Post on 28-Oct-2020
ANDERMATT BIOCONTROL
JOURNAL
2019
Editorial
AndermattHolding
USA
East Africa
A member of the Andermatt Group
East Central Africa
A member of the Andermatt Group
Sustainable Agriculture
A member of the Andermatt Group
Liebe Leserin, lieber Leser
Biologicals sind noch lange nicht Mainstream! Auch wenn
biologische Pflanzenschutzmittel und Biostimulanzien
inzwischen in aller Munde sind und breit diskutiert werden, so
machen sie weltweit dennoch erst wenige Prozent der Pflan-
zenbehandlungen aus. Und woran liegt das? Einerseits gibt es
zwar noch Lücken bei den biologischen Bekämpfungsmitteln,
um alle Pflanzenschutzprobleme abdecken zu können, aber
andererseits kommt auch die Umsetzung der bereits vorhande-
nen Lösungen immer noch zu kurz. Intelligente biologische
Pflanzenschutzstrategien erfordern eine Systembetrachtung
und nicht zuletzt viel Fachwissen, welches zu den Produzenten
gebracht werden muss!
Die Andermatt-Biocontrol-Gruppe entwickelt laufend neue
Lösungen (beispielsweise Loopovir) und bringt diese über die
eigenen Länderorganisationen oder aber über Distributoren
möglichst Bedürfnis angepasst zu den Produzenten. Sie wird
neu auch in Deutschland (Biofa AG) sowie in Kenya (Madumbi
East Africa Ltd) über eigene Tochterfirmen vertreten.
Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Engagement einen
wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Landwirtschaft leisten
können und verfolgen weiter voller Energie unser grosses Ziel,
sinnvolle biologische Alternativen zu entwickeln und den
Produzenten verfügbar zu machen – für gesunde Nahrungs-
mittel und eine gesunde Umwelt.
Wir wünschen Ihnen viel Spass bei der Lektüre der Beiträge
aus der Andermatt Biocontrol Firmengruppe.
Daniel Zingg Geschäftsführer
Impressum
Andermatt Biocontrol AG, Stahlermatten 6, 6146 Grossdietwil, Schweiz
Tel. +41 (0)62 917 50 05, Fax +41 (0)62 917 50 06, sales@ biocontrol.ch, www. biocontrol.ch
Erscheint einmal jährlich in den Sprachen deutsch, französisch und englisch | Schutzgebühr: Fr. 5.90
Redaktion: Gisela Brand, Martin Günter, Philip Kessler | Gestaltung: Matthias Jäggin
Südafrika90%
Südafrika100%
Mauritius100%
Kenia70%
Kanada100%
USA100%
Deutschland62%
Österreich20%
Deutschland24%
Frankreich60%
Österreich14%
Polen20%
Brasilien100%
UK80%
FirmenstrukturDie Andermatt-Biocontrol-Gruppe ist als Firmengruppe in die Andermatt Holding eingebettet. Die Andermatt Holding ist in Besitz der Familie Andermatt und der Mitarbeitenden.
Die Andermatt Biocontrol hat zum Ziel, sinnvolle biologische Alternativen zu den chemisch-
synthetischen Pflanzenschutz-, Schädlingsbekämpfungs- und Düngemitteln zu finden
und der Praxis verfügbar zu machen – für gesunde Nahrungsmittel und eine gesunde Umwelt.
Die Andermatt Biocontrol will dieses Ziel durch den Aufbau eines weltweiten Netzwerks
von ähnlich ausgerichteten, produzierenden und distribuierenden Unternehmen erreichen.
Inhalt4 Vom Kundenwunsch zur Markteinführung
und darüber hinaus
6 Biofungizide auf dem Vormarsch
8 Vom Spritzplan zur Strategie
9 Verbesserte Lagerfähigkeit mit T-77
10 Der Kunde ist König? Nein, er ist Partner!
12 Spaghetti-Dispenser versus Aerosol-Sprüher
14 Programm für eine nachhaltige Produktion
gesunder Tomaten
15 Biofa AG, ein neues Mitglied der
Andermatt-Gruppe
16 Cryptex, neue Lösung von Madumbi East Africa
zur Kontrolle des Falschen Apfelwicklers in Kenia
17 Nachhaltige Programme für Wurzel-
und Bodengesundheit im Obstbau
18 Herausforderungen bei der Entwicklung
von mikrobiellen Pflanzenschutzmitteln
19 Vitisan, Fungizid gegen den Echten
Mehltau der Weinrebe in IP- sowie biologischen
Anbaustrategien
20 Neue Biocontrol-Lösungen in Grossbritannien
21 Loopovir, ein neues biologisches Produkt zur
wirkungsvollen Kontrolle des Sojabohnenspanners
22 Andermatt USA schafft starke Grundlagen
23 Andermatt do Brasil bringt mit Phosbac 45 den
ersten kommerziellen Inokulant für Phosphat-
mobilisierung auf den brasilianischen Markt
Dr. Martin Andermatt Mit-Gründer und Verwaltungsratspräsident
3Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt Biocontrol Andermatt Biocontrol
Vom Kundenwunsch zur Markteinführung und darüber hinausDie Entstehung eines mikrobiellen Pflanzenschutzmittels beinhaltet viele Schritte. Eine enge Zusammenarbeit mit unseren Partnern ist uns auf diesem Weg sehr wichtig. Nur so kommen wir rasch und zielorientiert zu einer zukunfts-fähigen Lösung.
Gisela Brand Andermatt Biocontrol
Simone Haller Andermatt Biocontrol
Das Forschen beginnt: In interdiszi-
plinären Projektteams werden
mögliche Lösungsansätze diskutiert.
Ist eine vielversprechende Grundlage
vorhanden, beginnt die Abteilung
Forschung und Entwicklung mit einer
Machbarkeitsstudie. Wenn alles gut läuft,
kann ein erstes Testprodukt hergestellt
und im Labor getestet werden; dabei sind
oft Forschungsinstitutionen beteiligt.
Das Leben draussen: Das Produkt
muss sich ein erstes Mal im Feld
bewähren: Hält es der UV-Strah-
lung stand? Haftet das Produkt gut auf
den Blättern? Zusammen mit Partnern
wird evaluiert, ob die Wirksamkeit den
Anforderungen entspricht. Ausserdem
besprechen wir mit unseren Kunden ihre
bevorzugte Formulierung, Verpackungs-
art und Grösse, damit eine grösstmögli-
che Praxistauglichkeit gegeben ist.
Nun kommen die Vorschriften ins
Spiel: Wie ein Medikament, muss
auch ein Pflanzenschutzmittel
zugelassen werden, damit nur sichere
und qualitative Produkte auf den Markt
kommen. Dazu werden Daten und
Informationen für die Risikobewertung
in einem Zulassungsdossier zusammen-
gestellt. Der Austausch mit Behörden im
Vorfeld der Dossiereinreichung hilft bei
der Planung der Studien.
Ein Herzstück des Dossiers: Die
Indikationen, Applikationszeit-
punkte oder die Wartezeit zwischen
der letzten Anwendung und der Ernte sind
wichtige Bestandteile des Dossiers und
werden dort zusammengefasst, um
entsprechende Studien zu generieren. Da
unsere Kunden die Bedürfnisse vor Ort am
besten kennen, ist der Austausch mit
ihnen unabdingbar bei der Ermittlung
dieser Angaben.
Zusammenstellung des Dossiers: Das
Dossier wird nach den aktuellsten
Richtlinien der Behörde zusammen-
gestellt und umfasst zum Schluss bis zu
vierzehn Order, welche wir bei der
berichtserstattenden Behörde einreichen.
Daten generieren: Der Grossteil der
Daten für das Zulassungsdossier
erheben externe, qualifizierte
Labors, welche viel Erfahrung mit
mikrobiellen Produkten mitbringen. Dies
beinhaltet die molekularbiologische
Identifizierung des Mikroorganismus,
Studien um Humantoxizität auszuschlies-
sen, ökotoxikologische Untersuchungen
um die Sicherheit für Nichtzielorganismen
zu garantieren, Rückstandsstudien auf
dem Erntegut, Untersuchungen zum
Verbleib in der Umwelt, die Prüfung
mikrobieller Kontaminanten und der
Lagerstabilität, Wirksamkeitsstudien und
die Recherche relevanter Grundlagenfor-
schung, welche im Dossier zitiert wird.
Evaluation des Dossiers: In den
meisten Ländern erfolgt die
Zulassung von Pflanzenschutz-
mitteln in zwei Schritten, der Registrie-
rung der Aktivsubstanz und anschlies-
send der Zulassung des formulierten
Produkts. Die Fachbehörden kontrollieren
die Vollständigkeit und bewerten die
Unterlagen. Durch stetiges Interagieren
mit den Behörden und rascher Bearbei-
tung allfälliger Nachforderungen, sind
wir stets bestrebt die Evaluation
voranzutreiben. Dieser Prozess ist sehr
aufwändig, dafür ist die Freude über eine
neue Zulassung umso grösser!
Nur ein richtig angewendetes
Produkt kann richtig wirken:
Zusammen mit unseren
Distributoren und Kunden erarbeiten wir
die geeigneten Anwendungsmöglichkei-
ten damit sie die bestmöglichen
Resultate erzielen können. Wir bespre-
chen die Mischbarkeit mit anderen
Produkten oder die Positionierung der
Anwendung in einer passenden Strategie.
Erste Anwender ermöglichen
die Weiterentwicklung: Die
enge Zusammenarbeit mit
frühen Anwendern in der Produktentwick-
lung ist uns sehr wichtig. Dank ihrer
Pionierleistung werden oft neue Einsatz-
möglichkeiten des Produkts entdeckt und
Berufskollegen können sich an ihren
Erfahrungen orientieren.
Am Anfang steht ein Problem ohne
Lösung: Schädlinge oder Pilzkrank-
heiten, die verheerende Ausfälle
verursachen: Wir versuchen in engem
Kontakt mit Partnern herauszufinden,
welche Probleme die Bauern am meisten
beschäftigen und welche Lösungen sie
dringend benötigen. Diese Infos helfen
uns abzuschätzen, welche Probleme am
grössten sind und wo somit unser
Entwicklungs- und Registrierungsauf-
wand am sinnvollsten eingesetzt ist.
Wir bleiben am Ball: Wenn bei
unseren Kunden Bedarf für
weitere Indikationen besteht,
erweitern wir die Zulassung und zum Teil
werden Daten nach der Zulassung
nachgereicht. Oft müssen Zulassungen von
Aktivsubstanzen und Produkten ausser-
dem nach einer gewissen Zeitperioden neu
beurteilt werden. Kosten und Dauer der
Zulassungsprozesse verhindern die
Marktentwicklung von vielen sinnvollen
biologischen Produkten für Nischenmärkte
und -kulturen. Wir bleiben weiterhin am
Ball, indem wir die Diskussion mit
Behörden suchen um zukünftig auch hier
kundenorientierte Lösungen zu finden.
4 5Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt Biocontrol Andermatt Biocontrol
Biofungizide auf dem VormarschBei der Entwicklung neuer Biofungizide und Einsatzstrategien gegen Pilzkrankheiten wurden grosse Fortschritte erzielt. Die vorteilhaften Profile hinsichtlich Rückstandsfrei-heit und Antiresistenzmanagement lassen Biofungizide im konventionellen Anbau zu einer willkommenen Option werden.
Lange Zeit kamen fast nur die traditionellen Biofungizide
Kupfer und Schwefel zum Einsatz. In den letzten Jahren haben
nun aber verschiedene Alternativen in biologischen wie kon-
ventionellen Pflanzenschutzstrategien Eingang gefunden.
Treiber für die Entwicklung sind der wachsende Biomarkt,
die Suche nach Alternativen zu den negativ diskutierten
Wirkstoffen Schwefel und Kupfer, aber auch die vorteilhaften
Profile biologischer Fungizide hinsichtlich Rückständen und
Resistenzen.
Pflanzenstärkungsmittel
Der Begriff Pflanzenstärkungsmittel ist regulatorisch wie
auch agronomisch mit Schwierigkeiten behaftet. Es gibt keine
harmonisierte Zulassungshandhabung zwischen den Län-
dern. In Deutschland existiert eine separate Liste für Stär-
kungsmittel, hingegen finden sich die dort gelisteten Pro-
dukte in anderen Ländern oft weder in einer Düngerkategorie
noch mangels Dossier bei den Pflanzenschutzmitteln. Unter
Pflanzenstärkungsmittel wird vieles angepriesen. Von Mitteln
mit guter Teilwirkung bis hin zu solchen, deren Inhalte und
Wirkung schlecht untersucht sind.
Elicitoren
Etliche Pflanzenstärkungsmittel und heute auch spezifisch
entwickelte Pflanzenschutzmittel enthalten Elicitoren, (siehe
Infobox). Die Andermatt Biocontrol hat für den Schwei-
zer Markt das Produkt FytoSave mit dem Wirkstoff COS-
OGA zugelassen. Entscheidend ist dabei das Induzieren der
Abwehrmechanismen vor einem ersten Pilzbefall. Folglich
sind präventive und regelmässige Behandlungen alle 7 bis
14 Tage notwendig, um das Niveau der ausgelösten Abwehr-
mechanismen hoch genug zu halten. FytoSave wird als ein
unterstützendes Element in einer Fungizidstrategie gegen
Echten und Falschen Mehltau im Weinbau und gegen Ech-
ten Mehltau in Gurken und Tomaten eingesetzt. Interessant
wird der Einsatz, wenn dadurch die Wirksicherheit anderer
Fungizide erhöht und deren Aufwandmenge gar reduziert
werden kann.
Klassische und neue Belagsfungizide
Neben Kupfer und Schwefel sind seit Jahren und mit
zunehmender Bedeutung vor allem schwefelsaure Ton-
erde und Fenchelöl im Einsatz. Kaliumbikarbonat kam als
nächster fungizider Wirkstoff zur Zulassung. Ganz neu steht
zur Bekämpfung des Echten Mehltaus Prev-AM (Orangenöl,
in der Schweiz nicht FiBL-gelistet) zur Verfügung. Interes-
sant für IP-Strategien sind bei Letzterem auch die Nebenef-
fekte auf falschen Mehltau und Botrytis. Allen diesen Mitteln
gemeinsam ist deren Eigenschaft, als Belagsfungizid ohne
jegliche systemischen Effekte zu wirken. Das heisst Biofun-
gizidstrategien müssen der Witterung entsprechend platziert
werden. Die Behandlungsintervalle werden getaktet durch
angekündigte Infektionsbedingungen, die Abwaschung
und den Blattzuwachs. In niederschlagsreichen Klimazonen
führt das zu intensiven Strategien. Hingegen überwiegen für
viele Anwender auch die Vorzüge wie vorteilhafte Anwender-
und Umwelttoxizität, keine Rückstände auf Erntegütern und
geringes Resistenzrisiko.
Für den Obstbau stehen heute mit Vitisan (Kaliumbikar-
bonat) und Curatio (Schwefelkalkbrühe) zwei Produkte zur
Schorfbekämpfung zur Verfügung, welche noch bis einige
Stunden nach einem Infektionsereignis sozusagen kurativ auf
auskeimende Pilzsporen eingesetzt werden können.
Mikrobiologische Produkte
Seit ein paar Jahren sind biologische Botrytizide ein intensiv
bearbeitetes Thema. Erste Produkte mit mikrobiologischen
Wirkstoffen wie Aureobasidium pullulans, Bacillus amylolique-
faciens und Gliocladium catenulatum sind nun bewilligt. Wei-
tere Mikroorganismen-Produkte werden folgen (siehe auch
Artikel Seite 9). Die Wirkung liegt unter mitteleuropäischen
Verhältnissen häufig im Teilwirkungsbereich. Nichtsdesto-
trotz können diese neuen Lösungen in Anbetracht der festge-
stellten, teils grossen Resistenzproblematik bei chemischen
Wirkstoffen, insbesondere im Beerenanbau von Bedeutung
werden.
Die biologische Bekämpfung von Pflanzenpathogenen ist
heute grösstenteils möglich. Die Einzellösungen müssen aber
in der Praxis noch besser in Konzepte verpackt werden, wo
nicht nur die richtige Abfolge und Kombination von Biofungi-
ziden zum Erfolg führt, sondern auch begleitende Massnah-
men wie Kulturführung, Züchtung robuster
Sorten, Monitoring und Precision farming.
ResistenzinduktionPflanzen besitzen die Fähigkeit sich gegen einen Befall von Bakterien, Pilzen oder Viren zu wehren. Die Pflanze erkennt eindringende Pathogene über Elicitoren. Elicitoren sind pflanzeneigene (endogene) Komponenten oder Komponenten von Pathogenen (exogene), welche von Rezeptoren in den Pflanzenzellen erkannt werden und eine Signalkaskade auslösen, womit die zur Abwehr benötigten Reaktionen ausgelöst werden. Man spricht hier auch von induzierter Resistenz.
Übersicht alternative biologische Fungizide mit Zulassung in der Schweiz
Produktname Wirkstoff Wirkstoffkategorie Wirkungsspektrum1 Rückstandsfrei2
Netzschwefel Stulln Netzschwefel 80% Anorganisch Echter Mehltau, Apfelschorf
Airone Kupferhydroxid, -oxychlorid Anorganisch Falscher Mehltau, Apfelschorf
Fenicur Fenchelöl Pflanzenöl Echter Mehltau ○
Vitisan Kaliumhydrogencarbonat Anorganisch Echter Mehltau, Apfelschorf ○
Prev-AM3 Orangenöl Pflanzenöl Echter Mehltau, Falscher Mehltau, Botrytis ○
Curatio Schwefelkalk Anorganisch Apfelschorf
Myco-Sin Schwefelsaure Tonerde Anorganisch Echter Mehltau, Falscher Mehltau, Apfelschorf ○
Amylo-X Bacillus amyloliquefaciens Mikroorganismus (Bakterium) Botrytis, Echter Mehltau ○
Prestop Gliocladium catenulatum Mikroorganismus (Pilz) Botrytis, Bodenkrankheiten ○
Botector Aureobasidium pullulans Mikroorganismus (Hefe) Botrytis ○
BlossomProtect Aureobasidium pullulans Mikroorganismus (Hefe) Feuerbrand, Lagerkrankheiten ○
FytoSave COS-OGA Elicitor Echter Mehltau, Falscher Mehltau ○
Alginure4 Kaliumphosphonat Anorganisch Falscher Mehltau
Contans Coniothyrium minitans Mikroorganismus (Pilz) Sclerotina ○
1 Für die genauen Indikationen gelten die länderspezifischen Zulassungen2 Gilt für die Schweiz gemäss Anhang 3 der Verordnung des EDI über Höchstgehalte für Pestizidrückstände3 In der Schweiz nicht auf FiBL-Liste4 Keine Listung EU-Bioverordnung
Bei der Bekämpfung der Graufäule (Botrytis cinerea) an Beeren sind Resistenzmanagement und die Vermeidung von Rückständen von besonderer Bedeutung
Martin Günter Andermatt Biocontrol
6 7Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt Biocontrol Andermatt Biocontrol
Vom Spritzplan zur StrategiePflanzenschutzstrategien sind nicht in Stein gemeisselt, sie müssen immer wieder den aktuellen Begebenheiten angepasst werden. Reiner Pflanzenschutzmitteleinsatz reicht immer öfters nicht mehr aus. Integrierte Pflanzenschutzkonzepte unter Einbindung von präventiven und indirekten Massnahmen sind gefordert.
Wirkstoffe verschwinden vom Markt
In den letzten Jahren wurden etliche Wirkstoffe unter ande-
rem aufgrund von ungünstigen toxikologischen Eigenschaf-
ten nicht wieder registriert. Nicht alle davon konnten ein-
fach substituiert werden. Häufig sind es vermeintlich «kleine»
Produkte, wie zum Beispiel der Wirkstoff Cyromazin, welche
Lücken verursachen. So wurde in der Folge die Strategie gegen
die Tomaten-Minierfliegen einseitig auf den Wirkstoff Spino-
sad (Spintor) ausgerichtet. Das Resultat ist eine Minderwir-
kung aufgrund von Resistenzen.
Wirkstoffe haben Minderwirkung
Weisse Fliege und der Thrips sind zwei Hauptschädlinge im
Gemüse-, Beeren- und Zierpflanzenbau. Gegen beide gibt es
momentan keine Pflanzenschutzmittel mit herausragender
Wirkung. So sind Thrips in Erdbeeren nicht einfach Thrips,
sondern heissen Frankliniella intonsa oder Frankliniella occi-
dentalis. Gegen die eine Art wirken die gängigen Wirkstoffe,
gegen die andere Art wirkt nichts mehr.
Neue Schädlinge treten auf
Tuta absoluta, Drosophila suzukii, Nezara viridula, Halyomor-
pha halys: eine kleine Aufzählung der aktuellen Neuzuzüger.
Insbesondere die beiden letzten Arten, welche zu den Weich-
wanzen gehören, konnten sich in den vergangenen, eher war-
men Jahren gut bei uns etablieren. Beide Schädlinge können
momentan nur effizient mit Wirkstoffen reduziert werden,
welche beträchtliche Nebenwirkung auf Nützlinge haben.
Werden solche Mittel eingesetzt, führt dies zum Abbruch des
Nützlingseinsatzes und dies wiederum zu einem möglichen
Anstieg der Schädlinge, welche nur schwer mit Pflanzen-
schutzmitteln bekämpfbar sind (siehe oben).
Strategien statt einzelne Direktmassnahmen
Um diese Teufelskreise weitsichtig zu umgehen, gilt es, nach-
haltige Konzepte zu errichten und auftretenden Lücken nicht
mit Einzelmassnahmen entgegenzutreten (siehe Kasten).
Diese Konzepte enthalten nicht einfach nur einen Spritz-
plan, sondern Strategien, welche die Produktionssysteme
und Kulturmassnahmen einbeziehen und teilweise auch
umkrempeln.
Wichtige Bausteine einer Strategie im Gewächshaus
– Sortenwahl: Pilztolerante Sorten wählen
– Hygiene: Vollständige Ernte und entfernen von Pflanzenmaterial
– Klimasteuerung und Bewässerung: Pilzvor-beuge und Schaffung optimaler Bedingungen für Nützlinge und Insektenpathogene Pilze
– Nützlinge: vorbeugender Einsatz auf gesamte Fläche und gezielte Freilassungen in die Befallsherde
– Pflanzenschutzmittel: Gezielter Einsatz von mit Nützlingen kompatiblen Pflanzenschutz-mitteln (Bio oder IP)
Samuel Stüssi Andermatt Biocontrol
Die Grüne Reiswanze (Nezara viridula), ein invasiver Schädling stellt eine grosse Herausforderung für bestehende Pflan-zenschutzkonzepte im Gewächshaus dar
Verbesserte Lagerfähigkeit mit T-77Grauschimmel (Botrytis spp.) ist weltweit eine der bedeutendsten Pilzkrankheiten wäh-rend und nach der Ernte von Obst und Gemüse. Mit der Bekämpfung von Botrytis erhöht man nicht nur den marktfähigen Ertrag, sondern verbessert auch die Qualität des Ernte-guts während der Lagerung.
Die Qualität von Obst und Gemüse in Supermärkten unter-
liegt hohen Standards. Kundinnen und Kunden bevorzu-
gen makellose Ware, die auch im eigenen Kühlschrank noch
lange frisch ist. Während des Pflanzenwachstums findet die
Infektion mit Botrytis vor allem durch Wunden und abster-
bendes Pflanzenmaterial statt, wie beispielsweise durch
Schnitt, Hagel, Herbizide, Seneszenz oder Insekten. Zudem
ist Botrytis bekannt für die schnelle Entwicklung von Resis-
tenzen gegenüber herkömmlichen, synthetischen Fungi-
ziden. Die Verwendung von Fungiziden mit unterschiedli-
chen Wirkungsweisen ist entscheidend für ein nachhaltiges
Botrytis-Bekämpfungsprogramm.
Einzigartige Wirkungsweise von T-77
Chemisch-synthetische Fungizide bekämpfen Botrytis prä-
ventiv durch Keimhemmung oder kurativ durch die Stö-
rung des Pilzstoffwechsels. Im Gegensatz dazu besiedelt T-77
( Trichoderma atroviride 77B) die Wunden und verhindert
somit, dass der Erreger in die Pflanze eindringt. Hat T-77 die
Wunde kolonisiert, kann sie solange geschützt bleiben, bis die
Infektionsgefahr vorüber ist. Darüber hinaus ist T-77 ein star-
ker Mycoparasit, was bedeutet, dass er sich von bestimmten
pathogenen Pilzen ernährt und diese zerstört.
Vielseitig einsetzbar in individuellen Spritzprogrammen
Zahlreiche Feldversuche auf unterschiedlichen Kulturen
haben gezeigt, dass T-77 Botrytis nicht nur auf dem Erntegut
signifikant reduziert, sondern auch während der Lagerung
bei Raumtemperatur oder gekühlt hervorragende Resultate
zeigt. T-77 kann in einem Spritzprogramm mit biologischen
oder chemischen Fungiziden angewendet werden, unter
Berücksichtigung der Kompatibilitätstabelle. Da T-77 bis
zur Ernte angewendet werden kann, darf es auch dann noch
verwendet werden, wenn viele chemischen Fungizide nicht
mehr erlaubt sind. T-77 leistet auch gegen fungizidresistente
Botrytis-Stämme einen wertvollen Beitrag, was es zu einem
idealen Produkt für die Integrierte Produktion macht.
Silvana Niedermann Andermatt Biocontrol
T-77 verbessert die Vermarktbarkeit von ErdbeerenWirksamkeit gegen Botrytis nach sieben Tagen im Kühlhaus im Vergleich zur unbehandelten Kontrolle. T-77, sowohl bei niedrigster Dosis
(250 g/ha) als auch bei höchster Dosis (750 g/ha), verbesserte die Vermarktbarkeit im Vergleich zur höchsten Dosis der biologischen Referenz.
Biologisches Referenzprodukt
T-77 tiefe Dosis
T-77 hohe Dosis 86% (a)
50% (b)
40% (b)
Versuch durchgeführt mit Gewächshauserdbeeren in Italien, 2018
8 9Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt Biocontrol Andermatt Biocontrol
Der Kunde ist König? Nein, er ist Partner!Im Juni 2018 besuchten die Produktions-, Forschungs- und Technikmitarbeitenden der Andermatt Biocontrol die Vogt Obstbau AG in Remigen. Während der abwechslungsrei-chen Betriebsbesichtigung stellte sich heraus, dass die Erfolgsgeschichten der beiden Unternehmen seit Langem eng verbunden sind.
Christian Vogt führt die Vogt Obstbau AG in der dritten Gene-
ration. Er und sein Vater Erwin Vogt haben den Obstproduk-
tionsbetrieb im Jahre 1996 auf biologische Produktion umge-
stellt. In den Umstellungsjahren wurden in den Apfelanlagen
der Vogt Obstbau AG zahlreiche Versuche mit neuen biolo-
gischen Pflanzenschutzmitteln der Andermatt Biocontrol
durchgeführt. Der Apfelwickler konnte damals bereits sehr
gut mittels Madex kontrolliert werden. Für andere ertrags-
und qualitätsmindernde Schlüsselkrankheiten und Schäd-
linge wie den Apfelschorf oder die Mehlige Apfelblattlaus
waren damals jedoch noch keine befriedigenden biologischen
Lösungen verfügbar.
Gemeinsames Sammeln von Erfahrung im Feld
In Zusammenarbeit mit Mitarbeitenden der Andermatt
Biocontrol, unter anderem mit Daniel Zingg, hat Christian
Vogt Versuche angelegt und jeweils sehr aktiv, gewissenhaft
und ausdauernd zur Entwicklung der optimalen Einsatzstra-
tegie beigetragen. Er verstand es, bei schlechteren Resultaten,
den Fehler nicht primär beim Produkt zu suchen, sondern
auch die äusseren Umstände zu betrachten. Mit seinem Pra-
xiswissen, seiner Konsequenz und seinem Durchhaltewillen
unterstützte er die Andermatt Biocontrol aktiv beim Ermitteln
der besten Applikationszeitpunkte und -intervalle.
Unter anderem basierend auf Versuchen der Vogt Obst-
bau AG konnte die Andermatt Biocontrol im Jahr 1995
NeemAzal-T/S gegen die Mehlige Apfelblattlaus und Ende
1996 Myco-Sin gegen den Apfelschorf bewilligen lassen. Im
gleichen Jahr erhielt die Andermatt Biocontrol die erste Bewil-
ligung für ein Verwirrungstechnik-Produkt gegen den Apfel-
wickler. Im Vorfeld wurden auch damit Feldversuche bei Vogt
Obstbau durchgeführt und weitere heute etablierte Verwir-
rungstechnik-Dispenser wurden ebenfalls auf dem Betrieb
getestet.
Grundsteine für die Weiterentwicklung
Christian Vogt verfügte dank seiner Versuchsmit-
hilfe bereits vor der Lancierung der neuen biologischen
Pflanzenschutzmittel über ein umfangreiches Wissen
bezüglich deren Anwendung. Dies ermöglichte es der Vogt
Obstbau AG bei der Bioapfelproduktion die Nase vorne zu
haben und überdurchschnittliche Qualität zu produzieren.
Beide Unternehmen profitieren bis heute von der über
20 Jahre währenden Zusammenarbeit. Wichtige Grund-
steine für eine gesunde Vogt Obstbau AG und eine gesunde
Andermatt Biocontrol wurden damals gelegt. Dies ermög-
lichte es schweizweit und international gezielt in Weiterent-
wicklungen zu investieren und die nachhaltige und rück-
standsfreie Nahrungsproduktion weiter voranzutreiben.
Die Besuchergruppe der Andermatt Biocontrol lauschte
gespannt, was Christian Vogt aus diesen vergangenen Zeiten
zu erzählen hatte. Der Austausch mit Christian Vogt veran-
schaulichte unseren Mitarbeitenden, wer unsere Kunden sind,
was mit den Produkten geschieht, wenn sie unsere Gebäude
verlassen und wie wichtig eine einwandfreie Produktequali-
tät und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren
Kunden sind. Als Dankeschön für die spannenden Ausfüh-
rungen, durfte Christian Vogt von der Andermatt- Biocontrol-
Gruppe eine von allen signierte Spezial-Madex-Flasche
entgegennehmen.
Firmenprofil der Vogt Obstbau AG
– Gründungsjahr: 1974
– Geschäftsführer: Christian Vogt
– Besitzer: Familienbesitz in dritter Generation
– Anzahl Mitarbeitende: 30 im Sommer und Herbst, sonst 15
Franz Bollhalder Andermatt Biocontrol
Mehr als eine einseitige Kunden-Lieferanten- Beziehung: Mit dem
gemeinsamen Ziel, die nachhaltige Apfelproduktion weiter voranzutrei-
ben, sind die zwei Firmen seit über 20 Jahren als Partner im Austausch
10 11Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt Biocontrol Andermatt Biocontrol
0
50
100
150
200
250
Aerosol-Sprüher (Isomate CM-Mister)
Die für die Verwirrmethode benötigte Pheromonwolke wird
über zwei bis drei Sprühstationen pro Hektare versprüht. Die
Sprühmodule sind so programmiert, dass in regelmässigen
Abständen während der Pflugperiode des jeweiligen Schad-
falters ein Sprühstoss des Pheromons abgegeben wird. Seit
vergangener Saison sind diese Aerosol-Sprühersysteme für
die Kernobstproduktion auf Grossparzellen (über 15 Hektar)
zugelassen. Für den Weinbau ist dieses Ausbringverfahren
ebenso im Gespräch. Hier bestehen aber noch Fragezeichen
hinsichtlich der Wirkungssicherheit für die Phase des ersten
Traubenwicklerflugs. Dies weil zu dieser Zeit Ende April bis
Anfang Mai bei den Reben noch kaum Blattmasse vorhanden
ist, welche mithilft, die vernebelten Pheromone in genügender
Konzentration und gleichmässig verteilt im Bestand zu halten.
Schlussendlich ist es entscheidend, dass man jederzeit über
die zu schützende Fläche eine homogene Pheromonabde-
ckung sicherstellen kann. Dies wird grundsätzlich am besten
mit dem herkömmlichen Dispensersystem mit hoher Anzahl
Punktquellen der Pheromondiffusion erreicht. Das neue
arbeitssparende Verfahren mit den Aerosol-Sprühern kann in
dafür passenden Strukturen und grossflächiger Anwendung
eine neue interessante Option darstellen.
Spaghetti-Dispenser versus Aerosol-SprüherBei der Verwirrungstechnik reizt der Wechsel auf die neuen zeitersparenden Ausbring-verfahren mittels Aerosol-Sprühern. Es gilt jedoch unter den vorherrschenden Schweizer Anbau- und Flächenstrukturen diesen Schritt gut abzuwägen und eine korrekte Umset-zung anzugehen.
Die Verwirrungstechnik ist in den letzten 20 Jahren zu einer
unverzichtbaren Methode bei der Kontrolle der bedeu-
tendsten Wicklerarten geworden. Hauptschädlinge, wie
der Apfel- und Traubenwickler können damit ohne oder mit
reduzierter Anzahl Insektizidanwendungen in Schach gehal-
ten werden. Insbesondere stellt die Verwirrungstechnik ein
hilfreiches Element im Antiresistenzmanagement und der
Rückstandsreduktion dar. Die Andermatt Biocontrol ist seit
Beginn der Einführung in den Schweizer Mark eine trei-
bende Kraft hinter der Verwirrungstechnik. So konnte seit
Jahren mit dem Vertrieb der Isonet- und Isomate-Dispenser
von Shin-Etsu viel Erfahrung gesammelt werden. Seit 2018
ist nun mit Isomate CM-Mister gegen den Apfelwickler auch
ein Aerosolsprühsystem aus dem Hause Shin-Etsu in der
Schweiz zugelassen.
Spaghetti-Dispenser (Isonet, Isomate)
Die Dispenser bestehen aus einem permeablen Polymer über
welches während der ganzen Saison Pheromon in die Umge-
bung diffundiert. Bringt man die Dispenser (500 bis 1000 Stück
pro Hektar) vor dem Flug des jeweiligen Schadwicklers korrekt
verteilt über die ganze Parzelle aus, legt sich eine homogene
Pheromonwolke über die Anlage, welche die Kultur vor der
entsprechenden Wicklerart schützt.
Bei den Weinbau-Dispensern ist eine Neuerung in Aus-
sicht. In den nächsten zwei bis drei Jahren wird Andermatt
Biocontrol in der Schweiz den herkömmlichen Isonet-
Spaghetti-Dispenser aus biologisch abbaubaren Plastik lan-
cieren können. Die Einzeldispenser werden keine Drähte
mehr enthalten und sie sind durch Bodenmikroorganismen
abbaubar.
Spaghetti-Dispenser Aerosol-Sprühsysteme
Minimal-Fläche 1 Hektare isoliert oder 5 Hektare innerhalb Anbaufläche 15 Hektare oder mindestens 5 bis 10 Hektare innerhalb verwirrter umliegender Fläche
Ausbringung Handausbringung von 500 bis 1000 Dispenser pro Hektare je nach Produkt
2 bis 3 Aerosol-Sprüher pro Hektare und Randbehängung mit Standarddispenser. Geringerer Arbeitsaufwand
Pheromon-Abdeckung: Fläche/Parzelle
Optimal dank grosser Anzahl Punktquellen (Dispenser), inkl. Randabdeckung
Bei angepassten Flächen und guter Planung der Platzierung der Sprüher gute Abdeckung. Limiten an Parzellenrändern und windexponierten Flächen
Saisonale Pheromon-Abdeckung
Vollständig, deckt sämtliche Generationen und die Flugaktivität der Schadfalter ab (Siehe Grafik Dispenseranalyse)
Vollständig, deckt sämtliche Generationen und die Flugaktivität der Schadfalter ab. Fragezeichen im Weinbau bezüglich Abdeckung erster Traubenwicklergeneration wegen fehlender Laubwand
Spektrum Zielorganismen
Sämtliche Wicklerarten in Wein- und Obstbau als Einzel- oder Kombidispenser
Beschränkung auf einzelne Arten und Kombinationen
Phytotox Keine Verbrennungen an Früchten und Blättern in Nähe der Aerosol-Sprüher möglich
Abfall Dispenser müssen eingesammelt und entsorgt werden (biologisch abbaubare Dispenser etwa ab 2020 im Weinbau)
Leere Aluminium-Flaschen und elektronischer Sprühkopf (Batterien)
Reto Flückiger Andermatt Biocontrol
Konstante Pheromonabgabe über die ganze SaisonErwiesene Dispenserqualität: Isomate- und Isonet-Dispenser zeigen in Analysen eine
regelmässige und ausreichende Pheromonabgabe und -abdeckung über die ganze Saison.
Gravimetrische Dispenseranalyse Isomate C Plus, Agroscope Changins, P. Kehrli und D. Pasquier, 2015
April Mai Juni Juli August September Oktober
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12 13Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
BiofaAndermatt Biocontrol
Biofa AG, ein neues Mitglied der Andermatt-GruppeDie Andermatt Biocontrol übernimmt die Mehrheit an der deutschen Biofa. Dank diesem strategischen Investment verstärken wir die Präsenz im deutschen Markt und erweitern das Portfolio mit wichtigen biologischen Fungiziden und Bioziden.
Die Partnerschaft der Firmen Andermatt Biocontrol und
Biofa begann mit dem gegenseitigen Vertrieb von Produkten
bereits in den 90er-Jahren des letzten Jahrtausends. Ab dem
Jahr 2000, mit dem Rückzug der Gründerfamilie aus der Biofa,
beginnt die strategische Neuausrichtung des Unternehmens
zum heute erfolgreichsten Anbieter von biologischen Pflan-
zenschutzmitteln und Bioziden in Deutschland. 2003 betei-
ligt sich Andermatt Biocontrol erstmals mit zehn Prozent und
übergibt zeitgleich den Vertrieb der Granuloseviren-Produkte
Madex und Capex für Deutschland exklusiv an Biofa.
Biofa hat ihren Firmensitz in Münsingen in Süddeutsch-
land auf der Schwäbischen Alb. Biofa hält über 30 eigene Pro-
duktzulassungen für den deutschen und europäischen Markt
und verfügt da zusätzlich über mehrere Vertriebsrechte diver-
serer Hersteller. 2018 entschliesst sich der bisherige Mehr-
heitsaktionär, sich komplett aus dem Pflanzenschutz und der
Biofa zurückzuziehen. Dies ebnete den Weg für eine Über-
nahme der freiwerdenden Anteile durch die beiden bisheri-
gen Aktionäre Andermatt Biocontrol und Trifolio-M GmbH.
Mit der Integration der Biofa in die Andermatt-Gruppe
kommt es zu einer Bündelung zukunftsträchtiger Portfolios
im biologischen Pflanzenschutzmittelmarkt. Biofa bringt
nebst Produkten insbesondere Know-how im Bereich Bio-
fungizide und Biozide in die Andermatt-Biocontrol-Gruppe.
Mit den Fungiziden Vitisan (Kaliumhydrogencarbonat) und
Curatio (Schwefelkalk) sowie dem Biozid InsectoSec (Dia-
tomeenerde) kann die Andermatt-Biocontrol-Gruppe ihren
Kunden international nun ein attraktives Gesamtportfolio an
gut eingeführten Produkten anbieten. Biofa wird einerseits
ihre Marktaktivitäten aufgrund des erweiterten Portfolios in
Deutschland und Europa ausbauen und andererseits selbst
weiter in neue Produktentwicklungen und Registrierungen
investieren.
Programm für eine nachhaltige Produktion gesunder TomatenDie Tomate ist das weltweit am meisten produzierte Gemüse. Es gibt allerdings zahlrei-che Herausforderungen, die von den Produzenten gemeistert werden müssen. Ein Pro-gramm von Andermatt Biocontrol ermöglicht es Produzenten unter unterschiedlichsten Bedingungen gesunde und schmackhafte Tomaten zu produzieren.
Mit einer Produktion von 177 Millionen Tonnen pro Jahr und
einer jährlichen Wachstumsrate der Produktion von 3,1 Pro-
zent während der letzten zehn Jahre, ist die Tomate das wich-
tigste Gemüse weltweit. So vielseitig die Produktionssysteme
sind, so vielseitig sind auch die Probleme, welche die Produ-
zenten beschäftigen. Viele Krankheitserreger und Schädlinge
sind zudem weit verbreitet und führen weltweit zu erhebli-
chen Ausfällen. Neben spezifischen Lösungen gegen Schäd-
linge wie Tuta absoluta bieten wir in unserem internationalen
Portfolio auch breiter wirksame Produkte gegen Krankheiten
und Schädlinge wie Weisse Fliegen, Fusarium oder Botry-
tis an. Es ist uns dabei wichtig, ganzheitliche und nachhal-
tige Lösungen anzubieten; dazu gehört auch die fundierte
technische Unterstützung durch unsere
Mitarbeitenden.
Felix Dubach Andermatt Biocontrol
Frank Volk Biofa
Stefan Reissner Biofa
Pheromonfallen sind ein zuverlässiges und effizientes Werkzeug, um den Insektenflug zu überwachen und den korrekten Zeitpunkt für eine Anwen-dung von Insektiziden festzulegen.
Die Tomatenminiermotte, Tuta absoluta, verursacht grosse Schäden und muss mit einer Vielzahl von Massnahmen bekämpft werden. Tutavir (PhopGV) ist ein neues Virenprodukt der Andermatt Biocontrol und ein effizientes Werkzeug zur Bekämpfung von Tuta absoluta.
Botrytis kann ein grosses Problem im Gewächshausanbau darstellen. Wird die Pflanze frühzeitig mit T-77 (Trichoderma atroviride) behandelt, sind Blüten und Schnittwunden vor Pathogenen geschützt.
Raupen von Helicoverpa armigera, Spodoptera littoralis, und Spodoptera exigua verursachen grosse Schäden an Tomaten. Virenprodukte wie Helicovex (HearNPV), Littovir (SpliNPV) und Spexit (SeMNPV) schützen Tomaten effizient vor Frassschäden dieser Insekten.
Stechend-saugende Schädlinge wie die Weisse Fliege oder Pflanzenläuse sind bedeutende Vektoren von Pflanzenviren. Mit dem Einsatz von Bb-Protec (Beauveria bassiana) können solche Schädlinge bekämpft und Sekundärschäden durch Krankheiten reduziert werden.
Wurzelkrankheiten sind oftmals eine grosse Schwierigkeit im Tomatenanbau. AmyProtec (Bacillus amyloliquefa-ciens) oder T-Protec (Trichoderma asperellum) können Wurzeln vor Krankheiten schützen und Abwehrme-chanismen der Pflanzen aktivieren.
Tomatenpflanzen benötigen viele Nährstoffe um gesund zu bleiben und schmackhafte Früchte zu produzieren. RhizoVital (Bacillus amyloliquefaciens) oder T-Gro (Trichoderma asperellum) verbessern die Wurzelgesundheit und damit auch die Nährstoffaufnahme.
Firmenareal mit Bürogebäude (links) und Lagerhallen der Biofa in Münsingen, Deutschland
14 15Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Madumbi Sustainable AgricultureMadumbi East Africa
Nachhaltige Programme für Wurzel- und Bodengesundheit im ObstbauDie Gesundheit von Boden und Wurzeln ist für die Produktion gesunder, nährstoffreicher Lebensmittel unerlässlich. Pflanzen, die auf gesunden Böden wachsen, sind stärker und weisen eine erhöhte Schädlings- und Krankheitsresistenz auf. Erste Arbeiten in diesem Bereich konzentrierten sich auf einjährige Kulturen; kürzlich wurde das Konzept mit grossem Erfolg auf Obstbaukulturen ausgedehnt.
Die Wurzelgesundheit ist kurzfristig relativ leicht zu beein-
flussen. Im Idealfall starten Behandlungen bereits in der
Baumschule und werden anschliessend im Feld mit jährli-
chen Anwendungen über die gesamte Lebensdauer der Obst-
bäume weitergeführt. Die grössten Vorteile zeigen sich in der
Regel in den ersten zwei bis drei Jahren nach der Umpflan-
zung. Vorrangiges Ziel ist es, Bodenpathogene zu reduzieren
und das Wurzelwachstum zu stimulieren. Das Standardpro-
gramm von Madumbi Sustainable Agriculture (Südafrika)
sieht die Anwendung von 500 Gramm T-Gro (Trichoderma
asperellum) bei der Pflanzung oder im Frühjahr vor. Es folgen
500 Milliliter RhizoVital 42 (Bacillus amyloliquefaciens) zwei
bis vier Wochen später und dann zwei Nachdosierungen von
T-Gro, bei jeweils 250 Gramm pro Hektar bei den nachfolgen-
den Wurzelbewässerungen. Darüber hinaus wird AgriSil K50
(Kaliumsilikat) monatlich über den Hauptteil der Vegetati-
onszeit (Frühjahr und Sommer) angewendet. Wenn ein sol-
ches Programm auf einer bestehenden Obstanlage mit hohem
Krankheitsdruck (z. B. Phytophthora) gestartet wird, kann es
notwendig sein, zuerst eine Form der kurativen Behandlung
anzuwenden, da die oben genannten Produkte in erster Linie
präventiv wirken und systemische Infektionen, die bereits in
der Wurzel oder im Stamm sind, nicht heilen können.
Die Bodengesundheit ist schwieriger zu beeinflussen und
erfordert einen langfristigeren Ansatz. Es ist wichtig, mit einer
Bodenanalyse zu beginnen, um sich ein Bild davon zu machen,
was die grössten Probleme im Boden sind. Es stehen verschie-
dene Tests zur Verfügung, die einen Hinweis auf den Gehalt
an Bodenpilzen im Vergleich zu Bakterien liefern. Diese Infor-
mationen werden mit normalen Bodenfruchtbarkeitstests
kombiniert, bei denen Faktoren wie pH-Wert, Kohlenstoffan-
teil, Nährstoffgehalt und -verhältnisse berücksichtigt werden.
In Kombination geben diese Testergebnisse ein Gesamtbild
des Ist-Zustandes der Böden und ermöglichen es, gezielter zu
entscheiden, wie der Boden weiter verbessert werden kann.
Böden mit hohem pH-Wert, die Anzeichen von Phosphor-
bindung und Mikronährstoffmangel aufweisen, profitieren
stark von der Anwendung von Kaliumhumat und phosphor-
mobilisierenden Bakterien wie RhizoVital 42. Ebenso profitie-
ren kohlenstoffarme Böden, die oft von Bakterien dominiert
werden, von der Anwendung von Humaten und T-Gro. Dieser
massgeschneiderte Ansatz für einen gesunden Boden hat zu
bedeutenden Erfolgen geführt und erlaubt eine langfristige
Steigerung der Produktivität mehrjähriger Obstanlagen.
Cryptex, neue Lösung von Madumbi East Africa zur Kontrolle des Falschen Apfelwicklers in KeniaSeit Januar 2018 wird der Falsche Apfelwickler durch die EU als Quarantäneschädling eingestuft. Dies stellt eine grosse Bedrohung für Kenias Rosen- und Paprikaexporte nach Europa dar. Mit dem Produkt Cryptex wird jedoch bald eine praktikable Lösung verfügbar sein.
Madumbi East Africa wurde Mitte 2018 in Kenia als jüngstes
Mitglied der Andermatt-Biocontrol-Gruppe gegründet. Die
Firma wird Zugang zum gesamten Andermatt- Biocontrol-
Portfolio haben, das sich aus weltweit anerkannten Viren-,
Bakterien- und Pilzlösungen zusammensetzt. Madumbi
East Africa ist ein Joint Venture mit dem lokalen Unterneh-
men Oserian, Kenias grösstem Produzenten von Qualitäts-
rosen. Das Unternehmen bietet Nützlinge zur Bekämpfung
von Schlüsselschädlingen in hochwertigen Kulturen, haupt-
sächlich Blumen und Gemüse, an. Durch den Fokus auf einen
direkten, technischen Vertrieb mit einem Distributionsnetz in
ganz Kenia will die Firma in Zukunft eine führende Rolle in
der nachhaltigen Landwirtschaft übernehmen.
Ein erster Schwerpunkt wird das Management des Fal-
schen Apfelwicklers sein. Der Falsche Apfelwickler ist derzeit
der Schädling, der den kenianischen Behörden am meisten
Sorgen bereitet, da er die Exportindustrie für Frischprodukte
des Landes bedroht. Zwischen Januar und Mai 2018 wur-
den 20 Sendungen aus Kenia, aufgrund von Kontamination
mit lebendigen Larven des Falschen Apfelwicklers, abgewie-
sen. Dies entspricht 63 Prozent der gesamten abgewiesenen
Sendungen aufgrund von Schadorganismen. Das Schädlings-
management konzentriert sich bisher auf kulturelle und che-
mische Bekämpfungsmethoden, die nur begrenzt zum Erfolg
führen. Durch einen ganzheitlicheren Ansatz und dem Ein-
satz biologischer Lösungen wie Cryptex, kann ein integriertes
Schädlingsmanagement erreicht werden.
Madumbi East Africa ist in Kenia im Zulassungspro-
zess für Cryptex. Das Produkt enthält ein Cryptophlebia
leucotreta Granulovirus, das hochspezifisch gegen Falsche
Apfelwickler- Larven wirkt und in Rosen, Paprika und im Obst-
bau eingesetzt werden kann. Cryptex wird daher eine wesent-
liche Rolle bei der Bekämpfung dieses Schädlings und der
Einhaltung der phytosanitären Vorschriften spielen. Dadurch
wird den kenianischen Produzenten, die auf 3500 Hektaren
Rosen anbauen, der Zugang zu internationalen Märkten, ein-
schliesslich der EU, auch in Zukunft sichergestellt.
Stephen Musyoka Madumbi East Africa
Brendon Neumann Madumbi Sustainable Agriculture
Der falsche Apfelwickler ist derzeit ein grosses Problem in der keniani-schen Landwirtschaft. Das Granulovirus-Produkt Cryptex ist ein sicheres und hochspezifisches Kontrollinstrument für diesen Schädling.
Zitrusbäume in Addo, Eastern Cape (Südafrika).
Die Bäume rechts sind mit einem Programm aus
T-Gro, RhizoVital 42 und AgriSil K50 behandelt. Im
Vergleich dazu links die unbehandelten Bäume.
16 17Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt FrancePlant Health Products
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Herausforderungen bei der Entwicklung von mikrobiellen PflanzenschutzmittelnDie Haltbarkeit und Lagerstabilität sind kritische Erfolgsfaktoren bei der Entwicklung von mikrobiellen biologischen Pflanzenschutzmitteln. Laufende Forschung von Plant Health Products (Pty) Ltd (PHP) soll Licht in dieses komplexe Thema bringen.
Die erfolgreiche Kommerzialisierung von mikrobiellen Pro-
dukten hängt einerseits von der Wirksamkeit, andererseits
von der kosteneffizienten Produktion ab. Die Fähigkeit zur
Massenproduktion und die Lagerstabilität nach der Produk-
tion sind dabei essentiell um ein wirtschaftlich interessantes
Produkt anbieten zu können. Die Haltbarkeit eines lebenden
Organismus zu gewährleisten, ist eine komplexe Aufgabe.
Sowohl der Stamm, als auch das Produktionsverfahren, die
Wahl des Gärsubstrats, die Zeit, Temperatur, Trocknung, Ern-
teverfahren und Verpackung beeinflussen die Haltbarkeit
des Endprodukts. Zudem ist die Formulierung für die Stabili-
tät von grösster Bedeutung. Diese muss auch mit den Anwen-
dungsanforderungen des Kunden abgeglichen werden.
Die Verpackung wird sorgfältig ausgewählt, um eine sta-
bile Umgebung für die Produkte während der Lagerung und
des Transports bereitzustellen. Im Allgemeinen umfasst
eine geeignete Verpackung für mikrobielle Produkte stabile,
undurchlässige Materialien, die gewährleisten, dass das Pro-
dukt vollständig vor Feuchtigkeit, Oxidation und UV-Strah-
len geschützt ist. Das Beispiel von Beauveria bassiana (Eco-Bb,
Bb-Protec) zeigt, wie wichtig die Verpackung und die Lager-
temperatur für die langfristige Produktstabilität sind (siehe
Grafik). Laborstudien haben gezeigt, dass die Wirksamkeit
bei anhaltend erhöhter Temperatur schneller abnimmt als bei
kälteren Temperaturen. Ähnlich kann das Produkt, wenn es in
einer ungeeigneten Verpackung gelagert wird, aufgrund der
Einwirkung von Sauerstoff und Feuchtigkeit schnell an Wirk-
samkeit verlieren. Bei korrekter Verpackung und Lagerung
bleibt Bb-Protec mindestens zwölf Monate haltbar.
PHP arbeitet fortlaufend daran, die Haltbarkeit von beste-
henden und neuen Produkten durch unterschiedliche Metho-
den zu optimieren. Eine erhöhte Haltbarkeit ermöglicht eine
verbesserte Logistik und Lagerung im gesamten Vertriebska-
nal und bietet dem Kunden ein langlebiges Produkt von aus-
gezeichneter Qualität. Somit können PHP-Produkte weltweit
erfolgreich vermarktet und eingesetzt werden.
Chantal Janks Plant Health Products
Trends in der Lagerstabilität von Bb-Protec
Vitisan in der integrierten Pilzbekämpfung gegen Echten Mehltau der Weinrebe
Studie noch nicht abgeschlossen Rebsorte Carignan Agro XP 2017, Bewertung an Trauben vom 10. Juli 2017
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ksam
keit
von
Bb-
Pro
tec
[%]
2. Monat Unbehandelte Kontrolle Konventionelle Referenz Vitisan-Programm4. Monat 6. Monat 8. Monat 10. Monat 12. Monat
Gelagert bei empfohlener Temperatur (4 °C) in
ungenügender Verpackung
Gelagert bei empfohlener Temperatur (4 °C) in idealer Verpackung
■ Häufigkeit: befallene Trauben [%]
■ Intensität: befallene Traubenoberfläche [%]
Konventionelle Referenz: 2× Tetraconazol-Fenbuconazol plus 2× Fluopyram-Trifloxystrobin, 2× Quinoxyfen plus 1× Spiroxamin
Vitisan-Programm: 3× vor und 2× nach der Blüte (4 kg Vitisan plus 3 kg Netzschwefel), 2× Fluopyram-Trifloxystrobin plus 1× Quinoxyfen vor und nach der Blütezeit
Gelagert bei 25 °C in idealer Verpackung
Kristy Le Voy Plant Health Products
Vitisan, Fungizid gegen den Echten Mehltau der Weinrebe in IP- sowie biologischen AnbaustrategienAllein oder in kombinierter Anwendung ist Vitisan ein guter Ersatz für drei bis vier chemische Fungizidbehandlungen gegen den Echten Mehltau im Weinbau. Die präventive und kurative Wirkung von Vitisan führt zu mehr Flexibilität in den regionalen Pflanzenschutzstrategien.
In Frankreich werden jedes Jahr rund fünf Millionen Hektar
Reben gegen den Echten Mehltau behandelt. Daher ist der
Pflanzenschutz im Weinbau aktuell ein besonders sensibles
Thema, sowohl für Weinliebhaber als auch für Weinbauern
oder Behörden, die für den Schutz der Gesundheit von Erzeu-
gern, Verbrauchern und der Umwelt zuständig sind. Während
der Einsatz von Schwefel am weitesten verbreitet ist, werden
zwei Drittel der Anbaufläche nach wie vor mit herkömmlichen,
chemischen Produkten behandelt. Regulatorische Vorgaben
machen aber die Neuorientierung hin zu einer umfassende-
ren Nutzung alternativer Lösungen mittlerweile unausweich-
lich. Der Weg zu neuen Mitteln steht zwar offen, aber deren
Einsatz liegt trotzdem noch im Schatten von Schwefelproduk-
ten und spielt derzeit noch eine untergeordnete Rolle.
Dank der kürzlich erteilten Zulassung in Frankreich bietet
Vitisan fortan vielseitige Lösungen für Produzenten im biolo-
gischen und integrierten Weinbau. Es handelt sich um ein Fun-
gizid auf Basis von Kaliumhydrogencarbonat (KHCO3), einer
natürlichen Substanz mineralischen Ursprungs mit einer
Konzentration von 994,9 Gramm pro Kilogramm. Eine Studie
auf der Rebsorte Carignan aus dem Jahr 2017 veranschaulicht
die Wirksamkeit des Mittels. Vitisan wurde in Abständen von
acht bis zehn Tagen vor und nach der Blüte (BBCH 14 bis 57)
in einer Dosierung von vier Kilogramm in Kombination mit
drei Kilogramm Netzschwefel angewandt. Mit 9,3 Prozent
Befall ist das Verfahren mit Vitisan mindestens vergleichbar
mit der Wirksamkeit chemischer Strategien (Befall 18,3 Pro-
zent). Mit einer zusätzlichen Anwendung zu Beginn der Sai-
son gewährleistet die Vitisan-Strategie somit im Vergleich
zur ausschliesslich chemischen Strategie einen mindestens
genauso zuverlässigen Schutz. In einem weiteren Versuch an
bereits mit Echtem Mehltau befallenen Pflanzen zeigt Vitisan
in einer Dosierung von sechs Kilogramm pro Hektare eine
vergleichbare Wirksamkeit wie die chemische Referenz (Mep-
tyldinocap 350 Gramm pro Hektare). Gemäss verschiedenen,
seit 2014 durchgeführten, Versuchen zählt Vitisan somit zu
den wirksamsten Biocontrol-P rodukten gegen den Echten
Mehltau in Frankreich. Nebst seiner Anwendung im Wein-
bau kann Vitisan zudem gegen Schorf und Echten Mehltau auf
Kernobst und Kürbisgewächsen eingesetzt werden. Für wei-
tere Krankheiten (z. B. Botrytis) und Kulturen wird demnächst
die Zulassung erwartet.
Alain Querrioux Andermatt France
18 19Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Sylvar Technologies Inc.Andermatt UK
Neue Biocontrol-Lösungen in GrossbritannienBritische Landwirte haben dank Andermatt UK neue Instrumente zur Verfügung, um Schlüsselschädlinge biologisch zu bekämpfen: Die Registrierung der beiden Insektizide Delfin WG und Madex Top ist erfolgreich abgeschlossen.
Andrew Brown Andermatt UK
Loopovir, ein neues biologisches Produkt zur wirkungsvollen Kontrolle des SojabohnenspannersDer Sojabohnenspanner (Chrysodeixis includens) kann eine Vielzahl von landwirtschaft-lichen Kulturen in ganz Amerika schädigen, seine bevorzugte Wirtspflanze ist jedoch Soja. Loopovir basiert auf einem Chrysodeixis includens Nukleopolyhedrovirus (ChinNPV) und wurde speziell zur Bekämpfung dieses zerstörerischen Schädlings entwickelt.
Der Sojabohnenspanner ist in weiten Teilen Nord- und Süd-
amerikas verbreitet. Die Populationen können das ganze Jahr
über in gemässigten und tropischen Klimazonen präsent sein,
wobei jährliche Migrationen in kühlere Gebiete auftreten. Die
zerstörerischen Schädlingsraupen können sich von einer Viel-
zahl von Wirtspflanzen wie Soja (sein bevorzugter Wirt), Süss-
kartoffeln, Erdnüssen, Baumwolle, Tomaten und vielen ande-
ren Pflanzen ernähren.
In wärmeren Klimazonen kann der Sojabohnenspanner
bis zu elf Generationen pro Jahr ausbilden. Jede weibliche
Motte legt bis zu 700 Eier, woraus drei bis sechs Tage nach dem
Legen die gefrässigen Larven schlüpfen. Die Larven ernähren
sich zwei bis vier Wochen lang auf ihrer Wirtspflanze und kon-
sumieren in dieser Zeit in etwa das Dreifache ihres eigenen
Körpergewichts pro Tag. Typischerweise ernähren sich die
Larven von den Blättern, aber bei hoher Befallsstärke atta-
ckieren sie auch Früchte und Hülsen. Wenn sie nicht bekämpft
werden, können sie ihre Wirtspflanzen derart entlauben, dass
die Vitalität der Pflanze stark abnimmt.
Dadurch sind Ertragseinbussen bei vielen wichtigen land-
wirtschaftlichen Kulturen zu verzeichnen. Loopovir, basie-
rend auf dem Chrysodeixis includens NPV, ist ein wirksa-
mes, biologisches Insektizid gegen den Sojabohnenspanner
(siehe Abbildung). Loopovir ist eine nachhaltige Alternative
zu herkömmlichen Chemikalien indem es die Frassschäden
an betroffenen Pflanzen begrenzt und Schädlingspopulatio-
nen nachhaltig reduziert. Mit seinem sehr spezifischen Wirts-
spektrum, das sich nur auf Chrysodeixis includens beschränkt,
ist Loopovir absolut unbedenklich für Nützlinge und kann
sowohl in integrierten Schädlingsbekämpfungsprogrammen,
als auch in Bio-Programmen eingesetzt werden.
Loopovir wird von Sylvar Technologies Inc., einer hunder-
prozentigen Tochtergesellschaft von Andermatt Biocontrol, in
Kanada hergestellt.
Spätes Larvenstadium des Sojabohnen-spanners auf Soja. Normalerweise ernähren sich Larven zuerst von Blättern, bevor sie Früchte oder Hülsen angreifen.
Feldversuchsergebnisse von Loopovir gegen den Sojabohnenspanner auf Soja
Neun Tage nach der ersten Behandlung ist eine deutliche Reduktion der Larven sichtbar, sechs Tage nach der zweiten Behandlung (15 Tage nach der ersten Behandlung) werden Wirkungsgrade bis 85 Prozent erzielt.
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Unbehandelte Kontrolle
Wirkungsgrad59% 81%
a
a
cdcd
dd
Wirkungsgrad65% 85%
Loopovir (90 ml/ha) Loopovir (220 ml/ha)
Stefan Richard Sylvar Technologies Inc.
■ Anzahl Larven (9 Tage nach der ersten Behandlung)■ Anzahl Larven (6 Tage nach der zweiten Behandlung)
Madex Top ist ein flexibles Werkzeug, das in jedes Anbausystem zur Kontrolle
von Apfelwicklern integriert werden kann
Das Überwachen von Schädlingen und Interventionsschwellen-werten ist der Schlüssel zum erfolgreichen Schädlingsmanagement
Das Portfolio von Andermatt UK umfasst auch biologische
Düngemittel, Saatgut, Nematoden und eine Reihe von Pro-
dukten, die sich entweder bereits im Zulassungsverfahren
befinden oder demnächst eingereicht werden. Ergänzend zu
den Pflanzenschutzprodukten verfügt Andermatt UK über ein
umfangreiches Sortiment an Instrumenten zur Schädlings-
überwachung. Ein sorgfältiges Monitoring und das Verständ-
nis für Behandlungsschwellenwerte sind wichtige Schlüssel
zur Leistungssteigerung biologischer Bekämpfungsmetho-
den. Das Andermatt-UK- Portfolio untetstützt die Landwirte
dabei, zu erkennen, wann ein Schädling vorhanden ist, wann
Massnahmen ergriffen werden müssen und bietet bei Bedarf
flexible Behandlungsmöglichkeiten, um diese Schädlinge
gezielt zu bekämpfen.
Der Einsatz biologischer Pflanzenschutzmittel im britischen
Gemüseanbau nimmt immer mehr zu. Trotz der Unsicher-
heiten in der Landwirtschaft in Bezug auf den «Brexit» wird
in Grossbritannien vermehrt auf den Einsatz biologischer
Lösungen gesetzt, einerseits in IP-Strategien, andererseits im
traditionellen Bioanbau. Um diese wachsende Nachfrage nach
biologischen Produkten zu bedienen, bietet Andermatt UK ein
Portfolio von In-house- und Drittanbieter-Technologien an.
Bereits im ersten erfolgreichen Handelsjahr konnte
Andermatt UK die Stärke seiner Entwicklungspipeline unter
Beweis stellen. Mit Delfin WG und Madex Top kamen zwei
neue Produkte auf den britischen Markt. Beide Produkte bie-
ten dem Landwirt flexible Werkzeuge, die er in jedes Anbau-
system integrieren kann. Delfin WG enthält Bacillus thuring-
iensis var. kurstaki zur Bekämpfung eines breiten Spektrums
von Lepidopterenschädlingen und ist auf diversen Kulturen
registriert. Madex Top ist ein Cydia pomonella Granulovirus-
Produkt der neusten Generation von Andermatt Biocontrol
und wird gegen Apfelwickler auf Kernobst eingesetzt. Mit
beiden Produkten bietet Andermatt UK wichtige Lösun-
gen für die Kernobstindustrie und ergänzt damit Capex, das
bereits registrierte Produkt gegen Schalenwickler auf Äpfeln
und Kirschen.
20 21Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt USA
Stehen der Pflanze alle Formen von Phosphor
zur Verfügung?
Nein, nur anorganische Phosphorformen sind pflanzenver-
fügbar. Das anorganische Phosphor ist in Böden meist als
unlöslicher Mineralkomplex zu finden. Die organische Subs-
tanz fängt Phosphor ein und reduziert damit die Verfügbar-
keit für Nutzpflanzen. Der Nährstoff hat daher nur einen Wir-
kungsgrad von 10 bis 20 Prozent der ausgebrachten Menge
organischer oder synthetischer Phosphor-Dünger.
Welche Lösungen zur Verbesserung der Phosphorverfüg-
barkeit kann Andermatt do Brasil bieten?
In den letzten drei Jahren haben wir zusammen mit ABiTEP
Phosbac 45 entwickelt: Ein Phosphat mobilisierender Inoku-
lant auf Basis von Bacillus amyloquefaciens, Stamm FZB45.
Wiederholte Versuche mit Kartoffeln und Tomaten haben
bewiesen, dass Phosbac 45 die Wirksamkeit von Mineraldün-
gern verbessert und den gebundenen Phosphor freisetzt.
Konnte die Phosphor-Mobilisierung im Feld gezeigt werden?
Bodenanalysen haben gezeigt, dass sich die Menge an ver-
fügbarem Phosphor nach der Anwendung von Phosbac 45 fast
verdoppelt hat. Darüber hinaus haben Versuche ergeben, dass
durch die kombinierte Anwendung von 200 bis 400 Milliliter
Phosbac 45 pro Hektare mit der halben empfohlenen Dosis
von mineralischem Phosphor-Dünger die gleichen Erträge
erzielt werden können wie mit der vollen Aufwandmenge des
mineralischen Phosphor-Düngers allein.
Welche Relevanz hat Phosbac 45 für die brasilianischen
Landwirte?
Es ist das erste kommerziell erhältliche Produkt dieser Art in
Brasilien. Wir sind stolz darauf, brasilianischen Landwirten
ein neues und wertvolles Instrument in die Hand zu geben,
um mineralischen Phosphor-Dünger einzusparen, Kosten zu
senken und zu einer nachhaltigeren Land-
wirtschaft beizutragen.
Andermatt USA schafft starke GrundlagenAndermatt USA konzentriert sich auf den Aufbau starker Fundamente durch ein robustes Portfolio, überlegene Produktqualität und operative Exzellenz.
Andermatt USA entwickelt ein robustes und diversifiziertes
Portfolio von Bioinsektiziden, Biofungiziden und Biostimu-
lantien für eine Vielzahl von US-Märkten. Die globale Exper-
tise von Andermatt Biocontrol, vor allem in Bezug auf Bacu-
loviren, stellt dabei ein wichtiger Grundstein dar, um sowohl
biologischen, als auch konventionellen Produzenten Lösun-
gen anzubieten.
Für Andermatt USA hat es höchste Priorität, dass Kunden
die qualitativ hochwertigsten biologischen Produkte auf dem
Markt erhalten. Die Andermatt USA liegt strategisch güns-
tig im Süden New Jerseys zwischen New York und Washing-
ton D. C. Die Firma liegt in der Nähe des grössten Hafens der
Ostküste und bietet den operativen und logistischen Rahmen
für die Bedienung der landesweiten Märkte.
Einführung von Helicovex in den USA
Als erstes registriertes Produkt wurde Helicovex (Helicoverpa
armigera NPV) erfolgreich in mehreren neuen Märkten zur
Bekämpfung von Helicoverpa zea (Baumwoll-Kapseleule) ein-
geführt. Die geographische Diversität der USA und das aus-
geprägte migratorischen Verhalten des Schädlings erfordern
regional angepasste Bekämpfungsstrategien. Im Südosten
der USA können bis zu sieben oder mehr Generationen der
Baumwoll-Kapseleule pro Jahr vorkommen. Je nördlicher der
Schädling wandert, desto geringer ist die Anzahl der Generati-
onen, wobei im Nordosten meist zwei Generationen auftreten.
Andermatt USA arbeitet eng mit Universitäten und priva-
ten Forschungsanstalten zusammen, um den Kunden lokal
angepasste Anwendungsempfehlungen, sowohl im konven-
tionellen als auch im biologischen Anbau, bieten zu können.
Baculoviren haben das Potenzial, sich horizontal innerhalb
eines Feldes und vertikal über mehrere Generationen hinweg
zu verbreiten. Durch die einzigartige Wirkungsweise und
die unterschiedlichen Übertragungswege bietet Helicovex
wesentliche Vorteile in IP-Programmen. Andermatt USA ist
weiterhin bestrebt, mit lokalen Spezialisten zusammenzu-
arbeiten, um sowohl für konventionelle, als auch für biolo-
gische Betriebe die besten Anwendungsempfehlungen zu
entwickeln.
Russell Blair Andermatt USA
Andermatt do Brasil bringt mit Phosbac 45 den ersten kommerziellen Inokulant für Phosphatmobilisierung auf den brasilianischen MarktPhosphor ist eine endliche Ressource. Die weltweiten Bestände an hochwertigem Roh-phosphaten werden in etwa hundert Jahren erschöpft sein. Markus Ritter, CEO von Andermatt do Brasil, erklärt, wie Phosbac 45 einerseits helfen kann Erträge zu steigern und Kosten zu senken und andererseits zu einer nachhaltigen Landwirtschaft beiträgt.
Markus Ritter Andermatt do Brasil
Gisela Brand: Markus, was ist die Bedeutung von Phos-
phor in der Landwirtschaft?
Markus Ritter: Phosphor ist der zweitwichtigste Pflanzen-
nährstoff nach Stickstoff und ist für die Entwicklung aller
Organismen unentbehrlich. Er kann als ein limitierender
Faktor für Pflanzenwachstum und die Entwicklung von Öko-
systemen im Allgemeinen angesehen werden. Phosphor ist in
Böden sowohl in organischen als auch in anorganischen Ver-
bindungen zu finden.
In Feldversuchen führte die zusätz-liche Anwendung von 200 ml/ha Phosbac 45 zu einem um 4000 kg höheren Ertrag pro Hektar als bei
der Anwendung von P2O5 allein
Kontrolle(400 kg P2O5-Dünger)
Phosbac 45(400 kg P2O5-Dünger
+ 200 ml/ha Phosbac 45)
Die Larve des Baumwollkapsel-bohrers (Helicoverpa zea) auf Süssmais ist ein wichtiger Schädling, der durch Helicovex kontrolliert wird
22 23Andermatt Biocontrol Journal 2019 Andermatt Biocontrol Journal 2019
Andermatt do Brasil
11 | 2018 DE