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Kapitel 13 AudiobearbeitungHans-Joachim Maempel, Stefan Weinzierl und Peter Kaminski

13.1EditierungundMontage. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721 13.1.1 HistorischeEntwicklung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 721 13.1.2 PraxisundFunktion. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72313.2Klanggestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725 13.2.1 FaderundMute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 725 13.2.2 Panoramaregler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 726 13.2.3 Stereo-Matrix. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 729 13.2.4 Kompressor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 730 13.2.5 Expander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 739 13.2.6 KombinierteRegelverstärker. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 743 13.2.7 Filter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 744 13.2.8 Verzerrer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 747 13.2.9 Enhancer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 748 13.2.10Delayeffekte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 748 13.2.11Nachhall. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 751 13.2.12PitchShifting. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 13.2.13TimeStretching. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 756 13.2.14Phaser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 756 13.2.15Ringmodulator. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 757 13.2.16TremoloundVibrato . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758 13.2.17Leslie-Kabinett(rotaryspeaker) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758 13.2.18Wah-Wah. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 759 13.2.19Vocoder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 760 13.2.20Mehrfach-BearbeitungundkomplexeAlgorithmen . . . . . . . . . . . 76213.3Klangrestauration. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763 13.3.1 Bearbeitungswerkzeuge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 763 13.3.2 KlassifizierungvonStörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764 13.3.3 Rauschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 764 13.3.4 Scratches,ClicksundCrackles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 766 13.3.5 Frequenzgangsbeschneidung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 768 13.3.6 Pop-Geräusche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 13.3.7 ÜbersteuerungenundVerzerrungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 769 13.3.8 Netz-Störungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 770

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13.3.9 Azimuthfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 771 13.3.10Drop-Outs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772 13.3.11DigitaleStörungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 772 13.3.12Störgeräusche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 13.3.13Praxis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77413.4FunktionenundästhetischeZiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 775 13.4.1 PhysikundPsychologie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 776 13.4.2 GestaltenundInterpretation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 778 13.4.3 KlangästhetischeMaximen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 779 13.4.4 Aktivierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 780 13.4.5 Assoziation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 780 13.4.6 RobustheitundLautheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 781Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 781

AudioinhaltewerdenbeiderAufnahme,ÜbertragungundWiedergabeinderRegelauchbearbeitet,dasowohlkünstlicherzeugtealsauchinderNaturaufgenommeneKlängezunächstoftnurunzureichendfürdiemedialeVerbreitunggeeignetsind.Imwesentlichen gibt es dabei vier Zielsetzungen, die je nach Inhalten und Medienunterschiedlichstarkgewichtetsindundineinandergreifen:

• DieProduktioneinervorlagengetreuenundidealisiertenakustischenDarbietungoderSzene(z.B.dieEliminierungvonStörungenoderSpielfehlern)

• DieInterpretationderaufgenommenenInhaltedurchtechnischeMittel(z.B.dieGewichtungoderEffektbearbeitungvonMusikinstrumenten)

• DieAnpassung an die technischen Erfordernisse der Übertragungskette (z.B.korrekteAussteuerung)

• DieAnpassungandieRezeptionssituationen,-gewohnheitenund-erwartungenderZielgruppe(z.B.dieEinhaltungeinersinnvollenProgrammdynamik)

Entsprechend umfangreichwirdAudiobearbeitung heute eingesetzt: in allen elek-tronischenMedien,währendnahezuallerProduktionsschritteundbeiallenAudio-inhalten.Bisindie1970erJahrehineinfunktioniertenAudiobearbeitungsmittelaus-schließlichaufderBasisanalogerSignalverarbeitung.AlsErgebnisdertechnolo-gischen Entwicklung überwiegt heute die digitale Realisation, entweder alsStand-Alone-Gerät (Hardware),alsSoftware-Anwendung,als sogenanntesPlug-inoderalsHardware-Plug-in-Kombination.Plug-inssindspezialisierteSoftware-Kom-ponenten,dieüberstandardisierteSchnittstellen(z.B.AU,VST)inintegrierteAudio-produktionsumgebungen (digital audioworkstations, DAWs) eingebunden werdenkönnen.SiebestehenauseinemAlgorithmuszurBerechnungderAudiodatenundeinergrafischenBenutzeroberfläche.EinfacheBearbeitungsmittelwieEqualizerundRegelverstärkersowiezunehmendauchEffektewieDelaysoderNachhallsindhäu-figindieKanalzügeprofessionellerMischpulteintegriert.DurchdigitaleSignalver-arbeitung wurden bestehende Audiobearbeitungsmittel auf höherem qualitativemNiveaurealisierbar(insbesonderekünstlicherNachhall)sowieneueEffekteermög-licht,z.B.PitchShiftingundTimeStretchingmitFormantkorrektur.Gegenübertradi-

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tionellenVerfahrenderSignalbearbeitungdurchFiltermitsignalunabhängigfestge-legtenParameternhatdiedigitaleAudiosignalverarbeitunginjüngererZeitneueVer-fahrenerschlossendurchdenEinsatzvonFaltungsoperationeninEchtzeitundandererFrequenzbereichsverfahren,sowiedurchdiedynamischeParametrisierungvonBear-beitungsoperationenaufderBasisvonMerkmalsanalysen(featureextraction).

13.1 Editierung und Montage

ProfessionelleAudioproduktionen (Soundtracks zumFilm,Hörspiele,Musikauf-nahmen)sindinderRegeldasErgebniseinerMontagevoneinzelnenAufnahmen,derenEinspielungsichnichtnotwendigerweiseanderzeitlichenStrukturdesEnd-produktsorientiert.ImBereichderPopularmusik(außerJazz)wirdüberwiegendimsog. Overdubbing-Verfahren produziert. Einzelne Stimmen eines ArrangementswerdennacheinanderaufunterschiedlicheSpurenaufgenommen,Korrekturener-folgen durch destruktives oder nichtdestruktives Überschreiben von kurzen Se-quenzenaufdemmehrspurigenAudiomaterial(punchin–punchout).ImBereichderklassischenMusikebensowiebeiSprachaufnahmenwerdendagegen,ähnlichwiebeimFilm, zunächstmehrereVersionen (Takes) einesStücksoder einzelnerPassageneinesStücksaufgenommen.IneinemanschließendenEditierungsprozesswird das aufgenommeneTonmaterial zu einemorganischenAblaufmontiert. SoentstehtdieIllusioneinermusikalischenAufführung,dieindieserFormniestattge-fundenhatundvielleichtniestattfindenkönnte.

13.1.1  Historische Entwicklung

WährendderSchnittbeimFilm,derjanichtsanderesistalseineAneinanderreihungvonFotografien,keinespeziellenAnforderungenandenBildträgerstelltunddaherschonimmerTeildesProduktionsprozesseswar,warenbeimTonzunächstnurbe-stimmteAufzeichnungsmediengeeignet,eineAufzeichnungneuzumontierenunddabeiunhörbareÜbergängezuschaffen.WährendNadeltonträger(Zylinder,Wachs-undSchellackplatte)füreinesolcheMontageungeeignetsind,wurdebereitsEndeder 1920er Jahre das neu entwickelte Lichtton-Verfahren erstmals für Hörspiel-Montageneingesetzt.FürWeekend,eineakustischeMontagevonAlltagsgeräuscheneinerGroßstadt amWochenende, übertrug derKomponistWalterRuttmann, derauchdieFilmmusikzuBerlin – Sinfonie einer Großstadt(1927)komponierthatte,dasCollage-PrinzipaufdenTon.2000mFilmtonwurdenamSchneidetischauf250mgekürzt,umein11’20’’langesStückaus240Einzelsegmentenzuerhalten,das1930inderSendungHörspiele auf TonfilmzumerstenMalimRundfunkgesen-detwurde(Vowinckel1995).

Das Magnetband wurde in Deutschland seit Einführung der HF-Vormagneti-sierungimJahr1940fürMusikproduktionen,MitschnitteundfürdenSendebetrieb

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eingesetzt.AußerhalbDeutschlandshielt es erst nach1945Einzug. IndenUSAwurdenseit1948beimRundfunksenderABCundbeimDecca-LabelMagnetband-geräteeingesetzt(Gooch1999),seit1949wurdeinEnglandbeiDecca(Culshaw1981),ab1950auchbeiE.M.I.aufMagnetbandaufgezeichnet (Martland1997).DasMagnetbandkonnteundmusste,daeszunächstsehrrissanfälligwar,geklebtwerden.Dabeiwurdezunächst„nass“geklebt,d.h.beibeidenmiteinerunmagne-tischenScheregeschnittenenEndendesBandeswurdedieTrägerschichtdurcheinLösungsmittelleichtangelöst,dasBandeinigemmüberlapptunddurchanpressenverklebt.SeitAnfangder1950erJahrewarenKlebelehrenaufdemMarkt,mitde-nenderSchnittwinkelderBandendenexakteingestelltwerdenkonnte,sowieKlebe-streifen zum Hinterkleben des Bandmaterials. Bei Interpreten stieß die von denMusikproduzenteninden1960erJahrenbereitsintensivgenutzteMöglichkeitderMontage, wie das immer größere Repertoire anAudiobearbeitungsverfahren imAllgemeinen,aufambivalenteReaktionen.WährendInterpretenwiederkanadischePianistGlennGould (1932–1982)dieMontagealsErweiterungder interpretato-rischenGestaltungsmöglichkeitenverstandundsichzugunstenderStudioproduk-tionzunehmendausdemKonzerlebenzurückzog(Gould1966),erlaubtederrumä-nische Dirigent Sergiu Celebidache (1912–1996) nur noch Live-Übertragungenseiner Konzerte, wodurch die zeitliche Struktur unangetastet blieb (Celebidache1985).

Schnitt-undKlebelehrenfüranalogesMagnetbanderlaubteneinenwenigeMilli-meter langen Schrägschnitt, entsprechend einer Überblenddauer (crossfade) vonetwa10msbeieinerBandgeschwindigkeitvon38cm/s.Vereinzeltarbeitetemaninden1970er Jahrenmitbis zu20cm langenSchnitten, entsprechendeinerÜber-blendzeitvonüber500ms,wobeidasBandhäufigin„Schwalbenschwanz“-Formgeschnittenwurde,umdiebeimSchrägschnittaufgrundderSpurlageauftretenden,beikurzenSchnittenaberinderRegelunhörbarenStörungendesStereo-Panoramaszuvermeiden.BeiMehrspuraufnahmenwärederZeitversatzzwischendenSpurenbeisolchflachenSchnittwinkelnallerdingszugroßgewesen,weshalbmanbereitsbei8-Spuraufnahmenmit„Zickzackbrettern“arbeitete,dieparalleleSchrägschnitteindasBandstanzten.

Bereits das erste im kommerziellen Einsatz befindliche digitale Aufzeich-nungssystem (Soundstream, 1976), das mit Festplatten und Bandsystemen alsAufzeichnungsmediumarbeitete,übertrugdieEditiermöglichkeitendesanalogenTonbandesaufdieDigitaltechnik,wodurchFunktionenwieWellenformdarstel-lung,CrossfadesundCut,CopyundPasteeingeführtwurden.ZunächstsetztensichinderMusikproduktionbandgestützteSystemedurch,diemiteinemUmko-pierschnittarbeiteten.HierwurdenzweiZuspielersozueinandersynchronisiert,dass an einem definierten Schnittpunkt von einem zum anderen übergeblendetunddasErgebnisaufeinemdrittenGerätimAufnahmemodusaufgezeichnetwer-denkonnte.EinkleinerBereichumdieSchnittstellekonntedurchEditorenwiedas1980eingeführteModellDAE1100derFa.SonyimRAMvorgehörtwerden.Als Tonträger konnten verschiedene, timecode-fähige Bandformate eingesetztwerden.ImZweispur-BereichwarendieszunächstdiePseudo-Video-Aufzeich-nungaufU-maticundspäterDAT-Zuspielerund-Recorder,imMehrspur-Bereich

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DASH-Formate.Endeder1980erJahrekamenersteausschließlichfestplattenba-sierte Schnittsysteme (Sonic Solutions, 1988) auf den Markt, seither gehörenSchnitteundÜberblendungenvonbeliebigerDauerzudenGrundfunktionendigi-talerAudioworkstations.

13.1.2  Praxis und Funktion

BeimanalogenSchnittaufMagnetbandmusstedurchHin-undHerbewegendesBandesamTonkopf(scrubbing)zunächsteineidentifizierbareStelleaufdemBandlokalisiertwerden.SchnittewurdendaherüberwiegendinoderkurzvoreinemklardefiniertenToneinsatzdurchgeführt.

DigitaleSchnittsystemeerlaubeneinekontrolliertereSchnittbearbeitungdurchdieMöglichkeit,DauerundHüllkurvederÜberblendungfreizuwählenunddenSchnitt lediglichalsSprungbefehlbeimAbspielenderAudiodatenzudefinieren,ohnealsodasoriginaleAudiomaterialzuverändern(non-destructiveediting).DieHüllkurvederÜberblendungkanndabeisogewähltwerden,dassderbeieinemline-arencrossfade(wiebeianalogenBandschnitten)unvermeidlichePegeleinbruchinderMittederÜberblendungvermiedenwerdenkann.

BeieinerlinearenEin-undAusblendungderAmplitudefalleninderMitteeinessymmetrischencrossfadesdie–6dB-PunktederbeidenSegmentendenzusammen

Abb. 13.1 FensterzurSchnittbearbeitungmiteinerDarstellungvonQuell-undZielspur(source/destinationtrack)undeinerÜberblendungmitbeliebigerDauerundHüllkurve

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undaddierensichaufgrunddernicht-kohärentenSignalbeziehungzueinemSum-menpegelvon–3dB.DigitaleAudioworkstationsbietendaherunteranderemeineHüllkurvean,welchedieSignalenergiewährendderÜberblendungkonstanthält.SeitderEinführungdigitalerAudioworkstationskannauchdievisuelleDarstellungderWellenformalsOrientierungfürdieMontageverwendetwerden(Abb.13.1).AlsKonsequenzhatdieHäufigkeitvonSchnittenmitEinführungderDigitaltechnikimMitteletwaumeinenFaktor2bis3zugenommen(Weinzierlu.Franke2002)undmittlereSegmentlängenvon10bis20szwischenzweiSchnittendürftenbeiklassischenMusikproduktionenheutedieRegelsein.

HinsichtlichderFunktionvonEditierungsvorgängenkannunterschiedenwerdenzwischen einem Insert-Schnitt, der als kurzeKorrektur innerhalb eines längerenTakesdaszeitlicheGefügedeskorrigiertenAbschnittsimWesentlichenunangetas-tetlässt.DemgegenüberentsprichtdemAssemble-SchnitteineÜberblendungvoneinerAufführungdesWerks in eine andereAufführung,wobei zwangsläufigdieursprünglicheZeitstrukturder Interpretationersetztwirddurchdie Illusioneines(im besten Fall) organischen, musikalischenAblaufs. Die Begriffe stammen ur-sprünglichausdemUmkopierschnitt,wobeimInsert-SchnittdasdurcheinenaufdemBandvorhandenenTimecodevorgegebeneZeitrasternichtverändertwerdenkonnte,währendbeimAssemble-SchnittauchderTimecodegeschnittenwurde.SiebeschreibenimübertragenenSinnauchdiemodernePraxis,auchwennbeifestplat-tenbasierten, nicht-linearen Schnittsystemen keine Timecode- und Steuerspurenmehrgeschnittenwerden.EinendrittenTypusbildenzeitmanipulativeSchnitte,beidenen–ohneineinenanderenTakezuwechseln–dieZeitstrukturderAufnahme

Abb. 13.2 Schnittsegmenteund-zeitpunkteeinerProduktionderNeuntenSymphonie(Sätze1–4)vonL.v.BeethovenausdemJahr2000,veröffenlichtbeieinemMajor-Label.AufnahmeundSchnitterfolgtenaufdigitalem24-Spur-Magnetband.Insgesamtwurden267Schnitteausgeführt(Weinzierlu.Franke2002).

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verändert wird, etwa beim „Geradeschneiden“, wo der Einschwingvorgang beimehrstimmigenEinsätzensoweitverkürztwird,bisursprünglichvorhandeneUn-synchronitäten beimAkkordeinsatz nicht mehr hörbar sind. Zeitmanipulativ istauchdasVerkürzenoderVerlängernvonTonabständenundPausen,wodurchdieZeitgestaltungderaufgezeichnetenAufführungdirektbearbeitetwird.BeiAlgorith-menzurTimeCompressionoderzumTimeStretchinggeschiehtdiesaufGrundlageeiner vorangehenden Signalanalyse automatisch (Abschn. 13.2.13 und Kap.15.3.5).

13.2 Klanggestaltung

13.2.1  Fader und Mute

MitdemFader(Pegelsteller)wirddieAmplitudedesAudiosignalsfrequenzneutralverändert.DieSignalamplitudebestimmtinersterLiniedieLautstärkedesKlangs,beeinflusstaberauchdiewahrgenommeneEntfernungundGrößederSchallquellesowie–wegenderKurvengleicherLautstärke(Abb.2.5)undaufgrundvonVerde-ckungseffekten bei der Mischung– ihre Klangfarbe. Der Fader wird sowohl imHinblickaufeinekorrekteAussteuerung(Kap.10.1.1)alsauchmitdemZieleinerkünstlerisch-technischen Klangregie eingesetzt. Unter einer Vielzahl von tech-nischenAusführungenlassensichfolgendeRealisierungsformenunterscheiden:

• Dreh-oderSchieberegler(sowieweitere,v.a.historischeBauformen),• kontinuierlichoderstufenweiseveränderbar,

Abb. 13.3 Verteilung(Histogramm)derSegmentdauernausAbb.13.2.

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• linearoderlogarithmischskaliert,• AnalogeSchaltungsdesignsT,H,Loderπ(vgl.hierzuWebers1999,299–302),• passiv(dämpfend)oderaktiv(nichtdämpfend),• direkteoderspannungs-bzw.digitalgesteuerteSignalverarbeitung,• nurmanuellsteuerbaroderzusätzlichautomatisierbar,• nurmanuellbeweglichoderzusätzlichmotorisiert,• ohneodermitBerührungssensor,• physischodernurvisuelldurchSoftwarerepräsentiert.

InderprofessionellenTonstudiotechnikistheutederstufenlosveränderbare,auto-matisierbare,berührungsempfindlicheundmotorisierteSchiebereglerStandard,derSteuerdatenfüreinezumeistausgelagertedigitaleSignalverarbeitungliefert.Fra-genderSkalierungoderanalogerSchaltungsdesignsverlierendamit ihreBedeu-tung.NachwievorwichtigbleibenjedochergonomischeundfunktionaleAspekte,dennbeidemPegelstellerhandeltessichumdasamhäufigstenverwendeteAudio-bearbeitungsmittel.

Mutes(Stummschaltungen)stelleneineneinfachenaberwirksamenEingriffimRahmeneinerAudioproduktiondar:Signalewerdenunhörbargemacht,indemihrPegelaufL=-∞reduziertwird.ZurVermeidungvonKnackgeräuschengeschiehtdiesentwederalsRegelvorgangineinemkurzenZeitintervallinderGrößenordnungvon10ms(meistbeizeitlinearenProduktionsweisen,etwaamMischpult)oderalsabrupter,jedochaufdennächstliegendenNulldurchgangdesAudiosignalsverscho-benerSchaltvorgang(meistbeinicht-zeitlinearenProduktionsweisen,z.B.ineinemHarddisc-Recording-System).JenachMöglichkeitundZielsetzungwirddasMuteperHandzeitlichfrei,durchSynchronisationzeitbezogenoderdurchMarkerpräzisesignalverlaufsbezogenausgelöst.DasMutekannnichtnurzurEntfernungvonStör-geräuscheneingesetztwerden,eskannauchmusikalisch-dramaturgischenZweckendienen:DurchdasStummschaltenbeliebiggroß-oderkleinteiligermusikalischerEinheitenkönnenBestandteileeinesMusikstücksentferntwerden,diedaskomposi-torische Gefüge maßgeblich konstituieren, was im allgemeinen eine gravierendeÄnderungdermusikalischenWirkungzurFolgehat.SchließlichkannesauchzurKlanggestaltung eingesetztwerden: In einemSignalabschnitt, der als zusammen-hängender Klang wahrgenommen wird, verursachen kurzzeitige Mutes als Hüll-kurvederSignalamplitudeeinen‚zerhackten‘Klangverlauf,wasz.B.beiderProduk-tionvonPopularmusikalsEffektgewünschtseinkann.

13.2.2  Panoramaregler

DerPanoramaregler(auchPanoramapotentiometeroderkurzPanpot)imKanalzugvonMischpultendientderFestlegungderLokalisationeinesKlangs indemvondenLautsprechernaufgespanntenStereo-Panorama(Abb.13.4).ErleitetdasSignalmiteinerdurchseineStellungdefiniertenPegeldifferenzaufdieAusgangswegedesMischpults,wodurcheinePhantomschallquellezwischendenWiedergabelautspre-

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chernentsteht(Kap.3.3.1).DerZusammenhangzwischen(zweikanal-stereofoner)PegeldifferenzundHörereignisrichtungaufderLautsprecherbasiswurdealsLoka-lisationskurvedurcheineReihevonHörversuchenermittelt(Abb.10.15oben).

Da die stereofone Lokalisation nicht nur durch Pegel-, sondern u.a. auch durchLaufzeitdifferenzen beeinflusst werden kann, könnten beim Panoramaregler imPrinzipbeideGesetzegenutztwerden.DerEinsatzvonLaufzeitdifferenzenverrin-gert jedochdieMonokompatibilität zweikanaligerSignale aufgrundvonKamm-filtereffekten(Abschn.13.2.10);daheristdieErzeugungvonPegeldifferenzendasüblichePanorama-Konzept.SiewirdinanalogenSystemendurchAufmischungdesNutzsignalsaufdieSammelschienenübergegensinnigvariableMischwiderständerealisiertoderdigitaldurcheineMultiplikationderAmplitudenwertedeszweikan-aligvervielfältigtenNutzsignalsmitgegensinnigdimensioniertenFaktoren.

DerZusammenhangzwischenReglerstellungundKanaldämpfungvariiertzwi-schenMischpultenverschiedenerModelleundHersteller(Abb.13.5,Maempel2001,S173,237).UnterderVoraussetzung,dasssichaufgrundderimweitgehenddiffusenSchallfeldvonRegieräumenunkorreliertenOhrsignalebeimHörerdieLeistungenundnichtdieSchalldrückederLautsprecheraddieren,müsstedieMittendämpfungdesPanoramareglers3dBbetragen.DiesistbeidenmeistenGerätenderFall,be-stimmteHerstellerimplementiereneineMittendämpfungvon4,5dB(Abb.13.5).

BeiAudioproduktionenfürMehrkanal-Abhörformate(z.B.5.x-Surround)sindmehrereLautsprecherbasenvorhanden, allerdings ist dieLokalisationvonPhan-

Abb. 13.4 HörereignisrichtunginderStandard-Stereoaufstellung(Kap.11.1)

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tomschallquellen imhinterenund insbesondere im seitlichenBereichwesentlichungenauerundinstabileralsimvorderenBereich(Kap.3.3.1).

Bei5.x-Surround-SoundbestimmtderPanoramareglerfürdieLinks-Rechts-Lo-kalisationimVergleichzurZweikanal-StereofonieauchdenSignalanteilfürdenCen-ter-Kanal.InwieweitmittigzulokalisierendeSignaletatsächlichdurchdenMitten-lautsprecheralsRealschallquelleodernachwievordurchdieSeitenlautsprecheralsPhantomschallquelledargestelltwerden,kannmitdemzusätzlichenParameterDiver-genz geregelt werden. Ergänzend ist ggf. die grundsätzliche Mittendämpfung desCenter-Kanalswählbar.FerneristeinweitererPanoramareglerfürdieLokalisations-richtungenvorne/hintenvorhanden.HäufigbestehtdieMöglichkeit,diePegelverhält-nissenichtnurüberDrehregler,sondernauchübereinenJoystickzukontrollieren.

NebenPanoramakonzepten,dieaufderErzeugungreinerPegeldifferenzenberu-hen, implementierenmancheHerstellerweitereVerfahren zurPanorama-Einord-nungaufnahmeseitigmonofonkodierterSignale:Zeitdifferenzen,Pegel-Zeit-Diffe-renz-Kombinationen,SpektraldifferenzenoderCrosstalk-Cancelling-Algorithmen.EinalsVirtualSurroundPanningbezeichnetesPanoramakonzeptfürSurroundbe-ziehtnebenLaufzeitdifferenzenauchfrüheReflexionenein,diejenachgewählterLokalisationmittelsDelaysoderderVerrechnungmitRaumimpulsantwortengene-riertwerden(Ledergerber2002).

SpeziellfürKopfhörerwiedergabestehenPlug-inszurVerfügung,dieeinedrei-dimensionalePanoramaregelungweitgehendreflexionsfreierAudiosignaleermög-

Abb. 13.5 CharakteristikenvonPanoramareglernverschiedenerMischpulte(Stagetec,Lawo:Herstellerangaben;SSL,Yamaha:Messungen,z.T.geglättet)

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lichen. Die binauralen Lokalisationscues werden dabei durch Verrechnung desNutzsignalsmitHRTFs(head-relatedtransferfunction)wählbarerKunstköpfeer-zeugt.ZusätzlichkönnenfrüheReflexionenundHallsowieeinDopplereffektbeiPositionsänderungengeneriertwerden(WaveArts2005).

Surround-PanoramakonzeptewerdenhäufiginFormeinerpunktförmigdarge-stelltenSchallquelleaufderdurchdieLautsprecherumstelltenFlächevisualisiert.Dabeiistallerdingszuberücksichtigen,dassdiePanningLaws(Gerzon1992)1.nurfür den Sweet Spot (diemittigeAbhörposition) gelten, 2. keine stabile seitlichePhantomschallquelleentstehenkannund3.LokalisationspositioneninnerhalbderumstelltenFlächeimSinneeinerHolophonienichtrealisierbarsind.ZurWeiterent-wicklungvonPanorama-Konzeptenvgl.Neoran(2000)undCraven(2003).

Aufnahmeseitig bereits zweikanal-stereofon kodierteAudiosignale müssen beieinerPositionierungauchzweikanaligverarbeitetwerden.DiesgeschiehteinerseitsmiteinemBalance-Regler,derdiePegelbeiderKanälegegensinnigvariiertundda-durchdieLokalisationdesGesamtklangbildsverschiebt,andererseitsmiteinemSte-reobreitenregler(width),dereineEinengungderStereobreitedurchdieZumischungdervertauschtenKanälebewirktodereineVerbreiterungderStereobreitedurchdieZumischungderphaseninvertiertenvertauschtenKanäle.InbeidenFällenwirdei-gentlichnurdasVerhältnisvonpositivbzw.negativkorreliertenundunkorreliertenSignalanteilenverändert,sodassesnebendergewünschtenWirkungzumeistauchzuGewichtungsverschiebungenimGesamtklangbildkommt(s.Abschn.13.2.3).

GrundsätzlichorientiertsichbeiklassischerMusikundbeibildbezogenenAudio-inhalten die Einordnung der Schallquellen weitgehend an den tatsächlichen bzw.gesehenenSchallquellenpositionen.BeiderProduktionvonPopmusikhingegenwer-denInstrumenteundGesangsstimmehäufignachdemKontrastprinzipgegenüber-gestellt:wichtigeMonosignalemittig,sonstigeSignaleaußen(vgl.Maempel2001,174–179)odergelegentlichsogarhinten.DengrößtenFreiraumbeiderPositionie-rungvonKlangquellenbietenHörspiel,Klangkunst und elektroakustischeMusik.GrundsätzlichsolltenjedochganzoderanteiliglaufzeitstereofonkodierteSignaleau-ßenpositioniertwerden,daeineEinengungmittelsPanorama-oderStereobreitenreg-ler(Mischung)ungewünschteKammfiltereffekte(vgl.13.2.10)verursachenkann.

13.2.3  Stereo-Matrix

Die Stereo-Matrix (auch Richtungsmischer oder Summen-Differenzübertrager)dientderUmkodierungeinesMS-Signals,dasz.B.durcheinentsprechendesMi-krofonierungsverfahren erzeugt wird (Kap. 10.3.1.2), in ein zweikanal-stereofonkodiertesSignal(XY).DabeiwirdeinAusgangssignaldurchSummenbildungundeinAusgangssignal durch Differenzbildung der Eingangssignale gewonnen, ggf.mitanschließenderDämpfungvon3dB.Diesesog.StereoumsetzungzwischenXYundMSistnachdemgleichenPrinzipreversibel.ReineStereo-Matrizensindge-mäßdieserAnwendungamhäufigstenalsKomponentenvonMischpultenanzutref-fen.EinstellbareParametersindAbbildungsrichtungundAbbildungsbreite.Heute

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weiter verbreitet ist ihr zweistufiger Einsatz als allgemeiner Stereobreiten- oderWidth-Regler für zweikanal-stereofone Signale inMischung undPre-Mastering:DurchdieMS-KodierungeinessolchenSignals,dieVerschiebungdesAmplituden-verhältnissesvonM-undS-SignalunddieanschließendeRückkodierungkanndasVerhältnisvongleich-undgegenphasigenAnteilenineinemStereosignalverändertwerden.DieseFormderBearbeitungwirdvorallemzurKorrelationskorrekturvonSignalen aus elektronischen Klangerzeugern, Effektgeräten oder fertigenAbmi-schungeneingesetzt.MitderKorrelationhängtdieEmpfindungderAbbildungs-breite zusammen, aufdiedieWertedesParametersWidthBezugnehmen (Abb.13.4):Unter derVoraussetzung eines dieLautsprecherbasis ausfüllendenKlang-bilds,daswenigstenspartielldekorreliertist,führtdanacheinWertvon0%(nurM-Signal) zu einemmonofonen undmittigenHöreindruck, einWert von 100%(gleiches Verhältnis von M- und S-Signal) zu einer unverändert vollständigenKlangbildausdehnungaufderLautsprecherbasisundeinWertvon200%(nurS-Signal)zueinemEindruckvonÜberbreiteundfehlenderMitte,meistunterVerlusteindeutigerLokalisation.BeiderBearbeitungvonAbmischungengehtmitderKor-relationsänderungeineÄnderungdesMischungsverhältnisseszwischenmittigpo-sitioniertenMonosignalenundgeringkorrelierendenaußenpositioniertenSignaleneinher.Da sichdadurchdieKlangbildbalanceundderRaumeindruckverändern,werdenKorrelationskorrektureneinergesamtenAbmischung,wennüberhaupt,nurgeringfügigvorgenommen.EineinsbesondereimPre-MasteringgenutzteVarianteistdieMS-KodierungderAbmischung,dieunterschiedlicheFilterungoderDyna-mikbearbeitungdesM-unddesS-KanalsunddieanschließendeRückwandlungineinXY-Signal,wodurchkorrelationsbezogeneBearbeitungenmöglichwerden.

13.2.4  Kompressor

AllgemeinbezeichnetmanVerstärker,dieinAbhängigkeitvonderSpannungdesEingangssignals ihrenVerstärkungsfaktorändern,alsRegelverstärker.DieÄnde-rungkanngegensinnigerfolgen(Kompressor)odergleichsinnig(Expander).Ein-stellbarsindnebenderAnsprechschwelleunddemVerhältnisderDynamikeinen-gungdieReaktionszeitunddieAbklingzeit (sowie seltendieHaltezeit).BeiderWahlextremerEinstellungenwerdenderKompressoralsLimiter(Begrenzer)undderExpanderalsNoiseGate(Tor)bezeichnet.KompressorendienenderVerringe-rung,ExpanderderVergrößerungder technischenDynamik (vgl. terminologischJakubowski1985),welchenichtmitdermusikalischenDynamikbzw.Spieldyna-mikzuverwechselnist.DieDynamikänderungwurdeimanalogenZeitalterkombi-niertinKompander-SystemenmitdemZielderRauschunterdrückungaufÜbertra-gungsstreckenoderSpeichermedieneingesetzt(vgl.Webers1989,S323ff).HeutedientsievorallemderAnpassungderDynamikandieErfordernissevonÜbertra-gungswegen und der Klanggestaltung. Regelverstärker sind als Peripheriegeräteausgelegt,alsBestandteilvonKanalzügenprofessionellerMischpulteoderalsPlug-insfürAudioworkstations.

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EinKompressor isteinVerstärker,dessenVerstärkungsfaktorsichbeiübereinerdefinierbaren Schwelle (threshold) liegenden Eingangssignalen in einem vorbe-stimmtfestenodervariablenVerhältnis(ratio)verringert.DazuwirdbeianalogerBauweiseeinVCA(voltagecontrolledamplifier)voneinemRegelkreis(sidechain)gesteuert, der sich meist aus dem gleichgerichteten und integrierten Nutzsignalspeist,wobeiverschiedeneSchaltungskonzeptemöglichsind,z.B.dieVerwendungdesungeregeltenNutzsignalsalsSteuersignal(Vorwärtsregelung)oderdesgeregel-ten(Rückwärtsregelung).DigitalwirddieKompressiondurcheineMultiplikationderAmplitudenwertemiteinemsignalabhängigenFaktorrealisiert.MitderOptionRMS/PeakkannbeivielenGerätenausgewähltwerden,obderKompressoraufdenEffektivwert oder den Spitzenwert des Signals reagiert. Generell lässt sich zwi-schendemstatischenunddemdynamischenVerhaltenunterscheiden.

13.2.4.1 Statisches Verhalten

AlsstatischesVerhaltenbezeichnetmandieArbeitsweisedesKompressorsinAb-hängigkeitvomPegel.InderRegelsindhierfürdreiParametereinstellbar,dieaberinderPraxisnichteinheitlichbenanntwerden:

• Threshold=–InputLevel=–InputGain• Ratio• OutputGain=OutputLevel=MakeUpGain=CompressionGain=Hub

Abb. 13.6 KennliniendesKompressors

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DienichtlineareKennlinieeinesKompressorssetztsichauszweiAbschnittenzu-sammen,einemneutralenundeinemflacheren,derenÜbergangbeiaktivierterOp-tionSoftKneegeglättetist(Abb.13.6).DieAbflachungderinderRegellogarith-mischindBdargestelltenKennlinieoberhalbderAnsprechschwellehatzurFolge,dasseinePegelerhöhungdesEingangssignalsnichtmehrdieselbe,sondernnureinegeringerePegelerhöhungdesAusgangssignalsbewirkt.SiewirddurchdenParame-terRatiobestimmt,deralsVerhältnisvonEingangspegeldifferenz∆LinundAus-gangspegeldifferenz∆LoutoberhalbdesSchwellwertsdefiniertist:

(13.1)

RwirdmeistnichtalsZahlenwert,sondernalsVerhältnisangegeben,z.B.R=6:1,undkannmit

(13.2)

auchausdemAbflachungswinkelαdesoberenKennlinienteilsberechnetwerden(Abb.13.6).

DerSchwellwertLT(alsodieEingangsspannung,oberhalbdererdieabgeflachteKennliniewirkt)wirdmitdemParameterThresholdbestimmt.BeiAnnahmeeinesbestehenden Aussteuerungsziels am Kompressoreinsatzpunkt LE gewinnt mandurchdasAbsenkenderSchwelle (Pfeilnach linksuntenundverschobene lang-gestrichelte Kennlinie) den Kompressionshub. Diesen sozusagen vergrößertenHeadroomkannmannutzen,indemmandaskomprimierteAusgangssignalmitdemParameterOutputGainimPegelanhebt(Pfeilnachobenundverschobenelangge-strichelteKennlinie).DadurchwirdbeigleichemMaximalpegel,alsobeiEinhal-tungdesAussteuerungsziels,dasSignalenergiehaltiger,dennauchdieunterhalbderSchwelleliegendenSignalabschnittehabenaufdieseWeiseeinenhöherenAus-gangspegel(verschobenedurchgezogeneLinie).Abb.13.7zeigtalsErgebniseinersolchenAudiobearbeitungeineZunahmedesmittlerenPegelsbzw.derakustischenLeistungundinfolgedessenderLautheit.

13.2.4.2 Dynamisches Verhalten

Als dynamisches Verhalten bezeichnet man die zeitabhängigeArbeitsweise desKompressors.SieistbedingtdurchdasVerstreicheneinerReaktionszeitnachÜber-undUnterschreitungdesSchwellwerts. In diesemZusammenhang sind folgendeParametereinstellbar,siewerdenebenfallsnichtimmereinheitlichbenannt:

• Attack• Release=Recovery=Decay• Hold(selten)

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DieZeitkonstanteAttackisteinMaßfürdieZeitspanne,diederKompressorfürdieReduktion des Verstärkungsfaktors benötigt, nachdem das Eingangssignal denSchwellwertüberschrittenhat(Ansprechzeit).ReleaseisteinMaßfürdieZeitspan-ne,diederKompressorfürdieRückführungderVerstärkungaufdenFaktor1nachdemSinkendesEingangssignalsunterdenSchwellwertbenötigt (Rückstellzeit).AlsAttack-Zeit∆tatt istdiejenigeZeitspannedefiniert,dienachplötzlicherÜber-schreitungdesSchwellwertsum10dBvergeht,bis63%(=1-1/e)derDifferenzzwischen der neuen Eingangsspannung Linund der neuen ratioabhängigenAus-gangsspannungLout(t2)ausgeregeltwurden(Abb.13.8).DieRelease-Zeit∆trelistdemgegenüberdieZeit,dienacheinemplötzlichenEingangssignalabfallvon10dBoberhalbderThreshold-SpannungaufdieThreshold-SpannungLTbiszudemZeit-punktvergeht,andemetwa63%derDifferenzzwischendernochratioabhängigenAusgangsspannungLout(t1)undderneuenAusgangsspannungLout(t2)ausgeregeltwurden(Abb.13.9).

Esistleichtersichtlich,dasseinKompressoraufgrunddesexponentiellenVer-laufsdesRegelvorgangsinjedemFallelängerfürdastatsächlicheAusregelnbenö-tigt,alsmitdenZeitkonstantenAttackundReleaseeingestelltwurde.Attack-ZeitenbewegensichmeistensimBereichzwischen50µsund50ms,Release-Zeitenzwi-schen10msund3s.

Abb. 13.7 ZweiWellenformdarstellungendesselbenMusikausschnitts.DaskomprimierteSignal(unten)besitztbeigleichemMaximalpegeleinehöhereakustischeLeistungundklingtlauter.

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13.2.4.3 Physikalische Signalveränderung

DieAuswirkungenverschiedenerAnsprechzeitenaufhoch-undtieffrequenteSignalezeigtAbb.13.10.DargestelltsindjeweilseinsinusförmigesSignal,dessenzunächstgeringeAmplitude plötzlich über den Schwellwert (gepunktete Linie) steigt unddurchden soverursachtenVerstärkungsrückgang (gestrichelteHüllkurve)kompri-miertwird,sowiezumVergleichdasunkomprimierteSignal(Strichpunkt).Demnachgilt fürdasAnsprecheneinesKompressors: Istein langesAttackgewählt,bleibenTransientenerhalten(obenlinks),undessindkurzzeitigeÜbersteuerungendernach-folgendenÜbertragungskettemöglich,sofernkeinHeadroommehrvorhandenist.IsteinkurzesAttackgewählt,werdenTransientenwirksamerabgefangen(obenrechts),eserfolgtabereinestarkeDeformationdesNutzsignals im tieffrequentenBereich(untenrechts).DurchdiesenichtlinearenVerzerrungenerhöhtsichderKlirrfaktor.BeideEinstellungenhabenalsobestimmteNachteile.FürdenRücklaufdesKom-pressorsgilt:IsteinlangesReleasegewählt,regelnkurzeSpitzenfürlängereZeitdasnachfolgendeSignalundbestimmendamitstarkdenmittlerenPegel.DieWahleineskurzenReleaseführthingegenzuhäufigenRegelvorgängen(Tabelle13.1).

Abb. 13.8 DynamischesVerhaltendesKompressors:Attack-Vorgang

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Abb. 13.9 DynamischesVerhaltendesKompressors:Release-Vorgang

Abb. 13.10 DynamischesVerhaltendesKompressors:SignaldeformationdurchAttack-Vorgang

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13.2.4.4 Perzeptive Wirkung

ImHinblickaufdieWahrnehmungderdurchdenKompressorbewirktenAmplitu-denänderungenundnichtlinearenVerzerrungenistdasstatischeVerhaltenfürdieNutz-unddasdynamischeVerhaltenüberwiegendfürdieStöreffekteverantwort-lich(Tabelle13.1).GenerellführenkleineZeitkonstantenzueinerwahrnehmbarenKlangverdichtung,diegestalterischbeabsichtigtseinkann(z.B.inderPopmusik-produktion),jedochauchdieLästigkeitdesGehörtenerhöhenkann(vgl.Wagner1997).SofernnichtmaximaleLautheit gefordert ist, lässt sich in derPraxis dasDilemmaderStör-undNutzeffektezufriedenstellendverringern,indemmanzweiKompressorenhintereinandereinsetzt:FürjedeszubearbeitendeEinzelsignaleinenKompressormitgeringerSchwelle,kleinerRatioundmittlerenodergroßenZeit-konstantenfüreineunauffälligeabereffektiveDynamikreduzierung;undeinennurseltenansprechendenKompressormithoherSchwelle,großerRatioundgeringenZeitkonstantenbeigemischtenSignalenfürdenreintechnischenÜbersteuerungs-schutz,etwaanSummenausgängen.EinePerfektionierungdiesesAnsatzesbietetdiesignalabhängigeDynamisierungvonParametern(Abschn.13.2.4.5).Zurklang-lichoptimalenWahlvonKompressionsparameternbeiverschiedenenAbhörbedin-gungenvgl.Wagenaars,Houtsma&vanLieshout(1986),zumEinsatzinderHör-geräteakustikvgl.Neumann(1998).

13.2.4.5 Varianten

VerschiedeneschaltungstechnischeAbwandlungendesreinenKompressorskönneneffektivere,artefaktreichere,artefaktärmere,kreativereoderzuverlässigereDyna-mikbearbeitungenermöglichen.

Stereo- und Mehrkanalverkopplung: Die Side Chains zweier Kompressorenkönnenelektrischverbundenwerden(stereolink).Diesführtdazu,dassRegelvor-gänge,gleichdurchwelchesNutzsignalausgelöst,vonbeidenKompressorenaus-geführtwerden,dieinderRegelidentischeingestelltsind.EineVerkopplungistfürdieKompressionvon aufnahmeseitig stereofonbzw.mehrkanaligkodiertenSig-nalenerforderlich,wennsichdieLautstärkebalanceundLokalisationimKlangbildnichtdurcheinkanaligeRegelvorgängeverschiebensoll.

Kompression verzögerter Signale: Das oben beschriebeneDilemma bei derWahlgeeigneterZeitkonstanten,dassichentweder inhörbarenArtefaktenoderdem nur unzuverlässigenAbfangen von Signalspitzen äußert, kann umgangenwerden,wennmandasNutzsignalgegenüberdemSteuersignalgeringfügigver-zögert.IstdieVerzögerungsogroßwiedieAttack-ZeitdesKompressors,weistdaskomprimierteSignalkeineTransientenundkaumreaktionszeitbedingteArte-faktemehr auf.DiesesPrinzipfindet sich bei sog.Transienten-Limitern sowieoptionalbeiMastering-Prozessoren.Laufzeitgliedersinddigitalleichtzurealisie-ren,undindigitalenKompressorenistdieFunktion(predict,lookahead)häufigvorgesehen.

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Tabelle 13.1 PhysikalischeundperzeptiveWirkungendesDynamikkompressors

Physikalische Wirkungen* Perzeptive Wirkungen* Nutzeffekt ( +)

Störeffekt ( – )

Attacklang(Δtatt≥3ms)

LangsamesAusregeln.

KurzeSpitzenwerdennichtabgeregelt.

UnauffälligeDynamikverminde-rung;LautheitserhöhungbeiNutzungdesKompressionshubsnichtmaximalmöglich.VerzerrungendurchÜbersteue-rungdernachfolgendenÜbertragungskettemöglich.

+

Attackkurz(Δtatt<3ms)

SchnellesAusregeln.

KurzeSpitzenwerdenabgere-gelt;geringereImpulshaftigkeit.

Signaldeformationimtieffre-quentenBereich;nichtlineareVerzerrung;erhöhterKlirrfaktor.

AuffälligeDynamikverminde-rung;SignalspitzenbestimmendieLautstärke;Klangverdichtung;LautheitserhöhungbeiNutzungdesKompressionshubsmaximalmöglich.UnterUmständengrößeresEmpfindenvonWeichheit(z.B.beiperkussivenKlängen).VerzerrungenbishinzuknackähnlichenStörungen.

–+(Gestaltungs-mittel)

+

Releaselang(Δtrel≥1s)

SeltenesRegeln.

GeringermittlererPegel;beikurzemAttackregelnkurzeSignalspitzennachhaltigdenPegel.

UnauffälligeDynamikverminde-rung;LautheitserhöhungbeiNutzungdesKompressionshubsnichtmaximalmöglich.GeringemittlereLautstärke;beikurzemAttacksindplötzlichenachhaltigeLautstärkeeinbrüchemöglich.

+

Releasekurz(Δtrel<1s)

DurchhäufigesRegelnModulationvonlangsamveränderlichenSignalanteilen.

ErhöhungvonRauhigkeitoderPumpen;Klangverdichtung;LautheitserhöhungbeiNutzungdesKompressionshubsmaximalmöglich.

–+(Gestaltungs-mittel)

*StärkeundHäufigkeitderWirkungenhängenaußerdemvondenEigenschaftendesNutzsignalsunddemgewähltenThreshold-Wertab.

FrequenzabhängigeKompression:DasSteuersignalkanngefiltertwerden,entwe-derdurcheinimKompressorvorhandenesFilteroderdasEinschleifeneinesexter-nen Filters. Am häufigsten wird diese Möglichkeit angewendet, indem mittelsEqualizer,HochpassfilteroderBandpasshochfrequenteSignalanteilerelativzudenrestlichenverstärktwerden.DieseSignalanteile,diez.B.beiSpracheArtikulations-undZischlautesind,bestimmensohauptsächlichdenRegelvorgangdesKompres-sors, der sich auf das gesamteNutzsignal auswirkt.Da bei Sprache dieseLautekaumgleichzeitigmitanderenauftreten,werdenvorallemersterevermindert,ohnedass das vorangehende oder nachfolgendeSignal komprimiertwürde.Auf dieseFunktionspezialisierteGeräte,diez.B.zurUnterdrückungvonS-Lauteneingesetztwerden,heißenDe-Esser.SieverfügenmeistübereinenBandpassmiteinervaria-

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blenEckfrequenz von 0,8 bis 8kHz.Man kann einen solchenVorgang so starkeinstellen,dassdiebearbeiteteStimmeregelrechtlispelt.

Fremdansteuerung:DurchSpeisungdesSideChainsmiteinemvölliganderen(meistkürzeren, repetitiven)Signalkannder imPop-undDance-Musik-BereichbeliebteDucking-Effekterzeugtwerden:Z.B.wirdeinstehenderKlangimRhyth-musdesSchlagzeugsimPegelvermindert,sodasseingezieltesPumpenentsteht.

Multibandkompression:DasNutzsignalwirdin(meistdreibisfünf)Bänderzer-legt.DieBänderwerdenzeitgleichinverschiedenenKompressoreinheitenkompri-miert und schließlich wieder zusammengemischt. Für verschiedene Frequenzbe-reichelassensichsounterschiedlicheKompressionsparametereinstellen,wasinderPraxismeistmitdemZielderLeistungs-unddamitauchLautheitsmaximierungeingesetztwird.DiesspieltinsbesondereimBereichdesRundfunkseinegroßeRol-le,woinderRegelvoneinemZusammenhangzwischenLautheitundSenderpräfe-renz ausgegangenwird, auchwenn es hierfür bislang keine empirischenBelegegibt.Mankannjedochvermuten,dassdiesebesonderseffektiveArtderKlangver-dichtung zumindes mittelfristig zu einer höheren Lästigkeit des Gehörten führt(Wagner1997).ZurückhaltendeingesetztkanneinMultibandkompressorhingegeneinerProduktiondenletztenSchliffverleihen.

ProgrammabhängigeParametersteuerung:DieKompressionsparameterkönnenunterBerücksichtigungpsychoakustischerZusammenhängedynamischandieSig-naleigenschaften angepasst werden (Hartwich et al. 1995). Speziell für Playout-Wege stehen hochwertige Dynamikprozessoren zur Verfügung, die Spitzenwert-und Effektivwertmessung, eine Analyse des Signalverlaufs mit dynamischerAnpassungderstatischenunddynamischenParameter,eineVerzögerungdesNutz-signals und seriell geschaltete Regelstufen (Multi-Loop-Architektur) funktionellverbinden.DadurchwirdeinekorrekteundzuverlässigeAussteuerungbeigleich-zeitigerperzeptiverUnauffälligkeitderRegelvorgängeundhoherklangfarblicherTreuemöglich.DieseMethodeistwenigerfürdieLautheitsmaximierungalsviel-mehrfüreinenormengerechteundklangqualitätserhaltendeModulationsaufberei-tungvonSendesummensignalengeeignet.

13.2.4.6 Einsatzgebiete

DynamikkompressorenkönneninallenProduktionsschritteneingesetztwerden:

• BeiderAufnahmesolleinKompressordieDynamikhochdynamischerSignale(z.B.Pop-undRockgesangoderBig-Band-Blechbläser)reduzieren,umsiezu-verlässigerundhöheraussteuerbarzumachen.De-EssersollenhochfrequenteSignalanteilegezieltreduzieren,umeinehoheAussteuerbarkeitdesaufzuneh-mendenSignalsaufanalogenMagnetbändernbeigeringenArtefaktenzuermög-lichen.

• InderAbmischungwerdeneinzelneSpurenmitdemZielderDynamikanpas-sung,derKlangverdichtungunddem„Hüllkurvendesign“(z.B.beiperkussivenSignalenwieTrommeln),alsoausgestalterisch-ästhetischenGründen,kompri-

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miert.AuchlässtsichmitdemMittelderFremdansteuerungkreativoderexperi-mentellarbeiten.

• DerGesamtmix(dasSummensignal)wirdteilweiseschonwährendderAbmi-schung komprimiert,mit demZiel derKlangverdichtung, eines ducking-ähn-lichenEffektsoderderLautheitserhöhung.

• Beim Pre-Mastering kommt v.a. Multibandkompression zum Einsatz, haupt-sächlichmitdemZielderLautheitserhöhung.

• ImRundfunkstudioistdieMultibandkompressionfesterBestandteildeswellen-typischenSoundprocessings,daseinkonstantes,wiedererkennbaresKlangprofilerzeugensoll.

• Ausspiel-bzw.SendewegewerdendurchKompressorenvortechnischenÜber-steuerungengeschützt,seiesdurcheinenBegrenzervordemPlattenschneidsti-chel,durcheinenTransientenlimitervorSende-Leistungsverstärkern(z.B.Sen-deröhren)oderUplink-Satelliten.

• SelbstinConsumer-GerätenkönnenKompressorenenthaltensein,dieoptionalfüreinesituationsgerechtegeringeProgrammdynamiksorgensollen,z.B.beimAutofahren.

DieAuflistungzeigt,dasselektronischeMedienheutefastausschließlichkompri-mierteTonsignaleübertragen.LediglichdigitaleTonträgermitklassischerMusikwerdennichtoder–beiProgramminhaltenmitsehrhoherDynamik(spätroman-tischeOrchestermusik,Orgelmusik)–nurgeringfügigkomprimiert.

13.2.5  Expander

EinExpanderisteinVerstärker,dessenVerstärkungsfaktorsichbeieinemuntereinerdefinierbaren Schwelle (Threshold) liegenden Bereich von Eingangssignalen ineinemvorbestimmtfestenodervariablenVerhältnis(Ratio)vergrößert.DasPrinzipder technischen Realisation entspricht dem eines umgekehrten Dynamikkompres-sors.DemnachwirdzwischenzubearbeitendemSignalundSteuersignalunterschie-den.DerSteuereingangwirdhierauchKeyInputgenannt.AuchbeimExpanderkannzwischenstatischemunddynamischemVerhaltenunterschiedenwerden.

13.2.5.1 Statisches Verhalten

AlsstatischesVerhaltenbezeichnetmandieArbeitsweisedesExpandersinAbhän-gigkeitvomPegel.MeistenssindhierfürdreiParametereinstellbar,dieinderPra-xisnichteinheitlichbenanntwerden:

• Threshold=–InputLevel=–InputGain• Ratio(entfälltbeieinigenModellen)• Range

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DieKennliniedesExpanderssetztsichausdreiAbschnittenzusammen,zweineu-tralenundeinemdazwischenliegendensteileren(Abb.13.11).DiehöhereSteigungderKennlinieunterhalbderAnsprechschwelleLThatzurFolge,dasseinePegelver-minderung des EingangssignalsΔLin nicht mehr dieselbe, sondern eine stärkerePegelverminderungdesAusgangssignalsΔLoutbewirkt.DieSteigungdiesesKenn-linienabschnittswirddurchdenParameterRatiobestimmt.AnalogzumKompres-soristdieRatioRdefiniertalsdasVerhältnisvonEingangs-undAusgangspegeldif-ferenz (Formel13.1)undkannüberdenAbflachungswinkelαberechnetwerden(Formel13.2,Abb.13.11).

DerSchwellwertoderExpandereinsatzpunkt (alsodieEingangsspannung,unterhalbdererdersteileKennlinienabschnittwirkt)wirdmitdemParameterThresholdbestimmt.DieDämpfungvonSignalen,derenPegelindenunterenKennlinienbereichfallen,wirdmitdemParameterRangeindBangegeben.Gehtmandavonaus,dassleiseSignaleStörsignalesind(z.B.ÜbersprechenbeiMikrofonaufnahmen,Hintergrundgeräusche),sokannmitihmderAbstanddesNutzsignalszudiesemStörsignaldosiertvergrößertwerden–eineNichtüberschneidungbeiderDynamikbereichevorausgesetzt.BeiderEinstellungdesExpandersalsNoiseGatebestehtdieKennlinienurauszweiAbschnit-ten,demoberenneutralenunddemsenkrechtverlaufendenmitderRatio0.IndiesemFallewerdenkeineSignaleunterhalbdesSchwellwertsübertragen.

Abb. 13.11 KennliniendesExpanders

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31.2.5.2 Dynamisches Verhalten

WiebeimKompressorbezeichnetmanauchbeimExpanderdiezeitabhängigeAr-beitsweisealsdynamischesVerhalten.SieistbedingtdurchdasVerstreicheneinerReaktionszeitnachÜber-undUnterschreitungdesSchwellwerts.IndiesemZusam-menhangsindfolgende,nichtimmereinheitlichbenannteParametereinstellbar:

• Attack• Release=Recovery=Decay• Hold

DieZeitkonstanteAttackisteinMaßfürdieZeitspanne,diederExpanderfürdasErreichen der neutralen Verstärkung benötigt, nachdem das Eingangssignal denSchwellwertüberschrittenhat(Ansprechzeit).ReleaseisteinMaßfürdieZeitspan-ne,diederExpanderfürdieDämpfungdesSignalsbenötigt,nachdemesunterdenSchwellwertgesunkenist(Rückstellzeit).HäufigkannanExpandernderRelease-Vorgangverzögertwerden,umeinungedämpftesAusklingendesNutzsignalszugewährleisten.DieseVerzögerungoderMindesthaltezeitwirdmitdemParameterHoldbestimmt.DasZeitverhalteneinesExpandersweistwiedaseinesKompres-sorseinenexponentiellenVerlaufauf,sodassdieeigentlichenRegelvorgängelän-gerdauern,alsdurchdieMaßeAttackundReleaseangegeben.Attack-Zeitenbewe-gen sichmeistens imBereichzwischen10µsund20ms,Hold-Werte zwischen0und10s,Release-Zeitenzwischen50msund10s.

13.2.5.3 Physikalische Signalveränderung

DieRegelvorgängedesExpanderserstreckensichübereinenweitenDynamikbe-reich.InsoweitkannesbeikurzenAttack-ZeitenzustarkenSignaldeformationenkommen.

13.2.5.4 Perzeptive Wirkung

ImGegensatz zumKompressor ist dieZielsetzungbeimEinsatz einesExpandersmeistens,dasSignaleinerakustischenQuellevonSignalenandererakustischenQuel-lenzutrennen,sodassnichtnurdieDynamikundLautstärkedesKlangsbeeinflusstwerden, sondernauchderEin-undAusklingvorgang.NebendemzumeistgroßenRegelbereichmachtdieseNähederRegelvorgängezudenwahrnehmungspsycholo-gischwichtigenOnset-undOffset-CueseineperzeptivunauffälligeEinstellungderExpander-Parameter schwierig.TypischeArtefakte sindKnackgeräuscheoderAn-undAbschnittedesNutzsignalsbzw.desStörsignals.AngemessenjustiertkanneinExpanderdenempfundenenStörgeräuschabstandvergrößern.IndenÜbertragungs-wegen verschiedener Schallquellen eingesetzt, kann so dieDurchhörbarkeit einesKlangbildsunddiePrägnanzdereinzelnenSchallquellenvergrößertwerden.Typi-scheBeispielesindDiskussionsrundenundSchlagzeugaufnahmen.

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13.2.5.5 Varianten

DiemöglichenodergebräuchlichenAbwandlungendesEinsatzesvonExpandernsindimGrundedieselbenwiebeiKompressoren.ZurBearbeitungvonaufnahme-seitigzweikanal-stereofonodermehrkanaligkodiertenSignalenmussderExpanderverkoppeltbetriebenwerden,indemdieSteuereingängezusammengeschaltetwer-den.ZurVermeidungvonAnschnittendesNutzsignalsdurchdieAttackzeitistdes-senVerzögerunggegenüberdemSteuersignalsinnvoll.InLive-Situationenistdiesnichtpraktikabel,sodassnachMöglichkeiteinvoreilendesSignalalsSteuersignalverwendetwird,z.B.vonKontaktmikrofonenbeiderÜbertragungvonTrommeln.PrinzipiellistnatürlichaucheinefrequenzabhängigeAnsteuerungeinesExpandersmöglich,wenngleichseltensinnvoll.HäufigangewandtwirdeineFremdansteue-rungdurchandere,insbesondereimpulshafteSignale.Solässtsichetwaeindurch-gängigerKlangdurchdenEinsatzeinesfremdgesteuertenNoiseGatesimRhyth-museinesperkussivenSoundszerhacken(Gater-Effekt).

13.2.5.6 Einsatzgebiete

ExpanderwerdenindenProduktionsschrittenAufnahme,Abmischung,Pre-Maste-ringundProgrammausspielungeingesetztunddienenjenachdemderStörgeräusch-verminderungoder derKlanggestaltung. InDynamikprozessoren fürSendewegeoderMasteringsystemekönnendieParametervonExpandernauchprogrammab-hängigsteuerbarseinmitdemZieleinermöglichsteffektiven,artefaktfreienundzuverlässigenStörgeräuschverminderung.

Abb. 13.12 KennlinieeineskombiniertenRegelverstärkers

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13.2.6  Kombinierte Regelverstärker

KompressorenundExpanderkönnenauchinSeriezueinemkombiniertenRegelver-stärkerverschaltetwerden,umdieHandhabungderDynamikzuvereinfachen.Dem-entsprechendwerdenkombinierteRegelverstärkerz.B.inweitgehendautomatischenÜbertragungs-oderBeschallungssystemeneingesetzt.IndergängigstenKombinati-onergebensichvierKennlinienabschnitteunddreiSchwellwertefürdenEinsatzvonExpander,KompressorundBegrenzer(Abb.13.12).

KombinierteRegelverstärker sindBestandteilmodernerDynamikprozessoren.Siewerden eingesetzt, umdieDynamik vonAudioprogrammen anmenschlicheDynamiktoleranzenanzupassen.NachLund(2006)lässtsichdertolerierbareDyna-mikbereichdurchdreiWertebeschreiben.EinenSchwerpunkt:denderbevorzugtenoderdefiniertenProgrammlautheitäquivalentenmittlerenAbhörschalldruckpegel;eine Obergrenze: den präferierten oder systemtechnisch gegebenen maximalenSchalldruckpegel(Spitzenwert);undeineUntergrenze:denderLautheitderStörge-räuscheäquivalentenmittlerenSchalldruckpegel.DiesofürverschiedeneWieder-gabesysteme bzw. -situationen ermittelten Ober- und Untergrenzen und die sichdarausergebendentolerierbarenDynamikbereichezeigtAbb.13.13.

Abb. 13.13 Ober-undUntergrenzentolerierbarerDynamikbereichevonAudio-KonsumenteninverschiedenenHörsituationen,dargestelltalsDifferenzzudenjeweilsdefiniertenoderempirischpräferiertenlautheitsäquvalentenWiedergabeschalldruckpegeln(z.B.Kino:83dBSPL),nach(Lund2006)

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13.2.7  Filter

Nach etablierterAudio-Terminologie dienenFilter der klangfarblichenKontrollevonAudiosignalendurchVeränderungdesFrequenzspektrumsvonSignalen.FürdieklangfarblicheWirkungistdabeiv.a.derAmplitudengangvonBedeutung,derPhasenganghingegenistinbestimmtenGrenzenvernachlässigbar.TechnischsindFilteranalogalspassiveoderaktiveRC-Schaltungenkonzipiert,inletzteremFallez.B.alsOperationsverstärkermitfrequenzabhängigerGegenkopplung.Inderdigi-talenSignalverarbeitungwerdengenerellAlgorithmenzurAdditionundMultipli-kation vonAbtastwerten als Filter bezeichnet, selbst wenn derAmplitudengangdabeinichtverändertwird(Kap.15.3.1).FiltersindalsMischpult-Komponenten,Stand-alone-HardwareoderPlug-insverfügbar.

ImeinfachstenFallbesitzteinFiltereinefesteFlankensteilheit,dieüblicherweiseindB/OktaveoderdB/Dekadeangegebenwird.TechnischwerdenFilterverschie-denerOrdnungunterschieden.JehöherdieOrdnungszahln,destohöherdieFlan-kensteilheit,diesichzun·20dB/Dekadebzw.n·6dB/Oktaveergibt.Jenachdem,obdieDämpfungmitsteigenderodersinkenderFrequenzzunimmt,handeltessichumeinTiefpass-odereinHochpassfilter(Abb.13.14).DieFrequenz,anderdieDämp-

Abb. 13.14 Tiefpassfilter(oben)undHochpassfilter(unten)verschiedenerOrdnungmiteinerGrenzfrequenzvonf1=500Hz

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fung3 dBbeträgt,wird alsGrenzfrequenz bezeichnet. Sie ist üblicherweise dereinzigejustierbareParametereineseinfachenFilters.

SchaltetmanbeideFiltertypenhintereinander,ergibtsich inAbhängigkeitderReihenfolgeihrerGrenzfrequenzeneinBandpassodereineBandsperre(Abb.13.15mitentsprechendenFiltern5.Ordnung).ZurEliminierungeinzelnerStörfrequenzen(z.B.Netzbrummen)werdenspezielle, schmaleBandsperrenmithoherFlanken-steilheiteingesetzt,diealsNotch-Filterbezeichnetwerden.

13.2.7.1 Equalizer

EineinderAudiotechnikspezielleundhäufigeingesetzteArtvonFilternsindEqua-lizer(Entzerrer).ModerneEqualizerbesitzeneinenAmplitudengang,dersichnacheinem Abschnitt frequenzabhängiger Verstärkung bzw. Dämpfung asymptotischeinemeinstellbarenZielpegelannähert,alsoeinenBereichweitgehendfrequenzun-abhängigdefinierbarerVerstärkungaufweist.ImUnterschiedzumeinfachenFilterkannnebenderGrenzfrequenzdaherauchderVerstärkungspegelimentsprechendenFrequenzbereichalsParameterverändertwerden (halbparametrischerEqualizer).LiegtdieserBereichzwischenzweidefiniertenGrenzfrequenzenf1undf2,alsoin-mittendesFrequenzbereichsdesNutzsignals,sosprichtmaninAnlehnungandieFormdesAmplitudengangsvoneinemGlockenfilter (bell)oderPeak-filter,dasdurcheineBandbreiteB=f2-f1,eineMittenfrequenzundeinenVerstär-kungspegelLbeschriebenwerdenkann (Abb.13.16). IstderBereichnacheinerSeiteoffen,liegteralsoamlinkenoderrechtenRanddesÜbertragungsbereichs,sowirdderEqualizeralsShelf-Filterbezeichnet.VollparametrischeEqualizerermög-lichennebenderEinstellungderMittenfrequenzauchdieEinstellungdesGütefak-tors Q (Abb. 13.16), wobei Q = f0/B. Manche Equalizer kompensieren die beiL≠0dBmiteinerÄnderungvonQeinhergehendeÄnderungderakustischenLeis-tung(unddamitLautstärke)desbearbeitetenSignals.FiltermitfestenMittenfre-

Abb. 13.15 Bandpass(links)undBandsperre(rechts)5.Ordnung

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quenzenundfesterGüte,meistenszuBatterienmit10oder30Bänderngruppiert,werdenalsgrafischeEqualizerbezeichnet.

DadieAusprägungdesHelligkeitseindrucks,aberauchderEindruckvonklang-farblicherInhomogenität(dröhnend,hohl),wiesiez.B.durchResonanzeffekteher-vorgerufenwerdenkann(Abgeschlossenheits-DimensionnachNitsche1978,S27,Abb.13.32),starkvomBetragsspektrumbestimmtwird,kannsiemitFilternverän-dertwerden(zuKlangfarbentheorienimÜberblickvgl.Muzzulini2006).EinfacheFilterwerdenhauptsächlichzurVerminderungvonNebengeräuschen (z.B.Tritt-schall)oderunerwünschtenNutzsignalanteilenindenspektralenAußenbereicheneingesetztundnurbedingtimkreativ-gestalterischenSinne.ImletzterenFallewirdaufdieklangfarblicheDimensionderHelligkeitEinflussgenommen.Mitparame-trischenEqualizernläßtsichdasFrequenzspektrumeffektivundzugleichdifferen-

Abb. 13.16 TypenundParametervonEqualizern:PeakfiltermitverschiedenenVerstärkungs-pegeln(obenlinks),Mittenfrequenzen(obenrechts)undGüten(untenlinks)sowietiefen-undhöhenwirksameShelf-FiltermitverschiedenenVerstärkungspegeln(untenrechts)

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ziertbeeinflussen,entsprechendumfassendauchderKlangfarbeneindruck.InderPraxisstellendieAbhörbedingungeneinenStörfaktorbeiderEqualisierungdar:IneinemExperimentvonBörja(1978)wiesendieDifferenzspektrenvoninverschie-denen Regieräumen angefertigten Musikmischungen Ähnlichkeiten mit der in-versenkombiniertenÜbertragungsfunktionvonLautsprecherundWiedergaberaumauf.DasErgebniseinerKlangeinstellungwirdaußerdemdurchdasursprünglicheSpektrumdes zu bearbeitendenSignals beeinflusst, daswie einAnkerreizwirkt(Letowski1992).EinegetrennteEinflussnahmeaufEinschwingvorgängeundqua-sistationäreAbschnitte, bzw. generell aufKlangfarbenverläufe istmit herkömm-lichenFilternbzw.Equalizernnichtmöglich,dieskannjedochdurchdigitalreali-siertedynamischeFiltergeschehen.

EinsatzgebietedesEqualizersreichenvonderEntfernungbestimmterStörsig-naleüberdieKompensationstörenderFormanten,dasinderpopulärenMusikver-breiteteAufhellenvonKlängenunddiepartielleBeeinflussungderTiefenlokalisa-tionbiszustarkenVerfremdungseffekten,etwademkontinuierlichenDurchstimmenschmalerEqualizer-Bänder über einen größerenFrequenzbereich (Filter-Sweep).GrafischeEqualizerwerdenhäufigfüreineFrequenzganganpassungvonBeschal-lungsanlagenanspezifischeräumlicheGegebenheiteneingesetzt.

13.2.8  Verzerrer

AlsVerzerrerkannmanalleAudiobearbeitungsmittelbezeichnen,dienichtlineareVerzerrungenverursachenmitdemZiel,deutlichwahrnehmbareArtefaktezupro-duzieren.EsexistierenvielfältigeBezeichnungenbzw.TypenwieDistortion,OverDrive,Crunch,Fuzzetc.DienichtlinearenVerzerrungenwerdeninVorverstärkern,EndstufenoderEffektgerätendurchdieÜbersteuerungvonVerstärkerstufenverur-sacht,indemRöhrenoderHalbleiterimnichtlinearenBereichihrerKennliniebe-triebenwerden.JenachAnsteuerungspegel,dermiteinemmeistalsGain,BoostoderDrivebezeichnetenReglereinstellbarist,wirddasSignalmehroderwenigerstarkdeformiertbzw.abgeschnitten(clipping),waseinerPegelbegrenzungundderAdditionzusätzlicherPartialtönegleichkommt(Kap.21.4).BeimusikalischenTö-nen(mehrerePartialtöne)verursachteinenichtlineareVerzerrunginfolgevonSum-men-undDifferenzfrequenzenSignalanteile,diegemeinsamalsrauundgeräusch-haftempfundenwerden.DieverschiedenenGeräteoderProgrammeunterscheidensichhauptsächlichinderFormdergenutztenKennlinie.SieistfürdieHärtedespegelabhängigenEffekteinsatzesund–infolgeunterschiedlichstarkerAusprägun-genverschiedenerObertonklassen, z.B.gerad-oderungeradzahligerObertöne–dieKlangfarbedesEffektsverantwortlich,diehäufigzusätzlichmitFilternverän-dert werden kann. Der hohe Obertongehalt und die hohe akustische Leistunginfolge der Begrenzungswirkung machen mit Verzerrern bearbeitete Signale imKlangbild auffällig und durchsetzungsstark. Entsprechende Effekte werden vorallemzurGestaltungvielfältigerE-Gitarren-Sounds eingesetzt.NebenderheuteüblichendigitalenRealisierungvonursprünglichanalogerzeugtenVerzerrungen

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etablierensichauchtypischeArtefaktederdigitalenAudioübertragungalsEffekte.Sobewirktz.B.derBitcrusherdurchdieVerringerungderWortbreitegezielteineVergrößerung desQuantisierungsfehlers und damit eine klirrende, störgeräusch-behafteteVerzerrung.

13.2.9  Enhancer

AuchEnhancerdienenderObertonerzeugung,imGegensatzzumVerzerrersolldieKlangbearbeitungabernichtalsdeutlichesArtefakt,sondernvielmehralsdezenteklangfarblicheAnreicherungwahrgenommenwerden.DazuwerdenObertöneaushoch-oderbandpassgefiltertenTeilendesAusgangssignalserzeugt.DieGrenzfre-quenzenderjeweiligenFiltersindmiteinemmeistalsTunebezeichnetenParameterwählbar, die Stärke der Obertonerzeugung mit dem Parameter Drive. Das unterUmständen starkobertonhaltigeSignalwirddemAusgangssignalnun in äußerstgeringerDosierungzugemischt(Parametermix).EinigeProzessorennehmenzu-sätzlicheineBearbeitungauchdertiefenFrequenzendurchKompressionund/oderVerzögerungvor.EnhancerwerdensowohlaufEinzelklängealsauchaufkompletteMischungenangewendetund sollendieHelligkeit undLebhaftigkeit desAudio-inhaltssowieggf.dieSprachverständlichkeiterhöhen.EinähnlichesPrinzipkommtinPlug-ins zurRöhren-bzw.Bandsättigungs-SimulationzurAnwendung,wobeigeradzahligebzw.ungeradzahligePartialtöneerzeugtwerden.

13.2.10  Delayeffekte

DieVerzögerungvonSignalenistdigitaleinfachzurealisierenundGrundlagever-schiedenerEffektgerätebzw.perzeptiverWirkungen.JenachKombinationverschie-denerVerzögerungszeiten,verschiedenerPegeldifferenzen,ein-undmehrmaligerSignalwiederholung, zeitlich regelmäßiger oder unregelmäßiger Signalwiederho-lung sowie räumlich identischer oder getrennter Wiedergabe von Original- undverzögertenSignalenkommenverschiedenepsychoakustischeEffektewieKlang-verfärbung,Raumeindruck,EchowahrnehmungundLokalisationswirkungen(Sum-menlokalisation,PräzedenzeffektoderHaas-Effekt)zumTragen.ZuLokalisations-effektens.Kap.3,fürdurchkomplexeReflexionsmusterverursachteRaumeindrückes.Abschn.13.2.11.

WerdeneinSignalunddasselbeum∆t verzögerteSignal summiert, resultierteinealsKammfiltereffektbezeichnetelineareVerzerrung,diebeidenFrequenzenfpeakn

=n/∆tjeweilseineÜberhöhungundbeifdipn=(2n-1)/2∆tjeweilseineAbsen-

kungaufweist.DierelativenPegeldieserPeaksundDipshängenvonderPegeldif-ferenzzwischenBezugssignalundverzögertemSignalab(Abb.13.17).

Auf perzeptiver Ebenewerdenmit steigenderVerzögerungszeit nacheinanderdie Wahrnehmungsqualitäten Klangfarbe, Räumlichkeit und Echo angesprochen

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bzw.inihrenAusprägungenverändert.BeibreitbandigenAudioinhaltenmitgerin-gerTonhaltigkeitkannesaufgrundderpartialtonähnlichenregelmäßigenLagederPeaksundDipsimFrequenzbereichnebendemEindruckklangfarblicherVerände-rungauchzurTonhöhenempfindungkommen.Manunterscheidetdabeieinkanaligeund meist einohrige Darbietung der zeitversetzten Signale (monaural repetitionpitch)undbeidohrigeDarbietungderinterauralzeitversetztenSignale(dichoticre-petition pitch); vgl. Hartmann (2005). Die genauenVerzögerungszeiten, die dieÜbergängederWahrnehmungsqualitätenmarkieren, unddieGrößederÜberlap-pungsbereichehängenvonvielenFaktorenab,insbesonderevonSignaleigenschaf-tenwieImpulshaftigkeit,TonhaltigkeitundSpektrum,derPegeldifferenzzwischenBezugssignal und verzögertem Signal und der Schulung des Gehörs (vgl. Kap.3.3.2).

Kammfiltereffekte können auch beiMikrofonaufnahmen durch ÜberlagerungdesDirektsignalsmitakustischenReflexionen,z.B.durcheinSprecherpult,verur-sachtsein.Brunner et al. (2007) zeigten, dass Expertenhörer bei Kammfiltereffek-Brunneretal.(2007) zeigten, dass Expertenhörer bei Kammfiltereffek-(2007)zeigten,dassExpertenhörerbeiKammfiltereffek-tendurchschnittlichnochPegeldifferenzenvon18dBzuverlässigentdeckenkön-nen, imEinzelfallsogarPegeldifferenzenvon27dB.DieVersuchspersonenrea-giertenbeiVerzögerungszeitenzwischen0,5und3msamempfindlichsten.DiesentsprichteinerSchallweglängevon0,17bis1m,diebeiderMischungvonMikro-fonsignalenvermiedenwerdensollte.

VerzögerungsgeräterealisierendenalsParameterDelayTimewählbarenZeit-versatzheutedurcheinedigitaleZwischenspeicherungdesSignals.DieVerzöge-rungszeitkannumihrenjustiertenWertherumvariiertwerden(modulation),wastechnischeinergeändertenAuslesegeschwindigkeitundperzeptiveinerTonhöhen-änderung gleichkommt. Die Modulation kann entweder periodisch durch einenTieffrequenzoszillator(Parameterspeed),signalverlaufsabhängigdurcheinenHül-kurvengenerator(envelope)oderzufällig(random)gesteuertwerden.DieModula-tionstiefe istmit demParameterDepth einstellbar.Das verzögerte und ggf. fre-quenzmodulierteSignalkannnundemOriginalsignaldosiertzugemischtwerden

Abb. 13.17 BetragsfrequenzgangeinesKammfilters,dassichdurchdieÜberlagerungzweieridentischerzeitversetzterSignaleergibt(links),undPegelderÜberhöhungen(peaks)undSenken(dips)derKammfilterfunktioninAbhängigkeitvonderDämpfungdesverzögertenSignals(rechts)

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(mix) und zugleich zum Eingang der Verzögerungsstufe rückgekoppelt werden(feedback).AufwändigeGeräte beinhaltenmehrere paralleleVerzögerungsstufenoderermöglichenzusätzlichDynamik-,Filter-undPanorama-Modulationen.

Tabelle 13.2 TypischeDelayeffekte

Effekt/Artefakt delaytime modulation feedback

Verzögerungsingledelay

>40ms nein nein

Verdopplungdoubletracking

20–40ms nein nein

Echo >100ms nein ja

multitapdelay mehrerediskretjustierbareVerzögerungszeiten

beliebig beliebig

Chorus 15–30ms ja nein

Flanger 1–10ms ja ja

DurchdieWahlbestimmterKombinationenvonParameternlassensichverschie-deneklassischeDelay-oderModulationseffekteerzeugen(Tabelle13.2).Eineein-facheVerzögerung(singledelay)miteinerDelayzeitbiszueinigenSekundenver-mitteltdenEindruckeinesRückwurfs,wieerähnlichinderNaturangroßenundmehroderwenigerweitentferntenreflektierendenFlächenauftritt(Stadion,Wald-rand,Felswand);ZeitenimBereichderEchoschwellewerdenhäufigzurVerdopp-lungvonGesangsstimmengewählt(doubletracking).Delayzeitenzwischen100msundeinigenSekundenergebeninVerbindungmitleichtemoderstarkemFeedbackdenklassischenEcho-Effekt.MehrereunabhängigvoneinanderinDelaytimeundMixeinstellbareVerzögerungseinheitenermöglichendieGenerierungauchnicht-periodischerWiederholungsmusterbzw.Rhythmen(multitapdelay).Chorus-undFlanger-EffektbasierenaufderMischungvonOriginal-undverzögertemSignal,wobeidieVerzögerungszeitperiodischvariiertwird,wasaufeinewaagerechteStre-ckungundStauchungderKammfilterkurveinAbb.13.17hinausläuft.DiebeidenEffekte unterscheiden sich in derWahl der Delayzeit und im Feedback-Einsatz.BeimFlanger-EffektdominiertperzeptivdieveränderlichekomplexeKlangverfär-bungmitTonhöhencharakter,derChorushingegenschafftnebeneinerdunkleren,wenigerauffälligenKlangfärbungeinenEindruckvonRäumlichkeitundverleihtdembearbeitetenSignalsomehrKlangfülle.DieEffektsignalemüssennichtmitdemOriginalsignal gemischt, sondern können auch auf anderenKanälen ausge-spieltwerden,umstereofoneingesetztwerdenzukönnen,wasz.B.typischfürdasDoubleTrackingist.DelayeffektewerdenhauptsächlichinderProduktionvonPo-pularmusikeingesetztundsindhäufigmusikstrukturellabgestimmt.DieDelayzeit,dieeinembestimmtenNotenwertbeieinembestimmtenTempoentspricht,berech-netsicheinfachdurchT=k·60/b[s]ausdemTempobinbpm(beatsperminute)undderNotenwert-KonstantekinBruchteilendesGrundschlag-Wertes,meistderVier-

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telnote(z.B.=0,25bzw.=2).BeiderÜbertragungklassischerMusikwerdenDelaysauchfürdieVerzögerungderSignalevonStützmikrofoneneingesetzt(Kap.10.5.3).

13.2.11  Nachhall

GerätezurErzeugungvonkünstlichemNachhallerfülleneineVielzahlvonFunk-tionen.BeiderProduktionklasssischerMusikwerdensieinderRegelzurVerlän-gerungderNachhalldauereingesetzt,wenndieAufnahmeineinerakustischnichtvollständigbefriedigendenUmgebungstattfindet. InderPopularmusik,womeistmitdichtmikrofoniertenSignalenmitgeringemräumlichenAnteilgearbeitetwird,entstehtdieräumlichePerspektive(Entfernung,Raumgröße,Halligkeit)erstdurchdieMischung des aufgenommenen Signalsmit künstlichemNachhall, häufig inKombinationmiteinzelnenReflexionen,wiesiedurchseparateDelayeffekte(Ab-schn.13.2.10)oderdurchdenNachhallalgorithmusselbstgeneriertwerden.AuchwennkünstlicherNachhallheutepraktischausschließlichdurchdigitaleEffektge-räteerzeugtwird,isteinkurzerRückgriffaufdieVorgeschichteanalogerVerfahrenalleindeshalbinteressant,weileinigedieserVerfahren(wiedieHallplatte)mitderihneneigenenKlangcharakteristik auchvondigitalenAlgorithmen simuliert undeingesetztwerden.

DasältesteWerkzeugzurErzeugungvonzusätzlichemNachhallwarenHallräu-me,wiesieunmittelbarnachAblösungdesmechanisch-akustischenAufnahmever-fahrensdurcheineelektroakustischeÜbertragungsketteum1925eingerichtetwur-den. Die Möglichkeit der elektrischen Mischung von an verschiedenen Ortenaufgenommenen,mikrofoniertenKlängenwurdegenutzt, umSignaleüberLaut-sprecherineinenRaummitstarkreflektierendenWändeneinzuspielen,überMikro-fonezurückzuführenunddemQuellsignalalsräumlichenAnteilzuzumischen.Inden1930erJahrenwardiesgängigePraxisindenAufnahmestudiosbeiRundfunkundSchallplatte,ebensowiebeimFilm(Rettinger1945).

NachEinführungdermagnetischenAufzeichnungstechnikwurdeninden1950erJahreneineReihevonNachhallerzeugernentwickelt,diemitmagnetischbeschich-tetenRädernarbeiteten,derenOberflächemiteinerReihevonAufnahme-undWie-dergabeköpfenbespieltundausgelesenwurdeundsoeineabklingendeFolgever-zögerterReflexionenproduzierte, derenzeitlicheStrukturdurchdiePositionderTonköpfevorgegebenwar.SolcheApparatekamensowohlimStudiobetriebzumEinsatz (Axonet al. 1957) als auchzurNachhallverlängerungvonKonzertsälen(Kap.5.5,Abb.5.46).

UniverselleVerbreitung fand die 1957 von der deutschen Firma EMT einge-führteHallplatte.Einerechteckige,anihrenEckpunkteneingespannteStahlplattevon1x2mKantenlängewurdedurcheinenelektrodynamischenWandlerzuBiege-schwingungenangeregt,diesichentlangderPlattenoberflächeausbreitetenundandenKanten reflektiertwurden.DiesesReflexionsmusterwurde an einer anderen

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StellederPlattepiezoelektrischabgenommenundineinelektrischesSignalzurück-gewandelt.DurcheineandieHallplatteangenäherteDämmplattekonntedieNach-hallzeitzwischen1und5seingestelltwerden(Kuhl1958).DieHallplatteEMT140lieferte zunächst nur einmonofonesSignal, seit 1961war siemit einem stereo-fonen, seit1973auchmiteinemquadrofonenAbnehmererhältlich (EMT1983).DasgleichePrinzipderNachhallerzeugungkamauchbeimNachfolgemodell,der1971eingeführtenHallfolieEMT240zuEinsatz.Dabeiwurdeeinenurnoch27x29cmgroßeFolieauseinerGold-LegierungpiezoelektrischzuSchwingungenange-regtundderenReflexionsmusterdurcheinendynamischenWandlerabgetastet.DerVorteilgegenüberderHallplattelagnebenderKompaktheitdesSystemsvoralleminderhöheren,einemnatürlichenRaumähnlicherenEigenfrequenzdichtederFo-lie.DiegeringeEigenfrequenzdichteisthauptverantwortlichfürdenmetallischenundtendenziellkleinräumigenKlangderHallplatte.

AlgorithmenzurErzeugungvonNachalldurchdigitaleSignalverarbeitungwur-den bereitsAnfang der 1960er Jahre vorgeschlagen (Schroeder 1961). Der sog.Schroeder-Algorithmus(Schroeder1962,Abb.13.18)verwendetevierparallelge-schalteteRückkopplungsschleifen(IIR-Filter,Kap.15.2.2),dieaufgrundihresFre-quenzgangsauchalsKammfilter(combfilter)bezeichnetwerden.DurchgeschickteWahlderVerzögerungenm1bism4kanndasFiltersoentworfenwerden,dasssichdieBergeundTälerdesFrequenzgangsgegenseitiginetwakompensieren.DurchzweinachgeschalteteAllpass-FiltermitlinearemFrequenzgang(Kap.15.2.2,Abb.15.18)wirddieAnzahlderReflexionenjeweilsnocheinmalverdreifacht.

Anfangder1960erJahrestandnochkeineRechnerarchitekturzurVerfügung,umAlgorithmendiesesTypsinEchtzeitauszuführen.InderComputermusik,fürdienichtnotwendigerweiseinEchtzeitrealisierteBerechnungvonKompositionen,fandenrekursiveNachhallalgorithmenjedochsehrfrühEingang,etwaindasMitte

Abb. 13.18 Schroeder-AlgorithmuszurNachhallsynthese

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der 1960er Jahre am Computer Center for Research in Music and Acoustics(CCRMA)inStanfordvonJohnChowningentwickelteProgrammzurräumlichenSteuerungvonSchallquellen(Chowning1971),daszumerstenMalbeiderKom-positionTurenas(1972)zumEinsatzkam.Mitteder1970erJahrewurdedieErzeu-gungvondigitalemNachhallinEchtzeitaufeinemindustriellenGroßrechnerde-monstriert(Baederu.Blesser1975),bevorwiederumderFirmaEMTmitdem1976vorgestellten digitalen Nachhallgerät EMT 250 die erste Implementierung einesrekursivenNachhallalgorithmusaufeinemtonstudiotauglichenDigitalrechnerge-lang. Es erlaubte einen viel weitergehenden Zugriff auf einzelne Parameter undKlangeigenschaftendesNachhallsalsdiesbeianalogenGerätenmöglichwar.InderFolgezeitstiegmitderRechenleistungvonMikroprozessorensowohldieÜber-tragungsqualitätderNachhallerzeuger(dasEMT250arbeitetemit24kHzAbtast-frequenzund12bitWortbreite)alsauchdieKomplexitätderimplementiertenAlgo-rithmen.Soerweiterte(Moorer1979)denSchroeder-Algorithmusumzweiweitere,parallelgeschalteteComb-FilterundeinenTiefpassersterOrdnunginjedemRück-koppelungszweigzurBedämpfunghoherFrequenzen,wiesieinderRealitätdurchdieLuftabsorptionunddasAbsorptionsverhaltenderWändegegebenist.AußerdemwerdenFlatterechos,wiesiebeikurzentransientenSignalehörbarwerdenkönnen,inihrerWirkungabgemildert.

Das von Jot u.Chaigne (1991) analysierteGeneral FeedbackDelayNetworkkannalsVerallgemeinerungderAlgorithmenvonSchroederundMoorerverstandenwerden.EserreichteinemaximaleDichteundeinemaximaleKomplexitätinderzeitlichenStrukturderReflexionsfolge, indemdieAusgängeparallelgeschalteterDelaylinesaufalleEingängerückgekoppeltundgemischtwerden.DieGewichtederRekursionwerdendurcheineFeedbackMatrixkontrolliert.Durcheinegeeig-neteWahl derKoeffizienten für das Feedback, für ein in jederRückkopplungs-schleifebefindlichesAbsorptionsfilterundfüreinamAusgangliegendesKorrektur-filterkann,imGegensatzzumSchroeder-Algorithmus,daszeitlicheundspektraleVerhaltendesNachhallsunabhängigvoneinanderkonfiguriertwerden.

Abb. 13.19 GeneralFeedbackDelayNetworkzurErzeugungvonnachhallähnlichenReflexions-musternmiteinerdurchdieFeedbackMatrixA=(aij)gewichtetenParallelschaltungvonRückkopplungsschleifen,Absorptionsfilternhi(z)zurSimulationderAbsorptionvonLuftundWändenundeinemKorrekturfiltert(z),nachJotu.Chaigne(1991)

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AuchwenndasgenaueDesignmodernerNachhallalgorithmenbeiallenHerstellerneinmehroderwenigerstrenggehütetesFirmengeheimnisist,darfmandavonaus-gehen,dasssieimPrinzipaufeineminAbb.13.19skizziertenAlgorithmusberu-hen.KomplexeImplementierungenwiedieProgrammederFa.Lexicon,diesichseitEndeder1970erJahremitdenModellen224L(1978),480L(1986)und960L(2000) als Marktführer etabliert hat, verwenden auch zeitvariante Elemente wieeinezufallsgesteuertezeitlicheundspektraleModulationfrüherReflexionen,wiesieinrealenRäumendurcheineBewegungderSchallquelleoderdesHörersunddurchdiefrequenzabhängigeRichtwirkungderQuellenentstehen.

GerätezurNachhallsynthesedurchIIR-FilterbietendemBenutzereinegroßePalette an Parametern zurKonfiguration des erzeugtenReflexionsmusters.Dazugehört zunächst eineAuswahl verschiedenerRaumtypen (church, hall, chamber,room),durchdieGrundparameterdesNachhallprogrammswieNachhallzeit, dieStrukturfrüherReflexionensowieReflexionsdichteundEigenfrequenzdichtevor-eingestelltwerden.AucheineSimulationdesVerhaltensderNachhallplatte(plate)gehörtzumRepertoirefastallerNachhallprogramme.JedesdieserProgrammebie-teteinenParameterfürdieRaumgröße(size),derhäufigalsMaster-ReglereineinsichkonsistenteEinstellungandererParameterbewirkt,fürdieNachhallzeit(reverbtime),einenFaktorfürdieÄnderungderNachhallzeitbeitiefenFrequenzen(bassmultiply),eineGrenzfrequenzfürdieDämpfunghoherFrequenzen(rolloff)unddieAbnahme der Nachhallzeit zu hohen Frequenzen (treble decay), Parameter zurSteuerung der Hüllkurve im Ein- undAusschwingvorgang (shape, spread), eineZeitverzögerungdesNachhallsgegenüberdemEingangssignal(predelay)undPa-rameter zurErzeugung einzelner früherReflexionenmit definierterZeitverzöge-rungunddefiniertemPegel.

SeitEndeder1990erJahreistdieRechenleistungvonProzessorenhochgenug,umkünstlichenNachhallnichtnurdurchrekursiveAlgorithmenzuerzeugen,son-dernauchsog.Faltungsalgorithmen inEchtzeitauszuführen.FaltungsalgorithmensindFIR-Filter,derenFilterkoeffizientendurchdieAbtastwertederImpulsantwortvonrealenRäumengebildetwerden.DurchdiesenProzess,derumeinVielfacheshöhereAnforderungenandieRechenleistungstelltalsrekursiveAlgorithmen(beieinerNachhallzeitvon2sund48kHzAbtastfrequenzsindbereits96.000Filterko-effizientenerforderlich),kannjedemEingangssignaleinNachhallverlaufaufgeprägtwerden,dersichzeitlichundspektralnichtvoneinemimrealenRaumaufgenom-menenNachhallunterscheidet.SeitderEinführungeineralgorithmischenLösung,diegleichzeitigdenAufwandunddieLatenzderBerechnungminimiert,d.h.dasErgebnis der Faltung amAusgang des Prozessors praktisch verzögerungsfrei zurVerfügungstellt(Gardner1995),wurdeauchdiesesVerfahrenzunächstaufexternenDSP-Architekturenrealisiert(SonyDRE-777,YamahaSREV1).SeiteinigenJahrenistesalsFunktiondigitalerAudioworkstationsoderinFormvonPlug-insauchaufHost-ProzessorenlauffähigundwirdmeistmiteinerBibliothekvonImpulsantwor-tenausgeliefert,dieeinbreitesSpektrumraumakustischerUmgebungenabdecken.

ImGegensatzzurekursivenNachhallalgorithmenbieteteinFaltungshallaller-dingsnurbegrenztenZugriffaufdieStrukturdesNachhalls.InderRegelistnureinPredelayverfügbar,umdenNachhallgegenüberdemDirektsignalzuverzögern,

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sowieeinParameterzurModifikationderNachhallzeit,derdasAusklingenderIm-pulsantwortverkürztoderverlängert.

ImHinblick auf eine Simulation desReflexionsverhaltens natürlicherRäumekanndieNachhallsynthesemitEinführungdieserFaltungsalgorithmenimGrund-satzalsgelöstangesehenwerden,auchwennzeitvarianteElemente,wiesieetwadurchdieBewegungvonQuelleundHörerentstehen,durcheineImpulsantwort,dienureineMomentaufnahmedesÜbertragungssystemsdarstellt,nichtabgebildetwerden.WeilzudemhäufignichtdieSimulationeinesnatürlichenRaumsimVor-dergrundsteht,sonderndasHinzufügenspezifischerräumlicherAnteilezueinembereitsraumbehaftetenSignal,sindauchrekursiveNachhhallalgorithmennachwievoreinunverzichtbaresWerkzeugderKlanggestaltung,dasiebeiderräumlichenEffektbearbeitungeinergrößerenGestaltungsspielraumermöglichen.

13.2.12  Pitch Shifting

DieFunktionvonPitch-Shifting-EffektenbestehtgemäßihrerBezeichnunginderVerschiebungderTonhöhevonAudiosignalen.DieentsprechendeSignalverarbei-tung beruht auf dem Prinzip des Phase-Vocoders, eines FFT-basiertenAnsatzes(Bernsee2005),oderderGranularsynthese,diemitkleinenAbschnittendesdigi-talenAudiomaterials (grains) im Zeitbereich operiert (Roads 2001). Man unter-scheidet zwischen einfachen Pitch Shiftern, bei denen Tonhöhenverschiebungenfestbzw. fürverschiedeneZeitabschnittevoreinstellbar sind,Harmonizern®,diedurchRückkopplungMehrklängeausgeschichtetenidentischenIntervallenerzeu-genkönnen,undGerätenzurautomatischenTonhöhenkorrektur,diedurcheinedy-namischeSteuerungderParameterinAbhängigkeitvondenErgebnisseneinerTon-höhenbestimmunggeschieht(vgl.z.B.AntaresAudioTechnologies2006).Zudenjustierbaren Parametern gehören dieTonhöhendifferenz (pitch, detune) bzw. dieStärkeeinerautomatischenKorrektur(amount),dieKorrekturgeschwindigkeit(at-tack, retune speed), dieTonhöhenunterschiedsschwelle, unter der eineKorrekturstattfindet(window),sowieTypundStimmungderBezugstonartbzw.-skala(scale).DarüberhinausbietenheutigeGeräteausführlicheAnalysefunktionenund-darstel-lungen, erweiterte Tonhöhenfunktionen (z.B. Vibratogestaltung) und integrierteDynamikfunktionen(z.B.De-Esser).WerdenTonhöhenverschiebungenvonweni-gen Cents gewählt, ergibt sich durch Mischung mit dem unbearbeiteten SignalaufgrundderentstehendenSchwebungeinchorus-ähnlicherEffekt.DurchTonhö-henverschiebungen in derGrößenordnungmusikalischer Intervallewird die ent-sprechendeStimmetransponiertundsoindasmusikalisch-strukturelleGefügeein-gegriffen. Durch mehrfache simultane Tonhöhenverschiebung können aus einerStimmeMehrklängegebildetwerden.SpeziellaufdieGenerierungvonOber-und/oderUnteroktavenausgelegteGerätewerdenalsOctaverbezeichnet.VieleGeräteermöglichen statt einer intervallstarren Transposition die Berücksichtigung vonTonartenoderinEinzeltönenvorgegebenenSkalen(intelligentpitchshift).Einper-zeptivmeistunerwünschterNebeneffektdeutlicherTonhöhenveränderungenistdie

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gleichzeitigeVerschiebungvonFormanten,wasz.B.denbekanntenMickey-Mouse-Effektbewirkt.ModerneAlgorithmenermöglichendurchdieAnwendungvonFre-quenzbereichsverfahren(vgl.15.3.5)dieunabhängigeVerschiebungvonTonhöheundFormantenbzw.dieVermeidungvonFormantverschiebungen(vgl.etwaHoe-nigundNeubäcker 2006).Auch ein solchesProcessingproduziert nochhörbareArtefakte(insbesonderebeiautomatischkorrigiertengebundenenTonhöhenwech-seln).Mittlerweile sinddiese allerdingsklangästhetisch etabliert undkönnen alseigeneKategorievonEffektenangesehenwerden(„Chersound“)..

13.2.13  Time Stretching

Time-Stretching-AlgorithmenermöglichendieVeränderungderLängeeinesAudio-signals bzw. seines Abspieltempos ohne Tonhöhenänderung und basieren aufdenselbenSignalverarbeitungsprinzipienwiedasPitchShifting(Abschn.13.2.12,Kap.15.3.5).Time-Stretching-AlgorithmensindsowohlalseigenständigeAnwen-dungen verfügbar als auch Bestandteil der gängigen integrierten Audiobearbei-tungssysteme.Wählbar sind der Zeitskalierungsfaktor und ggf. für verschiedeneAudioinhalte optimierteAnalysemodi zur Minimierung vonArtefakten. Erst derkombinierteEinsatzvonTimeStretching,PitchShiftingundSchnitterweitertdieMöglichkeiten des Samplings bzw. der nonlinearenAudioproduktionsweise be-trächtlich:AudiomaterialkannsonichtnurklangfarblichunddynamischinMedien-produktioneneingepasstwerden,sondernauchhinsichtlichZeitpunkt,Wiedergabe-ausschnitt,SpieldauerundTonhöhe.

13.2.14  Phaser

Der Phaser ist ein Modulationseffekt, der im klanglichen Ergebnis dem Flangerähnelt,daerebenfallsaufderÜberlagerungvonOriginal-undzeitverschobenemSignalberuht.AllerdingswirdbeimPhasernichtderZeitversatz,sonderndiePha-senlagederFrequenzkomponentenmoduliert,wasaufeinnichtmehrgleichabstän-digesAuftretenderPeaksundDipsderKammfilterfunktionhinausläuft(vgl.Abb.15.30rechts).TechnischwirdderPhaserdurcheineSerievonAllpass-Filternreali-siert(Hartmann1978,Abschn.15.3.3).NebenderstetseinstellbarenModulations-geschwindigkeit(rate,speed)sindjenachBauartauchdieParameterModulations-tiefe (depth, intensity, amount), Modulationsmittelpunkt (manual, sweep) undRückkopplung(feedback, regen, resonance) justierbar,sowieggf.einePhasenin-vertierungdesverschobenenSignals(phase,mode,colour)unddieAnzahlderFil-terstufen(stage)schaltbar.FüreineVeranschaulichungwesentlicherParametervgl.z.B.MoogMusic(2003a).Derinden1960erund70erJahrenbeliebteEffektwirdhäufigfürdieBearbeitungvonGitarren-undSynthesizersoundseingesetztundistdaheroftinBodeneffektgerätenanzutreffen.

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13.2.15  Ringmodulator

EinRingmodulatormultipliziert zweiWechselspannungenund erzeugt auf dieseWeisederenDifferenz-undSummenfrequenz(Zweiseitenbandmodulationmitun-terdrücktemTräger).DerNameRingmodulatorgehtaufseineanalogeKonstruk-tiondurchviergleichsinnigimRingangeordneteDiodenzurück.Einevereinfachte,zurVerarbeitungvonRechtecksignalengeeignetedigitaleRealisationläuftaufeinelogischeExklusiv-Oder-VerknüpfungderSignalehinaus.NachdemeinalsAudio-EffektgerätausgelegterRingmodulatorinderRegelnureinSignalverarbeitensoll,enthältermeistenseinenlokalenOszillatorzurErzeugungdesTrägersignals(vgl.z.B.MoogMusic2003b).DessenmittlereFrequenzist ineinemweitenBereich(z.B.0,1Hzbis5kHz)einstellbar(frequency)undoftzusätzlichdurcheinenTief-frequenz-Oszillator(LFO)modulierbar,derggf.verschiedeneWellenformenerzeu-genkann(waveform).DieLFO-ParametersindRateoderSpeedfürdieModula-tionsfrequenz und Amount, Intensity oder Depth für die Modulationstiefe derTrägerfrequenz.DieStärkedereigentlichenRingmodulationdurchdaseingespeisteAudiosignalwirdmitdemParameterDriveoderLevelunddieMischungvonring-moduliertemundoriginalemSignalmitdemParameterMixeingestellt.MancheGerätebeinhaltenzusätzlichFilterzurKlangfarbenbeeinflussung.Durchdieprodu-

Abb. 13.20 WirkungderRingmodulationzweierSinussignalemitdenFrequenzenfA=100Hz(obenlinks)undfT=1000Hz(obenrechts)imZeitbereich(untenlinks)undFrequenzbereich(untenrechts).DieEingangsfrequenzen(gestrichelt)sindimmoduliertenSignalnichtmehrenthalten.

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ziertenSummen- undDifferenztöne führt eine kontinuierlicheFrequenzverände-rungdesEingangs-oderTrägersignalszueinemKlangeffekt,wieerähnlichbeimDurchstimmen eines Kurzwellenempfängers auftritt. Bei statischen Eingangsfre-quenzenähnelndiedurchdieRingmodulationerzeugtennichtharmonischenFre-quenzspektren(vgl.Abb.13.20)perzeptivdenenvonIdiophonen.JenachEinstel-lunglässtsichinsoweiteinebreitePalettevonKlangverfremdungenerzeugen,dievondezentenVibrato-undVerstimmungseffektenüberglockenähnlicheKlängebiszurstarkgeräuschhaften,völligenZerstörungderursprünglichenKlangstrukturrei-chen.Daperiodischebzw.tonhaltigeSignale,wiesieOszillatorenerzeugen,einemsolchendestruktivenEffektderRingmodulationwenigerschnellunterliegenalsge-räuschhafte,werdenRingmodulatorenvorzugsweisefürdieBearbeitungvonSyn-thesizer-Soundseingesetzt.

13.2.16  Tremolo und Vibrato

DerTremolo-undderVibrato-EffektsindeinemodellhafteNachbildungdergleich-namigenVorgängebeimInstrumentalspielbzwGesang.DerBegriffTremolobe-zeichnetspieltechnischeineperiodischeTonrepetition(z.B.beiderGitarre)oderLautstärkeänderung(z.B.beimAkkordeon),derBegriffVibratoeineperiodischeTonhöhenänderung (z.B. bei Streichinstrumenten oder Gesang), die sich auchklangfarblich auswirkt (Meyer1991).Spieltechnisch sindbeideVorgänge inderRegelnichtvölliggetrenntvoneinanderumsetzbar.InderAudiobearbeitungwirdein Tremolo erzeugt, indem dasAudiosignal durch einen Tieffrequenzoszillator(LFO)mitsinus-oderdreieckförmigerWellenformamplitudenmoduliertwird(ty-pischerweisemiteinerFrequenzvon3-10Hz),wasanalogdurcheinenspannungs-gesteuertenVerstärker(VCA)unddigitaldurcheineMultiplikationderAmplitu-denwertevonAudio-undModulationssignalerreichtwird (Abschn.15.3.2).ZurErzeugungeinesVibratoswirdstattderAmplitudedieFrequenzdesAudiosignalsmoduliert,imFalleanalogerTonerzeugungdurchdieVerwendungeinesspannungs-gesteuertenOszillators(VCO),imFallebeliebigerAudiosignaledigitaldurchdieÄnderungderAuslesegeschwindigkeitderAudiodaten,wieesbeieinigenDelayef-fektengeschieht (Abschn.13.2.10und15.3.2).FürbeideEffekte lassensichdieModulationsfrequenz(rateoderspeed)unddieModulationstiefe(depthoderinten-sity)einstellen.

13.2.17  Leslie-Kabinett (rotary speaker)

DievonDonaldJamesLeslieentwickeltenundseitden1940erJahreneingesetztenZwei-Wege-LautsprechermitrotierendenSchalltrichtern(Abb.13.21)verursachendurchdieperiodischvariierendeEntfernungderSchallquellezumHörerundzudenreflektierendenFlächendesWiedergaberaumszugleichÄnderungenderTonhöhe

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(aufgrund von Dopplereffekten), der Lautstärke, der Klangfarbe, des Raumein-drucksundgeringfügigderLokalisation.DurchdieseVariationvielerwesentlicherKlangmerkmalegewinntdasübertrageneSignalanKomplexität.Vorallemstati-scheKlänge lassensichsobereichern,weswegenLeslie-KabinettevorallemfürelektrischeOrgeln(typisch:Hammond-Orgel)eingesetztwerden.

EsexistierenzahlreicheModelle(vgl.dieDokumentationvonMikael2005).Schal-terbzw.ReglerermöglichendieZuschaltungdesGeräts,dieLautstärkeeinstellung,dieEinschaltungderRotationderSchalltrichter(diemitverschiedenenGeschwin-digkeitenerfolgt)sowiebeivielenModellendieWahlderRotationsgeschwindig-keitinzweiStufen(chorale/tremolo).ElektronischeNachbildungendesLeslie-Ka-binettsnutzenv.a.denDoppler-unddenTremolo-Effektaus.SiebietenimHinblickaufGrößeundGewichteinesoriginalenGerätsVorteile, allerdingsgehtdiehierbesonderswichtigeWirkungallseitigerSchallabstrahlungverloren,dienurinderLive-DarbietungzurGeltungkommenkann.EinedemLeslie-Kabinettverwandte,aufdieÜbertragungvonGitarrenklängenausgerichteteundmitnureinemRotorarbeitendeKonstruktionistdasFenderVibratone.

13.2.18  Wah-Wah

DasWah-WahisteinBandpassfilterhoherGüte(Resonanzfilter)mitvariablerMitten-frequenz.DamitdiesewährenddesInstrumentalspielsverändertwerdenkann,istsiezumeistdurcheinFußpedalsteuerbar,dasmechanischaneinPotentiometer,einenSpulenkernodereineBlendevoreinemFotowiderstandgekoppeltist.DerBereichderMittenfrequenzumfasstetwa250Hzbis2kHz.JenachGerätetypistdieEinstel-

Abb. 13.21 PrinzipschaltbilddesLeslie-Modells122mitVerstärkereinheit,Frequenzweiche,LautsprechernundRotoren

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lungdesRegelbereichs,derFiltergüteunddesMischungsverhältnisseszwischenOri-ginal-undEffektsignalmöglich.WährendderRuhestellungdesPedalswirddasEin-gangssignaldurchgeschliffen(bypass).VerschiebtmandieMittenfrequenznachobenundunten,ergibtsichbeibreitbandigenSignaleneinKlangeffekt,derdurchdieeng-lischeAussprachedesWortesWah-Wahanschaulichbeschriebenist.DieklanglicheVerwandtschaftmitdermenschlichenStimmeerklärtsichausdemähnlichenFre-quenzbereichvonEffekt-MittenfrequenzenunderstenFormantenderVokale.EinigeGeräteermöglicheneineSteuerungderMittenfrequenzdurchdieZeithüllkurvedeszubearbeitendenAudiosignals (Auto-Wah)oder eines anderenSteuersignals,wasz.B.einegenaueRhythmisierungdesEffektsermöglicht.DasWah-Wahistzwarseitden1960erJahreneintypischerGitarreneffekt,gehtaberaufeineimJazzpraktizierteSpieltechnikfürBlechblasinstrumentezurück,beidereinspeziellerWah-Wah-Dämp-ferwährenddesSpielsmitderHandauf-undabgedecktwird(vgl.Bertsch1994)unddieschoninden1930erJahrenpopulärwurde.

13.2.19  Vocoder

UnterdemEinflussdesBerlinerAkustikersKarlWillyWagnerwurdeinden1930erJahrenandenamerikanischenBellTelephoneLaboratoriesderVocoderentwickeltund1939vonHomerDudleyvorgestellt.Erdienteursprünglichdazu,Spracheko-diertzuübertragen,wurdeaberschoninden1940erJahrenfürdieErzeugungvonKlangeffekteninHörspielenundimTheatereingesetzt(vgl.UngeheuerundSupper1995).AmQuelle-Filter-ModellfürSpracheorientiert,nimmteinVocodernachei-nandereineSpektralanalyseundeineSpektralsynthesevor(Abb.13.22).

ImAnalyseteilwirddaseingespeisteNutzsignal (program input, analysis input,speechinput),typischerweiseSprache,nachoptionalerDynamikkompressiondurcheine Filterbank in (meist 8 bis 32) Frequenzbänder aufgeteilt.Aus den gefiltertenAudiosignalen werden durch Envelope-Follower, bestehend aus Gleichrichter undTiefpass,Zeithüllkurvensignaleerzeugt–Steuerspannungen,dieursprünglichfürdieÜbertragungbestimmtwaren.ZusätzlichwirddieSprachgrundfrequenzermitteltso-wieineinemVoiced-Unvoiced-Detector(VUD)bestimmt,obeinstimmhafterodereinstimmloserSprachlautvorliegt.EinigeModelleenthaltenzusätzlicheineSprach-pausenerkennung(speechdetector,nichtabgebildet).DieAnalyseergebnissewerdenebenfallsalsSteuerspannungenübertragen.DieDetektionderStimmhaftigkeiterfolgtmeistdurcheinenPegelvergleichzweierFrequenzbänder(f1>5kHz,f2<1kHz),fürdieGrundfrequenzbestimmungwerdenunterschiedlicheVerfahrenangewandt.

Im Syntheseteil wird zunächst ein Ersatzsignal generiert. Zur NachahmungstimmhafterLautewirdhierfürvoneinemTongenerator(VCO)einRechteck-oderzumeistSägezahnsignalerzeugt,dessenFrequenzderübertragenenSteuerspannungfolgtoderalternativübereinKeyboardspielbarist;zurErzeugungderstimmlosen,reingeräuschhaftenAnteilewirdaufeinenRauschgeneratorumgeschaltet.FürdieAnwendungdesVocodersalsAudioeffektistjedochdieEinspeisungeinesbelie-bigenexternenAudiosignals(carrierinput,synthesisinput,replacementsignal)ty-

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pisch,dasalternativalstonhaltigeKomponentedesErsatzsignalsfungiert.Beieini-genGeräten folgt derPegel desRauschgenerators demdes externen tonhaltigenSignals, oder es besteht zusätzlich dieMöglichkeit der alternativenEinspeisungeinesgeräuschhaftenSignals(nichtabgebildet).DasErsatzsignalwirddurchFilterin spektraleKomponentenzerlegt. JededieserKomponentenwirdmithilfeeinesspannungsgesteuertenVerstärkers(VCA)voneinemüberdieMatrixzugeordnetenZeithüllkurvensignal derAnalysestufe amplitudenmoduliert. Die Summation dermodulierten Komponenten ergibt das spektral modulierte Ersatzsignal (vocoderoutput),demalsPerzeptdiezeitlichenKlangfarbenverläufedesNutzsignalsaufge-prägtsind.DahierbeiauchderCharakterdesErsatzsignalsnochdurchgängiger-kennbarseinsoll,dürfendiebeimSprechenhäufigauftretendenPausennichtzurUnhörbarkeitdesErsatzsignalsführen.IneinigenGerätensorgtdahereineautoma-tische Pausenauffüllung (silence bridging) durch eineErhöhung der Steuerspan-

Abb. 13.22 BlockschaltbilddesVocoders

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nungendafür,dassdasErsatzsignalauchbeiSprechpausendenSyntheseteildesVocoderspassierenkann(nichtabgebildet).

AufgrundderVielfaltanVocoder-BauformensindsowohldieBedienungsmög-lichkeitenalsauchderenBezeichnungenuneinheitlich.EskönnenaberfolgendePa-rameter-Gruppen unterschieden werden (mit ggf. abweichenden Bezeichnungen):EingangspegelstellerjefürSprach-undErsatzsignal(inputlevel)sowieggf.Verhält-nisvonstimmlosemundstimmhaftemErsatzsignal(inputsignalbalance);Schwell-wertreglerfürVUD(VUDthreshold,sibilancelevel)undSprache-Pause-Erkennung(speechdetectorthreshold);ReglerfürFrequenz,Frequenzbereich,Wellenformundggf.ModulationdesVCO(tune,pitch,octaverange,waveform,vibratospeed,vibra-to depth);Ausgangspegel der einzelnenSpektralkanäle (channel level); Pegel desPausenfüllsignals,ggf.getrenntfüreinzelneSpektralkanalgruppen(silencebridgingadjust,pausefilling);dieMatrix fürdieZuordnungderSpektralkanäle (filterbankpatch,channelenvelope);Ausgangs-Mischfeldfürdieverarbeitetenbzw.anfallendenSignaltypen:Sprachsignal(microphone/analysissignallevel),ggf.analysegefiltertesSprachsignalspektralkanalweiseregelbar(speechaddition,multifilter),Ersatzsignal(external/synthesis/replacement signal level),Vocodersignal (vocoder level); ggf.ReglerfürFilterundnachgeschalteteEffekte(z.B.Chorus).

DieWirkungderKlangfarbenaufprägungermöglichtes,v.a.gleichmäßigeKlän-gewiez.B.Streicherakkorde,SynthesizertöneoderWindgeräuschezumSprechen(oderbeiTonhöhenänderungzumSingen)zubringen.DerklassischeVocoder-Ef-fektistdieRoboterstimme.DurchdiezahlreichenEinstellmöglichkeiten,dieWahldereingespeistenAudioinhalteunddieZuordnungderSteuerspannungenergebensichvielfältigeMöglichkeiten,KlängebiszurUnkenntlichkeitzuverfremden.FüreinenÜberblicküberTechnikundEinsatzgebietedesVocodersvgl.Buder(1978a,1978b). Moderne softwarebasierte Realisationen vonVocodern bieten zusätzlichVisualisierungen,erweiterteEinstellmöglichkeitenundFunktionen(z.B.spektraleModulation,Morphing,synthetischeKlangerzeugung)sowiespektraleAuflösungenvonbiszu1024Frequenzbändern(vgl.z.B.HaasundSippel2004).EineweiteresGerät,daseineAufprägungvonsprachlichenSpektralverläufenaufbeliebigesTon-materialermöglicht,istdieelektroakustischarbeitendeTalkbox.

13.2.20  Mehrfach-Bearbeitung und komplexe Algorithmen

ModerneStand-alone-GerätevereinenhäufigverschiedeneAudiobearbeitungsmit-telimHinblickaufbestimmteAnwendungsfälleoderbestimmteKlangquellen.Ty-pischeBeispielesindimAufnahmewegeinsetzbareKanalzüge(channelstrips),dieinderRegelVorverstärker,Filter,Equalizer,RegelverstärkerundAD-Wandlerbe-inhalten,fürRaumeffekteausgelegteMultieffektgerätemitDynamik-,Delay-undHallprogrammenoderVoice-Prozessoren,dieumfangreicheDynamik-,Tonhöhen-undKlangfarbenbearbeitungensowieDelay-undHalleffekteermöglichen.Innova-tiveVerfahrenergebensichnichtnurdurchdieKombinationtraditionellerAudio-bearbeitungsmittel,sondernauchdurchneueEffekte.Solassensichineinemsog.

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MultipleResonanceFilterArrayachtschmalbandigeFilterüberHüllkurvengenera-torenvoneinemPatterngeneratorsteuern,wodurcheinekomplexeklangfarblicheRhythmisierungmöglichwird.

InintegriertenAudioproduktionsumgebungenkönnenbeliebigePlug-inskombi-nierteingesetztwerden,diesichallerdingsdievorhandeneRechenkapazitätteilenmüssen.DahersindindiesemBereicheherklanglichspezialisierteEffektezufin-den.InsbesonderedieAnwendungvonFrequenzbereichsverfahrenermöglichtdieKreation innovativerKlangbearbeitungsmittel, etwa des SpektralDelay, das fre-quenzselektive Verzögerungseffekte ermöglicht (vgl. Haas, Clelland & Mandell(vgl. Haas, Clelland & Mandell2004).DieintegrierteAnalysepsychoakustischrelevanterSignalmerkmale,wiesiez.B.dieTonhöhenbestimmungfürdieautomatischeTonhöhenkorrekturdarstellt,wirdkünftigweitereGestaltungsmöglichkeiteneröffnen,etwadiegetrennteBear-beitungvontonhaltigenundgeräuschhaftenSignalanteilen.Miteinemsolchen„in-telligenten“Filterlässtsichz.B.beieinerFlötedasVerhältnisvonAnblasgeräuschundTonregeln.SchließlichgibteseigenständigeSoftware-Anwendungen, die ver-Anwendungen,diever-schiedeneFunktionalitäten(z.B.Synthesizer,Sampler,EffektgerätundSequenzer)integrieren,sowieToolsfürspezielleAnwendungsbereiche(z.B.SoundDesign).

13.3 Klangrestauration

AlsRestaurationbezeichnetmandieEntfernungoderMinderungvonmitStörungenbehaftetemAudiomaterial.HierbeikannessichsowohlumhistorischeAufnahmenalsauchumaktuellesTonmaterialhandeln.BeihistorischemMaterialsinddieUr-sachenfürStörungenhäufigbeschädigteMedienoderProblemedurchdiebeiderAufzeichnung verwendeten Aufnahmetechnologien. Die Restauration von altenAufnahmenisteinsehrkleinesBetätigungsfeldfürSpezialisten,aberauchimStu-dioalltaghatmanesoftmitStörungenzutun,diemitStandardwerkzeugenentferntwerdenkönnen.

13.3.1  Bearbeitungswerkzeuge

ZurBearbeitungkommenentwederexterne,DSP-basierteVerfahrenzumEinsatz,immerhäufigeraberSoftware-LösungenfürAudioWorkstations.DieAlgorithmendermeistenRestaurationswerkzeugebestehenauseinemFunktionsblock,mitdemdieStörungdetektiertwird, und einemBlock, derdiedetektierteStörungunter-drückt.EsgibtauchWerkzeuge,beidenendieLokalisationderStörungmanuellerfolgenmuss.RestaurationswerkzeugebenötigenaufGrundderkomplexenAlgo-rithmensehrvielProzessorleistung.HäufigverfügensieübereineAudition-Funk-tion,überdiemandenentferntenStöranteilabhörenkann.Solässtsichbeurteilen,inwelchemUmfangauchschonTeiledesNutzsignalsentferntwurden.EsgibtaberauchStörungen,fürdiebisheutekeineRestaurationsalgorithmenentwickeltwur-

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den.EntwedersinddieStörungenzukomplexoderesgibtnochkeinetheoretischenAnsatzfüreineRestaurierung.BeispielesindArtefaktedurchMehrfachkodierungoderdieKompensationvonGleichlaufschwankungenbeiBandgeräten.

13.3.2  Klassifizierung von Störungen

UmdasrichtigeWerkzeugfüreineStörunterdrückungauszuwählen,musszunächstderTypderStörunganalysiertwerden.EinUnterscheidungskriteriumistdieFre-quenzdesStörsignals.EsgibttonaleStörungenundStörungen,diesichübereinbreitesSpektrumverteilen.EinweiteresKriterium ist dieStördauer.Hier lassensichkurzeImpulsstörungenvonStörungenmitkontinuierlichemCharakterunter-scheiden.SogenannteBurstsoderClustersinddabeiimpulshafteStörungen,dieinsehrkurzenZeitabständenauftreten.EinweiteresKriteriumistdieUnterscheidungzwischenStörungen,dieinderanalogenoderinderdigitalenEbeneauftreten.UndschließlichkannmanunterscheidenzwischenStörungen,dietechnischbedingtsindoderStörungendurchandereäußereEinflüsse,wiez.B.HandyklingelnwährendeinerKonzertaufnahme.

13.3.3  Rauschen

EinederamhäufigstenauftretendenStörungenistdasRauschen.RauschenisteinspektralbreitbandigesStörsignalmit stochastischemZeitverlauf (Kap.1.2.3).EsentstehtbereitsimMikrofon,z.B.durchthermischeBewegungderLuftmoleküle.InderPraxishatmanesjedochinderRegelmitRauschenzutun,dasdurchelek-tronischeSchaltungenoderanalogeAufzeichnungsmedienverursachtwird.

BeianalogenSystemen,etwabeianalogenMagnetbandgeräten,setztemandy-namischeMultiband-Kompressor-Expander-Kombinationen, sog.KompanderzurRauschunterdrückungein(Abschn.13.2.6undDickreiter1990:36ff.).ImGegen-satzdazuarbeitenmoderneDe-NoiseroderDe-HissernachderMethodederspek-tralenSubtraktion.DabeiwirddasSpektrum inmehrereHundertBänderzerlegtundderBetragdesgeschätztenRauschspektrumsvomGesamtspektrumabgezogen(Boll1979).EinprinzipbedingtesProblemderspektralenSubtraktionsind„Musi-calTones“,diealsArtefaktedereingesetztenFilterkurzzeitigetonaleAnteile,eineArt„Klingeln“erzeugenkönnen.EsexistierenverschiedeneLösungsansätze,umdieseArtefaktezuunterdrücken(Varyu.Martin2006).BeiextremenEinstellungenwerdendieseMusicalTonesjedochhörbar.

InderPraxisistdieFrequenzverteilungdesRauschensniegleichmäßig.UmdasRauschenausdemSignalzuentfernenistdahereineindividuelleErmittlungderspektralenVerteilungdessogenanntenRauschteppichsoderRauschbodenserfor-derlich.Dieserfolgtentwederautomatischoderdurcheinen„Fingerabdruck“,wennimgestörtemAudiomaterialeineStelleverfügbarist,inderausschließlichdasRau-

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schen vorkommt. Wenn die vomAlgorithmus erwartete Länge des zu analysie-rendenBereichsnichtausreicht,setztmaninderPraxiseineSchleifeumdieStellemitdemRauschstörsignal.DieAnalyseeinesFingerabdrucksliefertimRegelfallbessereErgebnissealseineautomatischeAbschätzungdesRauschbodens.DiesgiltinsbesonderefürMaterialmitgroßerDynamik.FürmoduliertesRauschen,wieesbeialtenMagnetbandaufzeichnungenvorkommt,sindspezielleWerkzeugeverfüg-barundauchnotwendig.

DieAusführungderDe-Noiserfälltimmersehrähnlichaus.ÜberdenParameterThresholdsetztmandieSchwellefürdenRauschpegel,abderdasRestaurations-werkzeugeingreift.DieStärkederRauschunterdrückunglässtsichmitdemPara-meterReduction,Depth,manchmalauchalsRatiobezeichnet,einstellen.Professi-onelleDe-NoisergestattenhäufigauchnochdiemanuelleKorrekturdesermitteltenRauschbodensübereinenEqualizer.DurchdieRauschunterdrückungwirdinmehroderwenigergroßemUmfangimmerauchdasNutzsignalbeeinträchtigt,insbeson-dere imHinblick auf denwahrgenommenenRaumanteil oder dieHelligkeit desTonmaterials. Um den Raumanteil von der Bearbeitung auszuschließen, gibt esmeistenseinenAmbience-Parameter,mitdemmanbestimmenkann,wiegroßdie-serAnteilseinsoll.AuchdieBrillianzbeiSprachekanndurchdenEntrauschpro-zess gemindert werden. Einige De-Noiser bieten auch hier Parameter, um dieseSprachkomponentenvonderBearbeitungmehroderwenigerauszuschließen.

Ein typisches Problem bei historischem Material ist der scheinbareVerlust anhochfrequentenAnteilennachderRauschunterdrückungimVergleichzumOriginal-material.Auch wenn das Originalmaterial in den hohen Frequenzbereichen meistkaumodergarkeinNutzsignalenthält,istoffensichtlichinderEmpfindungeineklareTrennungzwischenNutz-undStörsignalkaummöglich,sodasseineEntfernungdesRauschen im oberen Frequenzbereich als Frequenzbeschneidung wahrgenommen

Abb. 13.23 TypischerDe-NoisermitDarstellungderFrequenzverteilungdesNutzsignalsunddesRauschbodens

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wird.DaderEinsatz einesFilters lediglichdasRauschenwieder anhebenwürde,bietetsichderEinsatzeinesWerkzeugszurGenerierungvonharmonischenObertö-nenan(Enhancer,vgl.Abschn.13.2.9).DieGrenzfrequenz,abderdieOberwellenerzeugtwerden, istvomMaterialabhängigund liegt inderRegeloberhalbvon3kHz.

13.3.4  Sratches, Clicks und Crackles

BeiImpulsstörungenisteineKlassifikationderStörungbesonderswichtig,umdasrichtigeRestaurationswerkzeugauszuwählen.Auchwennsiesichanalogeunddigi-taleStörungenhäufigmitdengleichenWerkzeugenbearbeitenlassen,weisendigi-taleArtefaktebestimmteBesonderheitenaufundsollendaherinAbschn.13.3.11separatbehandeltwerden.

Mechanische Beschädigungen oder Staubeinschlüsse beiAufzeichnungs- undWiedergabemedienwieWalzen,Schellack-PlattenoderVinyl-Platten sind inderRegeldieUrsachefürImpulsstörungeninderanalogenEbene.BeiSchallplattenlassensichdurchdasNassabspielenProblemedurchStaubeinschlüsseindenRillenwirkungsvollmindern.HierbeiwirdübereinenmitFlüssigkeit(Alkoholunddestil-liertesWasser)getränktenSchwammeinFlüssigkeitsfilmaufdieSchallplatteauf-getragen.HäufigsindhistorischeMedienaberbereitsüberspielt,dieOriginalezustarkbeschädigt,oderdieMediensindnichtmehrverfügbar,sodassRestaurations-werkzeugeeingesetztwerdenmüssen.

ImpulsstörungeninderanalogenEbenelassensichnachHäufigkeit,DauerundPegelklassifizieren,dieBezeichnungenfürdieunterschiedlichenStörungensindnicht einheitlich. Lange Impulsstörungen von einigenMillisekunden mit hohenAmplitudennenntmanScratches.MitClicksbezeichnetmandagegenStörungenmittlerenPegels undmittlererDauer.KurzeStörungenmit geringenPegelnundeinersehrhohenHäufigkeitvonmehralseinigenTausendEreignissenproSekundebezeichnetmanalsCrackles.DieAnzahlderStörereignisseisthiersohoch,dasszumTeilkeineEinzelstörungenmehrwahrgenommenwerden,sonderndieStörungeinentonalenCharakterbekommt.BeiSchallplattenentstehenScratchesundClicksdurchKratzeraufderOberfläche.CracklesdagegenrührenimWesentlichemvondenbereitserwähntenStaubeinschlüssenher.EsgibtRestaurationswerkzeuge,diealle drei Störtypen abdecken, aber auchWerkzeuge, die für einen der Störtypenoptimiertsind.

EntsprechenddesStörtypswerdendieWerkzeugeinderRegelalsDe-Scratcher,De-Clicker oder De-Crackler bezeichnet. Die Restaurationswerkzeuge entfernendieImpulsstörung,dieentstehendeLückewirdübereineInterpolationaufgefüllt.BeiClicksundScratcheskannnachderBearbeitungeinetieffrequenteStörungalsArtefaktauftreten.VieleWerkzeugeverfügendaherübereineFunktion,diediesen„Plop“mindert.NebendemEinsatzschwellwert(Threshold)undderHöhederStö-rungminderung (Reduction)verfügendieWerkzeugeüberweitereOptionen,wiespezielleBetriebsartenfürbestimmteStörcharakteristika(z.B.fürSchellack-Plat-

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Abb. 13.24 A:TonsignalvoneinerVinylschallplattemitstarkenSratches.B:SignalmiteinemdeutlichwahrnehmbarenClick.C:SignalnachderBearbeitungdurchdenDe-Clicker.D:CrackleszusammenmiteinigenClicks

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ten).MancheDe-ScratcherbietenzudemauchdieMöglichkeiteinenFingerabdruckderStörungzunehmen.

BeiSchallplattentreteninderRegelCrackles,ClicksundScratchesgemeinsamauf.EsmüssenalsoentwedermehrereBearbeitungsdurchgängeerfolgenodermanschaltetdieWerkzeugehintereinander.AlserstessolltendieStörungenmitgroßenAmplitudenundgroßerDauerentferntwerden;esempfiehltsichdieReihenfolgeDe-Scratcher,De-ClickerundamEndederBearbeitungskettedenDe-Crackler.

13.3.5  Frequenzgangsbeschneidung

EinweitereshäufigesProblembeihistorischemTonmaterialsindFrequenzgangs-beschneidungen,dieeinerseitsdurchtechnischeGrenzenderAufzeichnungsmedienbedingtsind,aberauchalsResultateinerbewussteingesetztenEntzerrungauftretenkönnen.SotretenbeihistorischemKlangmaterialhäufigBeschneidungenauf,dienichtalleindurchdietechnischenBedingungenerklärbarsind.DaeineKompensa-tionmitFilternnurdasRauschenanhebenwürde,wäreauchhiernurderEinsatzvonEnhancer-WerkzeugenzurErzeugungdiskreterObertöne sinnvoll. ImSinneeinerErhaltungdesursprünglichenKlangs, insbesonderebei historischenDoku-menten,wirdallerdingshäufigdaraufverzichtet,denKlang„aufzufrischen“undesbleibtbeiderEntfernungvonStörungen.

Abb. 13.25 Links:De-CracklermiteinerAnzeigederstatistischenVerteilungderStörlängeninFormeinesBalkendiagramms.Rechts:De-ScratchermitgrafischerAusgabederZeitfunktiondesentferntenSignals

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13.3.6  Pop-Geräusche

Pop-GeräuschesindtieffrequenteStörungen,diemeistensdurchImpulslautebeimSprechen oder beim Gesang bei kurzen Mikrofonabständen verursacht werden.WennMaßnahmenzumPopschutz(Kap.7.7.2)nichteingesetztwurden,könnensienachträglichdurcheinHochpassfilterunterdrücktwerden.Eswirdbevorzugtmitdynamischer Kontrolle eingesetzt, um nur die Passagen mit entsprechend hoherAmplitudezubearbeiten.DabeidemDe-Click-ProzessähnlicheStörungenentste-henkönnen,gibtesauchDe-Clicker,dieüberHochpassfilterzurEntfernungvonPop-Geräuschen verfügen. Ein weiteres Pop-Geräusch tritt in Form von tieffre-quentenRauschimpulsenbeiderAbtastungvonLichttonfilmauf.Auchhierwirdeinspezielles,alsDe-PopbezeichnetesWerkzeugangeboten.

13.3.7  Übersteuerungen und Verzerrungen

Übersteuerungen(engl.:Clips)könneneinevollständigeMischungbetreffen(Abb.13.26),oderaber,insbesonderebeiMehrspuraufnahmen,bereitsvorderMischungineinemderEingangskanäleaufgetretensein.ImerstenFallkönnensiewirkungs-vollbeseitigtwerden,indemderPegelabgesenktundderdurchdieÜbersteuerungbeeinträchtigteBereichdurch eine Interpolation restauriertwird.EinDe-ClipperkannsolchePassagenimSignalleichtdetektierenundkorrigieren.FüreineÜber-steuerung von einzelnen Instrumenten in einerMischung kann ein übersteuertesMikrofon,einübersteuertesAufnahmegerätoderProblemebeimÜbertragungsweg

Abb. 13.26 SignalmitClipsaufderoberenSpur.UntendasdurchInterpolationrestaurierteSignal

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(z.B.Drahtlosstrecke)verantwortlichsein.InsolchenFällenbleibteinDe-Clipperweitgehendwirkungslos,eineMinderungderStörungkannallerdingsdurchHinter-einanderschaltung von zwei oder drei De-Cracklern erzielt werden, die in ihrenSchwellwertenundStörreduzierungengestufteingestelltwerden.

13.3.8  Netz-Störungen

DieWechselstromversorgung kann zwei unterschiedliche Störtypen hervorrufen.DiesistzumEineneinBrummen,z.B.verursachtdurchMasseschleifenoderfeh-lerhafteSchirmung,sowieeinBuzz,eineperiodische,obertonreicheImpulsstörung,wiesiedurchDimmer(Phasenanschnittsteuerungen)oderLichtmischerverursachtwird.DieGrundwellederStörung,diejenachWechselspannungsversorgungbei50oder60Hzliegt,isthäufigschwächeralsdieOberwellen.

DernaheliegendeLösungsansatzeinessehrsteilflankigenKammfiltersistproble-matisch,weildieeinzelnenHarmonischenunterschiedlichstarkvertretensindunddieFrequenzderWechselspannung,etwabedingtdurchGleichlaufschwankungendesAufzeichnungsmediums,geringfügigdriftenkann.DarüberhinausüberlagernsichNutz-undStörsignalimSpektrum.ModerneAlgorithmenbearbeitendieHar-monischenunabhängigundindividuellumsoaucheineBeeinträchtigungdesNutz-signalszuvermeiden.

Abb. 13.27 De-BuzzerzumEntfernenvonBrumm-undDimmer-Störungen

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13.3.9  Azimuthfehler

Azimuthfehler bei Bandaufnahmen können durch unterschiedlich justierte Ton-köpfebeiderAufnahmeundderWiedergabeentstehen.EshandeltsichumeinekleinezeitlicheVerschiebung,meistnurvonwenigenSampleszwischendenAudio-kanälen, begleitet von einemHöhenverlust.Ähnliche Laufzeit- bzw. Phasenver-schiebungenkönnenauchdurchandereMechanismeninderanalogenEbeneent-stehen.Durch die Phasenverschiebungwird das Stereobild hörbar beeinträchtigtundeskannbeiderAdditionderKanälezuKammfiltereffektenkommen.

MiteinemDe-Azimuth-WerkzeugkanndieLaufzeit-bzw.Phasenverschiebunger-kanntundkompensiertwerden.DieKompensationkannentwederautomatischodermanuell erfolgen.ModerneRestaurationsverfahren sind in derLage, Phasenver-

Abb. 13.28 AzimuthfehlereinerBandaufnahme

Abb. 13.29 De-AzimuthRestaurationswerkzeug

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schiebungen bis zu einem hundertstel Sample zu erkennen und durch internesOversamplingauszugleichen.

13.3.10  Drop-Outs

AlsDrop-OutswerdenkurzzeitigePegeleinbrüchebezeichnet,diehäufigvoneinemmehroderwenigerstarkenHöhenverlustbegleitetwerden.UrsachekanneinelokaleAblösungderMagnetschichtbeiälterenMagnetbändernsein,einschlechterBand/KopfkontaktdurchlokaleBandverschmutzung,sowieKnickeoderschlechteKlebe-stellenaufdemBand.AutomatischeRestaurationswerkzeugesindfürdiesesProblemnichtverfügbar,allerdingskönnenDrop-Outshäufigsehrgutmanuellbearbeitetwer-den,indemderPegelimDrop-Out-BereichineinemAudioeditorlokalangehobenwird,ggf.auchmiteinerlokalenBearbeitungdeshochfrequentenAnteils.

13.3.11  Digitale Störungen

NichtnurhistorischeAufnahmenkönnenmitStörungenbehaftetsein.AuchinderdigitalenEbenekönnenStörungenauftreten,dieinderRegelimpulsartigsindodergebündelt in sog. Clustern auftreten. Einer der häufigstenUrsachen sindWord-clock-,bzw.Synchron-Störungen,diealssporadischeClicksauftretenundsichmiteinemStandard-De-Clickermeistgutunterdrückenlassen.BurstsoderCluster-Stö-rungentretenu.a.beiProblemenmitdendigitalenAudio-Schnittstellenauf,undkönnendurchFehlanpassung,ungeeigneteKabel,JitteroderfalscheSignalamplitu-denbedingtsein(Kap.18).AufgrundihrerlangenStördauerlassensiesichmeistnurabmildern.AlsWerkzeugekommenjenachStöramplitudeRestaurationswerk-zeugefürImpulsstörungenwieDe-ClickerzumEinsatz,aberauchWerkzeuge,dieinderspektralenEbenearbeiten.

StörungenkönnenauchdurchdieEditierungdesAudiomaterialsverursachtwer-den,soz.B.beiAudioschnitten,dienichtimNulldurchgangdurchgeführtwurdenoderbeidenenaufeinCrossfadegänzlichverzichtetwurde.Hiertretenebenfallsmehr oder weniger starke Clicks auf, die sich mit einem De-Clicker reduzierenlassen.InprofessionellenAudioeditorensindhäufigauchmanuelleDe-Clickerin-tegriert,beideneneinBereichumdieStörungvonHandselektiertwerdenmuss.DerselektierteBereichmusshiergroßgenuggewähltwerden,umeineeffektiveInterpolationzuermöglichen.GeradeimdigitalenBereichgibtesjedocheineganzeReihevonseltenauftretendenStörungenwieBlock-Wiederholungen,Interpolati-onendurchFehlerkorrekturenoderArtefaktedurchAudio-Codecs,fürdieeskeineDetektions-undBearbeitungslösungengibt.

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13.3.12  Störgeräusche

NebendiesenelektronischenStörungengibtesauchakustischeStörungen,dieun-gewollt in eine Aufnahme geraten, wie Husten, Räuspern, Handyklingeln, Ge-räuschedurchUmblätternderPartitur,KnarrendesBühnenholzbodensundvielesandere.HierfürbieteneinigeHerstellerBearbeitungswerkzeugean,dieinderLagesind,StörungendurchBearbeitung imSpektrumzuentfernen.DieStördetektionerfolgtmanuellineinemSpektrogramm.DasSpektrogramm(inderPhonetikauchalsSonagrammbezeichnet),isteinegleitendeKurzzeit-FFT,diemitBlockgrößenin derGrößenordnungvon1024Samples über dieDauer des zu analysierendenAudiosignalsdurchgeführtwird.DasErgebniswirdmeistmitvertikalerFrequenz-achseundhorizontalerZeitachsedargestellt,dieAmplitudederjeweiligenFrequenzwird durch verschiedene Farben oder verschiedene Helligkeitswerte dargestellt.DurchVeränderungderBlockgrößelässtsichentwederdieFrequenzauflösungaufKostenderZeitauflösungoderdieZeitauflösungaufKostenderFrequenzauflösungverändern,wodurchStörkomponentenoptischdeutlichersichtbargemachtwerdenkönnen. In einem solchenDiagramm lässt sichmit einigerÜbung eine Störungleichterkennen.TonaleStörungenzeichnensichalshorizontaleLinienab,Breit-bandstörungennehmeneinengrößerenvertikalenBereichein.

DieStörbereicheimSpektrumwerdenmitderMausmarkiert,mitHilfedesSpek-trumsumdieentferntenBereicheherumerfolgteineInterpolationdesSpektrumsim Störbereich. Häufig sind mehrere Bearbeitungsvorgänge nötig.Als Bearbei-tungsartefaktkönnen„Löcher“(ähnlichwieDrop-Outs)odertonaleKomponentehörbarwerden.IndiesemFallhilfteinegeringereStörunterdrückungoderdieBe-arbeitungeineskleinerenspektralenBereichs.

FürbestimmtetechnischeGeräuschegibtesspezielleRestaurationswerkzeuge,z.B.fürdassUnterdrückenvonKamera-Transport-undZoom-Geräuschen.Siear-beitenähnlichwieeinDe-Noiser,allerdingsmiteinerandenveränderlichenStör-pegelangepassten,dynamischenUnterdrückung.

Abb. 13.30 SpektrogrammmitRascheln,verursachtvomUmblätterneinerPartitur

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13.3.13  Praxis

DieRestaurationvonAudiomaterialistimmereineSuchenachdembestemKom-promiss,denndieBearbeitungistfastimmervonArtefakten,alsovonungewolltenNebenerscheinungenbegleitet.DieseArtefaktekönnensichsowohlalsneueStö-rungenbemerkbarmachenoderalsBeeinträchtigungdesOriginalmaterials,etwadurchFrequenzgangsbeschneidung.AusdiesemGrundmüssenRestaurationswerk-zeuge so eingesetztwerdendassStörungenausreichendunterdrücktwerdenundArtefaktedabeimöglichstunhörbarbleiben.

EinwichtigesAnliegenbeihistorischemMaterialkannessein,denKlangcha-rakterderZeit,inderdasAudiomaterialaufgezeichnetwurde,unddamitdenEin-druckvonAuthentizitätnichtzubeeinträchtigen.BeiAudiomaterialausdemletztenDritteldes20.JahrhundertüberwiegtdagegenderWunschnacheinemKlangnachheutigenMaßstäben.DieseAdaptiondesKlangcharaktersbezeichnetmanimallge-meinenalsRe-Mastering.

DieAlgorithmeninRestaurations-WerkzeugensindvonHerstellerzuHerstellerunterschiedlich,auchwennFunktionalitätundBedienungaufdenerstenBlickhäu-figähnlicherscheinen.SomitkönnenverschiedeneAlgorithmenbeidergleichenStörungsehrunterschiedlicheWirkungenerzielen.Restaurations-Expertenverfü-gendaherübereinegroßeAuswahlanWerkzeugen,diealternativausprobiertwer-denkönnen.GelegentlichlassensichauchdurcheineHintereinanderschaltungvonWerkzeugendieResultateverbessern.

Abb. 13.31 De-Motorizer–einspeziellesWerkzeugzumEntfernenvontypischenFilm-undVideo-Kamerageräuschen

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13.4 Funktionen und ästhetische Ziele

WerdenakustischeDarbietungen,insbesondereMusik,technischbzw.medialüber-tragen,werdensieinmehrfacherWeisetransformiert:

• akustisch(Original-undreproduziertesSchallfeldsindnichtidentisch)• klanglich(dasauditivePerzeptisteinanderes)• interpretatorisch(indieelektroakustischeÜbertragungfließenkünstlerische,äs-

thetischeundtechnischeEntscheidungenDritterein)• räumlich(dieWiedergabeerfolgtineinemanderenRaum)• zeitlich(meistwerdenAufzeichnungengehört)• kontextuell(akustische,optische,motivationale,emotionale,kognitiveundsozi-

aleBedingungenderRezeptionsindverändert)

DassdiemedialeTransformationdasErlebenvonMusikbeeinflusst,zeigteschonReinecke (1978).DieAudiobearbeitung ist dabei insoweit einewesentlicheEin-flussgröße,alssiesich–imGegensatzzuanderenTransformationsfaktoren–aufdentechnischmanifestenAudioinhaltauswirktunddaherfürseineweitereÜbertra-gungweitgehendBestandhat,währendhingegenÜbertragungs-undRezeptions-dingungenvariierenkönnen.

DieWirkungbestimmterklanggestalterischerMaßnahmenoderProzesseisterstseiteinigenJahrenGegenstandwissenschaftlicherUntersuchungen.DasssichPro-duktions-undAudiobearbeitungsmaßnahmen,diesprachinhaltliche,musikalisch-strukturelle oder aufführungs-interpretatorische Eigenschaften verändern (z.B.AufnahmeleitungoderTonmontage)aufdieWahrnehmungebendieserEigenschaf-tenauswirken,magselbstverständichsein.IrrtümerderMusikkritik–eineaufge-zeichneteAufführungwirdnacheinemRemasteringfüreineanderegehalten(vgl.Stolla2004:11)–undexperimentelleUntersuchungenzeigenjedoch,dassdieEin-schätzungsubstanziellerEigenschaften(wenigstensbeiMusikinhalten)alleindurchklanglicheBearbeitungsmaßnahmenbeeinflusstwerdenkann.SobeurteiltenMusik-professorenund-studentenineinemExperimentvonBoss(1995)zweiverschiedenmikrofonierte und nachbearbeitete Aufnahmen derselben kammermusikalischenDarbietung hinsichtlich interpretatorischer Merkmale wie Tempo, Artikulation,AgogikoderPhrasierungdeutlichunterschiedlich,wassichauchinderPräferenzderVersionenniederschlug.VerschiedeneAbmischungenundklanglicheNachbear-beitungen eines unbekannten Popmusik-Titels beeinflussten ebenfalls nicht nurklangbeschreibende, sondern auch ästhetische, emotionale und strukturbeschrei-bendeBeurteilungsmerkmalesowiedieKaufpräferenzinmusikwirtschaftlichrele-vanter Größenordnung (Maempel 2001). Unter wirkungsästhetischen Gesichts-punktenstelltdieKlanggestaltungdurchAudiobearbeitungsmittelalsoeinenbedeut-samenAspektderMedienproduktiondar,dieauchaufdieBeurteilungderKünstlerzurückwirkenkann.WiedergabeseitigeklanggestalterischeEingriffedurchdenRe-zipientenzeigtenebenfallsWirkungen,dieweitüberdieKlangwahrnehmunghi-nausgehen.SobeeinflusstenimAuto-FahrsimulatorLautstärkeundEqualisierungdesgehörtenMusikprogrammsReaktionszeitundGeschwindigkeitswahldesFah-rers(Haack1990).

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13.4.1  Physik und Psychologie

FüreineingehendesVerständnisderMöglichkeitenundGrenzenderAudiobearbei-tung istphänomenologischgrundsätzlichzwischenphysikalischerundpsycholo-gischer Ebene zu unterscheiden. Durch die Audiobearbeitungsvorgänge werdenzunächstnurphysikalischeMaßedesAudiosignalszuverlässigverändert:Amplitu-den-undZeitwerteoderanderehierauskonstruierteSignalmaßewieFrequenzundPhasenlage, und zwar zumeist inAbhängigkeit voneinander. Der Klang und diestrukturelleErkennungeinesAudiosignalshingegensindalsreinerWahrnehmungs-inhalt(Perzept)ausschließlichpsychologischrepräsentiert,undzwarindengrund-legenden(jedochnichtunabhängigen)MerkmalenLautstärke,Klangfarbe,Tonhö-he,räumlichePosition,RaumeindruckundzeitlicheLage(Abb.13.32).InmittlerenundhöherenpsychischenVerarbeitungsstufenergebensichzahlreicheweitereIn-halte,MerkmaleoderVorgänge:vonAufmerksamkeitüberGestalt-undObjekter-kennungbishinzuBedeutung,Bewertung,Erinnerung,GefühlundHandlungsmo-tivation.ObwohlphysikalischeundpsychologischeMerkmalealsounterschiedlichePhänomenebeschreibenundstrukturellinkongruentsind,istdieVorstellungeinerweitgehendunvermitteltenAbbildbarkeitdereinenMerkmalsstrukturaufdieande-reweitverbreitet.Schon1978versuchteNitsche,physikalischeMaßevonAudiosig-nalenzukonstruieren,diezuverlässigmitKlangfarbeneindrückenkorrelieren,wasjedochkaumgelang.Furmann,Hojan,Niewiarowicz&Perz(1990)fanden,dassnureinesvonfünferhobenenperzeptivenMerkmalen(Schärfe)signifikantmitphy-

Abb. 13.32 GrundlegendeMerkmalederKlangwahrnehmung

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sikalischenMerkmalengetesteterLautsprecherkorrelierte.EinebessereVorhersag-barkeiteinfacherperzeptiverBeurteilungendurchz.T.expostkonstruiertephysika-lischeMaßefandenLehmann&Wilkens(1980)ineinerUntersuchungzurAkustikvonKonzertsälen, jedochaucheine starkeBeeinflussungdurchdieverwendetenMusikstückeunddenpersönlichenGeschmack.

Imwesentlichenerschwerenbzw.verhindernzweiGründedieIntegrationderphysikalischenundderpsychologischenEbene:ZumeinensinddieBeziehungenzwischendenjeweiligenMerkmalenkomplex.SokanndieVeränderungeinestech-nischen Parameters (z.B. Frequenzspektrum) die Veränderung der AusprägungmehrererKlangmerkmalezurFolgehaben(z.B.Klangfarbe,Lautheit,Entfernungs-eindruck),oderzurVeränderungderAusprägungeinesKlangmerkmals(z.B.Ent-fernungseindruck)müssenmehreretechnischeParameterverändertwerden(Pegel,Frequenzspektrum,VerhältnisvonDirekt-undDiffusschall).ZumanderenistderMenschdaseinzigegültigeMessinstrumentzurBestimmungvonWahrnehmungs-inhalten,erliefertaberinter-wieintraindividuellnichtsozuverlässigeDatenwieeine physikalische Messung, was durch individuelle Konstruktionsvorgänge alsTeildesWahrnehmungsprozessesbedingtist.PhysikalischeundperzeptiveMess-verfahrenunterscheidensichvorallemhinsichtlichderErfüllungderklassischenTestgütekriterienValidität(GültigkeitimSinnevonEignungderverwendetenVari-ablenfürdieinteressierendenMerkmalesowievoneindeutigerInterpretierbarkeitundGeneralisierbarkeit derMessung) undReliabilität (Zuverlässigkeit imSinnevonGenauigkeitundReproduzierbarkeitderMessergebnisse).DieErzielungeinerhohenObjektivität(NachprüfbarkeitundVermeidungvonVersuchsleiter-Subjekti-vität)hingegenist,sofernmitstandardisiertenInstrumentenundtransparentgear-beitetwird,beibeidenAnsätzenweitgehendunproblematisch,weswegenderBe-griffsubjektivfürdieBeschreibungvonMehr-Probanden-HörversuchenirreführendistundderenwissenschaftlicheQualitätunnötignegativattribuiert.Aufgrunddergenannten Umstände können prinzipiell keine deterministischen, sondern aus-schließlichprobabilistischeZusammenhängezwischenphysikalischerundpsycho-logischerEbeneermitteltwerden.WeitgehendeindeutigeBeziehungenkönnennurfür wenige grundlegende Merkmale hergestellt werden (Zwicker u. Feldtkeller1967:1,Fastl1997).ZudemwurdendiesezumeistunterLaborbedingungen(z.B.unbeweglicherKopf)undfürkünstlicheAudio-Inhalte(z.B.Sinustöne)empirischermittelt.Mit derHerstellung solcher – gemessen an derLeistungsfähigkeit desHörsinnsundderauditivenVerarbeitungeinfachen–Zusammenhängebefasstsichdie klassische Psychoakustik. Produkte höherer psychischerVerarbeitungsstufenwiekomplexeKlangmerkmale(z.B.Transparenz),ästhetischeEindrückeoderSinn-erkennung hingegen können bislang überhaupt nicht allgemeingültig auf spezi-fischephysikalischeEigenschaftendesakustischenReizeszurückgeführtwerden.GeradedieBeeinflussungdieserhöherenmenschlichenWahrnehmungsinhalte istaberüberwiegenddasZielderAudiobearbeitung.DerAudio-ProduzentkannsichhierbeialsokaumaufwissenschaftlichbelegteZusammenhängestützen,sondernnuraufindividuelleKonzepte,VersuchundIrrtum,dieeigeneWahrnehmung,Er-fahrungundkünstlerisch-ästhetischeEntscheidung.DochauchhierfürlassensicheinigeallgemeineWirkungsprinzipien,ZieleundFunktionenformulieren,dennfür

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grundlegendeWahrnehmungsvorgängewieEmpfindungs-,Aufmerksamkeits-undErkennungsprozesse können typische, interindividuell ähnliche Funktionsweisenvorausgesetztwerden.Hierzuzählen

• psychoakustischeMechanismen,insbesondereMaskierungundLokalisation,• Gestaltgesetze,z.B.GesetzederNähe,derÄhnlichkeit,derEinfachheit, (vgl.

Goldstein2002:190–204)sowie• ZusammenhängeimSinnederneuenexperimentellenÄsthetik(Berlyne1971,

1974)zwischenreizbezogenenkollativenVariablen(z.B.Neuartigkeit,Komple-xität)undReaktionsdimensionen(z.B.Aufmerksamkeit,Bewertung).

Viele in der Produktionspraxis berücksichtigte funktionale und ästhetische Ge-sichtspunkteinsbesonderederKlanggestaltunglassensichaufdiegenanntenZu-sammenhängezurückführen.SietretenallerdingszumeistmitinhaltlichenBedeu-tungen in Wechselwirkung. Dies gilt insbesondere für Musik, sofern man dieErkennungmusikalischerStrukturalseineVoraussetzungfürdasEntstehenmusi-kalischerBedeutung ansieht.DerWahrnehmungmusikalischer StruktureinheitenliegenPrinzipienderGestalterkennungzugrunde(Motte-Haber2005),undderBot-tom-up-Prozess(reizgeleiteteInformationsverarbeitung)alsTeilderGestalterken-nunghängtvonklanglichenEigenschaftenab:Grundsätzlicherhöhenähnlichephy-sikalischeundperzeptiveEigenschaften(cues)vonSchall-bzw.HörereignissendieWahrscheinlichkeit ihrerFusionzueinemAuditoryStream(Bregman1990).ZurKonturierung musikalischer Gestalten tragen auch Spektraldifferenzen bei (Ter-hardt1986).Sofördertz.B.KlangfarbenhomogenitätdieWahrnehmbarkeiteinergeschlossenen Melodielinie (Wessel 1979). Nachdem Klang der musikalischenStruktur insoweit inhärent ist (Maempel 2001:21–24), beeinflusst eine selektiveKlangbearbeitungimmerauchdieWahrnehmungmusikalischerBedeutung.

13.4.2  Gestalten und Interpretation

Einesinnvolle,d.h.aninhaltlicherBedeutungorientierteAudiobearbeitungsorgtfürdieErkennbarkeit,Schärfung,Trennung,ZusammenfassungundGewichtungmusikalischerGestaltenoderandererinhaltlicherEinheiten.HierzukannaufalleauditivenMerkmale(vgl.Abb.13.32)Einflussgenommenwerden.SowohldieEr-mittlungdermusikalischenbzw.inhaltlichenIntentionalsauchdiekonkreteFestle-gungvonKlangeigenschaften–dasselbeZielkannmitverschiedenenMittelner-reicht werden – ist jeweils ein klarer interpretatorischer Vorgang (neben derAufführungs-Interpretationdie sogenannte zweite Interpretation).Audiobearbei-tungistimRahmenderMusikübertragungdahernichtnureintechnischer,sondernauch und gerade ein musikalischer Prozess (Schlemm 1997, Maempel 2001).Gleichwohl lassen sich nach Dickreiter (1997:336) räumliche Ausgewogenheit(„Symmetrie“)desKlangbildsundKlarheit als übergeordnetgültigeklangästhe-tischePrinzipienausmachen.

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13.4.3  Klangästhetische Maximen

DerMusikübertragungkönnengrundsätzlichdreidivergierendeZielsetzungenzu-grundeliegen(TerminologienachStolla2004):

• die Reproduktion des physikalischen Schallfelds des Aufführungsorts durchmöglichstunverfälschteSignalübertragung(positivistischesKlangideal),

• dieErzeugungeinesderAufführungähnlichenMusikerlebnissesdurchklang-licheBeeinflussungen,dieeineentsprechendeIllusionfördern(illusionistischesKlangideal),

• die interpretatorisch freie Realisation der Partitur ohne zwingenden Auffüh-rungsbezug(medial-autonomesKlangideal).

DiesefundamentaleEinteilungistaufdieÜbertragungallerauditivenInhaltean-wendbar.

13.4.3.1 Kunstmusik

Nach Stolla (2004) folgen Übertragungen von konzertanter Kunstmusik seit den1970erJahreneinerillusionistischenÄsthetik:AufnahmenorientierensichklanglichamAufführungsoriginalundzielenaufNatürlichkeit ab,die es jedochwegendeskomplexenTransformationsprozessesmedialnichtgebenkann(vgl.hierzuauchBi-ckel1992undSchlemm1997),zumal siedurchdiegleichzeitigeForderungnachspieltechnischerPerfektionuntergrabenwird.AudiobearbeitungwirdimRahmendesillusionistischenKonzeptsmitBlickaufdieEbenedespsychischenErlebensnichtgemäß dem puristischenAnsatz minimiert, sondern gezielt und ggf. deutlich zurÜberhöhungklanglicherEigenschafteneingesetzt.DurchdiesoverbessertePlastizi-tätauditivermusikalischerGestaltenundBedeutungensollentransformationsbedingtfehlende(z.B.visuelle)MerkmalederAufführungkompensiertwerden.

13.4.3.2 Populäre Musik

PopularmusikalischeGenres,RadiokunstundinderRegelHörspielfolgenhinge-gen einem medial-autonomen Klangideal. Ein kreativer und innovativer EinsatzvonAudiobearbeitungsmittelnisthiernichtnurzulässig,sonderngeradezuerfor-derlich.SonimmtpopuläreMusikzumeistnichtaufvorbestehendeoderklanglichklardefinierbareAufführungssituationenBezug.Sieentstehtnichtvor,sondernindemtechnischenMedium,dashiernebendervermittelndenaucheineProduktions-funktionbesitzt.UngeachtetderFrage,wasunterdiesenUmständenalsOriginalbezeichnetwerdenkann,erlaubtdieFreiheit,nichteinemIdealaufführungsbezo-generNatürlichkeitgenügenzumüssen,einebesonderswirksameUnterstützungder Wahrnehmung musikalischer Strukturen. So wird in der Regel mit starkenklanglichenKontrastengearbeitet,umden(häufigstrukturellstereotypen)musika-lischenGestaltenhohePrägnanzzuverleihen(Maempel2001).

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13.4.4  Aktivierung

DaAudioinhaltehäufigwerbendeoderselbstwerbendeFunktionenerfüllensollen(z.B.Werbespots,KennmelodienoderPopularmusik),wirdinderRegelversucht,ein Mindestmaß aktivierender Eigenschaften sicherzustellen mit dem Ziel, beimHörerAufmerksamkeitundHinwendungzuerzeugen.DieAktivierungdesHörerskannaufklanglicherEbenedurcheineErhöhungderReizenergie(z.B.durchHel-ligkeitundLautheit)odereineErhöhungderReizkomplexität(z.B.durchdenEin-satz von Effekten und unbekannten Sounds sowie durch schnelle Wechsel vonKlangeigenschaften)gefördertwerden.InVerbindungmiteinemästhetischhoch-komplexenBewegtbild(z.B.Videoclip)werdeninderTendenzvornehmlichener-giehaltige,ohneBildhingegeneherkomplexeklanglicheGestaltungenbevorzugt(Maempel2001).Grundsätzlich trägt aucheingeeignetesVerhältnisvonNeuemundVertrautembeiderSoundauswahlund-bearbeitungzueinerpositivenHinwen-dungdesHörersbei.DasPrinzipistunterdemKürzelMAYA(mostadvancedyetacceptable)bekannt.ObdasausderWerbepsychologieentlehnteAktivierungskon-zept imheutigenUmfeldderReizüberflutunguneingeschränkt aufgeht, ist aller-dingsfraglich:InsbesonderedieenergetischenMerkmalescheinenweitgehendaus-gereizt zu sein. Sie sind zudem in den meisten Fällen durch den Rezipientenbeeinflussbar(z.B.Lautstärkewahl),alsonichtnachhaltigwirksam.MitdemZiel,denBewegungsdrangdesHörersanzusprechenundihndamitumfassenderzuakti-vieren,wirdauchaufeinefeinemikrorhythmischeGestaltungWertgelegt.Durchfein abgestimmtePegel- und spektraleVerhältnisse und denEinsatz vonDelay-effekten wenigstens innerhalb der Rhythmus-Sektion kann ein schon strukturellangelegterGrooveeinesMusikstücksbefördertwerden.

13.4.5  Assoziation

AudiobearbeitungsmaßnahmenkönnenwieAudioinhalteauchklareeigeneBedeu-tungentragen,alsoselbstInhaltsein,oderwenigstenseinbestimmtesAssoziations-potenzial besitzen. So lassen sich durch Filterung und Verzerrung Telefon- undMegafonstimmennachahmen,derCharaktereinerGroßveranstaltung,eineClubat-mosphäreodereinesakraleStimmungkönnendurchdenEinsatzentsprechenderHalleffektehergestelltoderverstärktwerden,unddieVerwendungoderSimulationhistorischerAudiotechnik(z.B.UnterlegenvonSchellack-oderVinylplatten-Geräu-schen,Filterung)verweistaufeinevergangeneEpoche,einenbestimmtenZeitgeistodereinbestimmtesLebensgefühl.

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13.4.6  Robustheit und Lautheit

FürvielemassenmedialeInhaltegewinnteinweiteresKriteriumzunehmendanBe-deutung.DasKlangbildsolltemöglichenUnzulänglichkeitendermedialenÜber-tragungsketteindemSinneRechnungtragen,dassdasinhaltlichodermusikalischWesentlichedeutlicherkennbarübertragenwird.VordemHintergrundderzuneh-mendenDiversifikationundPortabilitätvonWiedergabegeräten (z.B.Autoradio,Laptop,Handy,MP3-Player),mussheutenichtnurvoneinerVerletzungderopti-malenAbhörbedingungen(z.B.Standard-Stereoaufstellung,vgl.Abb.13.4),son-dern auch grundsätzlich von zunehmend ungünstigen Abhörbedingungen (z.B.schmalbandiger Frequenzgang, hoher Klirrfaktor, laute Umgebung) und Hörge-wohnheiten (z.B.Nebenbeihören)ausgegangenwerden.DiesenUmständenwirdoftdurcheinestärkereMonokompatibilität,vereinfachteLokalisationsverteilung,geringereDynamikbzw.höhereLautheit,klangfarblicheAggressivitätundVermei-dungderNutzungderAußenoktavenfürmusikalischwesentlicheInformationbe-gegnet.SowohldieseRobustheit des KlangbildsalsauchderLautheitswettlaufsindBeispielefürdieEinengungpotenziellerklangästhetischerVielfaltaufmedialfunk-tionaleVarianten(Maempel2007).

DieklangästhetischenÜberlegungenlegenoftgegensinnigeBearbeitungsmaß-nahmennahe,sodasshierPrioritätengesetztundKompromisseeingegangenwer-denmüssen.DiesistauchbeiderklangästhetischenBeurteilungzuberücksichti-gen,diedahernichtqualitativpunktuellerfolgen,sondernstetsdieGesamtheitderpotenziellrelevantenAspekteimBlickhabensollte.

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