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3,00 EURO Schutzgebühr Unterrichtsmaterial
KLASSEKLASSEKLASSETOUR
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
Inhalt
Seite
Vorwort
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INFORMATIONENZUDENSTÜCKEN
• InszenierungundInhalt 4
• Figurensteckbriefe 5
• SzenenspiegelKLASSEKLASSE• SzenenspiegelKLASSETOUR
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DIDAKTISCHERTEIL
• DasNachgespräch 15
THEATERPRAKTISCHERTEIL
• AllgemeineInformationen• WarmUp
1819
Themenfelder
• AuseinandersetzungmitdemGesicht 20
• Geräusche 21
• Maskenbau• Maskenspiele
2222
INFORMATIVERTEIL
• ZurEntstehungvonKLASSEKLASSE 26
• InterviewmiteinerMaskenspielerin 28
• Maskentheater 29
Literatur|Impressum|Danksagung
30
TheaterpädagogischeAngebotebeiTHEATERSTRAHL 31
Vorwort
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THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
LiebeLehrerinnen,liebeLehrer!KLASSEKLASSEzeigtMenschenundSituationendesSchulalltags.DieeinzelnenTypen,vomStreberbiszumKlassenclown,kommendenZuschauerInnen,objungoderalt,sehrvertrautvor.DieInsze-nierungsetztarchetypischeVerhaltensmusterinSzeneundverleihtdenFigureneinezeitloseWie-der-erkennbarkeit.InKLASSETOURwirddasFigurenensembleaufeineKlassenfahrtgeschickt.Leit-motivderFortsetzungistdie„Reise“,diedieFigurennichtnuräußerlichsondernvoralleminnerlichvollziehen.DieneuenUmgebungenundErfahrungenforderndieFigurenherausundprovozierenpersönlicheEntwicklungen.Der„Rebell“gerätanseineGrenze,der„Streber“entdecktdieLiebe,die„Stille“wirdzurPunkerin.NebenÜbungenundAnregungenzumMaskenspielenthältdasMaterialheftinsbesondereModule,dieeinekreativeAuseinandersetzungmitdenvorgestelltenFiguren,ihrenEigenschaften,BeziehungenundKonfliktenermöglichen.AlleModulekönnensowohlfüreineNachbereitungderStückeKLASSEKLASSEalsauchKLASSETOUReingesetztwerden.WirwünschenIhnenundIhrenSchülerInneneinenspannendenAufführungsbesuchundeineanre-gendeNachbereitungimUnterricht!CorneliaBaumgart(Theaterpädagogin),OliverKahrs(Dramaturg),Ann-MarleenBarth(Theaterpädagogin)
INFORMATIONENZUDENSTÜCKEN
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR 4
KLASSEKLASSEInszenierungGeneration13+|80Min.,keinePauseUraufführungbeiTHEATERSTRAHLBERLINimDezember2007Masken-Beatbox-TheatervonMichaelVogelundEnsemble|RegieundMasken:MichaelVogel|Co-Regie:StefanLochau|Bühne:MichaelOttopal|Kostüme:EliseuR.Weide|Musik:DanielMandolini|Video-Animation:AndreasDihm|Illustrationen:OL|Licht:WernerWallner|Esspielen:Anne-RebekkaDüsterhöft/SusannePlassmann,JanneGregor/BenjaminReber,DanaSchmidt,AlfredHartung/DirkBöhme,WolfgangStüßelmDanielMandolini|KoproduktionmitTHE-ATERDUISBURG|GefördertvomHauptstadtkulturfondsInhaltKLASSEKLASSEtauchteinindenMikrokosmosSchuleundrührtandaskollektiveGedächtnisvonGenerationen.WerkannsichnichtanseineeigeneSchulzeiterinnern–mitalldiesenunvergess-lichenTypen,demStreberunddemStar,demhässlichenEntleinundderDiva,demLeitwolfunddenSidekicks,derSportskanoneunddemKlassenclown?DazuderarroganteLehrerunddiefürsorglicheLehrerin,dieStrengeundderLiberale,dasOpferundderMädchenschwarm?IneinerdynamischenCollagewerdendieKonflikteeinerSchulklasseaufdieSpitzegetrieben–mitvielRhythmus,Körpereinsatz,WitzundPoesie.
KLASSETOURInszenierungGeneration13+|ca.90Min.,keinePause|UraufführungbeiTHEATERSTRAHLBERLINam25.Oktober2011Masken-Beatbox-TheatervonMichaelVogelundEnsemble|RegieundMasken:MichaelVogel|Co-Regie:StefanLochau|Bühne:MichaelOttopal|Kostüm:PascaleMühl|Musik:WilliDaum,DanielMandolini|Technik:WernerWallner|Dramaturgie:OliverKahrs|Esspielen:Anne-RebekkaDüsterhöft/AnnaKistel,JanneGregor,DanaSchmidt,AlfredHartung,WolfgangStüßel|KoproduktionmitTHEATERDUISBURGInhaltRausausderSchule,reininsVergnügen!SiegehengemeinsamaufKlassenfahrt,dieMasken-TypenausKLASSEKLASSE.IneinerturbulentenCollageausKomik,FantasieundGruppendynamikisteinssicher:Nichtsistwieesscheint.Hinter14MaskenwandelnsichdieCharaktere:AusSchlafmützenwerdenTraumtänzer.AusStillschweigernwerdenUnruhestifter.AusMode-PüppchenwerdenböseMädchen.AufderBühnegeratendieBilderausdenFugen.DerBeat-BoxerleistetganzeArbeit,er-zeugtKlangweltenundgehtmitdemPublikumaufeineakustischeReise.KLASSETOURistdiekonsequenteWeiterentwicklungdeserfolgreichen,neuenTheaterStrahl-Genres:Masken-Beatbox-Theater.
Masken-Beatbox-TheaterBeatboxen,auchMouthdrummingoderVocalPercussiongenannt,istdasErzeugenvonBeatseinzigundalleinmitLippen,Zunge,StimmeundRachen.IndenStückenKLASSEKLASSEundKLASSETOURistMando,dermehrfachedeutscheMeisterimBeatboxen,einezentraleFigur.MitseinenSoundsundBeatsbringterdieFigurenaufTrab.AlsGeräuschemachererzeugterAtmosphärenundKlang-räume.ImZusammenspielmitdemnonverbalenMaskentheaterentstehteineneueundfaszinieren-deÄsthetikzwischenPopundPoesie.
Figurensteckbriefe
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KLASSEKLASSEundKLASSETOURFigurensteckbriefe
TypendesSchulalltagsImMittelpunktvonKLASSEKLASSEstehendieBesonderheitunddieEinzigartigkeitderFiguren.InKLASSETOURvollziehendieFigureneineäußereundinnereReise,diesiewachsenundsichwandelnlässt.DiefolgendenFigurensteckbriefeenthaltenBeschreibungenderwichtigstenEigenschaftenundMerkmalederFiguren.FüreinigeModuleimtheaterpraktischenunddidaktischenTeilkönnenIhnendieFigurensteckbriefebehilflichsein.
Eigenschaften:kaumDurchsetzungsvermögen,teiltmitanderenundgibtab–z.B.seinEssenmitHella,isthyperaktiv,seineStimmungenwechselnsehrschnellzwischenglücklichundtraurig.DieseletztgenannteEigenschaftmachtihnauchzumKlassenclown.Gesten:schnelleBeine,immerinBewegung,hältseineMützefest,weildieanderensieihmsonstwegnehmen.Typ:Geber,OptimistundeinbisschenderLooserTraum:AstronautVeränderunginKLASSETOUR:DieSchluss-SzenezeigtSeppinfreundschaftlicherVerbundenheitmitRené.SeppträgtKleidungsstückevonRené.EndlichscheinterAnschlussgefundenzuhaben.
Eigenschaften:ordentlich,genau,pingelig,pünktlich,brav,machtkeinenQuatschmitdenanderenSchülerInnenmit.WenndieLiebedazukommt(mitKerstin)verändernsichseineEigenschafteninsGegenteilundsomitauchdieMaske.Gesten:Händereiben,aufdieUhrschauen,Zeigefingerheben,allesordnen(Zettel,Stifte).Typ:Streber,Einzelgänger,DenkerTraum:RichterVeränderunginKLASSETOUR:PaulverliebtsichinTanya.VonLiebeerfasstwerdenseineBewegun-genweicher,lebendigerundspontaner.
Figurensteckbriefe
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Eigenschaften:kraftvoll,gefühlvoll,„russischeSeele“,herzlich,naiv,sprühtvorLebendigkeit.EinTypmitgroßemHerz,derseinHerzgerneverschenkenmöchte,aufderSuchenachdemgroßenGlück.Einerderloszieht,umdieLiebezufinden.Gesten:LuftboxenundandereKraftgestenTyp:Beschützer,Gerechter,FriedliebenderTraum:Boxer
Eigenschaften:cool,aggressiv,dominant,rechthaberisch,realistisch,widersetztsichdenLehrerIn-nen,bedrohtandere,Gruppenanführer,stehtaufWaffen,Macht,Computerspiele,willdieKontrollehaben.InGegenwartvonMädchen,dieertollfindet,wirderunsicher.Gesten:ziehtseinenKammwieeinMesser,Stinkefinger,sehrmaskulineBewegungen,festeSchuhe:SpringerstiefelTyp:Provokateur,RebellTraum:AutomechanikerVeränderunginKLASSETOUR:IneinerAuseinandersetzungmitKyraverliertArnolddieKontrolle.DemRebellwirdeineGrenzegezogen,ermussdieReisevorzeitigbeendenundwirdnachHausegeschickt.
Figurensteckbriefe
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Eigenschaften:diedünne,graueMausmitBrille.SieistzunächstsehreifrigundinteressiertsichernsthaftfürdieDinge,diesieinderSchulelernt.Ordnetsichunter.LässtsichvonKyradieJackeabziehen,ohneaufzumucken.Sieisteinbisschenzickig-allerdingsnichtvielmehralsdieanderenMädcheninihrerKlasse.Leideristsieallesanderealscooloderbessergesagt,sieistsospießig,dasssieschonwiedercoolist.Aberdasweißkeiner-sieleiderauchnichtundsotutsieihrbestes,umdazuzugehören.Gesten:eckige,steifeBewegungen,beobachtetAndere.Typ:Angepasste,StreberinTraum:FernsehansagerinVeränderunginKLASSETOUR:ZuBeginndesStücksverwandeltsichKerstinineinePunkerin.InKLASSETOURtrittsiealsselbstbewusstePersönlichkeitauf,diesichinKonfliktenbehauptetundsichvonderMeinungderGruppenichtbeirrenlässt.
Eigenschaften:selbstbewusstundeineBeschützerin,schlagfertig,naiv,offenundimmerhungrig,sonnigesGemüt,liebtMusik,singtundtanztgern–besondersSamba.Siewillliebhabenundknuddeln.Hausaufgabenvergisstsieoftzumachen.Gesten:schwanktzwischenVitalitätundErschöpfung,impulsive,kraftvolleBewegungenTyp:Sonnenschein,Vermittlerin,auchClownTraum:KindergärtnerinVeränderunginKLASSETOUR:WährendHellainKLASSEKLASSEinvielenSituationeneinenAus-gleichinderGruppeherstellt,gerätsieinKLASSETOURdurchihredirekteundimpulsiveArtineinigeKonflikte.
Figurensteckbriefe
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Eigenschaften:immermüde,lustlos,nettzudenanderen,wirdauchgewalttätig,Fußballfan,suchtNähezuArnoldundmachtauchSeppfertig.IstkraftlosfürdieAufgaben,diedieSchulevonihmfordert,hatniedieHausaufgaben,bestichtandere,umabschreibenzudürfen,giltbeidenLehrernalsfaul.Gesten:legtKopfaufdenTischzumSchlafen,lascheKörperhaltung,gebeugterRücken,Hertha-Schalund–Mütze.Typ:Opportunist,Versager,MitläuferTraum:PilotVeränderunginKLASSETOUR:InKLASSETOURistJoschkaeinezentralePersönlichkeit,dievieleKontakteknüpft,mitallenFigurengutauskommt,diesichaberauchalsMitläufereinspannenlässt.
Eigenschaften:zeigtsichcoolundabgeklärt,aberauchsehrsensibel,zweifelnd,arrogant.SehrambivalenteFigur:EinerseitsisterselbstgewählterAußenseiter,derdemonstriert,dassihnniemandinteressiert,aberwehe,erwirdnichtbewundert.EinerseitsfühltersichzuanderenAußenseiterIn-nenhingezogen(sieheHella),anderseitsmachtermitderKlassenschönheitrum.Gesten:langsameBewegungen,ernsterAusdruck,ZeichenderTeufelsverehrungmitderHand,Go-thiclook,Pentagramm,FriedhofTyp:Individualist,SkeptikerTraum:Nihilist(verweigertsichallem)
Figurensteckbriefe
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Eigenschaften:provoziert,dominiertSchwächere,cool,hörtHipHopMusik,willsichnichtunterord-nen,stellteigeneRegelnauf,klautauchbeiMitschülerInnen(abziehen),androgynGesten:HipHopArmbewegungen,langsame,fließendeKopfbewegungenTyp:Herausfordernde,StarkeTraum:DJ
Eigenschaften:selbstbewusst,arrogant,kokettiert,schönheitsbewusst,zickig.SiehtsichüberAnderenstehend,fühltsichalsetwasBesseres,lässtaberdieKlassenkameradInnendochnichthängen.Gesten:SpielmitdenHaarenundHandy,Modelgang,körperbetontTyp:dieSchöne,ArroganteTraum:TV-ÄrztinVeränderunginKLASSETOUR:InKLASSEKLASSEwirdTanyavonVitaliumgarnt.InKLASSETOURhabensichdieRollenvertauscht:nunbuhltTanyaumVitalisAufmerksamkeit,dervonihrjedochnichtsmehrwissenwill.
SZENENSPIEGEL
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SzenenspiegelKLASSEKLASSE1|AuftrittderSchauspielerInnenDieSchauspielerInnenlaufenein,werdenhintereinerTafeleingescanntundtauchenmiteinerMas-kewiederauf.2|PutzfraualleinimKlassenraumDiePutzfraupackteinenBlumentopfundeinkleinesKofferradioaus,stelltMusikanundbeginntzuputzen,wobeisiedeneinenoderanderenFleckignoriert.Seppkommt,drücktihrdenBlumentopfindieHandundgehtwiederab.AuchdiePutzfraugehtvonderBühne.NacheinanderkommendieSchülerInnenimKlassenrauman.Vitalikommt,versteckteineroteHerz-GeschenkboxunterderSchulbankvonTanjaundwirddabeivonKerstinüberrascht.ErrücktihrdenStuhlzurecht,setztsichnebensieundschreibtvonihrdieHausaufgabenab.Tanyakommt,siehteinenFleckaufihremTischundsetztsichdeshalblieberaufdenPlatzvonSepp.JoschkasiehtdenFlecknichtundlegtseineTa-schedrauf.AlserdanndochdenDreckanseinenKlamottenbemerkt,isterverärgertundverlangtvonSepp,ihmdieHoseunddieTaschesauberzuputzen.3|KopfhörerRenétrittaufundKyrabietetihmeinenKopfhöreran.Erlehntab.HellakommtdazuundsiehörengemeinsamMusik.AlsHellaRenédenKopfhöreranbietet,nimmterihngern.Diebeidenkommensichkörperlichnäher–misstrauischbeobachtetvonKyra.HellaundRenéwirkensehrvertraut.ArnoldtrittaufundversuchtKyramiteinerPistolezuimponieren,dieerdabeihat.PaulerwartetdenUnterrichtmitSpannung.4|KlassenarbeitDarthFörster,derimaginäreLehrer,ordneteineKlassenarbeitfürdieUnterrichtsstundean.AlleschreibenbeiPaulab.5|ImTreppenhausJedeneuauftretendeFigurversuchtaufihreWeiseSeppdieMützevomKopfzunehmenunddieTreppehinunterzuwerfen.TanjaundRenésuchensicheineSchmuseeckeundknutschen.Eswirddeutlich,dassauchVitaliinTanyaverliebtist.DieSzeneendetmitVitalisBlues:ertanztverträumtmitdemSchalvonTanya.AlsdieseVitalibemerkt,holtsiesichihrenSchalenergischzurück.6|BiologieunterrichtKyramachtKrawall,indemsiePaulswohlgeordneteBüchervomTischwirft.KerstinkommtmitihrerneuenWesteundpräsentiertsiestolzKyra.Dieseziehtsiean,findetsieschickundgibtKerstindafürihrealteJacke.Kerstinistentsetzt,trautsichabernichtKyracontrazugeben.ImUnterrichtbewertetderLehrernurdieAntwortenvonPaulalsrichtig,bevorervorzeitigdenUnterrichtverlassenmuss.PaulsammeltseineBücherwiederein,dochArnoldwirftsieindenMüll.DanachlandetauchPaulimPapierkorb.Allegehenab,nurPaulbleibtimMülleimerzurück.KerstinhilftihmschließlichausdemPapierkorbherauszukommen.Sienähernsichanundküssensich–bisJoschkasieunterbricht.7|UnterrichtDieSzenebeginntmitdemAuftrittvonJoschka,bisermüdewirdundaufdemStuhleinschläft.TanyatrittmiteinemSprühdosen-Flamencoauf.HellaundSeppkommendazuundteilensichSeppsFrühstück.Vitalikommtdazu,schenktHelladieHerzschachtel,diesieabergarnichthabenwill.Der
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Unterrichtbeginnt,dieSchülerInnenkäbbelnsichundbeginnenmitAlltagsgegenständeneinenSam-barhythmuszuspielen.8|HilfloseReferendarinDieReferendarinstehtanderTafelundwirdvondenSchülerInnenmitPapierschnipselnbeworfen.NachdemUnterrichtbleibtsiealleinezurück,nimmtTablettenundweint.DiePutzfraukommtundtröstetsie.DieLehrerintrittsehrenergischauf,nimmtderReferendarindasKlassenbuchabundschicktsieweg.DieTablettenderReferendarinlehntsieab.DieLehrerinfordertdasPublikumauf,sichamUnterrichtzubeteiligenundverteiltZensuren.9|KlassenbuchDieLehrerinschreibtanderTafelundwirdvonSeppmiteinemGhettoblasterdabeigestört.DieLehrerinversuchtdieSituationindenGriffzubekommen,indemsieEintragungeninihrrotesNotenbuchvornimmt.EshaltensichimmerwenigerSchülerInnenanihreAnweisungen.SienehmenihrdasNotenbuchabundwerfenessichzu.AlsdieLehrerineswiederzurückgewinnenkann,übergibtsiedasNotenbuchdemSportlehrer.10|SportunterrichtImSportunterricht:derSportlehrerversuchtsichandieMädchenheranzumachen.Diesetricksenihnaus,ziehenihmdieHoseherunterundfotografierenihn.DerDirektortrittauf,nimmtihmdasNotenbuchabundschicktihnweg.11|ShowDownDerDirektordrehtaufderJungentoilettedenWasserhahnzumPinkelnauf.Paulkommtdazu,zeigtihmwieprimadasPinkelnbeiihmklapptundverschwindetsiegessicher.DanntrittArnoldaufundrauchtaufderToilette.DerDirektornimmtihmdieZigarettenab,dochArnoldhatimmerwiedereineneueSchachtelinderHand,diederDirektorihmwiederabnimmt.DannziehtArnoldseinePis-tole.DerDirektorentwendetsieihmundohrfeigtihn.ArnoldohrfeigtdaraufhindenDirektor,derwiederArnold,ArnoldabermalsdenDirektorundschlussendlichrichtetderDirektordieWaffeaufArnold.KyrakommtdazuundziehtwiederumihreWaffe,ArnoldziehteinezweiteWaffe!Dieener-gischeLehrerineiltdemDirektorzuHilfe–miteinemJagdgewehr!ZuletztkommtdiePutzfrauhinzuundziehtdieKlospülung.Allewerdenweggespült...11|SchlussszeneDiePutzfrauistalleinaufderBühneundgehtzumRhythmusihresKofferradiostanzendihrerArbeitnach.DenSchlussderInszenierungmarkierendieSchauspielerInnen,diehinterihrenMaskenher-vortreten.
SZENENSPIEGEL
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SzenenspiegelKLASSETOUR1|PrologDieSchülerInnenbereitensichaufdieKlassenfahrtvor.KerstintauschtihrSommerkleidgegeneinepunkigeLederjacke.VitaliboxtmitseinemSpiegelbild.HellasStoffhundpasstnichtindenKoffer.DieBühneverwandeltsichineinenBahnsteig,eineAbteiltüröffnetsichunddieFigurentretenein.2|ZugfahrtDieSchülerInnensuchenihrAbteil.DieRangeleien,ZusammenstößeundBegegnungenoffenbarenihreEigenheitenundBeziehungen.3|ZimmerbeziehenDieSchülerInnenbeziehendieZimmerdesJugendgästehauses.VitalisuchtKerstinsNähe.HellaundJoschkagerateninStreitumdasschönsteZimmer.TanyafindetkeineZimmerpartnerin.4|FeuerTanyaundKerstinmüssengemeinsameinZimmerbeziehen.TanyaversprühtihrDeoimganzenRaumundwirftKerstinsGameboyindenPapierkorb.DaraufhinschmeißtKerstineinKleidungsstückvonTanyahinterherundzündetdenPapierkorban.Feueralarmertönt.MitschülerundDirektorlöschenimFlurdenBrand.GegenüberdemLehrertäuschenbeideAhnungslosigkeitvor.5|KantineSchülerInnenundLehrertreffensichanderEssensausgabe.6|WaschraumHellaundTanyarangelnumdenPlatzvormSpiegel.DerStreitwirddurchArnoldundJoschkaunter-brochen,diesichineinerToilettenkabineversteckthabenundvondenMädchenFotosknipsen.Ge-meinsamvertreibenTanya,HellaundKerstindieJungs.AlsHellaundTanyawiederalleinsind,eskaliertderStreitaufsNeue.FrauBrinkmannkommthinzuundschlichtet.7|NachtruheJoschkaprahltgegenüberVitalimitdenFotosausdemMädchenwaschraum.KerstinundHellaversuchenihmdasFoto-Handyabzunehmen.FrauBrinkmanngehtdazwischen,schicktdieSchülerInneninihreZimmerundhältNachtwache.AlsFrauBrinkmanneingeschlafenist,öffnensichdieTürenundalleSchülerInnenschleichenindasZimmervonJoschkaundArnold.8|TräumeDieZimmerwändedrehensichundgewährenEinblickeindieTräumederschlafendenSchülerInnen.9|AusflugMuseum:DieKlassebesuchteinMuseum.Tanyaversucht,sichVitalianzunähern.Alsderflüchtet,wendetsiesichPaulzuundverbindetdessenAudio-GuidemitihremMP3-Player.Beidebeginnenausgelassenzutanzen.Dorfkirche:IneinerTagtraum-PhantasiestelltsichJoschkavor,wieerundHellainderKirchegetrautwerden.Bergwanderung:HellableibthinterderGruppezurück.AufeinerWaldlichtungwartetJoschkaaufsie.Plötzlichbeginnteszudonnernundzuregnen.JoschkabauteinNot-Zeltauf,indemdiebeidenUnterschlupfsuchen.
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10|GameboyVitalibesuchtKerstin,dieaufihremZimmerGameboyspielt.WährendKerstinwenigNotizvonVitalinimmt,beginntTanyaumseineAufmerksamkeitzubuhlen.PaulkommthinzuundschenktTanyaeinePralinenschachtel.VitaliundKerstinziehensichinVitalisZimmerzurück.AlsVitaliaufdringlichwird,gibtKerstinihmeineOhrfeigeundverlässtdenRaum.TanyaerscheintundversuchtVitalizuverführen.NunkommtauchnochPaulherein,dereinenBoxkampfmitdemvermeintlichenKonkurrentenprovoziert.VoneinemKinnhakengetroffen,wanktVitaliausdemZimmer.11|BöserScherzSeppwindetsichinAlpträumen,währendRenèein„schwarzesRitual“durchführt.NacheinerWeileverlässtRenédasZimmer.JoschkaundArnolderblickendurchdieoffeneTürdenschlafendenSepp.AufArnoldsInitiativebindensiedasBettlakenknappunterSeppsKopfzusammen.SepperwachtundgerätinPanik.Kyrakommtherein,befreitSeppundstelltihrenFreundArnoldharschzurRede.ArnolddrücktKyrasostarkaufdasBett,dasssiebewusstloswird.JoschkaundHellaeilenKyrazurHilfe.EinLicht-undBühnenbildwechselzeigt,dassArnoldmitdemZugnachHausegeschicktwird.12|PartyDieKlassefeiertdieAbschlusspartyihrerKlassenfahrt.NocheinmalhabensichganzneuePärchen-Konstellationengebildet.NurHellaistleerausgegangen.DeprimiertlässtsiesichvonVitalizueinemZugauseinemJointüberreden.ImCannabisrauschscheinendieWändeundderBodenzuwanken.HinterjederWanderscheintihrJoschka,derjedesmaleineandereihrerFreundinnenindenArmenhält.DieLehrerinFrauBrinkmannbetrittdieTanzfläche.Alletanzen.
DIDAKTISCHERTEIL
NACHBEREITUNGIMUNTERRICHT
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DasNachgesprächDasZieleinesNachgesprächsist,gemeinsamdasGesehenezurekonstruieren,UnklarheitenundZusammenhängezubesprechenundeinenEindruckvondergroßenVielfaltmöglicherInterpretatio-nenzugewinnen.Idealerweiseführensogenannte„offene“,allgemeinformulierteFragenzueinerlebendigenDiskus-sion,dieihreeigenenProblemstellungenentwickelt.Eher„geschlossene“Fragen,dieeinenFokusaufbestimmteAspektesetzen,könnenhilfreichsein,umErinnerungenwachzurufen,dasGesprächinGangzubringenundesschrittweiseaufeineoffeneFormhinzuführen.
FragenzurGesprächseröffnungEreignisseundInszenierungWasistindemTheaterstückpassiert?Wasistnochpassiert?WieendetdasTheaterstück?WelcheMedienwurdeneingesetzt?AufwelcheWeise?Waswarungewohnt?Washateuchüberrascht?VerständnisHabtihrFragenzudenGeschichten?Washabtihrnichtverstanden?Wasfandetihrseltsam?ErlebenWelcheswarderspannendsteMoment?Washateuchbesondersgutgefallen?WelcheSzeneisteuchbesondersinErinnerunggeblieben?Washateuchnichtgefallen?Waswarlustig?Waswarcool?Waswarlangweilig?
FragenzudenFiguren,ihrenBeziehungenundKonfliktenWelcheFigurensinddirinErinnerunggeblieben?WasanderFigurfandestdubemerkenswert?WelcheEigenschaftenhattesie?WelchekörperlichenAusdrucksmittelhatdieFigur?WelcheEigenschaftenkannmandarausableiten?WelcheSchülertypenhabendieFigurendargestellt?Welchekennstdudavon?InwelchenVerhältnissenstehendieFigurenzueinander?WelcheFigurenwarenbefreundetodernichtbefreundet?WiewurdemitdenKonfliktenumgegangen?Wiewerdendiesegeregelt?
NACHBEREITUNGIMUNTERRICHT
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Werwargegenwenundwerwarmitwemzusammen?WelcheLehrertypenhastdugesehen?Wiewurdensiedargestellt?WelcheKonfliktezwischenSchülerInnenundLehrerInnengabes?WiewurdemitdenKonfliktenumgegangen?Wiewerdendiesegeregelt?
FragenzumWeiterdenkenInwieweithabenSchülerInnendieLehrerInnenimGriff?WelcheMachthabenLehrerInnengegenüberSchülerInnen?KLASSEKLASSEWasbedeutetfürdichdieHandlungderPutzfrauOlga(BedienungderKlospülung)?KanneinKonflikteinfachweggespültwerden?SollteesWaffenkontrollengeben?WashältstduvonSecurityoderPolizeischutzindenSchulen?KLASSETOURWelcheSituationenhabeneuchaneigeneKlassenfahrtserlebnisseerinnert?WaswarbeieurenKlas-senfahrtenanders?Istesrichtig,dassArnoldvorzeitignachHausegeschicktwurde?WiehättendieLehrerandersreagie-renkönnen/sollen?
THEATERPRAKTISCHERTEIL
THEATERPRAKTISCHERTEIL
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TheaterpraktischerTeil
„DieMaskewirdzumAuge,derKörperzumGesicht.“MichaelVogel,RegisseurvonKLASSEKLASSEundKLASSETOUR
DieModulezurVor-undNachbereitungdestheaterpädagogischenBegleitmaterialsgliedernsichin
dieThemenfelderAuseinandersetzungmitdemGesicht,Geräusche,MaskenbauundMaskenspiele.DabeikannsowohldieInszenierungKLASSEKLASSEalsauchKLASSETOURalsStückbezugdienen.
AlsEinstiegsollteeinkurzesWarmUpdurchgeführtwerden,umdenKörperzulockernundeinen
spielerischenZugangindieThematikzuschaffen.MaskentheateristeinebesondereTheaterform.
FürdietheaterpädagogischeAuseinandersetzungsinddaherdiefolgendenHinweisehilfreich.
VielSpaßbeiderVerwandlung!
LebendigkeitderMaskenDieAusstrahlungeinerMaskeistnichtnuraufdasGesichtbezogen,sondernaufdieganzePerson.
DieMaskealleinlegtnichtdieGestaltundihreBedeutungfest.DieVerkleidungundhauptsächlich
dieArtderBewegungenbestimmendasAlter,densozialenStatusunddieBedeutungderFigur.Die
FarbensowohlinderBemalungalsauchinderVerkleidungsindeinwesentlicherAusdruck,derdie
Formunterstreichtoderihrwiderspricht.DieMaskierungbrauchtReduktionaufdasWesentliche,
umEmpfindungenimSpielensichtbarzumachen,sodassjedeBewegungindersparsamstenund
knappstenFormangewendetwird.
HinterderMaske MitdemTragenderMaskewerdenWahrnehmungsbereichegeschult,diesonstvernachlässigt
werden,z.B.müssendurchdieeingeschränkteSichtanderePersonenerspürtwerden.Sowerden
trotzdesVorhandenseinsdesBewusstseinsauchunbewussteBereicheangesprochen.Mit
wachsenderIdentifikationeinerRollekannder/dieZuschauerIndieunterderMaskespielende
PersonvergessenundsichmehrderSymbolikdesBildeshingeben.
Körperausdruck ImMaskenspielstehtdieSprachenichtzurVerfügung,dahererfordertesgezielteKörperhaltungen
undBewegungen,umetwasauszudrücken.Personen,dieihreEmotionennurschwernachaußen
bringenkönnen,erlebeninderVergrößerungderGestenundderAusdehnungeinerBewegung,wie
dieVerbindungzwischenKörperundEmotionenspielerischinGanggebrachtwird.Festgehaltene
KörperlernendieWeichheitundAnpassunganRaumundBoden.ZuweicheKörperlerneneine
StrukturimSinneeinerHaltung(Figur).ImSpielsolltedieEindeutigkeitundKlarheitimAusdruck
immerwiederangeregtwerden.AlsSpielersindmehrereEbenengleichzeitigzubeachten:eigene
Figurgestalten,mitHaltungenundGefühlenindieFigurgehen,OrientierungaufdenZuschauerund
BlickfürdenRaum,BegegnungmitanderenMaskenfigurenundVerständigungübergemeinsame
Handlung.
DieBühne DieAbgrenzungdesBühnenraumesunddesZuschauerraumesisteineRegel.DieBühnedarfnurmit
Maskebetretenwerden,derZuschauerraumnie.DieVerwandlung(AufsetzenderMaske)findet
immeraußerhalbdesBlickfeldesdesPublikumsstatt,genausodieDemaskierung.InderMaske
steckttrotzihrerfestgelegtenFormundFarbeeinegroßeVerwandlungsfähigkeit.Durcheinekleine
Bewegung,derVeränderungdesLichteinfalls,dasEinnehmeneineranderenPosition
(PerspektivwechselfürdenZuschauer),kanndieMaskeweicheroderhärterwirken,kannsogarden
Eindruckvermitteln,dasssielächelt.SoentstehteinMienenspiel,dasobjektivnichtvorhandenist.
THEATERPRAKTISCHERTEIL
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
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WARMUP
GrimassenwerfenDieTeilnehmerInnenbewegensichfreiimRaum,evt.nachMusik.Sieschüttelnundlockern
besondersintensivdieGesichtsmuskulatur.AufSignaloderMusikstoppfriertdieBewegungein.
WahrnehmenderzufälligentstehendenangespanntenGesichtszügeundgelöstenGesichtsmuskeln
inderBewegung,übermehrereRunden.
Erweiterung:BeiStopp,ruftdieSpielleitungeinenNamenundallenehmendieGesichtszügedieses
Teilnehmers/dieserTeilnehmerinein.
DerGesicht–Brainstorming-Schnipskreis
DieTeilnehmerInnenstehenimKreis.EsgilteinengemeinsamenSchnipsrhythmusmitdenFingern
zufinden.EherlangsambeginnenundeventuellTemposteigern.Aufjedenoderjedenzweiten
SchnipseineAssoziationzudemBegriff„Gesicht“(Gesichtsausdruck)nennen,inKreisrichtung.
(Beispiel:Gesicht:rund,oval,hell,rot,pickelig,lächelnd,zartetc.).WenndieAssoziationenzuweit
abschweifen,denBegrifferneuteingeben.
Erweiterung:AufjedenfünftenSchnipsmachtjeweilsein/eTeilnehmerIneinenbeliebigen
GesichtsausdruckundhältihnfünfSchnipselang,danndernächsteundimmersoweiter.Beidieser
Übunganregen,dasssehrminimalistischeVeränderungeneinegroßeVeränderungimAusdruck
bewirkenkönnen.
Grimassenmemory
2TeilnehmerInnengehenvordieTür.DieandereneinigensichinPaarenaufeinunddenselben
Gesichtsausdruck/Grimasse.AlletauschenuntereinanderdiePlätze,sodassdiePaarenichtmehr
nebeneinandersitzen.DiebeidenratendenTeilnehmerInnenfordernabwechselndnacheinander
TeilnehmerInnenauf,ihr„verändertesGesicht“füreinenkurzenMomentzuzeigen.Wervonden
RatendendieMehrzahlanPaaregefundenhat,hatgewonnen.
Erweiterung:AlleTeilnehmerInnenkommenindieRollederRatenden.DasjeweiligeRateteammuss
ineinervorgegebenenZeit(3Minuten)Grimassenpaaresammeln.WelchesRateteamamSchluss
diemeistenPaareinderbegrenztenZeitgefundenhat,istdasGewinnerteam!
THEATERPRAKTISCHERTEIL
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
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AuseinandersetzungmitdemGesicht
Modul1 GesichtertypenDauer 30Min.
Ziel DieWahrnehmungdereigenenGesichtsformwirdtrainiert.
Stückbezug GesamterStückzusammenhang
Ablauf Basis:WelcheGesichtsformhabeich?Rund,eckig,oval?UndwelcheMerkmale
gibtes?EventuellmitentspannterMusik.Jede/rTeilnehmerInerspürtfürsichmit
geschlossenenAugendaseigeneGesichtundnimmtdieAbständezwischen
Augen,NaseundMundetc.wahr.GibtesBesonderheiten?Narbeo.ä.?
Aufgabe:BeschreibemiteinfachenWortensachlichdeinGesicht.Währendein/e
TeilnehmerInsein/ihrGesichtbeschreibt,hörendieanderenmitgeschlossenen
Augenzuundschauendanachzudem/derTeilnehmerIn.
Variante:DieTeilnehmerInnensitzenimKreis.ImUhrzeigersinnbeschreibtein/e
TeilnehmerIndasGesichtdesanderen(Form,GrößeundAbständezwischen
Nase,Mund,Augen,Stirn,Besonderheiten).
Modul2 Gesuchtwird...Dauer 30-45Min.
Ziel DieTeilnehmerInnenschulenihrBeobachtungsvermögen.
Stückbezug Basis:Jede/rTeilnehmerInschreibtfürseinen/ihrePartnerInausderVorübung
einenkurzenSteckbriefaufeinenvorbereitetenZettelzudenStichworten:
Gesichtsform,Augen,Nase,Mund,Stirn,besondereMerkmale,undfür
„Erweiterung2“:einGesichtsausdruck(sieheunten).
DieZettelwerdeneingesammeltundein/eTeilnehmerInistderjeweilige
„Sheriff“.Er/sieziehteinenZettelundversuchtanhandderBeschreibungden/die
TeilnehmerInzuerkennen.Er/siehateineMinuteZeit,dievoneinem/randeren
TeilnehmerIngestopptwird.Der„Gefundene“istderneue„Sheriff“.Schaffteres
nichtindieserZeitkommtdie
Erweiterung:Er/sieverliestdenSteckbriefundbittetalleTeilnehmerInnenum
Mithilfe,diePersonzufinden.WerdiePersongefundenhat,istdannderneue
„Sheriff“.
Erweiterung2:ZuderGesichtsbeschreibungkannaucheinGesichtsausdruckergänztwerden.Denliestder„Sheriff“nichtvor,sondernnenntihnnurleiseder
gesuchtenPerson.DiesestelltdanndenGesichtsausdruckdar,dendieanderen
TeilnehmerInnenerratensollen.(Ausprobierenindividuelleremotionaler
Gesichts-Ausdruckmöglichkeiten,dabeibeachten:GibtesauchVeränderungin
derKörperhaltung?)
THEATERPRAKTISCHERTEIL
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21
Geräusche
Modul3 MeineGeräusche,deineGeräuscheDauer 15-30Min.
Ziel DieTeilnehmerInnenschulenihreaudio-kommunikativeKompetenzund
Wahrnehmung.
Stückbezug AllgemeinerStückbezug
Ablauf Basis:Jede/rTeilnehmerIngehtfürsichderFragenach:WelcheGeräuschekann
ichwieerzeugen?(ohneweiteresMaterialalsHilfsmittel)
DazuverteilensichdieTeilnehmerInnenimRaumundprobierenallegleichzeitig
verschiedeneGeräuscheaus.Jederentscheidetsichfür2-3Geräusche,dieerder
Klassevorstellenmöchte.
Geräusche-Showing:MitdemRückenzurKlassepräsentiereneinzelne
TeilnehmerInnenihreGeräusche.DieKlassehörtmitgeschlossenenAugenzuund
sollerraten,wiedieGeräuscheerzeugtwurdenundsiewiedergeben.
SammelnderverschiedenenMöglichkeitenGeräuschezuerzeugen(Händevor
demMund,Hohlräumeu.ä.)EinigetypischeBeispielevomErzeugenvon
Alltagsgeräuschenhervorheben,z.B.Schritte,Eisenbahn,Autorennen,
Bremsenquitschen,Spiegeleierbratenetc..
Modul4 DieSoundmaschineDauer 15-25Min.
Ziel DieTeilnehmerInnenschulenihrRhythmusgefühlundihregegenseitige
Wahrnehmung.
Stückbezug GesamterStückbezug
Ablauf Basis:EinefreieFläche/Bühneauswählenundabstecken,keineVorgabenfürTempo,GrößederBewegung,Lautstärke,etc.angeben.Ein/eTeilnehmerIn
beginntaneinerbeliebigenStellederausgewähltenFlächemiteinerBewegung
undeinemGeräuschdazu.Ein/eandere/rTeilnehmerInnimmtseinen/ihrenPlatz
aufderFlächeinVerbindungmitdem/rerstenTeilnehmerIneinunddernächste
kommtdazu,bisalleTeilnehmerInnenderGruppebeteiligtsind.DieMaschine
kannsichdannindergleichenReihenfolgederTeilnehmerInnenwiederabbauen,
beginnendmitdem/rerstenTeilnehmerInderMaschine.
THEATERPRAKTISCHERTEIL
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Maskenbau
Modul5 EinfachePapiermaskenDauer 30-45Min.
Ziel DieTeilnehmerInnenlerneneigeneIdeenzuvisualisierenindemsieihreeigene
Maskeentwerfen.
Material verschiedeneGrößenTonpappe,unterschiedlicheStifte,Tuschfarben,Scheren,
Kleber,BunteKrepppapiere,Wolle,Stoffe,Federn,u.ä.
ZurBefestigungderMaske:Locher,Tesafilm,Gummiband(vordemLochendie
SeitenmitTesafilmverstärken.)
Stückbezug GesamterStückzusammenhang
Ablauf FürdiesefreieFormausKartonpapier,wählendieTeilnehmerInnenausca.drei
PapiergrößenausundhaltendasPapiervorihrGesicht.Sieerspürenmitden
FingerndieLagederAugenundNaseundmarkierendieseStellenaufdemPapier
miteinemBleistift.DiesePunktewerdenausgeschnitten,erstklein,vergrößern
kannmandieseAusschnittenochnachdemdieFormzugeschnittenunddie
Maskebemaltunddekoriertist.DieNasekannausgeschnittenwerden,sositzt
dieMaskebesser.MiteinerzugeschnittenenNaseausPapier,kanndieeigene
Naseüberdecktwerden.DieGesichtsformderMaskekannunabhängigvonder
eignenGesichtsformzugeschnittenwerden.InderGestaltungundDekorationder
MaskesindderFantasiekeineGrenzengesetztundauchdasangeboteneMaterial
darfsehrvielseitigsein.
MaskenspieleBeidenfolgendenÜbungenkönnensichdieTeilnehmendensowohlandenFigurenvonKLASSE
KLASSE/KLASSETOURorientieren,alsaucheigeneFigurenentwerfen.
Modul6 MaskenvorstellungDauer 30-60Min.
Ziel DieTeilnehmerInnentrainierendieEigen-undFremdwahrnehmungmitder
Maske,sowiedenAuf-undAbtritt.
Stückbezug GesamterStückzusammenhang
Ablauf Basis:EigeneMaskebetrachtenundspontanEigenschaftenderMaskenennen.
MeineMaskeist/hat/kann...
Jede/rTeilnehmerInpräsentiertseine/ihreMaske,indemsie/ersievorsichhält
unddieEigenschaftenbenennt.
Erweiterung:DieTeilnehmerInnensetzendieMaskeaufundpräsentierensich
demPublikum,indemsieauftreten,kurzverharrenunddieZuschauerInnen
anschauenunddannwiederabtreten.AnschließendfolgteineBeschreibungder
SpierlerInnenundderZuschauerInnenanhandfolgenderLeitfragen:
WiefühleichmichmitderMaske?Wieerlebeichdieanderen?Wieistmein
Blickfeld?WieverändertsichmeineHaltung?
THEATERPRAKTISCHERTEIL
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Modul7 BegegnungderMaskenDauer 45-60Min.
Ziel DieTeilnehmerInnenerfahren,inwieferndieMaskeeineFigurbeeinflussenkann.
Stückbezug GesamterStückzusammenhang
Ablauf Basis:OhneMasken
TeilnehmerInnenstehensichinPaarengegenübermitmöglichstweitemAbstand.
SiegehenmitsteiferKörperhaltungundsehrgeradeaufeinanderzuundganz
knappaneinandervorbei.StoppenmitdemGedanken:ach,denkenneichdoch-
drehensichum,schauenden/diePartnerInanundbegrüßensie/ihnmit
Handschlag.DanachdrehensiesichwiederzurückundsetzenihrenWegfort.
Erweiterung:mitMaskendengleichenVorgang.
Zubeachtenist,dassdieAbläufenacheinandergeschehen:Gehen,Stoppen,
Drehen,Schauen,Begrüßen.
Variante:GangartenundBegrüßungsformenverändern,TeilnehmerInnen
machenVorschlägeundzeigenihreBegrüßungsarten.
AnschließendpräsentierendieGruppensichgegenseitigihreErgebnisse.
Modul8 SpielenmitderMaskeDauer 20-30Min.
Ziel ÜbungzurRollenbiographieundInterview
Material TafeloderFlipchart,kleineZettel,Klebeband
Stückbezug GesamterStückzusammenhang
Ablauf Basis:NachdemdieTeilnehmerInnenihreMaskemitdenvorherigenÜbungen
kennengelernthaben,werdenderMaskeEigenschaftenundGewohnheiten
zugeordnetundStückfürStückeineFigurentwickelt.
WasgehörtzurGeschichtemeinerMaske/Figur?Dazugehören:Alter,Elternhaus,
Hobbys,wasmagsiebesondersgerne,waskannsiebesondersgutundwasnicht.
WelchePositionhatsieinderSchulklasse?WelcheEinstellungen/Vorurteilehat
sie?WelcheRituale,Verhaltensweisensindtypisch?Ausstrahlung,Kleidung,
Frisuru.ä.KurzeNotizenzudiesenPunkten.
Erweiterung:InPaareninterviewensichdieTeilnehmerInnengegenseitigzuihren
Figuren.DazuträgtderInterviewtedieMaske,derInterviewernicht.
THEATERPRAKTISCHERTEIL
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
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Modul9 BegegnungzweierMaskenfigurenDauer 60-90Min.
Ziel DieTeilnehmerInnennähernsichdemszenischenSpielundtrainierenihre
ästhetischeWahrnehmung.
Stückbezug GesamterStückzusammenhang
Ablauf Basis:JeweilszweiTeilnehmerInnensindmitihrenMaskenaufderBühneunddie
anderensindBeobachterInnen.DieMaskenschülerInnengehennebeneinander
aufdieZuschauerInnenzu,bleibenstehenundnehmenfürihreFigurtypische
HaltungenimStehen,Sitzen,Liegenein.
BeobachtendeTeilnehmerInnenbeschreiben,welcheTypensieerkennenund
woransiediesfestmachen.SindesgegensätzlicheTypen?Wasistgegensätzlich?
HabensieGemeinsamkeiten?Welche?
Erweiterung:beobachtendeTeilnehmerInnengebenvonaußen
Regieanweisungen,wiesichdiebeidenMaskenbewegensollen.Wiekanneinen
Begegnungstattfinden?InwelcherSituationsollwasgesehen?Waspassiertin
derBegegnung?
Variante:Ferngesteuert-VertonungderMaskenmitGeräuschen/Klängen,die
MaskebewegtsichnachdenKlängen.Oder:WenndieMaskesprechenkönnte,
waswürdesieinderjeweiligenSituationsagen,Monologe/Dialogewerdenvon
außeneingesprochenunddieMaskereagiertdarauf.
Gemeinsamkeitenund/oderGegensätzlichkeitenfesthalten.
Modul10 SzenischeImprovisationmitMaskenDauer 90Minuten
Ziel DieTeilnehmerInnenschulendieszenischeImprovisationundselbstständige
Szenenfindung.
Stückbezug WahlweiseSzenenausKLASSEKLASSE/KLASSETOURaufgreifen
Ablauf DieTeilnehmerInnenbildenKleingruppenvonca.5-9SpielerInnen,(Masken,
MusikerIn,SprecherIn,RegisseurIn).
WelcheMaskentypensindinderGruppe?GegensätzlicheTypen?Situationenaus
demSchulalltag/KlassenfahrtauswählenundjenachdenMaskentypeneine
Szeneentwickelnz.B.einem/rTeilnehmerIndieMützewegnehmen,
Hausaufgabenvergessen,AbschreibenwährendeinerKlassenarbeit,Verliebtsein,
dasnichterwidertwird;eine/nMitschülerIn/LehrerInprovozieren,anderTafel
stehenunddieAufgabennichtlösenkönnen,aufdemSchulhof/Schulweg
anderenausweichen,weil…;jemandentrösten,weil…,Klassenfete,Zoffmit
anderenMitschülerInnenoderLehrerInnen,weil..
AnschließendpräsentierensichdieTeilnehmerInnendieerarbeitetenSzenen.
INFORMATIVERTEIL
InformativerTeil
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
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ZurEntstehungvonKLASSEKLASSEVonMichaelVogel,Regisseur,MaskenbauerundMitautorvonKLASSEKLASSEundKLASSETOURFürmich begann KLASSE KLASSE, als ich bei ei-nem Treffen nach 20 Jahren, meine Klasse ausderVolksschuleinSelbitzzumerstenMalwiedergesehen hatte. Ich befürchtete, dass es einfurchtbarlangweiligerAbendwerdenwürdeund ich mich sicher bald nach dem gemein-samenEssenverabschiedenwürde.Dochals ichdasLokalbetrat,wardieÜberraschunggroß.Dasaßen sie alle:AllemeineArchetypen,nachde-nen ich vielleicht seit der Schulzeit, die Men-schen denen ich begegne, unbewusst eingeteilthabe. Der Abend wurde natürlich alles andereals langweilig und schon bei der Sitzordnungwurde schnell klar,wer vor 20 Jahrenmitwemkonnte und wer mit wem nicht. Doch nach solangerZeitvermischtensichdiealtenCliquenandiesemAbendzumerstenMal.HierentstanddieIdee,einmaleinStücküberdieArchetypeneinerSchulklassezumachen.Jetztarbeiteichseitüber20JahrenmitMaskenunddaliegtesfürmichnahe,auchdiesesThe-mamitMaske zuuntersuchen.DaeinArchetypvomAlterunabhängigist,entschiedichmich,fürSchüler und Lehrer die gleichenMasken zu be-nutzen. Nur Kostüme und Perücken sind ver-schieden. DassMasken für den Zuschauer sehrlebendigwerdenkönnen,unddassdiesauchbeieinem jungen Publikum zu Begeisterung führt,davonwarichüberzeugt.AlsobauteichMasken,dieunsere„altenBekannten“,dieinjederKlasseauftauchen,verkörpernkönnen.Von den Beat-Boxern bin ich sehr begeistert.Was die Pantomimen in den 80ernwaren, sindjetzt die Beat-Boxer – nur umgekehrt. Wir Mi-men haben unseren gesamten Körper sehr ex-pressiv eingesetzt und dazu oft Geräusche undMusik gemacht, um unser Spiel zu verstärken.DieBeatboxerbenutzenwiederumStimme,Lip-pen und Zunge, um einen oft extremen SoundoderaucheinekomplexeMusikzuerzeugenundsetzten dabei ihren Körper dezent mimisch inSzene. Beide Kunstarten sind sehr konkret inihrenInhaltenundtrotzdeminihrenWirkungenauchsehrassoziativ.
Waslagalsonäher,alsdiesebeidenverwandtenKunstformeneinmal zusammenzubringen.Man-do macht nicht nur einfach Musik und Geräu-sche für die Szenen, er bestimmt oft wie einDirigentdengesamtenRhythmusdesSpielsundisteine idealeErgänzung fürdasSpielmitMas-ken. So entstand das erste „Masken-Beatbox-Theater“derWelt!Theater lebt von Konflikten und die ausdrucks-starken Charaktermasken auch von Überzeich-nung.AlsohabenwirunsaufdieSuchenachdenThemengemacht, die sich indieserVerbindunggut entwickeln können. Schnell kamen wir aufein grundsätzliches Gegeneinander von Lehrernund Schülern. Dieses Bild treiben wir im StückKLASSE KLASSE lustvoll bis zur Eskalation, viel-leichtumzumSchlussoderauchnurdurchunserSpiel, unsereArt derDarstellung, einGegenbilddes Zusammenarbeitens und des Miteinanderszubeschwören.Jeder kennt sicher auch das Gefühl, mit demLehrer bzw. Schüler im gleichen Boot zu sitzen:Einen Unterricht, geprägt von einem Klima derNeugier und des gegenseitigen Interesses anei-nander und an der Sache. Ich habe das zumGlück erlebt und versuche dieses positive undauchangenehmeErlebnis inmeinerArbeitwei-terzugebenundzuentwickeln.Ich träume von einem integrativen und kon-struktiven Miteinander in den Klassen. DassSchüler und Lehrer nicht gegeneinander, nichteinmal gegenüber stehen, sondern wie zweiBeine in ihrer wunderbaren Co-Existenz mutigund kühn in eine bewegte, sich ständig verän-dernde Zukunft gehen. Hier stehen sicher, wiefastüberallinunsererGesellschaft,dieverhärte-tenund trägenStrukturenunserer InstitutionenimWeg. Doch um die Metapher der kooperie-renden Beine noch mal zu bemühen: Kleine,unaufhörlicheSchrittebringenunsweiter.
InformativerTeil
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
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ZurEntstehungvonKLASSEKLASSEIIVonCorneliaBaumgartVom ersten Kontakt zwischen THEATER STRAHLundMichael Vogel von der Familie Flöz bis zurPremiere des Stückes KLASSE KLASSE sind fastfünfJahrevergangen.Die Vorüberlegungen und Planungen für einegemeinsame Inszenierung sind in den Jahrengewachsen,habensichimJahre2007verdichtetund führten nach einer intensiven Probenzeitvon3Monatenam18.Dezember2007zur Ur-aufführung.Eine ausführliche Recherche- und Brainstor-mingsphase zum Thema Schule zeichnete erste„Typen“ ab, die in fast jeder Schulklasse zu fin-densind.AnfangsgabesnurdieIdeeundnochkeinevor-gegebenen Figuren. Die SchauspielerInnen ent-wickelten die Charaktere „ihrer“ Figuren selbst,indemsiez.B.andieeigeneSchulvergangenheitund an konkrete Personen, die sie kennen, an-knüpften, aktuelleNachrichten zumThemaein-bezogen, wie Polizeischutz an Schulen, Amok-lauf,WaffenkontrolleinSchulenu.ä..Für die STRAHL-SchauspielerInnen gab es vordieser Produktion keine schauspielerischen Er-fahrungeninMaskenstücken.DieFlözschauspie-lerInnennahmenmit ihrenErfahrungenausvie-lenMaskenstücken teilweise die Rolle alsMen-torenundVorbilderinderZusammenarbeitein.So konnte jede/r SchauspielerIn sich mit sei-nen/ihrenErfahrungenindieImprovisationspro-zesse einbringen. Vom Regisseur wurden alleangeregt,möglicheSzenarienvorzuschlagenundSchülerIn-, LehrerIn-, Eltern-Figuren mit allenEigenschaften und einer eigenen Identität zuentwickeln.WelcheTypensolltenvorkommen,welcheFigurwollte/solltewelche/rSchauspielerIndarstellen?Von der braven, schönen, schüchternen bis hinzudencoolen,frechen,poetischenSchülerInnenwurde die Palette durchgespielt,wurdenunter-schiedliche Situationen improvisiert und nachund nach kleine Szenen gefunden und ausge-wählt.
Fantasie und Wirklichkeit des Schulalltags, dieTräumeundrealenSituationenderSchülerInnensollten sichtbar in einem dynamischen Zusam-menspielmitdemMusikergestaltetwerden.Die Improvisationen zur Szenenfindung sindwährend den Proben immer ohne Masken ge-spielt worden. Erst als die Szenen weitgehendentwickelt waren, kamen die Masken hinzu.DamitverändertesichdieSzenewieder,jenachWirkungderjeweiligenMaske.DieMaskenentstandenparallelzumProbenpro-zess und brachten einen neuen, wesentlichenAspekt mit: Ihr Eigenleben. Jede Maske birgteineGeschichte in sich,erzähltuns,ähnlichwieeinBuch,wersieistundauchwassiegernetunmöchte. In der intensiven Auseinandersetzungmit seiner Maske, verwandelte sich der/dieSchauspielerInhinterderMaskeineineFigur,ander immer wieder Neues zu entdecken ist.Der/dieZuschauerIn istmitseinen/ihrenReakti-onen und Assoziationen auf die Maske einge-bunden in diesen Prozess und verändert dasStückmitjederVorstellungmit.Für die SchauspielerInnenwar es eine neue Er-fahrungsichvonderGesichts-undWortfixierungdes „normalen“ Theaters zu lösen und neueSichtweisen einzunehmen. Das Ego des/derSchauspielers/-in verschwindet hinter der Mas-ke. Gefordert wird von ihm/ihr Durchlässigkeit,Hingabe, er/sie stellt sich der Maske quasi mitseinem/ihremKönnenzurVerfügung.DieMusik,der Rhythmus bestimmen das Tempo und dieDynamikdesSpiels.So ist der Musiker Akteur und Begleitung zu-gleich, mit seiner akustischen Vielfalt könnensichdieMaskenausdrucksreichentfalten.Die Wahrnehmung unter der Maske ist einge-schränkt,nurwenigvonderReaktiondesPubli-kums sieht der/die SchauspielerIn. Auch wenndieMaskegenauauf sein/ihrGesichtangepasstund bequem zu tragen ist, ist es heiß dahinterunddasAtmenfälltschwer.Michael Vogel wird oft gefragt: Warum dieMasken?WarumspielenSiemitMasken?Worauferantwortet:„Undichfragemich,
InformativerTeil
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
28
warum nicht viel mehr Theater mit Masken zusehen ist. Aberwieso verstecktman sich hintereinerMaske,wennmanTheaterspielenwill?DieMaskezeigtalles.DieMaskeöffnetmehralssieverbirgt,weilderKörpernielügt,undunserePhantasie lässt alle Emotionen in der Maskeerscheinen. DieMaske lässt uns frei in unserenAssoziationen und erzählt uns eine ureigeneGeschichte, die vielleicht nur für uns alleinstimmigist.Dersiehtauswie...JedeMaskestehtfürsich,füreinenbestimmtenTypMenschund isteinuraltesMitteldesThea-ters, sie lässt das Ego des Schauspielers ver-schwinden und kann ihn für das öffnen,was erfür uns spielt. Masken sprechen das Unaus-sprechliche aus, undMasken können, wenn sieleben,sehr,sehrkomischsein.WarumwirdalsosowenigmitMaskengespielt?Vielleicht, weil es so schwer sein kann, eineMaskezumLebenzuerwecken.“
InterviewmitderSchauspielerinAnneRebekkaDüsterhöftWasisttypischandeinenFigurenKyraundOlga?Anne:KyraisteincoolesMädchen,liebtHipHopund sie hört sehr gerne Musik. Will sich nichtunterordnen. Stellt ihre eigenen Regeln auf.VaterAfrikaner. (Wennman sichdieMaskebe-trachtet.)SiemagSchwächerenichtundStreberüberhaupt nicht. Sie kann schlagen und einenAnderenfertigmachen.Olga ist eine russischeMama. Die gerneMusikhört.SiemagdieSchule.SiekenntdieKidsundhat sie in ihr Herz geschlossen. Sie ist eine lie-benswertePutzfrau,diefürjedeneinOhrhat.Wie sind die Figuren entwickelt worden? Undwas fasziniert dich als Schauspielerin an deinenFigurenundamMaskenspiel?Anne: Kyra entwickelte sich aus Tanya heraus.Als erste Figurmöglichkeit stand „Tanya dieSchöne“. Durch Interviews untersuchten unddurchleuchtetenwirdieFiguren.DochwarTan-yamirpersönlichzueindimensional,undich
wollteihrnocheineFarbedazugebenundsagteimInterview,dasssieHipHopliebt–MissyEliot– Fan ist und eine „Gang“ hat. Und somit ent-standenzweiFiguren .TanyaundKyra.Mirwares erst gar nicht bewusst, doch Michael Vogelbestandaufeinmaldarauf,dasswirneueNamenfür unsere Figuren finden sollten. Und so ent-stand Kyra. Die Faszination war an dieser Figurfür mich, dass diese Figur sich nicht an Regelnhaltenwollte. Im InterviewhattesieschoneineGegenhaltung. Sie akzeptierte die Fragen nicht.Gingdagegen.DieGangwarfürsiedasOberste.Interessantwar inden Improvisationen,wiedieGang sich ihr gegenüber verhielt. Sie war nichtdieChefin, sondernmussteunheimlicharbeitenum ihre Akzeptanz durchzusetzen. Die Gangstellte sich auch gegen sie. Das, was sie alsFreundschaft erhoffte, war keine FreundschaftoderwarbessergesagteinAusspielen.Dagegenmusste sie sich durchsetzen. Sie schaffte es aufihresehreigeneArt.EswareineVerhärtung.Siespielte die Coole, und innerlich war sie es teil-weise nicht, da es ihr auch weh tat. Und sieflüchtetesichindieMusik.In der Maskenarbeit war es sehr schwer dieseSeitenherauszuarbeiten.Undichweißbisheutenicht,obwirzweiesgeschaffthaben.DieMaskehatnochmalihreigenesLeben.UndwieMichaelVogelrichtigsagte,drückenichtgegendieMas-ke, sie drückt zurück. Dumusst sie spüren undempfindenundmitLeben–allerdingswassiedirschongibt, erfüllenunderfühlen.Kyra isteigenundduspürstihreKraft.MitdieserMaskehabeich immer gesprochen. Sie getragen, abgenom-men – versucht das Atmen zu spüren. Sie istnichteinfach.Ehrlich,sie isteinharterBrocken.Aber ich liebe sie und möchte sie in der Zwi-schenzeit nicht missen. Unsere Versuche, dennessindgemeinsameVersuche,warenmanchmalstörrisch, und dann gingen sie fast spielerischineinander.DieKopfbewegungistz.B.sehrlang-sam. Ich bin ein schneller Mensch – teilweiseruppig in den Bewegungen. Die Maske musslangsam und fließend bewegt werden. Bewe-gung des Körpers und der Maske müssen inei-nanderlaufen.D.h.KopfundKörpersolltennichtgetrennt laufen. Dies war unsere Diskrepanzanfänglich.Undwirzweihabengekämpft.DieKörperarbeit wardasSpannendste.WelcheHaltungschaffe ich,umdieseFigurglaubwürdigdarzustellen.
InformativerTeil
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
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MaskentheaterVonFriedemannKreuderIm engeren Sinne lässt sich die Maske als Ge-sichtsabdeckung verstehen, mit Öffnungen fürdie Augen und, je nach Verwendungszweck,auch für den Mund. Hinsichtlich der Art ihresTragens als Gesichts-, Vorhalte-, Helm-, Stülp-,Aufsatz-undSchulter- sowieSchminkmaske,oftin Verbindung mit Haarteilen, geformten Frisu-ren, Perücken. Im Doppelspiel der Gleichschal-tung vonGesicht undMaske einerseits undderKontrastierungvonGesichtundMaske.Anderer-seitsäußertsichdiefürdieMaskecharakteristi-scheDialektikdesZeigensundVerhüllens.Damitdeutet die Maske sinnbildlich die Funktion vonTheateran.DerAkteurmitderMaske illustriertallerdings nicht nur dieMöglichkeit des Rollen-spielsimTheater,sondernauchdenanthropolo-gischenBefund,dasserMenschmittelsMasken-gebrauch zu sich selbst auf Abstand zu gehenvermag: Die Maske steht dann schlicht für dasBewusstsein des Trägers anders zu sein, als erdemBetrachtererscheint.DerMenschkannsichseine eigene Maske aufsetzten, seine eigeneRollekonstruieren.ErverwirklichtsichgeradeindieserMöglichkeit der Verdoppelung durch einBild von sich, darin äußert sich sein „Per-sonsein“. Im Rahmen der hier interessierendenzeichenhaft verwendeten Masken, die einenBetrachter voraussetzen und diesem etwas sig-nalisieren,unterscheidetRichardWeihea)Ritu-almaske, b) Theatermaske und c) Gesellschafts-maskeimSinnevonMaskeundMaskierung,diein sozialen Zusammenhängen außerhalb desTheatersoderKultsgebrauchtwerden.Entspre-chendfindetderBegriffauchinseinemübertra-genen Sinne Verwendung für die BeschreibungundAnalyse theatralerVorgänge in Theaterwis-senschaft, Ethnologie und Soziologie. Als Para-meter,umdarangegenwärtigeWandlungendesRollen-undPersonenbegriffsunddamitauchdesmenschlichen Selbstbildes aufzuzeigen, gewinnter insbesondere für die Analyse der letzterenkonstituierenden Performativität besondereVirulenz.TheatergeschichteinEuropawarnebendemantikenMaskenthea-terdasMaskenspielderCommediadell`artemitihrer internationalenAusstrahlung vonprägen-
dem Einfluss auf die Theatergeschichte, wasnicht zuletzt in der Bezeichnung nicht allein erGesichtsverkleidung oder der Tracht, sonderndesmaskentragenden Schauspielers im Theaterbzw.desvon ihmgezeigten stehendenFiguren-typsalsMaskedeulichwird.AuchkennzeichnetedaswestlicheTheaterfürJahrhunderteihrgenu-inesWechselspiel zwischenVerbergen und Ent-hüllen: es werden seelische Zustände, Gefühle,Konflikte, d.h. Unsichtbares, Verborgenes, zurDarstellung gebracht und gleichzeitig die theat-ralen Mittel wie Schminke und Kostümierung,welche die Enthüllung bewerkstelligen, verbor-gen.Gerade das damit angesprochenebürgerli-che Illusionstheater seit dem18. Jh. verdrängtejedocherfolgreichdieMaske,auchimSinnederFigur als Typ, und setzte Menschendarstellungan ihreStelle.Es fokussiertedenCharakter,deralsStempel,Gepräge,AusdruckdieWesenszügeeinerPersonenthält. Im zweitenDritteldes19.Jh.s. Bezeichnete in besagter Theaterform derBegriff Charaktermaske die Art undWeise, dieidealen Eigenschaften einer Figur vornehmlichmittels des Gesichts zu demonstrieren. Die mitihm verknüpfte Psychologisierung der dramati-schenFigurwarvorherrschendesMotivderEnt-wicklungdesbürgerlichenTheatersbiszurRück-kehr der Maske. Im Zuge der Entindividualisie-rung von Figurenkonzept und SchauspielstildurchdiehistorischeAvantgarde ( EdwardGor-don Craig Oskar Schlemmer, Bertolt Brecht,VsevolodMeyerhold).MaskengebrauchalsvitaleAufführungspraxis findet sich heute v.a. In au-ßereuropäischenTheaterformen,dienocheinerkultischen Tradition verhaftet sind, etwa inWest- und Zentralafrika, in Mexiko, Indonesienund Ostasien. Die Peking-Oper, das indischeKathakaliunddas japanischeNô-Theater setzensowohl die Schminkmaske als auch die gegen-ständlicheMaskeein.InEuropahatdasMasken-theater inzwischen an Bedeutung verloren(obschon einzelne Regisseure wie ArianeMnouchkine, Jürgen Gosch, Tom Schuster/ Ro-bertKühnelhinundwiederaufMaskenzurück-greifen).VondaherwirdderBegriffalsoperativ-analytischerkaummehrfürdieAufführungsana-lysegenutzt.Quelle: Fischer-Lichte, Erika; Kolesch, Doris;Warstat, Matthias (Hg.):Metzler Lexikon Thea-tertheorie,S.192f.
THEATERSTRAHLBERLIN|KLASSEKLASSE/KLASSETOUR
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Literatur
• RudolfUrbanski:„Maskenbau-Schminken-EigeneMaske“,editioneragon1989,
• KatharinaSommer:„MaskenspielinTherapieundPädagogik“,Junfermann1992
ImpressumRedaktion:CorneliaBaumgart,OliverKahrs,Ann-MarleenBarth
Kontakt:strahl@theater-strahl.de,030–68599222
THEATERSTRAHLBERLIN
Martin-Luther-Str.77
10825Berlin
Danksagung
THEATERSTRAHLBERLINdanktdenJugendlichenvongo-M-Xe.V.unddenSchülerInnenderFried-
rich-Bergius-Schule,diesichalsSchülerredaktionanderEntwicklungundKonzeptiondesKlasseNETs
beteiligthabensowieallenweiterenJugendlichen,dieProfileundBeiträgezudemProjektbeige-
steuerthaben.