Depression – das vernachlässigte Problem
Imke Strohscheer Asklepios Klinik Barmbek
Abt. Onkologie & Palliativmedizin
Psychische Erkrankungen bei fort-geschrittenen Tumorerkrankungen
Ø Prävalenz: 50% • Anpassungsstörungen: 11 - 35% • Angstsyndrome: 2 - 14% (25 – 48%) • Depression: 5 – 26%
24,6% (Metaanalyse von 94 Studien; Mitchell AJ, et al.
Lancet 2011) 19.3% (36,3%) Rayner, L. et al. Pall. Med.2010
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Block, S. et al. Cancer 2007
Depression - Konsequenzen
• Lebensqualität
• Survival (5,4 / 10 Mo.) Temel,J. et al., JCO 2012
• Therapiecompliance
• weitere Symptome
• Belastung der Familien
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Diagnostische Barrieren
• Patienten berichten nicht ausreichend
• ärztlicher Fokus: körperliche Symptome
• Betreuer sind nicht ausgebildet
• diagnostische Unschärfe
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Historische Entwicklung
• 1958 „Irrer“ → „psychisch Kranker“
• 1952 Neuroleptika
• 1957 Antidepressiva
• 1960 Benzodiazepine
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WHO-Definition
Depression ist eine häufige Störung (disorder), die mit depressiver Stimmung, Verlust an Interesse oder Freude, Gefühlen von Suizid oder niedrigem Selbstwertgefühl, Schlafstörungen oder Appetitlosigkeit und schlechter Konzen-tration einhergeht.
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Depression – DSM - IV Kriterien modifiziert bei somatischen Erkrankungen
1. Depressive Verstimmung 2. Antriebs-/Lustlosigkeit • Gewichtsveränderungen • Schlafstörungen • Agitation/Bewegungshemmung • Ermüdung/Energieverlust • Schuldgefühle/Gefühl der Wertlosigkeit • Konzentrationsschwierigkeiten • Suizid-/Todeswünsche
Cavanaugh et al. Psychosomatics 1995
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Differentialdiagnosen - Depression bei somatischen Erkrankungen
• Trauer
• Dysthymie • Anpassungsstörung
• Sickness Syndrom /Fatigue
• Demoralisation
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… einem Menschen Geist, Mut und
Disziplin entziehen
… ihn in Aufruhr und Verwirrung
stürzen
Frank 1991
Demoralisation
Demoralisation(syndrom)
• Verlust der Coping-Fähigkeit • Existentieller Stress • Sinnlosigkeit • Hoffnungslosigkeit • Hilflosigkeit • Gefühl der Inkompetenz • Vermindertes Selbstwertgefühl
Kissane & Davies J. Palliat. Care 2001
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Auslösende Situationen für ein Demoralisationssyndroms
• Fehlschlagen belastender Therapien • sinnlos erlebte Therapien in inkurablen
Situationen • unerwartete Komplikationen oder Krankheits-
verläufe • körperliche Entstellung • physische Hilflosigkeit • Abhängigkeit • Furcht vor Verlust der Würde • soziale Isolation
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Diagnostische Barrieren
• Patienten berichten nicht ausreichend
• ärztlicher Fokus: körperliche Symptome
• Betreuer sind nicht ausgebildet
• diagnostische Unschärfe
• Fatalismus/Überforderung/Gegenübertragung
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Größte Irrtümer bei (tumorassoziierten) Depressionen
• … eine Depression ist doch normal
• Fatalismus / therapeutischer Nihilismus
• … wenn man nur genug Zuwendung gibt,
braucht man keine Medikamente
• … Psychologen lösen das Problem
Strohscheer
Pathways to depression.
Li M et al. JCO 2012;30:1187-1196
©2012 by American Society of Clinical Oncology
Diagnostische Barrieren
• Patienten berichten nicht ausreichend
• ärztlicher Fokus: körperliche Symptome
• Betreuer sind nicht ausgebildet
• diagnostische Unschärfe
• Fatalismus/Überforderung/Gegenübertragung
• Abwehr der Betreuer
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Das ideale Individuum wird nicht mehr an seiner Gefügigkeit gemessen, sondern an seiner Initiative.
Die Angst, man selbst zu sein, versteckt sich hinter der Erschöpfung, man selbst zu sein.
Diagnostische Barrieren • Patienten berichten nicht ausreichend
• ärztlicher Fokus: körperliche Symptome
• Betreuer sind nicht ausgebildet
• diagnostische Unschärfe
• Fatalismus/Überforderung/Gegenübertragung
• Abwehr der Betreuer
• wenig Gebrauch von Assessment Tools Strohscheer
1. Klinik: • Missverhältnis von Tumor- (Krankheits)situation und
klinischem Eindruck • auffallende Antriebslosigkeit
Diagnostik einer Depression in der Palliativmedizin
Strohscheer
1. Klinik: • Missverhältnis von Tumor- (Krankheits)situation und
klinischem Eindruck • auffallende Antriebslosigkeit 2. (Familien)-Anamnese 3. Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS)
Diagnostik einer Depression in der Palliativmedizin
Strohscheer
Depression Demoralisation • psychopathologisch • ohne unmittelbaren
Auslöser • generelle
Hoffungslosigkeit • Anhedonie • Verlust der
emotionalen Schwingung
• Verdrehung der Realität
• Schuldgefühle
• adäquat • auslösende Situation
• situationsgemäße
Hoffnungslosigkeit • Freudfähigkeit • emotionale
Schwingungsfähigkeit erhalten
• realistische Einschätzung der Situation
• Scham Strohscheer 2005
Antidepressive Therapie
• Antidepressiva (Rayner et al. Cochrane 2010)
• Psychotherapeutische Verfahren (Strong et al. Lancet 2008): Verhaltenstherapie (Jacobson 1998) Narrative Therapy Dignity Therapy (Chochinov 2002; Moltross 2011)
Strohscheer
Antidepressive Therapie • Antidepressiva (Rayner et al. Cochrane 2010)
• Psychotherapeutische Verfahren (Strong et al. Lancet 2008): Verhaltenstherapie (Jacobson 1998) Narrative Therapy Dignity Therapy (Chochinov 2002; Moltross 2011)
• Amphetamine am Lebensende (Candy et al. Cochrane 2008)
• (Johanniskrautpräparate)
• Ketamin ???
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Medikamentöse Therapie
• SelektiveSerotoninReuptakeInhibitoren: Ø Sertalin
Ø (Venlafaxin) Ø Escitralopram
• SSRI/SelektiverNorepinephrinReuptakeInhibitor: Ø Mirtazapin (7,5) 15 - 30 mg abends
°antiemetisch °sedierend °appetitsteigernd
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Cipriani, A. et al. Lancet 2009
SSRI-Nebenwirkungen
• Übelkeit, (Diarrhoe)
• gastrointestinale Blutungen
• Serotoninsyndrom: Verwirrtheit, Agitation,
Myoklonien, Tremor, Hyperreflexie, Benommen-
heit, Schwitzen, Fieber
Hegerl et al. Eur.Arch.Psych.Clin.Neurosc. 1998; Boyer et al. NEJM 2005
Strohscheer
26% Depression während der Betreuung 24% bei kurzem Aufenthalt im Hospiz (< 3 Tage) 9 % bei längerem Aufenthalt Bradley 2004
Keine höhere Inzidenz für Depression, aber für Angst Grov et al. 2006
Zusammenfassung
• Tumorassoziierte Depressionen sind gut behandelbar!
• Bei refraktären Symptomen daran denken! • Mit den Patienten besprechen! • Diagnostische Instrumente sollten genutzt
werden! • Evaluation der Therapie!
Strohscheer
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