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Pflanzenphysiologie 5: Entwicklungsphysiologie
Phytochrom
Phototropin/Cryptochrom
Tropismen und Nastien
Biologie I: Pflanzenphysiologie WS 2009/2010
Rüdiger HellHeidelberger Institut für Pflanzenwissenschaften
Copyright Hinweis:Das Copyright der in dieser Vorlesung genannten Lehrbücher oder reproduzierten Bilder wird anerkannt.Die Reproduktion dient reinen Lehrzwecken.
Auxine
Gibberelline
Cytokinine
Abscisinsäure
Ethylen
Photomorphogenese Phytohormone
Licht steuert die Entwicklung der Pflanzen
P. Westhoff, Univ. Düsseldorf
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Photorezeptoren der Pflanzen
P. Westhoff, Univ. Düsseldorf
Rotlichtrezeptoren (Phytochrome) steuern vorallem Entwicklungsvorgänge derPhotomorphogenese und adulter PflanzenBlaulichtrezeptoren: Cryptochrom wirkt inPhotomorphogenese junger Pflanzen;Phototropin vermittelt effiziente Lichtnutzungund Phototropismen in jungen und alten Pflan.
Klassische Phytochromwirkungen:De-Etiolierung und Blühinduktion
Nultsch 16.13; Strasburger 2-208
Rotlicht, aber nicht Blaulicht, verhindert die Etiolierung von KeimlingenBereits kurze Rotlichtpulse genügen, um das Entwicklungsprogramm Blühenauszulösen (ähnliches gilt für die Keimung)
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Phytochrom empfängt Licht durch einChromophor
Taiz 20.3; Schopfer 21.19
Pr (inaktiv)Pfr (aktiv)
Rotlicht bewirkt die reversibleIsomerisierung zwischenTetrapyrrolringen C und D
Das Apoprotein folgt dersterischen Umwandlung desChromophors
Die reversible Umwandlung von Phytochrombewirkt wichtige physiologische Prozesse
Buchanan 18.23, 948
Aufgrund überlappenderAbsorptionspektren liegt immerein Gleichgewicht von Pr und Pfr
vor
Pfr ist die aktive Form(Aktivierung und Repression)
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Phytochrom wandelt Lichtsignale inGenexpression um
Taiz 20.7, 20.19
Gene der Rubisco und Lichtsammelkomplexe werden aktiviertPhytochromgene und Chlorophyllsynthesegene werden inaktiviert
Phytochrom ändert nach Bestrahlung denPhosphorylierungszustand
Nover/Weiler 17.6
Die Konformationsänderung aktiviert die Kinasedomäne des PhytochromsDas nukleäre Lokalisierungssignal wird zugänglichIm Kern modifizieren Phosphatasen das Phytochrom, das dadurch fürunterschiedliche Transkriptionsfaktoren zugänglich wird und eine abgestufteLichtanwort moduliert
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Phytochrom wird lichtabhängig in den Kerntransportiert
Westhoff, Uni Düsseldorf; Quail (2002) Nat. Rev. Mol. Cell Biol. 3: 85-93; Monte et al. (2004) PNAS 101: 16091
ImDunkeln
Nach einemRotlichtpuls
Ein Teil der Phytochromproteine werden bei Aktivierung in den KerntransportiertDie Interaktion mit trans-Faktoren zur Aktivierung von light responsiveelements auf Promotoren lichtregulierter Gene wird z.T. durch denTranskriptionsfaktor PIF3 vermitteltRegulierte Gene sind z.B. Rubisoc SSU, LHCII
Plastiden
Nucleus
Plastiden
Nucleus
PIF3
Phytochrom-GFP-Fusion
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Phytochrom
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Auxine
Gibberelline
Cytokinine
Abscisinsäure
Ethylen
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Blaulichtrezeptoren:Strukturen von Phototropin und Cryptochrom
Phototropine (NPH1)
Cryptochrome (CRY1)
Aus: Westhoff, Univ. Düsseldorf ; Lin (2002) Plant Cell ; Nover/Weiler 17.8
Kovalent gebundenes FAD empfängt Licht und fungiert als ChromophorSignalweitergabe von NPH1 durch Phosphorylierung und Protein-Interaktion
LOV Domäne: Light, oxygen, voltageFlavin-Adenin-Dinukleotid (FAD) dient als Chromophor,ist kovalent an LOV Domäne gebundenIm Dunkeln ist Phototropin nicht-phosphoryliert und inaktivLichtwahrnehmung in LOV Domäne bewirkt Auflösungeiner -HelixAutophosphorylierung wird aktiviert sowie Signalweitergabean unbekannte Substrate
Phototropin Funktionen und Chromophor-Konversion
Christie (2007) Annu Rev Plant Biol 58:21-45
Phototropin-Gene Phot1 und Phot2 haben überlappende und spezifischeWirkungenBlaulicht bewirkt kovalente Verbindung von FMN Chromophor mit Cystein derLOV Domäne
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Rot- und Blaulicht interagieren bei derKontrolle der Photomorphogenese
Buchanan 18.5, 933
DET (De-etioliert) und COP (constitutive photomorphogenic) Proteinereprimieren die PhotomorphogeneseSignale von Rot- und Blaulicht inaktivieren die Repression durch DET undCOP
Licht
Dunkel
Licht
Dunkel
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Phytochrom
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Auxine
Gibberelline
Cytokinine
Abscisinsäure
Ethylen
Photomorphogenese Phytohormone
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Phototropismen sind Wirkungen desBlaulichts
Lüttge 27-12
Die Sensorik blauen Lichts führt zu WachstumsbewegungenDie Wachtumsreaktion hängt von der Organfunktion ab
Tropismen: Reiz-gerichteteWachstumsbewegungen
Nastien: Reiz-ungerichtete,oft schnellere Bewegungen
Negativer Geotropismus (Gravitropismus) desSprosses
Lüttge 27-4, 27-6
Pflanzen perzipieren Schwerkraft und reagieren mit WachstumsbewegungenTropismen können sich überlagern: Photo- und Geotropismus
Klinostat
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Positiver Geotropismus der Wurzel
Lüttge 26-22, Nover/Weiler 17-25
Das sensorische System besteht aus StatocystenAmyloplasten (Stärke) wirken als Statolithen und drücken auf ER MembrankissenSignalweiterleitung ist unbekannt
Charakterisierung einer Hydrotropismus-defizienten Mutante
Kobayashi et al. (2007) PNAS 104:4724
Col (Arabidopsis Wildtyp);miz (=mizzu-kussei, mizu=Wasser;kussei=Tropismus
A. Selektion von Mutanten nachKrümmung der Wurzel in Richtunghöhere Luftfeuchte
B. Zeitkurve der Krümmung (n=60)
C. Zeitkurve des Längenwachstums
D,E. Photos der Wurzelkrümmung
F-K. Kein Phänotyp beigleichseitiger Wasserversorgung
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Nastien = Reiz-ungerichtete Bewegungen
Thigmonastie: Zaunrübe(Bryonia dioica)
Thigmonastie: Sonnentau (Drosera rotundifolia);Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula)
Seismonastie: Mimosa pudica
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Definition der Entwicklung (Formwechsel)
Wachstum: irreversible Volumenzunahme
Differenzierung: qualitative Veränderung der Formoder Funktion
Entwicklung basiert auf der Summe von Wachstumund DifferenzierungBeide Prozesse sind meist nicht eindeutig trennbar
Nultsch 16.3, 499
Keimung einer Bohne,Zeitdifferenz 22 h
Zelluläre Differenzierung basiert aufSignalen
Nultsch 16.9
Spaltöffnungen differenzieren sich in regelmäßigen Abständen in derEpidermisNach Epidermiswachstum werden neue Initialen angelegt, wenn dieMaximalabstände überschritten werden
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Auxin ist das wichtigste Pflanzehormon
NW 16.6
Indol-3-Essigsäure wird hauptsächlich aus TryptophansynthetisiertMehrere Substanzen haben AuxinwirkungHauptbildungsorte sind Meristeme, Blätter und EmbryonenVom Bildungsort erfolgt meist gerichteter Transport basipetal
Auxin hat verschiedene Wirkungenauf das Wachstum
Callis (2005) Nature 435:436
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Auxin vermittelt multiple Wirkungen und etabliertPolarität in der Sproßachse
Schopfer 20.9, Nover/Weiler Box16-3a
Die Polarität der Sproßachse bleibt hinsichtlich Seitentrieben und Seitenwurzelnerhalten. Die Signale werden über Zellen des Basts vermittelt
Zellulärer Transport von IAA
Nultsch 16.4
IAA wird gerichtetTransportiertpH 5 im Apoplasten führtzur teilweisenProtonierung der IAA, diedadurch neutral und füreinen Influx-Carrierzugänglich wirdpH 7 im Cytoplasmadeprotoniert die IAAvollständigEin 2H+-Efflux-Carriertransportiert IAA in denApoplastenDie Transportrichtung istgenerell basipetal
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Gerichteter Zell-Zell-Transport von Auxin
Palme et al. (2005) Nature 433: 39; Physiologia Plantarum (2005) 123: 130
Die Auxin Efflux-Carrier der PINProteinfamilie ausArabidopsis thalianavermitteln gerichtetenAustransport vonAuxin
Immunolokalisierungvon PIN1 zeigtTransportrichtungenin benachbartenZelltypen derWurzelspitze
Teilu
ngsz
oneDiff
eren
zier
ungs
-zo
neS
treck
ungs
zone
Col=columellaQc=quiescent centerLrc=lateral root capE=epidermisC=cortexEn=endodermisV=vascular bundle
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Gibberelline
Cytokinine
Abscisinsäure
Ethylen
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Gibberellin (GA) Strukturen sind unterschiedlichaktiv
Buchanan 17.18, 17.9
GAs bilden eine sehr komplexeStrukturfamilie mit > 90 ineinanderüberführbaren aktiven und inaktivenMitgliedern (wichtig: GA1, GA3, GA20)
Die Wirksamkeit ist unterschiedlich.Konjugation als Glucoside ist möglich
Erstmals nachgewiesen aus dem PilzGibberella fujikuroi ( Krankheit derverrückten Keimlinge )
Bildungsorte sind meist junge,wachsende Gewebe (Meristeme,Embryonen, reifende Früchte)
GA Blühinduktion und Streckung
Taiz/Zeiger 17.12, 473
Kohl wächst als Rosette unterKurztagsbedingungen und benötigteine Langtagsphase zur Blühinduktion
GA Behandlung ersetzt dieLangtagsphase
GA wandelt normale Blattrosettendurch Streckungswachstum um
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Die Kurzstrohweizen der Grünen Revolution
Peng et al. (1999) Nature 400: 256-261
Phänotypen der Kurzstrohweizen
Wildtyp-Weizen
KurzstrohweizenRht-B-1b Rht-D-1d
Die Halmlänge der Getreide ist einwesentlicher Faktor derStandfestigkeit (=Ertrag!)
Endogene GA Gehalte derInternodien bestimmen dasStreckungswachstum
Genotypen mit lokal verringerterGA Konzentration bilden kürzere,tragfähigere Sprosse
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Biologie I: Pflanzenphysiologie WS 2009/2010
Rüdiger HellHeidelberger Institut für Pflanzenwissenschaften
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Gibberelline
Cytokinine
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Ethylen
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Cytokinine sind Adenin-Derivate mit einer Isopentenyl-Seitenkette
Buchanan 17.31, 874
Wirkung entdeckt in Kokosnussmilch bei ZellkulturversuchenDas erste isolierte Cytokinin war Kinetin, das beim Autoklavieren von DNAentsteht. 1963 wurde das erste native Cytokinin, Zeatin, chemischidentifiziertWirkungen: Stimulation der Zellteilung; Förderung des Austreibens vonSeitenknospen, Verzögerung der Seneszenz, Induktion der Stomata-ÖffnungEng verbunden mit Auxinwirkungen
Das Auxin/Cytokinin-Verhältnis bestimmt dieDifferenzierung von Zellkulturen
Strasburger 2-181; Buchanan 17.31, 875
IAA und Cytokinin allein haben geringe WirkungDas molare Verhältnis bestimmt die DifferenzierungsrichtungPflanzliche Zellen können beliebige Entwicklungsrichtungen nehmen( Totipotenz )Aus einzelnen Zellen können ganze Pflanzen regeneriert werden
IBA (0.5 µg ml-1) IBA (0.5 µg ml-1)Zeatin (2 µg ml-1)
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Auxine
Gibberelline
Cytokinine
Abscisinsäure
Ethylen
Photomorphogenese Phytohormone
Abscisinsäure (ABA) hat überwiegendreprimierende Wirkungen
Strasburger
Einige Wirkungen:Förderung des Frucht- undBlattfallsHemmung der SamenkeimungWasserstreß und Schluß derStomata
Das Strukturgerüst bildenTerpene, die Synthese kann ausverschiedenen Substanzen (C15oder C40 Körper) erfolgen
Nur eine aktive ABA Verbindungist bekannt
Oxidative Abbauwege regulierendas Gleichgewicht
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ABA unterdrückt die Keimung unreifer Samen
Buchanan 17.22, 866
Die Mais-Mutante vp1 (viviparus) trägt ABAinsensitive Körner (ohne Anthocyan)
Embryos keimen ohne Samenruhe bereits auf derMutterpflanze
Keimlinge können ausgepflanzt werden undüberleben
ABA bewirkt das Schließen der Stomata
Buchanan 17.23, 866
ABA hat antagonistische Wirkung zu Cytokinin in Spaltöffnungsapparat(A) Behandlung von Epidermis von Commelina communis mit CO2-freiem Puffer(B) Gleiche Lösung plus 10 µM ABA löst Schließen in 10-30 min aus
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Pflanzenphysiologie 5: Entwicklungsphysiologie
Phytochrom
Phototropin/Cryptochrom
Tropismen und Nastien
Auxine
Gibberelline
Cytokinine
Abscisinsäure
Ethylen
Photomorphogenese Phytohormone
Ethylen ist entscheidend für die Fruchtreife
Begasung unreifer Früchte mit Ethylenbzw. seine Entfernung wird beimObsthandel und Transport eingesetzt
Expression von Antisense-RNA gegenACC-Oxidase ( TOM13) verhindertEthylenproduktion und Überreifung
Wildtyp Tomate TOM13 Tomaten mit5% Rest-Ethylen
Einige Wirkungen:Förderung der FruchtreifeFörderung des Blatt- und FruchtfallsSignalübertragung beiPathogenbefallEthlyen wird aus Methioninsynthetisiert
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Zusammenfassung
Pflanzen orientieren sich in ihrer Umwelt und reagieren mitWachstumsbewegungen u.a. auf Lichteinfall und SchwerkraftPhotomorphogenese und Phototropismen sind unterschiedliche ProzesseProteine mit chromophoren Liganden fungieren als LichtsensorenSignaltransduktionsketten und Transkriptionsfaktoren geben dieInformationen zur DNA weiterTropismen und Nastien bezeichnen Bewegungsformen von Pflanzen
Es gibt 5 klassische Pflanzenhormone und 4 weitere hormonähnliche SubstanzenAuxin, Gibberellin, Cytokinin, Abscisinsäure und Ethylen sind die wichtigsten undsind am besten untersuchtDie Hormone interagieren in ihrer Wirkung und funktionieren durch Transport undKonzentrationswechselDie Anwendung der Hormone in der Pflanzenzellkultur ist wichtig für dieBiotechnologie
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