Post on 06-Apr-2015
AUTISTISCHE BEEINTRÄCHTIGUNGEN UND HILFSMAßNAHMEN FÜR AUTISTISCHE KINDER
Elke Saenger, Mobiler Sonderpädagogischer Dienst – Autismus Oberfranken, MSD-A
an der Klinikschule Oberfranken,
Nordring 2,
95445 Bayreuth
Tel. 0921-7847251,
email: elke.saenger50@googlemail.com
Zusammengestellt durchChristoph EberleStaatl. Schulberatung OberfrankenAnsprechpartner für Inklusion
KLASSIFIKATION NACH ICD 10
F 84.0 Frühkindlicher Autismus
F 84.1 Atypischer Autismus
F 84.2 Rett-Syndrom
F 84.3 Desintegrative Störungen des Kindesalters
F 84.4 HKS mit Intelligenzminderung/Bewegungsstereotypien
F 84.5 Asperger-Syndrom
BEEINTRÄCHTIGUNGEN BEI AUTISMUS-SPEKTRUM-STÖRUNGEN
Andere Kommunikation und Sprache
Andere soziale Interaktion
Unflexibles Denken, Spezialinteressen
Motorische Probleme
Sensorische Besonderheiten
Mangelnde zentrale Kohärenz
Beeinträchtigte Exekutivfunktionen
ANDERE KOMMUNIKATION UND SPRACHE
Eigenartige Sprache > im sozialen Kontext
auffällig
Häufig ungewöhnliche Stimmlage
Probleme beim Verstehen und Einsetzen
nonverbaler Kommunikation
Wörtliches Sprachverständnis
(Nichtverstehen von Ironie, Sarkasmus,
Redewendungen)
BEEINTRÄCHTIGUNG DER SOZIALEN INTERAKTION
Wenig oder kein Kontakt zu anderen
Menschen, vor allem zu Gleichaltrigen
Wenn Kontaktaufnahme ist sie häufig
unangemessen
große Probleme, die ungeschriebenen Regeln
des sozialen Miteinanders zu verstehen und
sich entsprechend zu verhalten
Schwierigkeit, Freundschaften aufzubauen und
aufrecht zu erhalten, obwohl der Wunsch
durchaus da sein kann
Mangel an „theory of mind“ > Unfähigkeit, die
Bedürfnisse eines anderen Menschen zu
erkennen und entsprechend darauf zu
reagieren
Mangel an geteilter Freude / sozio-emotionaler
Gegenseitigkeit
„Ein Aspekt von Autismus ist, dass er wie ein unaufhörlicher Kulturschock ist, ganz egal, wohin eine autistische Person geht oder wie lange sie dort bleibt. Sie verstehen viele der fundamentalen Grundannahmen nicht, die andere als selbstverständlich voraussetzen (häufig ohne sich dessen bewusst zu sein). In vielen Situationen ist es, als sei man mitten in ein unbekanntes Theaterstück gesteckt worden. Das Leben – insbesondere das soziale Leben – kann so unglaublich verwirrend sein.“
Zitat von J. Blackburn (Quelle: Autistische Kinder brauchen Hilfe)
UNFLEXIBLES DENKEN, SPEZIALINTERESSEN
Auffallende Beschäftigung mit spezifischen
Interessen – inhaltlich, Art und Weise
Zwanghafte Anhänglichkeit an bestimmte,
nicht funktionale Handlungen oder Rituale
Strereotype und repetitive motorische
Manierismen ( z. B. mit Stift klopfen, vor und
zurückschaukeln)
MOTORISCHE PROBLEME
Unkoordinierte Bewegungen
Probleme bei Mannschaftsspielen
Häufig Probleme bei der Feinmotorik >
schlechte, zum Teil unleserliche Schrift
SENSORISCHE BESONDERHEITEN
Auftreten von Über- und/oder Unterempfindlichkeiten in den verschiedenen Sinneskanälen
Überempfindlichkeiten bei Lärm, bestimmten Geräuschen, Berührung (vor allem, wenn sie unberechenbar ist), Geschmack, visuellen Reizen (grelles Licht, grelle Farben), Gerüchen
Unterempfindlichkeiten gegenüber Kälte/Wärme, Schmerzen
MANGELNDE ZENTRALE KOHÄRENZ
D.h. die Fähigkeit, Einzelaspekte in einen Gesamtzusammenhang einfügen zu können, ist eingeschränkt.
Schüler mit Autismus speichern detaillierte Einzelerfahrungen
Erschwert ganzheitliches Erfassen von Situationen, Zusammenhängen, Beziehungen
BEEINTRÄCHTIGTE EXEKUTIVFUNKTIONEN
D.h. die unterschiedlichen Planungsprozesse sind beeinträchtigt, die ein zielgerichtetes Handeln und das Lösen von (Alltags-)Problemen erst möglich machen
Schwierigkeiten, sich auf neue Situationen einzulassen
Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung von Strategien (Aufmerksamkeit)
Defizit im Vorausplanen, zeitlichen Strukturieren und Beginn von Handlungen
WIE KANN INKLUSION GELINGEN?
Laut KMK-Empfehlungen vom 16.6.2000 gibt
es für Kinder und Jugendliche mit
autistischen Verhaltensweisen keine eigene
Schulart.
Die Beschulung ist Aufgabe aller Schularten.
HILFREICHE STRATEGIEN
Zusammenarbeit zwischen Schule und
Elternhaus ist sehr wichtig.
Im Vorfeld abklären, welche Schule die
richtige ist (Schulart, Klassenstärke,
Personalausstattung, Toleranz)
Alle Schul- , Klassen- und Lehrerwechsel gut
vorbereiten
Andere Wahrnehmungsverarbeitung berücksichtigen, auf wahrnehmungsbedingte Probleme eingehen
Aufrechterhaltung einer geordneten,stabilen und schützenden Umgebung durch
- Strukturierung des Raumes - Strukturierung der Zeit - Einsatz von Schrift und Bildern zur
Orientierung - Ankündigung und Erklärung von Veränderungen
- Rückzugsmöglichkeiten überlegen
LEHRERPERSÖNLICHKEIT Klaren und konkreten Ausdruck verwenden Strukturierten Unterricht anbieten Sich durch Eigenheiten des Schülers nicht
angegriffen fühlen Den Schuler fair und gerecht behandeln
und in seinem „Anderssein“ annehmen Freundlicher, konsequenter Erziehungsstil
ist hilfreich Verständnis aufbringen für die Hochs und
Tiefs in der Leistung > kann sehr auffällig sein
Soviel Sonderrolle wie nötig, so wenig wie möglich geben
HINWEISE IN BEZUG AUF DIE SPRACHE
Eindeutige Arbeitsaufträge, eher kurze Sätze Keine Ironie, Sarkasmus, Witze Metaphern, Redewendungen erklären Verlängerte Verarbeitungszeit bei
Aufforderungen beachten Positive Anweisungen Ungenaue Zeit-, Orts- und Häufigkeitsangaben
vermeiden
Mit Namen ansprechen
Komplexe Handlungsabfolgen in kleine
Handlungsschritte zerlegen
Vorteile von Schrift und Bildern nutzen
Auch bei scheinbar einfachen Aufgaben
überprüfen, ob das Kind alles richtig
verstanden hat
Handlungsplanung oft eingeschränkt, daher
- Anleitung zur Selbstorganisation geben,
z. B. beim Stundenplan die Fächer und die
benötigten Materialien angeben
Besondere Hilfestellungen in unstrukturierten
Situationen wie Stundenwechsel,
Lehrerwechsel, Pausen
Stereotypien sind häufig ein Regulativ für
autistische Kinder > Tolerierung!?
HILFESTELLUNGEN BEIM ERLERNEN SOZIALER FÄHIGKEITEN
Sachlich die Regeln des sozialen Umgangs erklären, auch scheinbare Selbstverständlichkeiten
Genaue Vorschläge geben, wie das Kind helfen kann
Stärken fördern Sensibilisierung der
Klassenkameraden, regelmäßige Feedback-Runden, Mobbing!!!!
Gruppenarbeit oft problematisch, daher:
- Partner gezielt aussuchen
- klare Aufgabenstellung für den Schüler,
bearbeitet Teil in Einzelarbeit, wird dann der
Gruppenarbeit zugefügt
Gute Vorbereitung von Wandertagen,
Unterrichtsgängen oder Klassenfahrten
Helfer für das Kind nutzen wie
Schulbegleiter
Helfer für die Schule nutzen wie MSD-A
Nachteilsausgleich gewähren
Budgetstunden nutzen
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FORMEN DES NACHTEILSAUSGLEICHESALLGEMEIN Arbeitszeitverlängerung
Verkürzte Aufgabenstellung
Einheitliches Schriftbild
Separater Raum
Schriftliche Abfrage bzw. mdl. 1:1
Verzicht auf soziale Arbeitsformen
Modifizierung von Hausaufgaben
Individuelle Pausenregelung
Etc.
NACHTEILSAUSGLEICH DEUTSCH
Sachbezogene Inhalte wählen
Nacherzählungen und Inhaltsangaben
möglich Aufgaben im Bereich der Interpretation und
Lyrik können durch fehlende Erfahrungen nicht bewältigt werden (Inhalte werden wörtlich verstanden, Redewendungen und Metaphern werden nicht verstanden)
Erläuterungen/Wörterbücher sind nötig
NACHTEILSAUSGLEICH MATHEMATIK
Strukturierungshilfen bei verschiedenen
Aufgabentypen
Nutzung von Anschauungsmaterial
Individuelle Rechenwege akzeptieren
Textaufgaben ohne sozialen Kontext
Bei Geometrie größere Exaktheitstoleranz
SCHULBEGLEITUNG Antrag der Erziehungsberechtigten beim
Bezirk oder beim Jugendamt auf Kostenübernahme
Auswahl des Schulbegleiters (keine nahen Verwandten erlaubt)
Beschäftigung durch Erziehungsberechtigte oder private Trägerinstitutionen
Genehmigung durch die Schulleitung, Verschwiegenheitsverpflichtung!
Einweisung durch Erziehungsberechtigte und Schule
AUFGABEN DER SCHULBEGLEITUNG Hilfen zur räumlichen Orientierung
Hilfen zur zeitlichen Orientierung
Hilfen zum Ordnung halten
Hilfen zur Struktur
Schutz bieten bei Reizüberflutung, in sozialen
Situationen, bei Überforderung durch zu viele
soziale Angebote, bei Provokationen, Mobbing
Autistische Schüler sind besondere
Schüler, die eine Herausforderung,
aber auch eine große Bereicherung
sein können.
Lassen Sie sich darauf ein!