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Formen unmittelbarer Demokratie
Seminar „Information und Kommunikation - Werkzeuge für Bürgerbeteiligung“
SS 2012
Prof. Dr. Hermann Hill, Staatsminister a.D.
Referent: Dieter Katz
Speyer, 15.05.2012
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Gliederung
3. Vor- und Nachteile unmittelbarer Demokratie
2. Formen unmittelbarer Demokratie
1. Begriffserläuterung
4. Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene?
E. Praxisbeispiel: Bürgerbegehren 2007 gegen Stuttgart 215. Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
6. Ausblick
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Begriffserläuterung
Definitionen von unmittelbarer Demokratie
1) „Unmittelbare Demokratie zeichnet sich dadurch aus, dass Sach- oder Personalentscheidungen durch das Volk selbst gefällt werden, ohne dass die Entscheidungsfindung Repräsentanten überantwortet wird.“ (Dreier/Wittreck)
2) Formen unmittelbarer Demokratie sind (...) auch andere von der
Rechtsordnung vorgesehene Beteiligungsformen, die hinter dem
eigentlichen Akt der unmittelbaren Ausübung der Staatsgewalt
zurückbleiben bzw. verfahrensmäßige Voraussetzungen desselben
bilden. (Neumann)
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Begriffserläuterung
(Teil-) Volk
Sach-entscheidungen
Personal-entscheidungen
Abstimmungen W
ahlen /
Abwahlen
Definition von unmittelbarer Demokratie
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Begriffserläuterung
halbdirekte Demokratie
Grundprinziprepräsentative
Demokratie
einzelne FormenunmittelbarerDemokratie
Deutschland als halbdirekte Demokratie
Komplementär-Verhältnis
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ähnliche Begriffe
Unmittelbare Demokratie
direkte Demokratieidentitäre Demokratiereine DemokratieBasisdemokratieVersammlungsdemokratiePlebiszitäre Demokratievolksunmittelbare Demokratie
Formen unmittelbarer D.
InstrumenteElemente
Begriffserläuterung
Volksinitiativen
Volkspetitionenqualifizierte SammelpetitionenGesetzesinitiativen
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Begriffserläuterung
Zwischenfazit (I)
In einer unmittelbaren Demokratie werden Sach- und Personalentscheidungen durch das Volk selbst gefällt oder zumindest vorbereitet.
Deutschland ist eine sog. halbdirekte Demokratie.
Es gibt keine einheitliche Terminologie.
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Gliederung
3. Vor- und Nachteile unmittelbarer Demokratie
2. Formen unmittelbarer Demokratie
1. Begriffserläuterung
4. Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene?
E. Praxisbeispiel: Bürgerbegehren 2007 gegen Stuttgart 215. Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
6. Ausblick
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Formen unmittelbarer Demokratie
Formen unmittelbarer Demokratie
unstreitig umstritten
•Wahlen und Abberufung•Antrag auf Zulassung eines
Volksbegehrens•Volksinitiative•Europäische Bürgerinitative•Ratsbegehren /
Kreistagsbegehren
Volksbefragung•Petitionen•Popularklage
•Volksabstimmung•Volksbegehren
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Wahlen und Abberufung
BürgermeisterwahlenAuflösung des Landtags durch
Volksbegehren und Volksentscheid in
RP, Berlin, Brandenburg
mehrstufige Verfahren
Antrag auf Zulassung eines
VolksbegehrensVolksbegehrenVolksentscheid / Volksabstimmung
Volksinitiative
Volksinitiative auf Länderebene /
Einwohnerinitiative Art. 61 BerlVerfBürgerantrag § 20b GemO (BW) / Europäische Bürgerinitiative Art. 11 IV
EUV, Art. 24 AEUV
sonstigesVolksbefragungRatsbegehren / Kreistagsbegehren
unmittelbare Demokratie
Formen unmittelbarer Demokratie
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Formen unmittelbarer Demokratie
unmittelbare Demokratie in Deutschland
Bundesebene Landesebene
KommuneKreisLand
• neue Verfassung• Neugliederung des
Bundesgebiets•Gesetzesentwürfe 2002
/ 2006
•Abberufung des Landtags•Volks-
abstimmungen
•Bürgerbegehren•Bürgerentscheid•Kreistags-
begehren
•Bürgerbegehren•Bürgerentscheid•Ratsbegehren
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international
Volksabstimmung im Südsudan 2011
(Unabhängigkeitsreferendum)Volksabstimmung zum Minarettverbot in
der Schweiz 2009
bundesges. Regelung
1952 Baden-Württemberg1996 Berlin-Brandenburg
landesges. Regelung
Volksbegehren „Für echten
Nichtraucherschutz“ 2010 in BayernVolksentscheid für Stuttgart 21, 2011
(BW)
kommunalrechtl. RegelungBürgerbegehren gegen S 21 (BW)
Praxisbeispiele für unmittelbare Demokratie
Formen unmittelbarer Demokratie
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Formen unmittelbarer Demokratie
Bürgerbeteiligung
Formelle Verfahren Informelle Verfahren
•Demonstrationen•Meinungsumfragen•Zukunftswerkstatt•Bürgerkonferenzen•Mediationsverfahren u.v.m.
•Bürgerversammlung •qualifizierte Massenpetitionen•Petitionsrecht•Popularklage
direkt-demokratische
Verfahrensonstige
kooperative Demokratie
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Formen unmittelbarer Demokratie
Zwischenfazit (II)
Wesentliche Formen unmittelbarer Demokratie sind
Wahlen (und Abberufungen)
Volksabstimmungen
Volksinitiativen
Was genau zur unmittelbaren Demokratie zu zählen ist, ist höchst
umstritten.
Formen unmittelbarer Demokratie existieren sowohl auf Bundes- als
auch auf Landesebene
„Bürgerbeteiligung“ ist der umfassende Begriff für alle formellen und
informellen Beteiligungsformen.
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Gliederung
3. Vor- und Nachteile unmittelbarer Demokratie
2. Formen unmittelbarer Demokratie
1. Begriffserläuterung
4. Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene?
E. Praxisbeispiel: Bürgerbegehren 2007 gegen Stuttgart 215. Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
6. Ausblick
Vor- und Nachteile unmittelbarer Demokratie
Akzeptanz
weckt pol. Interesse
Korrekturfunktion und Oppositionsersatz
Ergänzung der repräsentativen Dem.
Schwächung des Parlaments
Schwerfälligkeit und lange Verfahrensdauer
Verstoß gegen Menschenrechte
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Distanzverlust
Komplexe Fragen
Bildungsveranstaltungfür das Volk
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Gliederung
3. Vor- und Nachteile unmittelbarer Demokratie
2. Formen unmittelbarer Demokratie
1. Begriffserläuterung
4. Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene?
E. Praxisbeispiel: Bürgerbegehren 2007 gegen Stuttgart 215. Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
6. Ausblick
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Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene?
Gesetzesentwürfe 2002 und 2006
Gesetzesentwurf 2006 (FDP)
dreistufig: Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid
Verfassungsergänzung Art. 78a-d GG
bei Zustimmungsgesetzen Mehrheit im Bundesrat
keine Volksinitiative über Haushaltsgesetz, Abgabengesetz und
Änderungen des Verfassungskerns (Art. 79 III GG)
Quorum:
Volksinitiative durch 400.000 Wahlberechtigte
Volksbegehren durch 1/10 der Wahlberechtigten
Volksentscheid: grds. Mehrheit der Abstimmenden und 1/15
der Wahlberechtigten
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Gliederung
3. Vor- und Nachteile unmittelbarer Demokratie
2. Formen unmittelbarer Demokratie
1. Begriffserläuterung
4. Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene?
E. Praxisbeispiel: Bürgerbegehren 2007 gegen Stuttgart 215. Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
6. Ausblick
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Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Die neue Gemeindestraße
Der Gemeinderat der baden-württembergischen Gemeinde G beschließt den Bau einer Gemeindestraße.
Bürger A ist wenig erpicht darüber, denn die Straße würde direkt an
seinem Haus vorbeiführen. Er möchte mit einem Bürgerentscheid den
Bau der Gemeindestraße verhindern.
Welche Hürden muss A überwinden, um sein Ziel zu erreichen?
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Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Auf dem Weg zum Bürgerentscheid (BW)
idR Beschluss des Gemeinderats
Entwurf eines
Bürger-begehrens
Beschluss des Gemeinderats
über die Zulässigkeit
Unterschriften-sammlung
Widerspruch undKlage
Abstimmungs-kampfBürgerentscheid
Zulassung
Ablehnung
Durchführungs-beschluss desGemeinderats
Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
rechtliche und organisatorische Hürden (BW)
Entwurf eines Bürgerbegehrens
Abstimmungs-kampf
• Quorum wahlberechtigter Bürger nötig•Hausbesuche,Info-Stände,
Bekanntenkreis•Kosten (Arbeitskraft, Druck,
Info-Stände, Zeit)•6 Wochen nach Bekanntgabe
des GR-Beschlusses
Unterschriften-sammlung
• Zeitungsartikel, Werbung •Podiumsdiskussion•hohe Kosten
• Zuständigkeit•Ausschluss•Frage (Ja/Nein, konkret)•Begründung•Kostendeckungsvorschlag
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Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
rechtliche und organisatorische Hürden (BW)
Entwurf eines Bürgerbegehrens
Abstimmungs-kampf
Unterschriften-sammlung
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rechtliche Beratung organisatorische Kompetenzen
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Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Zwischenfazit (III)
Für erfolgreiche Bürgerbegehren und Bürgerentscheide bestehen in den Ländern teilweise hohe Hürden.
Erfolgreiche Bürgerbegehren und Bürgerentscheide erfordern
juristischen Sachverstand
organisatorische Kompetenzen
Finanzierungsmöglichkeiten
Vereine, Parteien und Verbände können die nötige Unterstützung
liefern.
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Gliederung
3. Vor- und Nachteile unmittelbarer Demokratie
2. Formen unmittelbarer Demokratie
1. Begriffserläuterung
4. Einführung eines Volksentscheids auf Bundesebene?
E. Praxisbeispiel: Bürgerbegehren 2007 gegen Stuttgart 215. Praxisbeispiel: kommunales Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
6. Ausblick
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Schlussbemerkungen
unmittelbare Demokratie auf dem Vormarsch?
Bertelsmann-Umfrage 2011:
großer Wunsch nach Bürgerbeteiligung in Form von
Volksbegehren und Volksentscheiden
Skepsis gegenüber sonstigen Formen der Bürgerbeteiligung wie
Bürgerforen, Zukunftswerkstätten und Demonstrationen
Bürger halten Bereitschaft der Politiker, mehr Bürgerbeteiligung
einzuführen, für gering
wenig Interesse an Parteimitgliedschaft oder
Abgeordnetentätigkeit
Präsident des BVerfG Andreas Voßkuhle spricht sich 2010 für mehr
unmittelbare Demokratie in Deutschland aus
69. Deutsche Juristentagung, September 2012 in München
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Vielen Dank für
die
Aufmerksamkeit!