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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.
Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.
N-Methylcarbamoylphosphate, II. Thermische ZersetzungN-Methylcarbamoyl Phosphates, II. Thermal Decomposition
Fritz Seel* und Norbert KleinFachrichtung Anorganische Chemie der Universität des Saarlandes, D-6600 Saarbrücken
Z. Naturforsch. 39b, 1095—1099 (1984); eingegangen am 20. Februar 1984 N-Methylcarbamoyl Phosphates, Decomposition
The thermal decomposition of various salts of mono-N-methylcarbamoyl and bis-N-methyl- carbamoyl phosphoric acid in aprotic and protic solvents (acetonitrile, trichloromethane, alcohols) and in the solid state has been studied in detail. Final products are mono-, di-, poly-, and cyclophosphates, in addition phosphoric acid esters if alcohols are used as solvents; and either sym. dimethylurea or methyl isocyanate and methylamine.
The spontaneous decomposition of sparingly soluble N-methyl carbamoyl phosphates in aqueous suspensions to yield slightly soluble diphosphates demonstrates clearly that the reaction of calcium hydrogen phosphate with alkali cyanates via calcium carbamoylphosphate to give calcium diphosphate — which has been considered a prebiotic key reaction — is not a result of a special feature of the structure of the intermediate product.
1. Einleitung
Es ist bekannt, daß aus Carbamoylphosphaten beim Erwärmen in wasserfreien Lösungsmitteln [1] und beim Erhitzen im festen Zustand [2] unter E n twicklung von Kohlendioxid Diphosphate bzw. Polyphosphate und Harnstoffe entstehen. Im Hinblick auf das Interesse, das die Frage der P —O — P-Ver- knüpfung in der bioanorganischen und präbiotischen Chemie beansprucht, ist die spontane Entstehung von Diphosphaten aus schwerlöslichen Carbamoylphosphaten in wäßriger Suspension besonders bemerkenswert [3]. Wir berichten nun über U ntersuchungen an N-Methylcarbamoylphosphaten, die mit dem Ziele durchgeführt worden sind, den Mechanismus der Umwandlung von Carbamoylphosphaten im allgemeinen aufzuklären. Für die Mono(N-methyl- carbamoyl)- und die Bis(N-methylcarbamoyl)phos- phorsäure werden wie in der vorangegangenen A bhandlung über N-Methylcarbamoylphosphate die Abkürzungen H2X und HY gebraucht. Weiterhin bedeuten P] Monophosphat, P2 Diphosphat, P„ Polyphosphat, cP3 Cyclotriphosphat und Pj monomeres Metaphosphat ohne Rücksicht auf das Kation und die Protonierungsstufe der Anionen.
2. Thermische Umwandlung von Mono- und Di-N-methylcarbamoylphosphaten in nichtwäßrigen Lösungen
Der Ablauf dieser Reaktion läßt sich anhand von ''P-NM R-Spektren gut verfolgen. (Vgl. hierzu Tab. I
* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. F. Seel.0340-5087/84/0800-1095/S 01.00/0
sowie Abb. 1 und 2.) Wenn man eine etwa 0,2-mola- re Lösung des leicht zugänglichen Triethylammo- niumsalzes [Et3NH]HX [4] in Acetonitril 2 h lang unter Rückfluß erhitzt, entsteht hauptsächlich Diphosphat. W eiterhin zeigt das 3IP-NMR-Spektrum der erhaltenen Lösung Signale, die auf Monophos-
i -I
- P02- cP3 ° J k X _
. i .. 1 1P3O9
) P20 y d -P02-^•P° 3 j \ _ P 309 K
POMeP309
kP207
-LI I I I I I0 10 20 ppm 0 10 20 ppm
Abb. 1 und 2. 31P-NMR-Spektren zur thermischen U m wandlung von Triethylammonium-mono- und bis(N-me- thylcarbamoyl)phosphaten in Lösungen. 1, a) Spektrum einer Lösung von [Et3NH]HX in MeCN, b) nach 10 min langem, c) nach 100 min langem Kochen der Lösung unter Rückfluß, d) nach 250 min langem Erhitzen unter Zusatz einer äquim olaren Menge an Triethylamin, e) in Methanol.2, a) Spektrum der Lösung von [Et3NH]Y in CHC13 bei 33 °C, b) nach 5, c) nach 8 Tagen, d) Spektrum in MeCN nach 3 h langem Kochen unter Rückfluß, e) nach dem E rhitzen in Gegenwart von MeNCO bei einem Stoffmengenverhältnis 2 :1.
1096 F. Seel —N. Klein • N-Methylcarbamoylphosphate
Tab. I. Bei der thermischen Umwandlung von N-M ethylcarbamoylphosphaten in verschiedenen Lösungsmitteln beobachtete 3IP-NMR-Signale. ö in ppm, ext. Standard 95-proz. H 3P 0 4.
Ausgangsprodukt
Lösungsmittel
<5(X) <5(Y) ö(P0 <5(P2) ö(cP) ö(P„) d (P -S re .-E ster)
[Et3NH]HX MeCN 6,8 -1 ,5 10,5 9,5; 24,2
[Et3NH]Y MeCN[CHC13
18,017,2
11,5 22.522.5
11,7; 24,9 20,8
[Et3NH]HXMeOHEtO HMe2CHOH
6,36,67,1
-1 ,4-1 ,4- 1,6
8,99,19,8
-1 ,7 ; -2 ,2 ; -2 ,6 ; -3 ,1 -0 ,4 ; -0 ,7 ; -1 ,1 -0 ,3 ; 0,1
phat und Polyphosphate hinweisen (Abb. 1, a—c). Der außerdem gebildete Dimethylharnstoff (DM H) konnte mittels HPLC identifiziert werden. Durch Triethylamin wird einerseits die Entstehung von Di- phosphat behindert und andererseits die von M onophosphat gefördert (vgl. Abb. 1, d). [Et3NH]Y wandelt sich in Chloroform bereits bei 33 °C im Verlaufe von einigen Tagen in Cyclotriphosphat um (Abb. 2, a —c). Erhitzt man [Et3NH]Y in siedendem Acetonitril 3 h lang, so entsteht abgesehen von geringen Mengen Polyphosphat fast nur, in Gegenwart von Methylisocyanat nur Cyclotriphosphat (vgl. Abb. 2, d und e).
Durch dreistündiges Erhitzen von etwa 0,2-mola- ren Lösungen von [Et3NH]HX in Methanol, Ethanol oder Isopropanol unter Rückfluß erhält man Lösungen, die hauptsächlich die entsprechenden Phos- phorsäureester enthalten, aber auch mehr oder minder M onophosphat und Diphosphat (vgl. Abb. 1, e). W iederum begünstigt die Zugabe von Triethylamin die Bildung von M onophosphat. [Et3NH]Y setzt sich in M ethanol nicht zu Dimethyl- sondern nur zu Mo- nomethylphosphat um.
3. Thermischer Abbau vonN-Methylcarbamoylphosphaten im festen Zustand
Zunächst wurde qualitativ untersucht, welche Produkte bei der Thermolyse der in Tab. II aufgeführten N-Methylcarbamoylphosphate entstehen. Beim Erhitzen im Reagenzglas bildeten sich in allen Fällen Kohlendioxid, N,N '-Dimethylharnstoff und (besonders bei den kristallwasserhaltigen Salzen) Wasser. Die alkalische Reaktion der Wassertröpfchen ließ sich auf gelöstes Methylamin zurückführen. Beim langsamen Erhitzen von Hvdrogenmonocarbamoyl- phosphaten und Biscarbamoylphosphaten wurde
Tab. II. Extrapolierte Zersetzungstemperaturen Tz in °C N-methylsubstituierter Carbamoylphosphate (vgl. hierzu Abb. 4).
Verbindung Tz Verbindung Tz
KHX 110 MgX -4 FLO 105NH4HX 120 CaX • FLO 165Na.X FLO 100 SrX -2 H.O 140NH4Y 100 B aX F L O 150AgY MeCN 95 ZnX -5 FLO 80
CdX • 2 H.O 90
Methylisocyanat abgespalten. In den festen Zersetzungsprodukten konnten nach dem Auflösen in Wasser bzw. ammoniakalischer EDTA-Lösung Mono-, Di- und Polyphosphat ' ‘P-NMR-spektrometrisch nachgewiesen werden. Eine beim Lösen der Rückstände in verdünnter Salzsäure auftretende Gasent-
°c - *-Abb. 3, a —d. Gewichtsverluste von N-Methylcarbamoylphosphaten in g/mol bei einer Aufheizgeschwindigkeit von 2 K/min unter Normaldruck (---- ) und bei 10~3 hPa ( -------).
F. Seel —N. Klein • N-Methylcarbamoylphosphate 1097
1 \ ' ' -- \ \ AJrBa_ M Sri Ica
- 1 -\ V Na'~'
z \Mg
1 1 1 1 10 100 200 300
0E 40
o>2<1 80
t120
°cAbh. 4. Gewichtsverluste der N-Methylcarbamoylphos- phate Na2X H 20 , M gX -4H 20 , C a X H 20 , S rX -2H 20 , B aX -H iO , Z nX -5H 20 , C dX -2H zO bei einer Aufheizge- schwindigkeit von 2 K/min unter Normaldruck.
wicklung zeigte an, daß diese ein thermostabiles Derivat der Kohlensäure enthielten. Beim Versetzen der festen Produkte mit Natronlauge entwich Methylamin.
Um etwas über den zeitlichen Verlauf der Pyrolysereaktion zu erfahren, wurde der Abbau einiger N-methylsubstituierter Carbamoylphosphate mittels einer Thermowaage bei einer Aufheizgeschwindig- keit von 2 K/min bei herrschendem Luftdruck und bei IO-3 hPa untersucht (vgl. Abb. 3 a —d und 4). Die aus den Thermogrammen interpolierten Zersetzungstemperaturen sind in der Tab. II angegeben. Die Pyrolyseprodukte wurden NMR-, IR- und mas- senspektrometrisch untersucht.
Nach der ersten Stufe der Zersetzung der Kaliumverbindung KHX unter Normaldruck, d .h . bei 140 °C, wurde hauptsächlich Diphosphat neben Mono- und Polyphosphat gefunden. Das IR-Spek- trum und eine CHN-(Verhältnis-)Analyse ergaben, daß der gesinterte Rückstand DMH enthielt. Nach der zweiten Zersetzungsstufe, d. h. bei 250 °C, konnte Polyphosphat nachgewiesen werden. Mit verdünnter Salzsäure entwickelte der Rückstand C 0 2, mit Natronlauge Methylamin, das offensichtlich noch in gebundener Form vorlag. Hieraus erklärt sich die Differenz zwischen dem beobachteten molaren Massenverlust (66 g/mol) und dem für K P 0 3 erwarteten von 75 g/mol (vgl. Abb. 3, a).
Die Ammoniumverbindung (vgl. Abb. 3, b) schmolz nach der ersten Stufe ihres Abbaus zu einer sirupösen Masse aus der DMH absublimierte. O berhalb 230 °C verkohlte das Produkt. Die Verbrennung bei 900 °C ergab polymeres P20 5.
Die Natriumverbindung Na2X H 20 zersetzte sich im wesentlichen einstufig (vgl. Abb. 3, c). NMR- spektrometrisch ließ sich im Rückstand nur Diphosphat nachweisen. Insbesondere bei der Z er
setzung im Vakuum erhielt dieser Derivate der Kohlensäure und des Methylamins. Bei der Pyrolyse von Na2X H20 im Reagenzglas bildete sich DMH in den kondensierenden Wassertröpfchen.
Die Thermolysen der wasserhaltigen N-Methylcar- bamoylphosphate der Erdalkaligruppe sowie des Zinks und Cadmiums verliefen unter Normaldruck ohne primäre Entwässerung (vgl. Abb. 4). Auffällig ist die große Temperaturbeständigkeit der Erdalkali- verbindungen, insbesondere von C aX -H 20 , das sich erst oberhalb 165 °C rasch zersetzt.
Die Gewichtsabnahme des Ammoniumsalzes der Bis-N-Methylcarbamoylphosphorsäure NH4Y entsprach innerhalb des Temperaturbereiches 100 bis102 °C, d .h . bis zu einer gut erkennbaren Stufe im Thermogramm, recht gut der Abgabe von 1 mol MeNCO/1 mol Substanz. Daß jedoch nicht das Mo- nocarbamoylphosphat entstanden war, ergab ein 3IP-NMR-Spektrum des Produktes. Dieses zeigte, daß Polyphosphate entstanden waren, die M ittelund Endgruppen im Verhältnis 45:55 enthielten.
4. Die spontane Bildung von Diphosphaten aus N-Methylcarbamoylphosphaten in wäßrigen Suspensionen
Im Gegensatz zu den wasserlöslichen Salzen KHX, NH4HX und Na2X • H20 , die bereits bei Raum tem peratur zu Monophosphaten hydrolysieren, verändern sich die Erdalkali-, Zink- und Cadmiumverbindungen in wäßrigen Suspensionen in der Kälte kaum. Erhitzt man jedoch die Suspensionen, so zersetzen sich die Verbindungen rascher, und man kann beobachten, daß die Reaktionsgeschwindigkeit von der Löslichkeit der Carbamoylphosphate abhängt. W ährend M gX -4H 20 in siedendem Wasser bereits nach wenigen Minuten zersetzt ist, benötigt die Hydrolyse von B aX -H 20 etwas mehr als eine Stunde. 31P-NMR-spektrometrisch ließ sich nachweisen, daß bei der Zersetzung von MgX, CaX, SrX, ZnX und CdX in wäßrigen Suspensionen nicht nur M onophosphat, sondern auch bis zu 45% Diphosphat entstehen. Die Bariumverbindung BaX hydrolysiert nur zu M onophosphat.
5. Diskussion
U nter Berücksichtigung bekannter Reaktionen der Carbamoylphosphate, die zur O —C- bzw. O —P- Spaltung der POC-Brücke führen [5, 6], lassen sich die beobachteten Reaktionen von [Et3NH]HX und [Et3NH]Y in nichtwäßrigen, aprotischen Lösungsmitteln auf sieben kinetisch mögliche Schritte zu
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rückführen: die reversiblen Aufbau- bzw. Abbau reaktionen
P 0 4H2" + MeNCO XH
X H “ + MeNCO ^ Y
( 1)
(2)
die irreversiblen Zersetzungsreaktionen
X H ' —► P 0 3~ + C 0 2 + MeNH2 (3)Y" -> P 0 3- + C 0 2 + CO(NHM e)2 (4)
die Harnstoffsynthese aus Amin und Isocyanat
MeNH2 + MeNCO -> CO(NHM e)2 (5)
und den Aufbau von acyclischen und cyclischen Polyphosphaten aus Pj:
p o 4h 2~ + P 0 3- -> P20 7H22' -»P3O 10H 23- —» . . . (6)3 por -> p 3Og (7)
So kann die Bildung von P2 und DMH aus [Et3N H ]X H zunächstdurchdieSequenz(l, b) + (3) + (5) + (6) gedeutet werden, und die Entstehung von cP3 aus [Et3NH]Y durch nur zwei Schritte: (4) + (7). D er Übergangszustand dieser Reaktion läßt sich als Sechsringkonfiguration darstellen:
0 ,P,o-c- vo—
- IM - MeI
-C-N-Me '© 1 OH
(Die ausschließliche Bildung von cP3 unter Bedingungen, unter denen Y“ stabilisiert ist, weist auf einen „glatten“ Reaktionsweg und darauf, daß die Umsetzung mit der Zersetzung von Y~ beginnt.) Es ist aber infolge des NMR-spektrometrisch nachgewiesenen Gleichgewichtes zwischen X H - und Y~ [4] auch möglich, die Zersetzung von XH" und Y~ und die von Y~ über XH" laufen zu lassen. Auf diese Weise gelangt man zu den Sequenzen (1, b) + (2, a) +(4) + (6) und (2, b) + (3) + (5) + (7). Wir betrachten die Reaktionsfolgen (1, b) -I- (2, a) -I- (4) + (6) und (4) -I- (7), bei denen DMH unmittelbar durch den monomolekularen Zerfall aus Y~ und nicht aus Methylisocyanat und Methylamin gebildet wird, als wahrscheinlicher, weil als Folgereaktion von (3) auch die Bildung von Methylamidophosphat [P 0 3-NH2Me]~ erwartet werden könnte [7], dessen Signale nicht beobachtet wurden. Mit dieser Hypothese wird auch verständlich, daß Triethylamin die Entstehung von Polyphosphaten hemmt: Das Amin
wirkt auf X H ' deprotonierend und verschiebt damit das Gleichgewicht (2) auf die Seite der Edukte.
Die Bildung von Pj und P2 in alkoholischen Lösungen von [Et3NH]HX kann ebenfalls durch die Gleichungen (1, b) + (2, a) + (4) + (6) erklärt werden. Jedoch läßt die Beobachtung, daß mehr als 50% Alkylphosphate entstehen (vgl. Abb. 1, e), darauf schließen, daß X H - auch unmittelbar solvolysiert wird. Bemerkenswert ist, daß die Bildung von P2 aus P, und Pj (6) mit dem nucleophilen Angriff des Alkohols auf Pj konkurrieren kann. Daß [Et3NH]Y mit Methanol nur Monomethylphosphat ergibt, kann alternativ durch (4) oder (2, b) + (3) mit folgender Umsetzung des P] erklärt werden. Jedenfalls ist bemerkenswert, daß aus Y~ nicht auch Mono-N-me- thylcarbamoyl-O-methylphosphat XMe~ und Dimethylphosphat entstehen.
Die Beobachtungen beim Zerfall der festen N- M ethylhydrogencarbamoylphosphate KHX und NH4HX versteht man ebenfalls sehr gut auf der Grundlage der Sequenz (1, b) + (2) + (4) + (6), welche zur Bruttoreaktion
2 KHX K2H2P20 7 + CO(NHM e)2 + C 0 2
führt. Die Stufe im Thermogramm der Verbindungen bei Normaldruck weist deutlich darauf hin, daß primär DMH entsteht, der auch analytisch nachgewiesen werden konnte. Da der Gewichtsverlust nach Erreichen derselben jedoch etwas größer als 22 g/mol Substanz ist, muß ein Teil von KHX und NH4HX entsprechend (1. b) (Gewichtsverlust 57 g/mol) in die Ausgangsstoffe aufgespalten werden; d.h. ein Teil des Methylisocyanats entweicht ohne zunächst KY bzw. NH4Y z u bilden.
Das zweiwertige Anion X2' , das in Na2X und den N-Methylcarbamoylphosphaten MgX, CaX, SrX, BaX, ZnX. CdX enthalten ist, kann nicht wie X H “ durch Addition von MeNCO zu Y~ carbamoyliert werden [4], Seine Umsetzung in Diphosphat versteht man gut mit der Annahme, daß es zunächst protoly- tisch disproportioniert:
2 X2' -> X H “ + 0 ?P 0 (C 0 )N M e3“
Das dreiwertige Anion kann sich hierauf in P 0 43~ + MeNCO und X H - entsprechend (3) zersetzen. Schließlich bilden sich gemäß (5) und (6) DMH und Diphosphat. Die Thermogramme von N aX -H 20 und C aX -H 20 zeigen deutlich, daß bei der Zersetzung dieser Stoffe DMH nur in geringem Maße als Primärprodukt entsteht. Auffällig sind die großen
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Unterschiede in der Stabilität der Verbindungen des Typs M X -aq. (Vgl. hierzu Tab. II.)
W eitere in Betracht zu ziehende Zwischenprodukte der Thermolyse fester Mono- und Biscarbamoyl- phosphate müssen derart sein, daß sie als Glührück- stände Diphosphate bzw. Metaphospate ergeben. (Vgl. [4].) Bei dem als Zwischenprodukt beobachteten thermisch recht stabilen Aminderivat kann es sich um ein Methylammoniumsalz einer kondensierten Phosphorsäure handeln. Wenn man annimmt, daß die kleine Menge des nachweisbaren Kohlensäurederivates aus Carbonat, z.B. C aC 03, besteht (das wiederum durch Disproportionierung von Carbami- nat gebildet werden kann), läßt sich der analytische Befund, daß die Glührückstände schließlich aus Di- phosphat bestehen, durch Umsetzungen der Art
2 C a C 0 3 + 2(M eNH3)P 0 3 -*Ca2P20 7 + 2 MeNH2 + 2 C 0 2 + H20
verstehen.
Erstaunlich ist, daß auch die kristallwasserhaltigen Carbamoylphosphate bereits bei relativ niedrigen Tem peraturen Polyphosphate ergeben, und die m äßig bis schwer löslichen sogar in einer wäßrigen Suspension bei Normal- oder Siedetemperatur zu Di- phosphaten abreagieren, die einschließlich Magne- siumdiphosphat [8] unter diesen Umständen therm odynamisch unbeständig sind. Es ist eine Erklärung dafür wünschenswert, warum nicht durch Umsetzung des als wesentliches Zwischenprodukt angesehenen monomeren Metaphosphats mit Wasser nur Hydrogenorthophosphate gebildet werden, die erst bei relativ hohen Temperaturen kondensieren. Die Umwandlung von nicht substituiertem Calciumcar- bamoylphosphat in Diphosphat in wäßriger Suspension ist als Folge eines Quellvorganges gedeutet worden, bei dem der entstehende Harnstoff aus der Oberfläche der Salzkristalle herausgelöst wird [2], Dabei wird angenommen, daß die Aktivität des W assers in der Quellschicht so gering ist, daß nur wenig Carbamoylphosphat hydrolysiert. Das durch Dissoziation der P —O-Bindung gebildete monomere M e
taphosphat reagiert mit dem durch C —O-Spaltung gebildeten Orthophosphat offensichtlich rascher als mit Wasser, so wie auch (das in Wasser schwer lösliche!) Methylisocyanat mit Hydrogenphosphat schneller reagiert als mit Wasser. (Für die Geschwindigkeit des Angriffs eines elektrophilen Teilchens auf ein nucleophiles ist die Polarisierbarkeit des letzteren maßgebend, die wiederum mit dessen Basenstärke zusammenhängt.) Die pK B-Werte der relevanten Basen sind: pKB(P 0 4H 2~) = 7, pKB(H 20 ) = 15,7. Das gebildete Diphosphat wird durch Fällung als schwerlösliches Salz stabilisiert. Dadurch wird verständlich, daß die spontane Umwandlung in Diphosphat, abgesehen vom Bariumsalz, bei allen Car- bamoylphosphaten zu beobachten ist, die ebenso wie die entsprechenden Diphosphate schwer löslich sind. Die Versuche mit N-Methylcarbamoylphosphaten ergeben überzeugend, daß die spontane, sich in wäßriger Suspension vollziehende Umwandlung von Cal- ciumcarbamoylphosphat in Diphosphat nicht auf einer strukturellen Eigentümlichkeit des Carbamoyl- phosphats beruht.
4. ExperimentellesDie untersuchten N-Methylcarbamoylphosphate
wurden nach bereits veröffentlichten Vorschriften hergestellt [4],
Zur Bestimmung des Verhältnisses von P] und P2 wurden die Produkte der Pyrolyse von NH4HX und Na2X -H 20 in Wasser, die von KHX in verd. Salzsäure und die der Erdalkalisalze in Mengen von etwa0,1 g durch Zugabe von 0,4 g Dinatrium-ethylendi- am intetraacetat in 2 ml verdünnter Ammoniaklösung gelöst. Die Zersetzungsprodukte von Z nX -5H 20 und C dX -2H 20 lösten sich bereits in verdünnter wäßriger Ammoniaklösung.
Eingesetzte Geräte: NM R-Spektrometer R 10 der Firma Perkin Eim er & Co., Beaconsfield, England; Vakuumschwebewaage der Firma Sartorius, D-3400 Göttingen.
[1] F. C ram er und M. W inter, Chem. Ber. 92, 2761 (1959).
[2] F. Seel und F. Schinnerling. Z. Naturforsch. 33b, 374 (1978).
[3] F. Seel und F. Schinnerling, Z. Naturforsch. 33b, 873(1978).
[4] F. Seel und N. Klein, Z. Naturforsch. 38b, 797 (1983).
[5] Ch. M. Allen (Jr.) und M. E. Jones, Biochemistry 3, 1238 (1964).
[6] Ch. M. Allen (Jr.), E. Richelson und M. E. Jones, C urrent aspects of biochemical energetics. Ed.: N. O. Kaplan und E. P. Kennedy, New York, Academic Press 1966, S. 401.
[7] F. Seel und N. Klein, Z. Naturforsch. 38b, 804 (1983).[8] F. Seel und P. Klos, unveröffentlicht.