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Körper- und geistigbehinderte Jugendliche im Abenteuerland

Eine empirische Studie zu Erfahrungsmöglichkeiten von Menschen mit

körperlichen und geistigen Behinderungen im Rahmen einer Stadtrander-

holung mit erlebnispädagogischen Ansätzen der Lebenshilfe Köln e.V.

Schriftliche Hausarbeit

vorgelegt im Rahmen der Ersten Staatsprüfung

für das Lehramt der Sonderpädagogik

von

Michaela Böddeker

Köln, den 10. März 2001

Gutachter: Dr. Eckmann

Heilpädagogische Fakultät der Universität zu Köln

Seminar für Sozialpädagogik

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Ja, man muss seinen Traum finden, dann wird der Weg le icht.

Aber es gibt keinen immerwährenden Traum,

jeden löst ein neuer ab,

und keinen darf man festhalten wollen.

Hermann Hesse - Demian

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1

0 Einleitung

In den letzten Jahren habe ich in vielen verschiedene Situationen die Erlebnispädagogik in Theorie

und Praxis kennen gelernt. Die oft sehr beeindruckenden Erfahrungen inspirierten mich, diese Arbeit

zu schreiben. Während des Studiums sammelte ich Erfahrungen im erlebnispädagogischen Bereich

sammeln und integrierte diese in meine sonderpädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Nach Beendigung einer Qualifizierung zur Erlebnispädagogin stellte sich mir die Frage, welche Mög-

lichkeiten und Grenzen die Erlebnispädagogik in der Freizeitgestaltung für Menschen mit Behinde-

rungen bieten kann. Mit Einzelpersonen arbeitete ich bereits und konnte auf vielseitige erlebnispäda-

gogische Erfahrungen zurückblicken, nicht jedoch mit einer Gruppe in Form einer Freizeit. Ich erfuhr

bei der LEBENSHILFE KÖLN e.V., bei der ich seit ca. vier Jahren als Mitarbeiterin des FeD 1 sowie

als Betreuerin bei Freizeiten tätig bin von der Idee, eine Stadtranderholung mit erlebnispädagogischen

Ansätzen durchzuführen. Ich konnte somit meine Gedanken in die Tat umsetzen und organisierte in

Zusammenarbeit mit dem Mitarbeiterteam und der LEBENSHILFE KÖLN e.V. eine fünftägige

Stadtranderholung mit erlebnispädagogischen Ansätzen für Jugendliche mit Behinderungen. Diese

Freizeit bildet den praktischen Teil meiner Arbeit (vgl. Kap. 3) . Nach eingehender Betrachtung der

Literatur legte ich meinen Beobachtungssch werpunkt auf die folgende Fragestellung:

Inwiefern bereichern erlebnispädagogische Aktivitäten die Erfahrungsmöglichkeiten von Menschen

mit Behinderung?

Aus dieser Fragestellung ergibt sich folgender Aufbau der Arbeit:

Die Arbeit ist zweigeteilt: in einen theoretischen (Kap. 1, 2) und einen praktischen (Kap. 3) Teil.

Im ersten Kapitel 'Erlebnispädagogik' wird die grundlegende Begriffsbestimmung von 'Erlebnis'

und 'Erlebnispädagogik' dargestellt. Im weiteren wird auf die Entwicklungsgeschichte verwiesen, die

den heutigen Standort der Erlebnispädagogik verdeutlicht. Die Merkmale und Elemente

erlebnispädagogischer Aktionen werden vertieft, da sie eine wichtige Grundlage für das Projekt

'Abenteuerland' bilden. Im Anschluss wird das für die Erlebnispädagogik grundlegende Menschenbild

aufgezeigt. Das Kapitel schließt mit einer kritischen Auseinandersetzung, die auf mögliche Grenzen

in der erlebnispädagogischen Arbeit hinweist.

Das zweite Kapitel 'Menschen mit Behinderungen' verdeutlicht zum einem die Schwierigkeit der

Begriffsbestimmung von 'Behinderung', zum anderen werden Aspekte der Lebenswirklichkeit (Um-

weltbedingungen) von Menschen mit Behinderungen genannt und defizitäre Lebenssituationen erläu-

tert. Durch die inhaltliche Verbindung mit dem Thema des ersten Kapitels findet eine Auseinander-

setzung mit den Erfahrungsmöglichkeiten von Menschen mit Behinderungen statt, die der theoreti-

schen Grundlegung dienen. In der Projektbeobachtung wird den Erfahrungsmöglichkeiten nachge-

gangen, um Perspektiven und Möglichkeiten einer Verbesserung der Lebenswirklichkeit aufzuzeigen.

1 Familien entlastender Dienst: Freizeitbetreuung eines Kindes, Jugendlichen oder Erwachsenen

durch einen Mitarbeiter der LEBENSHILFE Köln e.V.

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Das dritte Kapitel 'Abenteuerland' befasst sich mit dem oben erwähnten Projekt. Voraussetzung

dafür ist die Darstellung der angewandten empirischen Forschungsmethode: die teilnehmende Beo-

bachtung als qualitative Sozialforschungsmethode zur Wirkungsanalyse eines erlebnispädagogischen

Projektes. Weiterhin werden die Rahmenbedingungen, die Planungsinhalte und die Durchführung des P rojektes

beschrieben und kritisch reflektiert.

Im vierten Kapitel 'Rückblick auf das Projekt in Bezug auf die Erfahrungsmöglichk eiten von

Menschen mit Behinderungen' findet eine kritische Gesamtauswertung der Ergebnisse der Projekt-

beobachtung stat t. Die Erfahrungsmöglichkeiten und die daraus folgende Beeinflussung der Lebens-

wirklichkeit werden untersucht. Es werden Verbesserungsvorschläge aus den gewonnenen Erkennt-

nissen für die erlebnispädagogische Arbeit mit Menschen mit Behinderungen erarbeitet, die in

weiteren Projekten Berücksichtigung finden sollen.

Im abschließenden fünften Kapitel 'Ausblick' wird eine Zusammenfassung der Arbeit mit einem

Ausblick auf Umsetzungsmöglichkeiten der gewonnenen Ergebnisse vorgenommen.

Im 'Anhang' findet der Leser Sekundärinformationen, die für das Projekt und die daraus gewonnene

Reflexion ergänzend hinzugezogen worden sind. Dazu gehören die P rotokolle der täglichen Mitar-

beiterreflexionen sowie der Abschlussreflexion. Zudem sind die Ergebnisse der

Teilnehmerreflexionen tabellarisch aufgeführt.

Diese Arbeit soll Notwendigkeiten und Perspektiven des erlebnispädagogischen Arbeitens mit Men-

schen mit Behinderungen aufzeigen, mit dem Ziel, einer Verbesserung der Lebenswirklichkeit dieses

Personenkreises beizutragen. Um neue Möglichkeiten zur Durchführung einer erlebnispädagogischen

Freizeit mit Menschen mit Behinderungen aufzuzeigen, werden kritische Beobachtungen und Refle-

xionen angeführt.

Folgendes wird angemerkt: Die Gestaltung dieser Arbeit orientiert sich an den neuen Recht schreibre-

geln. Um den Lesefluss nicht zu beeinträchtigen, wird während der gesamten Arbeit auf die explizite

Nennung der femininen Form verzichtet und die maskuline Form stellvertretend für beide verwandt.

Die Namen der Teilnehmer des Projektes wurden aus Datenschutzgründen geändert, andere

namentlich erwähnte Personen wurden um Erlaubnis gefragt.

Teil I: Theorie

1 Erlebnispädagogik

Dieses Kapitel zeigt einen theoretischen Abriss über die Erlebnispädagogik. Nach einer näheren Beg-

riffsbestimmung soll die Entstehungsgeschichte den Standort der Erlebnispädagogik verdeutlichen.

Anschließend werden wesentliche Merkmale und Inhalte genannt, die als Basis für das in Kap. 3

beschriebene Projekt gelten. Auf der Darstellung des Menschenbildes in der Erlebnispädagogik liegt

besondere Gewichtung. Abschließend wird die Erlebnispädagogik kritisch durchleuchtet. Auf eine

allgemeine Darstellung der Ziele und der methodischen Maßnahmen erlebnispädagogischer Aktivitä-

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ten wird in diesem Kapitel verzichtet, da in der Konzeption des P rojekts exemplarisch auf diese As-

pekte eingegangen wird (Kap. 3.3.1; 3.3.2).

1.1 Begriffsbestimmung von 'Erlebnis', 'Erlebnispädagogik'

Um einen grundlegenden Einblick in das Thema 'Erlebnispädagogik' zu geben, werden die Begriffe

'Erlebnis' und 'Erlebnispädagogik' näher erläutert. Ich weise jedoch darauf hin, dass keine eindeutige

Begriffsbestimmung möglich ist, da viele unterschiedliche Auffassungen existieren.

1.1.1 Die Begriffe 'Erlebnis', 'Erleben'

Man begegnet in der heutigen Zeit immer wieder und in den unterschiedlichsten Bereichen dem

Begriff 'Erlebnis': Erlebnisbad, Erlebnisurlaub, Erlebnissport u.v.m.

Doch was heißt 'Erleben' und was ist ein 'Erlebnis'?

"Erleben ist zunächst einmal der allgemeinste Begriff für das Erfassen der Wirklichkeit und zugleich

für unsere Bewusstseinszustände"(SCHÖNDORF, 1995, S.23).

Laut ZIEGENSPECK (in STIMMER, 2000) ist Erleben

das subjektives Innewerden von Vorgängen, ( ...) die als bedeutsam empfunden werden. Die Erfahrung stellt dann die Summe von Erlebnisanteilen dar; Erfahrung ist das durch eigenes Erleben und eigene Anschauung erworbene Wissen. Und aus Erfahrungen erwachsen schließlich Erkenntnisse. Erlebnis, Erfahrung und Erkenntnis sind wichtige Begriffe in der und für die Erlebnispädagogik (S.184).

Nach SCHÖNDORF setzt das subjektive, bewusste Innewerden ein Erfassen, also Erkennen der

Wirklichkeit voraus. Der Mensch erkennt die Welt nicht nur im Sinne einer neutral-objektiven Infor-

mation, die er von ihr erhält, sondern er ist ein Wesen mit einem reichen Innenleben, das mit dem,

was es von außen wahrnimmt und verarbeitet, in enger ganzheitlicher Beziehung steht. Deswegen

erkennt der Mensch nicht nur die Welt, er erlebt sie! (vgl. SCHÖNDORF, 1995, S.23).

Von Erleben als Gesamtheit all dessen, was in unserem Bewusstsein vor sich geht, ist auf die spezifi-

schen Wesensmerkmale hinzuweisen:

SCHLESKE (1987) liefert drei unter schiedliche Merkmale von Erlebnissen, und zwar das 'Neue und

Fremde', das 'Überraschende' und das 'Gefährliche' (vgl. S.33). Die Erlebnismerkmale werden dabei

in der individuell erfahrbaren Situation nur vor dem Hintergrund der schon gemachten Erfahrungen

der Person wirksam und erhalten somit einen subjektiven Charakter.

SCHAD (1996) spricht von zwei "polaren Verständnisweisen":

1. Erleben als das herausgehobene Erlebensereignis, das durch eine besondere Intensität, Nachhaltigkeit und Eigenart ausgezeichnet ist. 2. Erleben als Grundweise psychischen Seins, als Innewerden von Vorgängen oder Zu-ständen der Innen- und Außenwelt (S.222).

Hier wird deutlich, dass es einerseits um Grenzerfahrungen geht, und andererseits das Erleben in die

Lebensphilosophie als grundlegende Qualität menschlicher Existenz einbezogen wird.

Dieser zweiten Auffassung ist auch DILTHEY (1833-1910), in dessen Werken die Begriffe 'Leben'

und 'Erleben' eine zentrale Bedeutung gewinnen. Das Erleben ist unmittelbar mit dem Leben ver-

knüpft, es ist zugleich innen und außen, Gegenständliches und Zuständliches. "Denn im persönlichen

Erlebnis ist ein seelischer Zustand gegeben, aber zugleich in Beziehung auf ihn die Gegenständlich-

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keit der umgebenden Welt" (DILTHEY zit. in BITTNER, 1995, S.190). Aus DILTEHY's Einzelun-

tersuchungen zum Begriff Erlebnis hebt NEUBERT (1990, S.20ff) sieben Momente als wesentlich

heraus, die mit folgenden Merkmalen beschrieben werden:

1. Die Grundeigenschaft des Erlebnisses ist die Unmittelbarkeit, mit der das Leben von dem Indivi-

duum selbst erfasst wird. "Die Realität Erlebnis ist für uns dadurch da, dass wir in ihrer

innewerden (. ..); Erlebnis ist eine Realität, unmittelbar als solche auftretend, (. ..) nicht gegeben

und nicht gedacht ." (DILTHEY zit. in NEUBERT, 1990, S.20).

2. Das Erlebnis ist eine gegliederte Einheit und bezeichnet einen Teil des Lebensverlaufes in seiner

totalen Realität, also konkret und ohne Abzug.

3. Diese Erlebniseinheit besteht aus einem mehrseitigen Spannungsgefüge: dem Totalitätscharakter,

dem Subjekt-Objekt-Bezug, der Allgemeingültigkeit und der Individualität.

4. Der historische Charakter des Erlebnisses besagt zum einen, dass ein Erlebnis auf jeden

Menschen Einfluss ausübt und ihn verändert, und zum anderen, dass alles bisher Erlebte das

Erlebnis beeinflusst.

5. Dieser geschichtliche Charakter des Erlebnisses er scheint als Entwicklungsfähigkeit , als dynami-

sche Einheit.

6. Durch den Objektivationsdrang tritt das Erlebnis aus dem Subjekt heraus.

7. Diese schöpferische Kraft des Erlebnisses begründet schließlich den Zusammenhang von Leben –

Ausdruck - Verstehen. Ein Erlebnis kann nacherlebt und nachempfunden und so zu einer Berei-

cherung des Selbst werden (vgl. ebd.).

BOLLNOW kritisiert diese Sicht des Erlebens als einseitig auf den Gefühlszustand reduziert, in einer

"haltlosen Subjektivität". Statt dessen muss für ihn das Erlebnis die "Ganzheit der Seelenkräfte" und

"den Menschen in Einheit mit seiner Welt" erfassen (BOLLNOW, 1955 zit. in BITTNER, 1995,

S.190).

Auf das Erleben als ganzheitliches Erfassen geht SCHÖNDORF wie folgt näher ein: "Wir sind Men-

schen, die Eindrücke bekommen, Gefühle haben, Gedanken wälzen, Erfahrungen machen; kurzum,

wir sind Menschen, die etwas erleben" (SCHÖNDORF, 1995, S.26f). Erlebnisse sind Teile einer

Ganzheit von Erleben, nämlich diejenigen Erfahrungen, die uns besonders beeindrucken, prägen oder

betreffen. Das bedeutet, Erleben wird zum Erfahren und kann zur Erkenntnis wachsen. Erlebnisse

machen das Leben erst lebenswert, geben ihm seinen besonderen Reiz und seine spezielle Qualität

(vgl. ebd., S.27). "Ein tiefes Erlebnis: das ist ein solches, das meine Tiefe wach ruft, zum Leben ruft, das mich auf eine

bisher unbekannte Weise fühlen lässt: ich bin" (BAUER, 1998, S.201). Ein Erlebnis hat demnach eine

sehr ausgeprägte und einzigartige Färbung. Diese Intensität kann bei einer Wiederholung nicht mehr

in gleicher Weise hergestellt werden. Es s tellt ein besonderes, subjektiv und emotional empfundenes

Ereignis dar, welches sich aus dem Alltagsfluss heraushebt und auf die gesamte Persönlichkeit ein-

wirkt.

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1.1.2 Der Begriff 'Erlebnispädagogik'

Das Wort 'Erlebnispädagogik' ist als zusammengesetztes Wort zu begreifen. "Die zugrunde liegende

Substanz, die es zusammenhält und ihm einen höheren Sinn verleiht, ist das 'Erlebnis'. 'Pädagogik' ist

ein Additivum" (HÄNDEL, 1995, S.5).

Das Er scheinungsbild der Erlebnispädagogik ist schwer zu erfassen, somit fällt es leichter zu definie-

ren, was Erlebnispädagogik nicht ist:

Erlebnispädagogik ist nicht Schulung in speziellen Sportarten, wie sie von kommerziellen Sportorganisationen angeboten werden; sie ist nicht gleichzusetzen mit Extremsportarten, Sportunterricht und Fitnesstraining, paramilitärischen Aktivitäten, Überlebenstraining; A-benteuer und Risiko finden nicht ohne pädagogische (Vor-/Während-/Nach-) Betreuung statt (REINERS, 1995, S.17).

Wichtige Kriterien natursportlich akzentuierter Erlebnispädagogik werden von FUNKE aufgestellt:

Die Arbeit muss: • Erlebnis und Erfahrung in der Natur beinhalten, • auf der Mitverantwortung jedes Teilnehmers (.. .) beruhen, • die Kenntnisse und das Handeln ausdrücklich lehren, die für das Bestehen des Unter-

nehmens gebraucht werden, • soziale Beziehungen aus der Unternehmung heraus stiften, • sich an Jugendliche an der Schwelle des Erwachsenseins wenden, • zum Personal nicht nur Pädagogen, sondern vor allem auch Fachleute der Sache zählen, • ein gewisses Risiko beinhalten, das (. ..) kontrolliert und begrenzt, aber nicht völlig au s-

geschaltet werden kann, • erzieherisch gemeint sein (FUNKE zit. in ZIEGENSPECK, 1992, S.112).

Diese Kriterien sind durch einige wichtige Aspekte zu ergänzen: Neben erlebnispädagogischen Akti-

vitäten in der Natur ist es auch möglich, erlebnispädagogische Aktionen innerhalb von Städten,

Turnhallen o.ä. stat tfinden zu lassen. Die Aktionen sind nicht auf Kinder und Jugendliche beschränkt,

sondern wenden sich auch an Erw achsene, wie z.B. in betrieblichen Fortbildungen oder einem Ma-

nagertraining. Durch diese Kriterien, deren Ganzheitlichkeit betont werden soll, entsteht ein Gesamt-

eindruck, der einer Definition allerdings noch nicht entspricht.

Laut ZIEGENSPECK ist Erlebnispädagogik eine Teilwissenschaft der Pädagogik und damit selbst

eine Wissenschaft mit eigenen Methoden und Inhalten.

"Erlebnispädagogik ist Erziehung: die jugend- und sozialerzieherische Potenz muss bei allen

Vorhaben und unter allen Umständen definiert sein und sichtbar bleiben, also die jeweilige Praxis

begründbar und transparent machen" (ebd., S. 125).

Er stellt einen umfassenden Katalog vor, welcher die Merkmale der Erlebnispädagogik aus seiner

Sicht transparent macht:

Erlebnispädagogik sollte immer in einem Atemzug zu nennen sein • mit Freude, Spaß und Lust, • mit Schönheit allemal, • auch mit Lernen, Leisten und Erfolg nach Überwindung und bei Überwindung von Wi-

derständen, • mit Selbstbestimmung und kritischer Überprüfung von Fremdbestimmung, • mit neuen Erkenntnissen durch selbst gewonnene Erfahrungen, • letztlich mit der Durchsetzung vitaler Interessen (...) , • mit dem Ernstnehmen natürlicher Bedürfnisse ( ...) , • und mit menschlicher Herzlichkeit (. ..) (ZIEGENSPECK, 1992, S.132).

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HECKMAIR/MICHL (1998) widersprechen der Ansicht, Erlebnispädagogik sei eine Teilwissen-

schaft der Pädagogik: Sie sehen die Erlebnispädagogik als Methode. Sie unternehmen einen

Definitionsversuch, aus dem sich mit Bezug auf die genannten Aussagen die folgende Eingrenzung

des Begriffes entwickeln lässt:

Erlebnispädagogik ist eine handlungsorientierte Methode und will durch exemplarische Lernprozesse, in denen junge Menschen vor physische, psychische und soziale Herausforde-rungen gestellt werden, diese in ihrer Persönlichkeit fördern und sie dazu befähigen, ihre Lebenswelt verantwortlich zu gestalten (S.75).

Sie betonen auch, dass diese Definition keine endgültige ist, sondern zur Weiterentwicklung und

Ergänzung auffordert.

OELKERS allerdings geht davon aus, dass Erlebnisse sich nicht konstruieren lassen. Folglich kann es

für ihn auch keinen Zusammenhang zwischen Erziehung und Erlebnis geben.

Von Erlebnispädagogik kann im strengen Sinne daher keine Rede sein, es sei denn als Schlagwort in der Selbstverständigung ratloser Pädagogen. Was immer die Erlebnisse von Kindern (. ..) sein mögen, an sie können sich keine pädagogischen Ziele richten, weil ihre Folgen nicht absehbar noch beherr schbar sind (OELKERS zit. in BEDACHT, 1994, S.107).

Erlebnisse und ihre individuelle Wirkung werden von ihm in Bezug auf erzieherische Ziele in Frage

gestellt. Sicher ist aber, dass sie den Menschen in individueller Art und Weise bereichern und verän-

dern. Dabei bleibt der pädagogische Einfluss auf die Wirkungsweise eines Erlebnisses gering. Es

können zwar Erlebnisräume und -möglichkeiten geboten werden, ob und wie ein Erlebnis eine ge-

wünschte Wirkung erzielt, liegt jedoch in der Hand des Individuums.

Die Darstellung der verschiedenen Definitionsansätze aus der Literatur, von denen nur einige exem-

plarisch wiedergegeben wurden, macht die Vielschichtigkeit des Begriffs Erlebnispädagogik deutlich.

Meine Auffassung von Erlebnispädagogik kommt der von ZIEGENSPECK am nächsten. Ich

betrachte die Erlebnispädagogik als eine Teildisziplin der Pädagogik, die viele Chancen einer

positiven pädagogischen Beeinflussung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene beinhaltet, die

individuell genutzt und umgesetzt werden können. In dem in Kap. 3 beschriebenen Projekt versuche

ich, erlebnispädagogische Inhalte und Aktivitäten durch bestimmte Methoden, die später genauer

erläutert werden, in die Freizeitgestaltung der Jugendlichen zu integrieren.

1.2 Die Entstehungsgeschichte der Erlebnispädagogik In diesem Kapitel soll ein Einblick in die historische Entwicklung der Erlebnispädagogik gegeben

werden, um die Entwicklung mit ihren zahlreichen Einflüssen bis hin zum heutigen Verständnis von

Erlebnispädagogik nachvollziehen zu können.

1.2.1 Die Wurzeln der Erlebnispädagogik

Bei der eingehenden Betrachtung der historischen Entwicklung der Erlebnispädagogik wird deutlich,

dass es sich vielmehr um eine Spurensuche als um eine systematische Analyse handelt. Diese Spuren

legen den Ursprung der Erlebnispädagogik nicht eindeutig fest (vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998,

S.3). Die ersten Ansätze einer Erlebnispädagogik reichen weit zurück. Schon vor mehr als 2000 Jahren

entwickelte PLATO (427-374 v. Chr.) eine Philosophie über die 'sittliche Erziehung' des Menschen

und forderte eine ganzheitliche Sichtweise von Körper, Geist und Seele sowie Individuum und Ge-

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sellschaft (vgl. REINERS, 1995, S.15). Er ging davon aus, dass eine Erziehung, die auf eine 'schöne

Seele' gerichtet ist, zugleich eine Erziehung im Interesse des Staates darstelle. Denn "die Wohlge-

stimmtheit der Seele, erreichbar durch eine in der richtigen Mischung bzw. Integration von 'Gymnas-

tik' und 'Musik' dargebotenen Erziehung, fördere sowohl Tapferkeit wie Besonnenheit" (PLATO zit.

in BAUER, 1993, S.8).

Ein weiterer Ansatz geht zurück auf den französischen Aufklärer ROUSSEAU (1712-1778), der das

Kind mit seinen wahren Bedürfnissen in den Mittelpunkt stellte. Er forderte ein Recht des Kindes auf

sein Eigenleben, ohne das Eingreifen von Erziehern (vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998, S.3ff) . Er

empfahl Handlung und Erfahrung mit allen Sinnen als Unterrichtsprinzip und nicht die einseitige

Wissensvermittlung durch Worte, denn "Kinder vergessen leicht, was sie gesagt haben oder was man

ihnen gesagt hat, aber nicht, was sie getan haben oder was man mit ihnen tat" (ROUSSEAU zit. in

REINERS, 1995, S.15f). Gute Erziehung macht für ROUSSEAU die eigene Befindlichkeit, Zufrie-

denheit und das Glück aus, und sie beinhaltet die Fähigkeit, die Freuden und Leiden des Lebens er-

tragen zu können (vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998, S.9).

Während ROUSSEAU die theoretischen Grundgedanken entwickelt hatte, setzte sie THOREAU

(1817-1862) 100 Jahre später in die Praxis um. Er forderte nachdrücklich die Umkehr zur Natur , zur

Einfachheit und Einsamkeit, um daraus Kraft für gesellschaftspolitisches Engagement zu gewinnen,

wie er es in seinem 'Walden - Experiment' selbst vorlebte. Ihm ging es um Unmittelbarkeit und Au-

genblick, um eigene Erfahrung, um Lernen durch Versuch und Irrtum und um möglichst reale Situa-

tionen (vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998, S.9ff).

DEWEY (1859-1952), der wohl wichtigste amerikanische Pädagoge des 20. Jahrhunderts gilt in den

USA und in Kanada als Vater des handlungs- und erfahrungsorientierten Lernens. "Ein Gramm Er-

fahrung ist besser als eine Tonne Theorie" (Dewey 1993 zit. in HECKMAIR/MICHL, 1998, S.32),

weil jede Theorie nur durch Erfahrung eine Bedeutung gewinnt. Er betrachtet die Erfahrung als den

'Lernort' seiner Pädagogik; in dieser Auffassung liegt der entscheidende Einfluss auf die

Erlebnispädagogik. Auch die Existenzphilosophie, die Lebensphilosophie und die Psychologie des Verstehens, die hier

nur kurz umrissen werden sollen, befassten sich grundlegend mit den Fragen des 'Er-lebens'. Als

bedeutende Vertreter sind HEIDEGGER (1889-1976), JASPERS (1883-1969) und SARTRE (1905-

1980) zu nennen. HEIDEGGER stellte die Frage nach dem 'Sein', nicht nach dem puren 'Da-sein'.

"Der Sinn des Lebens entschlüssele sich nicht durch das Bewältigen des 'Da-seins ', sondern durch das

'Sein', also die Vollzugsweise des Lebens" (HEIDEGGER zit. in BAUER, 1993, S.8). JASPERS hat

sich in diesem Zusammenhang mit den Erfahrungen der Grenze des menschlichen Daseins

beschäftigt, und dabei festgestellt, "dass erst die Kommunikation zwischen Menschen, denen es

radikal um ihr eigenes und das 'Selbst-Sein' der anderen geht, zum Existenzsprung der 'Vernunft'

vordringt" (JASPERS zit. in BAUER, 1993, S.9). Für SARTRE stand der Begriff der Freiheit im

Vordergrund, denn "Freiheit (. ..) erreiche der Mensch nur durch sein Engagement und die von ihm

akzeptierte Verantwortung für sein Handeln." (SARTRE zit. in BAUER, 1993, S.9).

Der Vertreter der Lebensphilosophie und der Psychologie des Erlebens DILTHEY (1833-1911) über-

trug solche existenzphilosophischen Grundgedanken auf den Bereich der Pädagogik, indem er au s-

führte, dass es keine Metaphysik des 'Erkennens' geben könne, aber eine des 'Erlebens'.

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Da Erlebnisse völlig individuelle, und daher auch nicht manipulierbare, irrationale emotionale Ereignisse sind, ein inneres Bewegt- und Ergriffensein, genau deshalb benötigen Erlebnisse ihrer rationalen Durchdringung, wenn eine Einheit von Denken und Fühlen, von Erlebnis und Erfahrung hergestellt werden soll (BAUER, 1993, S.9).

Für DILTHEY spielte also das Erwachsen der Erkenntnis aus der Erfahrung durch das Erleben eine

zentrale Rolle (vgl. Kap. 1.2 .1).

BERGSON (1833-1911) betrachtete das Erleben als die einzig wirklich denkbare Freiheit für das

verzeitlichte Subjekt. Seine hieraus abgeleitete These lässt unmittelbar die Erlebnispädagogik erken-

nen.

Wir sind frei, wenn unsre Handlungen aus unsrer ganzen Per sönlichkeit hervorgehen, wenn sie sie ausdrücken, wenn sie jene undefinierbare Ähnlichkeit mit ihr haben, wie man sie zuweilen zwischen einem Kunstwerk und seinem Schöpfer findet (zit. in OELKERS, 1994, S.99).

Die eigentliche Wurzel der Erlebnispädagogik stellt jedoch die Reformpädagogik dar, die Ende des

19. Jahrhunderts als Folge der Kultur- und Bildungspolitik entstand. Der Begriff des Erlebens spielte

in nahezu allen reformpädagogischen Bewegungen eine große Rolle. Besonders heftige Kritik richtete

die Reformpädagogik gegen die bestehende Erlebnisarmut der Schule, in der die rein kognitive

Wissensvermittlung vor die ganzheitliche Bildung und das handwerkliche Können gestellt wurde.

Dagegen richtete sich die Forderung nach erlebnishaftem Lernen und spannender Aufbereitung des

Unterrichtsstoffes mit möglichst direktem Lebensbezug, d.h. eine Erziehung ausgehend von den

Interessen und Bedürfnissen des Kindes. Zentrale Begriffe wie Erlebnis, Ergriffenheit, Augenblick,

Unmittelbarkeit, Individuum und Gemeinschaft, Natur, Echtheit und Einfachheit gerieten in den Blick

(vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998, S.18ff). In dieser Zeit ist der erste Höhepunkt der

Erlebnispädagogik, die sich von da an in Methoden und Inhalten weiterentwickelte, anzusiedeln.

Weitere Impulse für eine neue Entwicklung der Pädagogik gingen von der Landerziehungsheimbe-

wegung begründet durch LIETZ (1868-1919), der Jugend-, Arbeitsschul-, Kunsterziehungs- und

Wandervogelbewegung aus, die mit ihren reformpädagogischen Prinzipien in Verbindung mit den

danach entstandenen Schulrichtungen wie z.B. Montessori-Schule2, Waldorfschule3, Summerhill4

stehen (vgl. REINERS, 1995, S.12f), auf die in dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden kann.

In den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts missbrauchte der Nationalsozialismus die erlebnis-

pädagogische Jugendarbeit zur vormilitärischen und ideologischen Erziehung. Er stütze sich dabei auf

'Turnvater' JAHN (1778-1852), der das Turnen nicht nur als körperliche Stärkung, sondern auch als

vormilitärischen Drill und als Ausdruck der Gesinnung betrachtete (vgl. BRANDT, 1998, S.30). Er-

lebnispädagogik wurde durch die Vereinnahmung ihrer erzieherischen Elemente in das nationalsozia-

listische Gedankengut ins falsche Licht gerückt und ihres ursprünglich geisteswissenschaftlich fun-

2 Montessori, Maria (1870-1952), ital. Ärztin , Pädagogin; forderte Sinnestätigkeit des Kindes,

Selbsterziehung und –tätigkeit bes. in der Kindergartenerziehung (MEYERS GROSSES HANDLEXIKON, 1998).

3 Waldorfschule: auf den Grundsätzen der Anthroposophie R. Steiners aufgebaute einheitl. Gesamt-schule (MEYERS GROSSES HANDLEXIKON, 1998).

4 Summerhill: engl. Internatsschule bei Leiston, 1921 von A.S. Neill gegr. Dieser versuchte, dort im Anschluss an S. Freud und W. Reich den Gedanken einer 'repressionsfreien' Erziehung zu verwirk-lichen (MEYERS GROSSES HANDLEXIKON, 1998).

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dierten Sinns beraubt. Sie war jahrelang mit dem Stigma behaftet, undemokratisch zu sein (vgl.

STIMMER, 2000, S.184).

1.2.2 Kurt Hahn - 'Wegbereiter' der Erlebnispädagogik

KURT HAHN (1886-1974), der viele schon existierende Ideen verschiedener pädagogischer und

philosophischer Richtungen zu einem neuen pädagogischen Konzept, der Erlebnistherapie, zusam-

menfasste, wird aus heutiger Sicht als eigentlicher "Urvater" der Erlebnispädagogik gesehen (vgl.

REINERS, 1995, S.16; sowie BAUER, 1993, S.25). Die verschiedenen Einflüsse auf seine Erzie-

hungsvorstellungen werden im folgenden Zitat deutlich:

Man könnte sie [d.h. seine Erziehungsvorstellungen] im Schnittpunkt der geistesgeschichtli-chen Linien von PLATO und den englischen Public Schools über die Kulturkritik des au s-gehenden 19. Jahrhunderts einerseits, sowie vom amerikanischen Pragmatismus in der Gestalt von WILLIAM JAMES bis zu den Landerziehungsheimen - insbesondere der LIETZ'schen Prägung - andererseits, ansiedeln (RÖHRS, 1966 zit. in BAUER, 1993, S.25).

Daraus können die drei Grundpfeiler der Pädagogik HAHNs ableitet werden:

1. Die 'sittliche Erziehung' des Menschen durch Nachahmung und Übung nach PLATO, die das

Individuum in ganzheitlicher Sichtweise von Körper, Geist und Seele erfassen will (vgl. Kap.

1.2.1).

2. Das Modell der 'Pädagogischen Provinz' nach GOETHE (1749-1832), PESTALOZZI (1746-1827)

und LIETZ, welches die Erfahrungs- und Erlebensräume als in sich geschlossene und wohl abge-

stimmte Bewährungsfelder für die jugendliche Unternehmungslust abgrenzen will.

3. Die Wichtigkeit eines 'moralischen Äquivalents des Krieges' in der Erziehung nach JAMES, w o-

nach Emotionen durch konkrete motorische Aktionen entladen werden sollen (vgl. BAUER, 1993,

S.26ff) .

Er nannte sein Konzept "Erlebnistherapie", weil es sich an Defiziten orientierte und die Angebote

therapeutische Wirkung haben sollten. Darin wird der Unterschied zur Erlebnispädagogik deutlich,

die pädagogische und nicht therapeutische Aspekte in den Vordergrund stellt. HAHN kritisierte den

Verfall der körperlichen Tauglichkeit (durch die von ihm genannte "Zuschauerkrankheit"), der

Selbstinitiative und Spontaneität, der Geschicklichkeit und Sorgfalt, und der Fähigkeit zur Empathie

in der damaligen Gesellschaft (vgl. REINERS, 1995, S.15). Er setzte diesen 'Zivilisationskrankheiten'

der 20er Jahre vier erlebnispädagogische Grundelemente in seiner Erlebnistherapie entgegen:

• Das körperliche Training soll Selbstüberwindung und Selbstentdeckung in Form von leichtathle-

tischen Übungen oder auch Natursportarten wie Bergsteigen, Kanufahren, Skilaufen, Segeln er-

möglichen;

• Die Expedition hat das Ziel der Selbstbewährung bei mehrtägigen Touren in herausfordernden

Naturlandschaften mit intensiver Vor- und Nachbereitung;

• Das Projekt dient der Ausbildung von Selbstverantwortung, Sorgsamkeit und Wagemut durch die

selbstständige Bearbeitung einer handwerklich-technischen bzw. künstlerischen Anforderung;

• Den Rettungsdienst ist wirksamstes Erziehungsmittel, "weil der Jugendliche durch den Einsatz

seiner Existenz für das Wohl des Nächsten ein ganz neues Lebensverhältnis gewinnt" (RÖHRS,

1966 in BAUER, 1993, S.34).

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Die vier genannten Aktivitäten standen unter dem gemeinsamen Motiv des Erlebens, da HAHN von

einer unbewussten Wirkung des Erlebnisses auf das Verhalten, die Einstellung und das Wertesystem

des Betroffenen ausging. Das Erleben wird nach ihm in der Gemeinschaft realisiert, indem

unmittelbare und ernsthafte Situationen gemeinschaftlich und kooperativ gemeistert werden, und

damit Konsequenzen von Verhalten in konkreten Handlungen erfahrbar werden. Ziel seines

Konzeptes war letztendlich die Charakterbildung, also "eine Erziehung zu Verantwortung durch

Verantwortung" (REINERS, 1995, S.15).

Die praktische Umsetzung seines Konzeptes fand zum einen in dem von ihm gegründeten Landerzie-

hungsheim Schloss Salem statt, und zum anderen in den anschließend von ihm gegründeten sog.

Kurzschulen, die sich zu den heutigen 'Outward Bound Schulen'5 weiterentwickelten (vgl. ebd.).

Die Wege und Werke Kurt HAHNs sind hier nur knapp dargestellt, doch das soll nicht seinen beson-

deren pädagogischen Einfluss auf die Erlebnispädagogik schmälern. HÄNDEL (1995) drückt die

Bedeutung HAHNs folgendermaßen aus:

"Er lehrte nicht, er bewegte. Er war ein Beweger. Er hinterließ im Gegensatz zu Heidegger keine

Pyramiden, sondern Reste von Lagerfeuern, rund um den Globus" (S.12).

1.2.3 Aktuelle Standortbestimmung der Erlebnispädagogik

Die Darstellung der historischen Entwicklung lässt zwei Höhepunkte der Erlebnispädagogik

erkennen: Lag der aus heutiger Sicht zu kennzeichnende erste Höhepunkt vor dem zweiten Weltkrieg

und konzentrierte sich auf den Raum der Schule, so steuert die Erlebnispädagogik z.Zt. ihrem zweiten

Höhepunkt auf der Skala erzieherischer Wertschätzung entgegen, der allerdings überwiegend im

sozialpädagogischen und sozialtherapeutischen Bereich, in der Umwelterziehung und in letzter Zeit

sogar in der betrieblichen Weiterbildung, gegenwärtig ist (vgl. STIMMER, 2000, S.185).

Die Frage, die in diesem Zusammenhang auftaucht, beschäftigt sich mit den Gründen für die

Aktualität der Erlebnispädagogik.

Ein Grund scheint in den gegenwärtigen gesellschaftlichen Entwicklungen zu liegen, die die Erleb-

nismöglichkeiten einengen. BAUER und ZIEGENSPECK benennen einige wichtige Faktoren,

welche im Folgenden kurz skizziert werden:

• Die zur Verfügung stehenden Umwelt(nah)räume sind enger, gefährlicher, lauter, verschmutzter

und monotoner geworden; ökologisch "wilde", ursprüngliche Räume sind kaum mehr vorhanden.

• Der vorhandene materielle Wohlstand in unserer Gesellschaft kann der Perspektivlosigkeit und

Zukunftsangst vieler Jugendlicher nicht entgegenwirken.

• Die unmittelbare Umgebung vieler junger Menschen, vor allem das Familienleben, wird zuneh-

mend unpersönlicher.

• In unserer Gesellschaft herrscht eine noch nie da gewesene Reizüberflutung durch Medien und

durch elektronische Computerspiele, wodurch zunehmend passive, körperlich unterfordernde Be-

schäftigungsmöglichkeiten eröffnet werden.

5 OUTWARD BOUND Schulen orientieren sich seit Gründung der ersten Einrichtung in Deutsch-

land 1952 in Weißenhaus auch heute noch in abgewandelter Form an dem Konzept Kurt HAHNs.

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• Verrechtlichung und Bürokratisierung schließen Risiko und Gefahren weitgehend aus. Die ele-

mentaren Grundbedürfnisse nach Spannung bleiben so vielfach unbefriedigt.

• Der Mangel an abenteuerlichen Tätigkeiten und Spielen kann zu Entwicklungsdefiziten und Per-

sönlichkeitsstörungen führen.

• Gleichzeitiges Aufeinanderprallen von Über- und Unterforderung, von Reizüberflutung und Er-

lebnisarmut kann zu Unzufriedenheit und Verunsicherung bei Jugendlichen führen (vgl.

ZIEGENSPECK, 1992, 118f; BAUER, 1995, S.149f).

Viele dieser gesellschaftlichen negativen Veränderungen lassen sich auf die von HAHN

beschriebenen "Verfallserscheinungen" ( s. Kap. 1.2.2) beziehen, die sich um ein Vielfaches gesteigert

haben. Diese Grundlagen der Pädagogik HAHNs scheinen aktuell wie nie zuvor zu sein. 'Mangelnde

Sorgsamkeit' äußert sich in unserer Konsumgesellschaft dur ch eine 'Wegwerfmentalität '. Egoismus

und soziale Isolation drücken 'mangelnde menschliche Anteilnahme' aus. Durch die Massenmedien

mit jugendspezifischer Werbepsychologie wird Ersatz für Erlebnisse geboten, der allerdings nicht die

Bedürfnisse befriedigt und zu 'mangelnder Initiative' führt. Angesichts der zunehmenden Mobilität

mit Auto, Bus und Bahn kann auf 'mangelnde körperliche Tauglichkeit' geschlossen werden (vgl.

Kap .1.2.2). Auch heute werden die Erfahrungen aus 'zweiter Hand' beklagt, die HAHN schon im Zusammenhang

mit der von ihm so bezeichneten "Zuschauerkrankheit" verurteilte. Die dadurch entstehenden Frustra-

tionen durch Leere, Langeweile und Gleichförmigkeit des Alltags können sich durch erhöhte Risiko-

bereitschaft in eher banalen Situationen entladen.

Jugendliche, die in besonderer Weise unter der Ereignislosigkeit des Alltags leiden, kultivie-ren und erhöhen ihre Risikobereitschaft zu einer gesellschaftlich unerwünschten Selbstinsze-nierung: Eine Mutprobe wie das 'S-Bahn-Surfen' ist die logische Steigerungsform riskanten Verhaltens, mit der sich zusätzlich ein narzißtisches Bedürfnis nach Selbstdarstellung befrie-digen läßt (HECKMAIR/MICHL, 1998, S.68).

Die Erlebnispädagogik will und kann der Erlebnisarmut und ihren non-konformen Kompensations-

versuchen durch 'legale' Erlebnisse Abhilfe verschaffen und stellt daher einen wichtigen Faktor in der

Pädagogik dar. Folglich besteht der hauptsächliche Grund der momentanen Aktualität im Versuch der

Kompensation dieser gesellschaftliche Missstände durch das Bereitstellen von Handlungsfeldern und

Erfahrungsräumen, die Erlebnisse aus erster Hand ermöglichen.

Erlebnispädagogik will dazu beitragen, daß der Jugendliche das Abenteuer noch aus 'erster Hand' erfährt, daß er feststellt, was wirklich in ihm steckt und daß er herausgefordert wird, wie es in unserer weitgehend pflegeleicht gehaltenen, betonierten (. ..) und flurbereinigten Zivilisation kaum noch möglich ist (ZIEGENSPECK, 1992, S.111).

Erlebnispädagogik ist heute geprägt durch einen dominant natursportlichen Charakter, doch es

werden auch "softere", weniger "materialschlachtende" Formen angeboten, bei denen das Erlebnis

auch "hinter der nächsten Ecke" im Alltäglichen gesucht und gefunden wird (vgl. BAUER, 1995,

S.148). HECKMAIR/MICHL (1998) beschäftigen sich mit der Frage: "Boomt die Erlebnispädagogik wirk-

lich noch, oder wuchert sie mittlerweile?" Innerhalb der letzten Jahre hat sich der Stellenwert der

Erlebnispädagogik in der Diskussion in Deutschland stark verändert: von der missachteten Methode

in der Sozialpädagogik zum 'finalen Rettungsring' für ' schwierige' Jugendliche bis zur ernüchternden

Erkenntnis über vorhandenen aber auch begrenzten Möglichkeiten, die auch den zukünftigen Standort

mitbestimmen (vgl. S.258).

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ZIEGENSPECK (1994) formuliert abschließend einen gegenwärtigen Definitionsansatz, der die Er-

lebnispädagogik – meiner Meinung nach - treffend um schreibt:

Unmittelbares Lernen mit Herz, Hand und Verstand in Ernstsituationen und mit kreativen Problemlösungsansätzen und sozialem Aufforderungscharakter bilden den Anspruchsrahmen erzieherisch definierter, verantwortbarer und auf eine praktische Umsetzung ausgerichteter Überlegungen, die auf individuelle und gruppenbezogene Veränderungen von Haltungen und Wertmaßstäben ausgerichtet sind und durch sie veranlasst und begründet werden (S.21).

1.3 Elemente und Merkmale der Erlebnispädagogik

Die Erlebnispädagogik wird in der aktuellen Literatur vielfach mit verschiedenen 'Elementen' und

'Merkmalen' in Verbindung gebracht, welche im folgenden Kapitel näher dargestellt werden. Die

beschriebenen Elemente erheben dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern zeigen im Hin-

blick auf die Thematik dieser Arbeit eher eine Auswahl vieler verschiedener und mir wichtiger Ele-

mente der Erlebnispädagogik.

1.3.1 Das Prinzip der Ganzheitlichkeit

Der ganzheitliche Ansatz ist ein wichtiges Grundprinzip in der Erlebnispädagogik; dies verdeutlicht

schon das grundlegende Menschenbild (vgl. Kap.1.4). Der Mensch wird als ganze Per son auf seiner

seelischen, geistigen und körperlichen Ebene betrachtet (vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998, S.257;

HUFENUS, 1993, S.86). Das unmittelbare Lernen auf kognitiver, emotionaler, sozial-affektiver und

praktisch-anwendbarer Ebene bildet die Grundlage erzieherischer und auf praktische Umsetzung

ausgerichteter Überlegungen, die auf eine positive Beeinflussung des Charakters und der

Persönlichkeit hinzielen.

Das "Lernen mit Herz, Hand und Verstand6" nach HAHN (vgl. Kap. 1.2.2) legte einen Grundstein in

der Erlebnispädagogik. Dies bedeutet auch heute, dass die Erlebnispädagogik im Gegensatz zum rein

theoretischen Lernen durch praktische, künstlerische, körperbezogene, emotionale, soziale und phy-

sisch erfahrbare Situationen gekennzeichnet ist. Diese Lernelemente s tehen auf einer Stufe und be-

dingen sich gegenseitig.

Die Erlebnisse sollen durch die Einbeziehung vieler, oder möglichst aller Sinne wahrgenommen wer-

den, um die Erfahrungen aus 'zweiter Hand' und den Verlust der natürlichen Umwelt kompensieren zu

können (vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998, S.257). Kognitives Lernen impliziert den Erwerb von

Wissen, die Verarbeitung von Informationen und die Umsetzung auf andere Bereiche. Emotionales

Lernen beinhaltet zum einen die senso-motorische Dimension, d.h. das innerliche und äußerliche

Begreifen, Erfahren, Ertasten, Erfühlen etc der Natur. Zum anderen schließt emotionales Lernen die

affektive Dimension mit ein, wie etwa das Spüren von Freude, Angst oder Bedrohung, als auch die

kreative Dimension, welche den schöpferischen Umgang mit unserer Umwelt und die Schulung der

Phantasie umfasst. Praktisches Lernen bedeutet ein unmittelbares Lernen durch handwerkliche Tätig-

keiten und Erfahrungen (vgl. ebd., S.87f).

6 Mit diesem Ausdruck lehnt sich HAHN an den von PESTALOZZI erstmals aufgestellten Au s-

druck "Mit Kopf, Herz und Hand" an.

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1.3.2 Das Prinzip der Handlungsorientierung

Aus dem Prinzip der Ganzheitlichkeit folgt unweigerlich das Prinzip der Handlungsorientierung.

Erlebnispädagogik ist nach HECKMAIR/MICHL eine handlungsorientierte Methode, der es stets um

mehr geht als um Ergebnisse.

Das 'Erfahrungslernen' nach DEWEY (siehe Kap .1.2.1) oder nach heutigem Sprachgebrauch

'Learning by doing' ist beim erlebnispädagogischen Ansatz von großer Bedeutung. Nicht das

Ergebnis, der Prozess s teht im Vordergrund, wie es das Sprichwort sagt: 'Der Weg ist das Ziel!' Die

Auseinandersetzung mit Problemen und das aktive Ausprobieren von Lösungsmöglichkeiten, allein

oder in der Gruppe, spielen eine wichtige Rolle in der erlebnispädagogischen Arbeit. Durch

vielfältige, nicht alltägliche, reale und ernsthafte Situationen mit Grenzerfahrungsmöglichkeiten

werden Anreize geschaffen, die mit starkem Aufforderungscharakter initiiert sind und somit zur

Auseinandersetzung und zum Handeln herausfordern (vgl. REINERS, 1995, S.29).

In der praktischen Tätigkeit werden auch Grundlagen für Materialerfahrungen, für die Ausbildung

von Handlungs- und Gestaltungsfähigkeiten und für die Bewahrung von Kulturtechniken gegeben.

Zudem wird Selbstständigkeit, Selbstverantwortung und Selbstorganisation gefördert (vgl. BAUER,

1995, S.151).

Den Teilnehmern kann auf diese Weise bewusst werden, dass sie bestimmte Situationen nur durch

selbsttätiges aktives Handeln verändern können (s. Kap. 2.3, 3.4, 4) .

Lernen im erlebnispädagogischen Sinne heißt erfahrungsbezogenes und möglichst 'erfah-rungsgesättigtes' Lernen. Erfahrungen aber lassen sich nur machen, d.h. Priorität hat in der Erlebnispädagogik immer das Handeln, die eigene 'Aktivität' (. ..); in Absetzung zum schuli-schen Lernparadigma geht hier der Lernweg eindeutig von der Praxis zur Theorie! Gerade deshalb bedarf es immer auch der reflexiven Bearbeitung des Erlebten, um es zur Erfahrung werden zu lassen (BAUER, 1995, S.152).

Des Weiteren ist es möglich, dass durch eigenständiges Handeln Ergebnisse erreicht werden, die man

sich vorher nie zugetraut hätte.

1.3.3 Die Bedeutung der Natur

Die gegenwärtige Lebensumwelt vieler Menschen besteht nahezu nur noch aus Asphalt und Beton.

Der Bewegungsraum in der Natur ist besonders in der Stadt sehr eingeschränkt.7 Auch

Freizeitaktivitäten in der Natur nehmen immer mehr ab und viele Naturereignisse werden dadurch

nicht mehr unmittelbar erlebt, sondern über Medien konsumiert, so dass ein verantwortungsbewusster

Umgang mit der Natur mehr und mehr verlernt wird. Obwohl erlebnispädagogische Aktivitäten auch

in Räumen, Turnhallen und in der Stadt erfolgreich durchgeführt werden können, z.B. city bound, ist

es der Erlebnispädagogik ein wichtiges Anliegen, Erlebens- und Erfahrungsräume in der Natur

bereitzustellen, um verantwortungsvolle Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten zu entwickeln

(vgl. KÖLSCH, 1995, S.232). Denn:

7 Der Anteil der in Städten (Gemeinden mit mindestens 5.000 Einwohnern) lebenden Bevölkerung

ist in Deutschland in den letzten zehn Jahren von rund 85% auf über 87% gestiegen. Die Großstäd-te über 500.000 Einwohner hatten Anfang des Jahres 2000 insgesamt 11,8 Millionen Einwohner (STATISTISCHES BUNDESAMT, Statistisches Jahrbuch 2000,Wiesbaden, 2000).

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Nur wer den Wert der Natur am eigenen Leibe erfährt , nur wer sie schätzt, schützt sie auch. Nirgendwo kann die ökologische Problematik deutlicher vor Augen geführt, nirgendwo kön-nen die ökologisch-praktischen Fertigkeiten besser eingeübt werden (HECKMAIR/MICHL, 1998, S.87).

Sich Zeit nehmen zum Entdecken, zum Beobachten, Riechen, Schmecken und Staunen in der Natur

weckt Begeisterung und Lust am Er forschen.

SCHLEHUFER (1995) fordert, dass die Naturerfahrung, die soziale Erfahrung und die

Selbsterfahrung zu einer Einheit integriert werden soll. "Es gilt vom Nebeneinander als individueller

Mensch über das Miteinander in der Gemeinschaft zum Ineinander in der gesamten lebendigen Natur

zu kommen" (S.285).

Erlebnispädagogen müssen sich bei der Umsetzung ihres Programms in der Natur neben den

positiven Aspekten auch kritische Gedanken machen: "Wie intensiv haben wir als PädagogInnen

selber eine Höhle, steile Felsen, einen Fluß, ein Bachbett als wunderschöne, faszinierende

Lebensräume erlebt, wie viel bedeutet uns ihre Schönheit und ihr Schutz?" (ebd., S.289).

Die Natur ist ein zentraler Begriff in der Erlebnispädagogik und wird leider auch oft von ihr für er-

lebnispädagogische Aktionen ge- und missbraucht. "Sie wird benutzt als Spielwiese, tagsüber, häufig

auch nachts, getreten und geschützt, mißbraucht und manchmal auch geliebt" (KÖLSCH, 1995, S.

222).

Doch bei jeder erlebnispädagogischen Aktion in der Natur muss die Bewahrung und Behütung dieser

im Vordergrund stehen, um sie zu einem Bestandteil des Lebens zu machen. "Von

Höhlenerkundungen sollte nicht mehr übrig bleiben als der Fußabdruck unserer Schuhe im Lehm"

(HECKMAIR/MICHL, 1998, S.87).

Die Erlebnispädagogik muss also einen 'sanften Weg' gehen, um der ökologischen Verantwortung

gerecht zu werden und diese auch an die Teilnehmer weiterzugeben. Dadurch ist die Chance geboten,

die Erlebnispädagogik in einen wesentlich harmonischen Zusammenhang von Mensch und Natur zu

bringen (vgl. DEWALD/GRAM, 1994, S.142).

"Wer Berge besteigt, Flußläufen folgt, ja Wüsten durchquert, kommt nicht umhin, sich der Verant-

wortung zu stellen und sein Handeln am Maßstab der ökologischen Verträglichkeit auszurichten"

(HECKMAIR/MICHL, 1998, S.222).

Aus diesen Ansprüchen an die Erlebnispädagogik in der Natur erwachsen die anschließenden Forde-

rungen für ein kritisches, verantwortungsbewusstes Denken und Handeln:

• Die Natur zu achten ist oberstes Gebot. • Belastungen der Natur innerhalb erlebnispädagogischer Aktivitäten müssen bei Erlebnis-

pädagogen und Teilnehmern thematisiert werden. • Ökologisch sensible Gebiete sind zu meiden. • Auf ökologisch bedenkliche Aktivitäten muss verzichtet werden (Abgrenzung schwierig). • Ökologische und erlebnispädagogische Inhalte müssen verknüpft werden. • Innerhalb der Erlebnispädagogik verfolgen ökologische Inhalte primär affektive und

psychomotorische Ziele. • Erlebnispädagogik muss im ökologischen Kontext gesellschaftspolitisch Position

beziehen (auf Missstände hinweisen, Lobby machen) (vgl. DEWALD/GRAM, 1994, S.143f).

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1.3.4 Die Bedeutung der Gruppenprozesse

Erlebnispädagogik zeichnet sich in der Praxis überwiegend durch Gruppenaktivitäten aus. Sie "bietet

zahlreiche Entwicklungschancen im Bereich des sozialen Lernens. Gruppenprozesse gehören als

konstituierender Bestandteil zur Erlebnispädagogik" (HECKMAIR/MICHL, 1998, S.113).

Das Bereitstellen von Zeit und Raum für Interaktion und Kooperation ist besonders in unserer

heutigen leistungsorientierten Zeit wichtig, da Kinder immer seltener in großen altershomogenen

Gruppen spielen und mehr Zeit allein verbringen. "Im Rahmen von Gruppenarbeit, also in der

Begegnung mit anderen Menschen, gekoppelt mit Erfahrungen und Erlebnissen, die gute Gefühle

verursachen, können Interaktions-, Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit (. ..) angebahnt

werden" (BRANDT, 1998, S.57f). In erlebnisorientierten Aktionen können Kinder erleben, wie

entspannte Kommunikation, erfolgreiche Interaktion und kooperatives Bewältigen von Aufgaben

nicht nur zum Erfolg führen, sondern auch Genuss verschaffen und zum individuellen Wohlbefinden

beitragen. Denn gemeinsames Agieren mit anderen heißt Verantwortung übernehmen und Vertrauen

in die Handlung des Partners oder die der Gruppe setzen. Im Mittelpunkt erlebnispädagogischer

Aktionen steht zwar das Erlebnis, der Schwerpunkt ist jedoch im zwischenmenschlichen Bereich zu

sehen (vgl. ebd., S.59). Ohne zwischenmenschliche Beziehungen innerhalb erlebnispädagogischer

Aktionen würde eine Art Einzelkampf entstehen, der das Erlebnis in der Gruppe in großem Maße

einschränken würde. 1.3.5 Die Bedeutung der Reflexion

Im erlebnispädagogischen Konzept wird immer wieder betont, dass erlebnispädagogische Aktivitäten

das Lernen aus Erfahrung anstreben (vgl. Kap. 1.1.1, Kap. 1.2.1 u. Kap. 1.3.2). Um jedoch ein

Erlebnis zur Erfahrung werden zu lassen, "bedarf es immer auch der reflexiven Bearbeitung des

Erlebten" (BAUER, 1993, S.52).

Eine Reflexion kann folgende Aspekte beinhalten: Erfahrungsaustausch über das Erlebte;

Verarbeitung der Erfahrungen; 'Dampf ablassen'; Planung neuer Aktivitäten mit

Verbesserungsvorschlägen; Überprüfung der Transfermöglichkeiten (vgl. BRANDT, 1998, S.85).

Eine direkt im Anschluss durchgeführte Reflexion hat konkreten Bezug zum gerade Erlebten und

knüpft unmittelbar an die Erfahrungen an. Durch einen intensiven Gedankenaustausch, den der Pä-

dagoge in eine bestimmte Richtung leiten kann, können Ereignisse, Emotionen und Erfahrungen au f-

gearbeitet werden, um eine Verbindung zwischen Erleben und Verstehen bis hin zur Einsicht

herstellen zu können. Dabei ist es wichtig, nach dem prozessorientierten Prinzip die Erfahrungen in

den Vordergrund zu stellen, die auf dem Weg zum Ziel gemacht wurden, und nicht das Erreichen des

Zieles selbst (vgl. Kap .1.3.2). Entscheidend sind die Bewältigungsstrategien, die die Gruppe

angewandt hat, um die Herausforderung positiv zu meistern (vgl. REINERS, 1993, S.11).

Die Teilnehmer sind zumeist erfüllt von den intensiven Erfahrungen und Erlebnissen und zeigen

einen hohen Diskussionsbedarf. Gerade bei extremen Gruppenprozessen, die durch Initiativspiele und

Problemlösungsaufgaben provoziert werden, muss Raum für Austausch und Diskussion gegeben

werden.

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Bei der praktischen Umsetzung der Reflexion werden in der Literatur verschiedene Methoden vorge-

schlagen, auf die in dieser Arbeit wegen der großen Brandbreite nicht im Einzelnen eingegangen

wird. Abschließend ist darauf zu verweisen, dass Reflexionen in angeleiteter oder freier Form unter Einbe-

ziehung kreativster Möglichkeiten durchgeführt werden können, wie z.B. durch die Einbindung von

Metaphern oder anderen veranschaulichenden Mitteln (vgl. Kap. 1.3.7). Durch eine nonverbale Re-

flexion kann manchmal mehr zum Ausdruck gebracht werden als durch Worte, besonders im Hinblick

auf ein Klientel mit sprachlichen Schwierigkeiten, wie es bei Menschen mit einer Behinderung der

Fall sein kann. Der Aspekt der Reflexion wird in dem darstellten Projekt intensiv aufgegriffen (vgl.

Kap. 3.3.2).

1.3.6 Die Bedeutung des Transfers

Der Aspekt des Transfers ist ein sehr umstrittener Punkt der Erlebnispädagogik und in seiner Wirk-

samkeit nicht eindeutig bewiesen. Der Hauptstreitpunkt ergibt sich aus der Frage: "Wie können Teil-

nehmer die Erfahrungen, die in einem Umfeld (Extremsituationen in den Bergen, auf Flüssen und

dem Meer) gemacht werden, das sich deutlich von ihrem Alltagsleben unterscheidet, in ihr normales

Leben transferieren?" (REINERS, 1993, S.10).

Alle Erfahrungen werden von jedem Individuum subjektiv erlebt und können von dem Erlebnispäda-

gogen nicht mit Gewissheit interpretiert werden. Es gibt also keine Er folgskontrollen, da ein Er folg

nicht überprüfbar ist.

Ebenso ist es schwierig, den Transfer in den Alltag nachzuweisen, da der Teilnehmer nach der Aktion

den Ort und die Nähe zum Pädagogen verlässt und evtl. Lerneffekte verborgen bleiben bzw. nicht

greifbar oder beobachtbar sind.

Das zentrale Problem des Transfers liegt nach BÜHLER in transferhemmenden oder -verhindernden

Aspekten. Er stellt in diesem Zusammenhang zunächst eine Diskrepanz zwischen der Lernsituation

bei kurzzeitpädagogischen Maßnahmen und der Anwendungssituation im Alltag fest. Das Lernen

während erlebnispädagogischer Aktivitäten findet in einem strukturierten überschaubaren Rahmen

statt, in einer von ihm sog. "Insellage", die die Außenbezüge und Umwelteinflüsse ausschließen (vgl.

BÜHLER zit. in HECKMAIR/MICHL, 1998, S.200). Auf diesen Aspekt wird in Kap. 1.5 näher

eingegangen. HECKMAIR/MICHL (1998) interpretieren diese Kritik eher als Missverständnis, da ihrer Meinung

nach unmittelbare erlebnispädagogische Erfahrungen real existent und konkret fassbar sind und

ebenso Auswirkungen auf das Handeln im Alltag haben. Ansonsten wären "nur Alltagserlebnisse für

einen Transfer in den Alltag geeignet" (S.200).

Ohne Zweifel lässt sich feststellen, dass der Aspekt des Transfers einen Schwachpunkt in der erleb-

nispädagogischen Arbeit ausmachen kann. Für die Teilnehmer ist oft der Sinn und Zweck eines

Transfers nicht vollständig nachvollziehbar, da er auf vielen ver schiedenen Ebenen des menschlichen

Bewusstseins verläuft: von der Anregung über die Einsicht bis hin zur Veränderung der eigenen Le-

benssituation. Der Erlebende soll die Erlebnisse zuerst reflektieren und auf sich wirken lassen, sie

dadurch einordnen und dann das Beste für sich persönlich daraus ziehen und in seinem Verhalten

umsetzen.

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Der Erlebnispädagoge trägt also eine große Verantwortung, indem er die Reflexion und den anschlie-

ßenden Transfer mit geeigneten Methoden und passenden Medien plant und anleitet. Der Vorgang des

Transfers muss individuell an jede Gruppe und Situation angepasst sein, um eine optimale Wirkung

zu erzielen.

HUFENUS (1993) ist der Ansicht, dass der Transfer nicht allein als etwas dem Erlebnis Folgendes

verstanden werden darf, sondern er muss auch während des erlebnispädagogischen Projektes perma-

nent geschehen (vgl. S.89). Er s tellt die für ihn wesentlichen Voraussetzungen eines wirkungsvollen

Transfers zusammen und ist der Meinung, dass der Transfer er folgreicher ist, wenn:

1. die Ziele mit dem Vorher und Nachher vernetzt sind; 2. der Transfer ein integrierter Teil des erlebnispädagogischen Prozesses ist; 3. die Lernerfahrungen an eindrückliche Erlebnisse und Metaphern gekoppelt sind; 4. das Programm einen initiatorischen Aspekt hat ('Point of no return '! (Unumkehrbarkeit)); 5. das Projekt möglichst viele lebenspraktische Elemente hat; 6. Lernerfahrungen mit zunehmenden Alltagsbezug wiederholt werden; 7. die Verarbeitung von Lernerlebnissen auch kognitiv erfolgt; 8. Leiterpersonen projektübergreifend begleiten; 9. die Erwartungen bezüglich Zielerreichung (bei allen Beteiligten) nicht zu hoch gesteckt

sind (ebd.).

Resümierend lässt sich sagen, dass der Transfer als fester Bestandteil in der Erlebnispädagogik nicht

abzustreiten ist, aber der Vorgang des Transfers verantwortungsbewusst gewählt und durchgeführt

werden muss, um seine Wirkung nicht zu ver fehlen.

1.3.7 Das Metaphorische Modell nach BACON

Ein für den anschließenden Praxisteil wichtiger Aspekt in der erlebnispädagogischen Arbeit ist das

'Metaphorische Modell' nach BACON (1998). An diesem Modell wird exemplarisch auf die

möglichen Wirkungen erlebnispädagogischer Aktionen eingegangen. Auf eine ausführliche

Beschreibung aller existierenden Wirkungsmodelle wird in dieser Arbeit verzichtet.

'Isomorphie' und 'Metaphorik' als neue Konzepte in der erlebnispädagogischen Arbeit gewannen in

den letzten Jahren mehr und mehr an Bedeutung (vgl. SCHWIERSCH, 1994, S.160). BACON als der

wichtigste Vertreter des Metaphorischen Modells stützt sich mit seinen Aussagen auf den schweizer

Psychiater und Tiefenpsychologen JUNG (1876-1961), der sich mit dem "kollektiven Unbewußten"

beschäftigte, "das sich z.B. in Mythen und Märchen manifestiert" (KNAUR, 1999, S.55/459).

Zunächst sollen die Begriffe erläutert werden:

'Isomorphie' bedeutet die "Formgleichheit zwischen der äußeren erlebnispädagogischen Situation, der

Aufgabe und ihrem Setting8 und innerpsychischen, gruppendynamischen Strukturen oder Lebens-

weltstrukturen der Teilnehmer/innen" (SCHWIERSCH in KÖLSCH, 1994, S.160). Der wesentliche

Unterschied zu Metaphern besteht darin, dass Isomorphien die Voraussetzung für Metaphern bilden,

und dass Metaphern Isomorphien erst bewusst machen und damit in ihrer Allgemeingültigkeit über

sie hinaus gehen.

"Metaphern sind mit symbolhafter Sprache beschriebene Bilder von Situationen und Geschehnissen,

die vergleichend auf andere Situationen übertragbar sind" (HUFENUS, 1993, S.93).

8 engl.: Ort, Umgebung, Lage

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BACON (1987) verzichtet in seinem Modell auf die Reflexion bzw. die Nachbesprechung, da seiner

Meinung nach isomorphe Situationen aus sich heraus pädagogisch wirken.

Eine verbale (oder anderweitig symbolisierte) Reflexion, die das Erlebnis zu einer in den Lebensbezug integrierbaren Erfahrung zu veredeln versuche, sei nicht unbedingt vonnöten, da die Symbolisierung bereits unbewusst im Tun vollzogen werde (SCHWIERSCH in KÖLSCH, 1994, S.160).

Seine Kritik bezieht sich auf die verbreitete Methode, "die Intensität des Augenblicks ebenso wie die

zermürbende Länge und Schwere einer Tour totzureden - in Ritualen, in denen die Selbstdarstel-

lungsmanie der Pädagogen Gelerntes wieder zerschlagen kann" (HECKMAIR/MICHL, 1998, S.54).

Nach BACON befinde sich der Teilnehmer während eines Kurses in zwei Realitäten gleichzeitig:

zum einen in der aktuellen Kursrealität, zum anderen - psychologisch gesehen - in der isomorphen

Alltagssituation. Bei strukturähnlichen Problemsituationen findet zuerst ein Transfer der alten Verhal-

tensmuster des Alltags in den Kurs hinein statt, nach neuer und erfolgreicher Lösung werden die

neuen Verhaltensstra tegien in die Alltagssituation übertragen.

Ein Beispiel: Im Idealfall erwirbt der Teilnehmer metaphorisch gesehen durch die Beherrschung der

Navigation mit Karte und Kompass auch die Fähigkeit, den rechten Lebensweg zu finden (vgl.

REINERS, 1995, S.65).

Um passende Isomorphien zu finden, ist auf verschiedene Aspekte zu achten, um Ziele und Erwar-

tungen erfüllen zu können. Zum einen ist es notwendig, die Situation geschlecht sspezifisch zu orien-

tieren, da "Abenteuer-Handeln in hohem Maße mit den klassischen Männerrollenstereotypen

isomorph ist" (SCHWIERSCH, 1994, S.164; vgl. Kap. 1.5). Der Pädagoge muss die Personen in der

Gruppe und den momentanen Stand der Gruppe sowie das Isomorphienpotential der jeweiligen

Aktion sehr gut kennen. Im Mittelpunkt steht daher die Berücksichtigung der verschiedenen

Interaktionsebenen und Verhaltensmuster. Doch trotz Einschätzung der Gruppe können Isomorphien

auch komplett konträr zur geplanten Wirkung verlaufen. So kann z.B. eine Aufgabe, die die

Gruppenkooperation fördern soll, tatsächlich egoistisches Verhalten fördern. Denn gerade die oft

ungeplanten 'Ränder' der erlebnispädagogischen Aktion können isomorph erlebt werden, z.B. beim

Klettern: 'Typisch, dass X sich vorgedrängelt hat' (vgl. ebd., S.163f).

Auch kann der Pädagoge durch seine nur vagen Einblicke in das soziale Umfeld der Teilnehmer mit

seinen konstruierten Isomorphien völlig daneben treffen. Er kann Gefahr laufen, sich an seinen

eigenen Projektionen zu orientieren und sein 'Klientel' mit Missdeutungen und Fehlinterpretationen zu

traktieren (vgl. HECKMAIR/MICHL, 1998, S.56). Der Lernraum sollte deshalb nicht durch die

isomorphe Situation determiniert sein, sondern so offen sein, dass die Teilnehmer ihre eigenen

Bezüge, Phantasien und Entwicklungsthemen einbringen können (vgl. Kap. 3.3.4).

Neben der Isomorphie und der Metapher s tehen nach BACON die Archetypen, deren genaue Dar-

stellung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. 9

9 Das Konzept der 'Archetypen' wurde von C.G. JUNG entwickelt. Der Begriff 'Archetype' ist

gleichbedeutend mit Urform, Urbild, Muster. J. behauptet, dass dieses best. Originalmuster in je-der menschl. Psyche reproduziert ist u. dass dadurch bestimmt wird, wie die Welt wahrgenommen u. erlebt wird (REINERS, 1995, S. 76f).

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1.4 Das Menschenbild in der Erlebnispädagogik

Für das Arbeiten im erlebnispädagogischen Bereich ist es wichtig, sich mit Menschenbildern ausein-

ander zu setzen und ein für sich gültiges zu bestimmen (vgl. Kap. 2.1). In diesem Kapitel wird allge-

mein ein Einblick in Menschenbilder innerhalb des erlebnispädagogischen Ansatzes gegeben, um die

grundsätzliche Einstellung der Erlebnispädagogik gegenüber dem Individuum deutlich zu machen.

Eine weitere Differenzierung findet in Kap. 2 .1 statt.

"Die Erlebnispädagogik bietet einer Reihe von Menschenbildern Platz, die sie von jeweils unter-

schiedlichen Standpunkten aus beurteilen", sagt (MICHL, 1995, S.212). Es wird damit auf die

Schwierigkeit aufmerksam gemacht, dass nicht nur ein einziges definierbares Menschenbild in der

Erlebnispädagogik existiert. Ein Menschenbild ist abhängig von vielen Aspekten, besonders der Per-

sonwahrnehmung. Man kann seine Wahrnehmung von Menschen an deren Problemen ausrichten,

oder man kann versuchen, ihre Ressourcen wahrzunehmen. Denn "wer die Probleme sucht, wird sie

finden, und er wird aufhören können, zu suchen: Er findet immer dasselbe. Wer die Ressour cen sucht,

wird seinen Blick verändern müssen. Und, er wird immer etwas Neues finden" (ebd., S.144f). Die

Orientierung an vorhandenen Ressour cen heißt also, an den Stärken der Person anzusetzen; es heißt

aber im tieferen Sinne auch, darauf zu vertrauen, dass sich ein Prozess einstellen wird, der das

Wachstum und die Entwicklung des Individuums fördert. Das dahinterstehende Menschenbild ist

humanistisch, d.h. man nimmt den Menschen so an, wie er ist und nimmt ihn mit seinen Stärken und

Schwächen wahr (vgl. ebd.). Das soll nicht heißen, dass jegliche Kritik zu vermeiden ist, denn durch

die kritische Auseinandersetzung mit der eigenen personalen und sozialen Identität formt und festigt

sich das Selbstkonzept.

Diese Auffassung impliziert, dass man den Menschen als Ganzes wahrnimmt. Das Prinzip der Ganz-

heitlichkeit ist ein wichtiges Element der Erlebnispädagogik (s. Kap. 1.3.1), das wiederum das

zugrunde liegende Menschenbild wiederspiegelt. "Hirn, Herz und Hand sind drei wesentliche und

durchaus ver schiedene Elemente eines Menschenbildes" (WEIS, 1994, S.49) und der handlungsorien-

tierten Erlebnispädagogik (vgl. Kap. 1.3.1).

Für die erlebnispädagogische Arbeit bedeutet das:

Je einseitiger ein Menschenbild ist, desto leichter sind gezielte einseitige Maßnahmen zu be-gründen und anzusetzen. Je umfassender und komplexer ein Menschenbild ist, desto umfa s-sender und komplexer müssen die entsprechenden Maßnahmen sein (WEIS, 1994, S.60).

REINERS (1995) geht davon aus, dass Menschen mehr Ressourcen und Kompetenzen haben, als sie

glauben (vgl. S.21). Die Erlebnispädagogik hat demnach die Aufgabe, von den vorhandenen Res-

sourcen und Kompetenzen auszugehen und dadurch den Teilnehmer davon zu überzeugen, dass er

weitere Fähigkeiten besitzt, die er bisher nicht wahrgenommen hat.

Wie und was erlebt wird, hängt also davon ab, inwiefern man sich und andere als ganzheitliche Men-

schen mit Leib, Geist und Seele sieht. "Und dazu brauchen wir wohl eine Pädagogik, die uns das

Erleben nicht verlernen lassen will, eine Erlebnispädagogik, die von einem ganzheitlichen Menschen-

bild ausgeht" (WEIS in WALSER, 1995, S.55).

In dem in Kapitel 3 dargestellten Projekt wurde der Aspekt eines ganzheitlichen Menschenbildes

besonders berücksichtigt.

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1.5 Kritische Anfragen an die Erlebnispädagogik

Es er scheint schwierig, in der aktuellen Literatur auch aktuelle Kritik zu finden, denn die Argumente

gegen die Erlebnispädagogik sind teilweise überholt. Der Meinung sind jedenfalls

HECKMAIR/MICHL (1998), doch sie sagen auch:

Ohne Zweifel gibt es ernstzunehmende Argumente gegen die Erlebnispädagogik, zudem birgt der erlebnispädagogische Ansatz in sich selbst zahlreiche Möglichkeiten zur Fehlentwicklung: von der Minimalpädagogik zum Mannbarkeitsritus, von der esoterischen Verschmelzung mit der Natur bis zum Leistungssport, der Natur zum Sportgerät reduziert (S .199). In dieser Aussage werden die wichtigsten Kritikpunkte genannt, die im Folgenden näher betrachtet

und im Hinblick auf die Ausführungen von HECKMAIR/MICHL kritisch durchleuchtet werden

sollen (vgl. Kap. 1.2.3).

1.5.1 Der Theoriedefizit

Kritiker der Erlebnispädagogik werfen ihr vor, dass sie eine "Minimalpädagogik" sei, in der das Han-

deln um seiner selbst willen geschehe (vgl. MICHL, 1995, S.205). Sie sei eine "Modeerscheinung aus

der Mottenkiste", die sich immer noch auf nationalsozialistische Inhaltsziele beziehen lasse, da eine

theoretische Basis für eine reflektierte Praxis fehle (vgl. BEDACHT/MANTLER in BEDACHT,

1994, S.119f).

BAUER nimmt mit seinen Aussagen Bezug auf FRITSCHI, der schon ähnliche Bedenken bzgl. einer

fundierten Theorie geäußert hat. Ihm "scheint häufig der Bezug, die Abstimmung zu fehlen zwischen

den Medien und den Lern-, Bildungs- und Entwicklungsfragen, die das jeweilige Klientel hat,

genauer eigentlich: das jeweilige Individuum" (BAUER, 1993b, S.33).

Dieser Kritikpunkt bezieht sich auch auf die fragwürdige Beschaffenheit der Erlebnisse, welche oft

mit "thrill"10, "action"11 und "sensation seeking"12 umschrieben werden und in keinem direkten

Zusammenhang zur Zielgruppe und ihrer spezifischen Situation stehen. Es wird in einigen

erlebnispädagogischen Aktionen zu schnell nach dem Erfolgreichen, Vordergründigen, Äußerlichen

und Berauschenden gesucht und weniger nach dem Inhaltlichen gefragt, dem eigentlich

Pädagogischen. Im Endeffekt kommen dabei dominant harte, aktionistische und spektakuläre

Erlebnisse heraus, in denen es nur noch um den persönlichen "Kick" geht. Wo bleibt das

Einfühlsame, das Behutsame, das Sensible, das Kreative und Phantasievolle, wonach Kinder und

Jugendliche fragen? (vgl. ebd., S .16). Die Erlebnispädagogik muss demnach mit dem Arrangieren von Erlebnissen sensibel umgehen.

1.5.2 Wie wirksam ist der Transfer?

Eine zweite kritische Anfrage richtet sich an die Wirksamkeit des Transfers auf den Alltag, besonders

bei erziehungsschwierigen Jugendlichen? Auf diesem Gebiet existieren keine stichhaltigen Beweise

und es liegen nur wenig empirische Untersuchungen vor (vgl. Kap. 1.3.6). Gerade in der Arbeit mit

Problemgruppen wird der Erlebnispädagogik oft eine Aufgabe zugeschrieben, die sie kaum erfüllen

10 engl.: aufregendes Erlebnis, Schauer, Beben, Sensation 11 engl.: Handlung, Tätigkeit 12 engl.: Sensationen begehren, nach Sinnesempfindungen streben.

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kann: "Kurzzeitpädagogische Maßnahmen vermögen in der Regel keine jahrelang gewachsenen Defi-

zite zu beseitigen!" (BEDACHT/MANTLER, 1994, S.123).

Dieser Aussage stellen HECKMAIR/MICHL (1998) die Ergebnisse einer empirischen Studie gegen-

über, bei der festgestellt wurde, dass fast die Hälfte der befragten ehemaligen Teilnehmer eines 'Out-

ward Bound Kurses' (vgl. Kap. 1.2.2) nach 8-23 Jahren rückblickend einen "ursächlichen Einfluß (...)

auf das eigene per sönlich-individuelle wie persönlich-soziale Verhalten" bestätigten. Daraus lässt sich

schließen, dass "kurzzeitpädagogische Kurse prinzipiell dazu in der Lage sind, die Persönlichkeits-

entwicklung der Probanden in nicht unerheblichem Maße zu fördern" (S.201).

Die Wirkung einer Maßnahme ist abhängig von dem Verlauf und der Transferfähigkeit der

Pädagogen und von der Transferleistung der jeweiligen Problemgruppe. Ist die Aktion wenig

isomorph mit der Situation der Teilnehmer, kann man auf keine langfristigen

Persönlichkeitsveränderungen hoffen (vgl. Kap. 1.3.7).

1.5.3 Geschlechtsspezifische Differenzierung

Unter dem geschlechtsspezifischen Blickwinkel stellt sich die Frage, ob "Inhalte, Ziele und Methoden

der Erlebnispädagogik sich nicht vorwiegend und unreflektiert an der männlichen Interessenlage und

Bedürfnisstruktur ausrichten und die Mädchen dabei wieder einmal das Nachsehen haben"

(HAUBENSCHILD/KRAUS, 1995, S.151).

LINDENTHAL (1993) trifft in der Erlebnispädagogik auf "ein von Männern besetztes Gebiet" (S.49).

Sie ist der Meinung, dass es in der erlebnispädagogischen Theorie an geschlechtsspezifischer Diffe-

renzierung fehle, besonders im Hinblick auf die unterschiedliche Sozialisation, z.B. dem Bezug zum

eigenen Körper, der Hygiene und der Sexualität. LINDENTHAL fordert gerade in diesem Bereich

eine deutliche Bezugnahme auf Mädchen, "denn die hier genannten Stichworte sind Brennpunkte, in

denen sich die Benachteiligung, Unterdrückung und Schädigung der Mädchen zeigt" (ebd., S.52).

BEDACHT/MANTLER (1994) sagen aus, dass die Erlebnispädagogik weder die klassische Rollen-

verteilung stabilisiert, noch die kritische Auseinandersetzung mit dieser fördert (vgl. S.120). Ein

Grund hierfür ist die noch immer herrschende Meinung, dass bei gleichen Zugangsbedingungen für

Jungen und Mädchen auch automatisch gleiche Chancen entstehen. Doch dabei wird die besondere

Situation von Mädchen in der Gesellschaft, ihre spezifischen Lebenslagen und Belange nicht

berücksichtigt. Eine unreflektierte Koedukation ist von daher nicht ausreichend, um den Bedürfnissen

der Mädchen in angemessener Weise gerecht zu werden (vgl. HAUBENSCHILD/KRAUS, 1995,

S.152). Diesen Schwachpunkt bekamen wir während der Durchführung des Projektes zu spüren, da

wir mit unserem erlebnispädagogisch orientierten Programm zumindest die Interessen einer

Jugendlichen nicht genügend berücksichtigen konnten (s. Kap. 3.4 .3).

Den Mädchen wird der Zugang zu erlebnispädagogischen Aktionen vielmals erschwert: zum einen

wird der Lernraum Wald oder Berg eher von Männern eingenommen, zum anderen dominieren bei

den Erlebnispädagogen weitgehend Männer, wodurch die Identifikationsmöglichkeit mit einer Frau

für die Mädchen fehlt. Die erlebnispädagogischen Aktivitäten wie Klettern, Wandern, Bergsteigen,

Kanufahren oder Orientierungslauf spielen sich in Bereichen ab, in denen Jungen traditionell stärker

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etabliert sind, demnach werden die Mädchen mit fremden Erfahrungen und Rollenwidersprüchen

konfrontiert; es gibt nun mal keinen weiblichen 'Winnetou '!

Ein weiteres Problem stellt die Körperlichkeit dar, die in der Jugend eine übergeordnete Rolle spielt

und die bei der Erlebnispädagogik häufig im Mittelpunkt steht, wie z.B. beim Anlegen des Kletter-

gurtes, bei Vertrauensübungen u.ä.. Das Körpergewicht wird für die anderen erfahrbar und oft wird

intensiver Körperkontakt hergestellt, z.B. beim Vertrauensfall in die Arme der Gruppe.

Die kritische Reflexion dieser geschlechtsspezifischen Aspekte hebt hervor, dass in der Erlebnispä-

dagogik entsprechende Rahmenbedingungen mit geschlechtsspezifischer Differenzierung geschaffen

werden müssen, damit die traditionellen Rollenzuschreibungen nicht verstärkt werden. Die Mädchen

müssen mit ihren speziellen Interessen und Bedürfnissen berücksichtigt werden, sofern sich diese

wirklich von denen der Jungen unter scheiden. Es sollen ihnen Chancen für neue Lern- und Entwick-

lungsmöglichkeiten geboten werden (vgl. HAUBENSCHILD/KRAUS, 1995, S.154ff). Es besteht

jedoch die Gefahr, die Mädchen durch diese besondere Berücksichtigung in die traditionell weibliche

Rolle hinein zu drängen, ohne ihre individuelle Per sönlichkeit zu beachten.

Planung, Durchführung und Reflexion erlebnispädagogischer Aktionen benötigen ein entsprechendes

Verantwortungsbewusstsein seitens der Pädagogen, die versuchen sollten, alle kritischen Aspekte

weitgehend auszuschalten. Ent scheidend ist die Auffassung, mit der der Pädagoge einer erlebnispä-

dagogischen Maßnahme und ihren Teilnehmern gegenübertritt. Ist man sich dieser Verantwortung

nicht bewusst, kann die Erlebnispädagogik leicht ihr Ziel verfehlen.

2 Menschen mit Behinderungen

In diesem Kapitel wird versucht, eine gewisse Vorstellung von Menschen mit Behinderungen zu

erlangen, um sich teilweise in ihre spezifische Lage hineinversetzten zu können. Dafür ist es notwen-

dig, den Begriff der 'Behinderung' zu analysieren und auf Probleme bei der Begriffsklärung aufmerk-

sam zu machen. Wichtig erscheint mir außerdem, dass ein für mich gültiges Menschenbild dargestellt

wird, welches als Grundlage für das in Kap. 3 beschriebene Projekt und dessen Auswertung ( s. Kap.

4) gesehen wird. Daraufhin wird auf die Lebenswirklichkeit der Menschen mit einer Behinderung mit

ihren Möglichkeiten und Grenzen näher eingegangen. Abschließend beschäftige ich mit den Erfah-

rungsmöglichkeiten anhand von Erlebnissen von Menschen mit Behinderungen, die anschließend in

Kap. 3 und Kap. 4 untersucht werden.

2.1 Der Begriff der 'Behinderung'

Der Umgang mit dem Begriff der 'Behinderung' soll in diesem Kapitel greifbar gemacht werden.

Dabei wird auf eine Differenzierung zwischen geistigen, körperlichen oder anderen Behinderungs-

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formen verzichtet, da meinem Verständnis nach eine solche Differenzierung eine Stigmatisierung13

verstärken würde. Es soll ein ganzheitliches Menschenbild jedem Menschen gegenüber aufgezeigt

werden, bei dem die Art der Behinderung oder die Art des 'Anders- seins' keine Rolle spielt. Für ein

besseres Verständnis des Begriffes 'Behinderung' und für die Darlegung der Entwicklungsgeschichte

wird der Behinderungsbegriff vorerst nach unterschiedlichen mittlerweile überholten Ansätzen erläu-

tert. Daraufhin wird der Blick auf eine ganzheitliche Sichtweise gelenkt, die die Basis für das für

mich gültige Menschenbild bildet.

2.1.1 Annäherung an den Begriff der 'Behinderung'

Ausgehend von defizitären - heute kritisch diskutierten - Definitionen des Begriffes 'Behinderung'

wird die unzureichende Sichtweise dargestellt, die den Menschen "zum bloßen Objekt von

Erklärungen" (SPECK, 1997, S.43) macht und ihn seiner Individualität und Einzigartigkeit beraubt.

In Definitionen werden oft die fehlenden Fähigkeiten eines Menschen in den Vordergrund gestellt,

und die vorhandenen Fähigkeiten geraten durch die negativen Umschreibungen und

diskriminierenden Bewertungen in den Hintergrund. Die Betonung liegt auf den Defiziten des

Menschen mit Behinderung. Ein Beispiel für diese eher negativ wertende Sichtweise ist eine der

ersten Definitionen in der Geistigbehindertenpädagogik von BACH aus den 70er Jahren, die besagt,

dass unter Behinderung im erziehungswissenschaftlichen Sinne eine individuale, objektiv feststellbare, prinzipiell komplexe, relative, prinzipiell mobile, unterschiedlich bedingte, umfängliche und schwere und langfristige Beeinträchtigung der Lernvoraussetzungen und Beeinträchtigung durch be-sondere Lernanforderungen bei Personen aller Altersstufen im Vergleich zur Regelgegeben-heit (BACH 1976, zit. in FORNEFELD, 1998a, S. 39).

zu verstehen ist. Bei der in dieser Definition deutlich werdenden eingeschränkten Sichtweise wird nur

ein Teilaspekt des Menschen betrachtet, der seiner Gesamtpersönlichkeit nicht gerecht wird.

Aus ähnlicher Sichtweise definiert der Ausschuss "Sonderpädagogik" des DEUTSCHEN

BILDUNGSRATES, bestehend aus bekannten Vertretern der Sonderpädagogik (BACH, BLEIDICK

u.a.) , den Begriff der 'Behinderung' (vgl. SANDER, 1990, S.78):

Als behindert im erziehungswissenschaftlichen Sinne gelten alle Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen, die in ihrem Lernen, im sozialen Verhalten, in der sprachlichen Kommunikation oder in den psychomotorischen Fähigkeiten so weit beeinträchtigt sind, daß ihre Teilhabe am Leben der Gesellschaft wesentlich erschwert ist. Deshalb bedürfen sie besonderer pädagogischer Förderung (DEUTSCHER BILDUNGSRAT, 1973, S.32).

Während bei BACH die Beeinträchtigungen an der für die Gesellschaft geltenden 'normalen'14 Ent-

wicklung, die als Maßstab für alle Menschen genommen wird, gemessen werden, bringt der

DEUTSCHE BILDUNGSRAT den Aspekt der Gesellschaft mit hinein. Doch Gesellschaft wird auch

im Sinne der von der Gesellschaft festgelegten Normen gesehen, die nach Anpassung verlangen.

13 Der Terminus 'Stigma' wird von GOFFMANN definiert: "Ein Individuum, das leicht in gewöhnli-

chen sozialen Verkehr hätte aufgenommen werden können, besitzt ein Merkmal, das sich der Aufmerksamkeit aufdrängen und das bewirken kann, dass wir uns bei der Begegnung mit diesem Individuum von ihm abwenden, wodurch der Anspruch, den seine anderen Eigenschaften an uns stellen, gebrochen wird. Es hat ein Stigma, d.h ., es ist in unerwünschter Weise anders, als wir es antizipiert hatten" (GOFFMANN zit. in SPECK, 1998, S.233).

14 'normal': regelgerecht, vorgeschrieben, allg. üblich, geistig gesund (KNAURS LEXIKON, 2000, S. 674).

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Doch da stellt sich die Frage: Was ist 'normal'? FORNEFELD (1998b) nimmt kritisch Stellung, indem

sie sagt, dass 'Behinderte' als nicht 'normal' erlebt werden, weil sie den bestehenden Erwartungen

nicht entsprechen und den Rahmen vertrauter Werte und Regeln familiärer, institutioneller wie gesell-

schaftlicher Art sprengen. 'Behinderung' wird mit etwas Fremdem verbunden, das im Kontrast steht

zum Eigenen, Vertrauten, zum Gewohnten, d.h. zu den eigenen Erfahrungen. Diese Befremdung

verunsichert, denn man ist von Normalitäts-Normen abhängig, die helfen, das eigene Leben und das

Zusammenleben mit anderen Menschen zu regeln. Es existieren für 'Behinderte' keine 'Ersatz-Werte',

mit denen Verunsicherungen überwunden werden könnten, also fühlt man sich diesem 'Fremden'

ausgeliefert (vgl. S.85f).

Die Beziehungsschwierigkeit zwischen Behinderten und Nichtbehinderten könnte durch die oben

genannten Aussagen erklärt werden. Die gestörte oder nicht vorhandene Beziehung stellt den wich-

tigsten Grund für die Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen durch Menschen ohne Behin-

derungen dar.

In den Blick muss der ganze Mensch als individuelle Persönlichkeit in Interaktion mit den Anforde-

rungen der Umwelt genommen werden, weniger die festgelegten äußerlichen Normen. Das führt zu

der pädagogischen Sichtweise von SPECK (1997), der 'Behinderung' vielmehr als einen komplexen

Begriff sieht, als ein Ergebnis aus verschiedenen Teilbegriffen:

• "aus einer organischen Schädigung (Zentralnervensystem),

• aus individuellen Persönlichkeitsfaktoren und

• aus sozialen Bedingungen und Einwirkungen" (S.40).

Erst das Zusammenwirken dieser Teilfaktoren ergibt den Behinderungsbegriff unserer Gesellschaft,

der mit Vorurteilen behaftet ist.

Wie SPECK bestätigen auch HEESE/SOLAROVA die These, dass Eigenschaften oder Merkmale, die

als Behinderung angesehen werden, abhängig von allgemeinen Wertsetzungen, Erwartungen, Ge-

wohnheiten einer Gesellschaft sind. Je nachdem, in welcher sozialen Umwelt ein Mensch lebt, wird er

als behindert (stark oder weniger stark) oder als nicht behindert angesehen (vgl.

HEESE/SOLAROVA, 1996, S.242). Das bedeutet, dass ein behinderter Mensch durch pathologische

Schwierigkeiten Anpassungsprobleme an die bestehenden Normen aufweist, wobei die

Anpassungsmerkmale von der Gesellschaft und dem individuellen Umfeld vorgegeben werden.

Die Suche nach einer allgemeinverbindlichen Definition von Behinderung erweist sich als hoff-

nungslos und auch sinnlos, denn die Behinderung als feststehendes Merkmal gibt es nicht. Auf diese

Schwierigkeit weist SPECK (1997) hin: Eine Definition bedeutet immer, etwas genau und endgültig

festzulegen; und eine Festlegung auf von der Gesellschaft abgewertete Merkmale bedeutet eine Stig-

matisierung (vgl. S.41).

Egal wie offen der Begriff 'Behinderung' definiert wird, er grenzt den Per sonenkreis immer ein und

provoziert bzw. festigt Stigmata. SPECK sagt auch, dass sich jeder Mensch immer in Veränderung

und Entwicklung befindet, ein feststehender Begriff bzw. eine Definition aber stillsteht und einer

individuellen Entwicklung keinen Raum lässt. Die Werte und Normen, also das 'Normale', werden zu

jeder Zeit beeinflusst und verändert, so dass das Bild über 'Behinderung' in der Gesellschaft und Wis-

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senschaft zum einen abhängig von den Lebensbedingungen der jeweiligen Zeit, und zum anderen

abhängig von den Einstellungen der Beobachter in der Gesellschaft ist . Die Begriffsbedeutung hängt

von der Person ab, die ihn verwendet. Durch eine wissenschaftliche Klärung des Begriffs können nur

Aussagen über den behinderten Menschen gemacht werden. Dem Beobachter fehlen die persönlichen

Erfahrungen mit einer geistigen Behinderung und dadurch können verfälschte Erkenntnisse gewonnen

werden. "Alle Aussagen nicht (. ..) behinderter Personen über den (. ..) behinderten Menschen sind

daher nur mit Vorbehalt adäquate Aussagen" (SPECK, 1997, S.43).

Die Darstellung der verschiedenen Ansätze macht deutlich, dass der Terminus 'Behinderung' sehr

komplex und vielschichtig ist, und dass "ohne Aufbereitung der individuellen Lebensgeschichte, des

aktuellen Handlungsniveaus in einem interaktionalen Kontext kein differenziertes Bild gewonnen

werden kann und keine subjektzentrierte Förderung" (THEUNISSEN, 1991, S.297) und pädagogische

Arbeit möglich ist. Auf eine Definition des Begriffes 'Behinderung' wird daher verzichtet.

2.1.2 Persönliches Menschenbild

Ich versuche, jedem Menschen offen und ohne Vorurteile gegenüberzutreten und ihn mit seinen Stär-

ken und Schwächen als individuelle Persönlichkeit zu respektieren. Das ist wohl eher Wunsch als

Wirklichkeit, denn jeder Mensch macht sich ein Bild von seinem Gegenüber und hin und wieder

schleichen sich Wertungen und festgelegte Menschenbilder ein. Ich bin davon überzeugt, dass man

seine Vorurteile auf ein Minimum reduzieren kann, wenn man erkennt, dass alle Menschen anders

sind. Die einen sind mir fremder als die anderen, und jeder Mensch hat seine ganz individuelle

Persönlichkeit. Und diese Persönlichkeit ist ein Ganzes, dass man nicht auf Teilbereiche, also z.B.

seine 'Behinderung', reduzieren darf (vgl. Kap. 2.1.1). Schließlich begegnet mir der Andere, wie

KLEINBACH sagt,

nicht als Mitmensch, als Freund, als Behinderter, als Unbekannter, als Kind, als Frau usw .; er begegnet mir als Anderer in seiner Eigenartigkeit und Einmaligkeit. Erst mein vernünftiges Denken über seinen Kopf hinweg macht ihn zu einem Exemplar irgendeiner Auch-Mensch-Gruppe (KLEINBACH zit. in FORNEFELD, 1998a, S.58).

Meine Meinung finde ich bei FORNEFELD bestätigt: "Die Andersheit des Anderen - ob behindert

oder nicht behindert - ist für uns letztlich nicht begreifbar" (1998, S.87). Ich bin bei einer Begegnung

dem Anderen fremd, bin also anders. Der Andere kann mich nicht vollständig verstehen, er muss

mich erst kennen lernen und meine Persönlichkeit erfassen, bevor er sich in mich hineinversetzen

kann. Auch HAEBERLIN (1985) hat sich intensiv mit dem Menschenbild beschäftigt und möchte das Ziel

der Entscheidung für die Werte der Würde und der Gleichheit aller Menschen erreichen (vgl. S .11).

Eine heilpädagogische Anthropologie darf sich nicht von einer umfassenden Anthropologie unterscheiden. Anders ausgedrückt: Wir haben uns dafür entschieden, daß für das behinderte Kind das gleiche Menschenbild Gültigkeit haben soll wie für uns selbst (ebd.).

Ich stimme HAEBERLIN insofern zu, dass die Gleichheit aller Menschen Grundlage unseres

Handelns sein sollte. Solange in unserer Gesellschaft Werte und Normen existieren, die sich

vordergründig an der Leistungsfähigkeit eines Menschen orientieren, wird eine Integration verhindert

und Randgruppen bleiben weiterhin isoliert.

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Ich versuche, jeden Menschen in seiner Ganzheit wahrzunehmen. Bei Menschen mit einer Behinde-

rung nehme ich den Menschen mit seinem Äußeren, seinen Emotionen, seiner Ausstrahlung, seiner

Behinderung u.v.a. wahr, aber nicht nur seine Behinderung. "Der Mensch hat nicht nur einen

behinderten Körper, eine behinderte Seele oder einen behinderten Geist, sondern der (. ..) Mensch ist

seine Behinderung" (FORNEFELD, 1998a, S.57). Sie gehört zu ihm, prägt ihn und macht -

zusammen mit allen anderen ihn bezeichnenden Eigenschaften - seine Identität aus. Dementsprechend

wichtig ist es, einen Menschen mit seiner Behinderung anzunehmen. Die Aussage des Schriftstellers

SAAL soll diese Auffassung unterst reichen:

Denn sich mit seiner Behinderung nicht abfinden, heißt eigentlich, den ganzen Menschen nicht zu wollen, weil das Eine nicht ohne das Andere zu haben ist . Wer mich, Fredi SAAL, will, muss meine Behinderung wollen (SAAL zit. in FORNEFELD, 1998b, S.87).

In der Phänomenologie, die vor rund 90 Jahren u.a. von HUSSERL begründet wurde, wird versucht,

einem Phänomen wertneutral und unvoreingenommen zu begegnen, um sich auf das Wesentliche und

Bedeutsame der Erscheinung zu konzentrieren. Ohne näher darauf eingehen zu wollen heißt das, dass

man die tatsächliche Lebenssituation von Menschen mit Behinderung kennen und ohne Vorurteile

wahrnehmen muss, um sie auch verstehen zu können. 15

Die oben genannten Auffassungen spiegeln das für mich gültige Menschenbild wieder und bilden die

Basis für mein Verständnis von der Mehrschichtigkeit von 'Behinderung'. Sie dienen somit als

Grundlage für das in Kap. 3 beschriebene Konzept des Projektes 'Abenteuerland'.

2.2 Die Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderungen Um sich eine Vorstellung von dem Leben mit einer Behinderung zu machen, möchte ich die Lebens-

wirklichkeit von Menschen mit Behinderungen näher ergründen.

Menschen mit Behinderungen leben in derselben Umwelt wie Nichtbehinderte, nur dass ihre Umwelt

im weiteren Sinne durch wenig Freiraum und die Suche nach Orientierung und Identität gekenn-

zeichnet ist. Trotz vieler Übereinstimmungen gestaltet sich ihre Lebenswirklichkeit anders als die von

Menschen ohne Behinderungen. Elementare und existentielle Bedürfnisse stehen oftmals im Vorder-

grund, aber genauso auch Bedürfnisse nach Gemeinschaft, Akzeptanz, Selbstbestimmung, Kommu-

nikation, Freundschaft und Liebe.

Bei den folgenden Aspekten der Lebenswirklichkeiten von Menschen mit einer Behinderung ist zu

berücksichtigen, dass es sich um von außen wahrgenommene Erfahrungen und Erlebnisse handelt, die

nur Vermutungen und Interpretationen zulassen. Wegen einer individuelleren Darstellung wird auf

die Auswertung empirisch gesicherter Daten verzichtet.

15 vgl. Phänomenologisch orientierte Begriffsbeschreibung nach PFEFFER, auf die ich wegen des

großen Umfangs nicht ausführlich eingehen kann und an dieser Stelle auf die Literatur verweise: PFEFFER, WILHELM: Handlungstheoretische orientierte Beschreibung geistiger Behinderung.

In: Geistige Behinderung (2/1984), S. 101-111; PFEFFER, WILHELM: Förderung schwer geistig Behinderter. Eine Grundlegung. Würzburg 1988

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2.2.1 Das gesellschaftliche Umfeld

Menschen mit befremdlichem Verhalten fallen in der Gesellschaft auf und werden von ihrem Umfeld

etikettiert. SPECK (1997) hat folgende Thesen zur Stellung des Menschen mit Behinderung in der

Welt aufgestellt:

1. Das Leben des Menschen mit (. ..) Behinderung wird durch ein außerordentliches Maß an unmittelbarer und permanenter Abhängigkeit bestimmt.

2. (. ..) Behinderung ruft mitmenschliches Helfen hervor. 3. Lebenshilfe für (. ..) behinderte Menschen ist auf die Erschließung und Wahrung von Au-

tonomie im Gefüge sozialer Integration gerichtet (S.63).

Doch das Gefüge sozialer Integration sieht oft anders aus. Wenn ein Mensch sich nicht den gesell-

schaftlichen Normen anpassen kann, wird er von außen mit einem negativen Wert belastet, er erhält

ein Stigma. Er wird in vielen Situationen gesellschaftlich isoliert und sozial abgewertet; seine

'Auffälligkeit' steht im Mittelpunkt sozialer Interaktionen. Sein wahres Ich, seine

Gesamtpersönlichkeit, gerät in den Hintergrund und wird einer gewissen Kategorie zugeteilt, nach der

er mit Richtlinien und Förderprogrammen konfrontiert wird. Seine Mitbestimmung wird in vielen

Situationen nicht beachtet, erst gar nicht für möglich gehalten. Er wird in Einrichtungen 'behandelt',

abgeschirmt von der Gesellschaft, geht in Sonderschulen und bleibt als Person seinem Umfeld fremd.

Gewiss hat sich in den letzten Jahren schon viel in unserer Gesellschaft in Richtung Integration

verändert, wie z.B. die schulische Integration, die Einrichtung von Rampen und Aufzügen in

Kaufhäusern und anderen öffentlichen Gebäuden sowie das Ausbauen eines rollstuhlgeeigneten

Verkehrssystems. Doch in den Köpfen der Menschen fehlt es oft an ihrer theoretischen und

praktischen Umsetzung. 2.2.2 Die Fremdbestimmung

Fremdbestimmung äußert sich in Überbehütung, erlernter Hilflosigkeit (s. Kap. 2.2.3) oder auch in

sozialer Abhängigkeit (s. Kap. 2.2.4). Es ist sehr schwierig, die Balance zwischen tatsächlich er for-

derlicher Hilfe und der Einschränkung selbstständiger Handlungsfähigkeit des behinderten Menschen

zu halten. Das Leben von Menschen mit Behinderungen ist, wie unser aller Leben wohl auch, ganz

ohne Fremdbestimmung kaum möglich. Doch Menschen ohne Behinderungen verfügen oftmals über

geeignetere Möglichkeiten, ihre eigenen Ziele zu verfolgen und individuelle Ansichten zu vertreten.

Oft wird über den Kopf eines Menschen mit einer Behinderung hinw eg entschieden, bzw. Wünsche

und Entscheidungen werden nicht ernst genommen. Ein derartiges Verhalten einem Menschen mit

Behinderung gegenüber ist nicht berechtigt, denn Menschen mit Behinderungen sind oft in der Lage,

Probleme auch ohne die Hilfe anderer zu bewältigen.

Als Folge von Fremdbestimmung durch andere Menschen hat der behinderte Mensch große Schwie-

rigkeiten, seine eigene Persönlichkeit mit individuellen Interessen, Wünschen und Fähigkeiten au f-

zubauen. Durch die bewusste Lenkung von außen lernt er nicht, wie er sich in die Gesellschaft integ-

rieren kann und 'schwimmt im Strom des Lebens mit, ohne seinen Kurs zu bestimmen'.

2.2.3 Die "Erlernte Hilflosigkeit"

SELIGMANN (1986) beschreibt die Folgen einer mangelnden Autonomieentwicklung von Menschen

mit Behinderungen in seiner Theorie über die "erlernte Hilflosigkeit" wie folgt: "Menschen, die die

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Erfahrung der Unkontrollierbarkeit machen, erleben ihr Handeln als sinnlos und reagieren häufiger

als andere mit Apathie, Rückzug, Hilflosigkeit oder gar schweren Depressionen" (SELIGMANN zit.

in THEUNISSEN, 1995, S.198).

Menschen mit Behinderungen erfahren von klein auf, dass sie dieses und jenes nicht können und es

wird ihnen geholfen, ohne dass sie nach Hilfe verlangen. Diese Hilflosigkeit brennt sich in ihr Be-

wusstsein ein und wird als selbstverständlich angenommen. Sie verlieren den Mut und das Interesse,

eigenständig besonders auch in schwierigen Situationen zu handeln. Sie erkennen, dass alles leichter

und bequemer ist, wenn sie sich helfen lassen, doch dadurch werden ihnen Erfolgserlebnisse vorent-

halten. Ihr Lernraum ist eingeschränkt, da sie wenige Gelegenheiten zum selbstständigen

Ausprobieren und Lernen aus Versuch und Irrtum haben. Ihnen fehlt es an Erfahrungsmöglichkeiten,

aus denen Erkenntnisse wachsen könnten (vgl. Kap. 2.3).

Nach SPECK kann Helfen "zu einer Institution und zu einem Mechanismus werden, der den abhän-

gigen Menschen noch stärker bindet und seine Identität bedroht" (SPECK, 1990, S.68). Der Mensch

mit Behinderung wird dadurch entmündigt und verlernt es, sich selbst zu helfen. Das Problem hat

seine Ursache einerseits bei dem Hilfeempfänger, der die Hilfe unreflektiert und willenlos annimmt,

andererseits bei dem Helfer und seiner Absicht, dem sog. 'Helfer-Syndrom'. Es fehlt eine gewisse

Gegenseitigkeit in der Beziehung, und eine latente narzisstische Bedürftigkeit nach Anerkennung,

Selbstdarstellung und Überlegenheit sowie eine indirekte Aggression des Helfers ist zu beobachten

(vgl. SPECK, 1990, S.69).

Der Mensch mit Behinderung stellt fest, dass er eine gewisse Situation nicht beeinflussen kann und

stellt seine bisherigen Verhaltensweisen ein. Sie werden als wirkungslos interpretiert und

Hilflosigkeit wird p rovoziert.

Dadurch suchen gerade Menschen mit Behinderungen in ihrer Umwelt Schutz bei hilfegebenden

Menschen und zeigen nur sehr zurückhaltend Eigeninitiative. Aus diesen Mechanismen entwickelt

sich ein eingeschliffenes Verhaltensmuster, das zum 'Teufelskreis' für das Leben des Behinderten

werden kann. Er verliert sein Vertrauen in seine Fähigkeiten und gibt Verantwortung an seine

Bezugsper sonen weiter, um nicht mit Problemen konfrontiert zu werden.

2.2.4 Die soziale Abhängigkeit

Jeder Mensch befindet sich in den ersten Monaten und Jahren seines Lebens in völliger Abhängigkeit.

Ziel der Erziehung sollte sein, diese Abhängigkeit abzubauen und zur Selbstständigkeit hinzuführen.

Doch der Spielraum selbstständigen Handelns ist für ein Kind mit einer Behinderung oft so klein,

dass eine soziale Abhängigkeit wirksam bleibt, abhängig von der Schwere der Behinderung.

Behinderte Menschen können oft von sich aus nur wenig aktiv zur Gestaltung ihrer Lebensumwelt

beitragen, und "in ihrer Machtlosigkeit und Isoliertheit sind sie gegebenenfalls der 'sozialen

Vereitelung' ihres Lebens ausgesetzt. Dieses Gehindertsein an der Verwirklichung der elementaren

Lebensbedürfnisse kann in ihnen zerstörerische Tendenzen auslösen (Aggressionen, Auto-

Aggressionen)" (SPECK, 1990, S.64). Doch nicht nur Menschen mit Behinderungen sind an die Mitmenschlichkeit anderer ausgeliefert,

denn jeder Mensch ist auf andere angewiesen. Wir sind alle in gewissem Maße angewiesen auf

soziale Beziehungen, allerdings erreicht dieses Angewiesensein beim Behinderten ein extremes

Ausmaß.

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Extreme soziale Abhängigkeit bedeutet nach BACH (1991), dass "eine selbstständige Lebensführung

und insbesondere die Selbstbesorgung umfänglich, d.h. durchgängig hinsichtlich vieler Funktionen in

vielen Bereichen und Situationen, längerfristig, d.h. nicht nur vorübergehend, und schwerwiegend,

d.h. extrem vom Regelbereich abweichend, eingeschränkt ist" (S.8).

Diese Abhängigkeit wirkt stigmatisierend und etikettierend und droht schließlich, das Selbstvertrauen

zu zerstören (vgl. SPECK; 1990, S.64).

Abhängigkeit entsteht einerseits durch die Behinderung, aber auch durch das soziale Umfeld, das den

Menschen in eine Abhängigkeit drängt. Er wird in seinem Lebensraum eingeschränkt.

Abhängigkeit wird zu einer Erfahrung, die den ganzen Alltag ein Leben lang bestimmt, ob es sich um die tägliche Verrichtung zur Versorgung der eigenen Person (Kleider, Toilette, Er-nährung, Körperpflege), zur Gestaltung des engeren, privaten Interessenfeldes, um die Kommunikation nach außen, die Beweglichkeit im Außenbereich einschließlich des Ange-wiesen-seins auf andere bei möglichen Gefährdungen oder in geistiger Hinsicht um die Ver-mittlung von Lebensinhalten und akzeptierenden Bestätigungen des eigenen Daseins handelt (SPECK, 1990, S.64).

Selbstverständlich existieren ganz erhebliche individuelle Unterschiede, und viele Menschen mit

Behinderung meistern relativ selbstständig ihren Alltag. In geringem Maße bleibt jedoch eine gewisse

Abhängigkeit bestehen.

2.2.5 Das Normalisierungsprinzip

NIRJE spricht von der dreifachen Behinderung, die Behinderung des Individuums, die von außen

gegebene oder erworbene Behinderung durch das soziale Umfeld und das eigene Bewusstsein, be-

hindert zu sein. Diese drei Behinderungen sind voneinander abhängig, aber die zweite, die "Last der

Behinderung, die durch soziale Vernachlässigung oder Unzulänglichkeiten entsteht" (NIRJE, 1994,

S.176), liegt in der Hand der Gesellschaft und des sozialen Umfelds und kann vollständig aufgehoben

werden. Es geht also um die Normalisierung der Lebensbedingungen von Behinderten.

Doch was bedeutet Normalisierung konkret für Menschen mit Behinderungen? Eine Antwort findet

man in dem Normalisierungsprinzip nach NIRJE:

Das Normalisierungsprinzip beinhaltet, allen Menschen mit (. ..) Behinderung Lebensmuster und Alltagsbedingungen zugänglich zu machen, die den üblichen Bedingungen und Lebens-arten der Gesellschaft soweit als möglich entsprechen (1994, S.177).

Im folgenden werden die wichtigsten Forderungen des Normalisierungsprinzips dargestellt, die

NIRJE in acht Bestandteile einteilt:

1. Ein normaler Tagesablauf, mit den Möglichkeiten des Alleinseins, der Geselligkeit, der Beschäf-

tigung und einer geteilten Verantwortung.

2. Ein normaler Wochenablauf, mit angemessener Wohnstätte zum Leben, einer regelmäßigen Be-

schäftigung und Freizeit mit zwischenmenschlichen Beziehungen.

3. Ein normaler Jahresablauf, mit der Möglichkeit zu verreisen, Besuche zu machen, Feste zu feiern

und Traditionen nachzugehen.

4. Normaler Lebenslauf mit altersentsprechenden Erfahrungen in Kindheit, Jugend und Erw achs e-

nenalter.

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5. Normaler Respekt bedeutet, den stillen Wünschen oder den Ausdrücken der Selbstbestimmung

behinderter Menschen Verständnis und Berücksichtigung entgegen kommen zu lassen.

6. Angemessener Kontakt zum anderen Geschlecht.

7. Normaler Lebensstandard mit angemessener materieller Ausstattung.

8. Normale Umweltbedingungen im Lebensraum, wie z.B. eine Wohnstätte von angemessener Größe

und integrativer Lage mit zwischenmenschlichen, nachbarlichen Beziehungen (vgl. ebd., S.177ff) .

Ziel des Normalisierungsprinzips sollte sein, dem behinderten Menschen einen Ausweg aus der Hilf-

losigkeit und der sozialen Abhängigkeit zu zeigen. Dabei ist darauf zu achten, dass zu viele geplante,

äußere Einflüsse beim Normalisierungsversuch wiederum zu Abhängigkeit und mangelnder Selbstbe-

stimmung führen können; es soll vielmehr eine relative Selbstständigkeit und persönliche

Zufriedenheit in geschützter Umgebung angestrebt werden. Normalisierung ist nicht nur ein Prinzip,

sondern beinhaltet moralische, politische und pädagogische Aspekte. Die Verwirklichung ist von

Bedingungen abhängig, die das gesamte Zusammenleben und die darin geltende Wertordnung

umfassen (vgl. SPECK, 1998, S.411ff).

In den Forderungen des Normalisierungsprinzips liegt eine große Chance für Menschen mit einer

Behinderung, sich aus vorgefertigten und festgefahrenen Verhaltensweisen und Lebensbedingungen

zu lösen. Eine pädagogische Begleitung in den acht genannten Bereichen sollte dabei gewährleistet

werden. Diese Begleitung soll dem Behinderten helfen, sich neu zu orientieren, Kraft für neue

Aktionen und Erfahrungen zu schöpfen und sein Leben so selbstständig wie möglich zu gestalten. Es

sollte eine Atmosphäre der Gleichberechtigung entstehen, wozu genaue Beobachtungen, viel

Motivation und Mühe seitens der Eltern und anderer Bezugsper sonen sowie des Betroffenen nötig

sind.

2.3 Der Weg vom Erlebnis zur Erfahrung bei Menschen mit Behinde-rungen Die grundlegende Bedeutung der Begriffe 'Erlebnis' und 'Erfahrung' wurde bereits in Kap. 1.1.1

erklärt . In diesem Kapitel wird ausgehend von dem theoretischen Hintergrund und von der

Lebenswirklichkeit (Kap. 2.2) von Menschen mit Behinderung über die Bedeutung von Erlebnissen

für diese Personengruppe nachgedacht. Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern gebotene

Erlebnismöglichkeiten zu Erfahrungen werden und die Lebenswirklichkeit positiv beeinflussen

können. Menschen mit Behinderungen leben in einer sozialen Umwelt, die sich durch einen begrenzten Er-

fahrungsraum auszeichnet. Besonders für Menschen, die mit weitgehender Fremdbestimmung in

sozialer Abhängigkeit leben, mangelt es an authentischen Erlebnissen (vgl. Kap. 2.2.2, 2.2.4). Sie

leben in einem Alltag, "der weithin durch mehr oberflächliche Kommunikation, Unverbindlichkeit

und fehlende Gelegenheiten, authentisch Neues zu erobern und für sich und durch sich zu entdecken,

gekennzeichnet ist" (SPECK, 1995b, S.144). Die Menschen sind ihrer Umwelt ausgesetzt und haben

wenig Einfluss auf ihre Lebensumstände, die sich oft durch Erfahrungsarmut, Nüchternheit und

Lieblosigkeit auszeichnen (vgl. GÜNZBURG, 1990, S.155).

Wie in der Begriffsklärung in Kap.1.1.1 verdeutlicht wurde, stellt 'Erleben' ein menschliches Grund-

phänomen dar, das jedem Menschen gegeben ist, ganz individuell gestaltet wird und zur vitalen

Grundausstattung seit Lebensbeginn gehört. Es gibt keine zu erfüllenden Mindestvoraussetzungen im

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Bewusstsein eines Menschen für das Erleben, sondern lediglich grundlegende Bedingungen und intra-

individuelle Merkmale, die verschiedene Erlebnisweisen implizieren, dem komplexen Phänomen eine

ganz subjektive Zeichnung verleihen und sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich verwirklichen.

Der Mensch ist befähigt zum Erleben und zwar in allem, was er tut und läßt, was ihm begegnet oder sich von ihm abwendet. Jegliche Lebensveränderung an und um ihn wird nicht nur wahrgenommen, möglicherweise bedacht und kommentiert, sondern auch erlebt. Die einzelnen Lebensmomente graben sich in den Menschen ein und formen so seine Person wie seine Geschichte. Damit ist der Mensch nicht nur an die Umwelt gebunden und dem sich einstellenden Erleben häufig sogar ausgeliefert; vielmehr ist er auch in der Lage, sein Erleben und die sich daraus ergebenden Befindlichkeiten durch entsprechendes Arrangement seiner Umwelt wie seiner Innenwelt zu zeigen, zu verändern und letztlich zu gestalten. Dies wird ihm nicht immer gelingen, vor allem dann nicht, wenn er sich unveränderbaren Gegebenheiten seines Lebens ausgesetzt fühlt - wie bei einer vorliegenden Behinderung (FISCHER, 1992, S.112). Folglich muss die Umwelt von Menschen mit Behinderungen Erlebnismöglichkeiten bereitstellen, die

ergriffen werden können. Durch Eindrücke und Sinneswahrnehmungen wird die Umwelt erfasst,

deshalb muss sie reich an ausbeutungsfähigen Sinneseindrücken sein, um dieses Erfassen auch Men-

schen mit Behinderungen zu ermöglichen. "Die Umwelt wird durch das erkannt, w as der Person am

nächsten ist, was gefühlt, gehört, gerochen, gesehen werden kann und mit dem Geschmackssinn

erfaßt wird" (GÜNZBURG, 1990, S.156f). Erleben ist also nicht nur 'Privatsache' der jeweiligen

Person, sondern in großem Maße durch die Welt und die soziale Umwelt mit konstituiert.

Erlebnismöglichkeiten können jedoch nur bereitgestellt werden. Ob eine Situation oder ein Ereignis

dadurch auch wirklich zu einem Erlebnis für die Person wird, ist nicht mehr kontrollierbar und bleibt

dem Individuum überlassen. Ein Erlebnis kann demnach nicht vorausgeplant werden, denn es ist

immer subjektiv und nicht auf andere übertragbar. Wird jedoch eine Situation als Erlebnis

empfunden, kann daraus eine Erfahrung werden (vgl. Kap. 1.1.1). Auf Erfahrungen kann man

zurückgreifen, sie bleiben im Gedächtnis und man kann sie auf andere, ähnliche Situationen

übertragen. Wie und in welcher Weise erleben nun Menschen mit Behinderungen, wann werden von ihnen Er-

fahrungen gemacht und wie kann dadurch ihre Lebenssituation positiv beeinflusst werden?

Bei Menschen mit Behinderungen (wie auch bei Menschen ohne Behinderungen) kann das Erleben

durch viele verschiedene Faktoren beeinflusst sein: Zum einen durch die Behinderung, personal,

sozial, motorisch oder kognitiv, zum anderen durch das Selbst- und Fremdbild (vgl. Kap. 2.2). Es

erweist sich als schwierig, dem 'Erleben' von Menschen mit Behinderungen auf die Spur zu kommen

und ein Gesamtbild zu zeichnen. Einer seits ist das Phänomen durch viele Momente wie

Wahrnehmung, Leiblichkeit, kognitive Verarbeitung, Gefühle usw . bedingt, die in einer

undurchsichtigen Ganzheit existieren und die z.B. in der Erlebnispädagogik aufgefangen werden

können, durch die Erfahrungsräume bereitgestellt werden. Andererseits liegt die Schwierigkeit in der

Subjektivität des Erlebens, denn jeder Mensch erlebt anders, so dass allgemeingültige und pauschale

Aussagen über das Erleben von Menschen mit Behinderungen mit Einschränkung zu behandeln sind.

Es wird deutlich, dass Menschen mit Behinderungen über eigene individuell bedeutsame Erlebniswei-

sen verfügen, die wir lernen müssen, richtig zu deuten. Durch pädagogisches Handeln können Erleb-

nisse dahingehend verändert werden, dass sie den Horizont erweitern und aus der Isolation zur Welt

führen. Sie können ein positives Welt- und Selbsterleben ermöglichen und zu einer positiven Ent-

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wicklung des Selbst beitragen. Die Erlebnisse sollen demnach nicht willkürlich konstruiert sein, son-

dern in direktem Bezug zum Leben der Menschen stehen (vgl. Kap. 1.3.7).

Erleben ist jedem Menschen mit und ohne Behinderungen als grundlegende Daseinsweise gegeben.

Inwieweit und in welchem Maße das Erleben dieser Menschen negativ, beeinträchtigt oder beein-

trächtigend ist, wie dieses Erleben qualitativ und quantitativ gestaltet ist, kann nicht allgemeingültig

geklärt und beantwortet werden, sondern ist der Deutung und dem Versuch der jeweiligen Bezugs-

person aufgegeben. Dabei muss die Tatsache Berücksichtigung finden, dass die Erlebnisweise nicht

ausschließlich durch individuelle Merkmale geprägt und damit subjektive Variable ist, sondern viel-

mehr in der intersubjektiven Lebenswirklichkeit (vgl. Kap. 2.2) und der Mitverantwortlichkeit von

pädagogischen Mitarbeitern und sonstigen Umweltbedingungen begründet liegt. Eine erlebnisreiche

Umwelt muss so konzipiert sein, "dass sie durch die Einwirkung auf die Sinne ein Ahnen hervorrufen

kann, dass sie durch Kontrastreichhaltigkeit Neugierde erregen kann [und] dass sie durch vielfältige

Details zum nächsten Schritt leiten kann" (GÜNZBURG, 1990, S.162). Durch das Erfahren der Um-

welt gewinnt diese an Bedeutung und wird zu einer Beziehung. Durch das Eröffnen von Erlebnisräu-

men mit Abenteuercharakter kann die Bereitschaft angeregt werden, sich mit neuen Situationen aktiv

auseinander zu setzen. Zugleich sollen dadurch physische und psychische Grenzen erweitert sowie

der Sinn für das Ästhetische entfaltet werden. Durch das Einnehmen fremder Rollen werden

Erfahrungen in ungewohnten neuen Bereichen gemacht. An diesen Erfahrungen wird gelernt, bzw. sie

helfen dem Individuum, sich weiterzuentwickeln, Selbstvertrauen zu entwickeln und Angst

abzubauen. Soziales Lernen sowie die Erfahrung von Stärke- und Schwächeerlebnissen führen zu

einer realistischen Selbsteinschätzung (vgl. THEUNISSEN, 1995, S.200f). Es werden Räume

erschlossen, die den Menschen im Alltag nicht geöffnet sind, die dort vielleicht nicht einmal

existieren. Festgefahrenes Verhalten kann reflektiert werden; die Reflexion kann zu Einsichten und

Verhaltensänderungen führen. Durch die explizite und geschützte Auseinandersetzung mit

Problemlösungsaufgaben können eigenständige Motivation und Selbstständigkeit entstehen. Denn

erst die Sicherheit im sozialen Umfeld ermöglicht, "Bezug zur (. ..) Welt aufzunehmen und

Angstsituationen schließlich zu überwinden" (PFEFFER, 1988, S.234). Gemeinsames Erleben

verleiht Objekten, Beziehungen und dem eigenen Leben eine 'tiefere' Bedeutung und ermutigt zum

"Wagnis des Sich-ein-lassens mit den fremden Dingen" (ebd., S.235). Somit kann eine Fixierung auf

Gegenstände und ein Verhaftetbleiben in Stereotypien, die die verlorene Sicherheit im sozialen Bezug

kompensieren, aufgegeben werden. Dann erst wird "das Erleben von Neuem vom Boden des

Vertrauten aus" (ebd., S.230) möglich. Dieser Überblick über die theoretischen Grundlagen für das im folgenden Kapitel beschriebene

Projekt hat Einsicht in die Theorie der Erlebnispädagogik, sowie in die Lebens- und

Erlebenswirklichkeit von Menschen mit einer Behinderung gegeben. Diese Aspekte sollen im

praktisch orientierten Teil verknüpft werden.

Innerhalb des folgenden Projektes ist es ein Anliegen, Erlebnismöglichkeiten zu bieten und Erfah-

rungsräume zu schaffen. Ziele und methodische Prinzipien erlebnispädagogischer Maßnahmen (s.

Kap. 3.3.1, 3.3.2) orientieren sich an der Verbesserung und Erweiterung der individuellen

Lebenswirklichkeiten und werden hier nicht zusätzlich erwähnt.

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In der Auswertung des Praxisprojektes (s. Kap. 4) werde ich intensiver auf die Frage nach der Ein-

flussmöglichkeit von Erlebnissen auf den Erfahrungsraum von Menschen mit Behinderungen und auf

die Beeinflussung ihrer Lebenswirklichkeit eingehen und veranschaulichende Beispiele nennen.

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Teil II: Praxis

3 'Abenteuerland!'

Eine erlebnispädagogisch orientierte Stadtranderholung mit geistig- und körperbehinderten

Jugendlichen

Zum ersten Mal wird eine Ferienfreizeit mit dem Schwerpunkt erlebnispädagogischer Aktivitäten der

LEBENSHILFE KÖLN E.V. angeboten, bei der entdeckendes Lernen, Wahrnehmen und Erleben im

Vordergrund stehen sollen.

3.1 Die wissenschaftliche Forschungsmethode

Bevor der praktische Teil der Arbeit vorgestellt wird, soll die angewandte wissenschaftliche For-

schungsmethode skizziert werden. Auf einzelne Probleme und Grenzen des wissenschaftlichen Vor-

gehens soll hingewiesen werden.

Empirie ist eine auf Erfahrung basierende Erkenntnis. Diese empirische Arbeit gelangt zu ihren Er-

gebnissen aufgrund des Erwerbs von Erkenntnissen aus den während der Durchführung und

Reflexion des Projekts 'Abenteuerland' gewonnenen Erfahrungen. Dazu wird die qualitative

Sozialforschung als empirische Forschungsmethode herangezogen, speziell die teilnehmende

Beobachtung. 3.1.1 Qualitative Sozialforschung

Grundlegend für den qualitativen Forschungsansatz ist "das Verständnis von menschlichem Handeln

als einem intentional gerichteten, sozial koordinierten, von subjektiven Wissens- und

Motivkomplexen regulierten, die soziale Wirklichkeit 'schaffenden' Prozess" (STIMMER, 2000,

S.161). Diese besonderen Qualitäten des menschlichen Handelns und Erlebens sowie "der daraus

resultierenden Charakter von sozialer Wirklichkeit" (ebd.) lassen sich durch die qualitative

Sozialforschung erfassen, indem die subjektive Sicht der Handelnden auf ihr Handlungsfeld

exploriert, nachvollzogen und in ihrer Regelhaftigkeit systematisiert wird (vgl. ebd.). Es liegt also ein

interaktionistisches Handlungs- und Forschungsverständnis zu Grunde.

Der Forschungsprozess beginnt ohne eine ausgearbeitete Hypothesenstruktur oder Theorie über den

zu untersuchenden Forschungsinhalt. "Umgekehrt wird versucht, ausgehend von unmittelbaren Erfah-

rungen im Untersuchungsbereich und unter Anknüpfung an dort alltagsweltlich bereits vorhandene

Vorstellungen zu Systematisierungen, Typisierungen, Modellbildungen und Verallgemeinerungen zu

kommen" (ebd.).

Forschungsziel ist nicht die Erfassung und Verarbeitung von Daten, sondern das Nachvollziehen

"individueller und/oder kollektiver Motivlagen, Deutungsmuster und Weltbilder selbst" (ebd.).

Bei der Betrachtung des theoriegeschichtlichen Hintergrunds der qualitativen Verfahren der Sozial-

forschung stößt man auf viele Einflüsse, u.a. auf die Hermeneutik. Nach SCHLEIERMACHER

(1768-1834) und DILTHEY (1833-1922) (vgl. Kap. 1.1.1, 1.2.1) ist die Hermeneutik als eine "Kunst-

lehre des Verstehens" (MAYRING, 1999, S.5) zu sehen. Es wird davon ausgegangen, dass alles vom

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Menschen Hervorgebrachte mit subjektiver Bedeutung und Sinn verbunden ist, so dass die rein äußer-

liche Analyse keinen Aufschluss über das Innerliche geben kann. Das Verstehen und Deuten ist die

Methode, die die Geisteswissenschaften erfüllt, die alle geisteswissenschaftlichen Wahrheiten in sich

enthält und die an jedem Punkt eine Welt öffnet (vgl. DILTHEY zit. in MAYRING, 1999, S.5). Um

Verstehen zu können, muss sich der Forscher auf den Untersuchungsgegenstand einlassen und ihn in

seinem Sinnzusammenhang begreifen. Er muss sich seines Vorverständnisses, seiner Werte und even-

tueller Vorurteile bewusst sein, durch die seine Interpretation beeinflusst wird (vgl. MAYRING,

1999, S.18).

Der "hermeneutische Zirkel" (aufgestellt durch DANNER 1979) beinhaltet diesen Aspekt, da das

Vorverständnis des Analytikers immer die Analyse des sozialwissenschaftlichen Gegenstandes prägt.

Somit muss das Vorverständnis vorher offengelegt und schrittweise an dem Gegenstand weiterentwi-

ckelt werden, um der Forderung der Objektivität gerecht zu werden und anderen dieses Verstehen

nachvollziehbar zu machen (vgl. MAYRING, 1999, S.18).

Weitere relevante Einflüsse auf die qualitative Sozialforschung werden an dieser Stelle nur angeführt:

Phänomenologie, Symbolischer Interaktionismus, Epistemologisches Subjektmodell, Radikaler Kon-

struktivismus, Systemtheorie (ausführlicher bei STIMMER, 2000, S.162f).

3.1.2 Die teilnehmende Beobachtu ng

Der in dieser Arbeit durchgeführte Untersuchungsansatz basiert auf der teilnehmenden Beobachtung.

Die teilnehmende Beobachtung als "klassische Form der Datenbildung im Rahmen qualitativer Ver-

fahren" (STIMMER, 2000, S.164) hat das Ziel, die "Sinnstrukturen der Feldsubjekte situativ zu er-

schließen" (LAMNEK, 1998, S.239). Über diese Technik wird die größtmögliche Nähe zum Unter-

suchungsgegenstand erreicht. Das maßgebliche Kennzeichen der teilnehmenden Beobachtung ist der

Einsatz in der natürlichen Lebensumwelt der Untersuchungspersonen, wobei der Sozialforscher als

Beobachter am Alltagsleben der ihn interessierenden Personen und Gruppen teilnimmt (vgl. ebd.,

S.240).

Sie wird oft in schwer zugänglichen Feldern praktiziert (Heim, Psychiatrie o.ä.), in denen das Fremd-

sein des Beobachtungsgegenstands als Voraussetzung und Methode der Beobachtung gesehen wird

(vgl. ebd., S.243). Dabei ist zu beachten, dass sich der Beobachter "von mitgebrachten Hypothesen,

Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten sowie von tiefsitzenden kulturellen und moralischen Vor-

behalten zumindest auf Zeit befreien muss, um einen unverstellten Zugang gewinnen zu können"

(STIMMER, 2000, S.164). Hier liegt die Schwierigkeit eines objektiven natürlichen Verhaltens und

Beobachtens, wie ich es selbst während meiner Position als Beobachter feststellen konnte. Allzu

schnell schleichen sich festgelegte Verhaltenserwartungen und subjektive Verhaltensdeutungen in die

Beobachtung mit ein.

Die teilnehmende Beobachtung als qualitative Methode kann durch folgende Aussagen beschrieben

werden:

• Sie ist unstrukturiert, weil vorab kein Beobachtungsschema entwickelt ist.

• Sie erfolgt in der direkten Interaktion im sozialen Feld.

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• Sie ist of fen und f lexibel, da sich die Gegenstände und Perspektiven der Beobachtung erst in der

Beobachtung im sozialen Feld entwickeln.

• Sie ist natürlich und authentisch, weil sie im sozialen Feld stattfindet (keine Laborsituation).

• Sie basiert auf kommunikativen Kontakten.

• Sie kann Kommunikation nur sinnvoll durchleuchten, wenn die gemachten Aussagen und Verhal-

tensweisen so interpretiert werden, dass sie versteh- und nachvollziehbar sind (vgl. LAMNEK,

1998, S.263).

Meine spezielle Beobachtungsrolle während der Stadtranderholung (vgl. Kap. 3.4; 3.5) ist durch die

vollständige Teilnahme im sozialen Feld gekennzeichnet, da ich als Mitarbeiterin in das gesamte

Geschehen mit einbezogen bin. "Wegen der völligen Identifikation mit dem sozialen Feld ist die teil-

nehmende Beobachtung verdeckt, denn schließlich nimmt der Beobachter Rollen ein, die im Feld

alltäglich vorgesehen sind" (ebd.). Den anderen Mitarbeitern ist meine Position allerdings bekannt,

den Teilnehmern nicht. Ich bin 'echtes' Mitglied der Gemeinschaft und habe dadurch direkten und

intensiven Kontakt zu den Teilnehmern. Es ist mir in Anteilen möglich, mich in ihre Lage zu

versetzen, ihre Perspektive zu übernehmen und damit ihre Lebensumwelt verstehen zu lernen.

Es existiert im Vorfeld dieser qualitativen, unstrukturierten teilnehmenden Beobachtung kein ausge-

arbeitetes Beobachtungsschema, d.h. die Theorieentwicklung und -überprüfung geschieht während

der eigentlichen Untersuchung im sozialen Feld. "Da die soziologisch-theoretische Position eine

verstehende ist, kommt es nicht nur darauf an, das Handeln zu beobachten, sondern es durch partielle

Identifikation mit dem Betroffenen zu verstehen. Deshalb gibt es kein Beobachtungsschema" (ebd.,

S.309f). Meine Aufzeichnungen erfolgen jeweils nach der Beobachtung in Form von Tagesprotokollen (s.

Anhang i-xii ). Für meinen Rückblick und Ausblick mit die Fragestellung auswertenden Aspekten,

die ich in Kapitel 4 darstelle, ziehe ich die von mir erstellten Tagesprotokolle hinzu. Ich

berücksichtige jedoch auch ergänzende Informationen von Eltern und Mitarbeitern und weitere

Erkenntnisse, die bei der intensiven Auseinandersetzung entstanden sind. Ich möchte auf die Problematik hinweisen, die sich hinsichtlich einer wissenschaftlichen

Untersuchung und Auswertung des P rojektes ergibt. Die Beobachtungen können nur selektiv beurteilt

werden, da ich mich während der Aktionen in der Teilnehmerrolle befinde und somit immer nur

einige Beobachtungsaspekte von vielen aufgreifen kann. Durch die Identifikation mit dem Feld ist

eine objektive Beobachtung schwer realisierbar. Die gewonnenen Ergebnisse werden somit trotz

Beachtung wissenschaftlicher Kriterien eher subjektiv dargestellt und können nicht allgemeingültig

auf andere Vergleichsgruppen übertragen werden. Dies entspricht einem individuellen, positiv-

konstruktivistischen Menschenbild. Ziel der Untersuchung kann deshalb nur sein, eine kritische

Bewertung und Reflexion des P rojektes in Bezug auf die Erfahrungsmöglichkeiten und die mögliche

Beeinflussung der Lebenswirklichkeit des Personenkreises aufzuzeigen, die jedoch Anstöße zum

Denken und Handeln geben kann und soll.

3.2 Die Rahmenbedingungen für die Stadtranderholung In diesem Kapitel werden alle Rahmenbedingungen vorgestellt, die die Voraussetzung für die erfolg-

reiche Durchführung darstellen. Im ersten Teil wird die LEBENSHILFE KÖLN e.V. als Träger des

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Projektes vorgestellt. Anschließend werden die Örtlichkeiten und die Umgebung der Stadtranderho-

lung beschrieben. Im Weiteren werden die Mitarbeiter und Teilnehmer des Projektes vorgestellt. Für

einen besseren Lesefluss verwende ich in den Ausarbeitungen das Präsens.

3.2.1 Der Verein LEBENSHILFE FÜR MENSCHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG KÖLN e.V.

Die LEBENSHILFE FÜR MENSCHEN MIT GEISTIGER BEHINDERUNG e.V. wird in Deutsch-

land und auf internationaler Ebene vertreten durch die Bundesvereinigung der Lebenshilfe. Sechzehn

Landesverbände und mehr als 500 Orts- und Kreisvereinigungen in Städten und Gemeinden über-

nehmen die Lebenshilfeaufgaben auf Landesebene und die Interessenvertretung gegenüber der Lan-

despolitik. Die erste Ortsvereinigung Deutschlands wurde in Köln am 23.02.1959 von Eltern und

Freunden von Menschen mit geistigen Behinderungen gegründet (z.Z. ca. 600 Mitglieder) und wurde

dabei von Fachleuten unterstützt. Parteipolitisch und konfessionell unabhängig, versteht sich die

LEBENSHILFE als Selbsthilfeorganisation von geistig behinderten Menschen, Eltern und

Fachleuten. Auf deren partner schaftlichem Verhältnis wird besonderer Wert gelegt (vgl.

Grundsatzprogramm der LEBENSHILFE, 2000).

Der 'Jule-Club' ist die Jugendabteilung der LEBENSHILFE KÖLN e.V. Er wurde 1990 gegründet

und möchte für Kinder und Jugendliche mit geistigen Behinderungen ein Angebot schaffen, das ihnen

die Möglichkeit gibt, ihre freie Zeit neben Schule bzw. Werkstatt sinnvoll zu gestalten. Dieses ist

häufig nur mit Unterstützung möglich, z.B. durch die Begleitung auf dem Weg zu Veranstaltungen,

die praktische Anleitung während der Freizeitgestaltung, lebenspraktische Hilfen, die Unterstützung

ihrer Kommunikationsmöglichkeiten et c.

Im Folgenden wird auf das Konzept des 'Jule-Clubs' näher eingegangen, da es Grundlage für die

Durchführung der Stadtranderholung ist und auch meine persönliche Auffassung von sinnvoller

Freizeitgestaltung widerspiegelt:

Wie Nichtbehinderte haben auch Kinder und Jugendliche mit Behinderungen ein Recht darauf, sich in

ihrer Freizeit passiv und ohne Zwänge und Verpflichtungen zu verhalten (z.B. Faulenzen, Musik

hören etc. ). Sie können jedoch ihre Zeit auch aktiv gestalten, wobei ihnen aufgrund ihrer besonderen

Eigenschaften einige Grenzen gesetzt sind. Aufgrund dieser Grenzen benötigen sie Hilfe und

Unterstützung, um ihre Freizeit ihren Bedürfnissen entsprechend gestalten zu können. Dabei muss

immer im Vordergrund der Überlegungen stehen, dass die freie Zeit dem Menschen mit Behinderung

gehört. "Er s teht im Mittelpunkt aller Bemühungen nicht als Betreuungsobjekt der Nichtbehinderten,

sondern als einer, der diese Zeit als eine frohmachende leben und erleben möchte und als eine

existenzerweiternde erfahren soll" (vgl. ZIELNIOK/SCHMIDT-THIMME, 1990).

Bei rechtzeitiger Erziehung zum Umgang mit Freizeit kann diese auch von Menschen mit

Behinderung zunehmend selbst gestaltet werden. Ein entsprechendes Freizeitangebot ist notwendig,

um zu aktiver F reizeitgestaltung hinzuführen, die eine wichtige Hilfe zur Persönlichkeitsentwicklung

geistig behindertet Kinder und Jugendlicher bedeuten kann (vgl. Grundsatzprogramm der

LEBENSHILFE, 2000).

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Die Aufgaben und Ziele des 'Jule-Clubs' sind u.a. die soziale Integration, die Schaffung von Hilfen

zur Selbsthilfe, die Förderung der Selbstständigkeit und Selbstbestimmung sowie die Förderung des

individuellen kreativen Ausdrucks.

Raum für Erholung und Entspannung spielt eine wichtige Rolle. Kinder und Jugendliche mit Behin-

derungen, die in der Regel eine Ganztagsschule (Schule für Körper- oder Geistigbehinderte) oder eine

Werkstatt für Behinderte besuchen, verbringen einen Großteil des Tages in einer Gruppe mit anderen

und sind dadurch in besonderem Maße Lärm und Unruhe ausgesetzt. Bedingt durch die Schulferien

entstehen für die Schüler lange freie Zeiten, die mit einem entsprechendem Angebot gestaltet werden

können. Die Freizeitgestaltung sollte frei von jeglichem Druck sein und sich nach den Wünschen,

Interessen und Bedürfnissen dieser Menschen richten, da bereits in Schulen und Werkstät ten ein ge-

wisser Leistungsdruck erkennbar ist. Freude und Spaß an den Aktivitäten stehen im Vordergrund

jeden Freizeitvorhabens. Freizeit als Raum für Erholung und Entspannung setzt Impulse zur

Weiterentwicklung der gesamten Persönlichkeit.

Erholung und Entspannung schließen Lernen und Weiterbildung nicht aus. Dabei sollen

Weiterbildung und Lernen nicht nur im klassischen Sinne verstanden werden, sondern bei

Erfahrungen im sozialen Bereich oder bei der Förderung lebenspraktischer Fertigkeiten beginnen.

Ein wichtiger Aspekt ist die Weiterentwicklung der Selbständigkeit . Die Freizeitangebote sollen die

lebenspraktische Eigenständigkeit der Kinder und Jugendlichen fördern und ihr Selbstwertgefühl und

ihre Eigenverantwortung stärken. Durch die aktive Mitgestaltung der Freizeitangebote soll eine ge-

wisse Handlungsbereitschaft und -fähigkeit entwickelt werden, um die individuelle Lebenssituation

durch persönliche Maßnahmen zu bewältigen.

Dies kann durch die Förderung der Kreativität geschehen, denn Kinder und Jugendliche mit geistigen

Behinderungen verfügen über gute kreative Fähigkeiten, die oft leider nicht als solche erkannt oder

verstanden werden. In der Freizeit ist es wichtig, genug Raum für Phantasie und für die Entwicklung

eigener Vorstellungen zu lassen und die Produkte als Ergebnisse ihres individuellen schöpferischen

Denkens und Handelns zu akzeptieren. Das erleichtert den Umgang mit der Umwelt und fördert eine

intensivere Auseinandersetzung mit ihr.

Die Kommunikation bildet eine wichtige Grundlage für jede Beziehung und steht deshalb bei der

Freizeitgestaltung im Mittelpunkt. Neben gemeinsamen Aktivitäten bietet die gestaltete Freizeit

Raum, Erfahrungen miteinander zu machen, sich über diese auszutauschen, Beziehungen aufzubauen

und Freundschaften einzugehen. Bedürfnisse und Ängste können besprochen und somit verarbeitet

werden. Diese Offenheit und die Fähigkeit zu sozialem Verhalten müssen langsam aufgebaut werden,

damit sie innerhalb einer Gruppe entwickelt und außerhalb der Gruppe gefestigt werden können.

Durch aktive Kommunikationsfähigkeit wird die Beteiligung und das Engagement in der Gruppe

ermöglicht. Die Freizeitaktivitäten werden mit allen Teilnehmern gemeinsam geplant.

Außerdem soll das Erlernen, Üben und Anwenden spezieller Fähigkeiten und Fertigkeiten Teil des

Freizeitangebots sein. Dazu gehören klassische Weiterbildungselemente in Form von Kursen, z.B.

Tanzen, Theaterspielen, Musizieren. Die Förderung in diesen Bereichen stärkt das Selbstbewusstsein

und das Selbstvertrauen.

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Ein weiteres wichtiges Ziel, das durch die Freizeitangebote des 'Jule-Clubs' verfolgt wird, ist die In-

tegration in die Gesellschaft. Es wird hier als das aufeinander Zugehen von Kindern und Jugendli-

chen mit und ohne Behinderungen verstanden. Ziel ist es, Berührungsängste und Unsicherheiten auf

beiden Seiten abzubauen, um ein Miteinander zu ermöglichen. Dafür müssen Gruppenerfahrungen

gemacht und Kontakte geknüpft werden; diese Erfahrungen sind wichtig für die Entwicklung der

Gesamtpersönlichkeit (vgl. OVERBECK, 1999).

Das Angebot des 'Jule-Clubs' für Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre besteht aus verschiedenen

Ferienfreizeiten als Stadtranderholung oder als Reise, aus dezentralen Freizeitgruppen unterschiedli-

chen Alters, und aus 'Jule-Tagen' mit kreativen Tages- oder Wochenendangeboten, z.B. Segeln,

Wandern, Musizieren usw. (vgl. OVERBECK, 1999).

3.2.2 Äußere Rahmenbedingungen der Stadtranderholung

Für die Stadtranderholung "Abenteuerland" werden vom 25.04. bis 29.04.2000 Räumlichkeiten des

Familienforums Vogelsang gemietet. Die Maßnahme findet täglich von 9.00-16.00 Uhr statt. Die

Teilnehmer werden morgens zu Hause vom Fahrdienst abgeholt und am Nachmittag zurückgebracht.

Die verschiedenen Räume werden nach unterschiedlichen Themen gestaltet (vgl. Kap. 3.4.1). Ein

Ruhe- und Schlafraum wird mit Matratzen, Polstern und Tüchern sowie einer Hängematte

ausgestattet. Im Speiseraum wird ein Tisch- und Stuhlkreis gebildet. Im Bastelraum werden alle

vorhandenen Materialien untergebracht. In der Turnhalle werden unter Nutzung des

Aufforderungscharakters großer Bälle, Taue, Kästen, Matten, Bänke usw. viele Bewegungs- und

Erfahrungsmöglichkeiten geboten. Der Teambesprechungsraum wird mit persönlichen Materialien

eingerichtet. Das "Highlight" ist allerdings das "Space-Reisebüro", das im Zusammenhang der

Rahmengeschichte eine wichtige Bedeutung erlangt (vgl. Kap. 3.3.3; 3.4). Zwei Toiletten mit einem

Pflegeraum und eine gut ausgestattete Küche sind ebenfalls vorhanden. Neben den Räumlichkeiten

kann eine am Haus angrenzende Wiese genutzt und zu einem großen Teil in die Aktionen einbezogen

werden. In einem kleinen Waldgebiet mit einem See soll ein Großteil der Aktivitäten stattfinden. Des

Weiteren stehen zwei Kleinbusse zur Verfügung, mit denen ein Ausflug zum Waldspielplatz Die-

peschrather-Mühle unternommen werden soll.

3.2.3 Das Mitarbeiter -Team

Für die Planung, Betreuung und Begleitung des P rogramms der Stadtranderholung "Abenteuerland"

sind acht Mitarbeiter zuständig. Die Leitung übernimmt der Sozialpädagoge Norbert, der bei der

Lebenshilfe für den gesamten 'Jule-Club' (vgl. Kap.3.2 .1) zuständig ist. Die Mitarbeiter Micha, Chris-

sie, Markus S., Markus D., Stefan und ich (Michaela) sind Studenten der Sonder- oder Sozialpädago-

gik und haben bereits vielseitige Erfahrungen im Umgang mit Menschen mit Behinderungen gesam-

melt. Außerdem besitzen einige von ihnen theoretische und praktische Vorerfahrungen im Bereich

der Erlebnispädagogik und kennen sich mit den er forderlichen Sicherungstechniken aus. Viele sind

schon seit mehreren Jahren freie Mitarbeiter der LEBENSHILFE KÖLN e.V. oder arbeiten für den

FeD. Mit zum Team gehören außerdem Andreas, der momentan als Zivildienstleistender bei der Le-

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benshilfe tätig ist, und Stephan, der sich als Betreuer des Teilnehmers Frank im speziellen um seine

Pflege kümmert.

Grundsätzlich ist je ein Mitarbeiter für den ersten Kontakt mit einer Familie oder einem Teilnehmer

verantwortlich. Dieser holt vor Beginn der Stadtranderholung durch ein telefonisches Gespräch bzw.

durch einen Hausbesuch den Fragebogen ergänzende Informationen über den Teilnehmer ein. Es

werden Kleingruppen gebildet, die sich um wesentliche Betreuungsaspekte kümmern, z.B. Körper-

pflege, Nahrungsaufnahme, Versorgung mit Medikamenten. Das jeweilige Tagesprogramm wird

jeweils von zwei bis drei Mitarbeitern vorbereitet und mit Hilfe aller durchgeführt. Am Abend nach

Beendigung des Programms bleibt Zeit zur Reflexion und Diskussion.

3.2.4 Vorstellung der Teilnehmer

An der Stadtranderholung "Abenteuerland" nehmen 12 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter

von 12 bis 20 Jahren teil. Die Gruppe stellt sich als sehr heterogen dar; das macht die Vorbereitungen

umfangreicher, aber auch interessanter. Jedes Individuum bringt seine ganz spezifischen Bedürfnisse

und seine Persönlichkeit mit in die Gruppe. Im Folgenden werden alle Teilnehmer kurz vorgestellt,

damit ein genaueres Bild der Gruppenzusammensetzung deutlich wird. Dabei werden die

Jugendlichen aus meiner subjektiven Sicht beschrieben. Auf spezielle Hilfsmittel und Besonderheiten

wird nur teilweise eingegangen.

DANIEL ist mit 12 Jahren der jüngste Teilnehmer. Er kann seine Bedürfnisse und Gefühle sehr offen

ausdrücken, ist sehr begeisterungsfähig und gerne mit vielen Menschen zusammen. Er hat einen auf-

geschlossenen Charakter und strahlt viel Freude, Fröhlichkeit und Motivation aus. Er bewegt sich im

Rollstuhl mit fremder Hilfe fort .

FRANK, 15 Jahre alt, nimmt schon lange an Freizeitaktivitäten des 'Jule-Clubs' teil. Er nimmt viel

aus seiner Umwelt wahr und ist gerne 'mitten im Geschehen'. Er ist sehr begeisterungsfähig und kann

seinen Unmut und seine F reude durch Weinen oder Lachen deutlich machen. In der Schule und in

seiner Freizeit wird er von seinem festen Begleiter Stephan betreut, der ihn schon lange kennt und

auch bei der Stadtranderholung anwesend ist. Dieser übernimmt die Pflege von Frank und ermöglicht

uns, Franks Kommunikation besser zu verstehen. Franks Hilfsmittel ist ein Rollstuhl, in dem er sich

mit fremder Hilfe fortbewegt.

LISA ist 15 Jahre alt und ein sehr lebhaftes Mädchen. Sie macht ihre Bedürfnisse und Emotionen

durch verbale Hinweise deutlich und setzt fast immer ihre Wünsche durch. Sie nimmt aktiv an allen

Angeboten teil, benötigt allerdings viel Aufmerksamkeit, die sie verbal oder durch provokatives

Verhalten einfordert. Sie zeigt ein ausgeprägtes Sozialverhalten und bietet oft ihre Hilfe an. In einigen

Momenten zieht sie sich zurück und beschäftigt sich allein.

CHRISTOPH ist ebenfalls 15 Jahre alt. Er zeigt ein großes sportliches Interesse und einen über-

durchschnittlichen Ehrgeiz in seinen Leistungen. Er kann wegen seines Perfektionismus nur bedingt

auf andere Rücksicht nehmen und geht gerne seinen eigenen Weg. Er äußert Kritik und Wünsche und

bringt konkrete Ideen in die Planung und Durchführung der Aktivitäten mit ein.

THOMAS ist 17 Jahre alt. Er macht Bedürfnisse und Emotionen durch Laute und durch Rufen deut-

lich. Man muss ihn wegen seines teilweise unkontrollierten Verhaltens ständig im Blick haben, und er

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braucht eine durch eine bekannte Bezugsper son vorgegebene Struktur, an der er sich orientieren kann.

Er reagiert auf Ereignisse manchmal sehr emotional, was seinen unverwechselbaren Charakter au s-

macht. Wenn man sich mit viel Geduld und Wärme auf ihn einlässt , kann man seine Kommunikation

gut verstehen. Er hat großen Spaß in der Gruppe, braucht aber auch Zeit für sich.

NICLAS ist 17 Jahre alt. Er versteht äußerst komplizierte Sinnzusammenhänge gut und kann sie an-

deren erklären. Er macht seine Meinung und Stimmung und seine konkreten Erwartungen deutlich

und äußert konstruktive Kritik. Er ist ernsthaft bei der Sache und immer auf der Suche nach neuen

Herausforderungen.

TINA, 18 Jahre alt, ist sehr unternehmungslustig und aktiv und sucht gerne Gemeinschaft in der

Gruppe. Sie zeigt ihre Bedürfnisse und ihre Stimmung sehr deutlich; teilweise ist sie sehr anhänglich,

und teilweise zieht sich sich zurück. Sie bietet ihre Hilfe an und kümmert sich liebevoll um die

anderen Teilnehmer. Großen Spaß hat sie an Aktivitäten im Freien, Tanzen zu schwungvoller Musik

und Flirten mit Jungen.

MANUELA ist ebenfalls 18 Jahre alt. Sie hat schon an zahlreichen Freizeiten und

Stadtranderholungen teilgenommen und ich kenne sie seit einigen Jahren aus dem FeD. Sie

beobachtet vieles, was in ihrer Umgebung geschieht. Sie benötigt Ruhephasen am Mittag und ist am

Nachmittag oft erschöpft. Wir versuchen, ihre Bedürfnisse und Wünsche zu erkennen, das gestaltet

sich jedoch oft schwierig. Sie bewegt sich mit fremder Hilfe im Rollstuhl fort und kann kleinere

Distanzen auch zu Fuß mit f remder Hilfe zurücklegen.

HARDY ist 19 Jahre alt und zeigt ein eher lebhaftes Verhalten. Oft wiederholt er Wünsche oder Be-

merkungen immer wieder und stellt viele Fragen, um sich mit Sachverhalten auseinander zu setzen

und sie zu verstehen. Er zeigt bei Aktionen oft ein passives Verhalten, und wird erst nach

Aufforderung aktiv. An der Kommunikation in der Gruppe ist er sehr aktiv beteiligt.

ROLAND ist 19 Jahre alt. Er ist schnell zu begeistern und hat seine freudigen Reaktionen manchmal

vor Übermut kaum unter Kontrolle. Spaß hat er an phantastischen Geschichten, und er wirkt durch

seine eigene Phantasie aktivierend auf die anderen Teilnehmer. Er möchte alles ausprobieren und

bemüht sich dabei sehr.

HEIKE ist 20 Jahre alt und zeigt ein stark zurückgezogenes unsicheres Verhalten. Sie macht ihre

Wünsche erst nach mehrmaligem Auffordern bzw. nach beruhigendem Zureden und näherem Kennen

lernen der ungewohnten Situation deutlich. Sie mag keinen Lärm, kein Durcheinander und keinen

Schmutz und zieht sich deshalb aus Gruppenaktivitäten schnell zurück.

BORIS ist 20 Jahre alt und ist sehr selbstständig in seinem Verhalten. Er überschätzt sich allerdings

schnell, und möchte Schwächen nicht gerne eingestehen. Er zeigt ein positives Sozialverhalten und

tauscht sich gerne mit anderen aus, besonders über seine Arbeitsstelle als Koch. Er wird gerne in der

Natur und bei neuen Herausforderungen aktiv und zeigt ein großes Engagement in der Gruppe. Er

hilft den anderen Teilnehmern und auch dem Team und baut per sönliche Beziehungen auf.

3.3 Die Planung des Projektes "Abenteuerland" In diesem Kapitel soll ein Einblick in Zielsetzungen (Kap. 3.3.1) und methodische Prinzipien (Kap.

3.3.2) gegeben werden, auf welche die Projektplanung basiert. Sie orientieren sich an den Aspekten

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der Erlebnispädagogik (vgl. Kap. 1.3; 1.4), der Sonderpädagogik (vgl. Kap. 2.3) und der

LEBENSHILFE KÖLN e.V. (vgl. Kap. 3.2.1). Sie gehen auch aus den Diskussionen während der

Vorbereitungstreffen (vgl. Kap.3.3.3; 3.3.4) hervor, welche anschließend beschrieben werden.

3.3.1 Unsere Ziele - Oder: Was uns wicht ig ist!

Durch die in Kap .1.3 genannten Merkmale und Elemente erlebnispädagogischer Aktionen wird die

Vielzahl der möglichen Zielsetzungen deutlich. In dieser Arbeit werden die umfangreichen Ziele

nicht vollständig dargestellt, vielmehr werden hier die für das Projekt relevanten Zielsetzungen

genannt. Grundlegend ist darauf hinzuweisen, dass ausgewählte Ziele nicht nur von der

Organisationsstruktur und den Rahmenbedingungen (Verein, Ort, Umgebung, Material,

Fachkompetenz der Mitarbeiter), sondern auch von der Zielgruppe und deren individuellen

Voraussetzungen (Alter, Geschlecht, Entwicklungsstand, Interessen) bzw. den sozio-kulturellen

Bedingungen (Wohnsituation, Schule, Beschäftigung) abhängig sind (vgl. REINERS, 1995, S.31).

Bei der folgenden Aufteilung in grundlegende und spezielle Ziele soll das Prinzip der

Ganzheitlichkeit nicht aufgehoben werden und spielt auch bei der Umsetzung eine wichtige Rolle.

Voraussetzung ist der Versuch, möglichst viele verschiedene Ziele des emotionalen, sozialen,

kognitiven und motorischen Bereichs innerhalb einer Aktion zu integrieren.

Grundlegende Zielsetzung

Die grundlegenden Zielsetzungen stellen die Basis und Grundhaltung dar, an der wir uns vor und

während des Projektes orientieren. Es besteht noch kein konkreter Bezug zu den Inhalten des

Projektes, vielmehr stehen die Teilnehmer mit ihren Bedürfnissen im Mittelpunkt.

Das Projekt soll:

• die Teilnehmer auf ihrem Weg zur Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung unterstützen.

• Abhängigkeiten abbauen und zunehmende Unabhängigkeit ermöglichen.

• die Kommunikation zwischen den Teilnehmern bzw. den Teilnehmern und Mitarbeitern anregen.

• soziale Gruppenprozesse fördern und ein Gemeinschaftsgefühl entwickeln.

• die Kooperationsfähigkeit zwischen den Teilnehmern bzw. den Mitarbeitern stärken.

• jeden Teilnehmer zu jedem Zeitpunkt und bei jeder Aktion integrieren.

• ein Verantwortungsgefühl für sich und andere vermitteln.

• das Überwinden und Akzeptieren der eigenen Grenzen und der Grenzen anderer zum Ziel haben.

• durch gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz geprägt sein.

• helfen, Vertrauen in den anderen aufzubauen.

• grundlegend den Teilnehmern Spaß und Freude bereiten.

Spezielle Zielsetzung

Die speziellen Ziele richten sich konkret auf die Inhalte des P rojektes und sollen ergänzend und prä-

zisierend zu den grundlegenden Zielen betrachtet werden.

Durch die Inhalte und Aktionen des Projektes sollen die Teilnehmer:

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• die Natur mit allen Sinnen wahrnehmen und erforschen.

• Problemsituationen erkennen und diese gemeinsam lösen.

• Kompromisse eingehen und Konflikte lösen.

• neue Fähigkeiten, Möglichkeiten und Interessen erfahren und entdecken.

• ihr Selbstwertgefühl durch die Eroberung neuer bzw. ungewohnter Erlebnisräume steigern.

• neue Materialien kennen lernen und mit ihnen umgehen.

• Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Fähigkeiten anderer aufbauen.

• eigene Bedürfnisse in die Gruppe einbringen und eigene Schwächen zeigen.

• Freude und Angst, Erfolg und Frustration erfahren und mitteilen.

• den Umgang mit dem Wagnis üben.

• Sensibilität für die Gefühle, Bedürfnisse und Probleme anderer entwickeln.

• sich von Gewohnheiten lösen und sich einer neuen Aufgabe stellen.

• Freude an der Bewegung und am eigenen Körper erleben.

• Eigeninitiative, Selbstständigkeit und Entscheidungsfähigkeit entwickeln.

• tiefgreifende, authentische Eindrücke und Erlebnisse aufnehmen und evtl. verbalisieren.

• Kreativität entwickeln und innovatives Handeln erproben.

3.3.2 Wichtige meth odischen Prinzipien

Die für das Projekt aufgestellten methodischen Prinzipien leiten sich z.T. direkt von der erlebnispä-

dagogischen Konzeption ab, auf die ich in Kapitel 1.3 hingewiesen habe. Dabei wird in dieser Arbeit

auf eine vollständige Erläuterung aller möglichen methodischen Prinzipien verzichtet, und nur auf die

für das Projekt relevanten Prinzipien eingegangen. Zuvor wird ein kurzer Einblick in methodische

Handlungsformen gegeben, die von den Zielen und der Zielgruppe abhängig sind.

REINERS (1995) stellt die verschiedenen Methoden erlebnispädagogischen Arbeitens durch die un-

terschiedlichen Aktions- und Handlungsformen dar. Der Erlebnispädagoge kann demnach in direkten

und indirekten Handlungsformen agieren und auf die Lerngruppe einwirken. Die einzelnen Formen

können dabei fließend ineinander übergehen.

Das Arrangieren

Es werden offene, schöpferische Lernprozesse arrangiert, bei denen der Teilnehmer auf geeignete

Bedingungen und Lernmöglichkeiten trifft. Dabei sollen Lernziele selbstständig durch aktive Beteili-

gung verwirklicht werden.

Das Animieren

Die pädagogische Handlungsform des Animierens versucht die Teilnehmer dazu zu bewegen, sich auf

etwas Neues einzulassen, Grenzen zu überwinden und mögliche Lernchancen zu nutzen. Dadurch

können Unsicherheiten vermieden und abstrakte Situationen transparent gemacht werden. Der Päda-

goge muss dabei eine hohe Glaubwürdigkeit und Authentizität ausstrahlen.

Das Begleiten

Das Begleiten orientiert sich am entdeckenden Lernen, bei dem die Selbstständigkeit im Vordergrund

steht. Der Pädagoge begleitet und berät lediglich den Weg, ohne direkt zum Ziel zu führen.

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Das Intervenieren

Der Pädagoge hat die Aufgabe, festzustellen, in welche Richtung sich das Erleben der Teilnehmer

bewegt und welche Konsequenzen daraus entstehen könnten. Er muss, wenn nötig, in die Situation

eingreifen und die Richtung korrigieren (vgl. S. 39ff).

Der Schwerpunkt wird im Folgenden auf die Umsetzung erlebnispädagogischer Maßnahmen und

ihrer methodischen Prinzipien für Jugendliche mit Behinderungen gesetzt, und die für unser Projekt

relevanten Aspekte werden genannt und erläutert:

• Wichtig ist, dass von den Interessen der Teilnehmer ausgegangen wird, um ihnen ein möglichst

großes Maß an Selbst- und Mitbestimmung zu ermöglichen. Das bedeutet, dass in der Planung

und Durchführung auf die Wünsche, Vorschläge, Ideen und Bedürfnisse der Teilnehmer

eingegangen und ihre individuelle Meinung oder Stimmung respektiert wird.

• Die Orientierung am Individuum, an seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten, jedoch unter dem

Aspekt der Gemeinschaft, steht im Vordergrund. Dazu muss sich jeder Mitarbeiter immer wieder

neu in jeden Teilnehmer hineinversetzen, um mögliche Spannungen wahrzunehmen und

dementsprechend die Situation den Bedürfnissen anzupassen.

• Der inhaltliche Ablauf soll nach den Prinzipien 'vom Leichten zum Schweren’ und ’ vom

Einfachen zum Komplexen' verlaufen.

• Den Teilnehmern sollen Aktionen und Aktivitäten geboten werden, die mit Erlebnissen in der

Natur und in der Gemeinschaft angereichert sind. Das Zusammenspiel von Aktion und Reflexion

soll Erfahrungen zu Erkenntnissen werden lassen.

• Die Gestaltung des Projektes steht unter dem Prinzip der Ganzheitlichkeit und Vielf alt betrachtet.

Dabei werden die Teilnehmer in ihrer Gesamtpersönlichkeit gesehen und mit Kopf, Herz und

Hand in die Aktionen integriert.

• Für alle Aktivitäten und Aktionen sollen Freiwilligkeit und damit auch Zwanglosigkeit

grundlegend sein. Die Teilnehmer sollen sich auf die Aktionen einlassen, jedoch steht ihnen die

Möglichkeit offen, 'Nein' zu sagen.

• Bei der Durchführung der Aktionen ist darauf zu achten, dass durch erforderliche Hilfestellungen

nicht neue Abhängigkeiten für die Teilnehmer entstehen und ihre negativen Erfahrungen des All-

tags verfestigt werden. Vielmehr soll das Streben nach Unabhängigkeit unterstützt werden.

• Es soll miteinander und voneinander gelernt werden; d.h. Teilnehmer und Mitarbeiter machen

durch Erlebnisse neue Erfahrungen.

• Den Teilnehmern werden Ruhe- und Entspannungszeiten ermöglicht sowie Zeit zur freien Verfü-

gung gestellt.

• Ein wichtiges Anliegen ist, zu jedem Zeitpunkt und bei jeder Situationen ein größtmögliches Maß

an Sicherheit zu gewährleisten. Dazu werden ein paar grundlegende Bedingungen genannt: Neue

und fremde Situationen in ungewohnter Umgebung können zu ambivalenten Gefühlen führen. Ei-

nerseits beinhalten sie Herausforderungen und spornen dazu an, sich auf sie einzulassen. Zum an-

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deren erzeugen sie Angst und den Wunsch nach Vertrautheit und Sicherheit. Dieses Befremden ist

bei Menschen mit Behinderungen, die meist fest in einer vertrauten Umgebung verwurzelt sind,

häufig noch stärker als bei nichtbehinderten Menschen. Der Sicherheit kommt daher eine große

Bedeutung zu. Werden erlebnispädagogische Aktionen in der Natur unternommen wie Wandern,

Klettern o.ä. , müssen neben den allgemeinen Sicherheitskonzepten und -maßnahmen darüber hin-

aus individuelle Sicherheitsbestimmungen beachtet werden. Diese orientieren sich zum einen an

den unterschiedlichen Bedürfnissen der Teilnehmer aufgrund der Behinderung, und zum anderen

an der individuellen Situation. Mit Sicherheit ist dabei nicht nur die physische, sondern auch die

psychische gemeint, die sich in allgemeinem persönlichem Wohlbefinden ausdrückt.

• Über Mitteilungshefte sollen die Eltern mit einbezogen und über den Ablauf informiert werden.

3.3.3 Die Vorbereitungstreffen im Team

Die Vorbereitungsphase für die Stadtranderholung begann im Januar, also vier Monate vor Beginn

der Freizeit am 24.04.00. Jeder Mitarbeiter legt zu Beginn dar, mit welcher Motivation er an der

Durchführung der Freizeit mit erlebnispädagogischen Ansätzen interessiert ist und welche

Erwartungen er an das Projekt stellt. Einige haben im Vorfeld Erfahrungen in der

erlebnispädagogischen Arbeit gesammelt, jedoch nicht während einer Freizeit mit Jugendlichen mit

Behinderungen. Bei einem ersten Gedankenaustausch werden die unterschiedlichen Ansprüche

deutlich, die zum Konsens gebracht werden sollen. Inhaltliche Vor schläge für mögliche Aktionen

reichen von Wanderungen durch die Natur, Sinnesspielen, Erlebnisparcours drinnen oder draußen,

Vertrauensspielen, Teilnehmerreflexionen, Übernachten im Freien bis zum Besuch einer Kletterhalle,

dem Abseilen an einer Brücke und dem Besuch eines Erlebnisbades. Klar ist jedoch, dass nicht alle

Ideen realisierbar sind. Das fachliche Wissen über den Aufbau diverser Seilkonstruktionen ist

vorhanden, doch wegen unzureichender Erfahrungen im Bereich der Umsetzung für Menschen mit

Behinderungen sollen die Ansprüche nicht zu hoch gesetzt werden. Ziel ist, auch schwerstbehinderten

Jugendlichen Erlebnisse zu ermöglichen, dieser Anspruch bedarf intensiver Vorbereitung.

Während des nächsten Vorbereitungstreffens werden nähere Informationen zu den Teilnehmern ge-

geben (s. Kap. 3.2.4). Durch die von den Eltern ausgefüllten Fragebögen und die ergänzenden Infor-

mationen einiger Mitarbeiter entsteht ein grobes Bild der Gruppenzusammensetzung. Es wird deut-

lich, dass es sich um eine sehr heterogene Gruppe handelt, die den Aspekt der Integration in den Vor-

dergrund stellt. Bei der weiteren inhaltlichen Planung wird deutlich, dass zwar viele interessante I-

deen für Spiele und Aktionen bestehen, aber nicht die Interessen der Jugendlichen bekannt sind. Fest

steht, dass in Zweier-Teams jeweils ein Tag inhaltlich vorbereitet und angeleitet wird, bei dem sich

die anderen Mitarbeiter unterstützend in die Durchführung integrieren. Der letzte Tag wird von allen

gemeinsam durchgeführt. Übergreifend für alle Tage ist es wichtig, viel Zeit in der näheren Umge-

bung zu verbringen, den Garten für viele Aktionen zu nutzen und sich eigenständig zu versorgen. Des

Weiteren ist ein Ausflug zu einem Abenteuerspielplatz geplant. Der Besuch der Kletterhalle wird als

Ausweichmöglichkeit bei schlechtem Wetter zurückgestellt. Die Abschlussnacht der Freizeit soll

unter freiem Himmel stattfinden. Außerdem wird beschlossen, eine Teilnehmer-Reflexion täglich

morgens nach der Ankunft und nachmittags nach Beendigung der Aktionen durchzuführen. Die Aus-

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sagen und Stimmungen der Teilnehmer werden in einem Reflexionsbogen festgehalten (s. Anhang

xiii-xxiv) und dienen als Überblick und Rückmeldung zu den Aktivitäten.

Ausgehend von den Bedürfnissen, Möglichkeiten und Besonderheiten der Teilnehmer werden Ziele

überlegt, die in den fünf Tagen durch bestimmte methodische Vorgehensweisen erreicht werden

sollen (vgl. Kap. 3.3.1; 3.3.2).

Die Rahmengeschichte entsteht durch den Vorschlag eines Teilnehmers, Außerirdische zu treffen und

fremde Planeten zu besuchen, und hat das Ziel, den Teilnehmern neben spannenden Erlebnissen ein

Gefühl der Beständigkeit und Sicherheit zu vermitteln, da sich gewisse Rituale wiederholen sollen

und somit einen Rahmen um das gesamte Projekt stecken. Das in Kapitel 3.2.2 erwähnte "Space-

Reisebüro" soll den täglichen Ausgangspunkt darstellen, an dem jeden Morgen kurz vorgestellt wird,

auf welchen Planeten mit welchen speziellen Aufgaben und Gefahren gemeinsam gereist wird. Das

"Raumschiff" wird durch ein Schwungtuch symbolisiert, unter dem sich alle für den Abflug

versammeln. Der jeweilige Tagesablauf wird auf unterschiedlichen Planeten stattfinden. Von jedem

Planeten werden die Jugendlichen ein Andenken in ihrer Schatzkiste verstauen. Am Nachmittag geht

die Reise mit dem Raumschiff zurück zur Erde. Dem metaphorischen Aspekt wird eine große

Bedeutung beigemessen, da die Teilnehmer aus ihrem Alltag in eine neue Welt der Erlebnisse und

Erfahrungen geführt werden. Grundlegend für das Einsetzen von Metaphern in der Erlebnispädagogik

wird das Metaphorische Modell von BACON gesehen (vgl. Kap. 1.3.7) .

3.3.4 Das Vortreffen mit den Teilnehmern und ihren Eltern

Das für alle Familien verbindliche Vortreffen hat folgende Inhalte:

• Kennen lernen der Mitarbeiter und Teilnehmer, um ein gewisses Maß an Sicherheit und Vertrauen

zu bekommen.

• Vorstellung der Ziele und Inhalte der Freizeit, um das Interesse der Jugendlichen zu w ecken.

• Begehen der Räumlichkeiten, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen.

• Sammlung der Ideen und inhaltlichen Vorschläge der Teilnehmer, um ein möglichst teilnehmer-

nahes Programm aufzustellen zu können.

• Regelung des Fahrdienstes, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren.

Zu Beginn sagen alle Mitarbeiter und Teilnehmer ein paar Worte zu ihrer Person und nennen ihre

Erwartungen an die Stadtranderholung. Für die Teilnehmer, die sich nicht durch verbale Kommunika-

tion verständigen, nennen die Eltern Namen und mögliche Erwartungen.

In der Turnhalle erfahren wir im Anschluss an die Vorstellrunde die persönlichen Interessen und

Hobbys von den Teilnehmern. In der Zwischenzeit gibt Norbert den Eltern weitere wichtige Informa-

tionen zu angebrachter Kleidung, den Sicherheitsmaßnahmen und zum Informationsaustausch

während der Freizeit über die Mitteilungshefte.

Auf die inhaltlichen Anregungen der Jugendlichen wird die weitere Planung aufgebaut. Zur Veran-

schaulichung des Begriffes 'Erlebnis' stehen einige Klettermaterialien (Karabiner, Klettergurt) und

Prospekte aus dem Natursport zur Verfügung. Die Jugendlichen erstellen mit Bildern von Bergen,

Flüssen, Klettersituationen, Kanufahrten usw. eine Collage unter dem Motto "Abenteuerreise". Sie

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beschreiben Abenteuer, die sie gerne erleben möchten und Erlebnisse, die sie als spannend empfin-

den, wie z.B. ein Raumschiff mit Außerirdischen (Rahmengeschichte), Lagerfeuer, Disco und das

Übernachten unter freiem Himmel (Abschlussabend). Die unterschiedlichen Erlebnisbegriffe werden

durch verschiedene Vor schläge z.B. der Besuch einer Kletterhalle, Bungeejumping oder Kanufahren

deutlich.

Da sich einige der Teilnehmer nicht selbstständig äußern können, teils aus Zurückhaltung und teils

aufgrund ihrer Behinderung, kann es zu Verständigungsschwierigkeiten kommen. Das er fordert eine

besonders intensive Auseinandersetzung mit ihren Bedürfnissen, um mögliche Wünsche durch non-

verbale Kommunikation erkennen zu können.

Die Gruppe zeigt großes Interesse und starke Begeisterung, besonders ihre Vorfreude auf eine span-

nende Zeit mit neuen Herausforderungen ist zu beobachten.

Das Ziel, die Jugendlichen bei vielen Entscheidungen mit einzubeziehen bzw. sie ihnen zu überlassen,

um möglichst viele ihrer Ideen in der Stadtranderholung verwirklichen zu können, wurde an diesem

Nachmittag erreicht.

3.4 Die Durchführung des Projektes 'Abenteuerland' Im folgenden Abschnitt wird die Durchführung der Stadtranderholung 'Abenteuerland' in narrativer

Form dargestellt. Einen groben Überblick über den täglichen Ablauf geben jeweils die Tagespläne,

die tabellarisch angefertigt wurden. Zudem wird auf den tatsächlichen Ablauf jeden Tages mit

auftretenden Schwierigkeiten und Problemen eingegangen. Ich möchte darauf hinweisen, dass die

Tagesabläufe aus subjektiver Sicht wiedergegeben werden und somit keinen objektiven Anspruch auf

Vollständigkeit und Wirklichkeit besitzen. Im Anschluss werden Inhalte aus den

Mitarbeiterreflexionen, die jeden Tag nach Abschluss des Tagesprogramms stattfanden,

wiedergegeben.16 Dabei wird, ausgehend von den Ergebnissen dieser Reflexionen, der Schwerpunkt

auf Änderungs- und Verbesserungsvorschläge für das weitere Vorgehen gelegt und eine objektivere

Sichtweise eingenommen. Ein kritischer Rückblick auf die gesamte Durchführung wird in Kapitel 3.5

vorgenommen. Inhaltliche Aspekte, die Aufschluss über die Erlebnis- und Erfahrungsmöglichkeiten

der Jugendlichen geben, werden in diesem Kapitel angedeutet. Eine präzisere Auswertung der

Fragestellung wird jedoch in Kapitel 4 aufgezeigt.

16 Die Protokolle der Mitarbeiterreflexionen sowie die Resultate der Smilie-Reflexionen der Teil-

nehmer befinden sich im Anhang i-xxiv.

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3.4.1 1.Tag: Dienstag, 25.04.2000

Tagesplan:

Referenten: Norbert und Stefan

Thema: Kennenlernspiele im Garten und erste Raumschifffahrt

Zeit Aktion Aufgaben der MA17

Material Teilziele

7.00-9.00h

Vorbereitungen: Frühstück, Reisebüro, Bastelraum, Schlaf-raum; Vorstellung des Tages-plans

Bastelutensilien, Tücher, Polster, CD Spieler, Lich-ter

9.00 10.00h

Ankunft der TN 18, gemeinsames Frühstück

MA kümmern sich um die TN

Verpflegung, Geschirr

Orientierung, Geborgenheit

10.00-10.30h

Begrüßung durch Norbert , Vor-stellung der Wochenplanung, Lied: "Abenteuerland", Kennenlernspiel im Garten

MA stellen sich kurz vor

Ball CD-Spieler

Kennen lernen, Vertraut werden, Kontakte knüpfen

10.30-11.00h

Fangspiel mit zwei Mannscha f-ten

MA schieben teilweise Roll-stuhlfahrer

Pappschild s.o.

11.00-12.00h

Basteln der "Schatztruhe" MA unterstüt-zen einzelne TN

Schuhkartons, Bastelmaterial, Fotos

Kreativität, Phantasie, Selbstständigkeit

12.00-13.00h

Gruppe 1: Kochen Gruppe 2: Tisch decken im Gar-ten, entspannen/spielen

Andreas kocht mit TN, MA unterstüt-zen TN

Kochutensilien, Lebensmittel, Gedeck

Mitbestimmung, neue Fähigkeiten erproben

13.00-13.45h

Mittagessen

14.00-15.15h

Eintritt ins "Space-Reisebüro": Vorstellung des "Mottos”, 1. Reise unterm Schwungtuch in den Garten: • Galaxy-Fangspiel • Vertrauensspiel • Blindenparcours durchs Haus

Norbert ist Reiseleiter, MA mit TN unter Schwungtuch; 4 MA sind Außerirdische; MA begleiten TN im Par-cours

Schwungtuch, Kassettenrecorder, Taschenlampe Kisten, Keulen, Matten, Kästen, Seile, Bänke, Augenbinden

Ritual kennen lernen, Neugier wecken Vertrauen auf-bauen, auditive, taktile, kinästhe-tische Wahrneh-mung

15.15-16.00h

Rückreise unterm Schwungtuch, Kurzreflexion mit Smilies, Ab-schlussspiel

MA empfan-gen TN unterm Schwungtuch, MA schreiben kurze Mittei-lung an die Eltern

Musik, Schwun g-tuch, Smilies, Mitteilungsheft

Gebrauch und Sinn der Smilies kennen lernen, über Erlebnisse austauschen

Tab. 1: 1.Tag, Dienstag, 25.04.2000

Tagesablauf:

17 MA: Abkürzung für Mitarbeiter 18 TN: Abkürzung für Teilnehmer

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Um 7.00 h treffen19 sich alle Mitarbeiter im Familienforum Vogelsang. Beim Früh-stück besprechen

wir Einzelheiten des von Norbert und Stefan (Tagesleitung) vorbereiteten Tagesplans. Anschließend

richten wir die Räumlichkeiten des Hauses für die nächsten Tage her (vgl. Kap.3.2.2) und bereiten

den Frühstücks- und Bastelraum für die bevorstehenden Aktionen vor.

Gegen 9.00 h t reffen sich alle Teilnehmer im Frühstücksraum. Einige sind noch sehr zurückhaltend,

andere lebhaft und aufgeregt. Während des Frühstücks begrüßt Norbert alle Jugendlichen und stellt

ihnen kurz vor, welches Programm sie in der Woche erwartet. Dazu wird das Lied "Komm mit mir

ins Abenteuerland!" der Gruppe PUR gespielt. Nach aufkommender Unruhe wird die "Rede-Stop-

Regel"20 eingeführt.

Anschließend spielen wir im Garten ein Kennenlernspiel mit Ball21, um uns alle Namen einzuprägen.

Auf Nachfrage kommen Veränderungsvorschläge zur schnelleren Durchführung. Das Spiel lockert

die Stimmung der Gruppe auf und motiviert die Jugendlichen, auf andere zuzugehen und aktiv zu

werden. Anschließend spielen wir ein Fangspiel22 . Mit der Unterstützung durch einige Mitarbeiter sind auch

die Rollstuhlfahrer bei den Spielen integriert.

Die nachfolgende Aktion findet im Bastelraum statt, in dem die Schuhkartons in

Schatzkisten verwandelt werden. Die Jugendlichen bekleben und bemalen ihre

Kisten mit großem Engagement und gelangen zu individuellen kreativen

Ergebnissen. Je ein Mitarbeiter bastelt mit Manuela und Frank, die anderen helfen

dort, wo Hilfe benötigt wird. Wir sind überrascht, mit welcher Konzentration und

Freude die Jugendlichen ihr Werk gestalten und sich gegenseit ig helfen.

Während eine Gruppe (Andreas, Boris, Daniel, Niclas, Christoph und Markus D.) mit dem Kochen

beschäftigt ist, stellen die anderen Tische und Stühle in den Garten und übernehmen das Tischdecken.

Danach steht die Zeit zur freien Verfügung; einige springen Seil, andere ruhen sich im Schatten aus.

Nach dem Mittagessen besuchen wir erstmals das 'Space-Reisebüro', welches mit schummrigen Lich-

tern, Silberpapier an den Wänden, verhangenen Fenstern, Sitzpolstern, einem Kassettenrecorder,

einem Schwungtuch, einer Informationspinnwand und einem Pult ausgestattet ist. Norbert , verkleidet

als Reiseleiter mit Sonnenbrille und Perücke, empfängt die Teilnehmer und bietet eine Reise zu ei-

nem fremden Planeten an. Wir begeben uns unter das Schwungtuch, bzw. in das 'Raumschiff'. Mit

spannender Musik und viel Getöse startet es zu seiner ersten Reise. Vier Mitarbeiter haben sich wäh-

renddessen als 'Außerirdische' für das 'Galaxy-Fang-Spiel' verkleidet. Im Garten soll ein Schatz (Keu-

len) erobert werden, den die 'Außerirdischen' bewachen. Die Jugendlichen erproben mehrere Strat e-

19 Um einen besseren Lesefluss zu gewährleisten, wird das Präsens verwendet. 20 Wenn es jemandem zu laut ist und/oder derjenige etwas Wichtiges sagen möchte, hebt er die Hän-

de. Alle machen es demjenigen nach, werden dabei ganz leise und hören zu. 21 'Ballnamensspiel': Aufgabe ist es, den Ball immer zu derselben Person zu werfen und dabei ihren

Namen zu nennen. Das soll möglichst schnell gehen; auf Nachfrage werden Verbesserungsvor-schläge von den Teilnehmern genannt, z.B., sich enger zusammenzustellen oder die Plätze zu tau-schen.

22 ' Rot – Grün – Fangen': Zwei Mannschaften stehen sich gegenüber; bei dem entsprechenden opti-schen Signal versucht die aufgerufene Mannschaft, die andere zu fangen.

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gien und sind am erfolgreichsten durch Ablenkungsmanöver. Ihre eroberten Schätze (Keulen) tau-

schen sie gegen Überraschungseier ein, deren Inhalt sie als erste Andenken in ihre Schatzkisten legen.

FOTO 1: "Blindenparcours"

Die nächste Aktion 'Blindenparcours' wird im Haus durchgeführt. Die Teilnehmer gehen mit einem

Mitarbeiter nacheinander mit verbundenen Augen durch den Parcours. Dabei folgen sie einem Seil,

das über Hindernisse wie Matten, Treppen, Balken oder unter Tische führt. Einige Teilnehmer haben

Schwierigkeiten, sich auf den Mitarbeiter zu verlassen und nehmen mehrmals die Augenbinde ab. Mit

Geduld und gutem Zuspruch meistern alle Jugendlichen erfolgreich diese Aufgabe.

Wir treffen uns vor dem Reisebüro unter dem Schwungtuch und treten die Rückreise in unserem

'Raumschiff' an. Angekommen im Reisebüro findet die erste 'Smilie-Reflexion' statt. Auf die Frage,

wie sie den Tag erlebt haben, suchen sich die Teilnehmer einen lachenden (grün), einen

ausgeglichenen (gelb) oder einen unglücklichen (rot) Smilie aus, der ihre Stimmung widerspiegelt.

Jeder erzählt kurz seine Eindrücke; einige Jugendliche sind dabei sehr verunsichert und zeigen nur

ihren ausgewählten Smilie. Für Frank und Manuela werden von den Mitarbeitern, die die meiste Zeit

mit ihnen verbracht haben, Smilies ausgewählt. Positive Rückmeldung erhalten die Mitarbeiter für die

'Raumschifffahrt' und den Blindenparcours. Negative Aspekte werden nicht genannt.

Nach einem kurzen Abschlussspiel füllen die Mitarbeiter die Mitteilungshefte aus.

Ergebnisse der Mitarbeiterreflexion

Als Verbesserung für die nächsten Tage halten wir folgende Aspekte fest:

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• Die Rede-Stop-Regel muss noch einmal deutlich erklärt werden, da sie vergessen oder nicht ernst

genommen wurde.

• Als Ritual werden die Andenken in die Schatzkiste gelegt.

• Der Betreuer Stephan wird zukünftig genauer über den Tagesablauf informiert.

• Heike, die ein sehr zurückhaltendes Verhalten zeigt, soll durch direkte Aufforderung und Ermuti-

gung intensiver mit einbezogen werden.

• Die Smilie-Reflexion soll nicht nur am Nachmittag, sondern auch am Morgen nach dem

Frühstück stattfinden.

Die Jugendlichen sollen auf den roten Smilie aufmerksam gemacht werden, der z.B. bei schlechter

Stimmung ausgewählt werden kann. Es soll das Vertrauen und die Sicherheit übermittelt werden,

auch negative Gefühle oder Kritik äußern zu können.

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3.4.2 2.Tag: Mittwoch, 26.04.2000

Tagesplan:

Referentinnen: Micha und Chrissie

Thema: Planet 'Seilesia', Natur erkunden, Materialeinführung, Kochen im Freien

Zeit Aktion Aufgaben der MA Material Teilziele

8.00-9.00h

Besprechung des Tagesplans, Material einpacken

Aufgabenverteilung, Erklärung des Materi-al und des Kochers

9.00-9.30

Frühstück, Smilie-Runde

Markus S. Reflexion Smilies eigenes Befinden mitteilen

9.30-110.00h

Vorbereitungen (An-ziehen, Sachen pa-cken)

alle MA 1.Hilfe-Pack, Pfle-ge- u. Hygienearti-kel, Verpflegung, Mülltüten, Isomat-ten, Rucksack, Sonnencreme

Eigenverantwor-tung

10.00-10.15h

Reisestart zum Plane-ten 'Seilesia'; vom Reisebüro in den Garten

Micha / Markus D. bauen Stationen auf; Chrissie verkleidet sich, alle anderen sind unterm Schwungtuch

Sicherungsmaterial: Gurte, Helme, Ka-rabiner, Band-schlingen; Kocher, Spiritus

Ritual vermittelt Spannung, Phan-tasie und Gebor-genheit

10.15-11.00h

Verbinden aller mit Hilfe eines Seiles durch die Kleidung; auf dem Weg Siche-rungsmaterial suchen und finden

Chrissie und alle MA verbinden sich, sam-meln Material und verteilen es an TN

2 Seile Gemeinschaftsge-fühl, Sozialver-halten, Vertrauen, Selbstkonzept stärken

11.00-11.30h

Platz 1: Funktion und Umgang mit Gurt, Helm, Karabiner erlernen; Vertrauensübung mit Seilen

Micha erklärt die Regeln und Funktio-nen, 4 Gruppen a 3 TN werden gebildet

3 Bandschlingen, 12 Karabiner, 9 Gurte, Seilkonstruktion

Umgang mit neuen Materialien, Vertrauen geben und entgegenneh-men

11.30-12.15h

Berg hochsichern zum Platz 2

2 MA sichern oben, 1 MA unterstützt die Rollstuhlfahrer, 1MA bleibt am Platz 1

Seilkonstruktion "Hochsichern", Sicherungsmaterial

neues Bewe-gungsgefühl und Sicher-heit/Vertauen erleben

12.15-12.45h

Kochutensilien fin-den, Transport zum Koch-platz

2-3 MA bauen die Seilkonstruktion ab, alle anderen suchen

Kochmaterial Gemeinschaftsge-fühl und soziales Verhalten fördern

12.45-14.00h

Kochen 3 Gruppen a 4 TN und 3 MA Mittagessen

alle MA helfen beim Kochen; aufräumen

Kochmaterial, Mülltüten, Geträn-ke, Sonnencreme

Umgang mit neuen Materialien und Fähigkeiten er-proben, Mitbestimmung, Umweltbewusst-sein

14.00-14.30h

Gruppenmassage Chrissie leitet an Pappdeckel Entspannung, Körpergefühl

14.30-15.30h

Rückweg mit Such-auftrag

alle MA begleiten Brottüten Natur mit allen Sinnen er forschen

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15.30-16.00h

Rückflug im Raum-schiff ins Reisebüro, Ritual: Schatztruhe, Smilie-Reflexion

1MA empfängt TN im Haus mit Schwung-tuch, Norbert befindet sich im Reisebüro, Markus S. Reflexion

Schwungtuch, Smi-lies, Mitteilungs-hefte

Ritual: Stärkung des Selbstkonzep-tes, Verarbeitung des Erlebten

Tab. 2: 2.Tag, Mittwoch, 26.04.2000

Tagesablauf: Alle Mitarbeiter treffen sich um 8.00 h. Während des Frühstücks beschreiben Chrissie und Micha

(Tagesleitung) Besonderheiten des geplanten Tagesablaufs und erklären den Umgang mit den

Kochern. Gegen 9.00 h er scheinen die Teilnehmer. Nach dem Frühstück berichten alle in der Smilie-

Runde über ihr Befinden.

Anschließend begeben sich alle ins Reisebüro und treten die Reise zum Planeten 'Seilesia' an. Wir

'fliegen' ab und 'landen' im Garten. Während sich alle mit Hilfe eines Seiles durch ihre Kleidung ver-

binden, verteilen Micha und Markus D. die Materialien auf dem Weg zum Wald, verstecken die

Kocher und die Lebensmittel am Kochplatz und bauen die Seilkonstruktion an dem steilen Wegstück

zum Hochsichern auf.

Die Teilnehmer und Mitarbeiter begeben sich in einer verbundenen Kette auf den Weg zum Wald und

sammeln dabei die Materialien. Am 1. Platz angekommen, werden alle von Micha - als

'Außerirdische' verkleidet - begrüßt und eingeladen, den Planeten 'Seilesia' kennen zu lernen. Zur

Fortbewegung werden allerdings einige Hilfsmittel (Seil, Gurt, Karabiner, Bandschlinge) benötigt, die

von Micha und Chrissie vorgestellt werden. Während der Erklärungen werden wir unterbrochen und

aus der Geschichte herausgerissen, da einige Teilnehmer in der ungewohnten Umgebung sehr

abgelenkt sind. Durch das anschließende Vertrauensspiel 'In den Seilen hängen'23 bekommen die

Teilnehmer ein gewisses Gefühl für den Klettergurt und bauen Vertrauen auf. Wir befestigen Seile an

den Rollstühlen und versuchen, allen Teilnehmern ein sicheres Gefühl zu vermitteln. Danach werden

die Teilnehmer den steilen Weg an einem Seil hochgesichert. Dabei spüren sie, dass das Seil sie

sicher in ihrem Gurt nach oben zieht. Bevor das Essen in Kleingruppen zubereitet werden kann,

müssen alle Kochutensilien gefunden und zum nahegelegenen Kochplatz transportiert werden. Die

Teilnehmer helfen mit großer Begeisterung so selbstständig wie möglich mit.

23 'In den Seilen hängen': Drei Teilnehmer sind durch Bandschlingen an ihrem Klettergurt miteinan-

der verbunden. Alle lehnen sich gleichzeitig zurück und balancieren das Gleichgewicht aus.

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FOTO 2: "Kochen im Freien"

Wegen der ungeschützten Sonneneinstrahlung verzichten wir auf die geplante Gruppenmassage und

begeben uns direkt nach dem Aufräumen auf den Rückweg durch den Wald. Die Teilnehmer sollen

auf dem Weg etwas Weiches, Hartes, Blühendes und etwas aus Holz als Andenken sammeln. Für

Manuela, Frank und Daniel sammeln Tina, Roland und Lisa die Naturmaterialien.

Im Haus finden wir uns direkt im 'Raumschiff' wieder und gelangen zurück ins Reisebüro. Die nach-

folgende Smilie-Reflexion verläuft ruhig, da alle Teilnehmer und Mitarbeiter durch die Anstrengung

und Hitze müde sind. Fast alle zeigen mit Hilfe der Smilies, dass ihnen der Tag viel Spaß bereitet hat.

Besonders das Kochen im Freien hat vielen Freude bereitet und der Spaziergang mit dem Suchauftrag

fand Zustimmung. Hardy zeigt einen roten Smilie und erklärt dazu, dass er sehr müde und kaputt sei.

Auch Heike sucht sich einen roten Smilie heraus, möchte aber nicht erzählen, warum.

Die Ereignisse des Tages werden in den Mitteilungsheften festgehalten.

Ergebnisse der Mitarbeiterreflexion

Folgende Änderungsmöglichkeiten für die kommenden Tage werden in der Mitarbeiterreflexion ge-

nannt:

• Für aufwendige Aktionen soll die Gruppe demnächst geteilt werden.

• Den Teilnehmern soll bei der Bewältigung der Aufgaben mehr Zeit und Handlungsfreiheit

gegeben werden.

• Die Gruppenaufgaben sollen den Teilnehmern mit mehr Deutlichkeit und Dringlichkeit erklärt

werden, um auf die Wichtigkeit einer Lösung hinzuweisen.

• Bei Verweigerung der Teilnahme soll nach einem Grund gefragt werden; das Prinzip der Freiwil-

ligkeit und Zwanglosigkeit soll dabei nicht verletzt werden.

• Mit eventuellen Ängsten der Teilnehmer muss sensibel umgegangen werden.

• Die Smilie-Reflexion soll in Zukunft in Kleingruppen durchgeführt werden.

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3.4.3 3.Tag: Donnerstag, 27.04.2000

Tagesplan:

Referenten: Michaela und Markus D.

Thema: Schatzsuche auf 'Perla Utopia' mit Erlebnisparcours

Zeit Aktion Aufgaben der MA Material Teilziele

8.00-9.00

Besprechung alle MA Tagesplan

9.00-9.30

Frühstück und Smilie-Runde

alle MA Smilies Austausch über Befinden, Kommu-nikation anregen

9.30-9.45h

Vorbereitungen (Sachen packen), Reisebüro: Flug nach 'Perla Utopia'

Markus D. und Mi-chaela bereiten die Aktionen im Wald vor

Seile, Gurte, Karabiner, Bandschlingen, Schatzkiste mit Perlenketten, Schminke, Schilder, Ball, Pfeife, Getränke, Sonnencreme

Ritual: Geborgen-heit, Sicherheit, Spannung, Neugier

9.45-10.15h

Gang zum Wald Michaela und Markus verkleiden sich

10.15-10.30h

Erklärung der Aktion: Schatzsuche Trainingsspiel

Michaela und Markus erklären

zwei Bälle Orientierung in ungewohnter Um-gebung

10.30-10.45h

Gruppeneinteilung mit Hilfe von zwei Farben

Michaela und Markus verteilen je eine Farbe

Schminke Kontakte innerhalb einer Gruppe inten-sivieren

10.45-11.15h

Gruppe 1: Suche nach versteckten Buchstaben, Interaktionsspiel "Spin-nennetz"; Gruppe 2: Interaktions-spiel "Gordischer Kno-ten"

Gruppe 1: Michaela mit drei MA Gruppe 2: Markus mit drei MA

Buchstabenpla-kate, Gurte, Karabiner, Bandschlingen

Neugier und Eigen-initiative fördern, Problemsituation erkennen und ge-meinsam lösen, Kooperation, Kon-flikte lösen, Kom-promisse eingehen, Rücksichtnahme, Toleranz, gegensei-tige Hilfe, Kommu-nikation

11.15- 11.45h

Gruppe1: Interaktions-spiel: "Sumpfdurchque-rung"; Gruppe 2: Suche nach versteckten Buchstaben, Interaktionsspiel "Spin-nennetz"

s.o. s.o. neue Bewegungs-formen ausprobie-ren, anwenden, Schwächen einge-stehen, Überwinden der eigenen Gren-zen, Erfolgserlebnis: Stärkung des Selbstkonzepts, s.o.

11.45-12.15h

Gruppe 1: Rückkehr zum Ausgangspunkt, Interaktionsspiel "Gordischer Knoten"; Gruppe 2: "Sumpfdurch-querung", anschließende

s.o. s.o., Getränke Gemeinsam Freude an einer Problemlösung, soziale Gruppenprozesse fördern,

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Rückkehr zum Aus-gangspunkt

s.o.

12.15-12.30h

Zusammensetzung des Lösungswortes, Suchen und Finden des Schatzes, Verteilung der Perlenketten

Verteilung der Perlenketten

Buchstaben, Schatzkiste mit Perlenketten

kognitiver Aspekt, Zusammenarbeit, Erfolgserlebnis stärkt Selbstbewusstsein

12.30-13.00h

Rückweg und Ankunft im Reisebüro

Michaela und Markus bauen die Stationen ab

Schwungtuch

13.00-13.30h

Kochgruppe bereitet das Essen zu, Tischdecken in Garten

alle MA Verpflegung, Tische und Stühle, Gedecke

Mitbestimmung

13.30-14.30h

Gemeinsames Mittagessen im Garten

alle MA

14.30-15.30h

Zeit zur freien Verfügung: Ausruhen, Spiele im Garten

alle MA Spielmaterial Entspannung, Freude an der Bewegung, Ideen verwirklichen

15.30-16.00h

Smilie-Reflexion

Markus S. Smilies Mitteilungshefte

Sensibilität für die Gefühle, Bedürfnisse anderer entwickeln

Tab. 3: 3.Tag, Donnerstag, 27.04.2000

Tagesablauf:

Gegen 7.00 h treffen Markus D. und ich uns am Wald, wo die heutigen Aktivitäten stattfinden sollen.

Wir bauen die Station 'Spinnennetz' auf, spannen die Seile für die 'Sumpfdurchquerung', verteilen die

Buchstabenplakate auf dem Weg und verstecken den Schatz. Gegen 8.00 h t reffen wir die übrigen

Mitarbeiter und stellen den Ablauf des heutigen Tages dar. Wir haben besonderen Wert darauf gelegt,

an die Ereignisse der vorherigen Tage anzuknüpfen und die Erfahrungen während der Aktionen zu

intensivieren und zu vertiefen. Nach Ankunft der Teilnehmer und dem gemeinsamen Frühstück findet

die Smilie-Runde statt, in der Lisa keinen Smilie auswählen möchte, ohne den Grund zu nennen.

Stephan berichtet, dass Frank in der Nacht schlecht geschlafen habe und jetzt sehr müde sei. Die

anderen sind gut gelaunt.

Im Reisebüro nennt Norbert das heutige Reiseziel: Planet 'Perla Utopia'. Währenddessen verkleiden

Markus D. und ich uns und t reffen letzte Absprachen. Die Teilnehmer kommen kurz darauf auf unse-

rem Planeten an, sind wegen der starken Hitze teilweise er schöpft und benötigen eine Trinkpause.

Auf uns verkleidet als 'Außerirdische' reagieren sie mit Begeisterung, besonders Roland. Die Teil-

nehmer sollen den versteckten Schatz mit Hilfe von Hinweisen finden. Bei ihrer Suche werden sie auf

einige Besonderheiten und Schwierigkeiten t reffen, die sie gemeinsam überwinden müssen. Um die

Aufgaben erfüllen zu können, müssen sie ihre Teamfähigkeit mit Hilfe des Spiels 'Heiße Kartoffel' 24

trainieren. Nach dem Spiel teilen wir mit Hilfe verschiedener Farben zwei Kleingruppen ein. Die erste

24 'Heiße Kartoffel': Zwei Bälle werden im Kreis möglichst schnell weitergegeben. Der zweite Ball

soll den ersten einholen.

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Gruppe macht sich mit mir und drei anderen Mitarbeitern auf den Weg zu den Stationen; Gruppe zwei

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spielt währenddessen das Spiel 'Gordischer Knoten'25 mit Markus D. und den anderen Mitarbeitern.

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Die Teilnehmer der Gruppe eins finden unterschiedliche Buchstaben, die allein noch keinen Hinweis

auf das Versteck des Schatzes geben.

FOTO 3: "Spinnennetz"

Die Bewältigung der Station 'Spinnennetz'26 ist für die Gruppe eine große Herausforderung. Die

Lösungsversuche sind sehr unterschiedlich; die einen wollen außen herum gehen, doch das ist

natürlich nicht im Sinne der Aufgabe, die anderen verhalten sich passiv. Niclas springt jedoch sofort

durch eine Lücke und befindet sich auf der anderen Seite. Die Mitarbeiter versuchen, den

Teilnehmern das Problem plausibel zu machen: alle sollen auf die andere Seite gelangen, auch

Manuela, d.h. gegenseitiges Helfen ist notwendig. Überlegungen, wer sich durch welches Loch

begibt, werden angestellt. Mit weiteren unterstützenden Hinweisen überwindet die Gruppe das

Hindernis; Manuela wird dabei durch das Netz gehoben.

Diese Gruppe setzt ihren Weg fort und die zweite Gruppe beginnt ihn auf ein Zeichen. Die erste

Gruppe gelangt an ein imaginäres 'Sumpfgebiet', das mit Seilen versehen ist. Die Teilnehmer

bekommen im Vorfeld je einen Klettergurt und ein Klettersteigset27 .

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FOTO 4: "Sumpfdurchquerung"

Den 'Sumpf' können sie sicher durchqueren, indem einer der beiden Karabiner des Klettersteigsets am

Seil befestigt bleibt; so können sie nicht 'versinken'. Für Daniel, Manuela und Frank befestigen wir

Schlingen am Rollstuhl. Sie folgen dem Lauf des Seiles und versuchen, die Karabiner nacheinander

möglichst selbstständig zu öffnen und am nächsten Seiles zu befestigen. Niclas hat das Prinzip sehr

schnell verstanden und muss auf der anderen Seite warten. Alle anderen benötigen Hilfe und

zusätzliche Erklärungen. Alle Teilnehmer lösen die Aufgabe erfolgreich, besonders Roland und

Thomas sind stolz auf ihre Leistung.

Die erste Gruppe kehrt zum Ausgangspunkt zurück und ruht sich im Schatten aus, bis die zweite

Gruppe eintrifft. Die gefundenen Buchstaben werden mit Hilfe der Mitarbeiter zum Lösungswort

"KOCHBERG" zusammengelegt. Christoph bringt das Wort direkt mit dem Platz in Verbindung, an

dem wir gestern gekocht haben. Nur wenige der Teilnehmer sind motiviert, auf dem nahegelegenen

Berg nach dem Schatz zu suchen. Christoph findet ihn und verteilt an jeden Teilnehmer eine

Perlenkette, die als Andenken in die persönliche Schatzkiste gelegt wird.

Hungrig und müde begibt sich die Gruppe auf den Rückweg, um gemeinsam nach der Landung im

Reisebüro das Essen vorzubereiten. Der Nachmittag verläuft mit einigen Spielen sehr ruhig und

entspannend im Garten. Für Manuela war es ein sehr anstrengender Tag und sie erholt sich zusammen

mit Lisa im Ruheraum. Andere veranstalten spontan eine lustige und erfrischende

Wasserbombenschlacht.

Die abschließende Smilie-Reflexion findet in den Kleingruppen statt. Jeder erhält einen roten und

einen grünen Smilie und soll einen positiven und einen negativen Aspekt des Tages nennen. Als

positive Erlebnisse wird Folgendes genannt: das Wandern durch den Wald und das Spinnennetz

(Niclas), der Schatz (Roland), das Knotenspiel (Lisa), das Kochen und draußen sein (Boris). Zu den

negativen Aspekten äußern sich nur einige Teilnehmer: die 'Spinne' wurde als bedrohlich empfunden

(Ralf), es wurde noch kein Fußball gespielt und noch keine Disco veranstaltet (Hardy, Christoph),

und 'richtig' geklettert sind wir auch noch nicht, obwohl es auf dem Programm stand (Boris).

Um 16h werden die Teilnehmer abgeholt.

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Ergebnisse der Mitarbeiterreflexion

• Die Gruppenaufteilung, die den intensiveren Kontakt unter den Teilnehmern und zwischen den

Teilnehmern und Mitarbeitern verstärkte, erwies sich als sinnvoll. Die Aufgaben konnten so

konzentrierter gelöst werden.

• Die Aufgabenstellungen während der kommenden Aktivitäten sollen durch intensivere

Kommunikation der Teilnehmer untereinander gelöst werden. Das individuelle Erfolgserlebnis

soll zu einem Gruppenerlebnis werden.

• Die Mitarbeiter sollen bei Aktivitäten der Teilnehmer nicht vorschnell eingreifen und sie dadurch

um ihre Eigenerfahrung bringen.

• Die Rahmengeschichte besitzt unterschiedliche Bedeutungen für die Teilnehmer. Einige lassen

sich durch die Geschichten begeistern und erleben sie mit viel Phantasie (Roland, Christoph,

Tina). Andere betrachten die Rahmenhandlung sachlicher und sehen die Aktion im Vordergrund

(Boris, Niclas, Hardy).

• Heike entschied sich dafür, nicht gemeinsam mit der Gruppe zu übernachten. Sie hat mir dies in

einem Gespräch anvertraut, da sich eine besonders enge Beziehung zwischen uns aufgebaut

hatte. Einerseits bedauern wir diese Entscheidung, da wir sie gerne bei dieser besonderen Aktion

dabei hätten. Andererseits bewundern wir sie für ihren Mut, trotz ihrer Zurückhaltung

selbstständig diesen Wunsch geäußert zu haben.

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3.4.4 4.Tag: Freitag, 28.04.2000

Tagesplan:

Referenten: Markus S., Michaela, Chrissie und Micha

Thema: Rettung des Planeten 'FUEGO PRONTO', Seeüberquerung, Seilrut sche, Seilpyramide,

Lagerfeuer und Übernachtung im Freien

Zeit Aktion Aufgaben der MA Material Teilziele 8.00-9.00h

Besprechung, Sachen packen Markus S. und Andreas erklären den Tagesablauf

Tagesplan Sicherungsmaterial Bälle, Essen, Getränke, Pflegemittel

Eigenverantwortung

9.00-10.00h

Frühstück, Smilie-Runde Begrüßung durch Norbert im Reisebüro; Anruf für Christian vom Planeten 'FUEGO PRONTO': "Rettet den Planeten und findet die magischen Kohlen für das heilige Feuer am Abend!", Übergabe der Kohlenkiste an TN

Markus S. alle MA im Reisebüro, Andres ruft an, 1 MA findet mit Hardy die Kohlenkiste, Norbert erklärt die Karte

Smilies, Handy, Kohlenkiste, Landkarte

Befinden Mitbestimmung, sich von Gewohnheiten lösen, sich mit neuen Aufgaben aus einander setzen, Spannung

10.00-11.00h

Fahrt zum Abenteuerspielplatz

alle MA

11.00-12.00h

Ankunft: Anruf für Christian: "Überquert den See und sammelt die magischen Kohlen!" 1.Aktion: Seeüberquerung über Steine anschl.: Aufenthalt auf dem Spielplatz, Fußballspiel, Anprobieren der Klettergurte, Gruppeneinteilung

3 MA bauen die Aktionen auf

Kohlen, Ball, Getränke

Kooperationsfähigkeit, gegenseitige Hilfe, gemeinsames Lösen der Aufgabe, Kooperation, Integration aller

12.00-13.00h

Anruf für Christian für Gruppe 1: "Erklettert die Seilpyramide und sammelt die magischen Kohlen!" Anruf für Gruppe 2: "Überwindet das Hochseil und sammelt die magischen Kohlen!" Gruppe 1: "Seilpyramide", Frank liegt in einer Hängematte unter der Seilpyramide. Parallel dazu Gruppe 2: "Seilrut sche" Abseilen der Rollstuhlfahrer.

4 MA 4 MA

Klettergurte, 4 Karabiner, 4 Bandschlingen, Beutel mit Kohlen, Hängematte; statisches Seil, 2 x 50 m Seil, Flaschenzug, Schlingen, Karabiner, 2 Achter, Beutel mit Kohlen.

Umgang mit Material und Anwenden neu erlernter Techniken, Erfahren von Wagnis und Selbstüberwindung, Kommunikation anregen, Integration, Verantwortungsgefühl für Ernstsituation entwickeln, Erfolgserlebnis

13.00- Mittagessen in Restaurant

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14.30h 14.30-15.30h

Gruppe 1: "Seilrut sche", Gruppe 2: "Seilpyramide"

s.o. s.o. s.o.

15.30-16.00h

Beide Gruppen sammeln zusammen Holz, Kohlen in die Kohlenkiste

Abbau der Seilrut sche Gemeinschafts-, Selbstwertgefühl steigern

16.00-17.00h

Rückfahrt Einkauf für das Grillen

Mitbestimmung

17.00-17.30h

Ankunft im Reisebüro Smilie-Reflexion in Kleingruppen

Markus S.

Smilies

Ritual: Sicherheit Erlebnisse reflektieren und verarbeiten

17.30-19.00h

Salate vorbereiten, Grillen

alle MA Verpflegung Mitbestimmung, neue Fähigkeiten entwickeln

19.00-20.00h

Essen im Garten alle MA Gemeinschaft, Freude und Spaß

ab 20.00h

Lagerfeuer mit den magischen Kohlen: Rettung des Planeten 'FUEGO PRONTO', Stockbrot backen, Disco in der Turnhalle

alle MA, Norbert erscheint als "Geist" und bedankt sich für die Rettung

Kohlen, Holz Brotteig, CDs

Rahmengeschichte, gemeinsames Erfolgserlebnis, unbekannte Situationen erleben

ab ca. 22.00h

Übernachtung drinnen oder draußen

alle MA Isomatten, Schlafsäcke, Taschenlampen

neue Erfahrung, Selbstüberwindung Wahrnehmung mit allen Sinnen

Tab. 4: 4 .Tag, Freitag, 28.04.2000

Tagesablauf:

Um 8.00 h t reffen sich alle Mitarbeiter und packen die Materialien für den heutigen Tag, der nicht in

der näheren Umgebung stattfinden wird, sondern auf einem großen Wald- Abenteuerspielplatz an der

Diepeschrather Mühle bei Köln.

Um 9.00 h treffen alle Teilnehmer ein. Lisa ist krank gemeldet. Nach dem Frühstück stellt sich

während der Smilie-Runde heraus, dass alle Teilnehmer dem Tag voller Erwartung entgegen sehen

und sich auf den heutigen gemeinsamen Abend freuen. Heike zeigt wenig Begeisterung. Niclas stört

es, dass wir immer noch nicht geklettert sind, obwohl es ein Programmpunkt ist .

Christoph bekommt während der Begrüßung durch Norbert einen unerwar teten Anruf vom heute

ausgewählten Planeten 'FUEGO PRONTO', auf den die Gruppe teils aufgeregt, teils neutral reagiert.

Nach der langen Fahrt zum Abenteuerspielplatz erhält Christoph einen weiteren Anruf. Dieser stellt

die Teilnehmer vor das Problem, den See auf vorhandenen Steinplatten zu überqueren. Für einige

stellt diese Aufgabe keine große Herausforderung dar. Boris erkennt schnell, dass Manuela, Daniel,

Frank und Thomas nur mit ihrer Hilfe das andere Ufer erreichen können. Mit vereinten Kräften der

Teilnehmer und Mitarbeiter überwinden alle Teilnehmer den See, trotz der ersichtlichen Möglichkeit,

um den See herum zu laufen. Ein Erfolgserlebnis ist in den Gesichtern zu beobachten.

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FOTO 5: "Seeüberquerung"

Anschließend kümmern sich einige Mitarbeiter um den zeitaufwendigen Aufbau der Seilrut sche, die

anderen spielen mit den Teilnehmern Fußball oder nutzen die Angebote des Spielplatzes

(Rollstuhlparcours) . Einige Teilnehmer knüpfen Kontakte zu anderen Kindern und Jugendlichen.

Das vorgezogene Mittagessen im nahegelegenen Gasthof verläuft unruhig und hektisch, evtl. weil

sich die Teilnehmer in einer unbekannten Umgebung befinden oder weil sie gespannt auf die

folgenden Aktivitäten und die bevorstehende Übernachtung im Freien sind.

Nach dem Essen werden die Teilnehmer durch einen erneuten Anruf auf die nächsten Aktionen

neugierig gemacht. Dabei müssen zwei Hindernisse überwunden werden, um an die magischen

Kohlen zu gelangen: die 'Seilrutsche'28 und die 'Seilpyramide'29 . Die Teilnehmer begeben sich je nach

Interesse in zwei Kleingruppen zu den beiden Stationen. Manuela ist sehr erschöpft und ruht sich im

Schatten aus.

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FOTO 6: "Abseilen"

An der Station 'Seilrut sche' werden im Vorfeld die Regeln für alle Teilnehmer erklärt (Hände an den

Gurt und nicht ans Seil greifen, Füße zusammen und anheben, auf die Kommandos achten). Wir

versuchen durch diese Einführung die Ernsthaftigkeit der Situation bewusst zu machen. Erst durch

mehrmaliges eindringliches Erklären kann die Seilrut sche ohne Gefahr von ihnen benutzt werden.

Daniel wird gesichert durch eine Bandschlingenkonstruktion, die am Rollstuhl befestigt ist, einen

steilen Abhang rückwärts abgeseilt. Er zeigt große Anspannung, jedoch auch Begeisterung. Die

'Seilrut sche' stellt für alle Teilnehmer eine Herausforderung dar, jedoch ist nicht jeder bereit, diese

anzunehmen. Es gesellen sich weitere neugierige Kinder und Jugendliche dazu, die an der Station

mithelfen und auch teilweise die Seilrutsche ausprobieren.

Die 'Seilpyramide' wird von vielen Teilnehmern, gesichert durch die Klettersteigtechnik, bezwungen.

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FOTO 7: "Seilpyramide"

Besonders Roland und Tina zeigen großen Ehrgeiz und beweisen ihren Mut. Auch Niclas und Boris

erklimmen mit großer Begeisterung die Seilpyramide. Während die einen klettern, verbringt Frank

lange Zeit in einer Hängematte, die im unteren Teil der 'Seilpyramide' befestigt wurde. Die

Bewegungen der Pyramide kann er so miterleben. Einige Teilnehmer sind noch sehr im Spiel mit

anderen Kindern und Jugendlichen vertieft, als wir aus Zeitgründen den Heimweg antreten müssen.

Auf dem Rückweg kauft eine Kleingruppe das Grillfleisch und die Würstchen ein.

Zurück am Haus ist einiges vorzubereiten: Salate machen und Tische decken, Grill anzünden, Holz

sammeln und Lagerfeuer vorbereiten. Während der Vorbereitungen wird Tina, die gerne den Abend

in der Gruppe verbringen möchte, überraschend von ihrer Mutter gebracht.

Vor dem Grillen findet eine kurze Smilie-Reflexion im Garten statt. Ein Großteil der Teilnehmer

äußert sich positiv über den Ablauf des Tages. Viele haben so etwas Aufregendes noch nie erlebt.

Roland erinnert alle an die Rettung des Planeten FUEGO PRONTO, indem er fragt: "Und was ist mit

den Außerirdischen? Wir haben doch alle Aufgaben gelöst!" Das 'heilige Feuer', das den Planeten

'FUEGO PRONTO' retten soll, wird nach dem Grillen entfacht.

Der Abschied von Heike bedrückt alle ein wenig, denn sie verlässt uns vorzeitig nach dem Grillen

und wird von Markus S. zu ihren Eltern gebracht.

Während des Lagerfeuers er scheint ein 'Außerirdischer ' über dem Dach der Garage (ein beleuchteter

Luftballon wird von Norbert an einem Besenstil bewegt). Der Außerirdische bedankt sich für die

erfolgreiche Rettung des Planeten 'FUEGO PRONTO'. Die Gruppe freut sich und jubelt.

Am Abend herrscht eine vertraute, ruhige und harmonische Atmosphäre. Einige sitzen mit Stockbrot

am Lagerfeuer, Markus spielt Lieder auf der Gitarre, andere tanzen in der Disco. Tina und Hardy

ziehen sich gemeinsam zurück und schlafen nebeneinander auf einer Matratze ein. Während des

Aufräumens wird das Feuer von Thomas gelöscht, indem er Wein in die Flammen gießt. Viele

möchten die Nacht draußen im Garten unter freiem Himmel verbringen. Für die meisten ist es die

erste Nacht, die sie draußen ohne Zelt verbringen. Die Aufregungen des Tages lassen alle schnell

einschlafen. An diesem Tag fand keine Mitarbeiter-Reflexion statt, so dass für den nächsten Tag

keine neuen Absprachen getroffen wurden.

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3.4.5 5.Tag: Samstag, 29.04.2000

Tagesplan:

Referenten: alle Mitarbeiter

Thema: Entspannung und Ausklang mit Abschlussreflexion

Zeit Aktion Aufgaben der MA

Material Teilziele

9.00-10.00h

Frühstück, Smilie-Reflexion

alle MA, Markus S.

Smilies

Austausch über die Nachterlebnisse

10.00-11.30h

Entspannung und Massage

alle MA Entspannungsmusik, Igelbälle

Entspannung, Ruhe, Wahrnehmung des eigenen u. anderer Körper

11.30-12.30h

Spiele in der Turnhalle Vorbereitung des Mittagessens

alle MA Ausklang, Selbst- und Mitbestimmung

12.30-13.30h

Mittagessen alle MA Verpflegung

13.30-15.00h

Spiele in der Turnhalle, Musik, Sachen packen

alle MA Spielmaterial Ausklang, k reative Ideen einbringen

15.00-16.00h

Abschlussreflexion alle MA Smilies, Schatzkisten

Verarbeitung und Transfer des Erlebten, Verabschiedung

Tab. 5: 5.Tag, Samstag, 29.04.2000

Tagesablauf:

Um 6.00 h werden die draußen Schlafenden durch einen lauten Donner geweckt. Es fängt an zu

regnen und wir ziehen uns ins Haus zurück. Tina nimmt den immer stärker werdenden Regen nicht

wahr und schläft weitert, bis wir sie ins Haus holen. Dort versucht jeder, noch ein bisschen zu

schlafen. Gegen 8.00 h s tehen die ersten auf und bereiten das Frühstück vor. Bei der anschließenden Smilie-

Runde mit der Frage nach dem Verlauf des gestrigen Abends und der Nacht werden folgende Aspekte

als besonders positiv hervorgehoben: der Außerirdische, das Lagerfeuer, das Stockbrot, das Tanzen in

der Disco, das Löschen des Feuers und das Schlafen unter freiem Himmel. Durch die vielen

Erlebnisse und die kurze Nacht sind alle sehr müde und möchten den Tag ruhig verbringen.

Wir machen es uns im Reisebüro bei ruhiger Musik und gedämpften Licht auf Matratzen und Polstern

bequem und massieren uns gegenseitig mit Igelbällen. Es herrscht eine sehr schöne angenehme

Atmosphäre und jeder genießt die Ruhe bis zum Mittagessen.

Nach dem Essen sinkt die Stimmung immer mehr, da allen bewusst ist, das dies der letzte Tag der

Stadtranderholung ist. Wir packen die persönlichen Sachen der Teilnehmer, während Andreas,

Markus D., Boris und Christoph die Küche aufräumen. Daraufhin sammeln sich alle in der Turnhalle

und wir spielen auf Wusch der Jugendlichen das Spiel 'Gordischer Knoten'.

Anschließend setzen wir uns auf Matten im Kreis zusammen und beginnen die Abschlussreflexion.

Die Teilnehmer und Mitarbeiter sollen jeweils ein besonders schönes und ein besonders negatives

Erlebnis dieser Woche nennen und dabei den grünen bzw. den roten Smilie hochhalten. Als schöne

Erlebnisse werden viele Aspekte genannt: das Klettern, die 'Seilrut sche', das Lagerfeuer, die Disco,

das Stockbrot, das Massieren u.v.m.. N egative Erlebnisse waren: der Regen, das frühe Aufstehen, der

Donner. Bei Manuela vermuten wir, dass sie zu viel Zeit im Rollstuhl saß. Thomas zeigt ein für uns

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undurchschaubares und verunsicherndes Verhalten: er weint und möchte nicht an der Reflexion im

teilnehmen.

Zum Abschluss überreichen wir den Teilnehmern ihre Schatzkisten zur Erinnerung an die Freizeit.

Bei einem letzen Abschiedsspiel zu dem schon bekannten Lied "Komm mit mir ins Abenteuerland"

haben einige Tränen in den Augen. Die Jugendlichen werden dann von ihren Eltern abgeholt.

Mit bedrückter Stimmung beginnen wir mit dem Aufräumen, das noch einige Stunden in Anspruch

nimmt.

3.5 Kritische Reflexion über die Durchführung

In der Beschreibung der Durchführung wurde auf einige Probleme, Schwierigkeiten und

Besonderheiten des Projektes hingewiesen. In diesem Kapitel wird nun die Durchführung anhand

einiger Fragestellungen kritisch reflektiert. Dabei beziehen sich die Ausführungen vorerst auf die

Resultate der Abschlussreflexion der Mitarbeiter, die eine Woche nach Beendigung des Projektes

stattfand (s. Anhang x) . Dadurch wird versucht, eine möglichst objektive Sichtweise darzustellen, da

mehrere unterschiedliche Ansichten berücksichtigt werden. Eine Gesamtreflexion mit kritischem

Rückblick auf das Projekt und mit Untersuchung der Fragestellung in Bezug auf den Theorieteil wird

in Kap. 4 vorgenommen.

3.5.1 Erwartungen an das Projekt

Schon während der Vorbereitungstreffen (s. Kap. 3.3.3) wurde deutlich, dass sehr unterschiedliche

Erwartungen und Ansprüche an das Projekt herangetragen wurden, die rückblickend zum größten Teil

erfüllt werden konnten. Eine Schwierigkeit stellten jedoch die örtlichen Umstände dar, so dass einige

der geplanten Aktionen in der Umgebung nicht durchführbar waren. Das kleine Waldgebiet s tellte

nicht den Rahmen für erlebnispädagogische Aktivitäten zur Verfügung, den wir uns gewünscht

hätten: hohe Bäume, Dickicht, Bäche, usw . Die Skepsis darüber, ob erlebnispädagogische Elemente

während einer Stadtranderholung in der Stadt möglich sind, bestätigte sich nur teilweise: wir haben es

geschafft, allen Teilnehmern trotz erschwerter Umstände eine erlebnisreiche Zeit zu bieten. Unsere

Erwartungen wurden in diesem Punkt sogar übertroffen, denn bei den Aktionen erlebten die

Teilnehmer die 'Abenteuer' intensiver, als erwartet; dies zeigten die verbalen und nonverbalen

Äußerungen während der Teilnehmerreflexionen. Erlebnispädagogische Ziele können jedoch besser

erreicht werden, wenn eine Freizeit nicht als Stadtranderholung in einem Wohngebiet, sondern als

Reise an einem Ort umgeben von Natur mit mehreren Übernachtungen stattfindet.

3.5.2 Die Organisation und Leitung des Projektes

Der hohe Aufwand im Vorfeld hat sich bezahlt gemacht, denn die Freizeit war gut vorbereitet und die

Teamkommunikation hat te eine gute Basis. Die Vorbereitungszeit wurde als zeitaufwendig und um-

fangreich, jedoch als notwendig beurteilt. Alle Mitarbeiter benötigten eine intensive Vorbereitung der

einzelnen Aktionen, da nur geringe das Projekt betreffende Vorerfahrungen existierten und in einigen

Aktionen Unsicherheit in Bezug auf Durchführung und Wirkung bestand. Um ein sicheres Gefühl

während der Aktionen zu bekommen, mussten diese gut durchdacht sein, denn bei der Durchführung

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traten unvorher sehbare Schwierigkeiten auf, die Flexibilität in der Organisation verlangten. In der

Durchführung konnten nicht alle vorbereiteten Aktivitäten umgesetzt werden, da der kleine Zeitraum

es nicht zu lies. Doch trotz gewissem Zeitdruck wurden die Aktionen zum Ende hin mit mehr Ruhe

und Souveränität angeleitet.

Großer Organisationsaufwand lag in der Vorbereitung der Rahmengeschichte, die aufgrund des

Interesses der Teilnehmer einen wichtigen Platz einnahm. Einige Teilnehmer reagierten mit großer

Begeisterung auf unsere Verkleidungen und Abenteuergeschichten, bei anderen lag die Aktion selbst

im Vordergrund. Wir sind uns einig, dass sich der Aufwand allein für Rolands Euphorie über die

'Außerirdischen' gelohnt hat .

Die Absprache im Team und mit der Leitung funktionierte sehr gut. Es herrschte ein ausgeglichenes

Verhältnis untereinander, da die Tagesleitung jeden Tag wechselte und die F reizeit dadurch von

jedem aus unterschiedlichen Perspektiven wahrgenommen werden konnte. Es mangelte bei einigen

Mitarbeitern am Anfang an Transparenz, die sich jedoch im Verlauf des Projektes gesteigert hat.

3.5.3 Wurden die vorher aufgestellten Ziele erreicht?

Die Reflexion bezieht sich auf die für das Projekt aufgestellten Ziele (s. Kap. 3.3.1). Zu den

allgemeinen Zielen ist zu sagen, dass viele von ihnen erreicht, alle angestrebt wurden. Wegen des

kurzen Zeitraums konnten eindeutige Tendenzen wahrgenommen werden, die sich bei längerem

Zeitraum wahrscheinlich hätten verfestigen können.

Viele Teilnehmer sind einen großen Schritt in Richtung Selbstbestimmung gegangen. Ein Beispiel

möchte ich hervorheben: Heike, die sehr schüchtern und zurückhaltend ist, hat selbst bestimmt, wann

sie die Freizeit verlässt (vgl. Kap. 3.4.4). Aber auch andere haben in den Reflexionen ihre Meinung

von Tag zu Tag freier geäußert, wie z.B. Boris, der sein Recht auf das im Programm vorgesehene

Klettern einforderte (vgl. Kap. 3.4 .3).

Die Kommunikation unter den Teilnehmern und zu den Mitarbeitern hat sich im Laufe der

Stadtranderholung sehr stark verbessert, denn zum einen wurde Vertrauen untereinander aufgebaut,

und zum anderen wuchs das Verantwortungsgefühl für sich und andere. Dies wurde dort deutlich, wo

die Teilnehmer auf Grenzen stießen. Individuelle Grenzen wur den von vielen Teilnehmern

überwunden, z.B. von Daniel, als er den steilen Abhang rückwärts meisterte (vgl. Kap. 3.4.4).

Grenzen in der Gemeinschaft wurden ebenfalls wahrgenommen, auf die mehr und mehr mit Toleranz

und Rücksichtnahme reagiert wurde, z.B. bei dem 'Spinnennetz' (vgl. Kap. 3.4.3) und der

'Seeüberquerung' (vgl. Kap. 3.4.4), als Manuela, Daniel und Frank Hilfe benötigten. Dadurch entstand

ein immer stärker werdendes Gemeinschaftsgefühl, in das immer möglichst alle Teilnehmer integriert

wurden. In Bezug auf die aufgestellten speziellen Ziele können folgende Aussagen gemacht werden:

Durch die vielen Aktivitäten unter freiem Himmel konnte die Natur mit allen Sinnen wahrgenommen

werden, z.B. sollten bei der Wanderung durch den Wald vier verschiedene Beschaffenheiten der

Natur (hart, weich, aus Holz, blühend) gefühlt, gesehen und gerochen werden (vgl. Kap.3.4.2) .

Problemsituationen wurden von den Teilnehmern erkannt - wenn auch nicht von allen in ihrer gesam-

ten Komplexität - und mit Hilfe der Mitarbeiter gemeinsam gelöst. Das führ te zu Erfolgserlebnissen

allein und in der Gruppe. Dies wurde besonders deutlich während des Tages auf dem Abenteuerspiel-

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platz. Durch das gemeinsame und individuelle Lösen der Aufgaben und dem darauf folgendem ret-

tenden Feuer konnten die Teilnehmer erfahren, dass sie in der Gruppe mit ihren individuellen Fähig-

keiten Konflikte lösen und Schwierigkeiten überwinden können (vgl. Kap. 3.4.4).

Bei vielen Aktionen wurde der Umgang mit verschiedenen Materialien geschult (Karabiner,

Klettergurt, Helm), d.h. neue Fähigkeiten wurden erlernt (z.B. an der Station 'Kletterpyramide', Kap.

3.4.4). Das Vertrauen in die individuellen Fähigkeiten wuchs und das Selbstwertgefühl stieg, denn

einige Teilnehmer verwehrten nach gewisser Zeit die Hilfe der Mitarbeiter und kletterten allein.

Bedürfnisse und Emotionen wurden besonders während der Reflexionen, aber auch in weiteren

Gesprächen deutlich gemacht. Das Eingestehen von Schwächen entwickelte die Sensibilität für

Gefühle und Probleme anderer; Roland drückte z.B. seine Angst vor der 'Spinne' aus (vgl. Kap.

3.4.3). Für einige Teilnehmer besaß die Freizeit jedoch nicht die Vertrauens - Atmosphäre, die für sie

grundlegend für emotionalen Austausch gewesen wäre, so dass sie sich mit ihren Bedürfnissen sehr

zurückhielten.

Das Lösen von Gewohnheiten, die Auseinandersetzung mit neuen Erlebnisräumen und die

Entwicklung von Kreativität und innovativem Handeln s tellte für einige Teilnehmer eine große oder

z.T. zu große Herausforderung dar. Die meisten orientierten sich an unseren Programmvorschlägen,

nur einige ergriffen aktiv und selbstständig die Initiative und trafen Entscheidungen für sich oder die

Gruppe (z.B. Heike).

In den Reflexionen wurde versucht, tiefgreifende und authentische Erlebnisse zu verbalisieren oder

durch geeignete Mittel auszudrücken und dadurch zu verarbeiten. Hervorheben möchte ich die Nacht,

die wir unter freiem Himmel verbrachten, denn dieses Erlebnis war für die meisten besonders

herausragend und setzte sich tief in ihr Bewusstsein fest (s. Kap.3.4.4; 3.4 .5).

Durch die Aussagen der Teilnehmer während der Reflexionen und in Gesprächen wurde deutlich,

dass den meisten Jugendlichen ein Großteil der Aktionen Spaß und Freude bereitet hat. Bei Heike

gehen wir durch ihre Äußerungen jedoch davon aus, dass sie sich während der Stadtranderholung

andere, ihren Interessen entsprechende Programminhalte gewünscht hätte, die sie eventuell nicht auf

diese Weise herausgefordert und verunsichert hätten. Daraus ziehen wir den Schluss, dass es bei der

Planung und Durchführung des Programms an geschlechtsspezifischer Differenzierung gemangelt hat

(vgl. Kap. 1.5.3). Auch bei Manuela und Frank können wir nur annehmen, dass sie die Freizeit als

positiv erlebt haben. Doch durch die Rückmeldung der Eltern wur de diese Annahme bestätigt.

3.5.4 Wurden die methodischen Prinzipien eingehalten?

Das für uns wichtigste Anliegen, von den Interessen der Teilnehmer auszugehen, erwies sich als

schwierig, da nur wenige der Interessen der Teilnehmer durch das Vortreffen bekannt wurden. Die

Rahmengeschichte mit den 'Außerirdischen' wurde aufgrund der Themenwünsche der Teilnehmer

gewählt und einige Spiele, die den Teilnehmern besonders viel Spaß gemacht hatten, wurden auf

ihren Vorschlag hin wiederholt. Bei einigen Aktionen waren wir uns jedoch nicht sicher, ob sie den

Interessen aller Teilnehmer entsprachen. Durch weitgehend positive Resonanz während der

Teilnehmerreflexionen wurden die meisten Aktivitäten jedoch bestätigt.

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Wir orientierten uns in Planung und Durchführung der Aktivitäten am Individuum und seinen speziel-

len Bedürfnissen, z.B. indem wir Meinungen und Stimmungen wahrnahmen und akzeptierten und um

die Integration jedes einzelnen bemüht waren. Besonders wichtig war dieses Prinzip für Manuela,

Frank und Daniel, für die wir die Aktionen variierten, indem wir z.B. spezielle Konstruktionen

bauten, um sie möglichst selbstständig am Geschehen teilhaben zu lassen ( s. Kap. 3.4.4).

Durch die Reflexion nach den jeweiligen Aktionen wurden spezielle Aspekte und Inhalte ausgedrückt

und verarbeitet. Bei einigen Teilnehmern konnte man eine hohe Identifikation mit den Aktionen

beobachten, die sie mit 'Kopf, Herz und Hand' herausforderten und begeisterten, z.B. Tina beim

Klettern und Roland mit den 'Außerirdischen' (s. Kap. 3.4.4) . Ob aus den Erfahrungen Erkenntnisse

werden, ist unserer Beobachtung durch die zeitliche und räumliche Distanz leider nicht mehr

zugänglich.

Freiwilligkeit und Zwanglosigkeit bestand während aller Aktivitäten. Bei Problemen oder

Verweigerung der Teilnahme wurden Gespräche der Klärung gesucht, ohne drängend auf die

Teilnehmer einzuwirken (vgl. Lisa bei der Smilie-Stimmungsabfrage, Kap. 3.4.3).

Ruhe- und Entspannungsphasen kamen wegen der länger als erwartet dauernden Aktionen oft zu

kurz. Nachmittags jedoch nahmen einige Teilnehmer den Ruheraum in Anspruch oder legten sich

draußen in den Schatten. Speziell den letzten Tag gestalteten wir dann ruhig und gelassen (s. Kap.

3.4.5). Sicherheit war zu jedem Zeitpunkt gewährleistet und wurde als Voraussetzung jeder Aktivität

gesehen. Dadurch ist es zu keiner direkten Gefahrensituation für die Teilnehmer und Mitarbeiter

gekommen. Während der gesamten Freizeit konnten die Teilnehmer viele neue Erfahrungen sammeln, die sie mit

auf ihren weiteren Lebens- und Erlebensweg nehmen. Welche konkreten Auswirkungen auf die

Gestaltung ihres Alltags bestehen, kann hier nicht erläutert werden. Auch die Mitarbeiter haben aus

den eigenen und den Erfahrungen der Teilnehmer Neues gelernt und können nun produktiv damit

umgehen. Durch den Gesamtrückblick auf die Durchführung wird deutlich, dass das Projekt von allen

Mitarbeitern mit einem lachenden und einem weinenden Auge beendet wird. Die zum Teil sehr

intensiven Begegnungen und Erlebnisse mit den Teilnehmern haben viel in uns bewegt und besitzen

eine einzigartige Bedeutung für jeden einzelnen. Die Erfahrungen, die wir durch dieses Projekt

gewonnen haben, üben einen großen Einfluss auf die Qualität unser weiteren Arbeit in diesem

Bereich aus. In uns wurde die Motivation und Lust geweckt, weitere Freizeiten mit

erlebnispädagogischen Inhalten zu gestalten, in die wir unsere Erfahrungen einbringen können.

4 Rückblick auf das Projekt in Bezug auf die

Erfahrungsmöglichkeiten von Menschen mit

Behinderungen

In diesem Kapitel wird die zu Beginn der Arbeit formulierte Fragestellung (vgl. Einleitung) erörtert:

Inwiefern bereichern erlebnispädagogische Aktivitäten die Erfahrungsmöglichkeiten von Menschen

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mit Behinderungen? Die Besonderheiten des Projektes werden hier vertieft und in Bezug auf ihre

Wirkung interpretiert. Als Untersuchungsaspekte werden die Theorie der Erlebnispädagogik (Kap. 1)

und die Theorie der Lebenswirklichkeit sowie die Erfahrungsmöglichkeiten von Menschen mit Be-

hinderungen (Kap. 2) hinzugezogen. Die Untersuchungsergebnisse werden aus subjektiver Sicht (me-

thodisch gesichert) beschrieben und können demnach nur bedingt verallgemeinert werden. Die ge-

samte Brandbreite des P rojekts wird wegen meiner subjektiven Selektion nicht wiedergegeben wer-

den können. Die Aussagen basieren auf unstrukturierten teilnehmenden Beobachtungen (vgl.

Kap.3.4), die während des Projektverlaufs getätigt und hinsichtlich ihres Bedeutungsgehaltes zusam-

mengestellt wurden. Im Rahmen dieser Arbeit konnten nicht alle gemachten Beobachtungen Berück-

sichtigung finden, so dass eine Auswahl der meines Erachtens prägnanten Situationen er folgt. Die

hierauf beruhenden Interpretationen und Schlussfolgerungen haben somit keinen Anspruch auf All-

gemeingültigkeit und Vollständigkeit. Aufgrund der fehlenden Vergleichsgruppe und der kleinen

Stichprobe können keine unantastbaren Aussagen gemacht werden; vielmehr wird ein Gesamtblick

dargestellt, der möglicht viele Inhalte integrieren soll.

Im Rückblick auf das beschriebene Projekt wird deutlich, dass fast alle erlebnispädagogischen

Aktivitäten mit den Jugendlichen wichtige Elemente und Merkmale der Erlebnispädagogik

beinhalteten. Damit wird die theoretische Betrachtung bestätigt, der nun im einzelnen nachgegangen

werden soll:

Ganzheitlichkeit und Handlungsorientierung spielten bei der Freizeitgestaltung eine übergeordnete

Rolle. Die Teilnehmer konnten durch praktisches Handeln viele unterschiedliche Erfahrungen

machen, von denen angenommen werden kann, dass sie sich intensiv auf ihre Persönlichkeit und

Lebenswirklichkeit auswirken können. Dabei standen kognitive, emotionale, motorische und soziale

Erfahrungen auf einer Stufe nebeneinander und wurden selten voneinander getrennt. Diese

Erfahrungen wurden ermöglicht durch den intensiven Aufenthalt in der Natur und durch die

Auseinandersetzung mit Problemlösungen allein und in der Gruppe. Die Teilnehmer bauten neue

Beziehungen untereinander auf, ein Gemeinschaftsgefühl wurde erreicht. Die von uns erwartete

Kommunikation und Kooperation fiel eher gering aus, da sich viele mit ihren individuell neuen

Erfahrungen beschäftigten.

Das erlebnispädagogische Element der Reflexion nahm einen wichtigen Teil der Freizeit ein. So

konnte beobachtet werden, dass die Teilnehmer ihre Gedanken von Tag zu Tag freier äußern und ihre

Empfindungen treffender beschreiben konnten. Der erhoffte Transfer von Erfahrungen bzw.

Erkenntnissen in den Lebensalltag ist aufgrund der räumlichen und zeitlichen Distanz nicht mehr

einer direkten Beobachtung unterzogen, doch ich kann mir vorstellen, dass viele der Teilnehmer in

ihrer Freizeitgestaltung mehr Mit- und Selbstbestimmung fordern und neue

Beschäftigungsmöglichkeiten wie z.B. Klettern auch in ihrem Alltag umsetzten.

Der metaphorische Aspekt gewann während des P rojekts mehr und mehr an Bedeutung und wirkte

sehr intensiv auf die Art des Erlebens ein. Der Einsatz der Rahmengeschichte hatte das Ziel, die Phan-

tasie der Jugendlichen anzuregen und ihnen zu ermöglichen, sich voll und ganz aus ihrem Alltag und

ihren festgelegten Rollen zu lösen. Außerdem vermittelte sie durch die wiederkehrenden Rituale

('Raumschiff') ein Gefühl der Sicherheit und Beständigkeit, die den Teilnehmern half, sich auf die

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Situationen einzulassen. Bei einigen Teilnehmern war eine hohe Identifikation mit dem Thema 'frem-

de Planeten' zu beobachten, so dass diese Ziele bei vielen Jugendlichen erreicht wurden.

Bei der Untersuchung der Freizeit auf ihre erlebnispädagogischen Elemente wurde deutlich, dass

erlebnispädagogische Aktionen durchaus mit Jugendlichen mit Behinderung möglich sind. Auch die

kritische Beurteilung der Durchführung mit Überprüfung der Ziele zeigt, dass diese zu einem Großteil

erreicht wurden. Es s tellt sich nun noch die Frage, inwiefern die individuelle Lebenswirklichkeit der

Jugendlichen durch die aus den Erlebnissen gewonnenen Erfahrungen verändert und bereichert.

Das Ziel des Abbauens der F remdbestimmung (vgl. Kap. 2.2.2) durch eine gesteigerte Selbst- und

Mitbestimmung wird besonders an dem Beispiel der sonst sehr zurückhaltenden Heike deutlich: sie

bestimmt selbst, wann sie die Freizeit verlässt und äußert ihren Entschluss gegenüber den

Mitarbeitern. In den meisten Situationen überließen die Mitarbeiter den Teilnehmern die

Entscheidungen und regten sie dazu an, ihre Meinung und Stimmung mit Hilfe veranschaulichender

Medien (Smilies) auszudrücken. Die Mitarbeiter mussten mit Einfühlungsvermögen, Verständnis,

Geduld und Sensibilität sehr behutsam umgehen und sich in vielen Situationen zurücknehmen, um

sich von der zur Überbehütung tendierenden Einstellung zu distanzieren und den Entscheidungs - und

Handlungsraum den Teilnehmern zu überlassen.

Die erlernte Hilflosigkeit (vgl. Kap. 2.2.3) der Teilnehmer konnte durch tätigkeits- und

handlungsorientierte Aktivitäten gemindert werden. Viele der erlebnispädagogischen Ziele des

Projekts waren auf Selbstständigkeit und Selbsttätigkeit ausgerichtet. Den Jugendlichen wurde die

Möglichkeiten gegeben, durch ihr eigenes selbsttätiges Handeln die gestellte Situation zu beeinflussen

und zu steuern. Wegen der Einschränkungen durch körperliche Behinderungen waren allerdings

deutlich Grenzen gesteckt. Entscheidung wurden nicht durch die Mitarbeiter gelenkt, sondern durch

verschiedene Medien angeregt und gefordert. Die Teilnehmer wurden mit Situationen konfrontiert,

die den üblichen ihnen bekannten Rahmen des Alltags sprengten und sie zu neuen, unbekannten

Verhaltensweisen brachten. Dadurch konnten sie neue Fähigkeiten entdecken und Vertrauen in

Handlungsfähigkeiten entwickeln. Selbstständige Korrekturen ihres Handelns waren von großer

Bedeutung für das weitere erfolgreiche Verhalten. Dieses neue Gefühl verstärkte die eigene

Handlungsmotivation, die wiederum weitere Wege ebnet, um in anderen unbekannten Situationen

entsprechend handeln zu können. Durch diese Erfahrungen wurde ein Gefühl dafür vermittelt, in

schwierigen Situationen nur soviel Hilfe wie benötigt anzufordern. Hilfe zur Selbsthilfe wurde

angeboten, um einen Ausweg aus der überbehüteten abhängigen Situation zu zeigen und zu

selbstständigem Organisieren anzuregen.

Die intensiven Gruppenerfahrungen im sozialen, emotionalen aber auch motorischen Bereich ermög-

lichten den Teilnehmern, ihr bisher vielleicht eher passiv-rezeptives Freizeitverhalten zu vermindern.

Es bleibt zu hoffen, dass sie nun ihre Freizeit mit mehr Abwechslung aktiver gestalten. Natursportli-

che Aktivitäten brachten den Teilnehmern eine Fülle von neuen Bewegungserfahrungen, die ihnen

neue Wege in ihrem Freizeitverhalten zeigten. Aktionen mit bewegungsorientiertem Schwerpunkt

haben den Vorteil, kognitive Schwächen in den Hintergrund und aktive Sozial- und Körpererfahrung

sowie Spaß an der Bewegung miteinander in den Vordergrund zu stellen. Die Erfolgserlebnisse der

Jugendlichen, die in ihrem Alltag viele Grenzen und Misserfolge erleben, vermitteln ihnen neue Le-

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bensimpulse und stärken ihr Selbstwertgefühl. Probleme bestanden in der Realisierung dieses Aspek-

tes für die Teilnehmer mit körperlichen Beeinträchtigungen, die wiederum in ein extremes Abhängig-

keitsverhältnis gerieten. Doch auch ihnen wurden Möglichkeiten eingeräumt, neue Erfahrungen in der

Bewegung (Abseilen, Hängematte) zu machen.

Durch mangelnde Begleitung nach dem dargestellten Projekt ist eine Sicherung der Veränderungen

durch die genannten Impulse nicht überprüfbar. Doch aufgrund der Beobachtungen wird davon

ausgegangen, dass alle Teilnehmer in vielen Erfahrungsbereichen große Fortschritte gemacht und eine

Horizonterweiterung erreicht haben, die ihr Selbstwertgefühl steigert und ihre Persönlichkeit

bereichert. In der kurzen Zeitspanne ergab sich nicht die Möglichkeit, diese Fortschritte in den Alltag

mit pädagogische Unterstützung einzubauen und sie dort zu beobachten. Am Ende der Freizeit konnte

jedoch erahnt werden, dass die Erlebnisse unauslöschliche Spuren hinterlassen hatten. Ich habe mit

mehreren der Jugendlichen auch nach dem Projekt noch Kontakt und kann feststellen, wie sich ihre

Persönlichkeit und ihr selbstbestimmtes Verhalten gestärkt haben. Doch dies kann nur langfristig

bestehen bleiben, wenn ihnen weiterhin reichhaltige Erlebnis- und Erfahrungsräume zur Verfügung

stehen. Ein Beispiel soll die nachhaltige positive Wirkung der Erlebnisse des Projekts auf die

Jugendlichen belegen: Bei einer Versammlung der LEBENSHILFE KÖLN e.V. mit einem

Jahresrückblick wurde ein Teilnehmer des Projektes 'Abenteuerland' nach seinen Erlebnissen des

Jahres bei Freizeitaktionen der LEBENSHILFE KÖLN e.V. befragt. Erst nach langen zögerlichen

Überlegungen strahlte sein Gesicht auf und er sagte: "Ich bin gekletter t!"

Die Fragestellung kann demnach positiv, wenn auch offen, beantwortet werden:

Erlebnispädagogische Aktivitäten ermöglichen Menschen mit Behinderungen, neue Erfahrungen zu

sammeln, die sich bereichernd auf ihren Lebensalltag auswirken können, und die Impulse geben,

langfristig ihr Verhalten positiv verändern zu können.

5 Ausblick

In der Auseinandersetzung mit den Grundlagen, Elementen und Zielen der Erlebnispädagogik sowie

mit Menschen mit Behinderungen und ihrer Lebenswirklichkeit wurde deutlich, dass in der Literatur

und in der praktischen Umsetzung wenige Ansätze der Verbindung dieser handlungsorientierten

Pädagogik mit der pädagogischen Arbeit mit Menschen mit Behinderung existieren. Die

Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen zeichnet sich in vielen Bereichen eher durch

Erlebnisarmut aus.

Ausgehend von der theoretischen Grundlage (vgl. Kap. 1, 2) wurde ein Konzept für eine erlebnispä-

dagogisch orientierte F reizeit mit Jugendlichen mit Behinderungen entwickelt, welches erlebnispäda-

gogische und sonderpädagogische Ziele integrierte. Die Möglichkeit der Umsetzung erlebnispädago-

gischer Aktionen mit Menschen mit Behinderungen wurde in der Praxis bestätigt. Anhand der qualita-

tiven Forschungsmethode der teilnehmenden Beobachtung wurde der Frage nachgegangen, inwieweit

die Teilnahme an einer erlebnispädagogischen Freizeit den Erfahrungsraum der Teilnehmer erweitern

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und somit zu positiven Veränderungen der Lebenssituation führen kann. Die Frage konnte unter sub-

jektiver Selektion der Beobachtungssituationen positiv beantwortet werden (Kap. 4 ).

Als Fazit kann festgehalten werden: erlebnispädagogische Aktivitäten wirken sich positiv auf

Jugendliche aus und die Durchführung einer erlebnisorientierten Freizeit erscheint durchaus sinnvoll,

sollte jedoch einen längeren Zeitraum einnehmen. Die gemeinsamen Aktivitäten in der fremden

Umgebung und die verschiedenen Aufgaben haben zu vielfältigen Veränderungen der Individuen und

der Gruppe geführt. Es muss jedoch beachtet werden, dass sich die dargestellten

Untersuchungsergebnisse lediglich auf einen ausgewählten Interaktionsbereich beziehen und folglich

nur bedingt verallgemeinert werden können. Die Beobachtungen während der Freizeit lassen jedoch

auf weitere positive Veränderungen im Sozialverhalten und in selbstständigen Handeln schließen:

Jeder Teilnehmer hat für sich kleine Fort schritte erfahren können, die nicht in jedem Fall für Betreuer

und Bezugsper sonen ersichtlich sind. Da jedoch diese Freizeit als kurzzeitpädagogisches Angebot

nicht ausschließlich Garant für eine gelingende sonderpädagogische Arbeit sein kann, mu ss auch auf

weiterführender Ebene im Sinne eines Transfers die erlebnispädagogische Arbeit fortgesetzt werden,

um eine größt mögliche Effektivität dieser Maßnahme, also möglichst viele der aufgestellten Ziele, zu

erreichen. Spätestens an diesem Punkt treten Grenzen und Hindernisse der Erlebnispädagogik mit

Menschen mit Behinderungen auf, indem ihr Leben - zurück im Alltag von Schule, Beruf und

Elterhaus bzw. Wohnheim - wieder durch Abhängigkeiten, Überbehütung und Abgrenzungen geprägt

ist. Die erlebnispädagogische Freizeit 'Abenteuerland' mit Jugendlichen mit Behinderungen hat gezeigt,

dass erlebnispädagogische Maßnahmen durchaus für diesen Personenkreis möglich und sinnvoll sind.

Die Grenzen und Hindernisse der Umsetzung liegen demnach nicht in den mangelnden Fähigkeiten

der Menschen mit Behinderungen, sondern werden vielmehr durch Institutionen, Eltern oder auch

pädagogischen Mitarbeitern und deren Einstellung dieser Thematik gegenüber, gesetzt. Aus diesem

Grund muss sowohl in der Vor- als auch in der Nachbereitung von erlebnispädagogischen

Programmen für Menschen mit Behinderungen, die sich an der individuellen Entwicklung und an den

jeweiligen Fähigkeiten der Teilnehmer orientieren, intensive Elternarbeit geleistet werden, um

Vorbehalte abzubauen und einen Weg zu bahnen, der auch nach einer Maßnahme den Transfer der

Erfahrungen in den Alltag ermöglicht. Dadurch werden hohe Anforderungen an die Mitarbeiter und

ihre Kompetenzen gestellt.

Die LEBENSHILFE KÖLN e.V. wird in den folgenden Freizeiten den erlebnispädagogischen Aspekt

intensiver integrieren und - ausgehend von diesen ersten Erfahrungen und Erkenntnissen - das

Konzept meinen Verbesserungsvorschlägen anpassen. Dazu wird ein Exemplar dieser Arbeit zur

Verfügung stehen.

Ich habe durch die Planung, Durchführung und intensive kritische Reflexion des Projektes viele

Erfahrungen und Erkenntnisse gewinnen können, die mich in meiner weiteren Arbeit im

sonderpädagogischen und erlebnispädagogischen Bereich begleiten und beeinflussen werden. Mir und

vielen anderen wird die Freizeit 'Abenteuerland' positiv im Gedächtnis bleiben und ich teile mit den

Teilnehmern den Wunsch, bald wieder in ein neues 'Abenteuerland' zu reisen.

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Literaturverzeichnis

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schwerster Behinderung. Handbuch der Sonderpädagogik, Bd. 12, Berlin, 1991, S.3-15

BACON, Stefan: Die Macht der Metaphern, 1. Aufl., Alling, Sandmann, 1998

BAUER, Hans Georg / NICKOLAI, Werner: Erlebnispädagogik in der sozialen Arbeit, 2. Aufl.,

Lüneburg, 1991

BAUER, Hans Georg: Erlebnis- und Abenteuerpädagogik: eine Literaturstudie, Hrsg. von

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Günther: Erlebnispädagogik. Geschichtliches, Räume und Adressat(in)en,

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MEYERS GROSSES HANDLEXIKON, 19. neu bearb. Aufl., Mannheim, 1998

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erw. Aufl., München, Wien, 2000

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THEUNISSEN, Georg / PLAUTE, Wolfgang: Empowerment und Heilpädagogik: ein Lehrbuch,

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Wiederentdeckung der Wirklichkeit, Erlebnis im gesellschaftlichen Diskurs und in der pädagogischen

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ZIEGENSPECK, Jörg: Erlebnispädagogik. Rückblick - Bestandsaufnahme - Ausblick. Bericht über

den gegenwärtigen Entwicklungsstand der Erlebnispädagogik in der Bundesrepublik Deutschland

unter besonderer Berücksichtigung der Lüneburger Anstöße und Projekte. Dokumentation der

geleisteten praktischen und theoretischen Arbeit (1980-1992). 4. Aufl., Lüneburg, 1992

ZIEGENSPECK, Jörg: Statements zur Podiumsdiskussion. In: BEDACHT, Andreas (Hrsg.):

Erlebnispädagogik: Mode, Methode oder mehr?; Tagesdokumentation des Forums für

Erlebnispädagogik, 2. unveränd. Aufl., München, 1994, S. 15-21

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ZIELNIOK, Walter / SCHMIDT-THIMME, Dorothea: Gestaltete F reizeit mit geistig Behinderten.

Theorie und Realisation unter integrativen Aspekt, 4. erw. Aufl., Heidelberg, 1990

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i

Anhang

Tagesprotokolle "Abenteuerland":

Protokoll von Dienstag, den 25.04.2000, 1.Tag

Tageleitung Norbert und Stefan:

• Norbert war aufgeregt und fühlte sich etwas unsicher.

• Alle Aktionen wurden innerhalb des Zeitplans durchgeführt.

• Es müssen mehr Pausen für Freiraum und Ruhe eingeplant werden.

• Aktionen im Haus und im Garten waren ein passender Einstieg für das erste Kennen lernen

untereinander.

• Es herrschte relaxte Stimmung mit viel Sonne.

• Der Blindenparcours hat super geklappt und alle waren beteiligt.

• Das Basteln verlief ruhig mit schönen individuellen Ergebnissen.

Mitarbeiter:

• Die Phantasiegeschichte muss noch glaubwürdiger erzählt werden, ohne Erklärungen.

• Die Schätze müssen bewusster in die Schatzkiste gesammelt werden.

• Norbert bleibt während der gesamten Freizeit der Reiseleiter.

• Wir können noch mehr Musik und Getöse beim 'Abflug' machen.

• Bei Problemlöseaufgaben benötigen die Teilnehmer mehr Zeit und Raum für eigene Ideen.

• Den Pflege und Toilettengang sollte wir besser mit zwei Betreuern machen.

• Die 'Rede-stop-Regel' mit dem Hände hoch halten muss noch mal für alle deutlich gemacht

werden. Teilnehmer:

• Es gab große Begeisterung über die 'Außerirdischen' in der Phantasiegeschichte.

• Das Schwungtuch als 'Raumschiff' kam gut an.

• Alle Teilnehmer waren heute relativ gut integriert, d.h. es herr scht eine gute Basis für die gesamte

Woche.

• Während des Namensspiels wurden von den Teilnehmern eigene Ideen genannt.

• Thomas: Er darf nur auf die kleine Toilette gehen, in der sich keine Putzmittel befinden. Er zeigte

einen guten Einstieg in die Gruppe, darf aber nie aus den Augen gelassen werden, da er sehr grob

mit anderen umgeht. Er zeigt anhängliche Seiten und mag Körperkontakt.

• Heike: Sie ist sehr zurückhaltend, lacht aus Verlegenheit und braucht viel Geduld und

Motivierung. Sie hört gerne zu, wenn andere reden.

• Manuela: Sie war heute sehr wach und beobachtete viel; sonst zeigte sie keine Reaktionen.

• Daniel: Er hat viel Spaß an den Spielen, sollte aber öfter aus dem Rollstuhl genommen werden.

Reflexion:

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ii

• Die Teilnehmer haben die Smilies positiv aufgenommen.

• Die Reflexion soll ab sofort zweimal am Tag, morgens und abends, stattfinden.

Teamreflexion:

• Die Position des Betreuers Stephan erscheint schwierig und unklar: wir sollten ihn besser ins

Team integrieren und ihm den anstehenden Tagesplans vorstellen.

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iii

Protokoll von Mittwoch, den 26.04.00, 2. Tag

Tagesleitung Micha und Chrissie:

• Die Aktionen, besonders das Hochsichern, waren zu langatmig.

• Das Kochen im Freien war gut, soll aber nächstes Mal im Schatten stat tfinden.

• Das Material und die Aufgaben müssen allen Mitarbeiter noch genauer erklärt w erden.

• Die Plätze sollen den Aktionen entsprechend geeigneter ausgewählt werden.

Mitarbeiter:

• Die Umsetzung der Aktion 'in den Seilen hängen' erwies sich als schwierig und war für

Teilnehmer wenig interessant.

• Der Gesamtablauf verlief fließend; jeder Mitarbeiter suchte sich seine Aufgaben.

• Die Pause nach dem Hochsichern was angebracht, denn alle waren erschöpft .

• Die Gruppe sollte bei längeren Aktionen besser in Kleingruppen aufgeteilt werden.

• Die Mitarbeiter haben zu schnell eingegriffen; sie sollten den Teilnehmern mehr Zeit lassen zum

selber Ausprobieren.

• Wir erhielten einen sehr persönlichen Brief von Stephan über seine Stellung im Team; die

Mitarbeiter können ihn nun besser einschätzen und mit der Situation umgehen.

• Frage: Sollen die Teilnehmer zu den Gruppenaufgaben überredet werden? → wir müssen ihre

Ängste sensibler wahrnehmen und sie motivieren, dabei aber das Prinzip der Freiwilligkeit

einhalten.

• Die Wichtigkeit einer Aufgabe soll bewusster gemacht werden.

Teilnehmer:

• Heike muss noch mehr in die Aktivitäten mit einbezogen werden.

• Frank hat geweint; das war ein ungutes Gefühl für Mitarbeiter, denn wir wussten nicht, ob wir

eingreifen sollen oder nicht.

Reflexion:

• Einige Teilnehmer vers tehen das Prinzip der Reflexion nur teilweise, deswegen ist es besser, wenn

wir Detailfragen stellen.

• Die Reflexion ist in großer Gruppe sehr lang, deshalb sollten wir die Schlussreflexion evtl. in

Kleingruppen abhalten.

Teamreflexion:

• positiv: Es herrscht gute Kommunikation und entspannte Atmosphäre unter den Mitarbeitern; gute

Absprachen werden getroffen; die Tagesleitung hatte gute Ideen.

• negativ: Genauere Anleitung bei Aktionen sind notwendig, denn die Tagesleitung setzt zuviel

voraus; wir dürfen nicht zu schnell in die Handlungen der Teilnehmer eingreifen und sie selber

machen lassen.

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iv

Protokoll von Donnerstag, den 27.04.00, 3. Tag

Tagesleitung Michaela und Markus D.:

• Das Programm musste kurzfristig umgeplant werden und war deshalb etwas stressig.

• Der Tagesablauf war trotzdem gut und flüssig.

• Der Tagesbeginn war stressig bis zum Treffen am Platz, daher kam es zu Verzögerungen.

• Das Überbrückungsspiel 'Gordischer Knoten' kam bei der wartenden Gruppe gut an.

• Die Aktionen 'Spinnennetz' und 'Sumpfdurchquerung' verliefen gut, trotz kurzer Wartezeit.

• Die Zusammensetzung des Lösungsworts dauerte lange, denn es war heiß und alle hatten Hunger.

• Für jeden Teilnehmer war das Programm ansprechend: Suchen und Finden, 'Außerirdische', Worte

zusammensetzen, Natur erleben u.v.m.

• Der zu freien Verfügung stehende ruhige Nachmittag war erholsam für die Teilnehmer und

Mitarbeiter.

Mitarbeiter:

• Die Aufgaben waren vom Thema her passend für den heutigen Tag.

• Die Unterstützung der Kommunikation der Teilnehmer untereinander war notwendig.

• Die Mitarbeiter greifen aus Zeitdruck zu schnell ein.

• Unterschiedliche Hilfestellungen sollen angeboten werden.

• Die Gruppenaufteilung war gut und soll beibehalten werden, da die Aktionen ruhiger und

überschaubarer waren und intensivere Erlebnisse in der Gruppe gemacht wurden.

• Die Erklärungen sollen noch eindeutiger und vereinfachter für das unterschiedliche Verständnis

der Teilnehmer formuliert werden.

Teilnehmer:

• Die Kommunikation untereinander ist eingeschränkt und nur durch Zuspruch der Mitarbeiter

werden gemeinsam Probleme bewältigt.

• Die Rahmengeschichte ist von großer Bedeutung für die Teilnehmer.

• Das 'Einklinken' und 'Ausklinken' hat gut geklappt →Erfolgserlebnis

• Heike ist noch immer sehr zurückhaltend; sie möchte am Freitag nicht mit der Gruppe im Haus

übernachten; sie hat diesen Wunsch klar und deutlich geäußert.

• Es gab eine komplizierte Situation mit Frank, da er sehr laut weinte und die Mitarbeiter Stephans

Reaktion nicht verstehen konnten.

• Hardy wollte zuviel Körperkontakt, das empfanden wir als anstrengend; daraufhin wurde ihm die

Erklärung gegeben, dass die Mitarbeiter und Teilnehmer diesen engen Kontakt nicht unbedingt

möchten; Andys Reaktion war positiv.

• Thomas war trotz auffälligem Verhalten gut integriert und hatte Spaß; er war stolz auf sein

selbständiges Handeln.

Reflexion:

• Es wurden positive und negative Antworten gegeben, die immer besser differenziert werden.

• überraschend: Roland hatte Angst vor der 'Spinne' und dem 'Sumpf', deshalb müssen wir Inhalte

von Geschichten mit Vorsicht auswählen.

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v

• Es soll immer nur ein Mitarbeiter die Teilnehmer fragen, sonst herrscht Verwirrung.

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vi

Protokoll vom Freitag, den 28.04.00, 4.Tag

Tagesleitung Markus S., Andreas , Michaela, Chrissi e, Micha:

• Insgesamt war der heutige Ablauf des Tages st ressig, da der Zeitplan nicht eingehalten werden

konnte.

• Wir hatten jedoch eine gute Absprache bei spontaner Programmänderung.

• Es gab viele ver schiedene Aufgabenbereiche, so dass alle Betreuer intensiv beteiligt waren.

• Die Aktionen verliefen gut, besonders die 'Seilrut sche' und die 'Kletterpyramide'.

• Der Stationen - Aufbau dauerte sehr lang, deswegen kam es zu Verzögerungen.

• Das Essen im Restaurant verlief unstrukturiert und unübersichtlich.

Mitarbeiter:

• Alle Mitarbeiter mussten ihre Augen überall haben, besonders während des Kletterns und auf dem

Spielplatz.

• Die Organisation war teilweise unübersichtlich und Absprachen wurden nicht an alle

weitergegeben.

• Stephan ist "aus sich heraus" gegangen.

Teilnehmer:

• Es war für alle ein anstrengender erlebnisreicher Tag.

• Manuela hat zu lange Zeit im Rollstuhl gesessen und wurde zu wenig integriert.

• Die anderen haben viele individuelle Erfolgserlebnisse erlebt, beim Klettern und bei der

Seilrutsche.

• Frank war gut integriert in der Hängematte unter der Klettergerüst.

• Das Ziel, dass alle die "Heiligen Kohlen" finden, wurde erreicht.

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vii

Protokoll von Freitag Abend, den 28.04.00, Lagerfeuer und Übernachtung

Mitarbeiter:

• Durch Verzögerung der Rückfahrt entstand Stress bei den Grillvorbereitungen.

• Das Essen fand draußen in der Dämmerung stat t; dafür wurde umso mehr gegessen.

• Es herrschte eine sehr gemütliche Atmosphäre am Lagerfeuer.

• In der Turnhalle fand die langersehnte Disco statt.

• Silke (LEBEBSHILFE) kam zu Besuch.

Teilnehmer:

• Alle hatten großen Hunger und waren erschöpft; die ersten wollten schon nach dem Essen ins Bett

gehen.

• Tina und Hardy haben in der Turnhalle gekuschelt und sind gemeinsam eingeschlafen.

• Das Feuer und die Erscheinung des Geistes faszinierte vor allem Roland.

• Das Stockbrot aßen alle gern.

• Thomas goss Wein ins Feuer - er wollte nur löschen!

• Vier Teilnehmer schliefen draußen und alles verlief problemlos, bis der Donner kam.

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viii

Protokoll von Samstag, den 29.04.00, 5. (letzter)Tag

Tagesleitung Norbert mit allen Mitarbeitern:

• Alle waren sehr müde und wollten einen ruhigen Tag verbringen.

• Wir veranstalteten ein langes Frühstück; der Regen passte zur Atmosphäre.

• Gegenseitiges Massieren, Ausruhen, Einschlafen...

• Es wurden noch ein paar ruhige Abschlussspiele durchgeführt.

• Die Abschlussreflexion geschah in sehr schöner ruhiger Atmosphäre; einige waren sehr traurig,

andere waren müde und freuten sich auf zu hause.

• Die Verabschiedung geschah relativ schnell; anschließend fingen wir an, aufzuräumen.

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ix

Protokoll der Abschlussreflexion der Mitarbeiter am Dienstag, den 09.05.20000

Reflexionsthemen:

1. Welche Erwartungen waren an das Projekt gestellt?

2. Wie wird die Stadtranderholung im Rückblick beurteilt?

3. Wie war die Integration der Rollstuhlfahrer? Wie war die Gruppenzusammenstellung?

4. Kommentare zu der vorzeitigen Verabschiedung von Heike aus der Gruppe;

5. Rückmeldung an die Leitung und die Projektvorbereitungen.

Welche Erwartungen waren an das Projekt gestellt?

• Einige hatten keine großen Erwartungen, da Ungewissheit bestand, welche Wirkung die Aktionen

auf die Teilnehmer haben werden. Es bestand jedoch hohe Spannung.

• Das Projekt konnte erfolgreich sein, es können jedoch auch viele Probleme auftreten.

• Die Erwartungen waren z. T. hochgesteckt, doch die Heterogenität der Teilnehmergruppe ließ

Zweifel aufkommen.

• Skepsis bezog sich auf den Umstand, das ein erlebnispädagogisches Konzept in der Stadt mit

wenig Naturraum stat tfinden sollte. Doch nach er folgreicher Beendigung des 1. Tages schwand

dieser Gedanke.

• Das Thema "erlebnispädagogische Aktionen" stand im Vorfeld bei einigen eher im Hintergrund,

da das Projekt ein erster Versuch mit diesem Schwerpunkt war.

• Unsicherheiten bestanden bei der Leitung, da es die erste Leitungsrolle mit einer für die

LEBENSHILFE neuen Zielsetzung war.

Wie wird die Stadtranderholung im Rückblick beurteilt?

• Es war eine erfolgreiche Stadtranderholung, da viele unserer Ziele erreicht wurden.

• Es wurde zu wenig Zeit für die Gruppenentwicklung eingeplant.

• Die Rahmengeschichte kam gut an, war aber auch mit hohem Aufwand verbunden. Die

Spontaneität wurde durch die strickte Tagesplanung eingeschränkt.

• Wir haben viele unter schiedliche Programmpunkte in kurzer Zeit abgehandelt. Deshalb wirkt das

Projekt überladen und sollte auf einen längeren Zeitraum als Reise mit

Übernachtungsmöglichkeiten ausgedehnt werden.

• Die Reflexionen zeigten in der Gruppe ihre Wirkung: von Tag zu Tag konnten sich die

Teilnehmer freier äußern. Die Tagesgeschehnisse wurden noch mal ins Gedächtnis gerufen und

wir bekamen eine direkte Rückmeldung.

• Die Kommunikation im Team und vom Team zur Gruppe war sehr gut. Die Kommunikation der

Teilnehmer untereinander blieb jedoch eingeschränkt.

• Das Team ist positiv überrascht, wie gut die Aktionen von der Gruppe gelöst wurden.

• Die Integration verlief zufriedenstellend.

• Die Bildung von Kleingruppe hat sich als hilfreich erwiesen, obwohl die Gruppeneinteilung auch

Nachteile hatte.

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x

• Bemängelt wurde, dass es in dem Rahmen nicht möglich war, die Teilnehmer intensiver in die

Vorbereitungen mit einzubeziehen. Für ein besseres Kennen lernen wird demnächst ein ganzer

Tag Vortreffen eingeplant. Das Thema Selbstbestimmung kann noch vertieft werden.

Wie war die Integration der Rollstuhlfahrer? Wie war die Gruppenzusammenstellung?

• Die Rollifahrer wurden nur bedingt in die 'aufregenden ' Aktionen integriert, denn es fehlte

teilweise an geeigneten Materialien.

• Viele Aktionen waren sehr erfolgreich, da sie besonders den Rollifahrern Freude bereiteten und

die anderen Teilnehmer ihnen helfen konnten ('Spinnennetz'), im Sinne von: "Jeder nach seinen

Möglichkeiten - aber alle zusammen!"

• Bei Manuela wurde befürchtet, dass sie zu lang im Rollstuhl saß und mehr Zeit mit Laufen hätte

verbringen können (wurde schnell übersehen).

• Der Einsatz der Hängematte für Frank wurde als sehr positiv beurteilt, denn er war involviert und

konnte die anderen 'spüren'.

• Über die Teilnahme schwerstbehinderter Teilnahme an einem erlebnispädagogischen Projekt war

man geteilter Meinung.

• Einigkeit bestand über die Fortführung derartiger Projekte für alle Teilnehmer des Jule-Clubs.

• Der Betreuer Stephan hatte Schwierigkeiten, sich in die Mitarbeitergruppe einzufinden. Es fehlten

ihm die Möglichkeiten, an allen Vortreffen und Tagesreflexionen teilzunehmen.

Kommentare zu der vorzeitigen Verabschiedung von Heik e aus der Gruppe

• Für Heike wäre eine feste Ansprechpartnerin sinnvoll gewesen, damit sie größeres Vertrauen zu

einer Per son fassen kann.

• Es ist fraglich, ob diese Stadtranderholung thematisch sinnvoll für Heike war, denn ihre Interessen

wurden selten aufgegriffen. Nach Gesprächen mit dem Vater war es ein Versuch, Heike neue

Freizeitbeschäftigungen zu offenbaren.

• Als Heike am letzten Abend der Freizeit von einem Mitarbeiter nach Hause gebracht wurde,

wurde sie nicht von ihren Eltern in Empfang genommen; es hätte ein deutlichere Absprache

erfolgen müssen.

Rückmeldung an die Leitung und die Projektvorbereitungen.

• Norbert als Leitung wurde nicht als Führungsperson angesehen, da er sich sehr im Hintergrund

hielt.

• Die Aufgaben hätten deutlicher an die Mitarbeiter verteilt werden können, um die Vorbereitungen

zügiger zu gestalten.

• Am Anfang fehlte es an Transparenz.

• Die Aufgabenverteilung durch die Tagesleitungen wurde als angenehm empfunden.

• Es fehlte vor Beginn des P rojektes ein Einweisung in das Material, die Sicherheitstechniken usw.

Für die Aktionen war größere Routine erwartet worden.

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xi

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xii

Reflexionsbögen aller Teilnehmer Name: Heike

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Morgens:

Abends:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Abends: Kleingruppen

Fragen: Was war gut?

Was war schlecht?

Pos.: ”Das Springen”

Neg.: ”Ich weiß nicht.”

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Gut

Möchte nach Hause; Eltern sind

aber nicht da

29.04.:

Heike hat am Freitag die

Entscheidung gefällt, den

Samstag nicht mehr mit der

Gruppe zu verbringen.

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xiii

Name: Niclas

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Abends: Kleingruppen

Fragen: Was war gut?

Was war schlecht?

Pos.: ”Spaziergang,

Spinnennetz”

Neg.: ”Mir fällt nichts ein”

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

”Ich möchte Klettern, weil es ja

auf dem Programm stand”

”Wir waren Klettern, das war

gut” 29.04.:

x

”Draußen schlafen war toll”

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xiv

Name: Frank

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Schlecht geschlafen

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Freut sich auf die Übernachtung

Hängematte, Rollstuhlparcours

29.04.:

x

Stress mit Stephan

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xv

Name: Thomas

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Wanderung und Mittagessen

waren gut

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

29.04.:

r

Thomas hat geweint und konnte

sich nicht äußern

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xvi

Name: Roland

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Spinne war schlecht, Schatz war

gut

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Hat gebrochen und hofft auf

Besserung

Gut gegessen, geklettert,

gerutscht, Außerirdische?

29.04.:

x

Freut sich aufs draußen

schlafen, Außerirdische sind

aufgetaucht, mag kein Gewitter

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xvii

Name: Christoph

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Erwartung: Fußball, Disco, CD

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Positive Erwartungen: freut sich

auf den Tag!

Restaurant, Klettern, Rutschen

29.04.:

x

Seilrutsche, Klettern, Stockbrot,

Feuer ausmachen, alles war toll

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xviii

Name: Lisa

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

Will nichts sagen.

Knotenspiel hat Spaß gemacht.

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

War krank

Kam am Abend: war nicht bei

den Tagesaktionen dabei, müde

29.04.:

x

Stockbrot, Knotenspiel

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xix

Name: Boris

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Kochen, draußen sein

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Klettern bis zur Spitze

29.04.:

x

Zusammensein war schön, ist

jetzt müde

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xx

Name: Daniel

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Spinnennetz war spannend.

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Rutsche war klasse!

29.04.:

x

Lagerfeuer schön, nicht lang

geschlafen

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xxi

Name: Manuela

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

29.04.:

x

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xxii

Name: Tina

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Grün, lachender Smilie, hat gute

Laune

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Lacht, wie immer, Spielplatz,

Schaukeln, Klettern mit Michae-

la

29.04.:

x

Draußen sitzen mit Michaela,

draußen schlafen, Massieren

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xxiii

Name: Hardy

Tag

Mo. / Ab. K J L Kommentar

25.04.:

Mo.:

Ab.:

x

26.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Erst gelb, dann um entschieden,

ist müde

27.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Nimmt gelb, aber ihm geht’s gut

War blöd, dass wir kein Fußball

gespielt haben

28.04.:

Mo.:

Ab.:

x

x

Hat einen roten Smilie genom-

men, aber nicht gezeigt

29.04.:

x

Disco

Michaela Böddecker

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