Post on 13-Sep-2019
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Bewertung der Streustrombeeinflussung von kathodisch geschützten Rohrleitungen auf Basis der AfK Empfehlung Nr. 2: Neueste Erkenntnisse
Dr. Markus Büchler
13. Praxistag Korrosionsschutz
Wirkungsweise des KKS
Kriterien nach DIN EN ISO 15589-1: Gelbe Kreise
• Der kathodische Strom erhöht
den pH-Wert an der
Stahloberfläche
• Damit werden die Bedingungen
für Passivität geschaffen
• Dieselben Bedingungen liegen
auch bei Stahl in Beton vor
• Der KKS wirkt folglich über
elektrisches Einbetonieren
• Kurzzeitige anodische
Beeinflussungen sind irrelevant
Konzentrationspolarisation
• Ein kathodischer Strom führt zu einer Erhöhung des pH-Werts
• Nach wenigen Tagen stellt sich ein stationärer Zustand ein
• Dieser besteht aus Produktion von OH-
sowie deren Diffusion und Migration in die Umgebung
Konzentrationspolarisation
kathodisch anodisch
• Bei anodischer Beeinflussung kommt es nicht nur zu Korrosion durch Aktivierungspolarisation
• Die Absenkung des pH-Werts führt zu Korrosion unter Wasserstoffentwicklung
• Wirkungsgrad des Stroms kann daher grösser als 100% sein
Einfluss der Frequenz
• Die Beeinflussung besteht stets aus einer oder mehreren überlagerten Frequenzen (0 bis 60 Hz)
• Die Dauer der anodischen Beeinflussung bestimmt die Entwicklung des pH-Werts
• Je länger die anodische Potenzialexkursion, desto ausgeprägter die pH-Veränderung
• Verstärkte kathodische Polarisation kann längere anodische Beeinflussung kompensieren
Potenzialregistrierung
• Mit Hilfe einer Potenzialregistrierung kann die Beeinflussung erfasst werden
• Die Verschiebung gegenüber dem unbeeinflussten Potenzial zeigt die Polarität der Beeinflussung
• Von einem KKS kann im Idealfall ausgegangen werden, wenn Eref
negativer als -1 VCSE ist
Stromdichteregistrierung
• Analog kann die Beeinflussung auch mit einer Strommessung an Probeblechen erfolgen
• Die anodische und kathodische Ladung ermöglichen Rückschlüsse auf die Gefährdung
• Von einem KKS kann ausgegangen werden, wenn die Ladung im Mittel kathodisch ist
Relevante Einflussgrösse
• Das Verhältnis zwischen anodischer und kathodischer Ladung ist entscheidend:
Q ≤ (Qc-Qa)/Qa
• Welcher Wert von Q ist für einen wirksamen Schutz einzuhalten?
• Die AfK Empfehlung Nr. 2 macht für Bahnbeeinflussung folgende Vorgaben:
Eon,avg ≤ Eref –ΔEa,avg
Umsetzung der AfK 2
• Bei einem mittleren Eon,avg von Eref muss mit Korrosion gerechnet werden
• Daher muss Eon,avg um ΔEa,avg
kathodisch verschoben werden
• Es gibt zwei Möglichkeiten:
– Das Schutzstromgerät negativer einstellen
– Die kathodische Beeinflussung durch eine Drainage erhöhen
• Die AfK 2 verlangt, dass die kathodische Beeinflussung den doppelten Wert der anodischen Beeinflussung hat:
1 ≤ (Qc-Qa)/Qa
t [s]
E [
VCSE]
Eref
Eon,avg ≤ Eref –ΔEa,avg
Die AfK 2 gilt für Bahnbeeinflussung. Wie ist die Abhängigkeit von ta und Q?
Abhängigkeit von Q und ta
Q = ta*0.004
50 u
nd 1
6.7
Hz
Tra
ms
Bahnen
Tellurik
KKS
ta→0; Q →0 < (Eref – Eon,avg)/ΔEa,avg bestätigt im DVGW Feldversuch
Der Ansatz der AfK 2 gilt nachweislich über das ganze Frequenzspektrum
Schlussfolgerung
• Basierend auf den Vorgaben der AfK Empfehlung Nr. 2 ist es möglich, die anodische Streustrombeeinflussung über das gesamte Frequenzspektrum zu beschreiben
• Dabei ist mit dem messtechnisch validierten Ansatz folgende Bedingung einzuhalten:
ta*0.004s-1 ≤ (Eref – Eon,avg)/ΔEa,avg
• Die Gleichung ist nachweislich gültig für ta →0
• Sie gilt aber auch für konstante anodische Beeinflussung (ta=unendlich)
Konsequenzen für die Anwendung
• Das Beiblatt zur AfK Empfehlung Nr. 11 sowie die AfK Empfehlung Nr. 2 ermöglichen nun einen neuen Ansatz für die Bewertung des KKS
• Dieser ist unabhängig von der Beeinflussungssituation und kann auch an komplexen Strukturen angewendet werden
• Er basiert auf 24-Stunden Mittelwerten des Einschaltpotenzials und der Wechselspannung
Vorgehensweise: Wirksamer KKS
• Rohrleitung mit 3LPE Umhüllung
• Bodenwiderstand zwischen 30 und 100 Ωm
• Es ergibt sich ein Eref von -1.05 VCSE
• Basierend auf AfK 2 kann die Bewertung basierend auf dem Eon erfolgen
Vorgehensweise: DC Beeinflussung
• ΔEa,avg beträgt 0.45 V
• Damit muss sichergestellt sein, dass Eon,avg negativer als -1.5 VCSE ist
• Basierend auf AfK 2 ist somit ein wirksamer KKS gegeben
Vorgehensweise: AC Beeinflussung
• Das Beiblatt zur AfK 11 macht Vorgaben in Bezugauf die zulässigeWechselspannung in Bödenmit 30 Ωm
• Dies erfordert die Verringerung der mittleren Wechselspannung unter5 V
• Wenn dies nicht erreicht werden kann, muss die Streustrombeeinflussung verringert werden
Konsequenzen
• Die AfK 2 und das Beiblatt zur AfK 11 ermöglichen eine Bewertung des KKS von beeinflussten Leitungen
• Es ist möglich, einen optimalen Korrosionsschutz basierend auf einfachen und objektiven Messungen einzustellen
• Die Planung von Schutzmassnahmen und die Kontrolle von deren Wirksamkeit ist einfach
• Deren Aufrechterhaltung kann effizient mit Fernwirktechnik nachgewiesen werden
• Damit ist ein Wirkungsnachweis von kathodisch geschützten Rohrleitungen einfach und objektiv möglich
• Es bleiben aber einige Fragen
Warum gibt es nun bald zwei Normen für AC Korrosion?
• Die DIN EN ISO 18086 (und die AfK 11) beschreiben Grenzwerte in Bezug auf Wechselstromkorrosion
• Die ISO/DIS 21857 beschreibt Grenzwerte in Bezug auf Gleich- und Wechselströme basierend auf den Vorgaben der AfK 2
• Diese Anforderungen sind sehr unterschiedlich:
• EN ISO 18086/AfK 11: – Jac <30 A/m2 oder
– Jdc <1 A/m2
• ISO/DIS 21857/AfK 2:
– 1< (Qc-Qa)/Qa) = (Eref – Eon,avg)/ΔEa,avg
Vorgaben in Bezug auf den maximal zulässigen KKS
Vorgaben in Bezug auf den minimal erforderlichen KKS
Überschutz vs. Unterschutz bei AC Beeinflussung
Korrosion
Schutz
Korr
osio
n
Schutz
Korrosion
• Die ISO 18086 behandelt den Überschutz in Bezug auf kathodische Beeinflussung
• Die ISO/DIS 21857 behandelt den Unterschutz bei anodischer Beeinflussung
• Die Kombination der beiden Betrachtungen sichert den optimalen KKS
AfK 11
AfK
2
AfK 11
AfK
2
Warum ist Überschutz nur bei AC Beeinflussung ein Problem?
• Wechselstromkorrosion erfolgt durch wiederholte Bildung und Auflösung des Passivfilms
• Bei einer Dicke des Passivfilms von einer Atomlage sind bei 50 Hz Korrosionsgeschwindigkeiten von 70 mm/Jahr zu erreichen
• Bei Trambeeinflussung beträgt die Korrosionsgeschwindigkeit aufgrund der geringeren Frequenz bei Einhaltung der AfK 2 nur 0.011 mm/Jahr
Der Effekt tritt auch bei DC auf, ist aber technisch vernachlässigbar
Daher macht die AfK 2 keine Vorgaben in Bezug auf Überschutz
Warum berücksichtigt die AfK 2 das IR-freie Potenzial nicht?
• Die AfK Empfehlung Nr. 2 macht keine Vorgaben in Bezug auf das IR-
freie Potenzial bei anodischer Streustrombeeinflussung
• Dies hat einerseits damit zu tun, dass dieses bei Streustrom-
beeinflussung gemäss DIN EN 13509 am Rohr gar nicht gemessen
werden kann
• Das IR-freie Potenzial stellt eine pH-Wert Messung dar, sofern dessen
Wert durch die Wasserstoffelektrode kontrolliert ist
• Wenn zusätzlich anodische Streuströme überlagert sind, wird das IR-
freie Potenzial beeinflusst und somit zu einer irrelevanten Zahl
• Dies ist vergleichbar mit einer Raumtemperaturmessung mit dem
Thermometer auf dem Radiator
• Es ist somit technisch korrekt, dass die AfK 2 das IR-freie Potenzial
unter Streustrombeeinflussung nicht berücksichtigt