Post on 07-Jan-2016
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Angst, Essstörungen und Sucht im Kindes- und Jugendalter
Pädagogische Hochschule Vorarlberg
Dr. Christine De Col
Angststörungen
Definition
Ängste des Kindes- und Jugendalters gelten dann als klinisch relevant, wenn:
1. sie nicht altersgemäß, unrealistisch und übertrieben sind;
2. über mindestens 4 Wochen (bzw. bei generalisierten Angststörungen über 6 Monate) anhalten;
3. Zu einer deutlichen Beeinträchtigung führen.
Angststörungen
Klassifikation für Kinder und Jugendliche nach ICD 10:
1. emotionale Störung mit Trennungsangst2. phobische Störung3. Störung mit sozialer Ängstlichkeit4. Generalisierte Angststörung
Angststörungen
Klassifikation für Erwachsene nach ICD 101. phobische Störungen
Agoraphobiesoziale Phobiespezifische Phobie
2. sonstige AngststörungenPanikstörunggeneralisierte AngststörungAngst und depressive Störung gemischtsonstige gemischte Angststörungen
Angststörung
Epidemiologiehäufigste Störung im Kindes- und JugendalterLebenszeitprävalenz 10,4%„Stille Störung“ --> kaum BehandlungsangeboteMedian des Auftretens im 11 Lj.häufige Entwicklung von Komorbidität
Angststörungen
Ätiologie
1. Elterliche Psychopathologie2. Temperament des Kindes3. biologische Risikofaktoren
Angststörungen
Phobien
Unangemessene, anhaltende und starke Angstreaktion gegenüber bestimmten Objekten, Situationen oder Tieren, von denen keine reale Gefahr ausgeht
Angststörungen
Generalisierte Angststörung bei KindernÜbermäßig starke oder unbegründete und nicht kontrollierbare Sorge über verschiedene Situationen und Lebensbereiche: Sorgen über Kleinigkeiten wie Unpünktlichkeit, Sorge darüber, sich nicht richtig verhalten zu haben, gut genug in der Schule oder im Sport zu sein oder genug Freunde zu haben.
Angststörungen
Emotionale Störung mit TrennungsangstÜbermäßige oder unrealistische Angst in Erwartung der oder unmittelbar bei einer Trennung von den Eltern oder anderen engen Bezugspersonen.Beginn: vor dem 6. Lj.
Angststörungen
Störung mit sozialer ÄngstlichkeitAnhaltende Angst in sozialen Situationen mit fremden Erwachsenen oder Gleichaltrigen.Große Befangenheit, Verlegenheit oder auch übertriebene Sorge über die Angemessenheit des eigenen Verhaltens gegenüber fremden Personen.
Angststörungen
Pankikattacken (episodisch paroxysmale Angst)
plötzlich auftretende Angstzustände die sich nicht auf bestimmte Situationen oder Umstände beschränken.
Angststörungen
Panikattacken: körperliche SymptomeHerzklopfenSchweißausbrücheAtemnotSchwindelBrustschmerzenEntfremdungsgefühleAngst zu sterben, die Kontrolle zu verlieren oder wahnsinnig zu werden
Angststörungen
Generalisierte Angststörungen beim Erwachsenengeneralisierte und anhaltende Angst, die nicht auf bestimmte Situationen beschränkt ist.Körperliche Phänomene:chronische NervositätZittern oder MuskelverspannungenBenommenheitSchwindel etc.
Angststörungen
Behandlung
Verhaltenstherapeutische Behandlungmit und ohne Elterntraining
Psychodynamische Therapie
Pharmakologische Behandlung
Angststörungen
Verhaltenstherapeutische Techniken
PsychoedukationSoziales KompetenztrainingEntspannungstechnikenReizkonfrontationsverfahrenKognitive Interventionen
Angststörungen
Psychodynamische Überlegungen
Angst im Sinne von „Signalangst“Phobien als Verschiebung der angstmachenden Situation („Der kleine Hans“)Vermeidungsverhalten und Kontrolle
Essstörungen
Definition
Zu den Essstörungen zählen zwei Syndrome: Anorexia nervosa und Bulimia nervosa
Essstörungen
Anorexia nervosa
Die Erkrankung ist durch absichtlich selbst herbeigeführten bzw. aufrechterhaltenen Gewichtsverlust charakterisiert.Daraus resultiert eine Unterernährung unterschiedlichen Schweregrades, die zu endokrinen und metabolischen Veränderungen führt.
Essstörungen
Bulimia nervosaDie Erkrankung ist durch wiederholte Anfälle von Heißhunger und eine übertriebene Beschäftigung mit der Kontrolle des Körpergewichts charakterisiert.Dies veranlasst die Patienten, mit extremen Maßnahmen den dickmachenden Effekt der zugeführten Nahrung zu mildern.
Essstörungen
KlassifikationAnorexia nervosaBulimia nervosaatypische Essstörungen
(Binge-Eating-Störung)
Essstörungen
EpidemiologieAnorexia nervosa: 0,3-1 %Bulimia nervosa: 1-4 %Atypische Essstörungen: 10-15 %
weibliches GeschlechtAdoleszenz und frühes ErwachsenenalterAltersgipfel zwischen 15. und 19. Lj.westliche Kultur
Essstörungen
Ätiologiemultifaktorielle Genese:
genetische Faktorensoziokulturelle Faktorenfamiliäre Ursachen
Essstörungen
Symptomatik der Anorexia nervosa
Einschränkung der Nahrungszufuhrgravierender Gewichtsverlust (BMI <17,5)körperliche Hyperaktivitätständige Beschäftigung mit Gewicht, Kalorien und Figur
Essstörungen
Körperliche Veränderungen bei ANTrockene schuppige EpiermisLanugobehaarungAkrozyanose, Cutis marmorataHaarausfallBlutbildveränderungenVeränderungen im LipidstoffwechselErniedrigung von Gesamteiweiß und Albumin
EssstörungenKörperliche Veränderungen bei AN
Erhöhung von Tansaminasen, Amylase…Hormonstörungen (Hypophysen-NNR-Achse, Schilddrüsen-Achse, Gonaden-Achse)Minderwuchs, späte PubertätsentwicklungCT-Verändrungen: Pseudoathrophia cerebriEKG-Veränderungen: Bradykardie, Hypotonie
Essstörungen
Symptomatik der Bulimia nervosa
Ähnliche Fixierung auf Figur und Gewicht wie bei Anorexia, aber Heißhungerattacken mit nachfolgenden gewichtsreduzierenden Maßnahmen (z. B. Erbrechen, Laxantienabusus, exzessiver Sport,…).
Komorbide depressive, Angst- und Zwangssymptome.
Essstörungen
Körperliche Veränderungen bei BNHaarausfallSpeicheldrüsenschwellungAusgeprägte KariesSchwielen an den FingernBlutbildveränderungenHormonstörungenÖsophagitis
Essstörungen
Körperliche Veränderungen durch Laxantienabusus bei BN
MalabsorbtionssyndromOsteoporoseschwere ObstipationOsteomalazie
Essstörungen
Binge-Eating-Störung (nur im DSM IV)Heißhungerattacken und Essanfälle ohne anschließende gewichtsreduzierende Maßnahmen.
Zumeist mit Gewichtszunahme bzw. Adipositas vergesellschaftet.
Essstörungen
BehandlungKontrolle der Nahrungszufuhrkörperliche Stabilisierung (auch Zwangsernährung über Sonde)
Medikamentöse Therapie
Psychotherapie
Essstörungen
Indikation für stationäre Behandlung bei ANkritisches Untergewichtsomatische KomplikationenSuizidgefahrKomorbidität mit anderen psychischen Erkrankungensoziale IsolationUnveränderbare familiäre Interaktionenscheitern ambulanter Therapien
Essstörungen
Indikation für stationäre Behandlung bei BNsomatische Komplikationenhäufige HeißhungerattackenStörungen der ImpulskontrolleSelbstverletzungenDrogen- oder Alkoholmissbrauch
Essstörungen
Adipositas
Definition:Übergewicht liegt vor, wenn das körperhöhenbezogene Gewicht ein definiertes Maß (z.B. BMI) übersteigt.Adipositas bezeichnet man einen überdurchschnittlich hohen Anteil der Fettmasse am Körpergewicht
Essstörungen
Adipositas
Untergewicht <18,5 BMINormalgewicht 18,5 bis 24,9 BMIÜbergewicht >25 BMI
Präadipositas 25-29,9 BMIAdipositas Grad I 30-34,9 BMIAdipositas Grad II 35-39,9 BMIAdipositas Grad III >40 BMI
Essstörungen
Epidemiologie der Adipositasin den Industrieländern Adipositas in den letzten 30 Jahren um 400% bei Kindern und Jugendlichen angestiegen.17% der Männer und 20% der Frauen leiden unter Adipositas.Mittel- und Oberschicht in den Schwellenländern betroffen;niedere soziale Schicht und Bildungsgrad der Mutter in den Industrienationen bedeutsam;erhöhter Fernsehkonsum und Bewegungsmangel
Essstörungen
Ätiologie der Adipositas
genetische FaktorenErnährungsgewohnheitenBewegungsgewohnheiten
Essstörungen
Ätiologie der Adipositasgenetische FaktorenÜbergewichtige Frauen bekommen mehr Kinder (???)Stigmatisierung führt zu Partnerschaften zwischen Übergewichtigen
Essstörungen
Ätiologie der AdipositasErnährungsgewohnheiten:Veränderung des NahrungsangebotesVeränderung von Werbung, PreisgestaltungZunahme der Berufstätigkeit von FrauenZunahme der PortionsgrößenZunahme der ZwischenmahlzeitenAbnahme des Konsums von Obst und Milchpordukten
Essstörungen
Behandlung der AdipositasLangfristige GewichtsreduktionVerbesserung der Adipositas-assoziierten KomorbiditätVerbesserung des Essverhaltens und des BewegungsverhaltensVermeidung von unerwünschten Therapieeffekten (Essstörungen)
Essstörungen
Pharmakologische Behandlung1. Medikamente die die Nahrungszufuhr hemmen.2. Medikamente die die Nährstoffabsorption hemmen.3. Medikamente die den Energieverbrauch steigern.
Kein Medikament bei Kindern und Jugendlichen zugelassen!!!
Suchterkrankungen
DefintionSchädlicher Gebrauch
Die Diagnose erfordert eine tatsächliche physische oder psychische Schädigung.Der schädliche Konsum wird von anderen kritisiert und führt zu neg. sozialen Folgen.Eine akute Intoxikation ist noch kein schädlicher Gebrauch
Suchterkrankungen
DefinitionAbhängigkeitssyndromstarker Wunsch bzw. innerer Zwang psychotrope oder alkoholhaltige Substanzen zu konsumieren.Kontrollverlust bezüglich Beginn, Menge und Beendigung des Konsums.körperliches EntzugssyndromNachweis einer ToleranzFortschreitende VernachlässigungAnhaltender Substanzkonsums trotz Schädigung
Suchterkrankungen
EpidemiologieKonsum von psychotropen Substanzen bei männlichen Jugendlichen doppelt so hoch wie bei weiblichen.Beginn Tabakkonsum mit 13,5; Alkoholkonsum mit 14 und Cannabiskonsum zwischen 15 und 16 Jahren.Einstiegsalter sinkt!
Suchterkrankungen
Verschiedene SubstanzenTabakAlkoholCannabisInhalanzienAmphetaminePilzeEcstasyHalluzinogeneKokainHeroin
Suchterkrankungen
Ätiologiemultifaktorielle Genese1. Vulnerabilität2. familiäre Verhältnisse3. soziale Faktoren4. körperliche und psychische Gewöhnung an die Substanz5. Erhöhung der Stressoren
Suchterkrankungen
Diagnostik:akute Intoxikationschädlicher GebrauchAbhängigkeitssyndromEntzugssyndromEntzugssyndrom mit DelirPsychotische Störungamnestisches Syndrom
Suchterkrankungen
Behandlung
multimodale Ansätze jedoch schlechte Prognosen bei Abhängigkeitssyndromen.
Pharmakologische Behandlung zur Symptomreduktion nur kurzfristig geeignet.