Art 12 – Instrument zur vorsorgenden Gestaltung der Umgebung eines Seveso-Betriebes...

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Art 12 – Instrument zur vorsorgenden Gestaltung der Umgebung eines

„Seveso-Betriebes“

maria.stangl@stmk.gv.at

Inhalt und Instrumente des Art 12

RO und verwandte Politiken müssen das Ziel der Vermeidung schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen berücksichtigenÜberwachung – der Ansiedlung neuer Betriebe– Der Änderung bestehender Betriebe– Neuer Entwicklungen in der Umgebung bestehender

Betriebe

Art 12 – mögliche Fälle1 Bestehender

BetriebBestehende Nutzung

--

2 Bestehender Betrieb

Neue Nutzung/ Nutzungsänderung

Abstand

2 Neuer Betrieb oder Änderung bei bestehendem

Bestehende Nutzung

Abstand

4 Neuer Betrieb Neue Nutzung Abstand (eher selten)

Inhalt und Instrumente des Art 12 /2

Die Notwendigkeit angemessener Abstände zwischen diesen Betrieben und anderen sensiblen Nutzungen muß langfristig in den RO- und verwandten Politiken berücksichtigt werdenBei bestehenden Betrieben – zusätzliche technische Maßnahmen – um nicht Gefährdung für Bevölkerung zu erhöhenKonsultationsmechanismen zwischen CA und planenden Behörden (Einzelfall oder nach allgemeinen Kriterien)

Was sind „sensible Nutzungen“ nach Art 12“

WohngebieteÖffentlich genutzte Gebäude und GebieteHauptverkehrsrouten, soweit als möglichErholungsgebieteUnter Gesichtspunkt des Naturschutz besonders wervolle bzw empfindliche Gebiete (zB Fauna-Flora-Habitat, Natura 2000 etc)

Bedeutung des Art 12 in der Praxis

Umsetzung in Raumordnungs/BaugesetzenFestlegung von „angemessenen Abständen“ mittels Referenzszenarien (deterministischer Ansatz in Österreich – Empfehlung Bundesländer-Arbeitskreis Seveso)Angemessener Abstand = Konsultationsabstand= Prüfung abhängig von Szenario und beabsichtiger Entwicklung, was innerhalb der „Zone“ möglich ist!!!!!!!Das heißt aber nicht „absoluter Baustopp“ – sowohl für Betrieb als auch für andere Entwicklungen!!!!!!!!!!!

Behördenaufgaben zur ImplementierungArt. 12 - Anforderungen

Maßnahmen wo

Überwachung der Raumordnung

Schaffung gesetzlicher Basis

CZ-Raumordnungs- und Baurecht

Abstände Zonen Flächenwidmung/Raumplanung örtlich/regional

zusätzliche technische Maßnahmen

Schaffung gesetzlicher Basis

?

Konsultationsmechanismen

Schaffung gesetzlicher Basis (wenn nötig)

Art 20 § of Law No 353/1999

fachliche Beratung Einzelfallbetrachtung

Schaffung erforderlichen Sachverstandes

Verwaltung, externe Experten

fachliche Beratung allgemeine Kriterien

Schaffung erforderlicher Richtlinien/Empfehlungen

Verwaltung, externe Experten Anh III Verordnung 8/2000 für EEP und InfoPubli

Referenzszenarien als Mittel zur Festlegung „angemessener Abstände“

In Österreich:Deterministischer Ansatz„Empfehlung des Bundesländer-Arbeitskreises „Seveso“ zur Ermittlung von angemessenen Abständen für die Zwecke der Raumordnung, des Katastrophenschutzes und der Domino-Effekte“

Österreichischer Ansatz und Beispiele

Dipl.-Ing. Ernst SimonAmt der Steiermärkischen Landesregierung

Referenzszenarien

Stoff Szenario Auswirkungen

Flüssiggas BLEVE, UVCE WärmestrahlungDruckwelle

Brennbare fl. Stoffe Brand größter WärmestrahlungAbschnitt

Explosionsgef. Gas/ UVCE; 10 min DruckwelleDampfwolke Austritt

Explosivstoffe Explosion größter Druckwelle

Abschnitt

Toxische Gase 10 min Austritt menschl. Gesundheit

Druckwelle– Richtwerte: 25 mbar, Domino 100 mbar

Wärmestrahlung– Richtwerte: 2 kW/m², Domino 12,5 kW/m²

Toxische Gase– Richtwert: IDLH

Arten der Auswirkungen

Neutrale bis stabile AusbreitungsbedingungenAktive Sicherheitseinrichtungen unberücksichtigtAustrittsdurchmesser maximal DN 250Zündung Gaswolke nach 1 Minute, gesamte GasmengeBrandgase werden nicht berücksichtigt

Randbedingungen

Überdruck

6

10

30

70

170

170

380

Auswirkungen

Orkan Windstärke 12

Standardwert für Fensterbruch

leichte Verletzungen im offenen Gelände

teilweise Zerstörung von Häusern

50% Einsturz von Mauern

1% Trommelfellriss

totale Zerstörung von Häusern

Auswirkungen Druckwelle

Situation: Umfüllen von Flüssiggas aus EKW (48 to) in unterirdischen Lagerbehälter (200 to) über Rohrleitung DN 80

vorhandene passive Sicherheitseinrichtungen: Rückschlagklappe&Rohrbruchventil Behälter, Bodenventil gegen Wegrollen Eisenbahnwaggon

Austritt 2140 kg, gasförmig nach 1 min ca. 850 kg

Überdruck in 50 m: 170 mbar150 m: 53 mbar300 m: 30 mbar

Beispiel Druckwelle

Auswirkung Wärmestrahlung

Wärmestrahlung (kW/m²)

Auswirkungen

1 Max. Sonneneinstrahlung

1,5 keine nachteiligen Auswirkungen

4,5 Blasen auf nackter Haut (20 sec)

8 kurzer Einsatz in gekühlten Anzügen

12,5 Tanks können durch Kühlung gehalten werden

30 Verformung von Stahl nach 30 min.

Beispiel: Wärmestrahlung

Brand in einer Auffangwanne für brennbare Flüssigkeiten nach Austritt aus einem Behälter und Entzündung:

 Stoff: RohölFläche der Auffangwanne: 4250 m²Brandrate: 0,045 kg/m²s

Wärmestrahlung Abstand von Wanne Abstand von Tankmitte(kW/m²) (m) (m)

1,5 190 2402,0 150 2002,5 135 1854,0 105 1556,5 70 120

Auswirkung toxischer Gase

Probleme:viele verschiedene Grenzwerte international in Verwendung (IDLH, VCI, ERPG2+3 ...)in Österreich keine Praxis, keine GrenzwerteVielzahl von Berechnungsmodellen, die mit unterschiedlichen Ansätzen arbeiten

Beispiel SchwefeldioxidFreisetzung von SO2 aus einer Rohrleitung nach vollständigem AbrissStoff: druckverflüssigtes SO2

Druck: 6 bar; Rohrleitungsdurchmesser: 25 mm

Freigesetzte Menge nach 10 min.: 1700 kg

Meteorologie: 25°C, schwachwindig, Stabilitätsklasse C, bebaute Umgebung

IDLH: 100 ppm

Konzentration (ppm) Abstand (m)

1200 200

540 300

326 400

230 500

162 600

98 800

Situation: oberirdischer NH3-Behälter 160 to, Befüllung aus EKW 50 to über Rohrleitung DN 80

vorhandene passive Sicherheitseinrichtungen: Rückschlagklappe&Rohrbruchventil Behälter, Bodenventil gegen Wegrollen Eisenbahnwaggon

Austritt 10 min aus EKW; IDLH 1,3 - 1,6 km

Zusätzliche passive Sicherheitseinrichtungen:

Rohrbruchventile EKW (flüssig, gasförmig)Austritt 10 sec aus EKW + Inhalt Rohrleitung, IDLH 300 - 400 m

Beispiel Ammoniak

Modelle aus anderen Mitgliedsstaaten

Frankreich: 2 Zonen (Szenarien: Todesfälle – irreversibe Effekte)mit NutzungsbeschränkungenZ 1 (Todesfälle) – zulässig:- Änderungen bestehender Bauwerke (Wohn- Bürozwecke) ohne Ausweitung und ohne Widmungsänderung- Ausweitungen von Bauwerken von max 20m² ohne Arbeitsplätze, ohne Schaffung von Wohnraum

Frankreich /2Zone 2 (irreversible Effekte)- dieselben wie in Z 1 und- Bauführungen für Wohnzwecke mit einer Beschränkung der Bebauungsdichte (zB niedriger als 0,08)- Sportplätze ohne Einrichtungen zur Aufnahme von Publikum außerhalb der Zonen – jede Entwicklung

Frankreich /2

Zone 2 (irreversible Effekte)- dieselben wie in Z 1 und- Bauführungen für Wohnzwecke mit einer Beschränkung der Bebauungsdichte (zB niedriger als 0,08)- Sportplätze ohne Einrichtungen zur Aufnahme

von Publikum außerhalb der Zonen – jede Entwicklung

Spanien - CatalunyaMost vulnerable elements- Wohnhäuser mit mehr als 10

Wohneinheiten- Gebäude mit Publikumsverkehr:

SpitälerSeniorenresidenzenStrafvollzugsanstaltenKindergärten, Schulen etcCampingplätzeHotelsSportstätten mit Publikumsverkehr*Einkaufszentren *Restaurants und Vergnügungsbetriebe*

• > 5000 m² Fläche oder Kapazität > 1000 pax

- Anlagen mit hoher strategischer Bedeutung

- Alle Fälle mit ähnlichem Charakter

Vulnerable elements

-- Wohnhäuser mit mehr als 10 Wohneinheiten

- Gebäude mit Publikumsverkehr:Sportstätten mit Publikumsverkehr*Einkaufszentren *Restaurants und Vergnügungsbetriebe*

• > 150 m² Fläche oder Kapazität > 50 pax- Sporteinrichtungen ohne

Publikumsverkehr- Gebäude zur Religionsausübung- Versammlungszentren- Büros anderer Firmen- Autobahnen- Straßen mit > 2000 KFZ/d- Eisenbahnen mit Personenverkehr- Alle Fälle mit ähnlichem Charakter

Zusammenfassung 1

Fragen des Art 12 – insb bei bestehenden Betrieben mit Änderungen im Umfeld sind höchst sensibel, die Lösungen oft sehr schwierigReferenzszenarien, bzw Zonierungen auf deterministischer oder probabilistischer Basis sind eine Entscheidungshilfe für die RaumplanungsbehördenRaumordnung/Planung ist eine politische Entscheidung, die Berücksichtigung der Zonen ist ein Teilaspekt

Zusammenfassung / 2

Innerhalb der festgelegten Zone ist eine allenfalls zulässige Entwicklung zu prüfen:Prüfkriterien: keine Zunahme der Gefährdung von Menschen / sensiblen NaturräumenMögliche Parameter:- Bebauungsdichte- Verkehrsdurchfluß- Sensibilität der Nutzung in bezug auf besondere Schutzwürdigkeit der Nutzer, große Personenansammlungen, wie etwa Schule, Spital, Kindergarten, Supermarkt, Versammlungsstätten, Kirchen etc,- Sensibilität des Naturraumes (Natura 2000, Nationalpark etc)

idR: Einzelfallprüfung notwendig

Europäische Entwicklungen

European Experts‘Group on Land Use PlanningAufgabe: Schaffung von harmonisierten Grundlagen für die Erstellung von Referenzszenarien / Berechnung von „angemessenen Abständen“ + DatenbaseAuftrag dazu in der novellierten Richtlinie