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Uber Wiederholung der Binet-Simonschen Intelligenzpriifung an denselben schwachsinnigen Kindern

nach lblauf eines Jahres. Von

Dr. Ernst Bloch, Nervenarzt in Kattowitz.

(Eing~angen am 15. Dezember 1914.)

DaB die Intelligenzprfifungsmethode nach B i n e t - S i m o n unter den gebr~uchlichen Methoden zur Intelligenzprfifung e i n e ganz vorziig- liche Art darstellt, die Intelligenz eines Kindes, normal oder patholo- gisch, im schulpflichtigen Alter zu bestimmen, dfirfte durch die Unter- suchungen gerade im letzten Jahre feststehen.

Diese Feststellung gewinnt dadurch besonderen Wert, da~ sie den Beifall yon p~dagogischer Seite gefunden hat. So betont G e r h a r d t 1 ) , dal~ die Methode ein brauchb&res Mittel zur Bestimmung der einzelnen Intelligenzgruppen besonders den B e h S r d e n gegenfiber darstellt, ,,urn unser Urteil fiber ein Kind such wissenschaftlich begrfinden zu kSnnen". Es ist dies ein Stundpunkt, den ich selbst zuerst vertreten habe e) und der sich bei mir, trotz gegenteiliger Ansicht (R~cke a) immer mehr befe- stigt, gerade in jenen Grenzf~llen - - um diese k~nn es sich ja nur handeln - - , wo selbst der gefibteste Sachverst~ndige im Zweifel sein kann, ob wirklich Schwachsinn vorliegt oder nicht: Also wfirde in einem solchen Falle die B i n e t - S i m o n s c h e Methode zur wesentlichen Stfitze der Diagnose dienen.

Zum zweiten sei hier erw~ihnt, daf~ in der Hilfsschule der Stadt Kattowitz yore 1. 4. 1914 sogenannte ,,Intelligenzbogen" eingeffihrt sind, welche, angegliedert an die Personalbogen, jedes Kind yore Schul- eintritt, also vom 8. Lebensjahr ab, bis zum 14. Jahr begleiten sollen, um spiiter ein abschlieBendes Urteil fiber die Entwicklung seiner geistigen F~higkeit zu ermSg]ichen.

1) Die Schule der Alsterdorfer Anstalten. Von I. P. Gerhardt. Jena, Fischer 1913.

2) Arztl. Sachverst.-Ztg. 1913, Nr. 10 und Zeitsehr. f. Neur. u. Psych. 1~, Heft 1. 1913.

3) _~rztl. Sachverst.-Ztg. 1913. :Nr. 14.

446 E. Bloch:

Ich habe nun meine Kinder der Hilfsschule mit genau denselben B i n e t - S i m o n s c h e n Tests wie das Jahr vorher, im Winter 1913/14 nachgepriift. Es geschah dies einmal aus dem Grunde, um fiir die In- telligenzbogen einen Untergrund zu schaffen, zum zweiten, um die Zu- verl~ssigkeit der Tests noch weiter zu erproben.

Soweit ich die Literatur iiberblicke, ist der Versueh, die Kinder des ersten Versuchsjahres im darauffolgenden Jahre wieder zu priifen, bis jetzt nur von B o b e r t a g gemacht worden, und zwar an n o r m a l e n Kindern; er berichtet dariiber in der Zeitschr. f. angew. Psych. 6, Heft 5/6 auf S. 521. Er hat genau dicselben Resultate erhalten, wie im Jahre vorher, d. h.: Die Kinder waren um 1 resp. 2 Intelligenzjahre v o r - ge r i i c kt .

An Schwaehsinnigen ist solche Versuchsreihe noch nicht gemacht worden. Um einem Einwand zu begegnen, der mir sehr hi~ufig gemacht wurde und auch heut noch gemacht wird, ni~mlich: Die Kinder wiiBten noch etwas v o n d e r vor einem Jahr vorgenommenen Priifung, und zwar wiiBten sie so viel, daB das die Priifungsresultate beeintr~chtigen miil~te, so sei hier noch einmal mit Nachdruck darauf hingewiesen, dal~ man bei der Priifung durch n i c h t s in seinen Mienen oder durch unbewuBte Zuckungen des K6rpers ausdriicken daft, ob die L6sung eines Tests riehtig oder falsch war. Schon bei den normalen Kindern ( B o b e r t a g , 1. c.) waren die Erinnerungen der Kinder so unbestimmt, manchmal sogar direkt falsch, daB sie so gut wie gar nicht in Betracht kamem Wie viel mehr erst bei den Schwachsinnigen.

Von den 71 Kindern, die wir im Jahre 1912 gepriift batten, standen uns im Winter 1913 naturgem~iB nicht mehr alle zur Verfiigung. Der Abgang der 14- bis 15j~hrigen betrug 10, eins war dauernd krank, sieben waren nach ausw~rts verzogen, also blieben uns nur noch 53 Kinder iibrig.

Die Untersuchung geschah nach der Methode B i n e t - S i m o n 1908. Wenn auch die Anordnung der einzelnen Tests jetzt, im Jahre 1914 schon durch Verschiebung oder Weglassung 1) einzelner Tests iiberholt ist, so ~ndert diese Neuordnung der Tests natiirlich nichts an der Vor- trefflichkeit der Methode iib e r h a u p t ; aber um zu einem vergleichbaren Wert mit dem Vorjahre zu kommen, muBte die ~ltere Form der Anord- nung beibehalten werden.

Was nun die Erinnerung der Kinder an die Tests anbetrifft, so wurde jedes yon den 51 Kindern zuerst gefragt, ob es sich iiberhaupt noch an die Priifung vom vorigen Jahr erinnere, und zwar durch die Frage: ,,WeiBt du noch, dab du schon mal bei mir warst", auf welche Frage 35 mit , , Ja" antworteten. Von diesen 35 hat ten 20 nur eine ganz ver-

1) S. Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 17, Heft 1, S. 42.

0ber Wiederholung der Binet-Simonschen Intellioenzpriifung. 447

schwommene Erinnerung an die Bilder (Mann, Frau, Junge usw.), was die Bilder darstellten wul~te niemand. Auch wul~ten einige noch etwas davon, dal~ sie ,,Geld gez~hlt" h~tten. Die fibrigen 25 blieben auf die Frage: ,,Also dann sag' real, was du davon noeh weii3t" s tumm.

Also dies ist auch ein Beit rag ,,zur LSsung der vielumstrit tenen Frage nach den Beziehungen zwischen Intelligenz und Gedi~chtnis" ( B o b e r t a g , 1. c.), freilich in dem Sinne, als ob ein Schwaehsinniger nun ouch immer ein sehwaches Ged~chtnis haben mii~te, was sieh so best immt sicher nicht sagen li~6t : gerade die Intelligenzpriifungen im letzten Jahre beweisen, dal~ das nicht immer der Fall zu sein braucht.

Es war fetszustellen:

Ein Intelligenzstillstand . . . . . . . . . 14 Versuehspersonen Eine Zunahme yon 1/2 Jahr 1) . . . . . . 10 ,, Eine Zunahme yon 1 Intelligenzjahr . . . 23 ,, Eine Zunahme yon 2 Intelligenzjahren . . 6 ,,

53 Versuchspersonen

Der Intelligenzstillstand setzte mit zwei Ausnahmen (IA 5 und IA 7) mit dem Intelligenzalter 81/2 ein und war am st~rksten mit IA IA 9 und 1O: Es entspricht der Priifung yore vorigen Jahr.

N a e h C h o t z e n 2) u n d m e i n e n U n t e r s u c h u n g e n k o m m t m a n be i d e r P r f i f u n g S c h w a e h s i n n i g e r n i c h t f ibe r d a s z e h n t e J a h r h i n a u s .

Regelma6ig z u g e n o m m e n haben an 1/2 resp. 2 Intelligenzjahren von 51 Versuehspersonen 73,50/0 .

Diese Prozentzahl, n/~mlich 73, kehrt wieder, wenn man, wie sehon a. a. O. auseinandergesetzt (B loeh , 1. c., B o b e r t a g , 1. e.), die prozen- tualen Ergebnisse der einzelnen Alterstufen fiir die Normalen zusammen- fa6t. Oder sollte dieses Zusammentreffen einzig und allein ein Z u f a l l sein ?

Auch die Priifung im Jahre 1914 hat ergeben, ebenso wie die Priifung yore vergangenen Jahre, dai~ die Schwachsinnigen i m U m g e h e n m i t G e l d , i m V e r h a l t e n g e g e n l e i c h t u n d s c h w e r , in d e r W i e d e r g a b e y o n G e h S r t e m , i m E r k e n n e n des Z w e c k s e i n e r S a c h e , i m u n t e r s c h i e d l i c h e n V e r g l e i c h e n y o n G e g e n s t ~ n d e n u n d e n d - l i ch in F r a g e n , w e l c h e d e n V e r k e h r m i t i h r e r U m g e b u n g b e t r e f f e n , gegen die normalen Kinder s t a r k e r als gewShnlich zuriick sind.

1) Aus welchen Erw~gungen heraus wir zur Festsetzung eines halben Intelli- genzjahres gekommen sind s. ibd. S. 49.

~) Chotzen, Die Intelligenzpriifungsmethode yon Binet-Simon bei schwach- sinnigen Kindern. Zeitschr. f. angew. Psychol. 6, Heft 5/6.

Z. f. d. g. Neur. u Psych. O. XXVHI. 29

448 E. Bloch:

W~hrend n~mlich, wie C h o t z e n und ich bewiesen haben, das Intelli- genzalter der Normalen das der Schwachsinnigen um 2--3 Intelligenz- jahre iibertrifft, sind die Schwachsinnigen in den vorher genannten Dingen, obwohl sie alle an Lebensalter und ca. 75% an Intelligenz um 1 Jahr v o r g e s c h r i t t e n sind, doch noch um durchschnittlich v i e r Jahre hinter den normalen Kindern z u r i i ck .

Die beiden folgenden Tabellen I und I I zeigen die Abh~ngigkeit der Tests einmal vom L e b e n s a l t e r und einmal vom I n t e l l i g e n z a l t e r . An der Hand dieser Tabellen 1) betrachtet zeigten die Tests im Jahre 1914 folgendes Verhalten:

Die Aufz~hlung, Beschreibung und Erkl~rung der Bilder zeigte genau dasselbe wie voriges Jahr. Alle Versuchspersonen leisteten geniigendes im Aufz~hlen; die richtige Erkl~irung der Bilder fanden nur 27~ und auch diese noch auf Fragen (Provokation). Spontan |eistete n ie m a n d die Erffillung dieses Tests. Normal finden sich schon mit dem LA 8, die richtigen Erkl~rungen, mit 9 Jahren konnten es alle Normalen.

Wer ffinf Zahlen im vorigen Jahr nicht nachsprechen konnte, brachte es mit vier Ausnahmen - - diese sind natfirlich auf den Fortschritt im I A zu schieben - - auch 1914 nicht fertig; dasselbe Verhi~ltnis zeigte sich beim Nachsprechen von vier Zahlen (vier Ausnahmen). Das Nach- sprechen von drei Zahlen zeigte den gewShnliehen Fortsehrit t des IA's. Normalerweise sollen die Kinder vom LA 9 bereits zu 88% fiinfstellige Zahlen nachsprechen. B o b e r t a g verfiigt noch iiber bessere Prozent- zahlen. Sechs und sieben Zahlen konnte in beiden Prfifungsjahren keine yon nnseren Versuehspersonen.

Erst mit 10 Jahren wurden 16 Silben yon annKhernd allen Versuehs- personen nachgesproehen; normal ist die Forderung auf LA 7 normiert; das hSchste, was erreicht wurde, war 22 Silben und zwar yon 50o/0 . Nor- mal sind 26 Silben mit 9 Jahren.

Es hat sieh auch bei dieser Prfifung besthtigt, ein wie vorzfigliehes Prfifungsmittel beim Schwachsinn die Tests mit den verschiedenen Geldstficken darstellen. 56% braehten es nur zum Abziihlen yon vier Pfennigen, wKhrend sie bei 13 Pfennigen sehon versagten. Das Zusam- menzKhlen yon neun Pfennigen ring fiberhaupt erst mit dem LA 9 an, erst mit 12 Jahren konnten es alle Versuchspersonen. Ebenso verhielt sich die Miinzenkenntnis: erst mit 12 Jahren kannten die Kinder erst die Miinzen bis 1 Mark, mit 15 Jahren fiber die H~lfte die Mfinzen fiber 1 Mark; nur drei yon den 51 Versuehspersonen kannten iiberhaupt die Goldstiicke. U b e r 50% kannten fiberhaupt auch in diesem Jahre nur Nickel; unsere Normalen kannten mit 7 Jahren bereits alle Miinzen;

1) Die Tabellen zeigen die Abhiingigkeit der Tests vom LA und IA aus dem Jahre 1913; sic wurden der damaligen Arbeit nicht beigegeben, um die Arbeit nieht allzu lang werden zu lassen.

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B o b e r t a g verlangt diese Kenntnis erst mit l0 Jahren. Der Grund ffir dieses augenfs Mi[tverhiiltnis ist bereits (B lo c h, 1. c.) auseinander- gesetzt.

Das gleiche Zahlenverhs haben wir erhalten bei dem Heraus- geben auf ein grS[teres Geldstfick wie im Vorjahre, niimlieh 13%; Beginn mit 12 Jahren. Alle unsere normalen Kinder leisteten es bereits mit dem LA 8.

Das Ordnen von fiinf Gewichten (Normale bereits zu 70~o mit 10 Jah- ren) zeigte die regelmiigige Zunahme des Intelligenzalters, wer jedoeh im vorigen Jahr nicht fiber das Hinstellen von zwei Gewiehten hinaus- kam (Unterschied von leieht und schwer), konnte es mit vier Ausnahmen aueh dieses Jahr nicht.

Sehr gute Erfahrungen haben wir mit der Wiedererz~hlung einer Geschichte gemacht. Im Vorjahre sind unsere Resultate mit der Ge- schichte von dem Werkarbeiter sehr traurige gewesen: keine einzige der Versuchspersonen, der wir die Geschichte vorerz~hlten, hatte die sogenannte ,,Pointe" erfa[~t, keine wuBte etwas von dem Brande des Weihnachtsbaums. In diesem Jahre wurde sie in 13 von 18 Fiillen ganz korrekt wiedergegeben, und zwar vom LA 9 an. Woran dies im vorigen Jahr gelegen hat, vermag ich nicht anzugeben: Jedenfalls mull ich mein damals gefs Urteil, da[t die Geschichte von dem Werkarbeiter g a r nicht zu gebrauchen war, stark einschrs Auff~llig ist aber nur, da[t C h o t z e n (1. c. S. 433ff.) dieselbe Erfahrung gemaeht hat wie wir im Vorja~hre.

Die Tests: Mund usw. zeigen, Familiennamen nennen, Geschlecht angeben, Alter sagen, Geburtstag nennen und das Ausffihren dreier Auf- trs zeigten den gewShnlichen Fortschritt des Intelligenzalters. Es war dies auch anzunehmen, denn bis zum IA 8 batten diese Tests schon im Vorjahr ss Kinder gel6st.

Als einen sehr guten Test beim Schwachsinn mfissen wir auch in diesem Jahre wieder bezeichnen das Vergleichenlassen zweier Gegen- sts aus dem Ged~chtnis. Was von dem normalen Kinde bereits auf der Altersstufe 8 ausnahmslos geleistet wird, haben yon unseren Ver- suchspersonen iiberhaupt nur 20% begriffen, und diese erst, von zwei Ausnahmen abgesehen, im Alter von l l Jahren.

Das Abzeichnen eines Quadrats und eines Rhombus wurde wieder von s~mtlichen Kindern gelSst, das Abschreiben geschriebener Worte konnten nur 70%, und zwar verteilte sich diese Zahl auf s~ imt l iche Lebensalterl); das Diktatschreiben war ebenso zuriick wie das vorige Jahr, 17% konnten es: die iibrigen lie[ten Buchstaben aus.

Das Aufsagen der Wochentage zeigte den fiblichen ]?ortschritt,

1) Si~mtliche Versuchspersonen schrieben, oder besser gesagt, malten die Buchstaben einzeln ab.

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450 E. Bloch:

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454 E. Bloch:

w~ihrend das Aufsagen der Monate und die Angabe des Tagesdatums wieder nur 7% konnten. Diese letztere Tatsache ist um so charakteri- stischer fiir Schwachsinn, als in jeder Klasse ein Kalender h~ngt, ferner das Datum t ~ g l i c h eingeiibt wird.

Also muB die mit ,,Gedi~chtnis" bezeichnete Leistung der Intelli- genz meiner Ansicht nach wieder ill einzelne Bestandteile zerlegt werden, denn wie vorher gezeigt, war das Ged~chtnis fiir eine erz~hlte Geschichte diesmal besser, als im Vorjahr, w~hrend es bei einer jeden Tag einge- iibten Leistung versagte, obwohl hierbei R e i h e n (Monate) zur Verfii- gung standen, welehe sich erfahrungsgemiil~ besser einpr~gen als einzelne Zahlen.

Farben, Erkennen von Liicken in Zeichnungen, Vergleichen von Linien, ~sthetische Unterscheidungen, die leichten und die erste der schweren Verstandesfragen zeigte den normalen Fortschrit t der Intelli- genz.

Die Begriffe (Gabel, Stuhl, Pferd, Puppe usw.) wurden bis zum Lebensalter 11 v o n d e r H~lfte, dann sp~iter von allen Kindern gewuBt; wieder, wie im vorigen Jahre, kamen die Oberbegriffe fiir Pferd und Rose bei weitem friiher als die fiir Gabel, Stuhl und Puppe.

Von 20 an riickw~rts z~hlen kam erst mit 10 Jahren - - normaler- weise k6nnen es die 8]~hrigen schon - - zeigte mit 12 Jahren eine kleine Steigerung, blieb aber immer unter 50%. Ebenso waren die Kinder wie im Vorjahr im Zusammensetzen des Geduldspieles zuriiek. Es kam mit 8 Jahren, aber nur die H~,lfte der Kinder war imstande, das Rechteck aus den zwei Dreiecken wieder zusammenzusetzen, obwohl den Kindern es drei- und viermal gezeigt wurde. Es wird schon von 5j~hrigen Kindern verlangt.

Die gleichen Resultate wie im vorigen Jahr erhielten wir bei der Frage naeh Vor- und Nachmittag, erst mit 12 (normal mit 6) Jahren konnten alle diese Frage beantworten.

t i b e r das I n t e l l i g e n z j a h r l0 h i n a u s s i n d wi r a u c h d i e se s J a h r n i c h t g e k o m m e n .

Auch die Priifung im Jahre 1914 hat ergeben: 1. DaB die M e t h o d e v o n B i n e t - S i m o n e i n e g u t e M e t h o d e

i s t , l e i c h t u n d s i c h e r f e s t z u s t e l l e n , ob e in K i n d s c h w a c h - s i n n i g i s t o d e r n i c h t .

2. Man k a n n d e n G r a d des S c h w a c h s i n n s o h n e Miihe u n d z i e m l i c h s i c h e r f e s t l e g e n .

3. Die g e i s t i g e E n t w i e k l u n g b e i m S e h w a c h s i n n f o l g t im grol~en g a n z e n d e r des n o r m a l e n K i n d e s , n u r i s t sie e i n m a ! s t a r k v e r z 6 g e r t , d u r e h s c h n i t t l i c h u m 3--4 J a h r e , z u m a n d e - r e n b l e i b t sie f r i i h e r s t e h e n .

4. Die S c h w a c h s i n n i g e n s i nd v o r z u g s w e i s e g e g e n die

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N o r m a l e n z u r i i c k in D i n g e n , w e l c h e d a s t~ ig l iehe L e b e n e r - f o r d e r t .

Das hat sowohl im Jahre 1912 wie im Jahre 1913 die Priifung mi t folgenden B i n e t - S i m o n s c h e n Tests erwiesen: Nachsprechen yon vier- und fiinfstelligen Zahlen, AbzKhlen und Zusammenz~hlen yon Pfennigen, Miinzenkenntnis, das Herausgeben yon kleiner Miinze auf ein grSl~eres Geldstiick, das Ordnen yon drei und mehr Gewichten, Dik- tatschreiben, Aufzghlen der Monate, Angabe des Tagesdatums, und endlich Beantwortung leichter und schwerer Verstandesfragen.

Fiir diejenigen Leser, welchen die oben zitierte Arbeit dieser Zeitschrift nicht zur Hand ist, fiige ich noch einmal die Abkiirzungen hinzu, die diesmal genau die gleichen sind wie in der Zeitschr. f. d. ges. Neur. u. Psych. 17, Heft 1. I913.

LA---- Lebensalter. IA = Intelligenzalter. I ---- Intelligenz. Vp ---- Versuchsperson.