergeld
war durch Gold und Silber gedeckt) auf zeitweise weniger als 0,50 Dollar.
In China gab es hingegen nie einen Goldstandard, sodass dort in erster
Linie Silber Zahlungsmittel war. Bis in die 1930er-Jahre wurde Silber als
Währung verwendet.
Die Silberspekulation der Gebrüder HuntDen stärksten Aufschwung erfuhr der Silberpreis in der Vergangenheit
in den 1970er-Jahren – zu Zeiten der Gebrüder Hunt, die als die größten
Crashkurs Rohstoffe.indb 93 19.07.2011 15:56:52
Crashkurs Rohstoffe / 94
Silberspekulanten aller Zeiten in die Geschichte eingingen. Die Familie
Hunt hatte in den 1930er-Jahren mehrere Millionen Dollar im Ölge-
schäft gemacht, als Nelson Bunker Hunt und sein jüngerer Bruder Her-
bert William Hunt auf die Idee kamen, nun in Silber zu investieren.
Zunächst ging es den Brüdern nur um den Vermögensschutz. Die In-
flation stieg infolge der durch den Vietnamkrieg ausgelösten wirtschaft-
lichen Überhitzung dramatisch an. Da Gold bis Ende 1974 für Privat-
leute noch tabu war, war Silber für sie das Mittel der Wahl.
Bereits zu Beginn der 1970er-Jahre hatten die Hunts begonnen, Sil-
bervorräte aufzubauen. Innerhalb von nur drei Jahren hatte sich der
Silberpreis auf drei Dollar verdoppelt. Damals nannten sie 200.000
Unzen ihr Eigen. Ganz groß stiegen die Brüder dann im Jahre 1974 ins
Silbergeschäft ein, als sie insgesamt 55 Millionen Unzen Silber ein-
sammelten. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der Silberpreis erneut ver-
doppelt, auf jetzt sechs Dollar. Bis Ende des Jahres 1979 stieg der Preis
für Silber auf über 34 Dollar an. Die Hunts hatten bis dahin ihr Silber-
portfolio auch durch den Einsatz von Krediten auf rund 100 Millionen
Unzen gesteigert. Zu Beginn des Jahres 1980 schoss der Silberpreis auf
50 Dollar. Zum Höhepunkt des Kaufrausches besaßen die Brüder und
ihre Partner etwa 150 Millionen Unzen physisches Silber sowie rund
200 Millionen Unzen Silber an der New Yorker Warenterminbörse New
York Commodities Exchange (Comex). Dies entsprach zwei Dritteln
der US-Vorräte und 15 Prozent der weltweiten Silbervorräte.
Die Spekulation schien also aufzugehen, doch insbesondere die im-
mens hohen Warentermingeschäfte, also Silberkäufe mit Fremdkapital,
sollten den Hunts letztendlich zum Verhängnis werden. Als die Regeln
an der Comex Mitte Januar 1980 geändert wurden, brachte das Herbert
und Nelson Hunt zu Fall. Die Comex suspendierte den Silberhandel
und ließ nur noch Verkäufe zu. Silber verlor drastisch an Wert. Kurze
Zeit später verfügten die Hunts nicht mehr über genügend Liquidität,
Crashkurs Rohstoffe.indb 94 19.07.2011 15:56:52
95 / Edelmetalle Silber
um ihre Nachschusspflichten zu erfüllen, und das ganze Spekulations-
gebäude brach zusammen. Am Ende hatten die Hunts Schulden in
Höhe von 1,5 Milliarden Dollar. Am 27. März 1980, der als „Silver
Thursday“ in die Geschichtsbücher einging, schloss der Silberpreis bei
nur noch 10,80 Dollar. Auch in den kommenden Jahren sollte sich der
Silberpreis von diesem Einschnitt nicht nachhaltig erholen.
Silber wieder auf dem Vormarsch
In den letzten Jahren spielte Silber im Vergleich zu früher im öffent-
lichen Bewusstsein kaum noch eine Rolle. Doch derzeit scheint ein Um-
denken stattzufinden. Silber findet immer mehr Zuspruch. Alle Geld-
funktionen erfüllt es ohnehin: Silber kann als Zahlungsmittel fungie-
ren, es kann zur Wertaufbewahrung dienen und es kann zur Wertmes-
sung beziehungsweise als Recheneinheit benutzt werden. Und es kann
zudem seine Doppelrolle als Edel-, aber auch Industriemetall immer
mehr ausspielen.
Silber in US-Dollar
1970 1980 1990 2000 2010
20
10
5
2
1
40
60
Abb. 3.12
Crashkurs Rohstoffe.indb 95 19.07.2011 15:56:52
Crashkurs Rohstoffe / 96
Beim Silberpreis spiegelt sich das gestiegene Interesse klar wider. Seit
2003, als eine Unze Silber noch weniger als fünf Dollar kostete, hat sich
die Notierung bis heute mehr als versiebenfacht und damit den großen
Bruder Gold klar outperformt. Silber hat durchaus gute Chancen, sich
auch in den kommenden Jahren besser zu entwickeln als der Goldpreis.
Unterstützt wird diese Annahme durch die Entwicklung des Gold-Sil-
ber-Preisverhältnisses, auch Gold-Silber-Ratio genannt. Dieses wird be-
rechnet, indem man den derzeitigen Goldpreis durch den aktuellen Sil-
berpreis teil.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Gold seit Beginn des 20.
Jahrhunderts deutlich teurer ist als in den drei Jahrhunderten davor.
Der langfristige Mittelwert des Ratios lag bei etwa 16, was sich auch
nahezu mit dem Verhältnis der physischen Bestände decken würde.
Silber soll rund 17 mal häufiger vorkommen als Gold. Im Mai 2011 lag
das Gold-Silber-Ratio jedoch bei 41, sodass unter langfristigen Ge-
sichtspunkten Silber im Vergleich zu Gold noch immer stark unterbe-
wertet ist.
Gold-Silber-Ratio
10
20
50
100
200
1720 1740 1760 1780 1800 1820 1840 1860 1880 1900 1920 1940 1960 1980 2000
Abb. 3.13
Crashkurs Rohstoffe.indb 96 19.07.2011 15:56:53
97 / Edelmetalle Silber
Einflussfaktoren beim Silberpreis
Vielschichtige NachfrageSilber ist vielfältig einsetzbar. Dementsprechend breit gefächert sind
die Anwendungsgebiete und damit auch die Nachfrager von Silber. Al-
lerdings ist derzeit eine Verschiebung der Nachfragesektoren zu beo-
bachten. So war die Fotografie Anfang dieses Jahrtausends noch der
stärkste Sektor. Mittlerweile ist die Nachfrage von dieser Seite enorm
zurückgegangen, sodass die Fotografie durch die Industrie an der Spit-
ze abgelöst wurde. Zukunftstechnologien im Bereich der alternativen
Energien, in der Telekommunikationsindustrie und bei Batterien
könnten schon bald eine immer größere Rolle spielen, genauso wie die
Investorenseite, die mehr und mehr Silber nachfragt.
In nahezu allen Bereichen hat China ein stetig steigendes Interesse an
Silber. Die chinesische Regierung ruft die Bürger bereits zum Kauf von
Silber auf. So sind die chinesischen Silberimporte im Jahr 2010 um 15
Abb. 3.14: Silbernachfrage 2010
23 %
23 %
8 %
46 %
46 % Industrie
23 % Anleger
23 % Schmuck / Tafelsilber
8 % Fotografie
Quelle: Silver Institute, GFMS
Crashkurs Rohstoffe.indb 97 19.07.2011 15:56:53
Crashkurs Rohstoffe / 98
Prozent auf 5.159 Tonnen gestiegen, während die Exporte um 58 Pro-
zent auf 1.575 Tonnen gesunken sind. Insgesamt benötigte China dem-
nach 2.850 Tonnen mehr Silber als noch im Vorjahr, was immerhin rund
15 Prozent der gesamten Silberförderung entspricht.
Neue Anwendungen beflügeln IndustrienachfrageMit einem Anteil von 46 Prozent war die Industrie nach Angaben des
Silver Institute der mit Abstand größte Silbernachfrager im Jahr 2010.
In jedem Auto stecken durchschnittlich zwei Unzen Silber, in jedem
Handy etwa 250 Milligramm. Da pro Jahr mehr als eine Milliarde Mo-
biltelefone verkauft werden, werden jährlich bereits mehr als 300 Ton-
nen Silber nur in dieser Sparte verbraucht. Insbesondere China gilt ein-
mal mehr als großer Nachfrageakteur. Es gibt Berichte, dass die Indus-
trienachfrage des Landes nach Silber bereits ein Fünftel der Weltnach-
frage ausmachen soll.
Dass Silber so beliebt ist, liegt an seinen außergewöhnlichen Eigen-
schaften. Aufgrund seiner unübertroffenen Leitfähigkeit für elektrischen
Strom ist es der wichtigste Rohstoff für elektronische Geräte aller Art,
für Zukunftstechnologien im Bereich der alternativen Energien und für
die Batterieindustrie. Außer bei Autos, Flugzeugen, Handys, Compu-
tertastaturen und Lichtschaltern wird Silber auch immer häufiger beim
Löten von Werkstoffen verwendet. Der Grund: Das traditionelle Löt-
mittel, eine Zinn-Blei-Legierung, wurde durch die Europäische Kom-
mission aufgrund von Gesundheitsgefahren verboten. Die derzeit beste
Alternative ist eine Dreistofflegierung aus Zinn, Silber und Kupfer.
Gemäß einer Studie zu den Auswirkungen von Zukunftstechnologien
auf die Rohstoffnachfrage, die im Mai 2009 vom Fraunhofer-Institut
sowie vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung im
Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums verfasst wurde, dürfte der
Silberbedarf für Weichlote von 5.100 Tonnen im Jahr 2006 auf 9.300
Crashkurs Rohstoffe.indb 98 19.07.2011 15:56:53
99 / Edelmetalle Silber
Tonnen im Jahr 2030 steigen. Dann würde beinahe die Hälfte der glo-
balen Silberproduktion des Jahres 2006 für Weichlote benötigt werden.
Als Silber-Hartlötmittel ist Silber unter anderem bei Klimaanlagen, in
der Luftfahrt und bei der Stromverteilung enorm gefragt.
Auch in den immer beliebteren RFID-Chips kommt Silber zum
Einsatz. Sie gelten als die Zukunft des Einkaufens. RFID steht für
„Radio Frequency Identification“ und bedeutet „Funkerkennung“.
Jede Ware, die mit einem solchen Chip versehen ist, kann per Funk
ausgelesen werden und muss nicht mehr wie bisher einzeln aufwen-
dig gescannt werden. RFID-Chips verdrängen deswegen zunehmend
den Strichcode, auch Barcode genannt, und werden zudem in Kauf-
häusern als Diebstahlschutz eingesetzt. Auf dem neuen elektro-
nischen Personalausweis wird ebenfalls ein RFID-Chip verwendet.
Auch wenn der Silberanteil eines jeden Chips nur bei rund 0,01
Gramm liegt, erwarten Experten in den kommenden Jahren einen
gewaltigen Silbernachfrageschub von dieser Seite. Gemäß dem oben
erwähnten Gutachten der Bundesregierung dürfte der Silberver-
brauch von gerade einmal einer Tonne im Jahr 2006 auf 5.670 Tonnen
im Jahr 2030 rasant steigen.
Da Silber außerdem die höchste thermische Leitfähigkeit aller Metal-
le aufweist, ist das Metall ein wichtiges Element bei Solarpaneelen. Bei
Fotovoltaikanlagen wird das Sonnenlicht durch silberbeschichtete Spiegel
reflektiert. Dadurch kann die Einstrahlung enorm intensiviert werden.
Dank seiner toxischen Eigenschaften, Keime und Bakterien abtöten
zu können, ist Silber außerdem unverzichtbar für die Medizin und die
Medizintechnik. So wird zum Beispiel Operationsbesteck mit Silber
beschichtet. Eingesetzt wird es auch als Wundauflage mit antibakteri-
eller Wirkung. Ein neuer Trend ist die Verwendung von Silber bei der
Wasseraufbereitung. Aufgrund seiner antibakteriellen Eigenschaften
kann dadurch auf den Einsatz chemischer Keimtöter wie Chlor oder
Crashkurs Rohstoffe.indb 99 19.07.2011 15:56:53
Crashkurs Rohstoffe / 100
Brom mit ihren teilweise gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen ver-
zichtet werden. In Wasserleitungen eingesetzt können sogar Legionel-
len abgetötet werden. Auch in der Textilindustrie wird Silber immer
beliebter. Da durch den Einsatz von Silber das Wachstum von Bakte-
rien auf der Haut gehemmt wird und damit die Entstehung unange-
nehmer Gerüche verhindert werden kann, wird Silber immer häufiger
bei der Herstellung von Sportbekleidung verwendet.
Während Silber bei den genannten Anwendungen immer wichtiger
wird, nimmt die Bedeutung in der Fotoindustrie ab. Noch zur Jahrtau-
sendwende summierte sich der Silberbedarf der Fotobranche auf mehr
als 7.000 Tonnen beziehungsweise 25 Prozent der gesamten Nachfrage.
Die Herstellung von Farbfilmen herkömmlicher Fotokameras basiert auf
Silberkristallen. Mit dem Siegeszug der Digitalkameras ist die Nachfrage
seitens des Fotografiesektors schon seit Jahren rückläufig. Mittlerweile
dürfte dieser Bereich weniger als zehn Prozent der Gesamtnachfrage
ausmachen.
Investmentnachfrage wächst rasantEine immer größere Bedeutung auf der Nachfrageseite nimmt die In-
vestmentnachfrage ein. Von allen Nachfragesektoren wächst sie derzeit
am stärksten. Zusammen mit Münzen und Barren machte sie im Jahr
2010 bereits fast ein Viertel des gesamten Bedarfs aus.
Im Jahr 2010 stiegen die Silberbestände der Silber-ETFs um 23 Pro-
zent auf 495 Millionen Unzen. Allein 2010 wurden fünf neue physische,
in Silber investierende ETFs aufgelegt. Die Bestände des im April 2006
lancierten mittlerweile weltweit größten Silber-ETFs, des iShares Silver
Trust von Black Rock, erreichten 2010 ein Volumen von 350 Millionen
Unzen Silber.
Aber auch als physisches Investment steht Silber bei den Anlegern im-
mer höher im Kurs. Im Jahr 2010 erhöhten die Münzprägeanstalten
Crashkurs Rohstoffe.indb 100 19.07.2011 15:56:53
101 / Edelmetalle Silber
deswegen ihre Nachfrage um 23 Prozent und erzielten einen neuen Re-
kord. Im Januar 2011 hat die US Mint 6,4 Millionen Unzen verkauft –
bereits knapp ein Drittel des gesamten Jahresverkaufs 2007 an Silver Ea-
gles. Aufs Jahr hochgerechnet ergäbe dies 76 Millionen Unzen Silber
und damit fast zehn Prozent der gesamten weltweiten Silberförderung.
Andere Länder wie China, Indien oder Deutschland sind hierbei noch
gar nicht berücksichtigt. Das begehrte Edelmetall könnte demnach
schon bald knapp werden. Die US Mint hat zuletzt bereits mit ersten
Nachschubproblemen bei Silber zu kämpfen.
Ursachen für die immens zunehmende Investmentnachfrage gibt es
viele. Die Angst vor steigender Inflation, die Abwertung von Papiergeld-
währungen und das niedrige Zinsniveau sind nur einige Beweggründe,
die immer mehr Anleger in Silber investieren lassen.
Schmuck- und Tafelsilber gefragtDie Schmucknachfrage bei Silber macht zusammen mit dem Interes-
se an Tafelsilber immerhin rund 23 Prozent des Gesamtbedarfs an Silber
Entwicklung der Silber-ETFs
Apr. 2006 2007 2008 2009 2010 2011
0
100
200
300
400
600
500
ETF-
Einl
agen
in M
illio
nen
Unze
n Si
lber
Abb. 3.15
Quelle: silberinfo.com
Crashkurs Rohstoffe.indb 101 19.07.2011 15:56:53
Crashkurs Rohstoffe / 102
aus. Hier wird reines Feinsilber oft mit kleinen Mengen Kupfer legiert,
um es haltbarer zu machen. Weit verbreitet als Material für die Schmuck-
herstellung sowie für Silbergeschirr und Silberbestecke ist deswegen
Sterlingsilber, auch 925er Silber genannt. Es enthält 92,5 Prozentan-
teile Silber und 7,5 Prozent Kupfer.
Deutliche Angebotsverknappung erwartetSilber gilt unter Berücksichtigung der weltweiten Reserven als das
Metall, das von allen Edelmetall- und Industriemetallen als Erstes
zur Neige gehen dürfte. Einer Studie des Rheinisch-Westfälischen In-
stituts für Wirtschaftsforschung, des Fraunhofer-Instituts sowie der
Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe zufolge beträgt
die Reichweite der Silberressourcen noch 27 Jahre. Experten rechnen
deswegen in den kommenden Jahrzehnten mit einer deutlichen Ver-
knappung, was sich wiederum in einem Anstieg des Silberpreises
Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities
Abb. 3.16: Weltminenproduktion 2009
14,8 %
12,6 %
6,0 %
5,9 %
5,9 %
5,5 %
17,5 %18,8 %
5,6 %
7,4 %
17,5 % Peru
14,8 % Mexico
12,6 % China
7,4 % Australien
6,0 % Bolivien
5,9 % Russland
5,9 % Chile
5,6 % USA
5,5 % Polen
18,8 % Sonstige
Crashkurs Rohstoffe.indb 102 19.07.2011 15:56:53
103 / Edelmetalle Silber
niederschlagen dürfte. Derzeit ist noch ein Angebotsüberschuss vor-
handen. Experten gehen jedoch von einer drastischen Abnahme in
den kommenden Jahren aus. Schon bald könnte nicht mehr genü-
gend Silber vorhanden sein.
Die bedeutendsten Silberförderländer sind in Mittel- und Südameri-
ka zu finden. Der weltweit größte Silberproduzent ist derzeit Peru, ge-
folgt von Mexiko. China liegt knapp dahinter auf Platz 3. Allerdings
stammt nur rund ein Viertel des gesamten Silberausstoßes aus der Pri-
märproduktion.
Das meiste Silber wird als Nebenprodukt beim Abbau von Gold, Kup-
fer und Zink gewonnen und chemisch gelöst. Die Silberproduktion
hängt somit zu einem großen Teil von der Produktion der Hauptme-
talle ab. Einen bedeutenden Anteil am Silberangebot macht das Recy-
cling aus, außerdem treten auch Zentralbanken als Anbieter auf dem
Silbermarkt auf.
Minen mit höherem OutputDie weltweite Neuproduktion von Silber ist gemäß den Angaben des
Silver Institute von 2000 bis 2009 von 591 auf 710 Millionen Unzen und
damit jährlich im Schnitt um rund zwei Prozent gewachsen. Im Jahr
2010 dürfte die Minenproduktion sogar um etwa vier Prozent auf 742
Millionen Unzen gestiegen sein, 2011 wird sie wahrscheinlich um acht
Prozent auf 800 Millionen Unzen zulegen. Doch trotz dieses Wachs-
tums ist die Nachfrage damit in keiner Weise gedeckt. Bereits 2009
wurden weltweit etwa 889 Millionen Unzen Silber nachgefragt, Ten-
denz rasch steigend. Da der Großteil des Silbers als Nebenprodukt ge-
fördert wird, reagiert das Angebot unelastisch auf die neue Nachfrage.
Das bedeutet, dass auch bei einem Silberpreisanstieg aufgrund der För-
derung als Beiprodukt nicht mit einer Ausweitung des Angebots rea-
giert wird.
Crashkurs Rohstoffe.indb 103 19.07.2011 15:56:53
Crashkurs Rohstoffe / 104
Nur ein Teil des Altsilbers wird recyceltAuch wenn im Gegensatz zu Gold das Recycling von Silber deutlich
schwieriger ist, ist es für das Gesamtangebot eine enorm wichtige Kom-
ponente. Rund ein Fünftel des Silberangebots stammte in der Vergan-
genheit aus Altsilber. Von großer Bedeutung ist Silberrecycling, da die
Minenproduktion die Nachfrage nicht in vollem Umfang befriedigen
kann. Experten rechnen im Jahr 2011 mit einer Lücke von rund 170
Millionen Unzen. Inwieweit allerdings Recycling diese Lücke schließen
kann, bleibt abzuwarten, denn Silber wird als Industriemetall in so ge-
ringen Mengen in verschiedenen elektronischen Geräten verwendet,
dass sich Recycling nicht einfach gestaltet und zudem als teuer gilt.
Bereits in der Vergangenheit ging deswegen viel Silber unwiederbring-
lich verloren. Gemäß den Angaben des Analystenhauses CPM wurden
bis Ende 2009 weltweit insgesamt knapp 45 Milliarden Unzen Silber
produziert. Gut 22 Milliarden wurden industriell verbraucht oder gin-
gen anderweitig verloren. Nur etwa die Hälfte gilt als noch vorrätig in
Form von Schmuck, Münzen und Ähnlichem.
Zentralbanken haben nur wenig im AngebotDas Angebot seitens der Zentralbanken macht schon heute einen sehr
geringen Anteil am Gesamtangebot aus. Experten rechnen damit, dass
sich dieser in den kommenden Jahren noch weiter verringern wird.
Insbesondere China hat sich vom Exporteur zum Nettoimporteur ge-
wandelt. Das Land dürfte auch in Zukunft wenig Interesse daran zei-
gen, die eigenen Bestände des strategisch wichtigen Industriemetalls
weiter abzubauen.
Ohnehin gelten die Silberlager der Regierungen mittlerweile als na-
hezu leergefegt. Experten schätzen, dass von den Silberbeständen nach
Ende des Zweiten Weltkriegs von rund zehn Milliarden Unzen mittler-
weile nicht einmal mehr zehn Prozent vorhanden sind. Die Deckung
Crashkurs Rohstoffe.indb 104 19.07.2011 15:56:53
105 / Edelmetalle Silber
von Angebotslücken durch Verkäufe der Zentralbank zum Zwecke der
Silberpreisstabilisierung dürfte also nicht mehr lange möglich sein.
Vielfältige Investmentchancen
Silber weist im Vergleich zu Gold eine deutlich höhere Volatilität auf.
Dies sollten sich Anleger bewusst machen, bevor sie sich für eine der vielen
Investmentmöglichkeiten in Silber entscheiden. Diese reichen von Sil-
ber-Aktien über Zertifikate und Fonds bis hin zu physischem Silber.
Silber-Aktien
Höhere Gewinnchance durch HebelwirkungWie bereits im Abschnitt „Gold“ beschrieben, verfügen auch die Ak-
tien von Silberunternehmen über einen Hebel auf den Silberpreis. Steigt
oder fällt der Silberpreis also beispielsweise um zehn Prozent, ist der
Ausschlag bei den Silber-Aktien im Schnitt deutlich höher – je nach
Hebelausprägung des jeweiligen Unternehmens.
Silbergesellschaft ist nicht gleich SilbergesellschaftZu den Silber-Aktien zählen die Aktien von Silberproduzenten, Sil-
ber-Explorationsunternehmen und Silber-Royalties-Firmen. Je nach
Produktionsvolumen können die Produzenten außerdem nach „Ma-
jors“ oder „Juniors“ unterschieden werden.
Bei Silber-Aktien gibt es außerdem im Vergleich zu Gold ein weiteres
Unterscheidungsmerkmal: Es gibt primäre und sekundäre Produzenten.
Als primäre Silberproduzenten werden die Bergbaugesellschaften be-
zeichnet, bei denen mehr als 50 Prozent auf den Silberabbau entfallen.
Sekundäre Silberproduzenten fördern Silber nur als Nebenprodukt, so
beispielsweise der Branchenprimus BHP Billiton.
Crashkurs Rohstoffe.indb 105 19.07.2011 15:56:53
Crashkurs Rohstoffe / 106
Fresnillo (WKN A0M VZE)
Als größter primärer Silberproduzent der Welt gilt die in Mexiko
schürfende Fresnillo. Das Unternehmen hat bereits mehrere Projekte
in der Produktion, eine Vielzahl befindet sich zudem noch in der Ent-
wicklung. Fresnillo hat im Jahr 2010 mit 42,1 Millionen Unzen so viel
Silber gefördert wie noch nie zuvor. 2011 soll dieser Rekordwert erneut
übertroffen werden. Gelingt Fresnillo dies, könnte Mexiko Peru schon
bald als größten Silberproduzenten der Welt ablösen. Auch Fresnillo
will zur Nummer 1 werden. Bislang ist die oben erwähnte BHP Billiton
der weltweit größte Silberförderer. Bei der Produktion anderer Metalle
fördert der australische Rohstoffkonzern mehr Silber als Beiprodukt
als Fresnillo in der primären Produktion. Doch Experten erwarten bald
eine Wachablösung. Bis 2018 will Fresnillos Unternehmensführung ei-
nen Silberausstoß von 65 Millionen Unzen erreichen. Dabei kann die
Gesellschaft auf eine hervorragende Reserven- und Ressourcenbasis
bauen. Erst vor Kurzem gelang Fresnillo eine massive Ausweitung der
2008 2009 2010 2011
500
200
100
1.000
1.500
2.000
Fresnillo in Britische Pence
Abb. 3.17
Crashkurs Rohstoffe.indb 106 19.07.2011 15:56:53
107 / Edelmetalle Silber
Bodenschätze. Die Aktie von Fresnillo ist ein absolutes Basisinvestment
im Silbersektor.
Silver Wheaton (WKN A0D PA9)In keinem Silberdepot darf die Aktie von Silver Wheaton fehlen. Die
kanadische Gesellschaft betreibt zwar selbst keine Minen, sie sichert sich
jedoch gegen eine Einmalzahlung an Minenbetreiber das von diesen
geförderte Silber zu einem vorher fest vereinbarten Preis. Ein großer
Vorteil im Vergleich zu normalen Silberproduzenten: Silver Wheaton
hat keinerlei laufende Minenkosten. So ist Silver Wheaton unter ande-
rem auch an der weltgrößten Silberlagerstätte, Goldcorps Penasquito-
Mine, beteiligt. Allein im Jahr 2010 gelang es Silver Wheaton, seine
anrechenbaren Reserven um mehr als neun Prozent auf 954 Millionen
Unzen Silberäquivalent zu steigern. Damit konnte die Gesellschaft das
sechste Jahr in Folge ihre Reserven erhöhen.
Deutlich ausgeweitet, genauer gesagt mehr als verdoppelt hat Silver
Wheaton im Jahr 2010 ebenfalls seinen Gewinn. Dieser stieg um 117,9
2007 2008 2009 2010 2011
10
20
30
40
50
5
2
Silver Wheaton in Kanadische Dollar
Abb. 3.18
Crashkurs Rohstoffe.indb 107 19.07.2011 15:56:54
Crashkurs Rohstoffe / 108
Millionen Dollar auf über 290 Millionen Dollar. Die Produktion klet-
terte auf rund 23 Millionen Unzen Silberäquivalent. Und das Wachs-
tum dürfte sich fortsetzen. So erwartet die Gesellschaft für 2011 einen
Silber äquivalentausstoß von 27 bis 28 Millionen Unzen. 2015 sollen
bereits 43 Millionen Unzen gefördert werden. Für Silver Wheaton und
die Aktie des Unternehmens dürften demzufolge goldene Zeiten be-
vorstehen.
Fonds und ZertifikateNeben Einzelaktien haben Anleger auch die Möglichkeit, mit Fonds
von einem steigenden Silberpreis zu profitieren. Dabei müssen sich die
Investoren nicht selbst um die Auswahl der Einzeltitel kümmern, son-
dern überlassen dies den Fondsmanagern. Zudem kommen sie in den
Genuss der Risikostreuung, die insbesondere bei kleineren Anlage-
summen mit Einzelaktien oft schwer zu erreichen ist.
Direkt auf den Silberpreis setzen können Anleger hingegen mit Zerti-
fikaten und physisch besicherten ETFs/ETCs wie dem ETFS Silver von
ETF Securities (WKN A0N 62F). Je nach individueller Risikoneigung
gibt es hier eine schier unbegrenzte Auswahl.
Stabilitas Silber+Weissmetalle (WKN A0K FA1)Einen zu 100 Prozent reinen Silberfonds gibt es am Markt derzeit nicht.
Am stärksten von der Entwicklung des Silberpreises können Investoren
mit dem Stabilitas Silber+Weissmetalle-Fonds profitieren, der im Jahr
2006 aufgelegt wurde. Er investiert hauptsächlich in Minen, die Silber,
Platin und Palladium abbauen beziehungsweise explorieren. Zum 31.
Dezember 2010 war der Fonds sogar zu 95 Prozent in Silberwerten in-
vestiert. Dabei will das Fondsmanagement alle wichtigen Förderregi-
onen von Mexiko bis China berücksichtigen. Außer auf die Branchen-
größen wie Silver Wheaton oder Pan American Silver setzt der Fonds
Crashkurs Rohstoffe.indb 108 19.07.2011 15:56:54
109 / Edelmetalle Silber
auch auf mittlere Förderer und Explorerunternehmen und damit auf
einen breiten Mix. Zwar wird dadurch das Risiko deutlich erhöht, die
Chancen auf höhere Gewinne aber ebenso.
Alle Möglichkeiten mit ZertifikatenAuch bei Silber gibt es eine breite Palette an Optionsscheinen und Zer-
tifikaten. Angefangen von Endlospapieren über Laufzeitprodukte, Zerti-
fikate mit und ohne Hebel, mit Währungssicherung oder ohne – um
nur einige zu nennen – gibt es für jeden Anlegertyp das perfekte Instru-
ment, um von der Silberpreisentwicklung zu profitieren. Langfristig
orientierte Investoren setzen auf ein Tracker-Zertifikat, beispielsweise
von der Société Générale mit der WKN SG9 F3R. Es handelt sich dabei
um ein Quanto-Produkt. Das bedeutet, dass Währungsschwankungen
keinerlei Einfluss auf den Kurs des Derivats haben.
Physisches SilberEine immer beliebtere Anlagemöglichkeit bei den Investoren ist phy-
sisches Silber, also der Kauf von Münzen und Barren. Diese Entwick-
lung spiegelt sich auch in der Nachfrage nach Silber zur Prägung von
Münzen (mit aufgeprägtem Nennwert) und Medaillen (ohne aufge-
prägten Nennwert) wider. Diese stieg im Jahr 2010 um 23 Prozent ge-
genüber dem Vorjahr und hat sich im Vergleich zu 2007 sogar mehr als
verdreifacht.
Wie auch bei Gold wird bei Silber zwischen Anlage- und Sammler-
münzen unterschieden. Eine Anlagemünze entspricht dem Silberwert
zuzüglich etwaiger Kosten und Steuern. Der Preis für Sammlermün-
zen kann hingegen den reinen Materialwert deutlich übersteigen.
Im Gegensatz zu Gold ist physisches Silber in Deutschland mit Mehr-
wertsteuer belegt. Bei Silbermünzen wird im Allgemeinen ein ermäßig-
ter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent erhoben, für Silberbarren
Crashkurs Rohstoffe.indb 109 19.07.2011 15:56:54
Crashkurs Rohstoffe / 110
sind hingegen im Normalfall 19 Prozent fällig. Der Attraktivität als An-
lage tut dies jedoch keinen Abbruch, zumal wie bei Gold auch bei Silber
in Deutschland noch die alte Spekulationssteuer greift. Ab einer Halte-
dauer von mehr als einem Jahr sind die Gewinne steuerfrei.
Gebräuchliche FeingehalteDer Feingehalt der Silbermünzen ist in der Regel sehr hoch. Meist wird
eine Feinheit von 999/1.000 verwendet. Lediglich die Britannia aus
Großbritannien weicht mit einem Feingehalt von 958/1.000 hiervon
leicht ab. Einen noch geringeren Silbergehalt weisen die 10-Euro-Ge-
denkmünzen auf, die von der Bundesrepublik Deutschland herausge-
geben werden. Im Folgenden soll nur auf die bekanntesten Anlagemün-
zen mit einem Feingehalt von 999/1.000 eingegangen werden sowie we-
gen ihres Sonderstatus auf die 10-Euro-Gedenkmünzen.
American EagleIm Jahr 1986 erschien mit dem American Eagle die erste Silber-Anlage-
münze der USA. Sie wird von der United States Mint geprägt und gehört
zu den meistverkauften Silber-Anlagemünzen der Welt.
Da das Motiv jedes Jahr gleich bleibt, hat der American Eagle einen
hohen Wiedererkennungswert. Auf der Vorderseite ist mit der Freiheits-
statue „Walking Liberty“ das amerikanische Symbol für Freiheit abge-
bildet. Im Hintergrund sind die Sonne, die US-Flagge und die Worte
„Liberty“, „In God we trust“ sowie das Prägejahr zu sehen. Benannt ist
die Münze allerdings nach dem Motiv der anderen Münzseite, dem
amerikanischen Wappentier: dem Weißkopfseeadler. In seinem Schna-
bel hält er ein Spruchband mit der Aufschrift „E Pluribus Unum“ („Aus
vielen eines“), einem Leitsatz der USA. Außerdem sind 13 Sterne, die für
die Gründungsstaaten stehen, abgebildet. Den American Eagle gibt es
ausschließlich in der 1-Unzen-Version, der Nennwert beträgt ein US-
Crashkurs Rohstoffe.indb 110 19.07.2011 15:56:54
111 / Edelmetalle Silber
Dollar. Er ist als Anlagemünze insbesondere deswegen so beliebt, weil er
in sehr hoher Auflage geprägt und mit nur einem geringen Agio auf
den Metallwert verkauft wird.
Maple LeafZwei Jahre nach dem American Eagle wurde der erste Maple Leaf aus-
gegeben. Seitdem zählt er zu den umsatzstärksten Silbermünzen welt-
weit. Der kanadische Maple Leaf wird von der Royal Canadian Mint
(der kanadischen Münzprägeanstalt) geprägt.
Die Münze hat ihren Namen vom Ahornblatt, das auch das Staats-
wappen und die Flagge des Landes ziert und auf der Vorderseite zu se-
hen ist. Auf der Münzrückseite ist Queen Elizabeth II. abgebildet, de-
ren Bildnis gelegentlich an das aktuelle Aussehen der Königin angegli-
chen wird. Aufgrund der Zweisprachigkeit Kanadas sind die numisma-
tischen Daten in englischer und in französischer Sprache aufgeprägt.
Den Maple Leaf ist, abgesehen von einigen Sonderprägungen, nur in
der 1-Unzen-Version erhältlich. Da er mit einem nur geringen Aufschlag
zum Silberpreis gehandelt wird, eignet er sich hervorragend für Anla-
gezwecke.
Wiener PhilharmonikerDer Wiener Philharmoniker ist Europas erste Anlagemünze aus 999er
Silber. Zwar wird die Münze erst seit dem Jahr 2008 in Silber aufgelegt,
dennoch zählt sie bereits zu den erfolgreichsten Silbermünzen der Welt.
Seit der ersten Ausgabe wurden bereits mehr als 20 Millionen Stück
geprägt.
Die Gestaltung der Silbermünze entspricht der der Gold-Version. Die
eine Seite der Münze zeigt ausgewählte Instrumente des weltberühm-
ten Orchesters. Auf der anderen Seite ist die Orgel des Wiener Musik-
vereins abgebildet.
Crashkurs Rohstoffe.indb 111 19.07.2011 15:56:54
Crashkurs Rohstoffe / 112
Den Silber-Philharmoniker gibt es nur in der 1-Unzen-Version mit
einem Nennwert von 1,50 Euro. Will man mit Münzen auf einen stei-
genden Silberpreis setzen, kann man mit dem Wiener Philharmoniker
insbesondere wegen des geringen Aufgelds nicht viel falsch machen.
Mexiko LibertadErwähnenswert ist auch der Libertad. Es ist die älteste Silberanlage-
münze der Moderne – erstmals ist sie im Jahr 1982 von der ältesten Prä-
gestätte Amerikas, der Casa de Moneda de Mexico, geprägt worden. Der
Libertad hat eine Feinheit von 999/1.000.
Das Münzbild hat sich im Laufe der Jahre allerdings verändert. So wie
wir den Libertad heute kennen, wird er erst seit dem Jahr 2000 ausge-
geben. Die Vorderseite zeigt immer die Siegesgöttin Libertad, nach der
die Münze benannt ist, allerdings in früheren Jahrgängen in unter-
schiedlichen Posen. Im Hintergrund ist der Berg „Iztaccíhuatl“ und
der Vulkan „Popocatépetl“ zu sehen. Weiterhin angegeben werden das
Feingewicht sowie das Ausgabeland und das Prägejahr. Die andere Sei-
te ziert das Landeswappen Mexikos mit dem Adler, der eine Schlange
im Schnabel hat.
Ursprünglich nur als 1-Unzen-Version ausgegeben, gibt es den Liber-
tad heute in verschiedenen Größen von 1/20 Unze bis zu ein Kilogramm.
Besonderes Merkmal des mexikanischen Libertad ist der Verzicht auf
einen aufgeprägten Nennwert. Er ist aber dennoch keine Medaille,
sondern eine Münze und kann dementsprechend eingetauscht werden.
Der rechnerische Nennwert richtet sich dabei nach dem Londoner Fix-
kurs, der zweimal täglich festgesetzt wird.
China PandaSeit dem Jahr 1983 wird der China Silber Panda geprägt. Er zählt zu den
Anlagemünzen mit Sammelcharakter. Der Silber-Feingehalt des Panda
Crashkurs Rohstoffe.indb 112 19.07.2011 15:56:54
113 / Edelmetalle Silber
beläuft sich bis auf wenige Ausnahmen auf 999/1.000. Außer in den Jah-
ren 2001 und 2002 ziert jährlich eine andere Darstellung des Panda-
bären die Vorderseite der chinesischen Münze. Auf der Rückseite, wel-
che grundsätzlich unverändert bleibt, ist mit dem Himmelstempel ein
weiteres nationales Symbol Chinas abgebildet.
Der Panda wird in vielen verschiedenen Stückelungen angeboten. Am
weitesten verbreitet ist die 1-Unzen-Variante. Im Vergleich zu anderen
Silbermünzen wird der Panda zwar meist mit einem Aufschlag gehan-
delt, die Käufer zahlen diesen aufgrund der Schönheit der Münze und
der Aussicht auf einen steigenden Sammlerwert aber gerne.
Australien: Kookaburra, Koala, Lunar, Känguru Australien gibt gleich eine ganze Reihe von hochinteressanten Silber-
münzen heraus. Der Kookaburra, der Koala, der Lunar und der Kän-
guru sind aufgrund ihrer vielfältigen Prägungen auch bei Sammlern
sehr beliebt. Deswegen und da sie teilweise streng limitiert sind, werden
sie oft mit einem höheren Aufschlag zum Materialwert gehandelt. Eine
Auswahl der australischen Silbermünzen sollte wegen ihrer Schönheit
und der Chance auf einen steigenden Sammlerwert bei einem Münz-
liebhaber auf keinen Fall fehlen.
Besonders erwähnenswert ist der Lunar, der seit dem Jahr 1999 auch
in Silber geprägt wird. Er verfügt über den höchsten Sammelcharakter
unter den australischen Anlage-Silbermünzen. Jährlich wechselnd ist
auf den Münzen ein Motiv der Tierkreiszeichen des chinesischen Mond-
kalenders zu sehen.
10-Euro-Silber-GedenkmünzenDie erste Version der Silber-Gedenkmünzen in Eurowährung war die
Ausgabe „Übergang zur Währungsunion – Einführung des Euro“. Seit-
dem erscheinen in der Regel jährlich fünf 10-Euro-Münzen, die von den
Crashkurs Rohstoffe.indb 113 19.07.2011 15:56:54
Crashkurs Rohstoffe / 114
fünf Münzprägestätten Deutschlands hergestellt werden. Sie gelten als
gesetzliches Zahlungsmittel. Bis einschließlich 2010 bestanden die
10-Euro-Silber-Gedenkmünzen der Bundesrepublik Deutschland noch
aus 925er Sterlingsilber mit einem Raugewicht von 18 Gramm. Dies ent-
sprach einem reinen Silberanteil von 16,65 Gramm Feinsilber. Da der
Silberpreis Ende 2010 annähernd so hoch war wie der offizielle Ausgabe-
preis von zehn Euro, wurde der Silberanteil reduziert. Die Anfang 2011
erschienene Münze „200. Geburtstag von Franz Liszt“ besteht deswegen
aus 625er Silber, das Reingewicht dieser Münze beträgt 16 Gramm. Der
reine Silbergehalt beläuft sich demnach nur noch auf zehn Gramm Fein-
silber. Die bist dahin erschienenen 10-Euro-Gedenkmünzen waren auf-
grund ihrer Herkunft sowie der Zulassung als gesetzliches Zahlungsmit-
tel fast schon ein Garantiezertifikat mit bester Bonität.
Da der Silberpreis allerdings 2011 von einem Hoch zum nächsten eilte,
entschied das Bundeskabinett im April 2011, dass die deutschen 10-Eu-
ro-Gedenkmünzen in Normalprägung (Stempelglanz) nur noch in
Kupfer-Nickel ausgegeben werden. Nur in der höchsten Prägequalität
„Spiegelglanz“ wird es die Münze, allerdings mit Aufpreis, weiterhin in
625er Silber geben.
BezugsstellenWie auch Goldmünzen sind Silbermünzen bei der Bank oder bei ver-
schiedenen Münzhändlern erhältlich.
Crashkurs Rohstoffe.indb 114 19.07.2011 15:56:54
115 / Edelmetalle Platin
PlatinDie Bezeichnung Platin leitet sich vom spanischen Wort „platina“ ab,
der Verkleinerungsform von plata, „Silber“, und bedeutet so viel wie
„kleines Silber“. Platin gehört zu den wichtigsten Edelmetallen auf dem
Weltmarkt. Im Periodensystem der Elemente wird es mit dem Ele-
mentsymbol Pt dargestellt.
Unter dem Begriff Platinmetalle oder Platinoide werden die leichten
Platinmetalle Ruthenium, Rhodium, Palladium und die schweren Pla-
tinmetalle Osmium, Iridium und Platin zusammengefasst.
Geheimnisvolle Geschichte
Die Geschichte von Platin ist wechselhafter als die der anderen Edel-
metalle. Altägyptische Schmuckstücke liefern Hinweise darauf, dass
Platin schon um 3.000 v. Chr. im alten Ägypten verwendet wurde.
Auch bei den alten südamerikanischen Völkern wie den Inkas wurde
Schmuck sowohl aus Platin als auch aus Gold hergestellt. Danach ver-
schwand Platin jedoch für viele Jahrhunderte aus dem Blickfeld der
Menschen. Im 16. Jahrhundert hielten Goldsucher in Kolumbien Platin
aufgrund seines Aussehens sogar für Silber. Die spanischen Eroberer
Amerikas sahen es als minderwertig an und gaben ihm deswegen wie
oben erwähnt den Namen „platina“. Im 17. Jahrhundert war Platin ein
lästiges Begleitmaterial bei der Goldsuche. In Ecuador hielt man es für
„unreifes“ Gold, weswegen es sogar oft wieder in die Flüsse zurückge-
worfen wurde. Andernorts wurde Platin aufgrund seiner Ähnlichkeit
zu Gold oft zum Fälschen verwendet. Die spanische Regierung erließ
deswegen ein Exportverbot und erwog sogar, sämtliches verfügbare Pla-
tin im Meer zu versenken. Anfang des 18. Jahrhunderts erkannten
Alchemisten die besondere chemische Zusammensetzung von Platin.
Crashkurs Rohstoffe.indb 115 19.07.2011 15:56:54
Crashkurs Rohstoffe / 116
Sie hielten Platin für einen Stoff, der ihnen helfen würde, aus Blei
echtes Gold zu machen. Seinen Durchbruch feierte Platin letztendlich
Mitte des 18. Jahrhunderts, als der schwedische Wissenschaftler Theo-
phil Scheffer feststellte, dass Platin ein eigenständiges und edles Metall
sei. Der französische König Ludwig XVI. kürte Platin sogar zum ein-
zigen Metall, das eines Königs würdig sei. Auch im 20. Jahrhundert
fand Platin königlichen Zuspruch. Der englische König Edward VII.
nannte den Juwelier Louis Cartier „Juwelier der Könige und König der
Juweliere“. Er war der erste Juwelier, der mit großem Erfolg Platin-
schmuck kreierte und somit den Siegeszug des Platins einleitete.
Platin mit Berg- und Talfahrt
In den folgenden Jahren wurde Platin zunehmend beliebter. Immer
mehr Anwendungsgebiete kamen hinzu. Nicht nur in der Schmuck-
herstellung, sondern insbesondere in der Industrie ist das Edelmetall
heiß begehrt.
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
400
800
1.200
1.600
2.000
2.400
Platin in US-Dollar
Abb. 3.19
Crashkurs Rohstoffe.indb 116 19.07.2011 15:56:54
117 / Edelmetalle Platin
Das enorm gestiegene Interesse an Platin spiegelt sich auch in der Ent-
wicklung des Platinpreises wider, der sich seit Anfang 2000 bis Mai
2011 mehr als verdreifacht hat. Der gewachsene Einfluss der Industrie-
nachfrage wurde im Jahr 2008 deutlich, als die Notierung infolge der
Finanz- und Wirtschaftskrise um mehr als 60 Prozent einbrach. Bis
Anfang 2011 konnte der Platinpreis diesen Einbruch noch nicht wieder
vollständig kompensieren.
Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Blick auf das Platin-
Palladium-Preisverhältnis, auch Platin-Palladium-Ratio genannt. (Auf
Palladium wird im folgenden Abschnitt noch ausführlich eingegan-
gen.) Die Ratio zeigt an, wie viele Unzen Palladium man für eine Unze
Platin erhält.
Die durchschnittliche historische Ratio liegt bei 1 zu 2,8. Wie man am
Chart erkennen kann, gibt es immer wieder deutliche Ausschläge nach
oben und nach unten. Werden diese zu groß, kommt es regelmäßig zu
einer Gegenbewegung. Dies liegt daran, dass beide Metalle in ähn-
licher Weise verwendet werden und das eine, wenn es zu teuer wird,
95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11
1
0,5
2
3
4
5
6
Platin-Palladium-Ratio
Abb. 3.20
Crashkurs Rohstoffe.indb 117 19.07.2011 15:56:55
Crashkurs Rohstoffe / 118
durch das andere ersetzt wird. Ein Wechsel benötigt allerdings eine
längere Vorlaufzeit, was die extremen Spitzen im Preisverlauf erklärt.
Im Jahr 2000 beispielsweise lag die Ratio bei 1 zu 0,55. Damals war also
Palladium fast doppelt so teuer wie Platin. Ein vollkommen anderes
Bild zeigte sich Ende 2008 zu Zeiten der Finanzkrise. Damals war die
Ratio mit 1 zu 5,5 extrem hoch, was unter anderem an der hohen Ab-
hängigkeit Palladiums von der Nachfrage durch die Industrie liegt.
Einflussfaktoren für den Platinpreis
Der Platinpreis hängt wie auch bei anderen Märkten in erster Linie von
der Entwicklung von Angebot und Nachfrage ab. Nach Berechnungen
des Analysten Allan Hochreiter dürfte bis mindestens 2020 die Nach-
frage das Angebot übersteigen und es somit zu einer Angebotslücke
kommen. Dies würde für den Platinpreis preistreibend wirken.
Nachfrage breit gefächertPlatin ist ein schmiedbares und weiches Metall. Wegen seiner Korro-
sionsbeständigkeit und seiner katalytischen Eigenschaften findet es
vielseitige Verwendung. Zum Einsatz kommt Platin beispielsweise bei
der Herstellung von Schmuck, in der Elektroindustrie und vor allem in
2009 2010 2015e 2020e 2025e
Angebot gesamt 6.055 6.040 8.110 9.912 11.152
Nachfrage gesamt 5.915 6.344 9.113 10.274 10.317
Angebot Defizit/Überschuss 140 -304 -1.003 -362 835
Abb. 3.21: Platinangebot und -nachfrage (in Tausend Unzen)
Quelle: Allan Hochreiter
Crashkurs Rohstoffe.indb 118 19.07.2011 15:56:55
119 / Edelmetalle Platin
der Autoindustrie, die einen großen Teil der Gesamtnachfrage aus-
macht. In den vergangenen Jahren wird Platin außerdem zunehmend
im Investmentbereich nachgefragt.
Einsatz in der Automobilindustrie Platin ist bei der Herstellung von Katalysatoren von großer Bedeu-
tung, insbesondere für Dieselfahrzeuge. Platinkatalysatoren erweisen
sich beim Einsatz in Dieselmotoren als effizienter als solche, die Palla-
dium verwenden. Unter anderem deswegen ist Europa die größte Ver-
brauchsregion von Platin, da dort im Verhältnis zu vielen anderen Tei-
len der Welt wesentlich mehr Diesel-Pkw gefahren werden. Allein die
europäische Autoindustrie hat im Jahr 2010 rund 1,4 Millionen Unzen
Platin nachgefragt. Doch auch im Rest der Welt nimmt die Nachfrage
vonseiten der Autoindustrie zu. Einerseits ist dies auf teils strengere
Umweltauflagen zurückzuführen – in den USA beispielsweise muss der
Schadstoffausstoß bei Lkw bis 2018 um 20 Prozent gesenkt werden –,
vor allem aber auf den wirtschaftlichen Aufschwung. Insbesondere in
den Emerging Markets sehen Experten großes Wachstums potenzial.
Abb. 3.22: Netto-Platinnachfrage 2010
29 %
30 %
8 %
33 %
33 % Autokatalysatoren
30 % Industrie
29 % Schmuck
8 % Investoren
Quelle: Johnson Matthey
Crashkurs Rohstoffe.indb 119 19.07.2011 15:56:55
Crashkurs Rohstoffe / 120
In erster Linie bei Lkw werden dort Dieselmotoren verstärkt nachge-
fragt. Allein in China stieg der Lkw-Absatz im Jahr 2010 um fast 30 Pro-
zent gegenüber dem Vorjahr.
Auch in anderen Industriezweigen beliebtNeben dem Einsatz als Katalysator in der Autoindustrie wird Platin
unter anderem auch in Mobiltelefonen, LCD-Bildschirmen, Computer-
festplatten, Medikamenten und im Flugzeugbau benötigt. Platinhaltige
Arzneimittel haben die Eigenschaft, die Zellteilung von Organismen
zu verhindern und werden deshalb in der Krebstherapie eingesetzt. Da
Platin für den menschlichen Körper sehr gut verträglich ist, wird es
auch für die Herstellung von Kathetern und Herzschrittmachern ver-
wendet. Außerdem werden viele weitere Präzisionsteile für die Medi-
zintechnik hergestellt. Ein wachsender Markt ist der Einsatz von Platin
bei Mobiltelefonen. Hier erwarten Experten im Jahr 2015 einen Ver-
brauch von einer halben Million Unzen. Bis 2025 soll sich die Nachfra-
ge dieses Sektors verdoppeln.
Knapp ein Drittel der Nachfrage aus dem SchmucksektorSeit dem 20. Jahrhundert ist Platin zur Schmuckherstellung äußerst be-
liebt. Knapp ein Drittel der Jahresproduktion von Platin wird heutzutage
für die Schmuckproduktion verwendet. Damit ist die Schmuckindustrie
der zweitwichtigste Abnehmer. Platin ist deutlich härter als Gold und
trotz seines Schmelzpunktes von 1.768 Grad Celsius gut zu verarbeiten.
Größter Nachfrager ist bereits jetzt China. Im Jahr 2010 hat das Land
knapp 1,6 Millionen Unzen Platin für Schmuck verbraucht.
Investoren noch zurückhaltendDie Nachfrage aus dem Investmentsektor macht nur einen geringen
Anteil der Gesamtnachfrage nach Platin aus. In den vergangenen Jahren
Crashkurs Rohstoffe.indb 120 19.07.2011 15:56:55
121 / Edelmetalle Platin
ist hier jedoch ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Weniger bedeu-
tend ist die Nachfrage nach Münzen und Barren. Die Exchange Traded
Commodities und Funds (ETCs/ETFs) erfreuen sich hingegen immer
größerer Beliebtheit. Sie sind durch physisches Metall besichert und
bilden den Platinpreis direkt ab. Zuletzt ist im Jahr 2010 neben den
bestehenden ETFs in Großbritannien, der Schweiz und Australien auch
ein Angebot am Finanzplatz New York hinzugekommen. Der von ETF
Securities angebotene Platin-ETF erreichte bereits im ersten Jahr einen
Bestand von mehr als 13 Tonnen. Die Bestände sämtlicher ETCs/ETFs
betrugen 2011 bereits mehr als 40 Tonnen.
Angespannte AngebotssituationDie Situation am Platinmarkt ist sehr angespannt. Die weltweite Pro-
duktion kann die Nachfrage nach dem Metall nur schwer befriedigen.
Derzeit wird die Angebotslücke durch das Recycling von Platin und den
Abbau insbesondere russischer Platinlager geschlossen.
Entwicklung Platin-ETFs
Mai 08 Sep. 08 Jan. 09 Mai 09 Sep. 09 Jan. 10 Mai 10 Sep. 10 Jan. 11
0
15
10
20
30
25
35
45
40
in T
onne
n
Platinbestand der ETCs/ETFs
Abb. 3.23
Quelle: LBBW Commodity Research, Emittenten
Crashkurs Rohstoffe.indb 121 19.07.2011 15:56:55
Crashkurs Rohstoffe / 122
Südafrika: Mit Abstand größter Platinproduzent
Im Jahr 2010 konnte das weltweite Minenangebot mit knapp sechs
Millionen Unzen relativ stabil gehalten werden. Mit einem Anteil von
77 Prozent an der Weltproduktion lieferte Südafrika die größte Platin-
menge, gefolgt von Russland mit 13 Prozent. Weitere Staaten mit Pla-
tingewinnung sind Simbabwe, die USA und Kanada. Die südafrika-
nischen Minenbetreiber planen zwar, in den kommenden Jahren ihren
Ausstoß leicht zu erhöhen, dies dürfte aber nur gelingen, wenn sie die
durch Stromausfälle immer wieder auftretenden Produktionsausfälle
in den Griff bekommen.
Weitere Unsicherheitsfaktoren, die den Platinausstoß beeinträchtigen
und somit preistreibend wirken können, sind Streiks, technische De-
fekte oder Unfälle.
Platinrecycling sorgt für PreisstabilisierungNach der Minenförderung ist das Recycling die wichtigste Platinquel-
le. Gewonnen wird Platin dabei in erster Linie aus alten Katalysatoren,
aber auch aus Schmuck.
Abb. 3.24: Platinproduktion 2010 nach Ländern
77 %
13 %
3 %
5 %2 %
77 % Südafrika
13 % Russland
5 % Simbabwe
3 % Nordamerika
2 % Sonstige
Quelle: Johnson Matthey
Crashkurs Rohstoffe.indb 122 19.07.2011 15:56:55
123 / Edelmetalle Platin
Da das Verfahren sehr aufwendig ist, lohnt sich Recycling allerdings
erst ab einem gewissen Preisniveau. Aus diesem Grund brach bei-
spielsweise im Jahr 2009, als der Platinpreis deutlich gesunken war,
die recycelte Platinmenge massiv ein. Platinrecycling kann also als
preisstabilisierend für Platin angesehen werden.
Investoren haben die Wahl
Anleger haben auch bei Platin je nach Risikoneigung eine Vielzahl
von Möglichkeiten, an der Entwicklung des Platinpreises teilzuhaben.
Die große Palette von Platin-Aktien über Zertifikate und Fonds bis hin
zu physischem Platin stellt die Investoren vor die Qual der Wahl.
Platin-AktienRisikobereite Anleger haben die Möglichkeit, über den Kauf von Ak-
tienbeteiligungen an Minengesellschaften, die sich primär auf die För-
derung von Platin spezialisiert haben, von steigenden Platinpreisen zu
profitieren. Auch bei Platin-Aktien greift die Hebelwirkung. Für Anle-
ger heißt das höhere Chancen, aber natürlich auch höhere Risiken.
Denn bei unveränderten Kosten führt jeder Anstieg im Platinpreis mit
einem Hebeleffekt zu deutlich steigenden Gewinnen bei den Minenge-
sellschaften.
Zudem erhöht sich der Wert der noch nicht geförderten Reserven des
Unternehmens. Bei sinkendem Platinpreis würde sich dieser Effekt na-
türlich umkehren.
Anglo American Platinum (WKN 856 547)Als der Platinproduzent schlechthin gilt Anglo American Platinum.
Das Unternehmen zeichnet für knapp 40 Prozent der globalen Platin-
produktion verantwortlich und ist damit der weltgrößte Hersteller des
Crashkurs Rohstoffe.indb 123 19.07.2011 15:56:55
Crashkurs Rohstoffe / 124
Edelmetalls. Als Beiprodukte fördert Anglo American Platinum auch
Rhodium, Palladium, Nickel und Gold.
Mehrheitlich gehört Anglo American Platinum dem britisch-südafri-
kanischen Bergbauriesen Anglo American. Wirkungsstätte der Gesell-
schaft ist das Platin-Eldorado Südafrika, wo bereits im Jahre 1924 das
weltweit größte Platinvorkommen bei Johannesburg entdeckt wurde
und die moderne Platinindustrie entstand.
Derzeit lediglich in Südafrika aktiv, arbeitet das Unternehmen da-
ran, künftig auch in anderen Ländern Platin zutage zu fördern. Am
weitesten vorangeschritten sind die Explorationsarbeiten dabei im
Nachbarland Simbabwe, aber auch in Kanada oder in Brasilien macht
sich Anglo American Platinum intensiv auf die Suche nach weiteren
Vorkommen.
Impala Platinum (WKN A0K FSB)Ebenfalls in Südafrika beheimatet ist der zweitgrößte Platinproduzent
der Welt, Impala Platinum.
2007 2008 2009 2010 2011
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
4.000
Anglo American Platinum in Britische Pence
Abb. 3.25
Crashkurs Rohstoffe.indb 124 19.07.2011 15:56:55
125 / Edelmetalle Platin
2007 2008 2009 2010 2011
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
Impala Platinum in Südafrikanische Cent
Abb. 3.26
Er ist eine Art Holdinggesellschaft, die selber Platin produziert, aber
zudem auch die Platingruppenmetalle anderer verbundener Unterneh-
men verarbeitet und vermarktet.
Derzeit kontrolliert Impala 25 bis 30 Prozent dieses Marktes. Bis 2014
will das Unternehmen seinen Anteil um 20 Prozent ausweiten. Im ers-
ten Halbjahr des Geschäftsjahres 2010/11 förderte Impala 952.000
Unzen Platin, 623.000 Unzen Palladium, 129.000 Unzen Rhodium und
8.400 Tonnen Nickel.
Die Aussichten für weiteres Wachstum in den kommenden Jahren
sind durchaus positiv. Insbesondere die hohen Reserven- und Ressour-
cenbestände sind vielversprechend. Allerdings sollten Investoren auch
hier beachten, dass Impala in Afrika aktiv ist und dass somit politische
und infrastrukturelle Probleme mit eingeplant werden müssen.
Fonds und ZertifikateAuch wenn die Auswahl an Fonds und Zertifikaten bei Platin deutlich
geringer ist als beispielsweise bei Gold und Silber, können Anleger aus
Crashkurs Rohstoffe.indb 125 19.07.2011 15:56:56
Crashkurs Rohstoffe / 126
einer reichen Auswahl schöpfen. Bei Fonds bietet sich ein Investment in
den Stabilitas Silber+Weissmetalle-Fonds (WKN A0K FA1) an, der aus-
führlich im Abschnitt „Silber“ vorgestellt wurde. Außer auf Minen, die
Silber abbauen, kann er auch auf Unternehmen mit Platin- und Palladi-
umförderung setzen. Derzeit ist der Platinanteil allerdings sehr gering.
Zwei Zertifikate für steigende PlatinpreiseAus der großen Palette an Optionsscheinen und Zertifikaten soll an
dieser Stelle exemplarisch auf zwei Produkte näher eingegangen wer-
den. So bietet die Royal Bank of Scotland (RBS) ein Indexzertifikat
(WKN ABN 4B4) auf den FTSE/JSE Südafrika Platinum Mining Index
an. Damit lassen sich die Einzelwertrisiken im Hinblick auf Streiks,
Stromausfälle, Umweltprobleme oder politische Schwierigkeiten streu-
en. Das Open-End-Zertifikat bildet den Index, angepasst um mögliche
Währungsschwankungen, eins zu eins ab. Der Index beinhaltet Unter-
nehmen aus Südafrika, die in der Platinindustrie tätig sind.
Anleger können aber auch direkt auf den Platinpreis setzen, beispiels-
weise mit dem ETC auf Platin von ETF Securities (WKN A0N 62D).
Der ETC ist mit physischem Platin hinterlegt.
Physisches PlatinIm Vergleich zu Gold- oder Silbermünzen sind Münzen aus Platin rar.
So gibt es auch nur eine Handvoll Auswahlmöglichkeiten. Anders als
bei physischem Gold und Silbermünzen fallen beim Kauf von Platin-
münzen und -barren 19 Prozent Mehrwertsteuer an. Erhältlich sind Pla-
tinmünzen bei Banken oder verschiedenen Münzhändlern.
Maple LeafZu den weltweit am weitesten verbreiteten Platinmünzen gehört der
kanadische Maple Leaf. Er hat eine Feinheit von 999,5/1.000. Im
Crashkurs Rohstoffe.indb 126 19.07.2011 15:56:56
127 / Edelmetalle Platin
Gegen satz zu seinen Gold- und Silberpendants wurde er bis jetzt aller-
dings, abgesehen von Sonderausgaben, regelmäßig nur von 1988 bis
2002 herausgegeben. Geprägt wir der Platin Maple Leaf von der Royal
Canadian Mint. Herausgegeben wird er in den gleichen Stückelungen
(½0 Unze, ¹⁄¹0 Unze, ¼ Unze, ½ Unze und eine Unze) und den gleichen
Motiven (Ahornblatt auf der Vorderseite, Queen Elizabeth II. auf der
Rückseite) wie der Maple Leaf in Gold.
Crashkurs Rohstoffe.indb 127 19.07.2011 15:56:56
Crashkurs Rohstoffe / 128
PalladiumPalladium gilt aufgrund der ähnlichen chemischen Eigenschaften als
Schwestermetall von Platin und wird zur Gruppe der Platinmetalle ge-
zählt. Das Edelmetall wurde erst im Jahr 1803 vom englischen Physiker
William Hyde Wollaston entdeckt, der es nach dem Asteroiden Pallas
benannte. Verkauft wurde Palladium damals unter anderem auch un-
ter der Bezeichnung „Neu-Silber“. Im Periodensystem der Elemente
trägt Palladium das Symbol Pd.
Palladium auf dem Weg zu alten Hochs
Heutzutage ist Palladium enorm begehrt, was sich in der Preisent-
wicklung widerspiegelt. Wie schon 2009 verzeichnete Palladium auch
2010 die größten Preiszuwächse aller Edelmetalle. Auf US-Dollar-Basis
konnte es sich im Jahr 2010 auf 797 Dollar je Feinunze mehr als verdop-
peln. Damit notiert Palladium im Gegensatz zu Platin längst oberhalb
Palladium in US-Dollar
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
200
400
600
800
1.000
1.200
100
Abb. 3.27
Crashkurs Rohstoffe.indb 128 19.07.2011 15:56:56
129 / Edelmetalle Palladium
der Preisspitzen, die vor der Finanzkrise erzielt wurden. Auch 2011
setzte sich der Preisaufschwung zunächst fort. Für eine Unze des Edel-
metalls wurden im Februar 2011 zeitweise bereits mehr als 850 Dollar
bezahlt. Einen deutlichen Einbruch verzeichnete der Palladiumpreis im
März 2011 infolge der Erdbebenkatastrophe in Japan. Damals stand die
Automobilproduktion in Teilen des Landes vorübergehend still. Da die
erwarteten dramatischen Auswirkungen auf den Palladiumbedarf aber
ausblieben, konnte sich die Notierung seitdem wieder deutlich erholen.
Einflussfaktoren für den Palladiumpreis
Herrschte in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends noch ein deut-
licher Angebotsüberschuss am Palladiummarkt, so waren Angebot und
Nachfrage im Jahr 2010 nahezu ausgeglichen. Auf eine Nachfrage von
7,1 Millionen Unzen traf ein Angebot von 7,14 Millionen Unzen. Da die
Nachfrage in den kommenden Jahren stärker wachsen dürfte als das
Angebot, könnte schon bald eine Angebotslücke entstehen.
Abb. 3.28: Netto-Palladiumnachfrage 2010
1 %
53 % Autokatalysatoren
14 % Investoren
13 % Elektroindustrie
7 % Zahnmedizin
7 % Schmuck
5 % Chemische Industrie
1 % Sonstige
Quelle: Johnson Matthey
53 %
14 %
13 %
7 %
7 %5 %
Crashkurs Rohstoffe.indb 129 19.07.2011 15:56:56
Crashkurs Rohstoffe / 130
Immer mehr Nachfrager zeigen InteresseDas chemische Verhalten von Palladium ähnelt stark dem von Platin,
es ist aber deutlich härter und reaktiver. Daraus leiten sich auch die
Interessenten für das Edelmetall ab. Der größte Nachfragesektor ist die
Automobilindustrie. Palladium trifft darüber hinaus insbesondere in
der Elektroindustrie und unter den Investoren auf eine immer größer
werdende Käuferschaft.
Automobilindustrie die klare Nummer 1Der absolut dominante Nachfragesektor ist mit einem Anteil von mehr
als 50 Prozent im Jahr 2010 die Automobilindustrie. Palladium wird
dort bei der Herstellung von Katalysatoren eingesetzt, hauptsächlich
für Benzinmotoren. Derzeit noch zu einem geringen, aber wachsenden
Anteil wird Palladium auch in Abgasumwandlern für Dieselmotoren
verwendet. Insbesondere der nach wie vor deutlich höhere Preis für
Platin dürfte ein Anreiz sein, den Palladiumanteil in Zukunft zu erhö-
hen. Insgesamt betrug der Palladiumbedarf der Fahrzeugindustrie im
Absatz von Personenfahrzeugen in Asien
2000 2002 2004 2006 2008 20100
5
10
20
15
25
35
30
in M
illio
nen
Abb. 3.29
Quelle: Global Insight, LBBW Equity Research
Crashkurs Rohstoffe.indb 130 19.07.2011 15:56:56
131 / Edelmetalle Palladium
Jahr 2010 nach Angaben des britischen Katalysatorenspezialisten
Johnson Matthey 160 Tonnen.
Den wichtigsten Wachstumstreiber dürfte aber die absolute Höhe der
Fahrzeugproduktion darstellen. Allein in China stieg der Automobil-
absatz 2010 um 32 Prozent auf 18 Millionen Fahrzeuge und das Nach-
holpotenzial der Emerging Markets ist noch immer enorm. Ein Ver-
gleich verdeutlicht dies: Während in den USA auf 1.000 Einwohner be-
reits 700 Automobile kommen, sind es in China gerade einmal 50.
Auch andere Industriezweige setzen auf PalladiumMit einem Anteil von 13 Prozent im Jahr 2010 ist die Elektronikindus-
trie der drittgrößte Absatzmarkt für Palladium. Hier wird das Metall
vor allem in Kondensatoren und anderen Bauteilen, unter anderem für
Smartphones, verwendet. Zudem dient es als Speichermaterial für Was-
serstoffautos und als Elektrodenwerkstoff für Brennstoffzellen. Es ist
außerdem ein sehr wichtiger Katalysator in der chemischen Industrie.
Produkte können dadurch effizienter, schneller und mit einer höheren
Ausbeute hergestellt werden.
Viertgrößter Palladiumabnehmer ist die Dentalbranche. Im Jahr
2010 machte dieser Sektor sieben Prozent der gesamten Palladium-
nachfrage aus. Verwendet wird Palladium bei der Herstellung von Kro-
nen und Implantaten. Insbesondere bei hohen Goldpreisen gewinnt Pal-
ladium in diesem Bereich stark an Bedeutung.
Schmucknachfrage im HintergrundZwar ist bei Palladium der Anteil der Kategorie Schmuck am Gesamt-
bedarf im Vergleich zu Gold, Silber und Platin nicht sehr hoch, den-
noch machte dieser Sektor 2010 sieben Prozent der gesamten Nachfra-
ge aus. Bis 2003 wurde Palladium in der Schmuckindustrie vor allem als
Legierungskomponente bei der Herstellung von Weißgold verwendet.
Crashkurs Rohstoffe.indb 131 19.07.2011 15:56:56
Crashkurs Rohstoffe / 132
In Weißgold sind 60 bis 80 Prozent Goldanteil, der Rest ist eine Gold-
Palladium-Legierung. Reiner Palladiumschmuck findet insbesondere
in China Käufer. Ob er auch anderswo weiter an Beliebtheit gewinnen
wird, dürfte unter anderem vom Preisverhältnis zu Weißgold und Pla-
tin abhängen.
Investoren werden aufmerksamAuf der Investorenseite nahm die Nachfrage in den vergangenen Jah-
ren deutlich zu. Inzwischen macht dieser Bereich bereits 14 Prozent
(2010) der Gesamtnachfrage nach Palladium aus und ist damit der
zweitgrößte Nachfrager. Zu verdanken ist dies hauptsächlich der Auf-
lage eines US-amerikanischen Palladium-ETFs Anfang 2010, der auf
enorm hohes Interesse stieß. In den ersten zwölf Monaten seines Be-
stehens erreichte dessen physischer Palladiumbestand bereits mehr als
34 Tonnen. Ende 2009 betrug der Bestand der schon länger am Markt
tätigen europäischen Pendants lediglich 36 Tonnen.
Entwicklung der Palladium-ETFs
Mai 08 Sep. 08 Jan. 09 Mai 09 Sep. 09 Jan. 10 Mai 10 Sep. 10 Jan. 11
0
15
25
35
45
55
65
75
in T
onne
n
Palladiumbestand der ETCs/ETFs
Abb. 3.30
Quelle: LBBW Commodity Research, Emittenten
Crashkurs Rohstoffe.indb 132 19.07.2011 15:56:57
133 / Edelmetalle Palladium
Angebot sinktDie Angebotssituation am Palladiummarkt ist angespannt. Der Ange-
botsüberschuss hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verringert. Die
größten Angebotsquellen sind neben der primären Minenproduktion, die
Russland und Südafrika bestimmen, insbesondere der Abbau russischer
Lagerbestände. Aber auch das Recycling spielt eine immer größere Rolle.
Russland vorn, Südafrika holt aufDer größte Palladiumproduzent der Welt ist mit deutlichem Abstand
Russland. Im Jahr 2010 stammten allein 84 Tonnen der globalen
Förderung von dort, gefolgt von Südafrika, das 77,3 Tonnen beisteuerte.
Während in Russland 2010 allerdings die Produktionsmenge nahezu
stagnierte, konnte Südafrika seinen Ausstoß erhöhen. Die Vormacht-
stellung Russlands nahm damit zugunsten von Südafrika weiter ab.
Mit einem Anteil von 17,4 respektive 6,8 Tonnen sind Simbabwe und
Nord amerika hingegen eher unbedeutend.
Abb. 3.31: Palladiumangebot 2010
52 %
8 %
35 %
3 %2 %
52 % Russland
35 % Südafrika
8 % Nordamerika
3 % Simbabwe
2 % Sonstige
Quelle: Johnson Matthey
Crashkurs Rohstoffe.indb 133 19.07.2011 15:56:57
Crashkurs Rohstoffe / 134
Russlands Lager bald leer?Eine sehr wichtige Angebotsquelle stellten in der Vergangenheit die
russischen Verkäufe aus den staatlichen Lagerbeständen dar. Allein 2010
wurden dadurch mehr als eine Million Unzen Palladium bereitgestellt.
Expertenschätzungen zufolge dürften die Lagerverkäufe aber schon bald
deutlich zurückgehen. Zwar ist offiziell über die Höhe der russischen La-
gerbestände wenig bekannt, der russische Palladiumproduzent Norilsk
Nickel geht aber davon aus, dass die Palladiumvorräte des Landes na-
hezu aufgebraucht sein dürften und ab 2012 keine Verkäufe mehr statt-
finden werden. Johnson Matthey glaubt sogar an ein noch früheres Ende
der russischen Vorratsverkäufe. Sollte dies tatsächlich eintreffen, wür-
den dem Markt rund eine Million Unzen Palladium fehlen, was sich in
spürbaren Preissteigerungen niederschlagen dürfte.
Höhere Preise begünstigen PalladiumrecyclingEine immer größere Rolle beim Palladiumangebot spielt das Recy-
cling. In erster Linie wird Palladium dabei aus alten Abgaskatalysatoren
Palladiumrecycling
2001 2002 2003 2004 2005 2006 20102007 2008 20090
10
20
30
8,711,5
12,816,5
30,7
38,2
48,450,2
44,5
57,4
40
50
60
in T
onne
n
Abb. 3.32
Quelle: Johnson Matthey
Crashkurs Rohstoffe.indb 134 19.07.2011 15:56:57
135 / Edelmetalle Palladium
und palladiumhaltigem Elektronikschrott sowie zu einem geringen Teil
aus Altschmuck zurückgewonnen. Seit Jahren steigt diese Angebotsquel-
le mit Ausnahme des Jahres 2009 kontinuierlich an. Ein Grund dafür ist
in den steigenden Edelmetallpreisen zu suchen, die ein Recycling attrak-
tiver machen. Zudem gelangen immer mehr Fahrzeuge mit Palladium-
katalysator in den Verschrottungsprozess.
Als Anleger profitieren
Wenngleich bei Palladium die Angebotsvielfalt an Investmentmög-
lichkeiten etwas geringer ausfällt als bei den drei anderen bereits vorge-
stellten Edelmetallen, so können Anleger dennoch aus einem großen
Fundus wählen. Dieser reicht von Palladium-Aktien über Zertifikate bis
hin zu Münzen und Barren.
Palladium-AktienGewonnen wird Palladium zumeist als Beiprodukt bei der Förderung
von Nickel und Platin. Die größten Palladiumproduzenten sind deswe-
gen meist keine primären Förderer von Palladium, sondern in ande-
ren Segmenten ebenfalls hervorragend positioniert. Die südafrika-
nischen Branchenführer sind auch die Marktführer des Landes bei
Platin. Anglo American Platinum und Impala Platinum werden des-
wegen ausführlich im Abschnitt „Platin“ behandelt.
Norilsk Nickel (WKN 676 683)Der absolute Marktführer bei der Palladiumproduktion ist der rus-
sische Konzern Norilsk Nickel. Dies verdankt die Gesellschaft einem
großen Erzkörper im nördlichen Sibirien, wo Norilsk Nickel seine Pro-
jekte betreibt. Mehr als 2,8 Millionen Unzen Palladium steuerte der
russische Konzern 2010 zur globalen Nickelproduktion bei. Neben
Crashkurs Rohstoffe.indb 135 19.07.2011 15:56:57
Crashkurs Rohstoffe / 136
Palladium und Nickel fördert die Gesellschaft auch Kupfer, Platin,
Gold, Silber, Rhodium, Kobalt und Seltene Erden. Norilsk Nickel
wird bei den Industriemetallen im Abschnitt „Nickel“ genauer be-
handelt.
Norilsk Nickel in Russische Rubel
2007 2008 2009 2010 2011
2.000
1.000
4.000
6.000
8.000
Abb. 3.33
Stillwater Mining in US-Dollar
2007 2008 2009 2010 2011
5
2
10
15
20
25
Abb. 3.34
Crashkurs Rohstoffe.indb 136 19.07.2011 15:56:57
137 / Edelmetalle Palladium
Stillwater Mining (WKN 893 759)Der größte US-Produzent von Platingruppenmetallen wie Palladium
ist Stillwater Mining. Das Unternehmen kann im Gegensatz zu Norilsk
Nickel, Anglo American Platinum und Impala Platinum zu den pri-
mären Förderern von Palladium gezählt werden. Im Jahr 2010 erreichte
die Gesellschaft das beste Firmenergebnis ihrer Geschichte. Insgesamt
verdiente die Firma mehr als 50 Millionen Dollar, der Umsatz stieg um
40 Prozent auf 555 Millionen Dollar.
ZertifikateAnleger, die direkt auf den Palladiumpreis setzen möchten, können
beispielsweise in den db Physical Palladium ETC (WKN A1E TUQ) von
db x-trackers investieren. Die Royal Bank of Scotland bietet auf Palla-
dium außerdem Tracker-Zertifikate an, unter anderem eines ohne Wäh-
rungssicherung mit der WKN 330 491. Damit können Anleger eins zu
eins an der Wertentwicklung von Palladium teilhaben. Darüber hinaus
gibt es zahlreiche Produkte mit Hebelwirkung sowie Bonuszertifikate.
Physisches PalladiumFür Anleger stehen sowohl Anlagemünzen aus Palladium als auch Pal-
ladiumbarren mit einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent zur Aus-
wahl. Im Vergleich zu Gold oder Silber sind die Auflagen hier jedoch
sehr gering und dadurch der Aufschlag auf den Spotpreis meist höher.
Eine der beliebtesten Palladiummünzen ist der Maple Leaf. Seit dem
Jahr 2005 gibt es ihn auch in der Palladiumvariante. Die Münze wird
ausschließlich in der Stückelung eine Unze mit dem Nennwert 50 Kana-
dische Dollar angeboten. Die Feinheit beträgt 999,5/1.000. Das Design
ist das gleiche wie bei Gold- oder Silber-Maple-Leafs. Erhältlich ist
der Palladium-Maple-Leaf außer bei Banken auch bei verschiedenen
Edelmetallhändlern.
Crashkurs Rohstoffe.indb 137 19.07.2011 15:56:57
Crashkurs Rohstoffe / 138
Andere PlatingruppenmetalleNeben Platin und Palladium gibt es noch vier weitere Metalle, die zur
Gruppe der Platinmetalle zählen. Dazu gehören Rhodium, Osmium
und Iridium, die im Jahre 1803 zusammen mit Palladium entdeckt
wurden, und Ruthenium, das 41 Jahre später gefunden wurde. In der
Natur treten alle Gruppenmetalle meist zusammen auf. Die Edelme-
talle der Platingruppe werden unter anderem nach der Dichte unter-
schieden. Es gibt sowohl leichte als auch schwere Edelmetalle. Zu den
leichten Edelmetallen der Platingruppe gehören neben Palladium Ru-
thenium und Rhodium, zu den schweren neben dem Namensgeber Pla-
tin auch Osmium und Iridium.
Rhodium
Erwähnt sei an dieser Stelle explizit Rhodium, das teuerste Edelmetall.
Aufgrund der oft rosenroten Färbung von Rhodiumverbindungen
Rhodium in US-Dollar
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
2.000
1.000
500
4.000
6.000
8.000
10.000
Abb. 3.35
Crashkurs Rohstoffe.indb 138 19.07.2011 15:56:58
139 / Edelmetalle Andere Platingruppenmetalle
erhielt das Element den Namen Rhodium, abgleitet von dem Wort
„rhodon“ (Rose). Rhodium fällt nur als Nebenprodukt beim Abbau von
anderen Platinmetallen an. Die größten Rhodiumvorkommen der Welt
gibt es in Südafrika, Kanada und Russland.
Mitte 2008 erreichte der Rhodiumpreis seinen vorläufigen Höchst-
stand von mehr als 9.700 Dollar je Feinunze. Im Zuge der Finanzkrise
erlitt er einen deutlichen Einbruch auf zeitweise nur noch rund 1.000
Dollar. Seitdem kann sich die Notierung aber schrittweise erholen. Im
April 2011 kostete eine Unze bereits wieder 2.450 Dollar.
Rhodium wird unter anderem zur Beschichtung von Schmuck, Uhren
und Brillengestellen verwendet. Diese Technik bezeichnet man als Rho-
dinieren. Nahezu unersetzbar ist das Edelmetall bei der Produktion
von Flachbildschirmen und insbesondere in der Automobilindustrie
bei Katalysatoren. Diese absorbiert mehr als 80 Prozent des weltweiten
Angebots.
Ruthenium
Ruthenium wurde im Jahr 1844 vom deutsch-russischen Chemi-
ker Karl Ernst Claus entdeckt. Sein Name geht auf den Fundort zu-
rück: „Ruthenia“ – der lateinische Name Russlands. Von allen Pla-
tingruppenmetallen ist es das leichteste und seltenste. Die größten
Rutheniumvorkommen der Welt liegen in Russland, Südafrika und
den USA.
Das Metall wird ausschließlich von der Industrie nachgefragt. Es wird
unter anderem genutzt, um Legierungen mit Platin und Palladium ei-
nen größeren Härtegrad zu verleihen. Außerdem wird es verwendet,
um die Korrosionsbeständigkeit von Titanlegierungen zu erhöhen.
Eine kleine Konzentration von 0,1 Prozent erhöht die Korrosionsbe-
ständigkeit um das Hundertfache.
Crashkurs Rohstoffe.indb 139 19.07.2011 15:56:58
Crashkurs Rohstoffe / 140
Osmium
Osmium ist mit einem spezifischen Gewicht von 22,48 der schwerste
Stoff der Erde und das Platinmetall mit dem höchsten Schmelzpunkt.
Seinen Namen verdankt Osmium seinem rettichartigen Geruch. Das
griechische Wort „Osme“ bedeutet Geruch. Die wichtigsten Osmium-
vorkommen befinden sich in Südafrika, Russland und den USA.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde Osmium bei der Produktion
von Glühfäden in Glühlampen eingesetzt. Später wurde es durch Wolf-
ram ersetzt.
Heute spielt Osmium als Legierungsmaterial bei der Herstellung von
sehr harten Platinlegierungen eine Rolle. Diese werden unter anderem
für elektrische Kontakte, Injektionsnadeln oder künstliche Herzklappen
verwendet.
Iridium
Iridium, das zu den seltensten Edelmetallen zählt, gilt als das Element
mit der höchsten Korrosionsbeständigkeit. Sein Name geht auf das
griechische Wort „Iris“ (Regenbogen) zurück. Die größten Iridiumvor-
kommen befinden sich in Südafrika, Russland sowie Nord- und Süda-
merika.
Das Edelmetall wird unter anderem als Auflage von Schreibfeder-
spitzen, bei chirurgischen Instrumenten sowie in Zündkerzen für
Flugzeugmotoren verwendet.
Der Name des bekannten Glühbirnenherstellers Osram
setzt sich aus den Bestandteilen Osmium und Wolfram
zusammen. !
Crashkurs Rohstoffe.indb 140 19.07.2011 15:56:58
141 / Edelmetalle Andere Platingruppenmetalle
Kleine, aber feine Auswahl
Die Anlagemöglichkeiten für Privatanleger sind bei allen vier vorge-
stellten Metallen ziemlich begrenzt. Es gibt keine Münzen und Barren
und auch in Schmuckform sind sie kaum erhältlich. Die einfachste
Investitionsmöglichkeit besteht darin, sich an Minengesellschaften
zu beteiligen, die Platinmetalle fördern.
Die Royal Bank of Scotland bietet zudem die Möglichkeit, über Zerti-
fikate auf steigende Rhodiumpreise zu setzen. Das Rhodium-Zertifikat
(WKN AA0 XEK) spiegelt die Entwicklung des Kassapreises ohne Lauf-
zeitbegrenzung wider. Wer mit einer weiteren Dollarschwäche rechnet,
setzt auf die währungsgesicherte Variante mit der WKN AA0 XEJ.
An der Wertentwicklung von gleich mehreren Seltenen Metallen kön-
nen Anleger durch das Seltene-Metalle-Zertifikat (WKN AA0 R3X),
ebenfalls von der Royal Bank of Scotland, partizipieren. Auf die Wert-
entwicklung eines Aktienkorbs von Minengesellschaften, die Seltene
Metalle fördern, lässt sich mit dem Rare-Metals-Mining-Zerifikat mit
der WKN AA0 RPC wetten.
Crashkurs Rohstoffe.indb 141 19.07.2011 15:56:58
Crashkurs Rohstoffe / 142
Diamanten
Zwar zählen Diamanten nicht zu den Edelmetallen, dennoch sollen
sie an dieser Stelle behandelt werden. Der Diamant ist der härteste Roh-
stoff der Welt. Diamanten bestehen aus reinem Kohlenstoff und sind
durch besondere Temperatur- und Druckumstände entstanden. Erst in
Tiefen von mehr als 150 Kilometern sind Druck und Temperaturen aus-
reichend, um Kohlenstoff in Diamanten zu verwandeln.
Bewertung schwierig
Jeder Diamant ist einzigartig. Es ist deswegen schwer, den jeweiligen
Wert zu ermitteln. Es fehlen feste Regeln für die Preisfindung, es gibt
lediglich Richtwerte, von denen Händler aber auch abweichen können.
Verschiedene Edelsteinprüflabore wie das Gemological Institute of
America (GIA) bieten ihre Dienste zur Klassifizierung und Erstellung
von Zertifikaten an.
Carat (Karat)In Karat wird das Gewicht eines Diamanten gemessen. Ein Karat (Ab-
kürzung: ct) entspricht 0,2 Gramm. Diese Messweise ist aus der Antike
abgeleitet, als der getrocknete Samen des Johannisbrotbaumes verwen-
det wurde, um die Waage auszupendeln. Die Samen haben ein Durch-
schnittsgewicht von rund 200 Milligramm. Später wurde dies metrisch
festgelegt.
Üblich ist die Bewertung nach den so genannten 4C-Kri-
tierien: carat (Gewicht), colour (Farbe), clarity (Reinheit)
und cut (Schliff). !
Crashkurs Rohstoffe.indb 142 19.07.2011 15:56:58
143 / Edelmetalle Diamanten
Allerdings lassen sich Diamanten nicht einfach wie beispielsweise Edel-
metalle mit einem Preis pro Menge bewerten. Das liegt daran, dass grö-
ßere Diamanten viel seltener sind als kleinere. So kann ein zwei Karat
schwerer Diamant unter Umständen das Zehnfache eines einkarä-
tigen Diamanten bei sonst gleichen Eigenschaften kosten.
Colour (Farbe)Unterscheiden kann man Diamanten auch hinsichtlich ihrer Farbe.
Am wertvollsten sind im Allgemeinen die völlig farblosen. Durch die
Einlagerung von fremden Elementen während des Kristallwachstums
können Diamanten aber auch mehr oder weniger gelb getönt sein. Diese
sind aber deutlich weniger wert. Die Einstufung reicht in vielen Unter-
teilungen von Hochfeines Weiß+ (GIA-Bezeichnung: D, auch River+)
bis Getönt 4 (GIA: Z, Yellow).
Dennoch gibt es auch farbige Diamanten, die sogar einen deutlich
höheren Wert haben als die farblosen Exemplare. Sie werden „Fancy
Diamonds“ (englisch „fancy“: schick) genannt und haben sehr reine und
intensive Farben. Die seltensten und teuersten sind die reinen roten
Diamanten.
Clarity (Reinheit)Der Reinheitsgrad ist von der Größe und Menge der Einschlüsse ab-
hängig. Unter Einschlüssen versteht man kleine Fremdstoffpartikel oder
Luftblasen. Je weniger und je kleiner, desto besser kann das Licht den
Stein durchdringen und desto teurer sind die Diamanten. Die Spanne
der Einstufung reicht von „Lupenrein“ (Internationaler Begriff: Inter-
nally flawless, Abk.: IF), bei denen auch unter zehnfacher Vergröße-
rung keine Einschlüsse erkennbar sind, bis hin zu „Grobe Einschlüsse“
(3rd piqué, P3), die für den Fachmann mit dem bloßen Auge leicht zu
erkennen sind.
Crashkurs Rohstoffe.indb 143 19.07.2011 15:56:58
Crashkurs Rohstoffe / 144
Cut (Schliff)In der Natur kommt der Diamant meist in einer Oktaederform vor.
Ziel des Schliffes ist es, durch die Einhaltung entsprechender Winkel
eine Totalreflexion zu erzeugen. Durch Schliff wird der Rohdiamant
sozusagen zum bearbeiteten Endprodukt. Der am weitesten verbreitete
Schliff ist der Brillantschliff.
Die Preise steigen wieder
Der Diamantenmarkt hat von 2007 bis Mitte 2008 einen ersten Höhe-
punkt erlebt. Aufgrund der Abhängigkeit von den USA als Hauptab-
nehmerland wurde der Diamantenmarkt besonders stark von der Wirt-
schaftskrise getroffen. Die Preise brachen massiv ein und erholten sich
erst im Frühjahr 2009 wieder, nachdem der größte Diamantenprodu-
zent der Welt, De Beers, seine Produktion um 90 Prozent gedrosselt
hatte. Seitdem klettern die Preise aber kontinuierlich und haben mitt-
lerweile sogar das Vorkrisenniveau übertroffen.
Rapaport-Diamantenpreis-Index in US-Dollar
2007 2008 2009 2010 2011
6.000
7.000
8.000
9.000
10.000Durchschnittspreis für 1-Karat-Diamanten in Spitzenqualität
Abb. 3.36
Crashkurs Rohstoffe.indb 144 19.07.2011 15:56:58
145 / Edelmetalle Diamanten
Experten rechnen damit, dass Diamanten in den kommenden Jahren
noch teurer werden. So wurden in den vergangenen 20 Jahren kaum
größere Vorkommen entdeckt, die die rückläufigen Fördermengen der
alten Minen ausgleichen könnten. Zudem liegen neue Funde häufig in
wirtschaftlich und politisch instabilen Gebieten wie beispielsweise
Simbabwe.
Zudem dürfte das begrenzte Angebot auf eine steigende Nachfrage
treffen, was die Preise anheizen könnte. Insbesondere China und Indien
spielen hierbei eine immer wichtigere Rolle. Noch vor wenigen Jahren
wurde dort praktisch kein Diamantschmuck nachgefragt, mittlerweile
erfreut er sich stetig zunehmender Beliebtheit. Bis 2015 soll sich der
Marktanteil Chinas im Vergleich zu 2009 verdoppeln.
Investoren setzen auf AktienAnleger, die auf steigende Diamantenpreise setzen möchten, haben
eine Reihe von Möglichkeiten. Einerseits bietet sich der Kauf von phy-
sischen Diamanten in Form von Diamantschmuck, geschliffenen losen
Diamanten und Rohdiamanten an. Für den Laien ist dieses Geschäft
allerdings nicht zu empfehlen.
Eine andere Möglichkeit, von positiven Entwicklungen am Diaman-
tenmarkt zu profitieren, ist der Kauf von Aktienanteilen verschiedener
Schmuck- und Diamantenproduzenten, zum Beispiel vom US-Konzern
Tiffany. Unter den Minengesellschaften zählen Harry Winston und
Petra Diamonds zu den bedeutendsten Konzernen. Der mit Abstand
größte Diamantenproduzent der Welt, De Beers, ist dagegen nicht bör-
sennotiert.
Crashkurs Rohstoffe.indb 145 19.07.2011 15:56:58
Crashkurs Rohstoffe.indb 146 19.07.2011 15:56:58
147 / Industriemetalle
Industriemetalle
Kapitel 4
Crashkurs Rohstoffe.indb 147 19.07.2011 15:56:58
Crashkurs Rohstoffe / 148
Der Name verrät es: Industriemetalle werden vor allem für die indus-
trielle Produktion benötigt. Allerdings ist die Abgrenzung zu den Edel-
metallen nicht ganz einfach, immerhin wird Silber auch von der Indus-
trie nachgefragt. Dennoch hat es sich eingebürgert, Silber zu den Edel-
metallen zu zählen. Spricht man heute von Industriemetallen, dann sind
vor allem Aluminium, Blei, Kupfer, Nickel, Zink und Zinn gemeint.
Der wichtigste Einflussfaktor ist allen sechs Rohstoffen gemeinsam:
das Wirtschaftswachstum. Lag der Fokus bis in die 1990er-Jahre vor
allem auf den westlichen Industrienationen, sind seitdem die Emerging
Markets, allen voran China, immer wichtiger geworden. Inzwischen ist
China mit Abstand der größte Einzelabnehmer für Industriemetalle.
Die Bedeutung der Weltwirtschaft für die Notierungen der Rohstoffe
zeigte sich anschaulich an der Finanzkrise. Ihr Ausbruch 2008 führte
zu einer scharfen Korrektur der Preise, doch als sich die Weltwirtschaft
erholte, fingen auch die Rohstoffpreise wieder an zu haussieren.
Der wichtigste Handelsplatz ist die London Metal Exchange (LME).
Kupfer wird außerdem noch an der amerikanischen COMEX gehandelt.
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
100
200
300
400
500
600
S&P GSCI Industrial Metals Index in Punkten
Abb. 4.0
Crashkurs Rohstoffe.indb 148 19.07.2011 15:56:59
149 / Industriemetalle Aluminium
Aluminium Aluminium ist aus der modernen Industrie nicht mehr wegzuden-
ken. Das leichte und korrosionsbeständige Metall wird heute nahezu
universell eingesetzt. Egal ob im Fahrzeugbau, in der Luftfahrttechnik,
bei DVDs und Blu-Ray-Discs oder auch in der heimischen Küche bei
Konserven oder Alufolie: Aluminium ist im täglichen Leben allgegen-
wärtig. Da Aluminium durch Legierungen mit Magnesium, Silizium
und anderen Metallen mittlerweile Stahl in Sachen Festigkeit kaum
mehr nachsteht, ist es zu einem äußerst flexiblen Werkstoff geworden.
Zudem arbeiten Forscher daran, in Auto-Bordnetzen Kupfer durch
Aluminium zu ersetzen.
Aluminium ist neben Kupfer das am meisten gehandelte Industrie-
metall. Es wird an der London Metal Exchange in US-Dollar je Tonne
gehandelt. Ein Kontrakt bezieht sich auf 25.000 Tonnen. Die Notierung
von Aluminium könnte in der Zukunft maßgeblich durch ETCs mit
physischer Metallhinterlegung beeinflusst werden. Bei Aluminium
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
1.000
1.500
2.000
2.500
3.000
3.500
Aluminium in US-Dollar
Abb. 4.1
Crashkurs Rohstoffe.indb 149 19.07.2011 15:56:59
Crashkurs Rohstoffe / 150
sind die Pläne bereits weit fortgeschritten. Für die Anleger hätte ein sol-
cher ETC den Vorteil, dass das Rollen von einem Kontrakt in den
nächs ten entfällt, da die Preisbildung des ETC der Preisbildung des
reinen Aluminiumpreises folgt.
Hoher Energiebedarf bei der Produktion
Aluminium ist in der Herstellung alles andere als günstig. Vor allem
die hohen Energiekosten schlagen hier zu Buche. Aluminium wird
nicht direkt abgebaut, sondern in zwei getrennten Arbeitsgängen aus
Bauxit gewonnen. Zunächst wird Aluminiumoxid produziert. Dieses
wird dann durch die Schmelzfluss-Elektrolyse in die zwei Bestandteile
Aluminium und Sauerstoff getrennt. Dazu werden Temperaturen von
950 bis 970 Grad Celsius benötigt. Daher spielen auch die Energiekos-
ten für den Preis von Aluminium eine wichtige Rolle. Experten schät-
zen, dass die Energiekosten bei Aluminiumschmelzen mehr als 40 Pro-
zent der Gesamtkosten ausmachen. Langfristig steigende Preise für
Ener gierohstoffe machen damit auch die Aluminiumproduktion er-
heblich teurer.
Aus diesem Grund ist die Wiederverwertung von sogenanntem Se-
kundär-Aluminium von Bedeutung, da hier nur etwa fünf Prozent der
Energie benötigt wird, die bei der Herstellung von Hüttenaluminium
aus Bauxit nötig ist. In den USA beispielsweise wird bereits mehr Alu-
minium aus Recycling als aus der Primärerzeugung gewonnen.
China als Dreh- und Angelpunkt
Die größten Bauxitvorkommen gibt es in Australien, gefolgt von Gui-
nea, Vietnam und Jamaika. Führend ist allerdings China. Dort wurde
die Produktion seit 2004 verdoppelt. Mittlerweile stammen rund 40
Crashkurs Rohstoffe.indb 150 19.07.2011 15:56:59
151 / Industriemetalle Aluminium
Prozent der Weltproduktion aus China. Da China allerdings auch der
größte Nachfrager von Aluminium ist, gehört das Land trotz der hohen
Produktion 2009 sogar zu den Nettoimporteuren des leichten Metalls.
Allerdings hat sich dies bereits 2010 wieder geändert: Netto hat China
390.000 Tonnen Aluminium exportiert. China dürfte bei Aluminium
auf absehbare Zeit Selbstversorger bleiben.
Angebot und Nachfrage
Zwar präsentierte sich die Nachfrage in den vergangenen Jahren bei
Aluminium äußerst dynamisch, doch gleichzeitig wurden die Kapazi-
täten ausgebaut. So kam es gerade während der Finanzkrise zu deutlich
steigenden Lagerbeständen. Ein Teil davon konnte relativ rasch wieder
abgebaut werden. So wuchs die weltweite Nachfrage nach Aluminium
im Jahr 2010 um etwa 14 Prozent oder umgerechnet 4,7 Millionen Ton-
nen. Die Weltnachfrage lag bei rund 40 Millionen Tonnen und hatte das
Vorkrisenniveau damit übertroffen. In ihrem „Commodity Yearbook
2011“ rechnet die Landesbank Baden-Württemberg für die kommen-
den Jahre mit einem weiteren Nachfragewachstum für Aluminium im
Bereich von sechs bis sieben Prozent.
Im gleichen Atemzug wächst allerdings auch die Angebotsseite. 2010
gab es bei der Aluminiumherstellung mit 41 Millionen Tonnen einen
neuen Rekord. Dabei präsentierte sich wieder einmal China mit einem
Plus von 24 Prozent im Vergleich zum Vorjahr als Treiber der Ange-
botsseite. Damit dürfte das strukturelle Problem weiter erhalten blei-
ben: Zwar wurden 2010 41 Millionen Tonnen produziert, doch die
Hüttenkapazitäten belaufen sich auf rund 50 Millionen Tonnen. Der
Auslastungsgrad liegt damit gerade einmal bei 80 Prozent. Da half es
nur wenig, dass China Mitte 2010 einige Produktionskapazitäten stillge-
legt hatte, um die Klimaziele zu erreichen. Bereits zum Ende des Jahres
Crashkurs Rohstoffe.indb 151 19.07.2011 15:56:59
Crashkurs Rohstoffe / 152
stieg die Produktion wieder an. Auf absehbare Zeit ist daher nicht mit
Engpässen bei Aluminium zu rechnen.
Investieren in Aluminium
Auf den Aluminium-Future können Anleger mit den üblichen Long-
und Short-Zertifikaten spekulieren. Die HypoVereinsbank bietet zudem
ein Open-End-Zertifikat (WKN HV3 ALU) an, mit dem Anleger eins
zu eins an der Entwicklung des Aluminium-Futures partizipieren. Al-
lerdings ist das Zertifikat nicht währungsgesichert.
Wer sich für ein Direktinvestment in Aktien entscheidet, kommt kaum
an dem Aluminium-Riesen Alcoa (WKN 852 206) vorbei. Das Unter-
nehmen ist seit 1959 im Dow Jones gelistet und eröffnet traditionell die
Berichtssaison in New York.
Die Hauptabnehmer von Alcoa sind die Flugzeug- und Autoindus-
trie, das Baugewerbe und die Verpackungsindustrie. Zuletzt erwirt-
schaftete Alcoa 2010 mit einem Umsatz von 21 Milliarden Dollar einen
2007 2008 2009 2010 2011
10
5
20
30
40
50
Alcoa in US-Dollar
Abb. 4.2
Crashkurs Rohstoffe.indb 152 19.07.2011 15:56:59
153 / Industriemetalle Aluminium
Gewinn von 258 Millionen Dollar oder 0,24 Dollar je Aktie. Alcoas
Vorstandsvorsitzender, der frühere Siemens-Manager Klaus Kleinfeld,
zeigt sich für die weitere Entwicklung der Nachfrage nach Aluminium
sehr optimistisch. Er rechnet bis 2020 mit einer Verdopplung der
Nachfrage. Dazu sollten vor allem die Flugzeug- und Autoindustrie
beitragen.
Allerdings ist Alcoa nicht der größte Aluminiumproduzent. Die Num-
mer 1 der börsengelisteten Unternehmen ist derzeit Rusal aus Russ-
land. Rusal erwirtschaftete im Jahr 2010 einen Nettogewinn von 2,87
Milliarden Dollar.
Dabei spielt dem Konzern die Nähe zu China in die Karten. Zudem
notiert die Aktie seit Anfang 2010 auch an der Börse in Hongkong. Chi-
na spielt bei Rusal eine zentrale Rolle: Mit einem Joint Venture mit der
chinesischen Xhinshan Aluminium Industry will Rusal seine Stellung
in China weiter stärken. Im Rahmen des Joint Ventures sollen Bauxit,
Aluminium und Aluminiumoxid in Asien und dem Pazifikraum abge-
baut und produziert werden.
2010 Mär Apr Mai Apr MaiJun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 2011 Feb Mär
6
8
10
12
14
Rusal in Hongkong-Dollar
Abb. 4.3
Crashkurs Rohstoffe.indb 153 19.07.2011 15:57:00
Crashkurs Rohstoffe / 154
Blei Alchemisten haben lange versucht, aus Blei Gold herzustellen. Man-
cher Anleger hat sich zu Beginn des neuen Jahrhunderts tatsächlich
mit Blei eine goldene Nase verdient. Das Industriemetall kletterte von
2003 bis 2007 von 500 bis auf rund 4.000 Dollar je Tonne – um im Zuge
der Finanzkrise auf knapp unter 1.000 Dollar je Tonne einzubrechen.
Recycling wird immer wichtiger
Blei wurde schon in der frühen Bronzezeit verwendet. Allerdings
wusste man anfangs nichts von seiner giftigen Wirkung. So wurden frü-
her auch Trinkwasserrohre aus Blei hergestellt. Im Benzin wurde Blei
lange Zeit als Additiv verwendet, bis als Tribut an den Umweltschutz
bleifreies Benzin eingeführt wurde. Mittlerweile wird Blei von der In-
dustrie vor allem für Autobatterien nachgefragt – in den USA stammte
zuletzt 90 Prozent des gesamten Bleiverbrauchs aus diesem Bereich.
Blei kommt in der Erdkruste selten gediegen vor. Die kommerzielle
Nutzung erfolgt zumeist aus dem Mineral Galenit. Galenit tritt häu-
fig vergesellschaftet mit den Sulfiden anderer Metalle wie Kupfer oder
Zink auf, weshalb die meisten Bleiproduzenten auch diese fördern. Die
größten Vorkommen sind in den USA, Australien, Russland und Kana-
da. Allerdings war zuletzt China der wichtigste Förderer von Blei. 2010
produzierte China 1,9 Millionen Tonnen Blei, rund 45 Prozent der
Weltförderung. Mittlerweile nimmt das Recycling eine entscheidende
Rolle bei der Bleigewinnung ein. 2010 stammte in der westlichen Welt
bereits 76 Prozent des Gesamtangebots aus der Sekundärproduktion.
Die Nachfrage nach Blei hängt stark mit dem steigenden Wohlstand
in den Emerging Markets zusammen. Dort wächst die Nachfrage nach
Autos und damit auch die nach Autobatterien. So verwundert es nicht,
Crashkurs Rohstoffe.indb 154 19.07.2011 15:57:00
155 / Industriemetalle Blei
dass China mit einem Anteil von 37 Prozent in den vergangenen Jahren
der größte Bleiverbraucher war. Wie bei Aluminium wurde China auch
bei Blei im Jahr 2009 von Nettoexporteur zum Nettoimporteur. Insge-
samt dürfte die Bleinachfrage in den kommenden Jahren stark an die
Konjunktur der Autoindustrie gekoppelt sein. Allein der Bereich Auto-
Ersatzbatterien ist für 50 Prozent der Nachfrage nach Blei verantwort-
lich. Da in den kommenden Jahren die Autonachfrage vor allem in den
Emerging Markets weiter zunehmen dürfte, rechnen Experten mit
einem durchschnittlichen Anstieg der Bleinachfrage von vier Prozent.
Der wichtigste Handelsplatz ist die London Metal Exchange (LME).
Dort wird die Notierung in US-Dollar je Tonne gehandelt, wobei sich
ein Kontrakt auf 25 Tonnen bezieht. Insofern sind neben der Konjunk-
tur auch die täglich herausgegebenen Lagerbestände der LME ein wich-
tiger Indikator für die Preisentwicklung bei Blei.
Mit dem Open Ended Tracker Zertifikat auf Blei (WKN BC2 BL1) der
Barclays Bank können Anleger direkt an der Entwicklung partizipie-
ren. Das Zertifikat ist allerdings nicht währungsgesichert.
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
1.000
500
2.000
3.000
4.000
Blei in US-Dollar
Abb. 4.4
Crashkurs Rohstoffe.indb 155 19.07.2011 15:57:00
Crashkurs Rohstoffe / 156
Kupfer Neben Zinn und Silber war Kupfer das erste Metall, das die Mensch-
heit entdeckte und verarbeitete. Kein Wunder, dass der Zeitraum von
fünften bis zum dritten Jahrtausend vor Christus auch als Kupferzeit
bezeichnet wird. Später wurde Kupfer zusammen mit Zinn zu der här-
teren Legierung Bronze verarbeitet. Bereits im antiken Griechenland
war Bronze bekannt, doch es waren die Römer, die der Legierung zu
ihrem Durchbruch verhalfen. Überlieferungen zufolge dürfte die Kup-
fer-Jahresproduktion des Römischen Reiches bei rund 15.000 Tonnen
gelegen haben. Es war nicht zuletzt den härteren Bronzeschwertern
und -schildern zu verdanken, dass römische Legionäre einen Siegszug
durch halb Europa starteten. Damals stammte ein Großteil des Kupfers
von der Insel Zypern, die dem Metall auch seinen Namen gab. Kupfer
geht auf den alten lateinischen Namen Cyprium zurück, was so viel
bedeutet wie „Metall aus Zypern“. Mittlerweile liegt die jährliche Kup-
ferproduktion bei rund 20 Millionen Tonnen und Kupfer ist das am
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
2.000
1.000
4.000
6.000
8.000
10.000
Kupfer in US-Dollar
Abb. 4.5
Crashkurs Rohstoffe.indb 156 19.07.2011 15:57:00
157 / Industriemetalle Kupfer
meisten genutzte Metall. Die Korrosionsbeständigkeit, gepaart mit der
hervorragenden Leitfähigkeit für Elektrizität, macht Kupfer vielseitig
einsetzbar. Kupfer besitzt nach Silber die höchste spezifische Leitfähig-
keit für elektrischen Strom und wird daher bei Kabeln, Leiterplatten
und Schaltkreisen genauso wie bei Drosseln und Spulen eingesetzt. Die
Elektroindustrie gehört aus diesem Grund zu den größten Abnehmern
von Kupferprodukten. Daneben hat die Autoindustrie an Bedeutung
gewonnen. So sind mittlerweile im Schnitt 34 Kilogramm Kupfer in je-
dem Auto verbaut. Auch beim Flugzeugbau oder beim Bau von Zügen
ist Kupfer ein wichtiger Bestandteil. In modernen Hochgeschwindig-
keitszügen sind zwischen zwei und vier Tonnen Kupfer verbaut. Zu-
dem ist Kupfer Bestandteil von Legierungen wie Messing, Bronze und
Neusilber.
Von Kupfererz zu Kupfer
Kupfer kommt zwar in der Natur gediegen vor, allerdings nur an we-
nigen Orten. Wirtschaftlich bedeutend ist die Gewinnung von Kupfer
aus Kupfererz. Dabei wird das Kupfererz heutzutage meist in Open-
Pit-Minen, das heißt nahe der Oberfläche abgebaut. Allerdings dürfte
auf mittlere Sicht der Untertagebau an Bedeutung gewinnen, da die Mi-
nenbetreiber bereits mit sinkenden Metallgehalten zu kämpfen haben.
Das gewonnene Erz wird durch Flotation zu Kupferkonzentrat mit
einem Gehalt von durchschnittlich rund 30 Prozent Kupfer verarbei-
tet. Anschließend wird das Kupferkonzentrat in Raffinerien geröstet
und von Eisenoxiden befreit. Der sogenannte Kupferstein, der hier ent-
steht, weist bereits einen Kupfergehalt von rund 70 Prozent auf. Im
nächsten Arbeitsschritt wird der Kupferstein geschmolzen und in einen
Konverter gegossen. Das Eisensulfid wird entfernt und das Kupfer oxi-
diert. Das Oxid setzt sich zu Rohkupfer um, das einen Kupfergehalt
Crashkurs Rohstoffe.indb 157 19.07.2011 15:57:00
Crashkurs Rohstoffe / 158
von rund 98 Prozent aufweist. Eine noch reinere Form ist das soge-
nannte Elektrolytkupfer, das durch elektrolytische Kupferaffination ge-
wonnen wird. Hier wird ein Kupfergehalt von 99,99 Prozent erreicht.
In keinem anderen Land ist die Minenproduktion von Kupfer so hoch
wie in Chile. Das südamerikanische Land produzierte 2009 insgesamt
5,4 Millionen Tonnen, mehr als ein Drittel der weltweiten Minenpro-
duktion. In Sachen raffinierten Kupfers hat jedoch China mit rund 4,3
Millionen Tonnen pro Jahr die Nase vorn. In ganz Asien kletterte die
Produktion mit einem Anteil von 27 Prozent an der Weltproduktion
im Jahr 1990 auf 52 Prozent im Jahr 2009. Zudem ist China auch der
größte Abnehmer. Der Preisanstieg im ersten Jahrzehnt des neuen
Jahrhunderts ging vor allem auf die starke Nachfrage aus China zurück.
2009 stand China für eine Nachfrage nach über sieben Millionen Ton-
nen raffinierten Kupfers. Damit ist auch klar: China gehört zu den
großen Nettoimporteuren.
Für die Jahre 2011 und 2012 sagen Experten ein Angebotsdefizit für
Kupfer voraus. Neben China sollen dabei auch Europa und Nordame-
rika wieder vermehrt auf der Nachfrageseite auftreten. Raúl de la Pied-
ra, Vizedirektor des größten Kupferproduzenten Codelco, rechnet je-
doch weiterhin mit China als treibender Kraft. Jedes Jahr würde China
500.000 Tonnen mehr Kupfer nachfragen als im Vorjahr – das ent-
spricht der Produktionskapazität einer größeren Mine. Zudem sind die
Lagerbestände 2010 und 2011 bereits deutlich gesunken. Experten ge-
hen für 2011 von einem Defizit von 400.000 Tonnen und für 2012 be-
reits von 450.000 Tonnen aus. An dem Defizit dürfte auch die hohe
Recyclingquote nichts ändern. In den USA stammt bereits rund ein
Drittel aus Recycling. Die Wiederverwertung dürfte in den kommen-
den Jahren weiter an Bedeutung gewinnen.
Auch der Kupferpreis wird an der London Metal Exchange gehandelt.
Die Notierung erfolgt in US-Dollar je Tonne. Ein Kontrakt bezieht sich
Crashkurs Rohstoffe.indb 158 19.07.2011 15:57:00
159 / Industriemetalle Kupfer
Rang Mine Land Eigentümer Kapazitätin 1.000 Tonnen
1 Escondida ChileBHP Billiton (57,5%), Rio Tinto Corp. (30%),
Japan Escondida (12,5%)1.300
2
Codelco Norte (incl. Chuqui-
camata, Radomiro, Tomic,
MinaMinistroHales Project)
Chile Codelco 920
3 Grasberg Indonesien P.T. Freeport Indonesia Co. (PT- FI), Rio Tinto 780
4 Collahuasi ChileAnglo American (44%), Xstrata plc (44%),
Mitsui + Nippon (12%)520
5 El Teniente Chile Codelco Chile 454
6Taimyr Peninsula
(Norilsk/Talnakh Mills)Russland Norilsk Nickel 430
7 Antamina PeruBHP Billiton (33.75%), Teck (22,5%), Xstrata plc
(33,75%), Mitsubishi (10%)400
8 Los Pelambres ChileAntofagasta Plc (60%), Nippon Mining (25%),
Mitsubishi Materials (15%)400
9 Morenci US Freeport-McMoRan Copper & Gold Inc./Sumitomo 390
10 Bingham Canyon US Kennecott (Rio Tinto) 280
10 Batu Hijau Indonesien
PT Pukuafu (20%), Newmont (41,5%), Sumitomo
Corp., Sumitomo Metal Mining & Mitsubishi Ma-
terials (31,5%), PT Multi Daerah Bersaing (7%)
280
10 Andina Chile Codelco Chile 280
13 Kansanshi Sambia First Quantum Minerals Ltd (80%), ZCCM (20%) 270
14 Los Bronces Chile Anglo American (100%) 241
15 Zhezkazgan Complex Kasachstan Kazakhmys (Samsung) 230
16 Olympic Dam Australien BHP Billiton 225
17 Rudna Polen KGHM Polska Miedz S.A. 220
18 Sarcheshmeh Iran National Iranian Copper Industry Co. 204
19 Spence Chile BHP Billiton 200
20 La Caridad Mexiko Mexicana de Cobre S.A. (Grupo Mexico) 195
Abb. 4.6 / Top 20 Kupferbergwerke nach Kapazität, 2010
Quelle: International Copper Study Group
Crashkurs Rohstoffe.indb 159 19.07.2011 15:57:00
Crashkurs Rohstoffe / 160
auf 25.000 Tonnen. Daneben wird Kupfer auch an der NYMEX gehan-
delt. Dort notiert das Metall in US-Cent je amerikanische Pfund (lb).
Ein Kontrakt bezieht sich dabei auf 25.000 lbs. In den vergangenen Jah-
ren hat zudem der Handel an der Shanghai Futures Exchange (SHFE)
an Bedeutung gewonnen.
Auf der Suche nach Aktien von Kupferproduzenten haben Anleger
die Qual der Wahl. Allerdings ist der größte Kupferproduzent, die chi-
lenische Codelco, selbst nicht börsennotiert. Konzerne wie Rio Tinto,
BHP Billiton oder auch Anglo American erwirtschaften aber einen be-
deutenden Teil ihrer Umsätze mit Kupfer.
Der größte börsennotierte Kupferproduzent ist Freeport-McMoRan
(WKN 896 476). Das in Phoenix ansässige Unternehmen ist außerdem
in der Produktion von Gold und Molybdän tätig. Das Hauptprojekt ist
die Graberg-Mine in Indonesien, wo neben Kupfer auch Gold abgebaut
wird. Daneben betreibt der Konzern fünf Kupferminen in Nordameri-
ka, vier in Peru und Chile. Außerdem entwickelt Freeport-McMoRan in
der Demokratischen Republik Kongo das Tenke-Fungurume-Projekt,
2007 2008 2009 2010 2011
10
20
30
40
50
60
Freeport-McMoRan in US-Dollar
Abb. 4.7
Crashkurs Rohstoffe.indb 160 19.07.2011 15:57:00
161 / Industriemetalle Kupfer
das als größtes noch unentwickeltes Kupfer- und Kobaltprojekt der
Welt gilt. Die Entwicklung des Konzerns kann sich sehen lassen: Die
Umsätze kletterten von 15 Milliarden Dollar im Jahr 2009 auf knapp
19 Milliarden 2010. Unterm Strich verdiente der Konzern 4,27 Milliar-
den Dollar. Den Hauptumsatz macht der Konzern dabei mit Kupfer.
2010 summierten sich die Verkäufe auf 3,9 Milliarden Pfund Kupfer,
was in etwa 1,7 Millionen Tonnen entspricht.
Für Anleger könnte sich auch ein Blick auf die Aktie von Xstrata (WKN
552 834) lohnen. Das Unternehmen ist weltweit der viertgrößte Kupfer-
produzent mit einer Produktion von rund 900.000 Tonnen Kupfer pro
Jahr. Die Pläne des Konzerns sind ehrgeizig: Bis zum Jahr 2015 will
Xstrata den Kupferausstoß um 60 Prozent auf 1,5 Millionen Tonnen al-
leine durch organisches Wachstum steigern. Die Minen und Produkti-
onsstätten des in der Schweiz ansässigen Konzerns liegen in Australien,
Chile, Peru, Argentinien und Kanada. Besonders interessant: Xstrata ist
auch in das Recyclinggeschäft eingestiegen und ist mittlerweile nach ei-
genen Angaben weltweit führend beim Recycling von Elektronikteilen.
2007 2008 2009 2010 2011
500
250
1.000
1.500
2.000
2.500
Xstrata in Britische Pence
Abb. 4.8
Crashkurs Rohstoffe.indb 161 19.07.2011 15:57:01
Crashkurs Rohstoffe / 162
Nickel Es waren Berggeister, denen Nickel seinen Namen zu verdanken hat.
Im 18. Jahrhundert förderten Bergleute eine Substanz, die aussah wie
Kupfererz, aus der sich aber kein Kupfer gewinnen ließ. Die Bergleute
schlossen daraus, dass das Kupfererz von Berggeistern, sogenannten
Nickeln, verhext wurde. So bürgerte sich der Name für Nickel ein. Tat-
sächlich verwendeten die Menschen Nickel schon weit länger – ohne
allerdings zu wissen, um was es sich handelte. Antike Münzen beispiels-
weise enthielten Kupfernickel.
Doch erst im Jahr 1751 erkannte der schwedische Bergbauingenieur
Axel F. Cronstedt die wahre Natur des Elements. Wirtschaftliche Be-
deutung erlangte Nickel ab Mitte des 19. Jahrhunderts. 1843 stellte
der Engländer Michael Faraday ein Verfahren zur galvanischen Ver-
nickelung vor.
Nickel macht Stahl noch härter
Heute wird Nickel vor allem für hochwertige Edelstahllegierungen
verwendet. Es macht Stahl korrosionsbeständig und erhöht seine Härte
und Zähigkeit. Zur Anwendung kommt es vor allem dort, wo Stahl in
einer besonders korrosiven Umgebung eingesetzt wird – also beispiels-
weise in der Bauindustrie. Rostfreier Edelstahl besteht normalerweise
aus rund zehn Prozent Nickel.
Anwendungsgebiete sind unter anderem harte Panzerplatten, die
beispielsweise von der Rüstungsindustrie nachgefragt werden. Die
Rechnung, Nickel könnte einen zusätzlichen Schub bekommen, da
verstärkt Edelstahl beim Bau von Kernreaktoren zum Einsatz kommt,
dürfte sich nach dem GAU in Japan erübrigt haben. Reines Nickel-
metall hingegen wird unter anderem bei einigen Apparaten in che-
mischen Labors verwendet. Da Nickel in der Natur kaum gediegen
Crashkurs Rohstoffe.indb 162 19.07.2011 15:57:01
163 / Industriemetalle Nickel
vorkommt, wird der überwiegende Teil aus nickel- und kupferhal-
tigen Eisenerzen gewonnen. Die wichtigsten Fördernationen sind
Russland und Kanada. Gemeinsam produzieren sie rund 40 Prozent
der weltweiten Fördermenge. Der wichtigste Verbraucher ist auch
hier China. Das Reich der Mitte deckt etwa 20 Prozent der weltwei-
ten Edelstahlproduktion ab. Entsprechend hoch ist die Nachfrage
nach Nickel. Im Jahr 2010 stand China für rund 37 Prozent der Nach-
frage nach Nickel. Betrachtet man ganz Asien, kommt man auf einen
Wert von 61 Prozent.
Weltweit werden jährlich rund 1,5 Millionen Tonnen Nickel abge-
baut. Damit gehört Nickel zu den Industriemetallen mit einem sehr
geringen Ausstoß. Entsprechend ist in den vergangenen Jahren die
Bedeutung des Recyclings gewachsen. Die USA schaffen es bereits,
rund 40 Prozent ihres Nickelbedarfs durch Wiederaufbereitung zu
decken. Die Preisentwicklung bei Nickel ist eng mit der Nachfrage
nach Edelstahl verknüpft.
Nickel in US-Dollar
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
10.000
5.000
20.000
30.000
40.000
50.000
Abb. 4.9
Crashkurs Rohstoffe.indb 163 19.07.2011 15:57:01
Crashkurs Rohstoffe / 164
Streiks sorgen für Produktionsrückgang
Ähnlich wie bei anderen Rohstoffen kann es auch bei den Industrie-
metallen durch Arbeitskämpfe in Minen zu unerwarteten Produkti-
onsausfällen kommen, so bei Nickel im Jahr 2010. Damals standen die
Minen des Rohstoffkonzerns Vale in Kanada monatelang still. Da-
durch kam es nach Schätzungen zu einem Produktionsausfall von 75.000
Tonnen, was umgerechnet rund fünf Prozent der Weltproduktion ent-
spricht. Im Ergebnis gab es 2010 statt eines weiteren Überschusses so-
gar ein Defizit auf dem Nickelmarkt – was sich als weiterer Preistreiber
für Nickel herausstellte.
Nickel Pig Iron
In China – und derzeit nur dort – gibt es noch ein weiteres Phänomen,
mit dem sich Anleger auseinandersetzen sollten: Nickel Pig Iron. In Chi-
na wird Nickel teilweise aus importierten Eisenerz-Lateriten gewonnen.
Zwar weisen diese nur einen Nickelgehalt zwischen zwei und sechs Pro-
zent aus, doch in China wird Nickel Pig Iron bereits von Edelstahlprodu-
zenten genutzt. Der Grund: Es ist günstiger als normales Nickel. Bislang
wird Nickel Pig Iron nur in China verwendet. Ein Export ist nicht lukra-
tiv, da derzeit eine Exportsteuer von zehn Prozent besteht. Um diese Ex-
portsteuer zu umgehen, planen einige chinesische Firmen den Bau von
Werken auf den Philippinen oder auch in Indonesien. Zudem könnte es
China durch Nickel Pig Iron gelingen, Angebotsdefizite auszugleichen.
Einige Experten vermuten, Nickel Pig Iron könnte die Preisentwicklung
von Nickel nach oben deckeln, andere wiederum weisen darauf hin, dass
die Herstellung von Nickel Pig Iron unter Umweltgesichtspunkten ein
Albtraum ist und China der ausufernden Produktion mit Blick auf die
eigenen Umweltziele einen Riegel vorschieben dürfte.
Crashkurs Rohstoffe.indb 164 19.07.2011 15:57:01
165 / Industriemetalle Nickel
Investieren in Nickel
Der wichtigste Handelsplatz ist wie bei den anderen Industriemetallen
auch die London Metal Exchange. Die Notierung erfolgt in US-Dollar
je Tonne. Ein Kontrakt umfasst in diesem Fall sechs Tonnen.
Anleger können beispielsweise mit dem Open-End-Zertifikat der
HypoVereinsbank (WKN HV3 NCK) auf den Nickel-Future an der
Entwicklung des Industriemetalls teilhaben. Das Zertifikat ist nicht
währungsgesichert.
Wer sich für ein Engagement in Einzelaktien entscheidet, kommt an
dem weltgrößten Nickelproduzenten Norilsk Nickel nicht vorbei. Der
im russischen RTS-Index gelistete Konzern trägt nach eigenen Anga-
ben 1,5 Prozent zum russischen Bruttoinlandsprodukt bei. Neben Ni-
ckel produziert der Konzern vor allem Palladium, Platin und Kupfer. In
den vergangenen Jahren belastete allerdings ein Streit um die Vormacht-
stellung den Konzern. Operativ hingegen profitiert der Konzern zum
einen von der Nähe zu Russland, zum anderen von den guten Produk-
tionsstätten. So kündigte der Marktführer an, den Nickelausstoß wei-
ter erhöhen zu wollen, um die anziehende Nachfrage zu befriedigen.
Crashkurs Rohstoffe.indb 165 19.07.2011 15:57:01
Crashkurs Rohstoffe / 166
Zink Es waren die Inder, die im 17. Jahrhundert Zink als eigenes Metall ent-
deckt haben. Genutzt wurde es jedoch als Legierungsbestandteil von
Messing schon im Altertum. Zink ist ein bläulich-weißes Metall. Be-
kannt ist es vor allem von Regenrinnen. Ein Großteil des industriell ge-
nutzten Zinks wird zum Verzinken von Eisen und Stahlteilen benutzt.
Damit unterliegt die Zinknachfrage ähnlich wie die Nachfrage nach
Nickel stark dem Stahlzyklus.
Zink wird meist aus Erzen gewonnen. Die wichtigsten Erze sind Spha-
lerit und Wurtzit mit einem Zinkgehalt von rund 65 Prozent, Smithso-
nit weist einen Zinkgehalt von rund 52 Prozent auf. Daneben stammt
bereits rund ein Drittel des produzierten Zinks aus Recycling. Der wich-
tigste Zinkproduzent ist China mit einem Weltmarktanteil von 25,2
Prozent im Jahr 2009. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen Peru und Austra-
lien. Die Jahresproduktion der drei Länder liegt bei rund der Hälfte der
weltweiten jährlichen Produktion. Der weltweite wirtschaftliche Auf-
schwung nach der Finanzkrise führte zu steigenden Zinkpreisen und
ließ auch die Produktion wieder ansteigen. Allein im Jahr 2010 klet-
terte die Minenförderung um neun Prozent und die Raffinerieproduk-
tion um 13 Prozent. Auf der Angebotsseite taten sich dabei vor allem
die chinesischen Minen hervor. Schätzungen gehen davon aus, dass in
China die Minenproduktion schlagartig um 20 Prozent wuchs, was vor
allem auf die Inbetriebnahme von stillgelegten Förderkapazitäten zu-
rückzuführen ist.
Ähnlich wie bei anderen Industriemetallen sorgen auch bei Zink vor
allem die Emerging Markets für Nachfrageimpulse. Im Jahr 2010 kam
es analog zur Erhöhung des Angebots auch zu einem Nachfrageschub
von rund 15 Prozent. Hauptauslöser war die Stahlindustrie, die sich ra-
scher von der Krise erholt hat, als von vielen Experten erwartet. Für die
Crashkurs Rohstoffe.indb 166 19.07.2011 15:57:01
167 / Industriemetalle Zink
kommenden Jahren rechnen Experten mit einer ähnlich dynamischen
Entwicklung. Allerdings gab es nach Berechungen der International
Lead and Zinc Study Group auch 2010 zum fünften Mal in Folge einen
Überschuss an Zink auf dem Weltmarkt. Die Experten der Landesbank
Baden-Württemberg gehen in einer Studie davon aus, dass es erst 2012
zu einer Entspannung auf dem Zinkmarkt kommen dürfte, weil in den
kommenden Jahren nur wenige Neuprojekte an den Start gehen, dafür
aber einige alte namhafte Minen geschlossen werden.
Investieren in Zink
Der wichtigste Handelsplatz für Zink ist die London Metal Exchange
(LME). Die Notierung erfolgt in US-Dollar je Tonne. Ein Kontrakt be-
zieht sich auf 25 Tonnen. Daneben wird Zink auch an der Warentermin-
börse in Schanghai gehandelt.
Auf die Entwicklung des Zinkpreises lässt sich mit den üblichen Long-
und Short-Zertifikaten spekulieren. Daneben bietet beispielsweise die
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
1.000
500
2.000
3.000
4.000
5.000
Zink in US-Dollar
Abb. 4.10
Crashkurs Rohstoffe.indb 167 19.07.2011 15:57:01
Crashkurs Rohstoffe / 168
Royal Bank of Scotland wie einige andere Emittenten auch ein Open-
End-Zertifikat auf Zink (WKN ABN 0SA) an. Ein Währungsrisiko
müssen Anleger in diesem Fall nicht fürchten: Das Produkt ist wäh-
rungsgesichert.
Mit einem Engagement in Einzelaktien wird es schwierig, da Zink
von den Bergwerkskonzernen meist als Nebenprodukt gewonnen wird.
Anleger können jedoch einen Blick auf Teck Resources (WKN 858 265)
werfen. Das kanadische Unternehmen ist einer der größten Zinkpro-
duzenten weltweit. Die Raffinerieproduktion von Teck Resources be-
läuft sich auf rund 278.000 Tonnen Zink jährlich. Mit der Red-Dog-
Mine in Alaksa besitzt der Konzern eine der größten Zinkminen welt-
weit. Daneben produziert Teck Resources aber auch in der Antamina-
Mine im Norden Perus. Die Kunden des Konzerns stammen vor allem
aus Asien und Europa. Neben Zink fördert der Konzern auch Kupfer
und Kohle.
2007 2008 2009 2010 2011
20
10
5
2
40
60
Teck Resources in US-Dollar
Abb. 4.11
Crashkurs Rohstoffe.indb 168 19.07.2011 15:57:02
169 / Industriemetalle Zinn
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
10.000
5.000
2.500
20.000
30.000
40.000
Zinn in US-Dollar
Abb. 4.12
Zinn Dank der Politik hat ein anderes Metall in den vergangenen Jahren an
Bedeutung gewonnen: Zinn. Sowohl in der EU als auch in Japan trat
2006 ein Gesetz in Kraft, nach dem künftig kein Blei mehr in elektro-
nischen Geräten verwendet werden soll. Als Substitut kommt Zinn in
Betracht. Entsprechend erwachte der Zinnpreis Mitte der ersten Dekade
des neuen Jahrhunderts aus seinem langen Dornröschenschlaf.
Mehr als 40 Prozent der weltweiten Nachfrage stammen aus der Elek-
troindustrie, wo Zinn vor allem als Lötmaterial Verwendung findet. Da-
neben wird Zinn beim Verzinnen von korrosionsgefährdeten Metallen
verwendet. Aber auch beim Transport von Lebensmitteln in Weißblech-
containern kommt Zinn zum Einsatz.
Anders als bei anderen Metallen stammt der Löwenanteil der Zinnge-
winnung nicht aus Minen. Nur etwa ein Fünftel des weltweit verwen-
deten Zinns stammt von dort. Der überwiegende Teil kommt aus Flüs-
sen oder vom Meeresgrund. Dort wird das Metall aus sogenannten
Crashkurs Rohstoffe.indb 169 19.07.2011 15:57:02
Crashkurs Rohstoffe / 170
Zinnseifenablagerungen gewonnen. Auch bei Zinn nimmt die Bedeu-
tung von Recycling zu. Beim Abbau ist China mit einem Weltmarktan-
teil von mehr als 40 Prozent führend. Daneben sind Indonesien, Peru,
Brasilien und Bolivien wichtige Zinnförderer.
Obwohl Zinn vor allem durch die ansteigende chinesische Nachfrage
in den vergangenen Jahren in den Fokus rückte, ist der Zinn-Future an
der LME nach wie vor der am wenigsten gehandelte Kontrakt. Er no-
tiert in US-Dollar je Tonne und umfasst jeweils fünf Tonnen.
Als Einzelinvestment kommt der indonesische Konzern PT Timah
(WKN A0Q 7SR) in Betracht. Ein Großteil des Unternehmens befindet
sich in staatlicher Hand, doch der Freefloat der Aktien liegt mittlerwei-
le bei 35 Prozent. Der Konzern verfügt über 114 Lizenzen zum Abbau
von Zinn. Für 2011 gehen Experten von einem Anstieg der Produktion
von fünf Prozent aus. Allerdings hängen die Fördermengen der indone-
sischen Förderer vom Wetter ab. Heftige Regenfälle haben in den ver-
gangenen Jahren immer wieder für Verzögerungen gesorgt. PT Timah
strebt eine Jahresproduktion von 40.000 bis 50.000 Tonnen Zinn an.
2007 2008 2009 2010 2011
1.000
500
2.000
3.000
4.000
PT Timah in Indonesische Rupiah
Abb. 4.13
Crashkurs Rohstoffe.indb 170 19.07.2011 15:57:02
171 / Seltene Metalle
Seltene Metalle
Kapitel 5
Crashkurs Rohstoffe.indb 171 19.07.2011 15:57:02
Crashkurs Rohstoffe / 172
Unter Gold, Öl oder Kupfer können sich die meisten Menschen noch
etwas vorstellen. Bei Seltenen Metallen verhält es sich schon anders.
Zwar sind ohne diese Rohstoffe Zukunftstechnologien wie Elektroau-
tos, Solarenergie oder Handys nicht vorstellbar. Die Rohstoffe sind selbst
jedoch kaum greifbar und fristeten daher lange Zeit bei Anlegern ein
Schattendasein. Zu Unrecht, wie die vergangenen Jahre zeigen.
Der Begriff Seltene Metalle (engl. critical metals) ist nicht abschlie-
ßend definiert, sondern bestimmt sich nach der tatsächlichen Selten-
heit eines Rohstoffs. Die Gruppe dürfte in Zukunft einem stetigen Wan-
del unterzogen sein, je nachdem, welcher Rohstoff aus tatsächlichen oder
auch politischen Gründen gerade als selten angesehen wird.
Von den Seltenen Metallen sind die Seltenen Erden (engl. rare earths)
zu unterscheiden. Zwar gehören auch die Seltenen Erden zu den Sel-
tenen Metallen, doch jene Gruppe ist wissenschaftlich abschließend de-
finiert. Im Sprachgebrauch werden beide Begriffe bisweilen gleichbedeu-
tend verwendet. Zu den Seltenen Metallen gehören neben den Seltenen
Erden jedoch auch noch Tantal, Niob, Molybdän und weitere Metalle.
Die Europäische Union beispielsweise sieht bei der Platin-Gruppe in
den kommenden Jahren ebenfalls eine kritische Versorgungslage und
stuft daher auch diese Gruppe als zu den Seltenen Metallen gehörig ein.
Crashkurs Rohstoffe.indb 172 19.07.2011 15:57:02
173 / Seltene Metalle Seltene Erden
Seltene ErdenNeodym, Gallium, Dysprosium – zu Beginn des neuen Jahrtausends
konnten wohl nur wenige Ingenieure, Physiker und Chemiker etwas mit
diesen Begriffen anfangen. Doch binnen weniger Jahre erkannte auch
die Wirtschaft die Bedeutung dieser Materialen. Unter dem Sammel-
begriff Seltene Erden wurden die Elemente für Börsianer ein Begriff.
Kein Wunder: Aus Zukunftstechnologien wie Windkraftanlagen, Elek-
tromotoren oder Handys sind Seltene Erden nicht mehr wegzudenken.
Das Problem: China hat auf dem Weltmarkt mit einem Anteil von 97
Prozent bei der Produktion ein Quasi-Monopol. Im Reich der Mitte
hat man längst die Bedeutung der Elemente erkannt und setzt sie stra-
tegisch ein: Exportbeschränkungen sorgen seit Jahren für Sorgenfalten
auf der Stirn der Verantwortlichen westlicher Großkonzerne. Entspre-
chend sind die Preise in den vergangenen Jahren explodiert. Bei einigen
Leichte Seltene Erden Schwere Seltene Erden
La = Lanthanum Eu = Europium
Ce = Cerium Gd = Gadolinium
Pr = Praseodymium Tb = Tiberium
Nd = Neodym Dy = Dysprosium
Sm = Samarium Ho = Holmium
Er = Erbium
Tm = Thulium
Yb = Ytterbium
Lu = Lutetium
Y = Yttrium
! SELTENE ERDEN
Crashkurs Rohstoffe.indb 173 19.07.2011 15:57:02
Crashkurs Rohstoffe / 174
Elementen gibt es bereits Lieferengpässe. Die Nachfrage jedenfalls dürfte
in den kommenden Jahren weiter wachsen, immerhin schätzen Analys-
ten den Umsatz der Industrien, die auf Seltene Erden angewiesen sind,
bereits jetzt auf jährlich 3,4 Billionen Euro. Das sind immerhin fünf Pro-
zent des globalen Bruttoinlandsproduktes.
Der Abbau von Seltenen Erden –eine gefährliche Sache
Die Gruppe der Seltenen Erden besteht aus 17 Metallen. Aus chemischer
Sicht gehören drei Elemente zu der Scandium-Gruppe und 14 Elemente
zu den Lanthanoiden. Dabei ist der Begriff streng genommen missver-
ständlich. Eigentlich heißt die Gruppe Seltenerdmetalle. Der Begriff Sel-
tene Erden geht auf die Zeit der Entdeckung zurück. Die Metalle wur-
den in seltenen Mineralien gefunden und in Form ihrer Oxide, die frü-
her Erden genannt wurden, isoliert. Dadurch hat sich der Name Seltene
Erden eingebürgert, der auch in diesem Buch verwendet wird. Da Sel-
tene Erden in der Natur immer als Oxide vorkommen, wird die Kon-
zentration von Seltenerdenmetallen in Seltenerdoxiden (SEO) angege-
ben. Die wichtigsten Quellen sind Bastnäsit mit einer Konzentration
von 50 bis 60 Prozent SEO, Monazit, die häufigste Quelle, mit einer
Konzentration von 30 bis 35 Prozent SEO und Xenotim mit einer Kon-
zentration von 55 bis 60 Prozent SEO.
Gerade Monazit illustriert, was den Abbau von Seltenen Erden so
schwierig und damit auch kostspielig macht: Monazit kann eine hohe
Konzentration an radioaktivem Thoriumdioxid enthalten. Und auch
Uranoxid kann darin vorkommen. Der hohe Thoriumanteil kann zu
Gesundheitsgefährdungen bereits durch Einatmen führen. Aus diesem
Grund haben Umweltauflagen und Sicherheitsvorschriften den Abbau
von Seltenen Erden vor allem in den westlichen Industrienationen
Crashkurs Rohstoffe.indb 174 19.07.2011 15:57:02
175 / Seltene Metalle Seltene Erden
deutlich verteuert. China hat in den letzten Jahren damit begonnen,
die Auflagen zu verschärfen.
Der Begriff „selten“ ist dabei relativ zu sehen. Einige der 17 Metalle
kommen in der Erdkruste häufiger vor als beispielsweise Gold oder Pla-
tin und die meisten Elemente kommen auch rund um den Erdball vor.
Allerdings sind größere Lagerstätten mit einer hohen Konzentration an
Seltenen Erden schwierig zu finden. Fast alle kommen in nur kleinen
Konzentrationen vor. Entsprechend mühsam ist die Förderung.
Leicht oder schwer? Eine Frage der Atome
Bei den Seltenen Erden wird zwischen den sogenannten leichten und
schweren Seltenen Erden unterschieden. Die Unterscheidung bezieht
sich auf die Atomzahl und die Anordnung im Periodensystem. Die leich-
ten Seltenen Erden (LREE) umfassen die Elemente Lanthan bis Euro-
pium, die schweren Seltenen Erden (HREE) umfassen die Elemente
Gadolinium bis Lutetium.
Grundsätzlich gilt: Die leichten Seltenen Erden waren in der Vergan-
genheit günstiger und die Versorgungslage war besser als die der
schweren Seltenen Erden. So wurde Dysprosium, das zu den schweren
Seltenen Erden zählt, zuletzt mit einem Preis von 330 Dollar pro Kilo-
gramm gehandelt, während für Neodymium, das zu den leichten Sel-
tenen Erden zählt, 90 Dollar je Kilogramm bezahlt wurden. Allerdings
regiert auch hier Angebot und Nachfrage den Markt und die Schere hat
sich 2010 merklich geschlossen.
So berichtet der Seltene-Erden-Produzent Lynas, dass 2010 die Preise
für einige leichte Seltene Erden geradezu explodiert sind. Beispielswei-
se verteuerte sich das leichte Seltene-Erden-Metall Cerium im Jahr
2010 um 1.256 Prozent. Leichte Seltene Erden werden in der Wirtschaft
vor allem für Magnete benötigt.
Crashkurs Rohstoffe.indb 175 19.07.2011 15:57:02
Crashkurs Rohstoffe / 176
Chinas Vormachtstellung
Die Versorgungslage ist mehr als angespannt. China kontrolliert den
Handel mit Seltenen Erden. Im Jahr 2010 lag der Anteil von China an
der Weltproduktion bei rund 97 Prozent. Das Land senkt die Export-
quoten für Seltene Erden seit 2005 kontinuierlich. Allein in der ersten
Jahreshälfte 2011 sollten 35 Prozent weniger Seltene Erden ausgeführt
werden als noch im Vorjahreszeitraum. Sicherlich steckt hinter dem
Vorgehen der chinesischen Regierung auch das Kalkül, dass sich west-
liche Firmen in noch größerem Maße in China selbst ansiedeln müs-
sen, um die Exportquoten zu umgehen. Neben Arbeitsplätzen, die ent-
stehen, kommt es so auch zu einem verstärkten Transfer von Know-how
an Zukunftstechnologien in das Reich der Mitte. Zu Beginn des Jahres
2011 ist China zudem dazu übergegangen, die Steuer für den Abbau
von Seltenen Erden deutlich zu erhöhen. Von 0,5 Yuan pro Tonne bei
leichten Seltenen Erden auf 30 Yuan, bei schweren Seltenen Erden von
3 Yuan auf 60 Yuan. Der enorme Aufschlag relativiert sich jedoch vor
dem Hintergrund, dass Seltene Erden Anfang 2011 durchschnittlich mit
rund 20.000 Dollar je Tonne gehandelt wurden.
Unter den westlichen Industrienationen sorgen die Exportbeschrän-
kungen Chinas für Unmut, die USA drohten sogar schon mit einem
Handelskrieg. Dabei hätte es nicht so weit kommen müssen. Über Jahr-
zehnte entwickelte ein amerikanischer Konzern den Markt für Seltene
Erden: Molycorp.
Es war nur ein Zufall, dass ein Metallurge von Molycorp in den
1950er-Jahren auf Bastnäsit stieß und seinen Konzern dazu drängte,
das Gebiet zu erwerben. In den folgenden Jahrzehnten stieg Molcorp
zum unangefochtenen Marktführer auf. Der Bedarf an Seltenen Erden
gründete damals auf dem Siegeszug des Farbfernsehens. Allerdings war
der Abbau in der Mountain-Pass-Mine ein riesiges Umweltdesaster.
Crashkurs Rohstoffe.indb 176 19.07.2011 15:57:02
177 / Seltene Metalle Seltene Erden
Aus einem undichten Auffangbecken lief vermutlich mehr als eine Mil-
liarde Liter radioaktiv und chemisch belastetes Wasser in einen ausge-
trockneten Salzsee und verseuchte das Gebiet. Die Probleme zogen sich
bis Ende der 1990er-Jahre hin. Die Regierung verhängte schließlich
wesentlich strengere Umweltauflagen, die für den Konzern mit hohen
Kosten verbunden gewesen wären. Gleichzeitig nahm die Konkur-
renz aus China stark zu. Premierminister Deng Xiaoping erklärte be-
reits 1992: „Der Nahe Osten hat Öl, China besitzt Seltene Erden.“ An-
gesichts der damals niedrigen Weltmarktpreise für Seltene Erden
rechnete sich die Produktion von Molycorp nicht mehr. 2002 schließ-
lich wurde die Mountain-Pass-Mine geschlossen. 2003 kaufte China
die größte amerikanische Anlage zur Herstellung von Seltenerdma-
gneten auf und verlagerte sie nach China – und mit der Anlage auch die
Patente. In der Folge baut China seine Vormachtstellung aus.
Mittlerweile sind es vor allem zwei Abbaugebiete, die für die chine-
sische Vormachtstellung sorgen. Das eine Vorkommen liegt in der In-
neren Mongolei, das andere im Süden Chinas, vor allem bei Ganzhou.
Alleine die Reserven des Bayan-Obo-Projekts in der Inneren Mongolei
werden auf 40 Millionen Tonnen SEO geschätzt. Zum Vergleich: Das
U.S. Geological Survey schätzt die weltweiten Reserven auf 88 Millio-
nen Tonnen SEO. Allerdings gibt es große Unsicherheiten über die tat-
sächlichen Reserven in China. So überraschte Peking mit der Meldung,
dass auf Basis der aktuellen Produktionsraten die eigenen Vorräte nur
noch 15 bis 20 Jahre reichen werden. Ob dies den Tatsachen entspricht
oder ob Peking die Angst vor einer Knappheit bei Seltenen Erden weiter
schüren wollte, sei dahingestellt. Jedenfalls würde die Aussage zu der
Ansicht einiger Experten passen, die davon ausgehen, dass China schon
bald zum Nettoimporteur Seltener Erden werden könnte.
In der Bayan-Obo-Mine werden die Seltenen Erden nur als Nebenpro-
dukt gewonnen. Die Mine ist eigentlich eines der größten Eisenerzlager
Crashkurs Rohstoffe.indb 177 19.07.2011 15:57:02
Crashkurs Rohstoffe / 178
Chinas und eine der größten Nioberz-Lagerstätten der Welt. Der Vor-
teil des Projekts: Die Mine wird im Tagebau betrieben und ist entspre-
chend kostengünstig.
Durch die gekürzten Förderquoten in den vergangenen Jahren hielt
die chinesische Regierung das Angebot auf dem Weltmarkt künstlich
knapp und sorgte dafür, dass die Preise stetig anzogen. Das allerdings
hat dazu geführt, dass auch außerhalb Chinas wieder verstärkt Seltene-
Erden-Explorer aus dem Boden schossen. In der Mountain-Pass-Mine
will Molycorp ab 2012 die Produktion wieder starten. Neben China und
den USA verfügen auch die Staaten der ehemaligen Sowjetunion und
Australien über nennenswerte Reserven an Seltenen Erden.
Neodym und Dysprosium
Wie eingangs bereits erwähnt, sind Seltene Erden für Zukunftstech-
nologien unerlässlich. Die Bedeutung jedes einzelnen Elements zu be-
schreiben, würde den Rahmen dieses Buches sprengen. Dennoch sollen
exemplarisch zwei Elemente herausgegriffen werden, deren Versorgungs-
lage sich aus heutiger Sicht in den kommenden Jahren zuspitzen dürfte.
Eines der Elemente ist Neodym. Das Metall wird für Magneten benö-
tigt, die beispielsweise in Windkraftanlagen zum Einsatz kommen oder
auch in Elektromotoren von Hybridfahrzeugen ihren Dienst verrich-
ten. Hier dürfte die nach dem Atomunfall in Japan diskutierte Energie-
wende eine Rolle spielen. Für die Energieversorgung wird noch stärker
auf Windkraft und dabei insbesondere auf Offshorewindparks gesetzt
werden. Auf hoher See können Windräder mit noch größeren Rotoren
genutzt werden, die entsprechend leistungsfähige Generatoren benöti-
gen. Nicht zuletzt deshalb rechnen Experten mit einem Engpass bei
Neo dym und einem entsprechenden Preisanstieg in den kommenden
Monaten und Jahren.
Crashkurs Rohstoffe.indb 178 19.07.2011 15:57:02
179 / Seltene Metalle Seltene Erden
Nicht viel besser sieht die Versorgungslage bei Dysprosium aus. Auch
dieses Element kommt in Dauermagneten zum Einsatz, die vor allem
in Hybridmotoren benötigt werden. Für Dysprosium gibt es in der In-
genieurtechnik keinen Ersatz. Dysprosium wird von vielen Ländern als
strategischer Rohstoff gesehen. Sollte es also Explorern gelingen, grö-
ßere Dysprosium-Vorkommen nachzuweisen, dürfte dies schnell das
Interesse von großen Konzernen wecken. Den Mineralisierungsgrad an
Dysprosium sollten Anleger daher bei entsprechenden Schätzungen
stets im Auge behalten.
Basket oder Indexzertifikat
Anders als Edelmetalle oder Industriemetalle werden die Seltene-
Erden-Elemente nicht der Börse gehandelt. Mit anderen Worten: Die
Preise werden direkt zwischen Produzenten und Abnehmern aus-
gehandelt. Eine gute Übersicht über die Preisentwicklung der
einzelnen Seltene-Erde-Elemente finden Anleger auf der Seite www.
metal-pages.com.
Wer in den Bereich Seltene Erden investieren möchte, kann dies durch
ein Direktinvestment in einzelne Aktien oder in einen Basket tun. Ein
entsprechendes Produkt bietet die RBS mit dem Select Rare Earth TR
Basket Open-End-Zertifikat (WKN AA2 W3C) an. Der Basket enthält
15 Unternehmen – Explorer und Produzenten von Seltenen Erden. Mit
jeweils 15 Prozent sind dabei Molycorp, Lynas und China Rare Earth
Holdings am höchsten gewichtet. Vierteljährlich werden die Unterneh-
men dabei neu gewichtet.
Einen anderen Weg geht die Commerzbank, sie legt ein Zertifikat auf
den Commerzbank Seltene Erden Index (WKN CZ3 3EA) auf. Derzeit
sind Molycorp, Lynas und Avalon Rare Metals am stärksten in dem
Index gewichtet.
Crashkurs Rohstoffe.indb 179 19.07.2011 15:57:02
Crashkurs Rohstoffe / 180
Molycorp – Rückkehr des Marktführers von einst
Molycorp (WKN A1C 2G7) will – wie oben erwähnt – ab 2012 in der
Mountain-Pass-Mine wieder Seltene Erden produzieren. Der Konzern
geht von einer Jahresproduktion von 20.000 Tonnen aus. Damit würde
Molycorp auf Anhieb in die Riege der Top-Produzenten aufsteigen.
Das Geld dafür hat sich Molycorp nicht zuletzt durch den Börsengang
im Sommer 2010 gesichert. Die Aktien kamen zu 14 Dollar an den Markt
und damit noch unter der Preisspanne von 15 bis 17 Dollar. Zu Beginn
sah alles nach einem Flop aus, die Aktie von Molycorp gab am ersten
Handelstag auf nur noch etwas mehr als zwölf Dollar nach. Doch die
Kürzung der Exportquoten durch China rückte das Papier schnell wie-
der in den Fokus der Anleger und die Aktie entwickelte sich zu einem der
Überflieger im Jahr 2010.
Um die Mine wieder in Produktion heben zu können, muss Molycorp
rund 530 Millionen Dollar investieren. Neben dem Geld aus dem Bör-
sengang ist der Konzern auch für Kooperationen offen. Ende 2010 wur-
de bekannt, dass sich der japanische Konzern Sumitomo bei Molycorp
engagiert hat. Von einer Investitionssumme von 120 Millionen Dollar
war die Rede. Für die japanische Auto- und Hightech-Industrie sind Sel-
tene Erden von zentraler Bedeutung. Schon länger ist klar, dass sich Ja-
pan in diesem Bereich nicht mehr nur auf die Exporte aus China verlas-
sen möchte.
Andererseits befindet sich Molycorp selbst auf Einkaufstour. Der Kon-
zern akquirierte im Frühjahr 2011 Santoku American, einen Hersteller
von Seltene-Erden-Legierungen und Metallen. Damit kann Molycorp
mit der Produktion und dem Vertrieb von Seltene-Erden-Legierungen
für die Herstellung von Neodym-Eisen-Bor-Magneten für den Bau von
Elektro- und Hybridfahrzeugen sowie Windturbinen beginnen.
Crashkurs Rohstoffe.indb 180 19.07.2011 15:57:02
181 / Seltene Metalle Seltene Erden
Bei der aktuellen Bewertung von Molycorp mit 5,57 Milliarden Dol-
lar sind bereits beträchtliche Vorschusslorbeeren im Kurs enthalten.
Letztlich ist ein Investment in den Wert eine Wette darauf, dass es nicht
wieder zu Umweltproblemen kommen wird. Der Konzern hat ein neues
System zur Wasserreinigung installiert. Ob damit allerdings auch der
unkontrollierte Austritt von kontaminiertem Wasser verhindert wer-
den kann, bleibt abzuwarten.
Lynas – australischer Hoffnungsträger
Mit Lynas (WKN 871 899) setzen Anleger auf den wohl aussichts-
reichsten Konzern in Sachen Seltene Erden außerhalb Chinas. Allerdings
war dies nicht immer so. 2008 sah es schlecht aus, eine Finanzierung
konnte nicht auf die Beine gestellt und die Arbeiten mussten vorüber-
gehend eingestellt werden.
Doch das Blatt hat sich gewendet. Lynas hat Kapitalmittel von rund 450
Millionen Australische Dollar auf dem Kapitalmarkt aufgenommen. Der
Molycorp in US-Dollar
2010 Sep Okt Nov Dez 2011 Feb Mär Apr Mai
20
10
40
60
80
Abb. 5.0
Crashkurs Rohstoffe.indb 181 19.07.2011 15:57:03
Crashkurs Rohstoffe / 182
Konzern baut gerade seine Anlage zur Herstellung eines Seltene-Erde-
Konzentrats auf dem Mount-Weld-Projekt. In diesem Projekt sehen einige
Experten bereits das größte Seltene-Erden-Vorkommen außerhalb Chinas.
Das aktuell bekannte Vorkommen wird auf rund 1,4 Millionen Ton-
nen SEO geschätzt. Der durchschnittliche Gehalt an Seltenen Erden
liegt bei etwa acht Prozent. Die Produktion soll im dritten Quartal
2011 starten. Bei Lynas rechnet man zunächst mit einer Produktion
von 11.000 Tonnen, im Jahr 2012 soll sich die Kapazität bereits auf
22.000 Tonnen verdoppeln.
Der Vorteil der Australier: Sie haben bereits Abnahmeverträge abge-
schlossen, die ihnen genügend Planungssicherheit geben. Alleine die
japanische Sojitz Corporation hat einen Vertrag mit Lynas über die Ab-
nahme von 80.000 bis 90.000 Tonnen Seltene Erden in den kommen-
den zehn Jahren abgeschlossen. Erreicht Lynas tatsächlich eine Pro-
duktion von 22.000 Tonnen – was mehr als zehn Prozent der weltweiten
Produktion an Seltenen Erden entsprechen würde –, sind bereits rund 40
Prozent nach Japan verkauft.
2007 2008 2009 2010 2011
1
0,5
0,2
0,1
2
3
Lynas in Australische Dollar
Abb. 5.1
Crashkurs Rohstoffe.indb 182 19.07.2011 15:57:03
183 / Seltene Metalle Seltene Erden
China Rare Earth Holdings – direkt in China investieren
Mit China Rare Earth Holdings (CRE) (WKN 590 363) können Anle-
ger auf einen größeren Player setzen. Immerhin erwirtschaftete der
Konzern 2009 bei einem Umsatz von 1,2 Milliarden Hongkong-Dollar
einen Nettogewinn von 85 Millionen Hongkong-Dollar.
CRE produziert rund 6.500 Tonnen SEO. Ein Großteil davon wird ins
Ausland verkauft. Anleger sollten bei chinesischen Produzenten Ex-
portbeschränkungen und gestiegene Umweltstandards im Auge behal-
ten. Erstere könnten CRE dazu zwingen, mehr Seltene Erden in China
zu verkaufen. Zwar ist der Markt für Seltene Erden nicht transparent,
allerdings dürften in China keine so hohen Preise bezahlt werden wie
bei Exporten. Die höheren Umweltstandards könnten die Produkti-
onskosten in die Höhe treiben und den Gewinn mindern. Allerdings
hat der Konzern ein weiteres Standbein: Er produziert 100.000 Tonnen
fertige Produkte wie Poliermittel und hitzebeständige Keramik.
2007 2008 2009 2010 2011
1
0,5
2
3
4
5
China Rare Earth in Hongkong-Dollar
Abb. 5.2
Crashkurs Rohstoffe.indb 183 19.07.2011 15:57:03
Crashkurs Rohstoffe / 184
Tantal und Niob In der Industrie schätzt man die Eigenschaft von Tantal, elektrische
Energie speichern und abgeben zu können. Kondensatoren können
dank dieses Metalls sehr klein gehalten werden. Das Metall besitzt einen
außergewöhnlich hohen Schmelzpunkt von circa 3.000 Grad Celsius
und ist höchst korrosionsbeständig. Es wird von der Elektroindustrie
überall dort eingesetzt, wo Designer Funktionalität in immer kleiner
werdende Geräte packen müssen. Ein typisches Anwendungsbeispiel
für Tantal sind Handys. Daneben nutzt aber auch die Spieleindustrie
oder die Autoindustrie, beispielsweise bei Antiblockiersystemen oder
Antriebsschlupfregelungen, Tantal-Kondensatoren. Ein weiteres Ein-
satzgebiet von Tantal ist die Medizin. Dort wird das grauweiße Metall
unter anderem für Stents zur Erweiterung von Blutgefäßen eingesetzt.
Aber auch als Gelenkteil kommt Tantal zum Einsatz, da es mit der Kno-
chensubstanz verwächst und keine Abstoßreaktion auslöst.
Tantalerze wie Tantalith, Mikrolith und Wodginith werden hauptsäch-
lich in Australien, Kanada, Brasilien und Zentralafrika gewonnen. Doch
gerade die Förderung in Zentralafrika geriet in die Kritik. Im Kongo bei-
spielsweise baut man das Mineral Coltan ab, das sich aus Columbit
(Niob) und Tantalit (Tantal) zusammensetzt. Einige der Minen werden
von sogenannten Warlords kontrolliert. Dort müssen unter anderem
Kinder das Tantalerz für einen Hungerlohn abbauen. Die Einnahmen
wurden wiederum dazu verwendet, die Milizen zu finanzieren. Zum
anderen geht der Coltan-Abbau einher mit dem Aussterben der Gorillas
im Ostkongo. Großkonzerne wollen nicht mit diesem Tantal in Ver-
bindung gebracht werden. Die Herkunft dürfte daher in Zukunft eine
entscheidende Rolle spielen. Das Tantalum-Niobium International
Study Center hat seine Mitglieder dazu aufgerufen, dafür zu sorgen,
dass das Rohmaterial aus rechtmäßigen Quellen bezogen wird.
Crashkurs Rohstoffe.indb 184 19.07.2011 15:57:03
185 / Seltene Metalle Tantal und Niob
Der derzeit größte Tantalproduzent sitzt in Australien: Global Ad-
vanced Metals, einigen vielleicht noch unter dem Namen Talison Mi-
nerals bekannt. Der Konzern produziert zwischen 25 und 35 Prozent
des weltweiten Bedarfs an Tantal, was ungefähr 1,4 Millionen amerika-
nischen Pfund entspricht.
Exkurs Niob
Wie bereits erwähnt ist mit dem Tantal-Abbau ein weiteres Metall eng
verbunden: Niob. Es ist hitzebeständig, zeichnet sich durch eine hohe
Wärmeleitfähigkeit aus, ist elastisch und korrosionsbeständig. Niob
wird sowohl in der Elektronik, der Chemie, aber auch in der Medizin
und der Luft- und Raumfahrtindustrie verwendet. Dabei wird Niob zur
Herstellung von rostfreiem Stahl verwendet, der überall dort zum Ein-
satz kommt, wo Ingenieure ein hohes Festigkeits-Gewichts-Verhältnis
benötigen. Weltweit wird der Bedarf an Niob auf rund 81,6 Millionen
Kilogramm pro Jahr geschätzt.
Rund 85 Prozent des weltweiten Niob-Bedarfs wird durch drei Minen
gedeckt: Die größte befindet sich in Brasilien und wird durch Compan-
hia Brasileira de Metalurgia e Mineração (CBMM) betrieben. Ebenfalls
in Brasilien ist Mineração Catalão de Goiás mit einer Mine aktiv. Die
dritte im Bunde ist in Kanada beheimatet und befindet sich im gemein-
samen Besitz von Iamgold und Mazarin.
Investieren in Tantal
Auch wenn viele Experten bei Tantal in den kommenden Jahren einen
Engpass erwarten, ist es nicht ganz einfach, in Tantal zu investieren.
Tantal wird nicht als Rohstoff an der Börse gehandelt. Bei Tantal werden
die Preise direkt zwischen Produzenten und Abnehmern ausgehandelt.
Crashkurs Rohstoffe.indb 185 19.07.2011 15:57:03
Crashkurs Rohstoffe / 186
Auch wenn es keine genauen Preisangaben gibt, gehen verlässliche Schät-
zungen davon aus, dass der Tantalpreis in den vergangenen 20 Jahren
rund acht bis zwölf Prozent jährlich zugelegt hat.
Der größte Tantalproduzent selbst ist nicht börsennotiert, weshalb
Anleger auf kleinere Explorer ausweichen müssen. Als aussichtsreich gilt
dabei der kanadische Konzern Commerce Resources (WKN A0J 2QE).
Das Unternehmen verfügt über zwei vielversprechende Liegenschaften.
Der Vorstand hat sich zum Ziel gesetzt, das Blue-River-Projekt in den
kommenden Jahren in Produktion zu heben. Dabei könnte Commerce
Resources sogar zum Marktführer bei Tantal aufsteigen. Bei weiter an-
ziehenden Tantalpreisen würde sich eine sehr gute Perspektive für den
Konzern ergeben. Durch die Einnahmen könnte auch das zweite Projekt
zügig in Produktion gehen: das Eldor-Projekt. Dort stieß Commerce
Resources auf eine unerwartet hohe Konzentration an sowohl leich-
ten als auch schweren Seltenen Erden. Es handelt sich um eine große,
oberflächennahe Zone an Seltene-Erden-Mineralisierung. Der Kon-
zern will mit weiteren Bohrungen den genauen Umfang sicherstellen.
Commerce Resources in Kanadische Dollar
2007 2008 2009 2010 2011
0,5
0,25
0,1
1,0
1,5
2,0
Abb. 5.3
Crashkurs Rohstoffe.indb 186 19.07.2011 15:57:04
187 / Seltene Metalle Molybdän
MolybdänSehr hart und sehr zäh – durch diese Eigenschaften zeichnet sich das
silbrigweiße Metall Molybdän aus. Es kann nicht von Säuren zersetzt
werden und wird daher bevorzugt zur Herstellung von säurebestän-
digen Edelstählen und Nickelwerkstoffen verwendet. Auch in der Flug-
zeug- und Ölindustrie kommt Molybdän vermehrt zum Einsatz. Rund
zwei Drittel des produzierten Molybdäns werden zur Erzeugung von
Metalllegierungen verwendet.
Da Molybdän vor allem als Legierung im Stahlbereich verwendet
wird, hängt die Preisentwicklung von der Entwicklung der Nachfrage
nach Edelstahl ab. Grundsätzlich befindet sich die Nachfrage nach Mo-
lybdän jedoch auf dem Vormarsch. Seit 1960 ist der Molybdänver-
brauch um 500 Prozent gestiegen. Das hat dazu geführt, dass die Preise
für das Metall explodiert sind. Allein im Zeitraum von 2000 bis 2005
hat sich der Preis fast verzehnfacht – nur um dann im Zuge der Finanz-
krise von über 30 Dollar je Pfund auf unter zehn Dollar je Pfund ein-
zubrechen. Doch mit der gestiegenen Nachfrage nach Stahl hat sich
auch der Molybdänpreis wieder erholt. Experten gehen davon aus, dass
es bis 2014 ein Defizit bei Molybdänoxid geben wird. Aufgrund der
eingebrochenen Preise hätten viele Unternehmen die Erweiterung von
Projekten zur Förderung des Metalls verschoben. Ohnehin wird Mo-
lybdän meist nur als Nebenprodukt bei der Förderung von anderen
Rohstoffen, meist Kupfer, gewonnen. Ein Ausbau der Kapazitäten ist
daher nicht ohne Weiteres möglich. Ein drohendes Defizit und die wie-
der anziehende Nachfrage könnten nach Ansicht von Marktbeobachtern
dazu führen, dass sich der Preis von Molybdän wieder in Richtung der
40 Dollar-Marke bewegt.
Der mit Abstand größte Produzent von Molybdän ist China, gefolgt
von den USA und Chile. Das Reich der Mitte verfügt nach Angaben des
Crashkurs Rohstoffe.indb 187 19.07.2011 15:57:04
Crashkurs Rohstoffe / 188
U.S. Geological Survey mit 4.300 Millionen Tonnen auch über die größ-
ten Reserven des Rohstoffs.
Investieren in Molybdän
Molybdän selbst wird nicht an der Börse gehandelt. Anleger können nur
auf Unternehmen setzen, die Molybdän produzieren. Wie bereits er-
wähnt fällt Molybdän als Nebenprodukt bei der Produktion von Kupfer
an – allerdings nur zu 0,01 bis 0,03 Prozent. Dennoch stammen rund 60
Prozent des weltweit produzierten Molybdäns von Kupferproduzenten.
Einer der derzeit größten börsennotierte Molybdänproduzenten ist
Thompson Creek Metals (WKN A0M R6Q). Der Konzern hat zwei
große Molybdänminen in Produktion. Mit der Thompson-Creek-Mine
besitzt der Konzern die viertgrößte Molybdänmine weltweit. Zusätz-
lich betreibt der Konzern mit dem japanischen Konzern Sojitz Corpora-
tion die Endako-Mine in British Columbia, Kanada. Die Mine sollte
eigentlich 2008 erweitert werden, doch der Nachfrageeinbruch durch
2007 2008 2009 2010 2011
10
5
2
20
30
ThompsonCreek Metals in US-Dollar
Abb. 5.4
Crashkurs Rohstoffe.indb 188 19.07.2011 15:57:04
189 / Seltene Metalle Molybdän
die Finanzkrise machte dem Unternehmen einen Strich durch die
Rechnung. Im August 2009 wurden die Pläne wieder aufgegriffen.
Die Erweiterung soll Ende 2011 abgeschlossen sein.
Nach dem Einbruch bei den Umsätzen durch die Finanzkrise erholte
sich das Geschäft von Thompson Creek 2010 wieder. Die Molybdän-
produktion kletterte 2010 sogar auf einen Rekordwert von 32,6 Millio-
nen Pfund – eine Steigerung von 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Crashkurs Rohstoffe.indb 189 19.07.2011 15:57:04
Crashkurs Rohstoffe.indb 190 19.07.2011 15:57:04
191 / Agrarrohstoffe
Agrarrohstoffe
Kapitel 6
Crashkurs Rohstoffe.indb 191 19.07.2011 15:57:04
Crashkurs Rohstoffe / 192
Die Gruppe der Agrarrohstoffe beziehungsweise Soft Commodities
ist bei Anlegern noch nicht so bekannt wie beispielsweise Edelmetalle
oder Energierohstoffe. Doch gibt es insbesondere dort enorme Chan-
cen. So erwartet unter anderem die Investmentlegende Jim Rogers in
den kommenden Jahren einen großen Boom bei Agrarrohstoffen.
Agrarrohstoffe sind Rohstoffe, die nachwachsen und im Gegensatz
zu beispielsweise Edelmetallen nicht in Minen gefördert werden. Zur
Gruppe der Agrarrohstoffe zählen unter anderem Weizen, Mais, Soja-
bohnen, Zucker, Baumwolle, Kaffee, Kakao, Orangensaft, Reis, Hafer
und Holz. Außerdem soll im Rahmen dieses Kapitels auch auf die
Viehwirtschaft, also Lebendrind, Mastrind und Mageres Schwein,
kurz eingegangen werden.
Viele Faktoren beeinflussen die KurseSchon bei den weitläufig bekannten Rohstoffen wie Gold oder Öl ist
die Entwicklung nicht ohne Weiteres prognostizierbar. Bei Agrarroh-
stoffen gestaltet sich dies aufgrund vieler Sonderfaktoren noch schwie-
riger. Dazu zählen insbesondere die klimatischen Bedingungen wie
starke Stürme, ergiebige Regenfälle oder lange Dürreperioden, deren
Auswirkungen in der Landwirtschaft besonders deutlich zu spüren
sind. Aber auch Schädlinge oder Seuchen stellen unvorhersehbare Ge-
fahren dar. Zudem nimmt die Politik unter anderem durch Subventi-
onen, Handelssanktionen oder spezielle Fördermaßnahmen wie bei-
spielsweise für Biosprit zum Teil erheblichen Einfluss auf den Agrar-
rohstoffmarkt.
Entscheidend für die Preisgestaltung ist die Entwicklung von Ange-
bot und Nachfrage. Hier klafft die Lücke zwischen steigender Nachfra-
ge und begrenztem Angebot an neuer Ackerfläche immer weiter ausei-
nander. Der wichtigste Wachstumstreiber auf Seiten der Nachfrage ist
Crashkurs Rohstoffe.indb 192 19.07.2011 15:57:04
193 / Agrarrohstoffe
die enorm steigende Weltbevölkerung. Schätzungen der UNO zufolge
wird die Bevölkerung von knapp sieben Milliarden Menschen im
Jahr 2010 auf neun Milliarden bis 2050 wachsen.
Aber auch andere Entwicklungen führen zu einer weiter steigenden
Nachfrage in dem Sektor. So spielt der wachsende Wohlstand allen vo-
ran in den Ländern des asiatischen Raumes eine immer größere Rolle.
China verliert in diesem Bereich zunehmend seine Rolle als Exporteur
und tritt stattdessen als Nachfrager auf. Nicht nur Agrarrohstoffe wie
Weizen oder Mais werden verstärkt nachgefragt, auch Fleisch wird im-
mer beliebter. Dies wirkt sich auf die Getreideproduktion aus, denn die
Tiere benötigen große Mengen Getreide als Futter. Um ein Kilogramm
Fleisch zu erzeugen, müssen sieben bis 16 Kilogramm Getreide oder
Sojabohnen und zudem noch Tausende Liter Wasser eingesetzt werden
(siehe auch Kapitel 7).
Agrarrohstoffe sind aber nicht nur wichtige Grundnahrungsmittel,
sondern sie dienen auch zur Herstellung von Biokraftstoff, und dessen
Nachfrageentwicklung für Agrarprodukte
1960 1970 1980 1990 2000 2010
0,0
0,6
0,8
0,2
0,4
1,0
1,6
1,8
1,2
1,4
2,0
2,6
2,2
2,4
in M
illia
rden
Ton
nen
Nahrungsmittel
Futtermittel
Biokraftstoffe
Abb. 6.0
Quelle: USDA, Goldman Sachs Commodities Research
Crashkurs Rohstoffe.indb 193 19.07.2011 15:57:04
Crashkurs Rohstoffe / 194
Verbrauch nimmt stetig zu. So prognostiziert die UNO-Landwirt-
schaftsorganisation FAO, dass im Vergleich zu 2010 die globale Etha-
nolproduktion bis 2019 um rund 60 Prozent zunehmen wird. Für Bio-
diesel wird sogar eine Verdopplung der bisherigen Produktionsmenge
erwartet. Gleichzeitig ist aber neues Ackerland begrenzt. So dürfte die
Ackerfläche pro Kopf Expertenschätzungen zufolge von 0,56 Hektar
im Jahr 1950 auf 0,15 Hektar im Jahr 2050 zurückgehen.
Entwicklung der Ackerfläche pro Kopf
Kostbarer Boden
Die weltweit zur Verfügung stehendeAckerfläche verkleinert sich von
60 %auf nur noch
20%einesFußballplatzespro Kopf
1500 m22300 m25600 m2
Ackerflächepro Kopf:
1950
2000 Prognose
2050
Weltbevölkerung: 2,5 Mrd. 6,1 Mrd. 9,1 Mrd.
Abb. 6.1
Quelle: Agrarius
Crashkurs Rohstoffe.indb 194 19.07.2011 15:57:05
195 / Agrarrohstoffe Mais
Die verschiedenen Agrarrohstoffe
Mais
Mais ist der meistproduzierte Agrarrohstoff der Welt. Im Erntejahr
2009/2010 wurde eine Rekordernte von mehr als 800 Millionen Ton-
nen erzielt. Der mit Abstand größte Maisproduzent waren mit einem
Anteil von gut 40 Prozent an der Weltproduktion die USA, gefolgt von
China mit rund 19 Prozent.
Gleichzeitig stieg der Verbrauch aber ebenfalls deutlich auf über 800
Millionen Tonnen an. Seit der Jahrtausendwende ist der Maisbedarf da-
mit um mehr als ein Drittel gestiegen. Mais wird in erster Linie als
Futtermittel in der Tierzucht verwendet, aber auch in Lebensmitteln,
Abb. 6.2: Weltproduktion Mais 2009/10
19,2 %6,9 %
41,2 %
16,8 %
6,7 %
2,8 %2,6 %2,1 %1,7 %
41,2 % USA
19,2 % China
6,9 % EU-27
6,7 % Brasilien
2,8 % Argentinien
2,6 % Mexiko
2,1 % Indien
1,7 % Südafrika
16,8 % Sonstige
Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities
Crashkurs Rohstoffe.indb 195 19.07.2011 15:57:05
Crashkurs Rohstoffe / 196
Medikamenten, Kosmetika und Reinigungsmitteln kommt das Getrei-
de zum Einsatz. Zudem wird ein immer größerer Teil der Maisernte
zur Ethanolgewinnung verwendet. Hier macht sich der Anstieg des Öl-
preises bemerkbar, der die Beimischung von Ethanol noch lukrativer
macht. Waren es im Jahr 2005 zwölf Prozent der US-Ernte, die zur
Treibstoffherstellung verwendet wurden, kletterte der Anteil 2010 be-
reits auf rund 35 Prozent. Die Nachfrage von dieser Seite stieg zuletzt
außerdem, da die USA und Deutschland im Jahr 2010 die Obergrenze
für den Ethanolanteil im Benzin erhöht haben. In den USA darf Kraft-
stoff seitdem bis zu 15 Prozent (vorher: zehn Prozent), in Deutschland
bis zu zehn Prozent (vorher: fünf Prozent) Ethanol beigemischt werden.
In den vergangenen Monaten konnte der Maispreis hohe Gewinne
verzeichnen. Die Notierung befindet sich bereits wieder auf dem Re-
kordniveau, das vor der Finanzkrise im Jahr 2008 erreicht wurde. Ein
Grund dafür sind unter anderem die enorm niedrigen US-Lagerbe-
stände. Damit steigt das Risiko, dass es bei möglichen Ernteausfällen
zu einem Engpass kommen könnte.
Mais in US-Cent
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
200
300
400
500
600
700
800
Abb. 6.3
Crashkurs Rohstoffe.indb 196 19.07.2011 15:57:05
197 / Agrarrohstoffe Weizen
Der wichtigste Handelsplatz für Mais ist die Chicago Board of Trade
(CBOT). Gehandelt werden die Maiskontrakte in US-Cent je Scheffel
(1 Scheffel Mais = 25,4012 Kilogramm). Infolge der gesetzlichen Ein-
führung stärkerer Kontrollen an den Rohstoffmärkten darf die Notie-
rung nur noch um maximal 30 Cent im Vergleich zum Settlement-
Preis des Vortages zulegen oder verlieren. Unter bestimmten Vorausset-
zungen kann das Limit auf 70 Cent je Scheffel ausgeweitet werden.
Weizen
Rang 2 unter den meistproduzierten Agrarrohstoffen nimmt Weizen
mit einer 2009/10er-Jahresproduktion von knapp 700 Millionen Ton-
nen ein. Die wichtigsten Exporteure sind die EU-27-Staaten, China
und Indien, die knapp die Hälfte liefern. Zusammen mit Russland und
den USA stellen sie sogar rund zwei Drittel des gesamten Exportauf-
kommens.
Abb. 6.4: Weltproduktion Weizen 2009/10
9,1 %11,9 %
16,9 %
20,3 %
8,9 %
3,3 %
3,9 %3,5 %
22,2 %
20,3 % EU-27
16,9 % China
11,9 % Indien
9,1 % Russland
8,9 % USA
3,9 % Kanada
3,5 % Pakistan
3,3 % Australien
22,2 % Sonstige
Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities
Crashkurs Rohstoffe.indb 197 19.07.2011 15:57:05
Crashkurs Rohstoffe / 198
Weizen deckt rund ein Fünftel des Kalorienbedarfs der Weltbevölke-
rung. Außerdem ist das Getreide ein wichtiges Futtermittel in der Vieh-
wirtschaft. Es wird aber auch für die Herstellung von Biokraftstoffen
verwendet und profitiert damit von hohen Rohölpreisen.
Ende der 1990er-Jahre verharrte der Weizenpreis auf sehr niedrigem
Niveau, weswegen damals Teile der Anbauflächen für Weizen stillge-
legt wurden und sich das Angebot somit verringerte. Unter anderem
das wachsende Interesse aus Asien und die höhere Nachfrage nach Bio-
kraftstoffen haben in der Folge dazu beigetragen, dass die Notierung
deutlich anzog und 2008 der bisherige Rekordstand markiert wurde.
Im Zuge der Wirtschaftskrise ist der Weizenpreis zwischenzeitlich deut-
lich eingebrochen, konnte sich aber insbesondere durch das Exportver-
bot Russlands infolge der langen Dürre im Jahr 2010 wieder deutlich
erholen.
Je nach Aussaatzeitpunkt und nach den klimatischen Bedingungen
wird zwischen mehreren Weizenarten unterscheiden. Die beiden wich-
tigsten sind der Soft Red Winter Wheat oder auch Chicago-Weizen
Weizen in US-Cent
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
200
400
600
800
1.000
1.200
1.400
Abb. 6.5
Crashkurs Rohstoffe.indb 198 19.07.2011 15:57:06
199 / Agrarrohstoffe Sojabohnen
und der Hard Red Winter Wheat, auch als Kansas-Weizen bekannt.
Der „rote, weiche Winterweizen“ wird an der CBOT (Chicago Board of
Trade) und der „rote, harte Winterweizen“ an der KCBT (Kansas City
Board of Trade) gehandelt. Die Weizen-Futures notieren in US-Cent je
Scheffel, wobei ein Scheffel Weizen 27,2155 Kilogramm entspricht.
Die maximale Schwankungsbreite zum Settlement-Preis des Vortages
wurde auf 60 Cent je Scheffel festgelegt, kann aber bis auf 135 Cent
erhöht werden.
Sojabohnen
Sojabohnen sind der wichtigste pflanzliche Protein- und Öllieferant
der Welt. Sie bestehen zu rund 40 Prozent aus Eiweiß und zu etwa 20 Pro-
zent aus pflanzlichem Fett und kommen in verschiedenen Bereichen
zum Einsatz. So werden sie zur Herstellung zahlreicher Lebensmittel
wie Babynahrung, Tofu oder Sojamilch verwendet. Auch als Futter-
mittel für die Vieh- und Fischwirtschaft haben Sojabohnen eine große
Sojabohnen in US-Cent
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
400
600
800
1.000
1.200
1.400
1.600
Abb. 6.6
Crashkurs Rohstoffe.indb 199 19.07.2011 15:57:06
Crashkurs Rohstoffe / 200
Bedeutung. Insbesondere Asien hat in diesem Zusammenhang seine So-
jaimporte immens gesteigert. Seit 1994 hat China seine Einfuhren von
nahezu null auf mittlerweile rund 50 Millionen Tonnen pro Jahr dras-
tisch erhöht. Zum Einsatz kommen Sojabohnen auch in einer Reihe
von industriellen Anwendungen, unter anderem in Schmiermitteln,
Farben, Klebstoffen und insbesondere Biodiesel.
Kein Wunder, dass der Sojabohnenanbau seit Jahren immer beliebter
wird. Zwar macht die Produktion insgesamt nicht mal ein Drittel der
globalen Maisproduktion aus, doch steigt die Menge mit rasanter Ge-
schwindigkeit an. Seit Mitte der 1980er-Jahre hat sich die Sojabohnen-
produktion mehr als vervierfacht. Die USA ist mit einem Anteil von 35
Prozent der weltweit größte Lieferant von Sojabohnen. Zusammen mit
den Nummern 2 und 3, Brasilien (27 Prozent) und Argentinien (21 Pro-
zent) dominieren diese drei Länder mit mehr als 80 Prozent Anteil die
Weltmarktproduktion.
Abb. 6.7: Weltproduktion Sojabohnen 2009/10
26,5 %
35,2 %
21,0 %
5,7 %
35,2 % USA
26,5 % Brasilien
21,0 % Argentinien
5,7 % China
3,4 % Indien
2,8 % Paraguay
1,3 % Kanada
4,1 % Sonstige
Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities
3,4 %
2,8 %
1,3 %4,1 %
Crashkurs Rohstoffe.indb 200 19.07.2011 15:57:06
201 / Agrarrohstoffe Zucker
Der wichtigste Handelsplatz für Sojabohnen ist die CBOT. Die Preisno-
tierung erfolgt in US-Cent je Scheffel (1 Scheffel Sojabohnen = 27,2155
Kilogramm). Der Preis darf nach den jüngsten Reglementierungen maxi-
mal um 70 Cent im Vergleich zum Schlusskurs des Vortages schwanken.
Maximal kann diese Grenze auf 160 Cent je Scheffel angehoben werden.
Zucker
Der Zuckerpreis hat viele Höhen und Tiefen erlebt. So erreichte die
Notierung im Jahr 1967 Tiefpreise von nur einem Cent je Pound
(Englisches Pfund; 1 Pound entspricht 0,453592 Kilogramm). Bereits
wenige Jahre später, Mitte der 1970er-Jahre, erreichte der Zuckerpreis
hingegen neue Rekordhöhen von 40 Cent. Auch heutzutage setzt sich
dieses Auf und Ab fort. Notierte Zucker 2004 noch unter sechs Cent,
erreichte er Anfang 2011 bereits wieder mehr als 35 Cent und konnte sich
somit insbesondere infolge von starken Dürreperioden in Asien in etwa
versechsfachen.
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
5
10
15
20
25
30
35
Zucker in US-Cent
Abb. 6.8
Crashkurs Rohstoffe.indb 201 19.07.2011 15:57:06
Crashkurs Rohstoffe / 202
Zucker wird aus Zuckerrohr und aus der Zuckerrübe gewonnen, die
in jeweils unterschiedlichen Anbaugebieten wachsen. Während Zucker-
rohr in erster Linie in tropischen Gegenden angebaut wird, werden Zu-
ckerrüben in ganz Mitteleuropa angepflanzt. Allerdings stammt nur
rund ein Fünftel der weltweiten Produktion aus dem Zuckerrübenan-
bau, der Löwenanteil wird aus Zuckerrohr gewonnen. Der mit einem
Anteil von rund 30 Prozent größte Zuckerproduzent ist mit großem
Abstand Brasilien. Seit Anfang der 1990er-Jahre hat das Land seinen
Zuckerausstoß vervierfacht. Weitere bedeutende Produzenten sind In-
dien und China, die zusammen für rund ein Viertel der globalen Zu-
ckerförderung verantwortlich zeichnen. Allerdings produzieren diese
nur für den Eigenbedarf und mussten zuletzt sogar Zucker am Welt-
markt zukaufen.
Während Zucker in den Industriestaaten vermehrt durch Süßstoff
ersetzt wird, steigt der Verbrauch in Asien im Zuge des wachsenden
in Millionen Tonnen
USA: 6,8
Brasilien: 38,2
Indien: 16,0
China: 13,5
Thailand: 7,5
Die größten Zuckerproduzenten 2008/09
EU-27-Staaten: 15,2
Abb. 6.9
Quelle: OECD/FAO
Crashkurs Rohstoffe.indb 202 19.07.2011 15:57:06
203 / Agrarrohstoffe Baumwolle
Wohlstands hingegen stetig. Zucker wird aber nicht nur in der Lebens-
mittelindustrie zur Geschmacksverbesserung oder als Konservie-
rungsmittel verwendet, sondern auch bei der Herstellung von Penicil-
lin und insbesondere von Ethanol. So wurde 2009 rund ein Fünftel der
weltweiten Zuckerernte für die Herstellung von Biosprit verwendet.
Experten erwarten, dass dieser Anteil bis zum Jahr 2019 sogar auf rund
ein Drittel ansteigen wird.
Zucker wird an mehreren Börsen und in unterschiedlichen Klassifi-
zierungen gehandelt. Der bedeutendste Kontrakt ist der an der Inter-
continental Exchange (ICE), vormals New York Board of Trade (NY-
BOT), gehandelte Zucker Nr. 11, der sich auf Rohrzucker bezieht. Die
Notierung erfolgt in US-Cent je Pound.
Baumwolle
Baumwolle ist einer der wichtigsten Rohstoffe für die Textilindustrie.
Nahezu die Hälfte der weltweiten Produktion wird dafür verwendet.
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
50
25
100
150
200
250
Baumwolle in US-Cent
Abb. 6.10
Crashkurs Rohstoffe.indb 203 19.07.2011 15:57:07
Crashkurs Rohstoffe / 204
Der Preis für Baumwolle wird derzeit insbesondere durch den wach-
senden Bedarf der asiatischen Märkte angetrieben. Zudem profitiert
die Notierung vom steigenden Ölpreis, da dieser synthetische Fasern
teurer und Baumwolle damit attraktiver macht.
Die größten Baumwollproduzenten sind China mit einem Marktan-
teil von mehr als 30 Prozent im Erntejahr 2009/10, gefolgt von Indien
(23,0 Prozent) und den USA (11,9 Prozent). Im Zuge deutlicher Steige-
rungen der Produktivität, auch unter Nutzung der Gentechnologie,
konnte die jährliche Baumwollproduktion in den vergangenen Jahren
insbesondere in Indien deutlich erhöht werden.
Gehandelt wird Baumwolle seit der Übernahme des New York Board
of Trade (NYBOT) an der Intercontinental Exchange (ICE) in US-Cent
je Pound. Die täglichen Preisschwankungen sind nach oben und unten
mit einem Limit von drei Cent je Pound zum Schlusskurs des Vortages
versehen, eine Erweiterung ist auf bis zu sechs Cent möglich.
Abb. 6.11: Weltproduktion Baumwolle 2009/10
31,8 % China
23,0 % Indien
11,9 % USA
9,4 % Pakistan
5,2 % Brasilien
3,9 % Usbekistan
1,6 % Australien
13,2 % Sonstige
Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities
23,0 %11,9 %
31,8 %5,2 %
9,4 %
1,6 %
13,2 %
3,9 %
Crashkurs Rohstoffe.indb 204 19.07.2011 15:57:07
205 / Agrarrohstoffe Kaffee
Kaffee
Äthiopien gilt als das Ursprungsland des Kaffees. Bis ins 9. Jahrhun-
dert reicht die Tradition des Kaffeeanbaus zurück. Die Bohnen geröstet
und Kaffee getrunken haben hingegen im 14. Jahrhundert erstmals die
Araber, die in der Folge zur Handelsgroßmacht wurden. Heutzutage ist
Kaffee eines der meistkonsumierten Getränke der Welt. Im Zuge des
zunehmenden Wohlstands Chinas und der Verwestlichung des Landes
erwarten Experten, dass in Zukunft immer mehr Chinesen vom tradi-
tionellen Tee auf Kaffee umsteigen und somit zu einer steigenden Nach-
frage nach Kaffee beitragen. Kaffee wird außerdem auch bei der Herstel-
lung von Medikamenten verwendet.
Insgesamt werden vier Kaffeesorten unterschieden: Arabica, Robusta,
Liberica und Excelsa, wobei die beiden letztgenannten eine eher unter-
geordnete Rolle spielen. Die mit einem Weltmarktanteil von rund 60
Prozent wichtigste Sorte ist Arabica. Sie wird vor allem in Mittel- und
Südamerika angebaut und ist milder. Die Nummer 2, die kräftigeren
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
50
100
150
200
250
300
Kaffee in US-Cent
Abb. 6.12
Crashkurs Rohstoffe.indb 205 19.07.2011 15:57:07
Crashkurs Rohstoffe / 206
Robusta-Bohnen, wachsen hingegen überwiegend in Asien und Afrika.
Da die Anbauregionen von Kaffee in Ländern mit zum Teil instabilen
politischen Verhältnissen liegen, unterliegt die Kaffeeproduktion dem er-
höhten Risiko von Streiks oder gar Kriegen. Die größten Kaffeelieferanten
sind Brasilien (Weltmarktanteil 2009/10: 35,7 Prozent), gefolgt von Viet-
nam (13,9 Prozent) und Indonesien (7,3 Prozent), die das klassische Kaf-
feeland Kolumbien (6,5 Prozent) aus den Top 3 verdrängt haben.
Die wichtigste Börse für den Arabica-Handel ist die Intercontinental
Exchange (ICE). Notiert sind die Kontrakte dort in US-Cent je Pound.
Der Haupthandelsplatz für Robusta-Kaffee ist die London Internatio-
nal Financial Futures Exchance (LIFFE) in London. Gehandelt wird
dort in US-Dollar je Tonne.
Kakao
Der Anbau von Kakao erfordert besondere klimatische Bedingungen,
die nur wenige Länder im Umkreis des Äquators bieten. Der mit Ab-
stand wichtigste Kakaolieferant war im Erntejahr 2009/10 die Elfen-
beinküste mit 1,24 Millionen Tonnen Kakaobohnen, was rund einem
Drittel der gesamten Weltproduktion entspricht. Ein weiteres Drittel
steuerten Ghana (632.000 Tonnen) und Indonesien (550.000 Ton-
nen) bei.
Der Kakaopreis wird insbesondere durch die Entwicklung in der El-
fenbeinküste enorm beeinflusst. Immer wieder kommt es dort zu Aus-
schreitungen. Die Kurse sind deswegen sehr volatil. Anfang 2011 ließ
ein Exportverbot des Landes die Preise für Kakao in die Höhe schnel-
len. Aber auch Schädlinge spielen immer wieder eine große Rolle am
Kakaomarkt. Kakao gehört zu den anfälligsten Kulturpflanzen.
Auf der Nachfrageseite spielen die EU-Länder die Hauptrolle. Mehr als
die Hälfte der jährlichen Kakaoernte wird nach Europa importiert.
Crashkurs Rohstoffe.indb 206 19.07.2011 15:57:07
207 / Agrarrohstoffe Kakao
in Tausend Tonnen
Brasilien: 161
Elfenbeinküste:1.242Ghana: 632Nigeria: 240Kamerun: 205
Ecuador: 160Indonesien: 550
Papua-Neu-guinea: 50
Kakaoproduktion 2009/10
Abb. 6.13
Deutlich auf dem Vormarsch befindet sich aber einmal mehr Asien, das
2007 fast dreimal so viele Kakaobohnen importiert hat wie noch zur
Jahrtausendwende. Die wichtigsten Handelsplätze für Kakao sind die
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
1.000
500
2.000
3.000
4.000
Kakao in US-Dollar
Abb. 6.14
Crashkurs Rohstoffe.indb 207 19.07.2011 15:57:08
Crashkurs Rohstoffe / 208
Terminbörsen Intercontinental Exchange (ICE), wo der Future in US-
Cent je Tonne gehandelt wird, und die LIFFE, an der die Notierung
in Britische Pfund erfolgt.
Orangensaft
Orangensaft ist nach Apfelsaft das zweitbeliebteste Fruchtsaftgetränk
der Deutschen. Seit den 1980er-Jahren hat sich der Pro-Kopf-Konsum
hierzulande mehr als verdreifacht. Kein Wunder, dass die Europäische
Union und die USA zu den größten Verbrauchern gehören. Der größte
Produzent von Orangen und Orangensaft ist hingegen mit einem An-
teil von rund einem Drittel Brasilien, gefolgt von den USA, China und
den EU-27-Ländern.
Der Preis für Orangensaft wird in erster Linie von klimatischen Fak-
toren beeinflusst. Insbesondere in Florida, wo rund 75 Prozent der ame-
rikanischen Orangenernte erzeugt werden, haben in der Vergangen-
heit immer wieder Stürme und Hurrikans für Ernteausfälle gesorgt.
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
40
80
120
160
200
Orangensaft in US-Cent
Abb. 6.15
Crashkurs Rohstoffe.indb 208 19.07.2011 15:57:08
209 / Agrarrohstoffe Orangensaft/Reis
Auch Frost und Baumkrankheiten sorgen häufig für geringere Erträge.
Teilweise müssen sogar Zwangsrodungen durchgeführt werden.
Am Terminmarkt wird gefrorenes Orangensaftkonzentrat gehandelt,
das aus dem Orangenanbau gewonnen wird. Wichtigster Handelsplatz
ist die Intercontinental Exchange (ICE). Die Kontrakte notieren in US-
Cent je Pound.
Reis
Reis ist das weltweit wichtigste Grundnahrungsmittel, für die Hälfte
der Weltbevölkerung stellt Reis sogar die Haupternährungsgrundlage
dar. Mehr als 90 Prozent der Jahresproduktion werden für die mensch-
liche Ernährung verwendet, der Rest findet sich in Tierfutter oder als
Saatgut wieder. Der größte Reislieferant der Welt war im Erntejahr
2009/10 mit einem Exportanteil von 31,6 Prozent Thailand, gefolgt
von Vietnam (19,1 Prozent) und den USA (11,5 Prozent). Die größten
Abb. 6.16: Weltexporte Reis 2009/10
19,1 %11,5 %
31,6 %20,6 %
7,3 %2,8 %
2,8 %
2,0 %
31,6 % Thailand
19,1 % Vietnam
11,5 % USA
7,3 % Indien
2,8 % Kambodscha
2,8 % China
2,3 % Uruguay
2,0 % Ägypten
20,6 % Sonstige
Quelle: Commerzbank, CM – Equity Markets & Commodities
2,3 %
Crashkurs Rohstoffe.indb 209 19.07.2011 15:57:08
Crashkurs Rohstoffe / 210
Produzenten sind China, Indien und Indonesien, die aber den Groß-
teil selber konsumieren.
Während der Reispreis noch Anfang des 21. Jahrhunderts weniger als
fünf Dollar betrug, kostete im Frühjahr 2008 ein Zentner Reis fast 25
Dollar. Im Zuge der Finanzkrise kam es allerdings wie bei vielen Roh-
stoffen zu einem massiven Einbruch. Seitdem hinkt die Notierung der
Performance vieler anderer Soft Commodities hinterher. Experten rech-
nen jedoch damit, dass sich dies schon bald ändert. Zum einen befürch-
ten sie, dass die Anbaufläche für Reis im Zuge der höheren Preise für
andere Agrarprodukte abnehmen könnte. Darüber hinaus war die Re-
gion um Fukushima vor der großen Atomkatastrophe 2011 die viert-
größte Anbauregion Japans, wodurch sich das Land selbst mit Reis ver-
sorgen konnte.
Durch die Katastrophe könnte Japan jedoch zu einem bedeutenden
Importeur auf dem Weltmarkt werden. Zudem dürfte die steigende
Weltbevölkerung die Nachfrage nach dem Nahrungsmittel Nummer 1
weiter steigen lassen.
2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
4
8
12
16
20
24
Reis in US-Cent
Abb. 6.17
Crashkurs Rohstoffe.indb 210 19.07.2011 15:57:08
211 / Agrarrohstoffe Viehwirtschaft
Wichtigster Handelsplatz ist das zur CME Group gehörende Chicago
Board of Trade (CBOT). Notiert sind die Kontrakte in US-Cent je Zent-
ner, wobei ein Zentner 45,359 Kilogramm entspricht.
Viehwirtschaft
Ein unbeschriebenes Blatt dürften für die meisten Anleger die Agrar-
rohstoffe der Viehwirtschaft sein. Diese umfasst insbesondere Fleischer-
zeugnisse der Rinder- und Schweinewirtschaft, aber auch Geflügel und
Milchprodukte. Der bedeutendste Handelsplatz ist die Chicago Mer-
cantile Exchange (CME). Dort werden neben Butter oder Milch auch die
liquidesten Viehprodukte Lebendrind, Mastrind und Mageres Schwein
gehandelt.
Als Lebendrind wird das schlachtreife Rind mit einem Durchschnitts-
gewicht von 1.200 Pound (1 englisches Pfund = 0,453592 Kilogramm)
bezeichnet, das unmittelbar für die Fleischproduktion genutzt werden
kann. Größter Produzent mit einem Weltmarktanteil von rund einem
Fünftel sind die USA.
Bei Mastrindern handelt es sich um Jungtiere, deren Aufzucht so weit
fortgeschritten ist, dass sie in speziellen Mastbetrieben auf das endgültige
Schlachtgewicht gebracht werden können. Diese Tiere sind in der Regel
sechs bis zehn Monate alt und wiegen zwischen 600 und 800 Pound.
Als Mageres Schwein gelten schlachtreife Schweine, die etwa ein halbes
Jahr alt sind und ein Gewicht von 220 bis 240 Pound aufweisen. Fast
die Hälfte der weltweiten Produktion von Schweinefleisch wird in Chi-
na generiert.
Die Preisentwicklung von Viehprodukten hängt von vielen Faktoren
ab. So unterliegen sie beispielsweise einer starken Saisonalität und ste-
hen in direktem Zusammenhang mit der Entwicklung der Preise von
Futterprodukten wie Getreide und Soja. Zudem spielen Tierseuchen wie
Crashkurs Rohstoffe.indb 211 19.07.2011 15:57:08
Crashkurs Rohstoffe / 212
Rinderwahn (BSE), die Vogelgrippe oder die Schweinepest eine enor-
me Rolle für die Preise. Da die Fleischsorten als Substitutionsgüter gel-
ten, hat beispielsweise BSE direkten Einf luss auf Mageres Schwein.
Während dadurch weniger Rind nachgefragt wird und die Preise dafür
sinken, wird im Gegenzug mehr Schwein gekauft, wodurch diese No-
tierungen steigen. Zu den nachhaltigsten Marktfaktoren zählen aber
das Wachstum der Weltbevölkerung und insbesondere der zuneh-
mende Wohlstand in den Schwellenländern, was im Normalfall zu
einem Anstieg des Fleischkonsums führt.
Crashkurs Rohstoffe.indb 212 19.07.2011 15:57:08
213 / Agrarrohstoffe Profitieren als Anleger
Profitieren als AnlegerAnleger können am Agrarrohstoffboom auf viele Arten partizipieren.
Der Investor hat die freie Auswahl aus einer großen Palette an verschie-
densten Aktien, Fonds und Zertifikaten. Allerdings muss er sich der
unkalkulierbaren Risiken wie Unwetter, Naturkatastrophen, Epidemien
und Ähnlichem bewusst sein, die zu erheblichen Preisschwankungen
führen können.
AktienVon steigenden Preisen für Agrarrohstoffe profitieren insbesondere die
land- und forstwirtschaftlichen Unternehmen. Aber auch die Herstel-
ler von Düngemitteln, Saatgut und Biotreibstoffen sowie die Produ-
zenten landwirtschaftlicher Maschinen gehören zu den Gewinnern.
Potash (WKN 878 149)
2007 2008 2009 2010 2011
20
10
40
60
80
Potash in US-Dollar
Abb. 6.18
Crashkurs Rohstoffe.indb 213 19.07.2011 15:57:09
Crashkurs Rohstoffe / 214
Die kanadische Potash Corporation of Saskatchewan ist der größte
Düngemittelproduzent der Welt und gleichzeitig das weltgrößte Unter-
nehmen des Agrarsektors. Die Gesellschaft produziert Stickstoffdün-
ger, Phosphate und insbesondere Pottasche (Kalisalz). Dabei profitiert
die Gesellschaft von hohen Getreidepreisen wie beispielsweise im Jahr
2010. Landwirte wollen in diesen Zeiten ihre Erträge durch den Einsatz
von Düngemitteln maximieren. So konnte Potash in 2010 mit 1,8 Mil-
liarden Dollar auch den zweithöchsten Gewinn seiner Geschichte ein-
fahren. Angesichts der hervorragenden Marktstellung ist es nicht ver-
wunderlich, dass Potash auch als Übernahmeziel hochattraktiv ist. So
versuchte 2010 BHP Billiton die Kanadier für 38,5 Milliarden Dollar zu
schlucken, was jedoch abgewehrt wurde.
K+S (WKN 716 200)Übernahmefantasie gibt es auch bei K+S, dem deutschen Pendant zu
Potash. Bei dem Kasseler Unternehmen laufen die Geschäfte glän-
zend. 2010 erzielte K+S ein Umsatzplus von 40 Prozent auf rund fünf
2007 2008 2009 2010 2011
20
40
60
80
100
K+S in Euro
Abb. 6.19
Crashkurs Rohstoffe.indb 214 19.07.2011 15:57:09
215 / Agrarrohstoffe Profitieren als Anleger
Milliarden Euro. Der Jahresüberschuss konnte sogar von 96 auf 449
Millionen Euro vervielfacht werden. Und auch in den folgenden Jahren
will die Gesellschaft weiter zulegen.
Deere & Co (WKN 850 866)Der Boom bei Agrarrohstoffen lässt auch die Geschäfte des US-Land-
maschinenhersteller Deere & Co florieren. Das Unternehmen ist welt-
weit der Marktführer.
Um eine höhere Ausbeute zu erzielen, setzen Landwirte auf immer
modernere Gerätschaften. Zudem profitiert das Unternehmen von
der steigenden Nachfrage in den Schwellenländern. Dies machte
sich auch in den Zahlen des Geschäftsjahres 2010 bemerkbar. Deere
gelang es, im Vergleich zu 2009 den Umsatz um 35 Prozent auf 7,20
Milliarden Dollar zu steigern. Der Nettogewinn kletterte auf 457
Millionen Dollar.
2007 2008 2009 2010 2011
20
40
60
80
100
Deere & Co in US-Dollar
Abb. 6.20
Crashkurs Rohstoffe.indb 215 19.07.2011 15:57:09
Crashkurs Rohstoffe / 216
Fonds und ZertifikateNicht nur am Aktienmarkt, auch im Fonds- und Zertifikatebereich
gibt es eine enorme Auswahl an Produkten, mit denen man am Boom
der Agrarrohstoffe mitverdienen kann. So gibt es mittlerweile auf na-
hezu alle Agrarrohstoffe ETCs, beispielsweise auf Weizen (WKN A0T
7M2), zudem Short- und Leveraged-ETCs. Daneben gibt es Produkte,
die auf einen ganzen Rohstoffkorb setzen: so zum Beispiel der DJ-
UBSCI Agriculture Sub-Index (WKN A0K RKB) von ETF Securities.
Auch der ETF-Sektor hat einige Produkte im Angebot. Die RBS hat
einen ETF (WKN A0M MBJ) auf den RICI Agriculture Index, der in 21
Agrarrohstoffe investiert, im Angebot. Anleger, denen eine Streuung
wichtig ist, setzen auf eine der beiden im Folgenden näher erläuterten
Investmentmöglichkeiten aus dem Fonds- beziehungsweise Zertifi-
katebereich.
DWS Invest Global Agribusiness (WKN DWS 0BU)Die Fondsmanager investieren mit dem DWS Invest Global Agribusi-
ness weltweit in Aktien aus der Agrarindustrie oder solche, die von dieser
profitieren. Anleger haben also die Möglichkeit, ihr Risiko zu streuen
und von der Entwicklung gleich mehrerer Agrarunternehmen zu profi-
tieren. Per Ende März 2011 gehörten zu den größten Einzelwerten des
Fonds Archer Daniels Midland, Syngenta und Bunge. Bei der Länderge-
wichtung haben die USA mit einem Anteil von mehr als einem Drittel
klar die Nase vorn. Bei der Branchenaufteilung setzt das Fondsmanage-
ment derzeit in erster Linie auf die aussichtsreichen Sektoren Agrarpro-
dukte, Düngemittel & Agrochemie und Nahrungsmittel & Fleisch.
HSBC Agrar-Strategie-Zertifikat (WKN TB0 SM0)Mit dem Open-End-Agrarzertifikat von HSBC Trinkaus & Burkhardt
können Anleger von der Entwicklung eines Baskets aus 15 Agrar-
Crashkurs Rohstoffe.indb 216 19.07.2011 15:57:09
217 / Agrarrohstoffe Profitieren als Anleger
Aktien profitieren. Neben Unternehmen aus der Getreide- und Vieh-
wirtschaft berücksichtigt das Papier auch die Fischzucht. Die Zusam-
mensetzung des Aktienkorbs, auf den sich das Zertifikat bezieht, wird
je nach Marktlage von HSBC zweimal jährlich überprüft und gegebe-
nenfalls angepasst. Dadurch kann der Emittent auf veränderte Markt-
bedingungen reagieren. Da das Zertifikat nicht währungsgesichert ist,
sollten Anleger die Entwicklung des Dollarkurses mit im Auge behalten.
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219 / Ein Muss für jedes Depot
Ein Muss für jedes Depot
Kapitel 7
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Crashkurs Rohstoffe / 220
Der Superzyklus bei den Rohstoffen ist in vollem Gange, die Förde-
rung wird immer schwieriger und damit auch kostspieliger und bei eini-
gen Rohstoffen wie beispielsweise Öl ist das Fördermaximum bereits
erreicht oder steht unmittelbar bevor. Fast alle Experten sind sich ei-
nig, dass die Preise für Rohstoffe auf lange Sicht weiter anziehen wer-
den. Allerdings dürfte in den kommenden Monaten und Jahren auch
die Volatilität bei der Preisentwicklung zunehmen. Dabei sollten Anle-
ger ein Auge auf die politische Entwicklung haben: Rohstoffe könnten,
wie im Fall der Seltenen Erden geschehen, als politisches Machtinstru-
ment genutzt werden. Und das gilt auch für einen Rohstoff, der bislang
noch nicht besprochen wurde – und das, obwohl einige Experten davon
ausgehen, dass er letztlich zum wertvollsten Rohstoff des 21. Jahrhun-
derts werden könnte: Wasser.
„Die Kriege der Zukunft werden um Wasser geführt“, prophezeite
schon der ehemalige UN-Generalsekretär Boutros-Ghali. Für Mittel-
europäer klingt das abenteuerlich, doch tatsächlich fürchten Branchen-
kenner, dass in Afrika und im Nahen Osten bereits jetzt wasserarme
Staaten auf die Reservoire ihrer Nachbarn schielen und durchaus bereit
sein könnten, einen Konflikt vom Zaun zu brechen. So verfügen Staaten
wie Jordanien, Singapur oder auch Libyen über keine eigenen Reser-
ven. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Der Nil durchfließt neun afri-
kanische Staaten, doch Ägypten glaubt, dass ihm der Löwenanteil des
Wassers zusteht. Schließlich deckt der Nil 95 Prozent der Wasserversor-
gung des Landes. Als Äthiopien ankündigte, mehr Nilwasser entneh-
men zu wollen, schreckte das die Ägypter auf. Lange Gespräche folgten.
Zwar hat sich die Situation wieder entspannt, doch auf längere Sicht
sind Konflikte vorprogrammiert. Vor allem da auch der Wasserver-
brauch in Ägypten selbst durch die Bevölkerungsexplosion von rund
53 Millionen Menschen im Jahr 1990 auf aktuell mehr als 80 Millionen
dramatisch gestiegen ist.
Crashkurs Rohstoffe.indb 220 19.07.2011 15:57:09
221 / Ein Muss für jedes Depot
Auf den ersten Blick scheint das Thema Wasserknappheit absurd, im-
merhin sind mehr als zwei Drittel der Erdoberfläche von Wasser be-
deckt. Doch tatsächlich sind nur drei Prozent davon genießbares Süß-
wasser und das meiste davon ist in Gletscher- und Poleis gebunden.
Rechnet man dieses heraus, stehen nur 0,65 Prozent unmittelbar in
Seen, Flüssen und als Grundwasser zur Verfügung. Die Vereinten Na-
tionen gehen davon aus, dass rund 900 Millionen Menschen weltweit
keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Noch eine Zahl, die
erstaunt: Weltweit verfügen rund 95 Prozent der Städte nicht über eine
geregelte Abwasserentsorgung. Nicht umsonst hat die UN 2010 ein
Menschenrecht auf Wasser festgeschrieben. Die Vereinten Nationen
haben auch ein Minimalziel formuliert: Bis 2015 soll die Zahl der Men-
schen, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben, halbiert
werden. Schätzungen zufolge müssten weltweit rund 50 Milliarden
Euro im Jahr investiert werden, um dieses Ziel zu erreichen.
Doch die Situation könnte sich in den kommenden Jahren weiter zu-
spitzen. Bis zum Jahr 2025 wird das weltweite Bevölkerungswachstum
dazu führen, dass es gut acht Milliarden Menschen geben wird. Fünf
Milliarden werden in Gebieten leben, die mit knappen Trinkwasser-
vorkommen zu kämpfen haben. Doch damit nicht genug: Auch die
Landwirtschaft ist von Wasser abhängig – und letztlich auch die Ver-
sorgung mit Lebensmitteln. In Zahlen liest sich das so: Der globale
Wasserverbrauch ist von 1.480 Kubikkilometern Mitte des 20. Jahr-
hunderts auf aktuell rund 4.500 Kubikkilometer gestiegen. Bis zum
Jahr 2030 soll die Zahl auf 6.500 Kubikkilometer anwachsen.
Warum also wird das Thema Wasser bei all diesen alarmierenden
Zahlen in diesem Buch nur im Ausblick erwähnt? Immerhin scheint
doch gerade Wasser aus Anlagegesichtspunkten ein interessantes The-
ma zu sein. Die Antwort darauf ist relativ simpel: Es ist nicht ganz ein-
fach, in Wasser anzulegen. Als Rohstoff wird Wasser nicht an der Börse
Crashkurs Rohstoffe.indb 221 19.07.2011 15:57:09
Crashkurs Rohstoffe / 222
gehandelt und die Wasserversorgung selbst ist in den meisten Län-
dern – noch – staatlich geregelt.
Natürlich können Anleger auf Aktien von Unternehmen ausweichen,
die beispielsweise Rohrleitungen bauen. Doch meist ist das Thema
Wasser bei diesen Konzernen nur ein Beigeschäft. In den kommenden
Jahren dürften jedoch mehr und mehr Wasserversorger privatisiert
werden. Damit dürfte auch privaten Investoren der Einstieg in den Zu-
kunftsmarkt Wasser erleichtert werden.
Das Thema Rohstoffe wird in den kommenden Jahren weiter in Be-
wegung bleiben. Während die Bedeutung von Uran sinken dürfte,
sollte Wasser als Rohstoff in den Blickpunkt der Investoren rücken.
Doch auch die fossilen Energieträger werden trotz des massiven Ausbaus
regenerativer Energien auf Sicht der nächsten Jahrzehnte unabdingbar
für die Industrie und die Energieerzeugung bleiben. Zudem wird die
Bedeutung von Agrarrohstoffen angesichts endlicher Anbauflächen
und eines starken Bevölkerungswachstums vor allem in den Schwel-
lenländern weiter zunehmen. Das Gute daran: Dem Privatanleger ste-
hen mittlerweile jede Menge Möglichkeiten offen, an diesem Trend
teilzuhaben. Rohstoffe sollten deshalb in keinem Portfolio fehlen.
Crashkurs Rohstoffe.indb 222 19.07.2011 15:57:09
Über die Autoren:
Marion Schlegel beschäftigt sich seit fast 20 Jahren mit dem Thema
Börse. Nach ihrem Studium an der Frankfurt School of Finance &
Management wechselte sie im Jahr 2000 zum Anlegermagazin DER
AKTIONÄR und verantwortet seitdem das Ressort Rohstoffe. Zur
Jahrtausendwende war sie eine der Ersten, die die Chancen von Edel-
metall-Investments erkannt hat.
Markus Bußler hat bereits zu Beginn der 90er-Jahre während seines
Jurastudiums sein Interesse für Aktien entdeckt. Nach zahlreichen
journalistischen Stationen – unter anderem 2000 beim AKTIONÄR
– mit mehreren Auslandsaufenthalten schreibt er seit 2008 wieder für
DER AKTIONÄR, schwerpunktmäßig für das Ressort Rohstoffe.
Crashkurs Rohstoffe.indb 223 19.07.2011 15:57:09
Die Crashkurs-Reihe geht weiter!
Bisher erschienen:
Crashkurs Fonds (978-3-938350-41-6)Crashkurs Zertifikate (978-3-938350-43-0)Crashkurs Emerging Markets (978-3-938350-58-4)Crashkurs Charttechnik (978-3-938350-57-7)Crashkurs Börse (978-3-938350-67-6)Crashkurs Trading (978-3-941493-48-3)Crashkurs ETFs (978-3-941493-72-8)
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Crashkurs Rohstoffe.indb 224 19.07.2011 15:57:09
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ISBN: 978-3-942888-50-9
CRASH-
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HBÖRSENBUCVERLAG
Gold, Öl und nicht zuletzt Seltene Erden – mit Rohstoffen ließen sich in den
vergangenen Jahren enorme Gewinne erzielen. Doch wie investieren Anleger am
besten in Gold? Steigt der Ölpreis auf ein neues Allzeithoch? Und was genau
versteckt sich hinter den heiß begehrten Seltenen Erden? Diese Fragen und noch
viele mehr beantworten die beiden Rohstoff-Experten Marion Schlegel und
Markus Bußler in diesem Buch. Leicht verständlich führen sie den Privat anleger
in die Welt der Rohstoffe ein und geben dem erfahrenen Anleger ein ideales
Nachschlagewerk an die Hand. Geballte und wertvolle Informationen über
Energie rohstoffe, Edelmetalle, Industriemetalle, Seltene Metalle und Agrar-
rohstoffe – und wie man diese Informationen in bares Geld ummünzt.
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Das Grundlagenwerk für
Rohstoff-Investoren
Marion Markus
Schlegel Bußler
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Mit einem Vorwort von Hans A. Bernecker
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