Johannes Gutenberg Universität Mainz
Musikwissenschaftliches Institut
Hauptseminar: „Geschichte der Saiteninstrumente im 15. und 16. Jahrhundert“
Dozent: PD Dr. Christoph Hust
WS 08/09
Datum: 06.05.2011
Der Weg der Vihuela in Lateinamerika: Entwicklung zur Tiple, Jarana und Charango
Vorgelegt von
Jorge E. Porras Alvarado
Am Großen Sand 32
55124 Mainz
Telefonnummer: 017624252398
E-mail: [email protected]
Musikwissenschaft (HF)
Ethnologie (HF)
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung......................................................................................................................................... 3
2 Die Vihuela....................................................................................................................................... 5
3 Die Vihuela in Amerika.................................................................................................................... 8
4 Die Einflüsse der Vihuela in der Entstehung neuer Saiteninstrumente in Lateinamerika..............14
4.1 Das Charango..........................................................................................................................16
4.2 Die Tiple................................................................................................................................. 18
4.3 Die Jarana............................................................................................................................... 20
5 Zusammenfassung.......................................................................................................................... 23
6 Literaturverzeichnis........................................................................................................................ 26
7 Anhang............................................................................................................................................30
7.1 Vihuela-Exemplaren............................................................................................................... 30
7.2 Vihuela Stimmlagen................................................................................................................31
7.3 Lateinamerikanische Instrumente: Charango, Tiple und Jarana.............................................32
7.4 „Libro del buen amor“ Stanzen 1228-1234, 1516:................................................................. 34
7.5 „Libro de Apolonio“ Stanzen 179-185 und 350:.................................................................... 34
7.6 „Cantigas de Santa Maria“ - Cantiga Nummer 8:...................................................................34
2
1 Einleitung
Die folgende Arbeit entsteht im Rahmen des Seminars „Geschichte der Saiteninstrumente im 15.
und 16. Jahrhundert“. Ich beabsichtige die These zu verfolgen, dass vor allem die Vihuela (neben
anderen europäischen Instrumenten wie die Gitarre, Laute, Harfe und das Rebec, die ebenfalls eine
beeinflussende Rolle spielten) das Ausgangsinstrument für unterschiedliche Saiteninstrumente des
amerikanischen Kontinents ist, die sich seit der sogenannten „Entdeckung“ Amerikas im Jahre 1492
entwickelten.
Die hier untersuchten Instrumente sind die Tiple, die Jarana und das Charango, die sich jeweils
besonders im heutigen Kolumbien, in Mexiko und in Peru/Bolivien wiederfinden.
Vor Ankunft der Kolonisten im Jahre 1492 waren in Amerika keine Saiteninstrumente dieser Art mit
Kopf, Hals und Resonanzkörper bekannt (abgesehen von Bogeninstrumenten)1. Erst mit der
Ankunft und Verbreitung der Vihuela auf dem amerikanischen Kontinent entstanden mehrere
Formen und Variationen neuerer Saiteninstrumente. Bei der Entstehung dieser neuen Formen
spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem unterschiedliche
Musiktraditionen (europäische/iberische Musikströmungen, sowie die Musikäußerungen der
einheimischen Bevölkerung Amerikas) und kulturspezifische Wahrnehmungen der Musik, das
Vorhandensein von Instrumentenbau-Technologien in Amerika, der Prozess der Kulturaneignung
(Akkulturation-/Transkulturationsprozesse)2, die sozialen Entwicklungen, die zum „Mestizentum“3
führten, die Missionsarbeit und Missions-Strategien, sowie soziale Aspekte im Bezug auf die
Instrumente und die Musik. Die Vihuela spielt hierbei eine zentrale Rolle, obwohl offensichtlich
mehrere europäische Saiteninstrumente zu der Gestaltung einzelner amerikanischer Instrumente
beigetragen haben, wie beispielsweise im Falle der kolumbianischen Tiple, bei der die Vihuela, die
Guitarra española, möglicherweise die Chitarra battente und die Timple ihre Entwicklung
beeinflusste.
Die Spuren dieser Entwicklung sind teilweise verloren gegangen und in Vergessenheit geraten. In
1 Siehe Saville 1898: 280, ff. und Mason 1897: 380. 2 Die Konzepte „Akkulturation“ und „Transkulturation“ werden in den Kapiteln 3 und 4 behandelt.3 „Als Mestizen werden grundsätzlich all jene Menschen bezeichnet, die weder zu den „Weißen“ zählen, noch einer
spezifischen indianischen Gemeinschaft angehören. Sie bilden einen großen Teil der lateinamerikanischen Bevölkerung, ihre Lebenswelt ist von der iberoamerikanischen Kultur geprägt, sie sind Christen und sprechen Spanisch oder Portugiesisch. (...) Unter mestizaje (Mestizentum) versteht man das Verschmelzen der indianischen und europäischen Bevölkerung und Kultur, und zwar unter bestimmten Voraussetzungen und zu einem bestimmten Zweck: Zu den erklärten Zielen des mestizischen Projekts gehörte die Absicht, dem aus der politischen Unabhängigkeit hervorgegangenen Staat seine Nation zu geben, d.h. die geographisch wie sozial und kulturell disparaten Teile zu einem neuen Ganzen zusammenzufügen.“ [Mader, Elke: http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/pdf/kulturmacht.pdf , Stand 07.01.2010.]
3
den meisten Fällen sind Exemplare dieser Epoche nicht erhalten geblieben und Kolonialdokumente
dieser früheren Zeit verloren gegangen – beispielsweise bei dem Brand des Casa de Contratación
de Sevilla im Jahre 1606. Registerdokumente aus den Jahren vor 1585 über Waren und Passagiere,
die nach Amerika fuhren, sind so abhanden gekommen.
Ich möchte die Vihuela in dieser These auch als einen Knotenpunkt zwischen zwei Welten (Europa
und Amerika) über die Zeit hinweg betrachten. Ich stütze mich unter anderem auf historische
Dokumentationen über die Vihuela aus der Zeit der „Entdeckung“ Amerikas, sowie auf die
Entwicklung und aktuelle Gestaltung jener Instrumente, die auf die Vihuela als Ausgangsinstrument
hinweisen.
Diese Arbeit ist in vier Kapitel gegliedert: das erste Kapitel gibt eine Einführung in die Geschichte
und Instrumentenkunde der Vihuela, das zweite Kapitel beschreibt die Ankunft dieses Instrumentes
in Amerika, im dritten Kapitel widme ich mich der Entwicklung der in Amerika gebauten
Instrumente (Charango, Tiple und Jarana) unter Einfluss der Vihuela bis zur Entstehung dieser
Instrumente und ihrer heutigen Form und Anwendung.
Für eine historische Arbeit oder Forschung ist es unabdingbar im Verlauf der Arbeit immer wieder
auf Archive und Dokumente zurückzugreifen. In Zusammenhang mit dieser Hausarbeit werde ich
mich allerdings auf die Verwendung von Sekundärliteratur beschränken, da der Zugang zu solchen
Archiven mit hohem Aufwand verbunden wäre. Physikalische Quellen wie die zwei Vihuela-
Exemplare, die jeweils in den Pariser Museen Musée Jacquemart-Andrée und Cité de la Musique zu
finden sind und die Vihuela in Quitos Iglesia de la Compañia de Jesús de Quito werden hier
erwähnt. Amerikanische Ikonographien aus Kirchen in Peru und Kolumbien werden ebenfalls
betrachtet. Traktate für die Vihuela in Europa und in Amerika werden in dieser Arbeit auch
berücksichtigt.
Für das erste Kapitel habe ich mich hauptsächlich auf folgende Autoren bezogen: Johannes
Tinctoris (1481), Fray Juan Bermudo (1555), Donald Gill (1981), Higini Anglés (1975), Ian
Woodfield (1984). Folgende Literatur habe ich für die in Amerika entwickelten Instrumente
verwendet: Für das Charango beziehe ich mich unter anderem auf die Arbeiten von Max Peter
Baumann (1981, 2004), Julio Mendívil (2002), Thomas Turino (1983) und Robert Stevenson
(1959). Für die Tiple stütze ich meine Aussagen hauptsächlich auf die Arbeit von David Puerta
(1988). Für das Kapitel über die Jarana verwende ich Literatur von Rafael Parra Muñoz (2007) und
Martha B. Carrasco Ponce (2008).
4
2 Die Vihuela
Die Vihuela ist ein Zupfinstrument (Chordophon), das zur Entwicklung der Familie der Viole
beitrug.4 Sie ist in Spanien entstanden, wobei ihr Ursprung in der Region des Königreichs Aragon
gegen Mitte des 15. Jh. datiert wird.5 Johannes Tinctoris6 belegt 1481 den spanischen Ursprung der
Vihuela in seinem Traktat De inventione et usu musicae. Hier bezeichnet er die Vihuela (vihuela de
arco) als hispanorum invento, eine spanische Erfindung, die er als von der Laute abstammend
identifiziert.7 In seiner Beschreibung differenziert er die Vihuela von der Laute, insofern dass der
Körper der Vihuela eine flache Hinterdecke hat, kleiner als der der Laute ist und dass sie an beiden
Seiten ihres Körpers Bogen-ähnliche Formen hat.8 Mittels der Analyse ikonographischer Quellen
kann die wissenschaftliche Forschung berichten, dass sich die Form der Vihuela ursprünglich aus
Instrumenten der Viole-Familie entwickelt hat:9 Die ersten Vihuelen der Region Aragon aus der Zeit
um 1480 waren an beiden Seiten, an denen die Bogenkurven endeten, eckig. Später hat sich die
Form der Vihuela in einer anderen Region, in Valencia, der Gitarren-Form angenähert.
Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Spieltechnik eine große Bedeutung für die Entwicklung
der Form hatte: die frühere eckige Vihuela aus Aragon wurde sowohl gezupft, als auch - und dies
hauptsächlich - gestrichen, in einer sehr ähnlichen Weise wie die Fidel.10 Die gekrümmte Form ohne
Ecken (mit anderen Worten die längliche Gitarrenform), die in Valencia vorzufinden war, entstand
vermutlich durch die gezupfte Spieltechnik (mit Plektrum oder Fingern).11 In dieser Weise wurde
die generische Bezeichnung vihuela für Streichinstrumente der Familie der Viole verwendet,
innerhalb derer verschiedene Spieltechniken ausgeübt wurden: vihuela de pendola oder peñola (mit
einem Plektrum oder Vogelfederkiel gezupft); vihuela de mano (mit den Finger gezupft); vihuela de
4 Die „Viole“ ist eine generische Bezeichnung für Saiteninstrumente des Mittelalter-Zeitraumes, die mit Bogen gespielt werden. Die Verbindung aus der gezupften vihuela de mano und der gestreichelten Fidel wird von R.T. Dart als der Ursprung dieses Instrumentes vorgeschlagen. [Siehe Woodfield 1984: 1-8, 38]
5 Siehe Woodfield 1984: 38.6 Geb. ca. 1435; gest. ca. 1511. Er besuchte Katalonien, während er dem Hof Neapel diente. Er war mit Mittelmeer
Instrumenten vertraut und erkannte in Spanien der Ursprung von zwei Instrumenten: Die Vihuela und die Gitarre. [Siehe Woodfield 1984: 78]
7 „Siquidem: hispanorum invento: ex lyra processit instrumentum quod ipsi ac Itali violam Gallici vero dimidum leutum vocant. Que quidem viola in hoc a leuto differt: quod leutum multo majus ac testudineum est: ista vero plana: ac (ut plurimum) ex utroque latere incurvata. Alia tamen viola est: a grecis (ut ajunt) comperta: non solum forma (sicut illa) differens a leuto: sed etiam chordarum dispositione ac pulsatione. Enimvero: sive tres ei sint chorde simplices ut in pluribus: per geminam diapentem: sive quinque (ut in aliquibus) sic et per unisonos temperate: inequaliter. hoc est tumide sunt extente: ut arculus (quom chorda ejus pilis equinis confecta: sit recta) unam tangens: juxta libitum sonitoris: alias relinquat inconcussas.“ [Siehe Weinmann 1917: 27-46]
8 Siehe Abbildung 1.9 Siehe Woodfield 1984: 38.10 Mehr Information über die Fidel siehe Rühlmann 1882: 104-128, Remnant 1968-1969: 15-28, Brown 1989: 309-329
und Ballester i Gibert 1998: 21-39.11 Siehe Woodfield 1984: 44, 52.
5
arco (mit einem Bogen gestrichen).
Über die Art und Weise wie die Saiten gefertigt wurden gibt es keine Information. Die gewöhnliche
Vihuela hatte sechs Chöre bzw. zwölf Saiten, also doppelte Saiten pro Chor. Die Vihuela mit vier
Chören wurde in den Quellen als guitarra bezeichnet12. Der gewöhnliche Intervallabstand zwischen
den Chören war: Quarte, Quarte, große Terz, Quarte, Quarte – vergleichbar mit der üblichen
europäischen Laute-Stimmung.13 Die Stimmung hing von der Größe des Instrumentes und der
Dicke der Saiten ab und war nicht streng nach einer Tonhöhe standardisiert. Bei dem
Stimmungsvorgang gab es zwei Ansätze: 1) Mittels der Beziehung der Intervalle zwischen Chören
ohne Tonhöhenanweisungen oder 2) Ausgehend von den Schlüsselstellungen auf dem Griffbrett.
Bermudo hat vier verschiedene Stimmungen für die siebenchörige Vihuela vorgeschlagen.
Bermudos Stimmung für die sechschörige Vihuela war: G, c, f, a, d', g'; davor hatte Milán eine
andere Stimmung eingespielt: A, d, g, h, e', a'.14 Das Temperament der Vihuela wurde von Bermudo
in seinem Traktat nach pythagoreischem System erläutert: er setzte Bünde 2, 5, 7, 9, 10 als Standard
für alle Vihuelen, die Halbtonbünde könnten beliebig nach Bedürfnis platziert werden. In Miláns
und Valderrábanos Werken gibt es Anweisungen für eine Bund-Positionierungen nach Tonart der
Stücke.
Die Entwicklung der Vihuela ist von maurisch abstammenden Instrumenten beeinflusst worden.
Unter diesen Instrumenten befinden sich sowohl der arabische ūd und das rabāb, als auch
europäische Instrumente, wie die vorher erwähnte Fidel (fídula), die Lute und das Rebec.15 Die
Vertauschung unterschiedlicher Bezeichnungen für die Vihuela mit denjenigen von ähnlichen
Instrumenten macht es der Forschung schwer, ihren Ursprung und Unterschied gegenüber diesen
anderen Instrumenten zu definieren.16 Tinctoris äußert in seinem Traktat seinen Unmut über die
Bezeichnungen der Vihuela. Ihm nach bezeichnen die Spanier wie die Italiener die Vihuela als
viola, die Franzosen als demi-luth.17 Die Wandlung des Namens kann durch die Bedeutung der
Begriffe nachvollzogen werden: fides, fidula, fiducula bedeutet Saite. Vermutlich hat sich der
Begriff fidula in das spanisch ausgesprochene vitola, viüela, vigüela und schließlich in vihuela
umgewandelt.18
12 Siehe Bermudo, [Hrsg. Kastner 1957] 1555 : fol. 96r.13 Siehe auch Donald Gill 1981: 459.14 Siehe Abbildungen 4 und 5.15 Hier gilt die Frage der Forschung, ob der ūd zur Entwicklung der Laute führt und das rabāb der Enstehung des
Rebecs beeinflusst hat?16 „Der Name vihuela war eigentlich die spanisierte Bezeichnung für die alte Viola; im Laufe der Jahrhunderte wurde
diese Bezeichnung verschiedenen Instrumenten beigelegt und ein und dasselbe Wort bezeichnet sogar manchmal nach Epochen verschiedene Instrumente; so bezeichnete z.B. die vihuela de arco vom 13-15. Jhdt. die fidula oder mittelalterliche viola, während sie im 16. Jhd. gl[e]ichbedeutend mit violón oder viola da gamba ist.“ [Siehe Anglés, Higinio 1975: 1427]
17 Siehe Fußnote 6.18 Siehe auch Rühlmann 1882: 107-108 und Puerta 1988: „Los Caminos del Tiple“.
6
Besonders interessant ist die Tatsache, dass die Bezeichnung vihuela (vihuella, viüela, viuela) sowie
die Erwähnung anderer Instrumente wie die Laute, das Rebec, die Mandore (Mandora, Mandor) und
die maurische Gitarre, welche eine Verwandtschaft zur Vihuela aufweist, schon 1330 in dem Werk
El libro del buen amor von Juan Ruiz (Arcipreste de Hita) vorkommen.19 Frühere Beispiele in der
Literatur erscheinen 1280 in den Cántigas de Santa María und 1250 in dem Werk El libro de
Apolonio worin die vihuela mehrmals erwähnt wird.20 Diese Tatsachen führen zu Verwirrung bei
der Untersuchung des Ursprungs der Vihuela, da ihre ikonographischen Repräsentationen erst
später, ab Mitte des 15. Jh., datiert sind und die Musikliteratur für die Vihuela erst in der ersten
Hälfte des 16. Jh. erschien.21
Die Quellen zur Bestimmung des Auftauchens dieses Instrumentes können in vier Kategorien
geteilt werden: 1) Exemplare: Es existieren drei erhaltene Exemplare der Vihuela auf der Welt; die
„Guadalupe“-Vihuela im Musée Jacquemart-Andrée und die „Chambure“-Vihuela in der Cité de la
Musique, beide in Paris; das dritte Exemplar ist die „Quito“-Vihuela in der Iglesia de la Compañia
de Jesús de Quito in Quito. 2) Die Ikonographien, Skulpturen und Malereien, die aus dieser Zeit
vorliegen. 3) Wie oben erwähnt, die literarischen Referenzen über das Instrument, in denen die
Information über das Wort „vihuela“ schon vor 1400 zu finden ist. 4) Die vierte Quelle steht
Forschern zur Verfügung, besonders die musikalischen Traktate und das Repertoire über die Vihuela
von mehreren Autoren. Die erste publizierte musikalische Literatur für Vihuela stammt von Luys de
Milan aus dem Jahre 1536 mit dem Werk El Maestro, erster von neun Autoren, die auch
Kompositionen als Methoden für die Vihuela schrieben.22 Trotzdem mutmaßt man in der Forschung,
dass mehrere mögliche frühere Werke über die Vihuela verloren gegangen sind.23
Meistens wird die Vihuela in der ikonographischen Arbeit im religiösen Kontext gezeigt. Besonders
die vihuela de arco wurde von professionellen Balladensängern (oracioneros) gespielt. Einige
Autoren wie Ian Woodfield behaupten, dass die Bogentechnik maurischer Abstammung ist. Daher
wird eine Benutzung des Instrumentes in urbanen Milieus (mündliche Tradition) vermutet. In
Zaragoza wurde sie gleichwohl von jüdischen, christlichen und maurischen Musikern gespielt. Die
<http://www.lablaa.org/blaavirtual/musica/tiple/2.htm> Stand 31.01.201019 Die vihuela de péndola wird in Stanze 1229 erwähnt, sogleich die vihuela de arco in den Stanzen 1231 und 1516.
[Siehe Anhang 7.4]20 Hier wird die Vihuela in Stanzen 178, 179, 180, 182, 185 und 350 erwähnt. [Siehe Anhang 7.5 und 7.6]21 Wobei sich die früheste Abbildung einer möglichen Vihuela 1280 in der Cántigas de Santa María in dem Kodex der
Musikanten -E códice de los músicos befindet.22 Komponisten: Luis Milán (El Maestro 1536,) Luis de Narváez (Los seys libros del Delphín 1538), Alonso Mudarra
(Tres Libros de música 1546), Enrique de Valderrábano (Silva de sirenas 1547), Diego Pisador (Libro de música de vihuela 1552), Miguel de Fuenllana (Orphénica Lyra 1554) und Esteban Daza (El Parnasso 1576). Zusätzliche Informationen über die Vihuela befinden sich in dem theoretischen Werk von Fray Juan Bermudo (Declaración de instrumentos musicales 1555) und in Venegas de Henestrosa (Libro de Cifra Nueva 1557), wo der Titel Andeutung an polyphonische Instrumente macht.
23 Siehe Corona-Alcalde 1992: 595-600.
7
Beliebtheit dieses Instrumentes stieg aus „politischen“ Gründen auf; der Ausstoß der Mauren gegen
1500 trieb die Konversion früherer Oud-Spieler zu Vihuela-Spielern voran. Die Vihuelisten
gehörten oft zu Schichten, die den Hof als Modell der Gesellschaft hatten. Viele waren Amateure,
die andere Professionen ausübten als die der Musik.
Die Vihuela nahm eine besondere Stellung ein und war in Kastilien sehr beliebt. Im Hof der
Königin Isabella waren 1493 (ein Jahr nach der sogenannten Entdeckung der „Neuen Welt“) auch
drei Vihuelisten zwischen anderen Kammermusikern tätig, die außerordentlich gut bezahlt wurden.
Unter den Gegenständen im Königsschloss waren auch zwei Bogenvihuelen zu zählen und für den
Prinz Johann, Sohn der katholischen Könige, wurde ein Haus für seine Freizeit eingerichtet, in dem
sich neben weiteren musikalischen Instrumenten vihuelas de mano und vihuelas de arco befanden.24
Aus der Ikonographie und den schriftlichen Quellen ist zu schließen, dass die Blütezeit der Vihuela
zwischen 1475 und 1600 war. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wird die Vihuela von der
erfolgreichen Ankunft der Gitarre verdrängt. Aber genau diese Blütezeit der Vihuela trifft die
Epoche der Eroberung und Kolonisierung Amerikas durch Spanien und Portugal (ab 1492) an. In
Berichten aus der Kolonie werden Informationen und Erwähnungen über Akteure, die das
Vihuelaspiel in Amerika vorgeführt haben, überliefert.25 Dennoch waren diese Berichte anderen
neuen und „wichtigeren“ Themen als den musikalischen gewidmet und die ersten zweihundert Jahre
nach dem Ankommen der Spanier in Amerika liefen ohne genaue Information über das
musikalische Leben in der Kolonie ab. Obwohl diese Tatsache eine Lücke in der Forschung
darstellt, ist mein Ziel hier zu zeigen, dass die Vihuela das „Ausgangsinstrument“ für die
Entwicklung neuer amerikanischer Instrumente wie die Tiple, die Jarana und das Charango war.
3 Die Vihuela in Amerika
Eine Schwierigkeit bei der Untersuchung der musikalischen Aktivität in der ersten Phase des
kulturellen Austausches zwischen Europäern und Amerikanern (ungefähr die ersten 200 Jahre nach
der „Entdeckung“ Amerikas) stellt dar, dass diese Aktivität wenig und unzuverlässig dokumentiert
wurde, weil das Interesse der Kolonisten dem materiellen Reichtum und politischer Kontrolle
vermutlich eher gegolten hat und die Beamten-Schreiber (Kolonisten) möglicherweise selten in
musikalischen Themen gebildet waren. Die Ankunft europäischer Instrumente und die
musikalischen Äußerungen in Amerika werden gelegentlich in Kolonialdokumenten erwähnt.
24 Siehe Anglés 1975: 1428-29.25 Die Berichte wurden sowohl von Missionaren, als auch von Beamten (die Kolonisten) der Kröne Katalonien.
8
Historiker und Musikwissenschaftler haben sich an diesen wenigen Quellen26 orientiert, um die
Vergangenheit zu rekonstruieren.
Die angekommene europäische Musik in Amerika äußerte sich allgemein in dieser ersten Phase
durch drei Formen: militärisch, religiös und zur privaten Unterhaltung. Die Annahme ist, dass sehr
wahrscheinlich die erste Musik, die amerikanische Einheimische hörten, militärische Musik war.
Der Franziskaner Klosterbruder Juan de Torquemada (1557?-1664) bezieht sich in seinen Veinte i
vn libros rituales i monarchia indiana (1615) auf die „erste“ gespielte Musik in Amerika 1519.27
Torquemada erklärt, welche Instrumente die Spanier zur Feier am Palmsonntag während der
Prozession spielten: die von den militärischen Truppen ausgeübten Instrumente waren atabales
(kleine Pauken), caxas de guerra (Kriegstrommel) und Trompeten. Es ist bekannt, dass mit den
Kolonisten einige Musiker wie Alonso Moron und Ortiz „el músico“ (Ortiz der Musiker) dabei
waren. Sie kamen 1518 mit Hernán Cortés und gründeten jeweils beide Tanz- und Musikschulen in
Tenochtitlán (Mexiko) und Colima (Kuba).28 Sie waren Vihuelisten und brachten Vihuelen
verschiedener Größe mit.29 Die religiöse Musik (z.B. gregorianischer Gesang) wurde oft kurz nach
der militärischen Musik gespielt, wenn eine Siedlung, Dorf oder Kirche gegründet wurde.30 Dieses
Verfahren zog sich durch sämtliche eroberte Gebiete in Amerika,31 zum Beispiel wurde 1568 in
Bolivien eine Musikschule für Gesang, Tanz und Vihuelaspiel eröffnet.32
Aber durch das Konkordat Regio patronato indiano 1493 bis 1508 zwischen den katholischen
Königen (Ferdinand II von Aragon und Isabella I von Kastilien) und der katholischen Kirche,
vertreten durch den Papst Alexander VI, wurde die Konvertierung der „Ungläubigen“ (die
amerikanischen Einheimischen) zum Christentum als Ziel gesetzt, zu deren Zweck weitere
Regelungen als Verfahren der Evangelisierung aufgestellt wurden. Eine von diesen Strategien war
die Musik als Mittel der Konvertierung zu verwenden. Mit der Anreise der Missionare33 wurden
26 Verfügbare Quellen für post-koloniale Studien in Amerika sind besonders die kolonialen Archive, zum Beispiel das AGI (Archivo General de Indias, das heißt das „Indienarchiv“, in Sevilla, Spanien), die Dokumente der Missionare, die Archivierung der Kathedrale und Kirchen in Amerika und die nationalen Archive und Bibliotheken jeweils lateinamerikanischer Länder.
27 „y consideraron los Indios con gran atencion, (...) porque avia voces raconables, y musica mui concertada, que causaba a los Indios admiracion: demas de que las trompetas, y atabales, y las caxas de querra, les daban que mirar, tocandose cada instrumento en su lugar, y tiempo...“ [Torquemada 1986: 377, Bd. II]
28 Siehe Carpentier 1987: 222, 223.29 Siehe Rodriguez Torselli 1992: 20.30 Siehe Rodriguez Torselli 1992: 19.31 Siehe Aharonian: 1994: 189-225.32 „Ya en 1568 en La Plata se produjo uno de los acontecimientos mas importantes y curiosos de la vida sonora de la
futura Bolivia: Juan de Peña Madrid entró en contacto con Hernán García para abrir una escuela de música y así se hizo el 12 de junio de ese año, dictándose clases de canto y danza, por parte del precitado Madrid, mientras Hernán García enseñaba a tañer la vihuela 'por cifra.'“ Stevenson 1960: 183 [in Ayestaran 1965: 61]
33 Die ersten Missionare waren flämisch und kamen mit Christopher Kolumbus 1493 bei seiner zweiten Reise. Danach waren erst Diözesanen und Franziskaner, aber auch Augustiner, Dominikaner und Jesuiten in Amerika tätig. [Siehe Thomas 1994: 451, ff.]
9
Kirchen gebaut und Schulen gegründet, in denen Musik neben weiteren „Fächern“ gelehrt wurde.34
Die Missionare haben sehr früh erkannt, dass die Gesangs- und Instrumentalmusik die indigene
Bevölkerung faszinierte:
„In Peru, as in Mexico, the Indians took immediately to the music of their conquerors. European polyphony indeed so quickly seized the fancy of the Quechua-speaking Indians... (...) Because European music so swayed their charges, the Franciscans, Dominicans, and Augustinians always made music a principal subject in the schools vihich they set up wherever they were sent to evangelize the Indian from Quito, the northernmost city of the ancient Inca empire, to Copacabana on the shores of Lake Titicaca.“ [Stevenson 1960:112]
Diese Strategie spielte eine wichtige Rolle für die Konvertierung von Einheimischen in Amerika,
aber auch sie wurde als Mittel der Abgrenzung und Diskriminierung von einheimischen Formen
(der Musik) etabliert. Nicht zu vergessen ist, dass die Missionare die einheimischen
Musikäußerungen als teuflisch angesehen und deswegen ihre Fortführung verboten haben.35
Der erste bekannte Religiöse, der Indigene in Musik unterrichtet hat, war Klosterbruder Pedro de
Gante (Pieter van der Moere). Er war Franziskaner und kam 1522 nach Mexiko. Als Verwandter
von König Karl V (Karl I in Spanien) hat er wie andere Missionare die Musik als Mittel der
Evangelisierung benutzt. Er wurde durch die Gründung der ersten Schule für „Eingeborene“ (in
Texcoco, Mexico) im Jahre 1524 bekannt, wo er unter anderem den indigenen Gesang und das
Instrumentalspiel gelehrt hat.36 Das Bedürfnis Musikwerkstätten einzurichten ist mit der Zeit
gestiegen, als instrumentale Begleitung für den Gottesdienst gebraucht wurde, sowohl als auch für
die Unterhaltung der Laien. Nach Jerónimo de Mendieta (Franziskaner), haben die „Eingeborenen“
sehr schnell die Kunst gelernt, Instrumente zu bauen und sie selbst zu spielen.37
„Los primeros instrumentos de música que hicieron y usaron, fueron flautas, luego chirimías, después orlos, y tras ellos vihuelas de arco, y ahora cornetas y bajones. Finalmente, no hay género de música en la iglesia de Dios, que los indios no la tengan y usen en todos los pueblos (...) y ellos mismos lo labran todo, que ya no hay para que traerlo de España como solían. Una cosa puede afirmar con verdad, que en todos los reinos de la cristiandad (fuera de las Indias) no hay tanta copia de flautas, chirimías, sacabuches, orlos, trompetas y atabales, como en sólo este Reino de la Nueva España. Órganos también los tienen todas cuasi las iglesias donde hay religiosos, y aunque los indios (por no tener caudal para tanto) no toman el cargo de hacerlos, sino maestros españoles, los indios son los que labran lo que es menester para ellos, y los mismos indios los tañen en nuestros conventos. Los demás instrumentos que sirven para solaz y
34 Siehe Guzmán-Bravo 1978: 350-351.35 Unabhängig davon wie die Musik wahrgenommen wurde, erfuhren vorspanische Musikpraktiken ihre endgültige
und entscheidende Wertung erst in Bezug auf die christliche Mission. Schon in der Eroberungsphase wurden Gesänge, Zeremonialtänze und die Tempelmusik in Zusammenhang mit dem rituellen Menschenopfer als elementarer Ausdruck religiöser Identität erkannt, diabolisiert und bald nach der Eroberung unterbunden. [Siehe Both 2001: 25]
36 Siehe Torquemada 1723: Fol. 213-214.37 In mehreren Berichten schreiben die Mönche, wie begeistert die Indigenen im Bezug auf die europäische Musik
waren. [Siehe Puerta 1988 und auch Stevenson 1960: 112, f.f.]
10
regocijo de personas seglares, los indios los hacen todos, y los tañen; rabeles, guitarras, cítaras, discantes, vihuelas, arpas y monacordios, y con esto se concluye que no hay cosa que no hagan. Y lo que más es, que pocos años después que aprendieron el canto, comenzaron ellos a componer de su ingenio villancicos en canto de órgano a cuatro voces, y algunas misas y otras obras, que mostradas a diestros cantores españoles, decían ser de escogidos juicios, y no creían que pudiesen ser de indios.“ [Mendieta 1596, García Icazbalceta (Hrsg.)1870: 412-413]
Er war von der Vielfalt an Instrumenten (worunter sich auch Vihuelen befanden) im „Neuen
Spanien“ überrascht. Die Vihuela war vermutlich eins der ersten Instrumente im Gottesdienst, weil
sie leicht zu tragen war und sowohl mehrstimmige wie auch homophone38 Begleitung darbieten
konnte. Danach hat sich die Orgel als Hauptinstrument für den Gottesdienst durchgesetzt39 und die
Vihuela blieb später für die Laien nicht nur als Unterhaltungsinstrument, sondern auch als
Prestigezeichen.40
Es waren Millionen Migranten, die nach Amerika gewandert sind, wobei nur wenige in dem
Archivo General de Indias (AGI),41 dem „Indienarchiv“, registriert worden sind.42 Die historische
Forschung hat in Dokumenten dieser Zeit Belege für das musikalische Dasein und die Ankunft der
Vihuela in Amerika gefunden. Zum Beispiel befindet sich in einem Dokument, in Ordenanza del
Ayuntamiento de Mexico vom 26 Oktober 1585, die Regelung für Instrumentenbauer in La Nueva
España (Das neue Spanien):
„(...) hasta tanto no sea examinado y siendo hábil y suficiente para poner la dicha tienda ... otro si mandamos que el oficial violero para saber bien su oficio, y ser singular de el ha de saber hacer instrumentos de muchas artes, que sepa hacer un clavicordio y un clavicímbano y un monocordio, y un laúd, y una vihuela de arco, y una vihuela grande de piezas con sus ataraces, y otras vihuelas (...)“ [in Saldivar, Gabriel 1934]43
In diesem Abschnitt des Dokumentes wird verordnet, welche Beamten dazu befugt waren, eine
Werkstatt für Instrumente zu eröffnen. Um seine Fähigkeiten als Instrumentenbauer zu beweisen,
musste der oficial violero (Viol-Beamte) zeigen, dass er verschiedene Instrumente wie
38 Hier eher die guitarra española, eine Gitarre, die nicht nur gezupft werden konnte, sondern auch „herumgeklimpert“. [Baumann 2004]
39 Siehe Guzmán-Bravo 1978: 351-353.40 Pardo Rojas 2009:.24 und Isaza Velásquez 2009: 66-67.41 „Das Archivo General de Indias (zu deutsch kurz „Indienarchiv“) ist ein Zentralarchiv des spanischen Staates, das
Dokumente mit Bezug zum spanischen Kolonialreich (also Spanisch-Amerika und die Philippinen) sammelt.“ [Siehe Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Archivo_General_de_Indias, Stand 22.01.2010]
42 Über die Migrationen von Musikern nach Amerika zwischen 1500 und 1800 siehe Gembero Ustárroz 2007: 19, ff.43 Es kann sein, dass diese Verordnung sich nach der Verordnung von Qualitätskontrolle für Instrumentenbau in Stadt
Sevilla in Spanien 1502 gerichtet hat. Die Ähnlichkeit der beiden Abschnitte ist sehr groß: „El oficial violero, para saber bien su oficio, ha de saber hacer instrumentos de muchas artes: que sepa hacer un clavicímbalo, y un laúd, y una vihuela de arco, y una arpa, y una vihuela grande con piezas con sus atarcios y otras vihuelas que no son menos que todo esto; y el menor examen que ha de hacer, ha de ser una vihuela grande de piezas, como dicho es, con un lazo de talla con buenos atarcios y con todas las cosas que le pertenecen para buena, a contento de los examinadores que se vean hacer, que no le enseñe a la sazón nadie.“ [Siehe in Subirá, José 1953: 220]
11
Bogenvihuelen, große Vihuelen und andere Vihuelen, neben noch weiteren Instrumenten bauen
konnte.
Durch die Dokumentation des Instrumentalbestandes mehrerer Kirchen in Lateinamerika, kann
auch bestätigt werden, dass die Vihuela einen Platz im Prozess der Evangelisierung hatte. Zum
Beispiel hatte die Kirche Fómeque, im Osten Bogotas, in ihrem Bestand 1576: „un órgano bueno,
un arpa con su templador nuevo y dos templadores viejos, las dos vigüelas, un rabel, sonajas, un
trío de chirimías, sacabuche, bajón, aranciela, cuatro flautas y un monocordio.“44 Die Ikonographie
und Skulptur mancher Kathedrale oder Kirche bestätigen ebenfalls die Existenz der Vihuela in
Amerika. Sie zeigen sowohl die Wichtigkeit im Evangelisierungsprozess als auch die Auferlegung
kolonialer Werte.45 Nicht zu vergessen ist die erhaltene Vihuela in der Kirche de la Compañía de
Jesús in Quito, deren Baujahr ungefähr 1620 ist und der Nonne Mariana de Paredes Jaramillo
(Tochter von spanischen Eltern) gehörte.46 Diese Vihuela ist bis heute das einzige erhaltene
Instrument aus dieser Epoche, das einen materiellen Beweis für die Existenz der Vihuela in
Amerika hergibt. Eine andere Quelle für die Bestätigung der Existenz der Vihuela in Amerika
befindet sich z.B. bei einem wichtigen Fund in Guatemala: das musikalische Manuskript „Regla
para entrastar, afinar y executar una vihuela sin poner cuerda ningunga, sea del tamaño que fuese“
(Regel für das Beseiten, Stimmen und Spielen einer Vihuela beliebiger Größe, ohne eine einzige
Saite aufzuziehen)47, eine Methode für die Lehre der Vihuela. Rodríguez Torselli schätzt in seiner
Dissertation von 1992 das Ursprungsdatum dieses Manuskripts auf Ende des 17. Jh. oder Anfang
des 18. Jh. und belegt, dass in Guatemala die Vihuela (und die Gitarre) einen wichtigen Einfluss auf
die Entwicklung der Musik hatten. Sogar aus Spanien kann man herausfinden, dass die Vihuela in
Amerika aktiv ins Leben eingespannt war; die zweite Veröffentlichung von Bermudo 1555 des
„Declaración de instrumentos musicales“ enthält eine Danksagung wegen der Bitte aus Amerika für
neue oder mehr Musik für die Vihuela:
„Para el lector, bien tengo entendido aver en España mucha y buena musica de al quai se pueden los tañedores aprovechar, y a si no avia necessidad de 1a mia: pero he sido importunado de amigos, que imprimiesse alguna hecha aposta para tañer, mayormente que de Indias me han rogado por ella: y parecióme cosa justa hacerlo. Digo esta musica ser hecha para tañer, y no para cantar.“ [Guzmán-Bravo 1986:111, 112 in Rodriguez Torselli 1992: 22-23]
Der Buchhandel zwischen Spanien und Amerika hatte für spanische Verlage und Autoren finanziell
44 Perdomo Escobar 1980: 3645 In der Kirche San Lorenzo in Potosí, Peru, stehen zwei Skulpturen von Meerjungfrauen, die Vihuela spielen. [Siehe
Baumann 2004] In Kolumbien auf dem Kuppeldach der Kirche San Ignacio in Bogota sind Engel zu sehen, die Vihuela spielen. Sogleich in anderen Kirchen Kolumbiens wie die von Pamplona und in Museen wie dem Museo de Arte Religioso in Duitama und Museo de Arte Colonial in Bogota.
46 Siehe Bermúdez 1993: 73-7647 Die Übersetzung ist von mir.
12
eine wichtige Bedeutung. Im Jahr 1594 wurde ein Bücherversand nach Cartagena de Indias (im
heutigen Kolumbien), Amerika, ausgeführt, in dem die Kompositionen für Vihuela von Esteban
Daza „Libro de música en cifras para vihuela intitulado El Parnaso“ (1576) dabei waren.48
Nicht nur der Versand von Büchern, sondern auch der interkontinentale Handel von
Saiteninstrumenten (insbesondere Vihuela- und Harfesaiten) im kolonialen Kolumbien (Nueva
Granada) zwischen 17. und 18. Jh. beweist, wie nötig der Austausch zwischen Europa und Amerika
für die Erhaltung der spanischen Musiktradition in den Kolonien war und wie Technologien und
Wissen für den musikalischen Instrumentenbau aus Europa in den neuen Kontinent importiert
wurden.49 Hier wird deutlich, dass Saiteninstrumente vor der Ankunft der Kolonisten in Amerika, in
diesem Kontinent nicht bekannt waren und auch nicht produziert wurden, zumindest im Sinne der
bis dato vorhandenen Technologien in Europa und arabischen Ländern.50 Das Instrumentarium in
Mesoamerika51 und im Inkareich bestand im Allgemeinen hauptsächlich aus Idiophonen,
Membranophonen und Aerophonen.52 Die entstandenen Saiteninstrumente in Amerika (tiple,
jarana, charango, bandola, cuatro, tres cubano, usw.) sind Neuerschaffungen des interkulturellen
Aufeinandertreffens und der Akkulturation- und Transkulturationsprozesse bei und nach der
Kolonialisierung.53 Das heißt, sowohl europäische, arabische, afrikanische Elemente als auch
amerikanische Eigenschaften sind bei jedem Instrument mehr oder weniger aufzuzählen. Im
nächsten Kapitel beschreibe ich die „Umwandlung“ der Vihuela in die Tiple, Jarana und Charango.
48 Siehe Torre Revello, 1962: 1-29, Ros-Fábregas 2001: 39-66 und López 2008: 137-152.49 Isaza Velásquez 2009: 67-6850 Eine Ausnahme gab es schon bei Bogeninstrumenten -Monochorde-, das mit einem Kürbis als Resonanzkörper und
einem Stock eine einzige Saite zum schwingen brachte. [Siehe Fußnote 1]51 „Der Begriff Mesoamerika ist eine räumlich-kulturell-historische Abgrenzung und bezeichnet ein Siedlungs-Gebiet
in Mittelamerika (Zentral-Amerika), dessen Kulturen sich hauptsächlich durch mehrere gemeinsame Merkmale auszeichneten. Der Begriff wurde 1943 von Paul Kirchhoff[1] eingeführt und vereinheitlichte damit einen vielfältigen und dynamischen Kulturraum nach dem „Cultural-Area“-Konzept der US-amerikanischen cultural anthropology.“ [Siehe Wikipedia <http://de.wikipedia.org/wiki/Mesoamerika>, Stand 08.02.2010]
52 „Das umfangreiche Instrumentarium der Azteken ist weitgehend schon in der Klassik Mesoamerikas (ca. 150 v. Chr. – 750/ 900 n. Chr.) bekannt gewesen und setzte sich nach der Systematik von Hornbostel und Sachs (1914) aus Ideophonen (...), Membranophonen (...), und Aerophonen (...).“ [Both 2001: 43-48] [Siehe auch Stevenson 1959: 17-43]
53 Der Begriff „Akkulturation“ wurde in der Ethnologie zum ersten Mal von Powell (1880) eingeführt. Bei der Akkulturation geht es um die Aneignung von Aspekten einer fremden Kultur in einem bilateralen Prozess der Begegnung zwischen Kulturen (eigentlich zwischen face-to-face Begegnungen von Individuen). Trotz des bilateralen Austausches der Kulturen entsteht sehr oft eine asymmetrische Beziehung, indem eine Kultur (A) die andere (B) in einer graduellen Zeitspanne absorbiert. 1940 führt Fernando Ortiz das von der Akkulturation abgeleitete Konzept „Transkulturation“ ein, dass in der Bedeutung einen Schritt weiter geht: hier soll die Dekulturation, Akkulturation und Enkulturation miteinbezogen werden. [Siehe Baumann 2004 und Martí 2004]
13
4 Die Einflüsse der Vihuela in der Entstehung neuer Saiteninstrumente in Lateinamerika
Entwicklung als allgemeiner Begriff heißt auch Umwandlung, Veränderung, Entfaltung. In diesem
Sinne kann die Umwandlung der Vihuela in andere (schon erwähnte) lateinamerikanische
Instrumente als ein Prozess betrachtet werden, dass progressive Phasen enthält. Diese Phasen der
Akkulturation der Vihuela beschreibt Baumann am Beispiel des Charangos in seinem Artikel 2004:
„[1] The first phase of historical acculturation is the diffusion of instruments, in the case of South America by conquistadors. [2] It seems that in the next phase of acculturation, an instrument can be directly adopted in material terms, with or without a teaching or learning system. With the material adoption of the musical instrument, the musical practice is not necessarily adopted as well. [3] In the next phase, an attempt is made—if the material preconditions for purchase of an imported instrument are lacking—to build as good a copy of the instrument as possible (for example, the guitarrillas of the Chipayas). If the available materials or the economic situation do not allow such copies to be made, then other solutions are searched for. In this phase of adaption, experiments are made with alternative ways of construction in order to approach the original as close as possible. This phase is characterized by an endogenous innovation in the involvement with the acculturated musical instrument. [4] The instrument is so-to-say integrated and developed from then on into an icon that no longer refers to an acculturated instrument but rather a new, independent product, in this fall the charango as national instrument of Bolivia.“54 [Baumann 2004]
Der Prozess der Akkulturation der Vihuela in Amerika ist analog zu jedem importierten
Saiteninstrument (Laute, Harfe, Mandora, usw.), das mit den Kolonisten nach Amerika kam.
Innerhalb dieses Prozesses fallen mehrere einflussreiche Faktoren auf. Erstens, der Zusammenprall
unterschiedlicher Kulturen: Die europäische/spanische Musiktradition der damaligen Zeit
(Kontrapunkt, Hoftradition, soziale Bewertung des Berufes „Vihuelist“ innerhalb des Hofes)
kontrastierte mit einer anderen - derer der amerikanischen Indigenen. Die Mayas, Azteken und
Inkas hatten vor der Kolonialzeit eine entfaltete musikalische Tradition. Die Musik diente damals
religiösen, kriegerischen sowie höfischen Aktivitäten und eine musikalische Ausbildung war in
diesen Gesellschaften Bestandteil.55 Die Klangfarben (z.B. beim Gesang oder den
Keramikflöten/Knochenflöten) und Musikästhetik dienten anderen Vorstellungen und sozial-
religiösen Zwecken (Funktionen) dieser Gesellschaften. Both fasst in seiner Arbeit die überlieferten
Wahrnehmungen von Missionaren über die Musik der amerikanischen Einheimischen zusammen:
„Geprägt war die eurozentrische Sicht von renaissancezeitlichen Hörvorstellungen, die besonders durch die polyphone liturgische Kirchenmusik und die Kenntnis arabischer Musik bestimmt und mit dem vorspanischen Klangverständnis unvereinnehmbar waren. Dies traf
54 Die Nummer in Klammern [ ] sind von mir.55 Die Inkas hatten eine musikalische Ausbildung für Hofmusiker. Die Azteken hatten auch Hofmusiker, die für die
Tempelmusik zuständig waren. Siehe Stevenson 1959: 29, ff. und 1960: 112, ff. Siehe auch Both [2001]: 27, ff.
14
besonders auf die als dunkel, unheimlich und schwermütig empfundene Musik der Schneckentrompeten und Holztrommeln im Tempelkult zu, aber auch auf die als schrill und misstönend bezeichnete Klangfarbe von Keramikflöten. Während in hohen Stimmlagen praktizierte Gesänge als gellend, durchdringend, schief und ungeschmeidig empfunden wurden, riefen besonders die getragen, ernst und feierlich vorgetragenen und als besonders wohlklingend und harmonisch bezeichneten Zeremonialgesänge Wohlgefallen hervor.(67) Bewunderung fanden die Missionare auch an der beeindruckenden Synchronizität großer Zeremonialtänze sowie an der als wohlstimmig wahrgenommenen Palastmusik, die in den zentralmexikanischen Herrscherhäusern aufgeführt wurde. Eine nicht unwesentliche Rolle spielte sicherlich der exotische Eindruck auf die Europäer.“ [Both 2001: 25]
Ein zweiter Aspekt dieses Prozesses sind die entstandenen Bedürfnisse beider Partien in Bezug auf
die Vihuela. Sowohl die Kolonisten wie auch die Einheimischen in Amerika haben in der Vihuela
einen Kreuzungs- und Verknüpfungspunkt gefunden. Die Frage sei hier, welche Zwecke die Vihuela
beiden Partien erfüllt hat und welche Bräuche sie in der „Neuen Welt“ gewann: Missions- und
Unterhaltungszwecke (bei den Europäern), Eingliederung und Adaptierung des Instruments einer
fremden Kultur (bei den amerikanischen Indigenen) und die weiteren Bedeutungen (z.B. sozialer
Status), die die Vihuela auf sozialer Ebene gewann (zum Beispiel bei den criollos56 als Symbol des
Status).57 Hiermit will ich nicht die aus Afrika stammende Bevölkerung in dem Prozess
ausschließen, trotz dem ich in dieser Arbeit den Zeitpunkt der Begegnung zwischen Kolonisten und
Einheimischen betrachte. Die afrikanischen Sklaven kamen - in großen Mengen - erst gegen Ende
des 16. Jh. nach Amerika und der Import der Sklaven ging bis Mitte des 19. Jahrhunderts.
Sicherlich kann die Geschichte der Musik in Amerika, nach Ankunft afrikanischer Bevölkerung auf
dem amerikanischen Kontinent, mit ihrem kulturellen Einfluss weiter erklärt werden.58 Doch für
eine weitere Betrachtung des afrikanischen Einflusses in der Vihuela-Musik Amerikas ist der
Umfang dieser Arbeit nicht ausreichend (siehe Kapitel 4.3. für die Erwähnung afrikanischer
Elemente in der Jarana-Spieltechnik).
Dritter entscheidender Faktor dieses Prozesses ist die Aufrechterhaltung der Vihuela. Aspekte wie
die Möglichkeit der kontinuierlichen Konstruktion von Kopien führen zu Fragen über das
Vorhandensein der Materialien in Amerika und dem Stand der technischen Musikbaukenntnisse in
den Kolonien, sowie auch soziale Bedingungen bestimmen und erklären das Verschwinden der
ursprünglichen Vihuela, ihres Repertoires und ihrer „Bedeutung“ im sozialen Kontext.
56 Criollo war der verwendete Begriff für afrikanisch oder spanisch abstammende Personen, die in der Neuen Welt (Indien -Amerika-) weit von der eigentlichen Heimat (Spanien oder Afrika) entfernt geboren wurden. Obwohl der Begriff keinen Bezug zur Hautfarbe hatte, hat er sich später in Lateinamerika für die spanisch Abstammenden etabliert. [Siehe Arrom 1951: 172, 173]
57 Siehe Fußnote 41.58 Zum Beispiel siehe Chamorro 1996: 59-72 und Béhague 1994.
15
4.1 Das Charango
Das Charango ist ein Chordophon, Zupfinstrument, dessen Grundform der Gitarren- und Vihuela-
Form ähnelt, das heißt, es besteht aus Kopf, Hals und Korpus. Seine Größe ist dennoch viel kleiner
als die der Gitarre oder der bekannten Vihuelen in Museen. Seine Saiten (aus Metall oder Nylon
-damals aus Darm-) sind paarweise in gewöhnlich fünf oder vier Chören gespannt. Das Charango,
neben anderen Instrumenten wie die quenas59 und die antaras60 (beide sind vor-koloniale
Instrumente entweder aus Knochen oder Rohrstock), ist als Symbol der Andinen-Musik im späten
20. Jh. geworden. Bolivien und Peru haben jeweils 2006 und 2007 dieses Instrument als
musikalisches und kulturelles Erbe deklariert. Sein Ursprung wird mit großer Wahrscheinlichkeit in
der Minenregion in Potosí, Bolivien, vermutet.61 1814 wurde es zum ersten Mal in schriftlicher
Form in einem Dokument erwähnt; ein Kleriker des Dorfes Tupiza in Bolivien beschreibt, wie der
Name „Charango“ den guitarrill(o)as62 zugeordnet wird: „usan con igual afición de guitarrillos
mui fuis, que por acá llaman charangos“ [Vega 1946:1 51].
In dieser Arbeit betrachte ich das Charango des Bautypus quirquirincho63 das „plakativste“ Beispiel
eines akkulturierten musikalischen Instruments in Amerika, wegen der Benutzung des Panzers
dieses Gürteltieres, ein Tier, das nur aus Südamerika herkommt. Ich betone das Wort „plakativ“,
weil nicht nur das Charango sondern viele andere Instrumente wie die Tiple, Jarana, Cuatro,
kubanische Tres, Bandola, usw. aus diesem Kulturtreffen zwischen Indigenen und Kolonisten im
Prozess der Akkulturation der Vihuela entstanden sind. Besonders wurde die vihuela de mano von
den Indigenen in ihr Instrumentarium eingegliedert und adaptiert. Das Bezeichnen eines fremden
Instrumentes (die Vihuela) an der Seite der Einheimischen im Inkareich, das heißt, der Versuch das
Neue und Fremde in sein eigenes Erkenntnissystem (Sprache) einzugliedern, markiert den Anfang
des Prozesses der Akkulturation der Vihuela zum Charango. In diesem Reich wurde die Vihuela mit
dem selben Wort für Handtrommel in Quechua bezeichnet:
„If the flute fascinated the Aymara, the drum galvanized the Quechua. (...) So largely did the drum idea loom that when the Spaniards introduced their guitarra and vihuela the Quechua called them ttinya, the same word which they applied to any hand-drum.“ [Stevenson 1959: 29]
Dem Wort „charango“ wurde von einigen Autoren die Bedeutung „gellend“, „lärmend“ oder
„geräuschvoll“ gegeben.64 Julio Mendívil widerspricht der Ausschreibung dieser Eigenschaft 59 Auf Aymara: Bezeichnung für Rohrstockflöte.[Siehe Stevenson 1959: 17 ff.]60 Auf spanisch zampoña Wort für Panflöte.61 Siehe Baumann 2004 und den Dokumentarfilm „The Charango“ von Jim Virga:
<http://www.andrewreissiger.com/Film.html>62 Die Definition des Begriffes guitarrilla wird später in diesem Kapitel erklärt.63 Oder quirquincho, Kirkinchu ist Quechua und bedeutet Armadill oder Gürteltier. [Siehe Gobierno Regional Cusco
2005: 204]64 „With its early adoption by the Indios, the guitarrilla got its new name: in Quechua, charanku, or charango in
Spanish. (There is an explanation that this word derives from the Quechua ch’ajwanku, third person of the infinitive
16
(„gellend“) und stellt diese in seinem Artikel von 2002 als eine schmälernde, westlich akademische
Sicht des lateinamerikanischen Instruments und seiner Schöpfer, das heißt die Indios, dar. Diese
Sicht wird trotzdem im populären Gebrauch (in der mestizischen Gesellschaft der Anden) oft
vertretet. Nach Mendívils Arbeit bezeichnen die ursprüngliche Worte changango, charanga, und
charanga sowohl ein Chordophon mit fünf Chören, Hals und konkavem oder geraden Körper (aus
Holz oder Gültertier), als auch die Art in dem die Saiten in anschlagender Weise gespielt werden
(spanisch=char[r]anguear).65 Auch Tarazona diskutiert die Hochspannung und gellende
Eigenschaft des Charangos in der Vergangenheit, weil damals die Stimmungen der Vihuela nicht so
hoch (also mit A unter 430Hz) waren. Die Saiten konnten nicht so hoch gespannt werden, weil die
Stütze des Körpers der Vihuela nicht stark genug für solche Spannung waren (außerdem waren die
Saiten aus Darm und der Kleber war weniger effizient als heutzutage).66 Wichtig hier zu erwähnen
ist, dass die Vihuela in dieser andinischen Zone der Potosí-Minen, in Bolivien, die erste
Entwicklung zu einem kleinen Instrument, nämlich die guitarrilla67 (kleine Gitarre), hatte. Die
guitarrilla ist ein typisches Instrument der Chipayas (Bewohner Boliviens, in der nähe der Grenze
zu Chile, südlich der Oruro-Minen). Sie hat eine ähnliche Form wie die Gitarre, ist dennoch kleiner.
Ihre Saiten sind in fünf Chören organisiert, jeder Chor enthält zwei Saiten (genau wie für die
Mehrheit der Variationen des Charangos).68 Danach wandelte sich diese guitarrilla in das
Charango. In seiner Entwicklung haben sich mehrere Variationen ergeben: Mit Stahlsaiten oder
Darmsaiten (abhängig von Materialien und Verfügungsmöglichkeiten -Saitenhandel- dieser
Epoche), mit Holzkörper (aus einem einzelnen Stück Holz oder zusammengebastelt) oder mit
Gürteltier-Korpus, mit gerader oder gekrümmter Hinterdecke, in Vihuela- und Gitarren-ähnlicher
Form oder selbst erfundene Variationen69, mit den damaligen, traditionellen Saiten-Chören und
gebräuchlichen Stimmungen der Vihuela oder weiter entwickelten innovativen, variierten
Stimmungen. Heutzutage werden verschiedene Begriffe für die Variationen des Charangos benutzt:
walaycho, ayquileño, kirki, maulincho, chillador, qonqota, usw. In Bolivien werden heute über 30
Varianten des traditionellen Charango außer der zeitgenössischen modernen Variation gezählt.70
ch’ajway, meaning to scream or make noise “char..., char...“; or from Aymara-Quechua chara-anku: leg-tendon. Other explanations are that the word derives from the Spanish words charanga and charanguero, which were uses by authors at the end of the 19th and at the beginning of the 20th century.)“ [Baumann 2004]
65 Siehe Mendívil 2002: 68, 69 und Cavour 2003: 5,6.66 Siehe Tarazona: El charango de los pueblos andinos <http://www.federico-tarazona.com/elcharango.html> Stand
10.02.2011.67 Siehe Abbildung 8.68 Siehe Baumann 1981: 192.69 Siehe Abbildungen 7 und 8.70 Siehe Sociedad Boliviana del Charango: Orquesta de los mil charangos “William Ernesto Centellas”
<http://www.1000charangos.com/MILCHARANGOS_FINALCOCA.pdf> Stand 10.02.2010.
17
4.2 Die Tiple
David Puerta Zuluaga vertritt in seinem Buch „Los Caminos del Tiple“ (1988) die Theorie, dass sich
der Ursprung der Tiple in der Vihuela befindet. Er präsentiert unterschiedliche Ansätze
verschiedener Autoren: Die Tiple solle entweder von der Gitarre (guitarra española71), der
kanarischen timple72 oder der chitarra battente73 herkommen. Um seine Theorie zu untermauern (die
Tiple komme von der Vihuela), schlägt er folgende Maxime zur Untersuchung vor: [1] Die in
Spanien/Portugal existierenden Instrumente Ende des 15. Jh. und ihre nachfolgende Entwicklung,
[2] die Instrumente, die in dieser Zeit von Eroberern, Kolonisten und Missionaren nach Amerika
gebracht wurden, [3] die Studien der vergleichenden Musikwissenschaft über die parallele
Entwicklung von Chordophonen in Spanien und Amerika, [4] die Etymologie des Wortes „tiple“
und ihre Benutzung bis heute, [5] die Spezifikation der Tiple und Timple auf den Kanarischen Inseln
und ihre historische Beziehung zur kolumbianischen Tiple, [6] die morphologische Charakteristik
der italienischen chitarra battente und der mögliche Kontakt zu Instrumenten in der amerikanischen
Kolonie.74
Puerta Zuluaga nennt mehrmals in seiner Arbeit die Möglichkeit, dass die Begriffe für Vihuela und
Gitarre oft verwechselt wurden.75 Der Grund dafür ist, dass Vihuela als generischer Begriff für die
Familie der Vihuelen verwendet wurde. Es gab in Spanien in dieser Zeit, wie zuvor schon erwähnt,
Hand-, Plektrum- und Bogenvihuelen in unterschiedlichen Stimmungen und Größen, mit fünf bis
sieben Chören und verschiedenen Formen. So wurde auch die Gitarre, als sie zu einem späteren
Zeitpunkt nach Amerika kam, vihuela gennant. In manchen Regionen Kolumbiens (Antioquia)
wurde dieser Begriff bis Anfang des 20. Jh. verwendet.76 Auf dem ganzen eroberten amerikanischen
Kontinent vollzog sich ein ähnlicher Prozess. In Mexiko und Guatemala wurden der Gitarre
ebenfalls der Begriff vihuela verliehen.77 So wurden auch die Vihuelen, die auf den Wandgemälden
der San Ignacio-Kirche in Kolumbien zu sehen sind, von Luis Mejía Restrepo (in seinem Artikel
der Zeitung Papel Periódico Ilustrado von 1887) als tiples betrachtet.78 Die ganze Verwirrung lässt
sich auf folgende Weise erklären: Zuerst kam die Vihuela nach Amerika mit ihren unterschiedlichen
Variationen. Sie wurden Vihuela genannt. Danach traf die Gitarre ein, sie wurde auch Vihuela
71 Hier bezieht sich Puerta auf die spanische, fünf-chörig Gitarre von Juan Amat (1596/1626).72 Die Timple ist ein kleines Chordophon von den Kanarischen Inseln, das eine Ähnlichkeit mit der Vihuela und
Gitarre aufweist. Ihre Abstammung kann auch von den Saiteninstrumenten der iberischen Halbinseln des 15. und 16. Jh. vermutet werden. [Siehe Hernández 1977: 18, 19]
73 Siehe Tucci und Ricci 1985: 82, 83 und Tyler 1975: 346.74 Siehe Puerta Zuluaga 1988.75 So auch die Meinung von Rodriguez Torselli (1992).76 Siehe Puerta Zuluaga 1988.77 Rodriguez Torselli 1992: 16, 26.78 Siehe Puerta Zuluaga 1988.
18
genannt. Also gab es eine Menge an Saiteninstrumenten, die vihuelas genannt wurden, erstens, weil
der Name im Spanischen sehr populär war und zweitens, weil die spezifische musikalische
Kenntnis nicht jedem selbstverständlich war. Auch die amerikanischen einheimischen
Saiteninstrumente, die von der Vihuela nachgebaut wurden, wurden zu Anfang vihuelas oder
guitarras genannt, bis die Standardisierung ihrer Formen und Variationen eigene Namen bekommen
haben: Charango, Tiple, Jarana, usw.
Das Wort „tiple“, schreibt Puerta Zuluaga (1988), kommt ursprünglich aus der mehrstimmigen
Gesangstradition der Notre Dame-Epoche im 12. Jh., nämlich aus dem Begriff „Triplum“. Das
Triplum im Organum oder Discantus ist die dritte Oberstimme.79 Das hohe Register dieser Stimme
wurde als Eigenschaft für andere Definitionen, die sich aus dem Begriff Triplum ableiteten, wie im
Englischen treble und Spanischen triple, danach tiple. Mit dem Wort tiple wurde in Spanien sowohl
das Triplum im mehrstimmigen Gesang bezeichnet, als auch Instrumente unterschiedlicher
Instrumentenfamilien (z.B. Blasinstrumente), die eine höhere Stimmlage hatten. Im 16. Jh. wurde
diese Bezeichnung in Amerika in dem gleichen Sinne verwendet, mehrere Dokumente und
Partituren der Zeit bestätigen es.80 In Spanien wurde der Begriff tiple zum ersten Mal im 18. Jh.
einem Chordophon gegeben: Pablo Minguet veröffentlichte 1754 sein Lehrbuch; für das Erlernen
der guitarra, tiple und vandola. Hier geht es um eine kleinere Gitarre (die spanische Tiple), die den
bolivianischen guitarrillas entspricht.81 Nach Puerta Zuluagas wurde in Kolumbien (Nueva
Granada) zum ersten Mal 1746 das Wort tiple verwendet, um ein Saiteninstrument anders als die
Gitarre zu benennen. Nicht nur in Kolumbien sondern im ganzen Kontinent wird heute dieser
Begriff für Chordophone ähnlicher Charakteristika verwendet: in Puerto Rico, der Dominikanischen
Republik, Venezuela, Argentinien und Uruguay.82
Im 19. Jh. hat sich die Tiple progressiv zu einer definitiven Form entwickelt. Über die Tiple wurde
ein beschreibender Artikel zu ihrem Wesen (Caicedo 1849 schreibt hier über ihre Varianten) und die
erste Methode für die Lehre (Suárez 1868) verfasst. Über die möglichen Theorien ihrer Herkunft
steht die Tatsache, dass die Tiple ein Chordophon und Zupfinstrument ist. Aktuell sind ihre Saiten in
vier Chören dreifach belegt. In ihrer Entwicklung zeigen sich bei der Tiple zu Anfang verschiedene
79 [13]„Garlandia defines triplum thus: "Triplum is the mixture of three tones according to the customary six consonances, viz., unison, octave, etc., in the same tempus. This is the common description, but a special sense of the word triplum is described thus: triplum is a melody in proportions which fits with discantus and is in consonance with it. Thus it is a third melody added to two others." "Triplum est commixtio trium sonorum secundum habitudinem sex concordiantiarum, scilicet unisonus, diapason, etc.; et hoc in eodem tempore. Et ista est communis descriptio. Specialiter autem sic describitur: triplum est cantus proportionatus aliquis conveniens et concordans cum discantu. Et sic est tertius cantus adjunctus duobus" (CS I, p. I 4b).“ [Siehe Waite 1952: 81].
80 Siehe Stevenson 1964: 347.81 Siehe Puerta Zuluaga 1988.82 Siehe Abbildungen 9, 10, und 11.
19
Arten der Besaitung auf: Es gab Tiples mit vier Saiten, mit fünf Saiten (vier Chöre, den Bass
verdoppelt), mit acht Saiten in vier Chören und zuletzt die zwölf Saiten in vier Chören. Ihre mittlere
Größe und Form, wie die Formen der Jarana und des Charangos, ist der Vihuela sehr ähnlich. Die
Form ist natürlich das erste Merkmal, welches das Auge fixiert. Den Einheimischen (Indigenen)
mag der Klang der Vihuela eine fremde Erfahrung gewesen sein, aber die Form der Vihuela haben
sie bestimmt als erste Erinnerung im Gedächtnis gespeichert.
In der kolumbianischen Gesellschaft wurde die Tiple erst in unteren Schichten gespielt. Sie wurde
als minderwertiges Instrument betrachtet, das nur vom Pöbel (el pueblo, la plebe) und Bauern
gespielt wurde (hier hatte sie nur vier Saiten).83 Die Vihuela tauchte mit der Zeit seltener auf und
verschwand gänzlich als Kolumbien unabhängig wurde (zu dieser Zeitpunkt war sie nicht mehr
beliebt, da sie ein Markenzeichen der Kolonisten war). Sie war ein Zeichen von Status und war im
Besitz renommierter Familien. Doch das Volk entwickelte Instrumente wie die Tiple, das Cuatro
und Requinto und die Bandola. Diese Instrumente entwickelten sich im Zuge neuer populärer
Musiken, die die untere Gesellschaftsschicht hervorbrachte. Später, in der zweiten Hälfte des 19.
Jh., gewann die Tiple allmählich einen Platz in den elitären Kreisen. Die importierte europäische
Musik (Walzer, spanische Tänze) entsprach nicht mehr der kolumbianischen Realität, der Kultur
und dem Alltag. Die Tiple, auch in der Trio-Besetzung (Tiple, Bandola, Gitarre), entsprach dem
musikalischen Geschmack und sozialem Ausdruck der Menschen der andinischen Region im
Zentrum des Landes. Anfang des 20. Jh. hat dieses Instrument seine heutige Gestaltung gewonnen
und ist bist heute ein repräsentativer Teil des kolumbianischen traditionellen Instrumentariums.
4.3 Die Jarana
In Mexiko gibt es heute eine große Vielfalt an Saiteninstrumenten, die aus der Vihuelenfamilie
kommen. In der westlichen Region Mexikos (bei Cocula, T'ixtla, Guerrero, Michoacán, Jalisco,
Guanajuato, Río Verde) erscheint ein Saiteninstrument, das Vihuela genannt wird, obwohl es nichts
mit der ursprünglichen Form und Konstruktion der Vihuela zu tun hat. Diese vihuela mexicana ist in
der ersten Hälfte des 20. Jh. aufgetaucht. Sie ist Teil der Mariachi-Besetzung, hat eine gekrümmte
Hinterdecke, fünf Saiten und eine gitarrenähnliche Form.84 Der Name ist dennoch durch die
Jahrhunderte beibehalten worden und heute ist diese Bezeichnung ein Erinnerungszeichen an die
Präsenz der Vihuela im 15. und 16. Jh. in Mexiko.
Aber ein Instrument, das größere Ähnlichkeit mit der Vihuela des 16. Jh. aufzeigt, ist die jarana
jarocha, die in der südlichen Region Veracruz in Mexiko zu finden ist. In dieser Region, wie auch
83 Gonzáles Espinoza 2006: 90.84 Siehe Parra Muñoz, Rafael 2007: 110-112..
20
in anderen des amerikanischen Kontinents, vollzog sich der „Prozess des Mestizentums“
(mestizaje): Einheimische Indigene, afrikanische Sklaven und spanische Eroberer (unter denen auch
Vertreter der arabischen und nordafrikanischen Völker waren) sind sich am Hafen Vera Cruz, am
Golf von Mexiko, begegnet. Vera Cruz war ein Zentrum des Sklavenimports.85 Aus dieser
Begegnung entsprangen verschiedene musikalische Ausdrücke. Einige von denen sind der son
jarocho86 und son huasteco. Sie sind musikalische Gattungen, die gleichzeitig der Gattung
Huapango87 entsprechen und jeweils in der südlichen und nördlichen Region von Veracruz
erschienen sind. Mehrere Merkmale der spanischen Kultur damaliger Zeit sind in diesen
musikalischen Ausdrucksformen enthalten, so auch das Instrument Jarana, das sich als Erbe der
spanischen Kultur abhebt. Hier ist der Ursprung aus der Vihuela des 16. Jh erkennbar; ihre schmale
Form, die doppelte Besaitung der meisten Chöre, die Stimmung und weitere Merkmale, lassen die
Herkunft dieses Instrumentes erkennen.
Die Jarana (jarana jarocha) ist das zentrale Instrument des Son Jarochos. Sie ist ein harmonisches,
als auch rhythmisch begleitendes Instrument. Ihre Ähnlichkeit mit der Vihuela ist grundlegend und
vergleichbar mit der des Charango und der Tiple: Flache Hinterdecke, Saiten in 5 Chören
zusammengestellt, Vihuela/Gitarren-Form, also eine schlanke „8“-ähnliche Form, die flache
Kopfplatte ist nach hinten gebeugt und hat Wirbel aus Holz. Es gibt heute, auf Grund der
Variationen der Instrumentenbauer, Jaranas in verschiedenen Größen, denen bestimmte Namen
gegeben wurden: chaquiste (50 cm), mosquito (60 cm), jarana primera (70 cm), jarana segunda
(80 cm), jarana tercera (90 cm) und tercerola (100 cm).88
Auffälliges Merkmal der Jarana ist ihre Spieltechnik. Anders als bei der Vihuela, die den
Kontrapunkt als Kompositionstechnik in ihrem spanischen Repertoire aufweist, spielt die Jarana
85 Siehe Johnson, Jean B. 1942: 235 und Aguirre Beltrán, Gonzalo 1944: 412 f.f.86 Son auf spanisch heißt Ton, Klang, Lied und kommt aus dem Lateinischen sonus: „The use of the term [son] dates
at least from the sixteenth century - in the Spanish-speaking world as a whole, although ample evidence of its currency is not to be found until the second half of the seventeenth. Gaspar Sanz, in his work commonly called Guitarra española, first published in Zaragosa in 1674, uses the term interchangeably with danza and sonada (...). The word son derives from the Latin sonus, etymologically, though its meaning differs a shade from that of its Latin equivalent. The Diccionario de Autoridades of the Real Academia de la Lengua (1726-1739) (...) gives the following definition: Ruido concertado, que percibimos con el sentido del oido, especialmente el que se hace con arte, ó música. [Concerted noise which we perceive with the sense of hearing, especially that which is executed with art, or music.] The same source gives tañido as the Spanish equivalent for the Latin sonus: El son particular, que se toca en cualquier instrumento. [A specific son which is performed on whatever instrument.] from which may be surmised that, as a musical form, the son must be accompanied on musical instruments.“ [Stanford, 1972: 66]
87 Das Wort Huapango (in der jüngeren Generation auch Fandango genannt) wird sowohl für das traditionelle Fest verwendet, als auch als Bezeichnung eines Rhythmus oder Repertoire der Regionen jarocha und huasteca in Veracruz, wie in der Mittleren Zone (Altiplano del Potosí und la Sierra Gorda) in Mexiko. In einem Huapango oder Fandango kommen Musiker, Sänger, Tänzer und die Bewohner des jeweiligen Dorfes zusammen, um gemeinsam zu feiern und sich zu unterhalten. [Siehe Parra Muñoz, Rafael 2007: 100 und Carrasco Ponce, Martha B. 2008: 24]
88 Castro, César: La Jarana en la Actualidad. Online verfügbar unter <http://jarochelo.com/cesar-castro-blog/la-jarana-en-la-actualidad/>, zuletzt geprüft am 12.08.2010.
21
eine begleitende Rolle in der Son-Jarocho-Besetzung. Mit einer Schlagtechnik namens rasgueado,89
rasgueo, maniqueo, oder muñequeo werden die Saiten in ähnlicher Form wie bei dem Charango
angeschlagen.90 Trotzdem schließt diese Technik die Möglichkeit Melodien auf der Jarana zu
spielen nicht aus. Doch die rasgueado-Spieltechnik der Gitarre setzte sich im 17. Jh. durch und
machte die Gitarre zu einem Instrument, das für nicht streng musikalisch gebildete Interpreten
einfach zu spielen war. Dies geschah im Zuge des „Unterganges“ der Vihuela gegen Ende des 16.
Jh., wobei die vier-chörige Gitarre bei Autoren wie Bermudo (1555) einen Prestigeverlust erlitt. Mit
diesem Urteil wurde versucht, die Vihuela auf einem höheren Niveau als die Gitarre zu halten. An
dieser Tatsache ist zu sehen, dass die Gitarre im populären Bereich üblich war und somit auch die
Spieltechnik rasgueado, die keine große musikalische Ausbildung erfordete. Es gibt
musikwissenschaftliche Untersuchungen über die Rasgueados (in Mexiko maniqueos genannt)
unter anderem der Jarana. Autoren wie Arturo Chamorro (1996) versuchen hier den Einfluss der
afrikanisch abstammenden Bevölkerung der Region Veracruz auf die Rhythmen und Akzente dieser
Spieltechnik zu erkennen.91 Eine Vielzahl der Saiteninstrumente in Mexiko und Lateinamerika sind
von dieser Spieltechnik beeinflusst worden – neben der Jarana auch die Vihuela mexicana, die
Tiple und das Charango. Die Leichtigkeit des Spielens erlaubte es (so die herab wertende
Sichtweise der katholischen Kirche und der aus Spanien Einreisenden über die „Eroberten“) auch
dem sogenannten „Pöbel“, mittels dieser Instrumente ein Repertoire an Volksliedern und
musikalischen Äußerungen zu entwickeln.
Auch ist die Jarana ein Beispiel für ein Instrument, bei dem Prozesse der Akkulturation und des
„Mestizentums“ zu sehen sind. Dies wird an den Veränderungen ihrer physikalischen Gestaltung,
ihrer Spieltechnik und ihres Repertoires deutlich.
89 Siehe Murphy 1968: 24-32.90 Erst im 16. Jh. wurde dieser Anschlagtechnik in einer Gitarrenmethode einer Notationsschrift gegeben, nämlich in
der Methode 1596 von Juan Carlos Amat.91 Murphy (1968) untersucht die Rasgueado-Technik der Gitarre des 17. Jh. im Vergleich zur Vihuela.
22
5 Zusammenfassung
Die vielen Varianten an Saiteninstrumenten, die im Mittelalter sowohl im europäischen Raum als
auch in der arabischen Welt die Entwicklung der Vihuela beeinflusst haben, lassen dennoch wenig
von ihrem Ursprung erahnen. Geographisch gesehen wird besonders Valencia im aragonesischen
Königreich als ursprüngliches Zentrum der Vihuela betrachtet. Ian Woodfield belegt diese Tatsache
an Hand der Ikonographie des Mittelalters in den Kathedralen von Aragonien. Die literarischen
Quellen vor dem Erscheinen musikalischer Traktate für die Vihuela (das heißt vor 1536) erwähnen
den Begriff vihuela im breiteren Sinn. „Vihuela“ steht für ein Saiteninstrument, das nicht genau
definiert ist: Der Begriff kann sowohl ein Streichinstrument wie auch ein gezupftes darstellen; oder
er beschreibt Instrumente unterschiedlicher Resonanzkörperformen, Größen und Anzahl an Saiten.
Trotz dieser Vielfalt an Einflüssen und einem dynamischen Entwicklungsprozess hat die Vihuela
ihre „Standardisierung“ und Blütezeit im 16. Jh. gehabt. In diesem Prozess legten sich ihre
physikalischen Merkmale fest (Form, Anzahl der Saiten) und ihr Repertoire etablierte sich, sowohl
als auch ihr sozialer Status. Die Vihuela war ein Instrument des Hofes und der Aristokraten.
Inzwischen war die Vihuela auch ein soziales und politisches Zeichen; in Spanien löste sie den Oud
(ūd) der Mauren ab und war in hohen Kreisen edler als die vier- und fünfchörigen Gitarren des
Pöbels. Ironischerweise war es die Gitarre, die Ende des 16. Jh. der Vihuela Aufmerksamkeit und
Ruhm stehlen sollte.
In ihrer kurzen Lebenszeit (etwa 100 Jahre) hat die Vihuela (und ihre Verwandte die Gitarre, u.a.)
die Entwicklung von neuen Saiteninstrumenten in Europa und Amerika beeinflusst. Trotz der
geringen Quellen für die Forschung wurden Belege gefunden, die die Ankunft der Vihuela in
Amerika beweisen. Mit dem Wissen, dass in Amerika kein Saiteninstrument in der Form Kopf-
Hals-Resonanzkörper (wie in Europa und Mittelasien entwickelt) bekannt war, steht die Vihuela
deutlich als Startpunkt oder Ausgangsinstrument für die Entwicklung neuerer Instrumente in dieser
Form. Dies geschah nur, weil mehrere Faktoren zu diesem Prozess beitrugen: 1) die Migration und
das Ankommen der Vihuela in Amerika aus Europa, 2) die Verbreitung der Vihuela (neben der
Verbreitung europäischer Kultur und Gesellschaftssysteme), 3) das Vorhandensein einer
musikalischen Bildung in Amerika und 4) die Akzeptanz, Aneignung und Eingliederung in die
einheimische Kultur und in die weiterhin neu formierten sogenannten mestizischen Gesellschaften.
1) Die Migration von Menschen aus Europa nach Amerika (Eroberer, Missionare und Kolonisten
u.a.) hat dazu gedient, dass Instrumente der Familie der Vihuela nach Amerika gebracht wurden.
Der Grad der musikalischen Beschäftigung der Migranten hing meistens von dem gewählten Beruf
23
ab. Nicht nur Instrumente wurden mitgebracht, sondern auch Bücher und Methoden. Wie im Kapitel
3 erwähnt, waren es Millionen Migranten, die nach Amerika gewandert sind, wobei nur wenige mit
ihrem Besitz in dem AGI registriert wurden.
2) Der Prozess der Verbreitung der Vihuela und der Kenntnis von Instrumentenbau, Musiklehre,
Musiktheorie, usw. vollzog sich durch Missionsarbeit und private Unterhaltungszwecke. Die
Missionare (allen voran die katholische Kirche) haben die Verwendung der Musik als Strategie
benutzt, um durch die Begeisterung der Indianer den katholischen christlichen Glauben zu
institutionalisieren. Die Vihuela war zu Anfang ein geeignetes musikalisches Instrument zur
Begleitung des Gottesdienstes, auf Grund der einfachen Tragbarkeit der Vihuela (zum Beispiel in
schwierig zugänglichen Gebieten, wie den Anden Boliviens) und wegen ihrer musikalischen
mehrstimmigen und harmonischen Möglichkeiten. Auch in der privaten Unterhaltung fand die
Vihuela ihren Platz und wurde zu einem Symbol gesellschaftlichen Status, wie zuvor in Spanien.
3) Die Bereitschaft der Einheimischen, das heißt, ihr musikalisches Potenzial, ihr Hintergrund und
ihre soziokulturellen Bedürfnisse, ein fremdes Instrument in ihre Kultur zu integrieren, war
vorhanden. Mehrere Missionare haben in Dokumenten erwähnt, wie „fähig“ die Indigenen im
Instrumentenbau waren, sowie auch mit dem musikalischen Lernen. Trotz der unterschiedlichen
Wahrnehmung (Ästhetik) des Klanges und des Tones, hatten die einheimischen, so wie die
europäischen Menschen, eine lange musikalische Tradition der Maya- und Inka-Königreiche,
bezüglich des Phänomens „Musik“ waren sie schon erfahren.
4) In der neu formierten amerikanischen Gesellschaft haben die Musik und musikalische
Ausdrückformen neue Wege gefunden. Die Akzeptanz, Aneignung und Eingliederung von
spanischem Musikrepertoire, Instrumenten und Texten (Literatur, Gedichte, Lieder) – all das zur
Entwicklung neuerer Formen beigetragen. Die neuen Instrumente (in dieser Arbeit: Charango,
Tiple und Jarana) sind „akkulturierte“ Gegenstände, die entsprechend der menschlichen
Bedürfnisse einem Anpassungsprozess unterlagen. Diese Anpassung ist von soziokulturellen, wie
ökonomischen und politischen Aspekten beeinflusst. Wie in dieser Arbeit erwähnt, kann der Besitz
einer Vihuela in Amerika (zwischen 1550-1700) als sozialpolitischer Aspekt betrachten werden:
Das Symbol von Status und spanischer Autorität der criollos ist inhärent. Aber die Entwicklung
eines Instrumentes wie das Charango und die Ablehnung der Vihuela kann auch sozialpolitisch
gesehen werden, insofern als dass sie einen revolutionären Schrei gegen die aufgezwungenen
Formen der Spanier darstellten. Nicht nur solche abstrakten Konzepte beeinflussten die
Entwicklung dieser akkulturierten Instrumente, sondern auch pragmatische ökonomische
Phänomene wie der Handel von Materialien, die für die Instrumentenbau nötig waren, der Transport
von Instrumenten und die Musikschulen, in denen die musikalischen Kenntnisse und
24
Musiktraditionen vermitteln wurden.
Das Charango, die Tiple und die Jarana haben jeweils in ihren Ursprungsländern ihren Platz
gefunden, weil sie die eigenen kulturellen Ausdrucksformen vertreten konnten. Die Vihuela war für
diese amerikanischen Gesellschaften kein repräsentatives Instrument mehr. Und dennoch hat die
Vihuela zur Entwicklung dieser Instrumente beigetragen. Denn sie war in Spanien, zusammen mit
der Gitarre, das Musikinstrument en vogue und konnte als kultureller Ausdruck der Befreiung der
Maurer gesehen werden. Dies passierte genau in der Zeit der Eroberung Amerikas, in der die
Spanier die Kolonialisierung (mit ihren kulturellen, politischen und sozialen Aspekten) vollzogen
haben. Diese Instrumente (Charango, Tiple und Jarana) haben heute ihre standardisierten Formen
entwickelt. Von der Vihuela und der Gitarre des 16. Jh. sind noch Ähnlichkeiten in der
physikalischen Konstruktion, im Repertoire (den Kompositionen) und in der Spieltechnik zu
erkennen.
25
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29
7 Anhang
7.1 Vihuela-Exemplaren
30
Abbildung 1: „Guadalupe“ Vihuela, in Musée Jacquemart-Andrée (Paris) [Prynne 1963: 28]
Abbildung 2: „Chambure“ Vihuela, in Cité de la Musique (Paris) [Dugot 2004]
Abbildung 3: „Quito Vihuela“, in Iglesia de la Compañia de Jesús de Quito (Quito) [Bermúdez 1991]
7.2 Vihuela Stimmlagen
31
Abbildung 4: Fray Juan Bermudo Stimmung der Vihuela: G, c, f, a, d', g'
Abbildung 5: Luys Milans Stimmung der Vihuela: A, d, g, h, e', a' (in „Libro de Música de Vihuela intitulado El Maestro“
7.3 Lateinamerikanische Instrumente: Charango, Tiple und Jarana
32
Abbildung 7: Verschiedene Typen moderner Charangos
Abbildung 6: Quirquincho Charango: 1. clavijera (Stecktafel); 2. clavijas (Wirbel); 3. ceja (Sattel); 4. diapasón (Griffbrett); 5. trastes (Bünde); 6. conchitas (Positionmarken); 7. roseta / incrustación (Rosette mit Deko); 8. boca (Schallloch); 9. filete / cintura / arco (verzierte Rahmen); 10. cara (Decke); 11. puente (Steg); 12. cuerdas (Saiten)
Abbildung 8: Guitarrilla der Chipayas mit fünf Chören. Ayparavi, Oruro-Bolivien (Foto: M.P. Baumann)
33
Abbildung 9: Kolumbianische moderne Tiple (12 Saiten)
Abbildung 10: Puerto Rico Tiple aus der Sammlung Vidal in Smithsonian Museum (Alter unbekannt)
Abbildung 11: Tipos indio, blanco y mestizo. Aquarell von Carmelo Fernández 1851
7.4 „Libro del buen amor“ Stanzen 1228-1234, 1516:
1228 Allí sale gritando la guitarra morisca
de las voses aguda e de los puntos arisca,
el corpudo laúd que tiene punto a la trisca,
la guitarra latina con ésos se aprisca.
1229 El rabé gritador con la su alta nota,
cab' él el orabín taniendo la su rota,
el salterio con ellos más alto que la mota,
la vihuela de péndola con aquéstos y sota.
1230 Medio caño et arpa con el rabé morisco,
entr' ellos alegrança el gálipe françisco,
la rota dis' con ellos más alta que un risco,
con ella el tamborete, sin él non vale un prisco.
1231 La vihuela de arco fas' dulçes de bayladas,
adormiendo a veses, muy alto a las vegadas,
voses dulses, sabrosas, claras et bien pintadas,
a las gentes alegra, todas las tiene pagadas.
--------
1516 Arábigo non quiere la viuela de arco,
çinfonia, guitarra non son de aqueste marco
cítola, odreçillo non aman caguyl hallaco,
mas aman la taberna, e sotar con bellaco.
7.5 „Libro de Apolonio“ Stanzen 179-185 und 350:
178 Aguisose la dueña, ficiéronle logar,
tempró bien la vihuella en un son natural;
dejó cayer el manto, parose en un brial,
comenzó una laude, homne non vio atal.
179 Facía fermosos sones y fermosos debaylados,
quedaba, a sabiendas, la voz a las vegadas;
facía a la vihuela decir puntos ortados,
semejaba que eran palabras afirmadas.
180 Los altos y los bajos, todos della dicían,
la dueña y la vihuela tan bien se avinién
que lo tenién a fazaña cuantos que lo vehién.
Facía otros depuertos que mucho más valién.
182 Recudió Apolonio como firme varón:
«Rey, de tu fija non digo si bien, non,
mas, si prendo la vihuela, cuido fer un tal son,
que entendredes todos que es más con razón.
185 Non quiso Apolonio la dueña contrastar,
priso una vihuela y sópola bien temprar;
dijo que sin corona non sabrié violar,
non quería, maguer pobre, su dignidat bajar.
350 Criaron a gran vicio los amos la mozuela,
cuando fue de siete años, diéronla al escuela;
apriso bien gramátiga y bien tocar vihuela,
aguzó bien, como fierro que aguzan a la muela.
7.6 „Cantigas de Santa Maria“ - Cantiga Nummer 8:
A Virgen Santa Maria
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Esta é como Santa Maria fez en Rocamador decender
ha candea na viola do jograr que cantava ant' ela.92
(...)
92 Siehe Abbildung 12.
Un jograr, de que seu nome | era Pedro de Sigrar,
que mui ben cantar sabia | e mui mellor violar,
e en toda-las eigrejas | da Virgen que non á par
un seu lais senpre dizia, | per quant' en nos aprendemos
(...)
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De com' o jograr cantava | Santa Maria prazer
ouv', e fez-lle na viola | ha candea decer;
may-lo monge tesoureiro | foi-lla da mão toller,
dizend': «Encantador sodes, | e non vo-la leixaremos.
(...)
Mas o jograr, que na Virgen | tia seu coraçon,
non quis leixar seus cantares, | e a candea enton
ar pousou-lle na viola; | mas o frade mui felon
tolleu-lla outra vegada | mais toste ca vos dizemos.
(...)
Pois a candea fillada | ouv' aquel monge des i
ao jograr da viola, | foy-a põer ben ali
u x' ant' estav', e atou-a | mui de rrig' e diss' assi:
«Don jograr, se a levardes, | por sabedor vos terremos.»
(...)
O jograr por tod' aquesto | non deu ren, mas violou
como x' ante violava, | e a candea pousou
outra vez ena vyola; | mas o monge lla cuidou
fillar, mas disse-ll' a gente: | «Esto vos non sofreremos.»
(...)
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Abbildung 12: Cantiga VIII, Fol. 18r von Cantigas de Santa Maria Codex „To“ [Ribera 1922: 9]
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