Die Transnationalisierung der Gewerkschaften
Eine empirische Untersuchungam Beispiel der IG Metall
Stefan RübEBR-Teamsitzung, 24. Juni 2009
Empirischer Zuschnitt
1 Untersuchungszeitraumvon Beginn der 1990er Jahre bis Ende 2006
2 Untersuchungsbereich: drei Politikfelder
- Europäische Betriebsräte
- Europäische Tarifkoordinierung
- Internationale Rahmenvereinbarungen
Untersuchungsmethoden
1 qualitative Erhebungs- und Auswertungsmethoden- Dokumentenanalyse
- Interviews mit „euch“ (Interviewphase: 2005/2006)
- Sekundärauswertung von früheren Interviews und Erfahrungswissen (Beteiligung an workshops, Seminaren etc.)
2 fallstudienbasiert
- Rekonstruktion des Entwicklungsprozesses der genannten Politikfelder (EBR, IFAs, Tarifkoordinierung)
„Gewerkschafts-identität“
Nationale, europäische und globale
Arbeitsbeziehungen
Rekurs aufIdentitäts-momente
Organisationales Handeln
Reflexion ermöglichender/ restringierenderBedingungen
Reproduktion /
Modifikation
Bedingungen und Modider Mehrebenenpolitik
NationaleGewerkschaftsorganisation
Transnationale gewerkschaftliche Mehrebenenorganisation
GewerkschaftlichesHandlungsumfeld
Un
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Reproduktion /
Modifikation
Reproduktion /
Modifikation
Reflexion ermöglichender/ restringierender
Bedingungen
Untersuchungsdimensionen / -fragestellungen
2 die auf das Zusammenspiel mit EMB und IMB bezogene Mehrebenenpolitik der IG Metall- Inwieweit verstärkt die IGM ihre Kommunikation, Kooperation
und Koordination mit Gewerkschaften anderer Länder?
- Inwieweit gibt sie Kompetenzen an den EMB / IMB ab?
- Inwieweit entwickelt die IGM in Reaktion auf den gestiegenen transnationalen Handlungs- und Problemlösungsbedarf transnationale Strategien und Handlungsformen?
1 die auf das Handlungsumfeld bezogene Strategie / Praxis
3 die innerorganisatorische Verankerung / Diffundierung transnationalen Denkens und Handelns- Inwieweit gewinnen transnationale Problemsichten und
Bearbeitungsweisen im Denken und Handeln der haupt- und ehrenamtlichen Funktionäre an Bedeutung und Akzeptanz?
Was heißt Transnationalisierung?
1 Transnationalisierung ist mehr als die Entwicklung einer internationalen Agenda zur Durchsetzung der Interessen der eigenen Mitglieder. Vielmehr: Ausweitung der Inklusionsgrenzen von
Solidarität durch Einbezug der Interessen andersnationaler Gewerkschaften und Belegschaften
Nur durch faire Interessenkompromisse ist nachhaltige Kooperation und Koordination möglich.
3 Transnationalisierung heißt, dass transnationales Denken und Handeln mehr und mehr die gesamte Organisation durchdringt.
2 Transnationalisierung heißt zunehmende Einbindung in den transnationalen gewerkschaftlichen Kooperationsverbund. einhergehend mit intensivierter alltagsweltlicher
Austauschbeziehungen
I. Politikfeld der
Europäischen Betriebsräte
Rahmenbedingungen / Triebkräfte
3 Dynamik der EBR-Praxis
2 EBR-Richtlinienlogik
1 Zunehmende Quantität und Qualität der Unternehmenseuropäisierung Entzug von Entscheidungsebenen
grenzübergreifende Wirkungen von Entscheidungen (Stichwort. Restrukturierungen und Standortkonkurrenzen)
Strategie / Praxis
1. Phase: Fokus EBR-Einrichtung- zunächst: Quantitätsstrategie
- allmählich höherer Stellenwert der Qualität der Verhandlungen / Vereinbarungen (unter Ausschöpfung des Rechtsrahmens)
2. Phase: Praxisentwicklung von EBR gewinnt an Stellenwert- strategischer Fokus: Handlungs- und Verhandlungsfähigkeit von EBR
- praktische Probleme im Vordergrund
3. Phase: EBR als Teil einer europäischen gewerkschaftlichen Betriebspolitik
- im Falle europäischer Unternehmensumstrukturierungen
- im Falle europäischer Unternehmensverhandlungen
Mehrebenenpolitik
1 Prinzipieller Ansatz
Europäisch koordinierte Dezentralisierung
2 Phasen spiegeln sich in Mehrebenenpolitik wider
(1) Europäische Koordinierung des EBR-Einrichtungsprozesses- „verbindliche Leitlinien“ für Verfahren und Inhalte von
EBR-Vereinbarungen (seit 1996)
(2) Europäische Koordinierung der EBR-Betreuung- „Erklärung des EMB zur Rolle der
Gewerkschaftskoordinatoren und nationalen Organisationen in den EBR“ (2000)
(3) Europäische Koordinierung eines spezifischen Bereichs der nationalen Unternehmenspolitik- zehn EMB-Grundsätze bei grenzüberschreitenden
Umstrukturierungen (2005)
- EMB-Verhandlungsverfahren (2006)
Mehrebenenpolitik
3 Handhabung
- prinzipielle Anerkennung der auf EMB-Ebene getroffenen Absprachen
- aber: Probleme der prakischen Um- und Durchsetzung
Innerorganisatorische Verankerung
2 EinrichtungsprozessZentrale Betreuung durch das EBR-Team
3 EBR-PraxisDezentrales Betreuungskonzept durch GBR-/KBR-Betreuer
Bewertung:
Einerseits: Chance einer alltäglichen Europäisierung der IG Metall
Andererseits: Kontroll-, Kompetenz- und Loyalitätsproblem
1 EBR-GründungsinitiativenAktivierungspolitik der Betriebsratsspitzen und GBR-/KBR-
Betreuer
II.Politikfeld der
Internationalen Rahmenvereinbarungen
Rahmenbedingungen / Triebkräfte
2 Niedriglohnkonkurrenz / Sozialdumping
1 Unternehmensglobalisierung
3 vergleichsweise günstiges Handlungsumfeld
öffentliche Kritik an Unternehmensverhalten
anknüpfend an laufenden IFA-Aktivitäten
Strategie / Praxis
Einstiegsstrategie- Quantität steht im Vordergrund (Zwickels 25)
- Qualitätssteigerung als Entwicklungs- und Lernprozess
1
Pragmatische Vorgehensweise- systemkonform über die betrieblichen Strukturen (EBR, WBR)
- konsensual über kooperationswillige Unternehmen
- flexible Umsetzung / Überwachung der Vereinbarungsbestimmungen
2
Mehrebenenpolitik
doppelter Aushandlungsprozess nach oben (gegenüber IMB)
nach unten (gegenüber Betriebsratsspitzen)
prinzipieller Ansatz
globale Koordinierung der Einrichtung und Umsetzung von Internationalen Rahmenvereinbarungen (unter dem Dach des IMB)
über festgelegte Kriterien der Vereinbarungsinhalte
IMB-Unterschrift
1
Handhabung
pragmatische und flexible Anwendung der „Empfehlungen“
weitgehende prozedurale Freiheiten der dezentralen Handlungsebenen (IG Metall, WBR/EBR/GBR)
2
Innerorganisatorische Verankerung
2 Einrichtungs- und Umsetzungsprozessakzeptanzorientierte Strategie, die den Betriebsratsspitzen weitgehende Handlungsspielräume belässt
1 IFA-InitiativenAktivierungspolitik der Betriebsratsspitzen und GBR-/KBR-
Betreuer
Bewertung:
bisherige Praxis kommt von zwei Seiten unter Druck
- „gute Fälle“ weitgehend abgegrast
- Kritik der IMB-Gewerkschaften
III.Politikfeld der
europäischen Tarifkoordinierung
Rahmenbedingungen / Triebkräfte
Binnenmarkt / Währungsunion
nationale Tarifpolitik als Wettbewerbsfaktor
Gefahr eines tarifpolitischen Unterbietungswettbewerbs in Europa
Strategie / Praxis
inhaltliche Elemente- lohnpolitische Koordinierungsregel (1998)
Ausschöpfung des Verteilungsspielraums
- EMB-Arbeitszeitcharta (1998) max. Jahresarbeitszeit: 1750 Std. max. Mehrarbeitsvolumen: 100 Std. p.a.
- gemeinsame Tarifforderung des EMB (2005) persönliches, tarifvertraglich garantiertes Recht auf Qualifizierung
und Weiterbildung
1
Umsetzungsinstrumente- Tarifpartnerschaften mit Metallgewerkschaften aus
Nachbarländern (seit 1997)
- Eucob@n-Netzwerk: Korrespondenten-Netzwerk und Tarifdatenbank (seit Ende der 1990er Jahre)
- verstärkter Einbezug der EBR und EMB-Beauftragten in die europäische Tarifkoordinierung (insbesondere im Zuge der Politik der „kontrollierten Dezentralisierung“ des Pforzheimer Abkommens 2004)
2
Mehrebenenpolitik
prinzipieller Ansatz
möglichst verbindliche europäische Koordinierung der nationalen Tarifpolitik ohne Aufgabe der nationalen tarifpolitischen Handlungsautonomie
1
Handhabung
- prinzipielle Anerkennung der auf EMB-Ebene getroffenen Absprachen
- weitgehend symbolische Bedeutung
- faktische Priorität der nationalen Tariflogik
- weitgehend friedliche Ko-Existenz der nationalen und europäischen Handlungslogik
2
Innerorganisatorische Verankerung
- Schaffung von Akzeptanz des Koordinierungsansatzes bei Tarifpolitikern der IG Metall
- Darauf bauend, dass Tarifpolitiker nach und nach aus eigener Überzeugung dem europäischen Pfad folgen
längerfristiger Prozess der Kommunikation der neuen Handlungserfordernisse
2
behutsame strukturelle und prozedurale Veränderungen
1- Tarifpartnerschaften: Einbindung der Tarifakteure in
transnationale Kommunikationsräume (Lernprozesse, Vertrauensbildung
- Eucob@n-Netzwerk: Verpflichtung, Tarifabschlüsse und unternehmensbezogene Tarifabweichungen zu melden
(1) konkurrenzielle gegenseitigeAnpassung
(2) verständigungsorientierteAnnäherung
(3) transnationale Aushandlungunverbindlicher Standards
(4) transnationale Aushandlungverbindlicher Standards
(5) hierarchische Leitung
Mehrebenenpolitik der IG Metall
(4) transnationale Aushandlungverbindlicher Standards
Mehrebenen-politik der
IG Metall
(2) verständigungsorientierteAnnäherung
(3) transnationale Aushandlungunverbindlicher Standards
Mehrebenenpolitik der IG Metall
Transnationale Aushandlung formal verbindlicher, aber nicht zentral durchsetzbarer und sanktionierbarer Standards (Modus 3)
1
Sicherstellung der Verbindlichkeit liegt im Verantwortungsbereich der nationalen Mitgliedsorganisationen
Generelle Linie, die in den drei Politikfeldern in unterschiedlicher Weise zum Tragen kommt
=
Unterfüttert durch Prozesse der transnationalen Kommunikation und verständigungsorientierten Annäherung
2
Mechanismen sozialer Kontrolle: gegenseitige Transparenz, moralischer Druck (in Richtung Modus 4)
Verständigungsorientierte Annäherung (Modus 2)
Diffusionspolitik der IG Metall
2 Zuständigkeit der Umsetzung der transnationalen Absprachen liegt bei „Unternehmens- und Tarifpolitikern“ der IG Metall
1 Längerfristiger Prozess behutsamer struktureller und prozeduraler Veränderungen und der innerorganisatorischen Vermittlung der neuen Handlungserfordernisse
Prozess- und akzeptanzorientierte Diffusionspolitik, die die bestehenden innerorganisatorischen Kräfteverhältnisse unberührt lässt
Zuständige Experten im zentralen Apparat in Rolle von (schwachen) „Pfadwächtern“ und „Diffundeuren“
3
- Aufgabe, die unternehmens- und tarifpolitischen Handlungsträger von der Einhaltung und aktiven Umsetzung der Verpflichtungen zu überzeugen
- aber: fehlende Ressourcen, um jene auf die neuen Handlungsanforderungen zu verpflichten
Fazit: umkämpfte Diffusion
zielt auf Neuausrichtung der nationalen unternehmens- und
tarifpolitischen Praktiken
setzt auf behutsamen und „weichen“ Einbau der neuen Handlungsanforderungen
Widersprüchlicher und umkämpfter Prozess der innerorganisatorischen Transnationalisierung der IG Metall
Diffusionspolitik Mehrebenenpolitik
Diskussions-, Problempunkte und Perspektiven
IGM-interne Um- und Durchsetzung der auf europäischer Ebene eingeleiteten Prozesse
1
„Wegscheide“: europäische Koordinierung kann scheitern.
fundamental: IGM-interne Überzeugungsarbeit des Stellenwerts einer transnationalen Koordinierung
2 entscheidende Gelenkstelle: GBR-/KBR-/EBR-BetreuerInnen
EMB-Hut-Strategietarifpolitisch im Zusammenhang mit unternehmensbezogenen Tarifabweichungen
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