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HANDELSBLATT-THEMA2 | * MITTWOCH, 1. JULI 2009 | NR. 123

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aller Welt zu beschaffen, wieSie es vom Handelsblatt ge-wohnt sind, erfordert einenhohen Aufwand. Das Handels-blatt gehört zu den ganz weni-gen Wirtschaftsmedien inEuropa, die mit eigenen Kor-respondenten in allen wichti-gen Industrienationen undSchwellenländern vertretensind. Ob aus New York oderPeking, aus London oder Mai-land, aus Dubai oder Neu-De-lhi: Sie können sich als Leserdes Handelsblatts darauf ver-

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Auch sonst bietet Ihnendas Handelsblatt exklu-

sive Inhalte und Werkzeuge,die Sie nirgends sonst finden:Seit einigen Wochen veröf-fentlichen wir zusätzlich zuunserer renommierten Öko-nomie-Seite die neue Seite„Betriebswirtschaft und Fi-nanzen“. Unser wissenschaft-liches Ranking der Betriebs-wirtschaftsprofessoren giltschon jetzt als einzigartig imdeutschsprachigen Raum. Un-ser konjunktureller Frühindi-kator, den wir in Kooperationmit Barclays Capital einge-führt haben, bewährt sich alsPrognoseinstrument geradein der gegenwärtigen Krise.Bewährte Instrumente wieunseren Handelsblatt-Fir-mencheck, eine verglei-chende Bilanzanalyse derwichtigsten Konzerne, bauenwir aus.

Der große Aufwand hat lei-der auch seinen Preis. Wir bit-ten Sie um Verständnis, dasswir den Einzelverkaufspreisdes Handelsblatts zum 1. Juliauf 2,10 Euro erhöhen müs-sen. Der Monatspreis für einAbonnement des Handels-blatts steigt auf 43,90 Euro.Sie können sich darauf verlas-sen, dass Deutschlands Wirt-schafts- und Finanzzeitungauch künftig ihr Geld wertsein wird.

Bernd ZiesemerChefredakteur Handelsblatt

FürLaienklingt eswie eineunnö-tigeDoppelung, doch imgestrigenLissabon-Urteil desBundesverfas-sungsgerichts ist die sogenannteKompetenz-Kompetenzvon zen-tralerBedeutung.Dort heißt es:„DasGrundgesetz ermächtigt diedeutschenStaatsorganenicht, Ho-heitsrechtederart zu übertragen,dassaus ihrerAusübungherausei-genständigweitereZuständigkei-tenbegründetwerden können.Esuntersagt dieÜbertragungderKompetenz-Kompetenz.“Dasheißt imKlartext: Brüssel kannnicht autonom–alsoohneZustim-mungderNationalparlamente–be-stimmen,wases tunund regelndarf. DiesenGrundsatz hattendieKarlsruherRichter schon1993 in ih-remMaastricht-Urteilhervorge-hoben, in demesebenfalls umdieEU-Integrationging.Damals be-fandKarlsruheganz aufder jetzi-genLinie, dassdieÜbertragungvonHoheitsrechten andieEUnichtsoweit gehendürfe, dassdieBun-destagswahl ihr politischesGe-wicht verliert. 2005urteiltederZweiteSenat überdenEuropäi-schenHaftbefehl–undkassiertedenentsprechendenBundestags-beschluss,weil dasParlamentseineSpielräumenicht „in einergrundrechtschonendenWeise“ ge-nutzt habe.GesternbetontendieRichter: „ImBereichder justiziellenZusammenarbeit inStrafsachensindzusätzlichbesondereAnforde-rungenandieRegelungen zustel-len, die einemMitgliedstaat spe-zielleRechte imGesetzgebungsver-fahreneinräumen.“ | brc

„DerZweiteSenat desBun-desverfassungsgerichtshatheuteentschieden, dassdasZustimmungsgesetzzumVer-tragvonLissabonmit demGrundgesetz vereinbar ist.“

„Dagegenverstößt dasGe-setzüber dieAusweitungundStärkungderRechtedesBun-destagesunddesBundesra-tes inAngelegenheitenderEu-ropäischenUnion insoweit ge-genArt. 38Abs. 1 ... GG, alsBundestagundBundesrat imRahmenvoneuropäischen

Rechtssetzungs-undVer-tragsänderungsverfahrenkeinehinreichendenBeteili-gungsrechteeingeräumtwurden.“

„DieRatifikationsurkundederBundesrepublikDeutschlandzumVertrag vonLissabondarf so langenicht hinterlegtwerden,wiedie vonVerfas-sungswegenerforderlichege-setzlicheAusgestaltungderparlamentarischenBeteili-gungsrechtenicht inKraftgetreten ist.“

„DieEuropäischeUnion stelltweiterhineinenvölkerrecht-lichbegründetenHerrschafts-verbanddar, derdauerhaftvomVertragswillen souveränbleibenderStaatengetragenwird.Dieprimäre Integrations-verantwortung liegt in derHandder für dieVölkerhan-delndennationalenVerfas-sungsorgane.“

„DasEuropäischeParlamentistweder in seinerZusam-mensetzungnoch imeuropäi-schenKompetenzgefüge

dafürhinreichendgerüstet, re-präsentativeundzurechen-bareMehrheitsentscheidun-genals einheitlichepolitischeLeitentscheidungenzu tref-fen.Es ist gemessenanstaatli-chenDemokratieanforderun-gennicht gleichheitsgerechtgewählt.“

„ZurWahrungderWirksam-keit desWahlrechtsundzurErhaltungderdemokrati-schenSelbstbestimmung istesnötig, dassdasBundesver-fassungsgericht ... darüber

wacht, dass dieGemein-schafts- oderdieUnionsge-waltnichtmit ihrenHoheitsak-tendieVerfassungsidentitätverletztundnicht ersichtlichdie eingeräumtenKompeten-zenüberschreitet.“

„Die europäischeVereinigung... darf nicht so verwirklichtwerden, dass indenMitglied-staatenkein ausreichenderRaumzurpolitischenGestal-tungderwirtschaftlichen, kul-turellenundsozialen Lebens-verhältnissemehrbleibt.“

LiebeLeserinnenund Leser,

ChefredakteurHandelsblatt

MICHAELBRACKMANN | DÜSSELDORFTHOMASSIGMUND | BERLIN

Hinter Vizepräsident Andreas Voß-kuhle prangt der große Bundesadleraus Pinienholz, vor ihm im Saal sit-zen angespannte Prozessbeteiligteund Beobachter. „Das Grundgesetzsagt Ja zu Lissabon, verlangt aber aufnationaler Ebene eine Stärkung derparlamentarischen Integrationsver-antwortung“, sagt der Vorsitzendedes Zweiten Senats gleich zum Auf-takt der Urteilsbegründung. Schlagar-tig wird klar: Das Bundesverfassungs-gericht billigt zwar grundsätzlichden EU-Reformvertrag von Lissa-

bon, verlangt aber zwingend einestärkere Mitwirkung des Parlamentsbei EU-Entscheidungen. Damit ha-ben die Kläger – etwa der CSU-Bun-destagsabgeordnete Peter Gauweiler– einen Achtungserfolg errungen.Und die Bundestagsabgeordneten ha-ben sich einen kräftigen Rüffel einge-fangen. Sie trafen nicht genügendVorsorge für den Fall, dass Brüsselden Bundesadler ignoriert und alleindie Europaflagge hisst. Deshalb ver-stößt das vom Parlament verabschie-dete Begleitgesetz zum Lissabon-Ver-trag nach Einschätzung der Richterklar gegen das Grundgesetz.

Die Abgeordneten müssen ihren

Urlaub unterbrechen und nachsit-zen. Am 26. August soll die erste Le-sung des überarbeiteten Begleitgeset-zes stattfinden, kündigten der parla-mentarische Geschäftsführer derUnion, Norbert Röttgen, und SPD-Fraktionschef Peter Struck an. DieVerabschiedung des Gesetzes seidann bei einer Sondersitzung am8. September geplant.

Aber wie muss das Begleitgesetzgeändert werden? Klar ist nach demKarlruher Urteil zunächst nur: Bei al-len Fragen, in denen Brüssel in die na-tionale Souveränität eingreift, neueKompetenzen beansprucht oder Ab-stimmungsmodalitäten verändert,

muss vorher der Bundestag zustim-men. Erst dann darf der deutsche Re-gierungsvertreter im EuropäischenRat seine Jastimme geben. Auf dieseWeise soll die Kompetenzerweite-rung der EU zumindest vom nationa-len Parlament von Fall zu Fall kontrol-liert werden. Die pauschale Zustim-mung des Bundestags und des Bun-desrats zum Lissabon-Vertrag reichtden obersten Richtern nicht aus.

Abgesehen von dieser generellenStoßrichtung ist allerdings noch vie-les unklar. Im Bundestag gebe es bis-her nur den Europaausschuss, der fürdas Parlament in IntegrationsfragenErklärungen abgeben könne, sagteder stellvertretende Vorsitzende derCDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Bos-bach, dem Handelsblatt. „Ob dieserAusschuss jetzt sein Sonderrecht be-hält oder andere Fachausschüsse,wenn nicht gar das ganze Parlamentsich mit diesen Fragen beschäftigenmüssen, wird jetzt so schnell wiemöglich zu klären sein.“ Aus Sichtdes Parlaments sei das Urteil zu be-grüßen, weil es seine Rechte stärke.Im Zuge des europäischen Einigungs-prozesses müsse das Parlament jetztverstärkt darauf achten, dass dieGrundrechte der Bürger und die Sou-veränitätsrechte des Staates gewahrtblieben. „Für die Bundesregierungdürften damit aber die Verhandlun-gen in Brüssel schwieriger werden“,erklärte Bosbach.

Aus Sicht von Andreas Geiger,

Partner der Europarechtskanzlei Al-ber & Geiger, läuft die Karlsruher Kri-tik am Begleitgesetz hingegen daraufhinaus, „das Parlament zu bevormun-den“. Im Kern bedeute das Urteil, dasdie Stimmenauszählung verändertwerde, sagte Geiger dem Handels-blatt. „Bei künftigen Bundestagsbe-schlüssen über EU-Integrationspro-jekte sollen nach dem Willen derRichter Enthaltungen – anders als bis-her vorgesehen – wie Neinstimmengewertet werden.“ Mit dieser Vor-gabe verfolge Karlsruhe seinen altenKurs weiter, „den EU-Integrations-prozess zu behindern“.

Nach Auffassung des Bundesver-fassungsgerichts ist das Europaparla-ment nicht „hinreichend gerüstet ...repräsentative und zurechenbareMehrheitsentscheidungen als ein-heitliche politische Leitentscheidun-gen zu treffen“. Schon deshalb bekräf-tigte das Gericht gestern, Karlsruhe –und nicht etwa der Europäische Ge-richtshof (EuGH) in Luxemburg –habe das letzte Wort, wenn es um dieFrage gehe, ob die EU ihre Kompeten-zen überschreitet. Der Zweite Senatund sein Berichterstatter Udo Di Fa-bio machten keinen Hehl daraus,dass ihnen die Brüsseler Machtfülleeigentlich schon jetzt zu weit geht.Die Selbstentmachtung Karlsruhes,die einige Kläger mit der Billigungdes Lissabon-Vertrags heraufziehensahen, hat jedenfalls nicht stattgefun-den.

BERNDZIESEMER

EU: Im Zweifelhat nicht Brüssel,sondern Karlsruhedas letzte Wort.Eine Ohrfeige fürBerlin.

NAMENSINDEXAigner, Ilse 4

Aríztegui, Francisco Javier 23

Asmussen, Jörg 23

Bausch, Pina 13

Bernotat,Wulf 11

Borg, Anders 4

Bosbach,Wolfgang 2

Bräunig, Günther 23

Cromme, Gerhard 23

Fischer, Artur 13

Fleischer, Peter 24

Friesacher, Markus 16

Görg, Klaus Hubert 14

Grad, Aleksander 26

Groß, Alexander 23

Große Frie, Clemens 12

Großmann, Jürgen 18

Gurría, Angel 5

Hartje, Rainer 24

Herfurth, Ralf 27

Hilbers, Konrad 14

Hundt, Dieter 3, 4

Jobs, Steve 13

Kampeter, Steffen 4

Kempen, Otto Ernst 3

Kentzler, Otto 3

King, Mervyn 3

Kohl, Helmut 23

Kollmann, Dagmar 23

Kroes, Neelie 11, 25

Küting, Karlheinz 17

Leinberger, Detlef 24

Maliki, Nuri el 7

Mehlmann, Ulrich 14

Merkel, Angela 1

Merz, Friedrich 1

Müller, Hanns-Ferdinand 13

Nikai, Toshihiro 18

Obama, Barack 7

Odierno, Ray 7

Oettinger, Günther 25

Peters, Albert 23

Piszczek, Marzena 26

Rau, Johannes 23

Reinfeldt, Fredrik 4

Reutter, Georg 23

Rostowski, Jacek 26

Rothensteiner, Walter 3

Röttgen, Norbert 4

Sakamoto, Yukio 18

Sayeed, Sadeq 27

Schäfer, Rolf 13

Schmidt, Ulla 4

Schneider, Carsten 4

Scholz, Olaf 3

Schulz, Ekkehard 11, 14

Selim, Omar 27

Sinn, Hans-Werner 1

Sommer, Michael 3

Steinbrück, Peer 4, 23

Tajani, Antonio 18

Thiemann, Bernd 23

Verweyen, Norbert 13Viehbacher, Chris 18Voigtländer, Dietrich 23VonWedel, Hedda 23

Voßkuhle, Andreas 2

Weber, Axel 1

Wieandt, Axel 23

Wieck, Oliver 3

Wiedeking,Wendelin 16

Wulff, Christian 23

Zeitler, Franz-Christoph 25

Zitzewitz, Michael von 18

UNTERNEHMENSINDEXAdidas 20

Agravis Raiffeisen 12

AIG 26

Airbus 18

Aldi 16

Alstom 14

American Needle 20

Archer-Daniels-Midland 12

Areva 12

BAIC 16

Bank of America 26

Barclays Private Equity 14

BASF 18

Baywa 12

Berlin Brandenburg Int. 18

Blackstone 27

BNP Paribas 27

BP 6

Canon 18

Carlyle 27

Carrefour 18

Citigroup 26

Close Brothers 14

CNPC 6Commerzbank 24

Continental Airlines 14

Daimler 3

Deutsche Euroshop 27

DGHyp 23

Elpida 18

EnBW 20

Eon 11

Erste Bank 3

Euler Hermes 3

Evonik 18

ExxonMobil 6

Ferrero 20

Fifth Third Bank 14

Flatex 27

Gaz de France 11

Generali 24

Global Gaming Factory 16

GM 16

Goldman Sachs 26

Hofer 16HSBC 27

ING 14

Johnson & Johnson 11

JPMorgan 26

Kali + Salz 12

KfW 24

LBBW 25Lehman Brothers 27Lloyds 27Lufthansa 14

Messe Düsseldorf 18

Messe Frankfurt 18

Monsanto 12

Morgan Stanley 26

Neumayer Tekfor 14Nike 20Nomura 27

Oliver Wyman 17Outokumpu 14

Petronas 6

Pfizer 18

PKO Bank Polski 26

Porsche 12, 16

Postbank 24Potash 12

Quelle 14

Raiffeisen 3Reebok 20RHJ 16RWE 18

Sanofi-Aventis 18

Siemens 3, 14

Sparkasse Göttingen 20

Standard Chartered 27

Syngenta 12

TaiwanMemory Co. 18

The Pirate Bay 16

Thyssen-Krupp 3, 11, 14

Toepfer International 12

United Airlines 14

Vale do Rio Doce 14

Valovis 14

Voith 3

Volkswagen 12

WestLB 23Wintershall 6

Yemenia 18

Klarer Kurs

Kernsätze des Karlsruher Urteils

Im Verbindungstunnel zumReichstag:Die Verfassungsrichter haben die

Parlamentarier dazu verdonnert, ihren Ur-laub zu unterbrechen.

Abgeordnete sitzen nach

IN DIESER AUSGABE

Fotos:Caro-P

onizak

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latt-JudithWag

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