Analgetika - Schmerzmittel Herbert Desel 12.11.2007.

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Analgetika - Schmerzmittel

Herbert Desel 12.11.2007

Lerninhalte WS 07/08 Kurstermin Analgetika

Opioidrezeptoren, Lokalisation, Opioidanalgetika. Wirkungsqualität und Pharmakokinetik verschiedener Opioide. Opioidantagonisten. Abhängigkeit und Toleranzentwicklung.

Nichtopioide Analgetika.

Wirkstoffliste - Analgetika WS 07/08 Opioide: Codein, Morphin (Heroin)

LevoMethadon, Pethidin, Fentanyl, Remifentanil, Buprenorphin, Tramadol, Tilidin, Naloxon, Naltrexon, Loperamid

Nicht-Opioid-Analgetika / Antipyretische Analgetika Paracetamol, Metamizol Acetylsalicylsäure, Ibuprofen

Schmerzen ... entstehen i.d.R. durch Reizung von

Nozizeptoren im Gewebe (A-, C-Fasern) und

werden im Rückenmark auf Neurone des Tractus spinothalamicus umgeschaltet– hierbei kann eine Hemmung durch

deszendierende, opioiderge (enkephalinerge) Bahnen erfolgen.

Vom Thalamus werden die Schmerzsignale zum somatosensorischen Cortex weitergeleitet

und schließlich als Schmerz empfunden.

Schmerzsignal - Leitung

AA-,C-Fasern-,C-Fasern

Tractus Tractus spinothalamicusspinothalamicus

ThalamusThalamus

Sensomotorischer CortexSensomotorischer Cortex

hemmendehemmendedescendierende descendierende

NeuronenNeuronen

Methoden der Schmerzbehandlung

1. Lokale Applikation und Wirkung: Lokalanaesthetika

2. Systemische Wirkung nach Resorption und Verteilung: Analgetika

Methoden der Schmerzbehandlung 2:Systemische Wirkung nach Resorption und

Verteilung: Analgetika a) Wirkung im veränderten Gewebe

b) Wirkung im weiterleitenden Rückenmark

c) Wirkung im ZNS

Alte Einteilung: periphere und zentrale Analgetika

Analgetika-Einteilung

nach wichtigen Begleitwirkungen narkotisierend wirkend: Opioide antipyretisch wirkend:

– sauer, entzündungshemmend

– andere: Paracetamol, Metamizol sonstige Analgetika: z. B. Flupirtin

Antipyretika

Flupirtin

Opioide

Lokalanaesthetika

Analgetika-Wirkorte

Analgetika-Einteilung

nach wichtigen Begleitwirkungen narkotisierend wirkend: Opioide antipyretisch wirkend:

– sauer, entzündungshemmend

– andere: Paracetamol, Metamizol sonstige Analgetika: Flupirtin

Opioide

Opioide sind – höchstwirksame („high efficacy“)– In hoher Dosis narkotisch-wirkende

Analgetika

– mit vielen Begleiteffekten.

Opioid-Wirkungen I: akut, ZNS

• supraspinale + spinale Analgesie

• Euphorie / Dysphorie• SedationNarkose

• Atemdepression

• Miosis („pin point pupils“)

Opioid-Wirkungen II: ZNS• antitussiv

• antiemetisch /emetisch

• Körpertemperatur • Krampfschwelle • orthostatische Reaktion• Bradykardie (N. vagus)• Hormonfreisetzungen verändert:

: GnRH, CRF, LH, FSH, ACTH : ADH

Opioid-Wirkungen IV: peripher

• Obstipation • Harnverhalt • Gallenverhalt

Histamin-Freisetzung:• Bronchokonstriktion • Blutdruckabfall

Opioid-Wirkungen III: chronisch: Toleranzentwicklung

EuphorieEmesis

Analgesieantitussive Wirkungantiemetische Wirkung

Obstipation

schnell

langsam

Typische Einzeldosis Morphin 5 mg Typische Einzeldosis Morphin 5 mg 100 mg 100 mg

Nach Suchtentwicklung: Opioid-Entzug Erregungszustand, Schwitzen, Tremor,

Krampfanfall, Tachypnoe Erbrechen, Diarrhoe Tachykardie und Hypertonie Therapie: Clonidin, Diazepam

Opioide: Wirkmechanismus I

Opioide sind Agonisten an zentralnervösen Rezeptoren für körpereigene Enkephaline

Opioide sind Opioid-Rezeptor-AgonistenOpioid-Rezeptor-Agonisten

Verstärkung der hemmenden Wirkung, opioiderger / enkephalinerger Neuronen

Opioid-Rezeptoren

μ κμ1:

präsynaptischμ2:

postsynaptisch

prä-synaptisch

prä-synaptisch

Opioide: Wirkmechanismus II

Intrazellulär: über Gi-Protein Adenylatcyclase-Hemmung Ca++-Freisetzung zelluläre Depolarisation synaptische Transmission

Opioid-Wirkungen diffenziert: ZNS

1: supraspinale + spinale Analgesie

antitussive Wirkung

Euphorie Sedation 4 Narkose

Miosis

physische Abhängigkeit

2: Atemdepression Hemmung der GI-

Motorik

spinale Analgesie

spinale Analgesie

Sedation 4 Narkose

Atemdepression

Dysphorie Miosis

physische Abhängigkeit

Opioide: Stoffgruppen Opiate = Derivate des Morphins andere, voll-synthetisch hergestellte

Opioide (i.e.S.)

Mit z.T. sehr unterschiedlicher Pharmakokinetik efficacy potency

Schlafmohn (Papaver somniferum)

MorphinMorphin

Opium Durch Anritzen der Samenkapsel von

Schlafmohn (Papaver somniferum) gewonnenes Sekret.

als zu schluckende oder zu rauchende Droge in vielen Kulturen bekannt

Seit 4000 v. Chr. als Heilmittel genutzt– euphorisierende Wirkung – schlaferzwingende Wirkung– schmerzstillende Wirkung

Noch heute genutzt als tinctura opii in der Behandlung Neugeborener

Opiumbestandteile Sertürner isolierte 1804 (in Paderborn) das

Alkaloid Morphin aus Opium Weitere Alkaloide wurde

nachgewiesen:– Codein, Narkotin, Papaverin

Chemisch-modifiziertes Opium wird heute im illegalen Drogenmarkt weltweit in Form von Heroinpräparaten vertrieben (= Diacetylmorphin + Begleitstoffe)

Morphin

O

NCH3

HO

HO3

6

•30 % (60 %) orale BV

•HWZ 2,5 h

•hohe efficacy

•verwandt: Codein (bessere Biov.), DHC

•verwandt: Diacetylmorphin (Heroin)

•hochwirksames Morphin-6-glucuronid

• unwirksames Morphin-3-glucuronid

Fentanyl

schlechte orale BV gute kutane BV (Pflaster!) Umverteilung: < 1 h HWZ 3-12 h (i.v.) hohe efficacy und potency

N

O N

Fentanyl-Derivate: Remifentanil

• Opioid-AnaesthetikumOpioid-Anaesthetikum• sehr kurz wirksames Ester-Fentanyl-Derivat:sehr kurz wirksames Ester-Fentanyl-Derivat:

• HWZ: 3 - 10 minHWZ: 3 - 10 min• Metabolisierung durch „unspezifische Blut-Metabolisierung durch „unspezifische Blut- und Gewebs- und Gewebs-EsterasenEsterasen“ “ • keine Umverteilungkeine Umverteilung

Methadon

H3CO

CH3

NCH3H3C

*

• 50-90 % orale BV

• HWZ 24-48 h(Elimination v.a. durch hepatische Metabolisierung)

• hohe efficacy

• wichtiges Medikament für die Substitutions-behandlung von Heroinabhängigen (auch als Levomethadon)

• lange HWZ Gefahr der Kumulation

Opioid-Rezeptor-Partialagonisten

BuprenorphinPentazozin

(µ-Antagonist, κ-Agonist)Pethidin

Tramadol

aktive Metabolit: O-Desmethyl-Tramadol

Wirkmechanismen: nicht selektiver Agonist an Opioid-

Rezeptoren Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer Verstärkung der Serotonin-Freisetzung

10 - 17 % der efficacy des Morphins

Tilidin

Partialagonist aktiver Metabolit: Nortilidin Kombination mit Naloxon (Valoron N) Nicht BTMVV Überdosis: Entzug bei Abhängigen

Loperamid Substrat P-Glykoprotein Opioid mit sehr gering ausgeprägten

zentralnervösen Wirkungen symptomatische Therapie bei schweren

Durchfall-Erkrankungen:– hemmt effektiv die Darmmuskulatur– verlängert so die Darm-Passagezeit

Indikationen für Opioide

mittelschwere Schmerzen (Partialagonisten)

schwere Schmerzen (Vollagonisten) Substitution bei Opiatabhängigkeit

(Methadon, Buprenorphin) unproduktiver Husten

(Codein, Dihydrocodein)

Opioid-VergiftungBeatmung Gabe von Naloxon (Opioid-Rezeptor-

Antagonist) CAVE: Entzugssymptome

Weiterer Antagonist Naltrexon: oral bioverfügbar („Aversivum“)

Opioide: Zusammenfassung

Opioide sind höchstwirksame, narkotisch- wirkende Analgetika mit vielen Begleiteffekten

Opioide sind Agonisten an verschiedenen zentralen Rezeptoren für Enkephaline (Opioid-Rezeptoren)

chemische Stoffgruppen– Opiate = Derivate des Morphins– andere, voll-synthetisch hergestellte Opioide

(i.e.S.)

Analgetika-Einteilung

nach wichtigen Begleitwirkungen narkotisierend wirkend: Opioide

antipyretisch wirkend:

– sauer, entzündungshemmend– andere: Paracetamol, Metamizol

sonstige Analgetika: Flupirtin

Paracetamol (Acetaminophen) in therapeutischer Dosis

(Einzeldosis 0,5 –1,0 g) – gut verträgliches – antipyretisch wirkendes

Schmerzmittel für leichte Schmerzen HWZ / Wirkdauer: 2 - 4 h Mutmaßlicher Wirkmechanismus:

– Hemmung der Cyclooxygenase im Rückenmark {Schmerz} und Hypothalamus {Fiebersenkung}

– Senkung der Konzentration von Prostaglandinen (s.u.)

HN

OH

O

Paracetamol (Acetaminophen) entgiftender Metabolismus durch

– Glucuronidierung– Sulfatierung

HN

OH

O

HN

O-GA

O

HN

O-SO3H

O

Paracetamol-Vergiftung Metabolismus durch

– Oxidation zum Benzo-chinonimin kann bei Überdosis (> 10 g !) zum Leberzerfall führen!

HN

OH

O

Antidot: N-AcetylcysteinAntidot: N-Acetylcystein

GlutathionGlutathion

Exkurs:Analgetika-Nephropathie Chronische Nierenerkrankung durch

Dauereinnahme von antipyretischen Analgetika kann zu Nierenfunktions-störungen führen (klassisch: „Phenazetin-Niere“, Phenazetin: n.i.H.)

Von besonderer Bedeutung sind Analgetika-Mischpräparate

Bedeutung des Paracetamols dabei ist unklar.

Metamizol (Dipyrone) antipyretisch und spasmolytisch wirkendesSchmerzmittel für mäßig starke

(Kolik-)Schmerzen Wirkmechanismus: wie PCA UAW:

– bei i.v. Gabe RR – selten schwere allergische

Reaktionen (Agranulozytose)– Bei Überdosis: Krampfanfälle

NN

CH3

ONO3S

CH3

-

Na+

NN

CH3

OHN

CH3

Analgetika-Einteilung

nach wichtigen Begleitwirkungen

narkotisierend wirkend: Opioide antipyretisch wirkend:

– sauer, entzündungshemmend

– andere: Paracetamol, Metamizol

sonstige Analgetika: Flupirtin

Flupirtin

mittelstark wirksames Schmerzmittel ohne narkotische oder antipyretische Wirkungen

Wirkort im Rückenmark neues Medikament offenbar mit besonderer Wirksamkeit

bei Muskelschmerzen

FNH

N

NH2

NH O

O

Flupirtin II

ist der Prototyp der Substanzklasse„SNEPCO“

(Selective Neuronal Potassium Channel Opener)

„indirekte Hemmung“ des NMDA-Rezeptors (antiglutaminerge Wirkung).

glutaminergen Bahnen wird große Bedeutung bei der Entstehung chronischer Schmerzen zugeschrieben

Thomas de Quincey, 1822: Bekenntnisse eines englischen Opiumessers

……denn das Opium ist geheimnisvoll; manchmal denn das Opium ist geheimnisvoll; manchmal bis zum offensichtlichen Widerspruch in sich bis zum offensichtlichen Widerspruch in sich geheimnisvoll; und so geheimnisvoll, dass auch geheimnisvoll; und so geheimnisvoll, dass auch meine lange Erfahrung in seinem Gebrauch - meine lange Erfahrung in seinem Gebrauch - manchmal sogar in seinem Mißbrauch - mich manchmal sogar in seinem Mißbrauch - mich nur zu Schlussfolgerungen brachte, die sich nur zu Schlussfolgerungen brachte, die sich immer weiter von dem entfernten, was ich heute immer weiter von dem entfernten, was ich heute als Wahrheit betrachte. als Wahrheit betrachte.

Thomas de Quincey, 1822: Bekenntnisse eines englischen Opiumessers

...auf 52 Jahre Erfahrung mit Opium als ...auf 52 Jahre Erfahrung mit Opium als geheimnisvolles Mittel gegen geheimnisvolles Mittel gegen allealle Arten Arten körperlichen Leidens kann ich jetzt Anspruch körperlichen Leidens kann ich jetzt Anspruch erheben - abgesehen nur von einigen erheben - abgesehen nur von einigen Abschnitten von vier und sechs Monaten Dauer, Abschnitten von vier und sechs Monaten Dauer, während derer ich es durch beispiellose Mühen während derer ich es durch beispiellose Mühen der Selbstüberwindung fertiggebracht hatte, der Selbstüberwindung fertiggebracht hatte, vom Opium völlig abstinent zu bleiben.vom Opium völlig abstinent zu bleiben.