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Wärmehaushalt und Arbeit

Prof. Dr. med.H.-V. Ulmer, FA für Physiologieulmerhv@t-online.de

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Wärmebilanz als Ergebnis von Wärmeproduktion und

Wärmeabgabe

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Wärmehaushalt und Arbeit__________________________

Wärmeproduktion• In Ruhe: ca. 100 Watt, würde einen An-

stieg der Kerntemperatur von ca. 1°/h be-wirken, wenn keine Abgabe stattfände

• Bei Muskelarbeit: Wirkungsgrad besten-falls 25 %, d. h. der größte Teil der gestie-genen Energiebereitstellung geht als Wärme verloren. Bei 100 Watt Ergometrie-Leistung also 300 W Wärme bzw. 400 W Gesamtumsatz.

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Energieumsatz = Wärmeproduktion

für verschiedene körperliche Tätigkeiten:

SPITZER, H., Th. HETTINGER und G. KAMINSKY: Tafeln für den Energieumsatz bei körperlicher Arbeit. Berlin – Köln, Beuth 1982.

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Energieumsatz bei 8 h-Schwerstarbeit:• Frauen: 360 Watt ~ 1250 kJ/Arbeitsstunde• Männer: 490 Watt ~ 1700 kJ/ArbeitsstundeZum Vergleich: Energieumsatz ohne

besondere körperliche Aktivitäten• Frauen: 100 Watt ~ 350 kJ/Stunde• Männer: 115 Watt ~ 400 kJ/Stunde

Mehranteil durch Schwerstarbeit:Frauen: 900 kJ/h, Männer 1300 kJ/h

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Wärmehaushalt und Arbeit__________________________

Wärmeaustausch zwischen Mensch und Umgebung in beiden Richtungen durch

• Leitung (Kontakt)• Strahlung (Infrarotstrahlung)Wärmeabgabe von der Haut, begünstigt

durch• Verdunstung• Konvektion (Grenzschichteffekt),

begünstigt Leitung und Verdunstung

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Grenzschicht = an die Haut grenzende Schicht: Isoliereffekt!

Kleidung und Wärmeaustausch: Kleidung

• reduziert die freie Haufläche

• isoliert gegenüber Hitze und Kälte

• verstärkt die Grenzschicht (Isoliereffekt, aber nur, wenn Luft und wenn nicht durch-geschwitzt)

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Grenzschicht und Mikroklima unter der Kleidung

• 1. Die Grenzschicht „Luft“ wird durch Verdun-stung (perspiratio sensibilis und insensibilis) angefeuchtet : Hemmt die Wärmeabgabe durch Verdunstung

• Perspiratio insensibilis = meistens extraglan-duläre Feuchtigkeitsabgabe durch Diffusion

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Grenzschicht und Mikroklima unter der Kleidung

• 2. Die Grenzschicht wird durch Leitung angewärmt: Hemmt die Wärmeabgabe durch Leitung

• 3. Die Grenzschicht wird durch Kleidung stabilisiert: Hemmt die Konvektion und somit die Wärmeabgabe durch Leitung und Verdunstung

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Kleidung und Wärmehaushalt

• Kleidung als Kälte- und Nässeschutz

• Kleidung als Hitzeschutz bei hohen Trockentemperaturen: Grenzschicht hemmt auch den Wärmeübergang von Luft zu Haut

• Kleidung bei starker Wärmeeinstrahlung: Reflektierende Kleidung hemmt die Umsetzung von Wärmestrahlen in Wärme an der Bekleidungsoberfläche

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Kleidung und UV.-Schutz

Kleidung schützt auch vor UV.-Strahlen

• Akut gegen Sonnenbrand

• Chronisch - gegen vorzeitige Alterung (Seemanns- oder Landmannshaut) - Hautmalignome

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Regelwerke

• G 21: Kältearbeiten (Räume < - 25° C),

• G 30: Hitzearbeiten (je nach Wärme- stromdichte, muskulärer Aktivität, Einwir-kungsdauer sowie CNET).

Beurteilungsrelevant:

Korrigierte normale Effektivtemperatur CNET

= Klimasummenmaß,

abhängig von Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit

und Luftgeschwindigkeit

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Meßtechnik

• Trockentemperatur

• Feuchttemperatur

• Strahlungstemperatur (Globe-Thermometer)

• Windgeschwindigkeit (Anemometer)

Daraus resultierend: Effektivtemperatur als „Klimasummenmaß“

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Umgebungstemperaturen

• Indifferenztemperatur (physiologisch definiert, Minimum des Energieumsatzes)

• Behaglichkeitstemperatur

(psychologisch definiert, Skalenwerte)

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2 Skalen für die Ermittlung der thermischen Behaglichkeit

Empfindungsskala für die thermische Behaglichkeit (nach ISO/DIS 10551):"Welche Zahl entspricht Ihrem augenblicklichen Gefühl der Behaglichkeit?„

4 sehr heiß3 heiß2 warm1 etwas warm0 neutral-1 etwas kühl-2 kühl-3 kalt-4 sehr kalt

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Balance des Wärmehaushalts (RUPPE, 1995, S. 192)

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Behaglichkeitszone und Akzeptanz (nach FANGER, 1973)Aus: Wenzel und Piekarski, 1982, S. 86

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Akklimatisation• Erste Phase: in wenigen Tagen „hin und

zurück“Schon bei einem verlängerten Wochenende in der Heimat!

• In den ersten Tagen Zurückhaltung mit körperlichen Aktivitäten

• Oft hinkt das Durstgefühl nach!• Bei Auslandseinsätzen: Instruktionen über

Hitzschlag (Ursachen, Prophylaxe, Symptome und Soforttherapie) mitgeben!

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Pathophysiologie

Hitzeschäden und Kälteschäden

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Wärmehaushalt und Arbeit________________________Hitzeschäden

• Hitzekollaps = Kreislaufkollaps• Hitzschlag = ZNS-Versagen, oft tödlich

• Erhebliche interindividuelle Empfindlichkeit• Eignung nur bedingt vorhersagbar (Ausschluß-

kriterien prüfen, letztlich: Entscheidung während Hitzeexposition am Arbeitsplatz)

• Neulinge daher gut im Auge behalten • Prophylaxe: Reichlich trinken, aber nicht zu

viel auf einmal

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Hitzeschäden bei Tropenreisen

• Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung

„Aufenthalt im Ausland“ = G 35

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Hitzegetränk

• Flüssigkeitssubstitution wichtiger als Salzsubstitution

• Es muß magenverträglich sein (bei Hitzearbeit Trinkmenge rund 1 Liter/Stunde)

• Es muß akzeptabel schmecken (Geschmacksauswahl anbieten)

• Es muß hygienisch einwandfrei sein

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Kälteschäden

• Lokaler Kälteschaden (sog. Erfrierung“) an den Akren, tritt ab Umgebungstempe-raturen unter + 4° C auf!

• Allgemeine Unterkühlung mit Absinken der Kerntemperatur

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Notwendiger Kälteschutz durch Bekleidung (nach van DILLA et al., 1968, aus: WENZEL u. PIEKARSKI, 1982, S. 104)

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Beispiel für passive bauliche Maßnahmen gegen zu hohe Bürotemperaturen im Sommer

(aus WENZEL u. PIEKARSKI, 1982, S. 151)

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Wärmehaushalt und Arbeit________________________Aktive Maßnahmen gegen zu hohe Bürotemperaturen im Sommer

• Ventilator: Bläst die Grenzschicht weg

• Raumklimagerät: Kühlt und trocknet

• Klimaanlage: Kühlt, feuchtet an und reinigt (Achtung: Filter als Keimschleudern!)

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Behaglichkeitszone und Akzeptanz (nach FANGER, 1973)

Aus: WENZEL u. PIEKARSKI, 1982, S. 86

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Wärmehaushalt und Arbeit________________________Klimatisierung als Konfliktfall!

Man kann es nicht allen recht machen!

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Ende

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RESERVE