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  • Spüren, führen, therapierenDer CMD-Therapeut als interdisziplinärer Coach

    „In der CMD-Therapie ist man immer offener geworden.Wir coachen unsere Patienten, arbeiten an Körpergefühlund Selbstwahrnehmung. Diese sichere Führung ist einwichtiger Therapiebestandteil“, so der Freiburger Physio-therapeut Gert Groot-Landeweer auf dem 8. Bremer CMD-Symposium im Hilton. Am 6. und 7. Oktober hatte der Bre-mer CMD-Spezialist Dr. med. dent. Christian Köneke zumBlick über den Tellerrand der eigenen Fachrichtung hi-naus eingeladen und läutete den Auftakt für das diesjähri-ge Norddeutsche CMD-Curriculum mit Zertifizierung ein.

    Von Augenarzt bis Orthopädestellten die Spezialisten ihre Er-kenntnisse vor, suchten nach Schnitt-mengen und gemeinsamen Stra-tegien für die interdisziplinäreCMD-Behandlung. Die Koordina-tion liegt meist in den Händen desZahnarztes, die Therapie beziehtviele Aspekte ein. Alle Referentenund besonders der Ehrenvortragvon Groot-Landeweer verdeut-lichten, wie sehr sich CMD-The-rapie gewandelt hat.

    Zuerst sollte immer durch Ein-ordnen von hochakut bis chronischrealistisch abgeschätzt werden,ob das jeweilige Team für die Be-handlung kompetent oder einestationäre Versorgung angezeigtist. Während der Behandlung gel-te der Grundsatz: „Der Patient istTeil des Teams, nicht Mittelpunkt.“Heute werden nicht die Kondylus-stellung allein, sondern viele an-dere Faktoren berücksichtigt. Soist es wichtig, den Beteiligungsgradder Psyche abzuschätzen. „Befundist nicht gleich Befinden“, beton-te Groot-Landeweer die Bedeu-tung der Diagnostik mit Blick aufdas Bio-Psycho-Soziale Modell.

    „Bei starker psychischer Be-teiligung wendet heute niemandirreversible Maßnahmen an.“, griffOrganisator Dr.Christian Könekediesen Aspekt auf. Der Zahnarztvon der Bremer Partnerschaft fürinterdisziplinäre ZahnMedizinstellte Kurztests zur Erkennungvon CMD-Patienten vor, die so injeder Arzt- oder Physiotherapie-praxis ohne viel Zeitaufwand durch-geführt werden können. „Es soll-te klar zwischen CMD-Diagnostikund zahnärztliche Funktionsdiag-nostik abgegrenzt werden“, so Kö-neke. Erstere umfasse weit mehrAspekte, als in der zahnärztlichenPraxis zu beherrschen sind.

    Dreh- und Angelpunkt der CMDsei fast immer die HWS, sowohlals Verursacher einer als auch beiexterner CMD-Ursache als Symp-tomort. Anschaulich stellte derCMD-Spezialist zwei grundsätz-

    lich unterschiedliche Entstehungs-typen der Erkrankung vor. EineGruppe der CMD-Patienten zeigtbereits bis zum ersten LebensjahrUnregelmäßigkeiten im neuromo-torischen Aufrichtungsprozess,also auf dem Weg zum Laufenler-nen. In der zweiten Gruppe liegedie Ursache erst im Erwachsenen-alter. Während letztere durchausdurch dentale Intervention zu be-handeln sein kann, treten bei derersten Gruppe erhebliche Prob-leme mit Nebenreaktionen ausder Körperstatik auf. „Die großeGruppe der Mischtypen ist the-rapeutisch die schwierigste“, gabKöneke zu bedenken.

    Nähere Erklärungen zur erstenGruppe lieferte der Bremer Logo-päde Andreas Pohl: „Wenn be-reits die Hebung des Kopfs unddamit die Entwicklung der Nacken-

    muskulatur und der Halswirbel-säule nicht regulär erfolgt, könnensich alle anderen darauf aufbau-enden Strukturen nicht entwickelnund Defizite bis in den kognitivenBereich auftreten.“ Eltern solltendeshalb Frühzeichen bei den Neu-geborenen wahrnehmen und mitdem Therapeuten früh korrigie-

    ren. Tückisch ist das Verschwindender Symptome im zweiten Lebens-jahr bis zum fünften Lebensjahr,so dass die späteren Symptome wieADS oder Legasthenie bei diesen

    sogenannten KISS-/KIDD-Kindernvon Eltern und Ärzten nicht mitdem Ursprung in Verbindung ge-bracht werden.

    Angesprochen wurde auch derZusammenhang zwischen Augenund Körperstatik beziehungswei-se CMD. Augenarzt Dr. Ihab El-Bably (Bremen/Bonn) erläuterteStörungen der Augenmotorik, dieeine sogenannte „okkuläre Kopf-zwangshaltung“ hervorrufen. Die-se Veränderung der Kopf- bezie-hungsweise Körperhaltung wird

    am häufigsten durch falsche Bril-len erzeugt, so El-Bably, und kannmaßgeblich an einer CMD betei-ligt sein. „Falsch getragene Brillen-gläser, falscher optischer Mittel-punkt oder Zylinderachse“ be-nannte der Spezialist einige Feh-lerquellen. Hauptsymptom sinddann Probleme in der HWS. „Ander HWS treffen sich Zahnärzte,Augenärzte, Hals-Nasen-Ohren-ärzte, Orthopäden und Physio-therapeuten bei der CMD-Thera-pie“, betonte Köneke mehrfach.

    Für den Bereich der HNO be-schrieb Dr. Sylvia Bergler Ent-stehung und Therapie von Tinni-tus und Schwindel als Ausdruckeiner Störung in diesem Bereichder Wirbelsäule. Bei Vorliegen ei-nes dieser Symptome oder einerOtalgie solle daher differenzialdia-gnostisch immer an eine CMDgedachtwerden. Die Bedeutung derHWS wurde auch im Vortrag derBremer Physiotherapeutin ElkeKühlckedeutlich. Ohne entspre-chende Maßnahmen spezialisier-ter Therapeuten sei eine CMD-Therapie nicht möglich. Sie erläu-terte unter anderem die Bedeu-tung der Rotation oder Absche-rung des Os temporale bei okklu-salen Inkongruenzen. Der BremerOrthopäde Dr. Walter von Hey-mannschlossden Kreis mit neuenErkenntnissen zur Neuroanatomieder HWS-Region und lieferte soeine Erklärung für die Zusammen-hänge zwischen HWS-Blockierun-gen und Bisslageabweichungenbeziehungsweise Tinnitus undSchwindel. Im Bereich der kor-rekten Bisslageeinstellung nacherfolgreicher Schienentherapiespielt die Kieferorthopädie auchbei älteren Erwachsenen einegroße Rolle, jedoch mit einer er-höhten Gefahr des KfO-Rezidivs.

    Der Kieler Kieferorthopäde Dr.Andreas Köneke beschrieb Mög-lichkeiten zur wirkungsvollen Re-zidivprophylaxe: nach Molarenex-

    trusion, zur Deckbissprophylaxedurch palatinale Aufbisse in deroberen Front und Wege durch ske-lettale Verankerungen mit Mikro-schrauben.

    „Ich therapiere seit fünf JahrenCMD-Patienten und bin begeis-tert vom interdisziplinären Ange-bot des Symposiums. Eine gute Ak-

    tualisierung verschiedener Berei-che“, urteilte Zahnärztin AndreaScharf aus Markranstädt bei Leipzig.„Im gesamten Norden gibt es keineVeranstaltung dieser Art und mitdiesem Ambiente“, fand der Ham-burger Physiotherapeut Ralf Schüler.Dr. med. dent. C. Köneke,Bremen n

    Ausgabe 43/07 Praxis aktuell Die ZahnarztWoche 23

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    lässt sich schon vermuten, dassdie Betreuungsphase nicht ein-gehalten wird.

    Der langfristige Erfolg einer Pa-rodontitistherapie steht und fälltmit dem konsequenten Recall. Istder Patient nicht bereit, alle dreiSchritte der Behandlung verläss-lich mitzutragen, sollte ernsthaftüberlegt werden, ob es sinnvoll ist,überhaupt mit der Therapie zu be-ginnen. Wird auch nur ein Schrittals Kompromissbehandlung ohneCompliance des Patienten durch-geführt, muss der Behandler über-

    legen, ob er bereit ist, folgendeKonsequenzen einzukalkulieren:• eine erschwerte subgingivale

    Therapie durch uneffektiveVorbehandlung,

    • einen Misserfolg,• eine betriebswirtschaftlich

    defizitäre Behandlung.

    Natürlich ist der Zahnarzt ver-pflichtet, eine notwendige Behand-lung durchzuführen. Allerdings ister nicht verpflichtet zu behandeln,wenn ein Misserfolg wahrschein-lich ist. Ich habe auch den dritten

    Punkt bewusst gleichberechtigtmit einbezogen, denn wenn derZahnarzt nicht betriebswirtschaft-lich effektiv behandelt, wird er baldgar nicht mehr behandeln.

    Im zweiten Teil werden Berech-nungsmöglichkeiten, die über dieP200/201 und GOZ Nr. 407 hinaus-gehen, besprochen und die Be-treuungsphase als entscheiden-der Erfolgsfaktor vorgestellt.Dr. Wolfgang Stoltenberg,Bochum n

    (wird fortgesetzt)

    s

    Dr. Brazkiewicz (links) in der Diskussion über TraditionelleChinesische Medizin, moderiert von Dr. C. Köneke (rechts)

    Dr. C. Köneke läutete am 6. und 7. Oktober 2007 das 8. Nord-deutsche CMD-Symposium ein.

    DDS Douglas Toll (rechts) am Empfang