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Page 1: Spektroskopie am h- -ion

Physik in unserer Zeit

Redaktion Spektroskopie am H--Ion Protonen binden Elektronen mit 13,6 eV, da- bei entsteht atomarer Wasserstoff. Die Anla- gerung eines weiteren Elektrons fuhrt zur Entstehung des negativ geladenen H--Ions. Die Bindungsenergie dieses zweiten Elek- trons betragt jedoch nur noch 0,75 eV (Ab- bildung 1). Sie 1aBt sich iiber Korrelationsef- fekte zwischen den beiden Elektronen erkla- ren und berechnen.

Beim H-Atom existieren unterhalb der Ioni- sationsgrenze unendlich viele gebundene Zu- stande, die sich i.a. durch Einstrahlen von Licht anregen, d. h. populieren lassen. War- tet man geniigend lange, finden sich schlief3- lich alle Atome im stabiIen Grundzustand rnit n = 1 (s. Abbildung 1) wieder. Beim H-- Ion hingegen gibt es keine gebundenen ange- regten Zustande.

Alle spektroskopisch moglichen Zustande liegen im Kontinuum. Man kann sie sich als doppelt angeregte Zustande vorstellen, bei denen eines der Elektronen momentan im Potentialwall festgehalten wird, der durch Anregung und Polarisation des Neutralatoms geschaffen wird. Eine Anregung des H--Ions in solche ungebundenen Zustande ermoglicht den Prozef3

H + e- (Photodetachment). H- % H-" ~

Diese Anregung erfolgt mit besonders hohem Wirkungsquerschnitt.

Der Zerfall in H und e- erfolgt extrem schnell - jedoch nicht unendlich schnell. Die Lebensdauer der angeregten H--2ustande betragt grof3enordnungsmaf3ig s. Regt man also H--1oneh mit Photonen einer Wel- lenliinge an, die gerade die Besetzung solcher kurzlebiger Zustande ermoglichen, erhalt man nicht wie bei gewohnlichen atomaren Obergangen zwischen relativ langlebigen Zu- standen scharfe Absorptionslinien, sondern verwaschene ,,ResonanZen" (Abbildung 2), die einer besonders effektiven H- -Prod& tion entsprechen.

Solche Resonanzen findet man nicht nur bei der Absorption von Photonen, sondern auch bei der Streuung von Elektronen an H-Ato- men. Die Maxima in Abbildung 2 bei rund 11 eV Photonenenergie heif3en Shape- bzw. Feshbach-Resonanz. Ihre Breite von ca. 0,1

Abb. 1. Termschemata von atomarem Wasserstoff (H) und vom H--Ion; man be- achte die in beiden Diagrammen gewahlten verschiedenen Energienullpunkte.

Abb. 2. Wirkungsquerschnitt fur die Pho- toionisation von H- nahe von n = 2 des H- Atoms. Bei der niedrigeren Energie tritt die Feshbach-Resonanz auf, bei der hohe- ren Energie die Shape-Resonanz. Der Wir- kungsquerschnitt ist in Einheiten von a; angegeben, wobei a0 der erste Bohrsche Ra- dius des H-Atoms ist (ao = 5,3 nm).

Abb. 3 . Experimentelle Anordnung zum Nachweis von H--ResonanZen. Die geeig- nete Photonenwellenlange lai3t sich iiber die Wahl des Winkels Q einstellen. Der Elektronendetektor weist die durch De- tachment freigesetzten Elektronen nach.

bis O,2 evresultiert iiber die Unscharferelation aus der kleinen Lebensdauer. Feshbach-Resonanzen treten gerade unter- halb der Anregungsniveaus des atomaren Wasserstoffs auf. Man kann sie sich als virtu- elle, gebundene Zustande von Elektron und angeregtem Atom denken. Der Name stammt von der in der Kernphysik entwik- kelten Feshbach-Projektionstechnik. Shape-

Resonanzen treten jeweils knapp oberhalb der H-Zustande auf.

Die Schwierigkeit beim Nachweis dieser Re- sonanzen liegt darin, daf3 bis heute keine ab- stimmbaren Laser im 11 eV-Energie-Bereich existieren (entspricht einer Wellenlange um 133 nm). Ein Trick gestattet dennoch den Nachweis der exotischen Zustande (Abbil- dung 3): Ein UV-Laser mit fester Emissions- frequenz wird unter einem wahlbaren Win- kel a auf einen Strahl schneller H--Ionen ge- schossen. Durch die Dopplerverschiebung ,,sehen" die H--1onen nun nicht mehr die ur- spriingliche Labor-Laserfrequenz, sondern extremes UV-Licht, dessen Frequenz, d. h. auch dessen Energie, sich durch Wahl des Winkels a kontinuierlich durchstimmen lafit. Der experimentelle Nachweis der H--Reso- nanzen geschieht uber die Detektion des frei- gesetzten Elektrons.

Dieses elegante Experiment wurde an der Los Alamos Meson Physics Facility (LAMPF)/New Mexico durchgefiihrt. Es handelt sich hierbei um einen 800 m langen Linearbeschleuniger, in welchem Wasser- stoffionen auf rund 800 MeV kinetische Energie gebracht werden konnen. Die Strahlintensitat ist besonders hoch (6 1 mA). (CERN Courier Dez. 1980, S. 402)

Physik in unserer Zeit / 12. Jahrg. 1981 / Nr. 3 0 Verlag Chemie, GmbH, 0-6940 Weinheim, 1981 0031-9252/81/03054067 $02.50/0

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