Post on 27-Oct-2019
Aus dem Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der
Tierärztlichen Hochschule Hannover
Charakterisierung zweier Rattenmutanten mit spontanem Drehverhalten
These
zur Erlangung des Grades eines
PHILOSOPHICAL DOCTOR
-Ph.D.-
im Fachgebiet Pharmakologie
durch die Tierärztliche Hochschule Hannover
vorgelegt von Alina Lessenich aus Westerholt
Hannover 2002
Supervisor: Prof. Dr. W. Löscher Betreuungsgruppe: Univ.-Prof. Dr. W. Löscher Univ.-Prof. Dr. H.-J. Hedrich Univ.-Prof. Dr. E. Zimmermann 1.Gutachten: Prof. Dr. W. Löscher, Institut für Pharmakologie,
Toxikologie und Pharmazie, Tierärztliche Hochschule Hannover
Prof. Dr. H.-J. Hedrich, Institut für Versuchstierkunde und
Zentrales Tierlaboratorium, Medizinische Hochschule Hannover
Prof. Dr. E. Zimmermann, Institut für Zoologie,
Tierärztliche Hochschule Hannover 2. Gutachten: Univ.-Prof. Dr. C. Grothe Datum der mündlichen Prüfung: 03.06.2002 Gefördert durch eine Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft und ein Promotionsstipendium der H. Wilhelm Schaumann Stiftung
Teile der These wurden bereits in folgenden Originalarbeiten veröffentlicht: LESSENICH, A., LINDEMANN, S., RICHTER, A., HEDRICH, H.-J., WEDEKIND, D., KAISER, A., LÖSCHER, W. (2001) A novel black-hooded mutant rat (ci3) with spontaneous circling behavior but normal auditory and vestibular functions. Neuroscience 107, 615 – 628 LINDEMANN, S., LESSENICH, A., EBERT, U., LÖSCHER, W. (2001) Spontaneous paroxysmal circling behavior in the ci2 rat mutant: epilepsy with rotational seizures or hyperkinetic movement disorder ? Exp. Neurol. 172, 437 – 445
Für meine Eltern in Liebe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung 13
2. Literaturübersicht 16
2.1. Cerebrale Lateralität bei Mensch und Tier 16
2.1.1. Physiologie 16
2.1.2. Pathologie 18
2.2. Zentrale Regulation der Motorik 20
2.3. Die Basalganglien 21
2.3.1. Anatomie 21
2.3.2. Physiologie 22
2.3.3. Bewegungsstörungen mit Ursprung in den Basalganglien 24
2.4. Dopamin (DA) 27
2.4.1. Anatomie 27
2.4.2. Physiologie 28
2.4.3. Metabolismus 29
2.4.4. Pharmakologie 31
2.4.5. Besondere Neuroanatomie der dopaminergen 33
SNC und ihre Bedeutung für die Motorik
2.5. Cochleäres und vestibuläres System 34
2.5.1. Cochleäres System 34
2.5.1.1. Anatomie und Physiologie 34
2.5.1.2. Pathologie 35
2.5.2. Vestibuläres System 38
2.5.2.1. Anatomie und Physiologie 38
2.5.2.2. Pathologie 39
2.6. Lateralität und Bewegungsstörungen bei normalen Tieren 40
2.7. Lateralität und Bewegungsstörungen bei Stimulation und 43
Läsion von Hirnregionen
2.7.1. Zentrale Bereiche 43
2.7.2. Innenohr 47
2.8. Lateralität und Bewegungsstörungen bei murinen Mutanten 49
2.8.1. Mausmutanten 49
2.8.2. Rattenmutanten 51
2.9. Die ci2- und ci3-Mutante 53
2.9.1. Die LEW/Ztm-ci2-Rattenmutante 53
2.9.2. Die BH.7A/Ztm-ci3-Rattenmutante 58
2.10. Aufgabenstellung 59
3. Material und Methoden 60
3. Versuchstiere 60
3.1.1. Herkunft 60
3.1.2. Haltung und Fütterung 61
3.1.3. Narkose 61
3.1.4. Generierung von Ratten mit einem Innenohrschaden 62
durch Streptomycin
3.2. Verhaltensbeobachtungen 62
3.2.1. Charakterisierung des Rotationsverhaltens 62
3.2.2. Beurteilung weiterer motorischer Anomalien 64
3.2.3. Untersuchungen zur Funktion des vestibulären Systems 64
3.2.3.1. Schwimmtest 64
3.2.3.2. „Air-Righting Test“ 65
3.2.3.3. “Tail-Hanging Test” 66
3.2.4. Pharmakologische Untersuchungen 66
3.2.4.1. Verwendete Substanzen und Dosierungen 66
3.2.4.2. Beurteilung der Wirkungen 67
3.3. EEGs 71
3.3.1. Elektrodenimplantation 71
3.3.2. EEG-Ableitung 73
3.4. Neuropathologische Untersuchungen 73
3.4.1. Perfusion für neuropathologische Untersuchungen 73
3.4.2. TH-Immunhistochemie 74
3.4.3. Thioninfärbung 75
3.4.4. Bestimmung der Dichte TH-positiver Neurone 76
in SNC und VTA
3.4.5. Untersuchung der cochleären und vestibulären Nuclei 79
im Hirnstamm
3.4.5.1. Kerngrößen 79
3.4.5.2. Morphologie der Neurone des anteroventralen 81
cochleären Nucleus
3.5. Neurochemische Untersuchungen 82
3.5.1. Gewinnung und Aufarbeitung 82
3.5.2. Analytik der Monoamine 83
3.6. Untersuchungen zur Funktion des auditorischen Systems 86
3.6.1. Auditorisch evozierte Potentiale 86
3.7. Histologische Untersuchung des Innenohres 88
3.8. Statistische Auswertung 88
4. Ergebnisse 90
4.1. Verhaltensbeobachtungen 90
4.1.1. Charakterisierung des Rotationsverhaltens 90
4.1.1.1. Rotationsverhalten der ci2-Mutante 90
4.1.1.2. Rotationsverhalten der ci3-Mutante 93
4.1.1.3. Rotationsverhalten der Streptomycin-behandelten 95
Tiere
4.1.2. Vergleich weiterer motorischer Anomalien zwischen 98
ci2-, ci3-Mutante und Streptomycin-behandelten Ratten
4.1.3. Untersuchungen zur Funktion des vestibulären Systems 100
4.1.3.1. Schwimmtest 100
4.1.3.2. “Air-Righting Test“ 104
4.1.3.3. ”Tail-Hanging Test” 104
4.1.4. Pharmakologische Untersuchungen 105
4.1.4.1. Wirkungen von DA-Rezeptor-Antagonisten 105
bei der ci2-Mutante und der ci3-Mutante
4.1.4.2. D-Amphetamin-Effekte 111
4.1.4.3. MK-801-Wirkungen 115
4.2. EEGs 118
4.3. Neuropathologische Befunde 121
4.3.1. Bestimmung der Dichte TH-positiver Neurone 121
in SNC und VTA
4.3.2. Untersuchung der cochleären und vestibulären Nuclei 127
im Hirnstamm
4.3.2.1. Kerngrößen 127
4.3.2.1.1. ci3-Mutante und BH.7A-Tiere 127
4.3.2.1.2. Streptomycin-behandelte Tiere, 130
ci2/+-Kontrollen und ci2/ci2-Tiere
4.3.2.2. Morphologie der Neurone des anteroventralen 132
cochleären Nucleus
4.3.2.2.1. ci3-Mutante und BH.7A-Tiere 132
4.3.2.2.2. Streptomycin-behandelte Tiere, 133
ci2/+-Kontrollen und ci2/ci2-Tiere
4.4. Neurochemische Untersuchungen 134
4.5. Untersuchungen zur Funktion des auditorischen Systems 136
4.5.1. Auditorisch evozierte Potentiale 136
4.6. Histologische Untersuchung des Innenohres 137
5. Diskussion 138
5.1. Betrachtungen zur Methodik 138
5.1.1. Verhaltensbeobachtungen 138
5.1.1.1. Rotationsverhalten und weitere motorische 138
Anomalien
5.1.1.2. Untersuchungen zur Funktion des vestibulären 139
Systems
5.1.1.3. Pharmakologische Untersuchungen 140
5.1.2. EEGs 141
5.1.3. Neuropathologische Befunde 142
5.1.3.1. TH-Immunhistochemie 142
5.1.3.2. Histologie der cochleären und vestibulären Nuclei 143
5.1.4. Neurochemische Untersuchungen 143
5.1.5. Auditorisch evozierte Potentiale 144
5.1.6. Histologische Untersuchung des Innenohres 144
5.2. Betrachtung der Versuchsergebnisse 145
5.2.1. Verhaltensbeobachtungen 145
5.2.1.1. Rotationsverhalten und weitere motorische 145
Anomalien
5.2.1.2. Pharmakologische Untersuchungen 146
5.2.1.2.1. Wirkungen von DA-Rezeptor-Antagonisten 146
bei der ci2-Mutante und der ci3-Mutante
5.2.1.2.2. D-Amphetamin-Effekte 147
5.2.1.2.3. MK-801-Wirkungen 150
5.2.2. EEGs 150
5.2.3. TH-Immunhistochemie 152
5.2.4. Neurochemische Untersuchungen 153
5.2.5. Untersuchungen zum cochleären und vestibulären 155
System
5.2.5.1. ci3-Mutante und BH.7A-Ratten 155
5.2.5.2. ci2-Mutante und Streptomycin-behandelte Tiere 156
5.3. Vergleichende Übersicht über die ci2-, ci3- und Streptomycin- 162
behandelten Tiere
5.4. Schlussbetrachtungen zur Bedeutung der ci2- und ci3-Mutante 163
5.5. Ausblick 164
6. Zusammenfassung - Summary 166
7. Literatur 171
8. Tabellarischer Anhang
Abkürzungsverzeichnis Abkürzung Bedeutung Abb. Abbildung BH Ratten des “Black-Hooded”-Inzuchtstammes ca. circa cm Centimeter ci2/ci2 homozygote, drehende ci2-Mutante; Gensymbol: ci2 ci2/+ heterozygote, nicht drehende Geschwistertiere der ci2- Mutante ci3/ci3 homozygote, drehende ci3-Mutante; Gensymbol: ci3 DA Dopamin dB Dezibel d.h. das heißt EEG Elektroencephalogramm GABA Gamma-Aminobuttersäure HPLC High Performance (Pressure) Liquid Chromatography Hz Hertz i.p. intraperitoneal kg Kilogramm KGW Körpergewicht l Liter LEW Ratten des Lewis-Inzuchtstammes M molar mg Milligramm µm Mikrometer µl Mikroliter Min. Minute ml Milliliter µm Mikrometer mm Millimeter ms Millisekunde pg Picogramm s. siehe s.c. subcutan Sek. Sekunde SEM Standardfehler SNC Substantia nigra pars compacta SNL Substantia nigra pars lateralis sog. sogenannt Std. Stunde Tab. Tabelle TH Tyrosinhydroxylase VTA ventrale tegmentale Region z.B. zum Beispiel Ztm Zentrales Tierlabor der Medizinischen Hochschule Hannover
13
1. Einleitung
Als Rotationsverhalten, synonym auch Drehverhalten oder Circling, bezeichnet man
eine aktive, stereotype Bewegung um die eigene Körperachse (PYCOCK, 1980). Die
Drehungen können hierbei als enge Rotationen oder als Rotationen auf weiten
Kreisen gezeigt werden (KOSHIKAWA, 1994).
Rotationsverhalten wird bei vielen Spezies beobachtet und weist auf eine laterale
Präferenz für die Ausführung bestimmter Verhaltensfunktionen hin (CARLSON und
GLICK, 1996). In dieser Hinsicht ist Circling der Händigkeit ähnlich, dem bekanntesten
Index für laterale Präferenz beim Menschen. Als Ursache für diese Präferenz wird
eine funktionelle Lateralisierung von Hirnsystemen angesehen, wobei mit
Lateralisierung gemeint ist, dass die beiden Hemisphären in verschiedenem Ausmaß
unterschiedliche Verhaltensaktivitäten kontrollieren (CARLSON und GLICK, 1996).
Beim Menschen kommt Rotationsverhalten in stereotyper Ausprägung nur selten vor.
So zeigen z.B. Patienten mit einer Rotationsepilepsie in einem Anfall enge
Drehungen von mindestens 180° um die eigene Achse (VERCUEIL et al., 1999;
RAMMELLI et al., 1999). Für dieses Verhalten werden asymmetrische Entladungen im
Bereich der Basalganglien verantwortlich gemacht (VERCUEIL et al., 1999).
Des weiteren werden Drehungen bei nicht-medikierten, schizophrenen Patienten
gesehen und hier auf dopaminerge Asymmetrien zurückgeführt (BRACHA, 1987).
Eine weitere Form asymmetrischen Verhaltens kann beim Morbus Parkinson
auftreten. Diese Erkrankung beginnt zunächst unilateral und die Patienten wenden
sich hier spontan der Hirnseite zu, von welcher die niedrigere dopaminerge Aktivität
angenommen wird (BRACHA et al., 1987).
Eine Präferenz für das Hinwenden zu einer bestimmten Seite ist aber auch von
gesunden Testpersonen bekannt und wird einer Lateralisierung im nigro-striatalen
dopaminergen System (das zu den Basalganglien zählt) zugeschrieben (YAZGAN et
al., 1996; MEAD und HAMPSON, 1996).
Eine Lateralisierung von Hirnfunktionen wurde lange Zeit nur für den Menschen
angenommen (LEVY, 1977). Mittlerweile wird sie jedoch als evolutionäres Prinzip
angesehen (CARLSON und GLICK, 1996). Dazu beigetragen haben zahlreiche Studien
über funktionelle und morphologische Hirnasymmetrien verschiedenster Spezies
(Primaten, Nager, Vögel etc.) (LEMAY, 1985; GALABURDA et al., 1985; ARNOLD und
BOTTJER, 1985). Diese Lateralisierungen der Gehirne von Tieren können als Modelle
14
für humane Verhaltensfunktionen verwendet werden, die eine präzisere Bestimmung
der Beziehung zwischen chemischen und morphologischen Asymmetrien und
Verhaltensprozessen ermöglichen (CARLSON und GLICK, 1996).
Als wichtige Manifestierung der funktionellen Lateralisierung wird Rotationsverhalten
angesehen. Bei gesunden Labornagern bestimmter Stämme, wie z.B. bei Sprague-
Dawley Ratten, kann Circling-Verhalten in Form ganzer (360°) Drehungen vor allem
nachts, in der aktiven Phase der Tiere, spontan auftreten (GLICK und COX, 1978). Bei
solchen Tieren kann Rotationsverhalten auch durch die systemische Applikation
pharmakologisch wirksamer Substanzen, wie dem Amphetamin, ausgelöst oder
verstärkt werden (JERUSSI und GLICK, 1974).
Künstlich hervorrufen lässt sich Drehverhalten durch unilaterale elektrische oder
chemische Läsionen in zahlreichen Hirnregionen, wie der Substantia nigra
(UNGERSTEDT und ARBUTHNOTT, 1970), dem Striatum (UNGERSTEDT, 1971) oder dem
frontalen Cortex (GLICK und GREENSTEIN, 1973). Besondere Bedeutung kommt hierbei
Ratten mit unilateralen Läsionen des nigro-striatalen dopaminergen Systems zu, die
zu einem wichtigen Tiermodell für die Erkrankung Morbus Parkinson geworden sind
(KAAKKOLA und TERAVAINEN, 1990).
Ein massiv verstärktes, spontanes Rotationsverhalten findet sich bei zahlreichen
Maus- und Rattenmutanten (z.B.: RATTY et al., 1990; TRUETT et al., 1994; BLOOM und
HULTCRANTZ, 1994; GIBSON et al., 1995; YONEZAWA et al., 1999; PROBST et al., 1998;
ALAGRAMAM et al., 1999; RABBATH et al., 2001).
Es gibt verschiedene Theorien darüber, welche Strukturen hier für das Drehverhalten
entscheidend sind. Zum einen werden die Rotationen auf Schäden des Innenohres
zurückgeführt. Viele der drehenden Nagermutanten sind zusätzlich taub und zeigen
Defekte im vestibulären System, welche als Ursache für das Drehverhalten
angesehen werden (BLOOM und HULTCRANTZ, 1994; GIBSON et al., 1995; YONEZAWA et
al., 1999; PROBST et al., 1998; ALAGRAMAM et al., 1999; RABBATH et al., 2001). Diese
Mutanten haben sich als gutes Taubheitsmodell erwiesen, da in vielen Fällen der für
die Taubheit verantwortliche Gendefekt bei Mensch und Maus homolog ist. Vielfach
wird das Defektgen beim Menschen erst durch eine Identifizierung des mutierten
Genes bei der Maus ausfindig gemacht (WEIL et al., 1997; PROBST et al, 1998). Andere
Gruppen sehen in Asymmetrien im Bereich der Basalganglien, vor allem im nigro-
striatalen dopaminergen System, den Auslöser für Drehverhalten (RATTY et al., 1990).
15
Über eine Untersuchung der Pathophysiologie des Phänomens „Circling“ und über
eine Lokalisierung der Gendefekte erhofft man sich nähere Informationen zur
Physiologie und Pathophysiologie der beteiligten Strukturen.
In unserer Arbeitsgruppe wird seit einiger Zeit mit zwei Rattenmutanten gearbeitet,
der LEW/Ztm-ci2-Mutante und der BH.7A/Ztm-ci3-Mutante, die beide aus dem
Zentralen Tierlabor der Medizinischen Hochschule Hannover (Ztm) stammen. Beide
Mutanten zeigen Bewegungsstörungen, die sich als spontanes Drehverhalten
äußern. Die Rotationen treten zumeist paroxysmal als Salven ganzer (360°)
Rotationen auf.
Die LEW/Ztm-ci2-Mutante zeigt zusätzlich zum Rotationsverhalten weitere
motorische Anomalien (Hyperlokomotion, Opisthotonus und Ataxie) sowie Taubheit
(LÖSCHER et al., 1996; KAISER et al., 2001). Die BH.7A/Ztm-ci3-Mutante zeigt zwar
ebenfalls Drehverhalten und eine leichte Hyperlokomotion, aber keine Anzeichen für
eine vorliegende Taubheit.
Diese beiden Mutanten erlauben eine nähere Untersuchung der Pathophysiologie
des Circling-Phänomens. In den durchgeführten Studien sollte eine
Charakterisierung der Mutanten vorgenommen werden und die Tiere sollten auf ihren
Modellcharakter für die Taubheitsforschung und für Bewegungsstörungen sowie
Hirnasymmetrien hin überprüft werden.
16
2. Literaturübersicht
2.1. Cerebrale Lateralität bei Mensch und Tier
2.1.1. Physiologie
Das menschliche Gehirn ist auf unterschiedlichen Ebenen lateralisiert mit der
Konsequenz einer großen Reihe von links-rechts Asymmetrien von Hirnfunktionen
(KANDEL, 1995).
1861 entdeckte der französische Neurologe Broca, dass Aphasien (zentrale
Sprachstörungen) durch Läsionen der linken cerebralen Hemisphäre ausgelöst
werden (KANDEL, 1995).
1870 fanden der deutsche Physiologe Gustav Fritsch und der Psychiater Eduard
Hitzig, dass Extremitätenbewegungen einer Seite durch Stimulation bestimmter
Cortexbereiche derckontralateralen Seite hervorgerufen werden können. Die rechte
Hand wird von der linken Hemisphäre gesteuert, welche auch die Sprache
kontrolliert, die linke Hand von der rechten. Bei den meisten Menschen (90 %
Rechtshänder) ist die linke Hemisphäre dominant (KANDEL, 1995).
Der Neurochirurg Wilder Penfield stellte bei Patienten mit einer einseitigen
Schädigung des Temporallappens Gedächtnisverluste fest. Patienten mit
linksseitigen Schädigungen im Temporallappen hatten Schwierigkeiten, sich an
Sprachmaterial, wie zum Beispiel eine Liste mit Substantiven, zu erinnern. Patienten
mit rechtsseitigen Schädigungen hingegen behielten zwar ihr normales verbales
Gedächtnis, konnten sich jedoch Muster von sensorischen Informationen schlechter
merken. Die linke Hemisphäre ist also für die Verarbeitung verbaler, die rechte für die
Verarbeitung nicht-verbaler Informationen zuständig (KUPFERMANN, 1995).
Die Unterschiedlichkeit der Hirnhälften lässt sich auch morphologisch
nachvollziehen. So zeigten Geschwind und Levitsky 1968, dass das linke Planum
temporale, eine Region auf der oberen Fläche des Temporallappens, in welcher das
Wernicke-Sprachfeld lokalisiert ist, in 65% der Fälle größer ist als das Planum der
rechten Seite (KUPFERMANN, 1995).
Es gibt heute zahlreiche Beweise dafür, dass die beiden Hemisphären
unterschiedliche kognitive Fähigkeiten vermitteln und unterschiedlich spezialisiert
17
sind (LEVY, 1977; KANDEL, 1995). Solche Asymmetrien zwischen den beiden
Hemisphären kommen aber nicht nur beim Menschen vor (LEMAY, 1985; GALABURDA
et al., 1985; ARNOLD und BOTTJER, 1985). Vor allem bei Labornagern wurden hierzu
ausführliche Untersuchungen durchgeführt. So ergaben sich erste Hinweise auf
funktionelle Asymmetrien im Rattengehirn aus Untersuchungen, die zeigten, dass
systemisch appliziertes Amphetamin bei normalen, gesunden Sprague-Dawley
Ratten zu lateralisiertem Drehverhalten führt (JERUSSI und GLICK, 1974), welches auf
eine intrinsische, bilaterale Imbalanz im Dopamin-Gehalt des nigro-striatalen
Systems zurückgeführt wurde. Weiterführende Untersuchungen zeigten, dass z.B.
normale Sprague-Dawley Ratten, vor allem während ihrer nächtlichen
Aktivitätsphasen, spontan mit Seitenpräferenz drehen (GLICK und COX, 1978) und
dass die Applikation dopaminerger Substanzen (Amphetamin, Apomorphin,
Levodopa), aber auch von Scopolamin oder Morphin, bei normalen Ratten und
Mäusen Rotationsverhalten auslöst (GLICK et al., 1976). Bei diesen Tieren konnte
eine Differenz im Dopamin-Gehalt zwischen rechtem und linkem Striatum von 10 –
15% festgestellt werden, welche sich nach Amphetamin-Applikation auf ca. 25%
verstärkte (GLICK et al., 1976).
Zahlreiche folgende Studien zeigten weitere biochemische Asymmetrien in normalen
Rattengehirnen, darunter für den Noradrenalin-Gehalt in Thalamus und Striatum, für
Gamma-Aminobuttersäure-Gehalte in Substantia nigra, Nucleus accumbens,
Thalamus und Striatum, für Serotonin in Striatum, Nucleus accumbens und
Hippocampus (CARLSON und GLICK, 1992, 1996).
Durch verschiedene Effekte unilateraler Läsionen wurden des weiteren funktionelle
Asymmetrien von Striatum, Cortex und Hippocampus nachgewiesen (CARLSON und
GLICK, 1992). Morphologische Asymmetrien konnten ebenfalls z.B. für den Cortex
und den Hippocampus gezeigt werden (CARLSON und GLICK, 1992).
Geschlechts- und Stammesunterschiede in der Ausprägung dieser Asymmetrien
wiesen auf die Beteiligung von Geschlechtshormonen und genetischen Faktoren bei
der Manifestierung von Imbalanzen hin (CARLSON und GLICK, 1992).
Auch eine Händigkeit wurde bei Ratten durch Funktionstests nachgewiesen
(CARLSON und GLICK, 1992).
18
2.1.2. Pathologie
Die im physiologischen Zustand vorliegende funktionelle Asymmetrie von
Hirnregionen spiegelt sich in der asymmetrischen Ausprägung zahlreicher
Hirnerkrankungen wider. Einige dieser Erkrankungen mit lateralisierter Symptomatik
sollen nachfolgend beschrieben werden.
Der Apoplex („Schlaganfall“, Hirninfarkt), der sowohl ischämische Insulte als auch
Hirnblutungen umfasst, führt in den meisten Fällen zu einer lateralisierten
Symptomatik. Infarkte im linken Territorium der Arteria cerebri media mit
Cortexbeteiligung gehen in der Regel mit motorischen, sensiblen oder
sensomotorischen Hemiparesen (Halbseitenlähmungen) und verschiedenen Typen
und Schweregraden einer Aphasie einher. Ausgedehnte Infarkte in der rechten
Hemisphäre mit Cortexbeteiligung führen in der Initialphase zu einem mehr oder
weniger ausgeprägten Hemineglect nach links (RINGELSTEIN, 1992). Klinisch
manifestiert sich ein Hemineglect z.B. darin, dass die Patienten links liegende Dinge
übersehen, die linke Körper- bzw. Gesichtshälfte nicht waschen oder die linke Hälfte
der Kleider nicht korrekt anziehen. Im Extremfall werden die linken, meist gelähmten
Gliedmaßen nicht bemerkt oder nicht als zum eigenen Körper gehörend akzeptiert
(Alien Hand/Limb-Phänomen) (HARTJE, 1992).
Interessant ist die Annahme, dass psychotische Störungen, wie Schizophrenie oder
bipolare Störungen, Folge von Anomalien der Entwicklung cerebraler Asymmetrie
sind (KLAR, 1999).
Erkrankungen mit lateralisierter Ausprägung, die mit Bewegungsstörungen
einhergehen, entstehen oftmals in den Basalganglien, einer Gruppe subkortikaler
Kerngebiete, die die Bewegung modulieren (s. Kap. 2.3.). Zu den hyperkinetischen
Bewegungsstörungen (Erkrankungen, die sich durch unwillkürliche Bewegungen
auszeichnen, s. Kap. 2.3.3.) mit Ursprung in den Basalganglien zählt der
Hemiballismus. Dieser ist charakterisiert durch heftige und schleudernde
Bewegungen proximal betonter Muskelgruppen (insbesondere Schulter und Hüfte)
einer Körperseite. Diese Basalganglienerkrankung wird mit einer Läsion des Nucleus
subthalamicus oder seiner afferenten oder efferenten Bahnen in Zusammenhang
gebracht (CONRAD, 1996).
19
Eine weitere hyperkinetische Erkrankung ist die Chorea Huntington. Als Chorea oder
choreatische Bewegungen werden unwillkürliche, unregelmäßige, abrupt
auftretende, kurzzeitige, nicht repetitive und zufällig verteilte Muskelkontraktionen mit
Bewegungseffekt bezeichnet, die alle Körperregionen (einschließlich Nacken, Rumpf
und Gesicht) betreffen können. Auch die Chorea kann halbseitig als Hemichorea
auftreten, wenn unilaterale Schädigungen, vor allem im Bereich der Basalganglien,
vorliegen (WEINDL, 1996).
Die wohl wichtigste hypokinetische Bewegungsstörung (Erkrankungen, die sich
durch verminderte Motorik auszeichnen, s. Kap. 2.3.3.), die den Basalganglien
entspringt, ist der Morbus Parkinson (s. auch Kap. 2.4.5.). Die Kardinalsymptome
dieser Erkrankung sind Hypokinesie (Verminderung von Spontanbewegungen),
Bradykinesie (charakteristische Bewegungsverlangsamung) und Akinesie (Hemmung
des Bewegungsstarts), sowie Rigor (erhöhter Muskeltonus) und Tremor
(Muskelzittern) (POEWE, 1996). Die Symptomatik beginnt asymmetrisch und bleibt
auch im weiteren Verlauf teils lateralisiert (HORNYKIEWICZ, 1989). Der Symptom-
Komplex beruht auf einer massiven Degeneration dopaminerger Neurone in der
Substantia nigra pars compacta (s. Kap. 2.4.5.), wiederum eine zu den
Basalganglien zählende Struktur (LUDIN, 1988).
Eine weitere Erkrankung mit Ursprung in den Basalganglien, die Rotationsepilepsie,
zeichnet sich durch Anfälle aus, während derer die Patienten wiederholt auf engen
Kreisen laufen oder plötzliche Rotationen (mindestens um 180°) des gesamten
Körpers, bis hin zu mehreren Drehungen, zeigen. Oft sind diese Phänomene mit
typischen epileptischen Anfällen, d.h. mit myoklonischen, klonischen oder tonischen
Anfällen, assoziiert (DONALDSON, 1986). Die Rotationsepilepsie kann im
Zusammenhang mit idiopathischen generalisierten Epilepsien (SAKA et al., 1996;
TRINKA et al., 1997; AGUGLIA et al., 1999), aber auch bei fokalen Formen der
Epilepsie vorkommen (DONALDSON et al., 1986; SAKA et al., 1996; VERCUEIL et al.,
1999). Während einer Rotationsepilepsie werden paroxysmale Veränderungen im
EEG sichtbar (SAKA et al., 1996; TRINKA et al., 1997; AGUGLIA et al., 1999). Eine
Ursache für die gezeigten Rotationen wird in asymmetrischen Entladungen der
Basalganglien gesehen (VERCUEIL et al., 1999; RAMMELLI et al., 1999).
20
Neben den Basalganglien sind weitere wichtige Regionen an Physiologie und
Pathologie der Motorik beteiligt. Deren Aufgaben sollen im Folgenden beschrieben
werden.
2.2. Zentrale Regulation der Motorik
Kenntnisse über die an der Kontrolle der Motorik beteiligten Gehirnregionen sind zum
Verständnis der Pathophysiologie von Bewegungsstörungen wichtig.
Der Antrieb, eine Bewegung auszuführen, entsteht im limbischen System. Dieses
gibt die entsprechenden Impulse an den Assoziationscortex weiter, von wo aus die
Bewegungsimpulse dann drei getrennte Wege nehmen (TREPEL, 1995), um
schließlich im Thalamus und dem motorischen Cortex wieder zu konvergieren. Von
dort aus laufen die motorischen Impulse dann in der Pyramidenbahn (Tractus
corticospinalis) zu den α-Motoneuronen des Rückenmarks, welche letztendlich die
Ausführung der Bewegung veranlassen (TREPEL, 1995).
Der erste Weg führt als cortico-thalamo-corticale Neuronenschleife vom Cortex über
den Thalamus wieder auf die bewegungsvorbereitenden Zentren im prämotorischen
und motorischen Cortex des Frontallappens zurück. Vor der Weiterleitung der
Impulse zum Rückenmark bedarf es aber der „Rückmeldung“ aus den beiden
anderen Wegen.
Der zweite Weg führt über den cortico-pontinen Trakt zum Cerebellum, welches für
die Bewegungskoordination zuständig ist. Störungen in diesem Bereich können sich
z.B. in einer Ataxie äußern.
Der dritte Weg läuft über die Basalganglien, eine Ansammlung von Kerngebieten, die
für die Bewegungsmodulation zuständig sind. Sie können das Bewegungsausmaß
verändern – Störungen in diesem Bereich können somit zu Hypo- oder
Hyperkinesien führen.
Die Bewegungsimpulse aus diesen beiden letzten Wegen konvergieren im Thalamus
und greifen dort rückkoppelnd in die cortico-thalamo-corticale Neuronenschleife ein.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die motorischen Impulse im Kleinhirn
eine Feinabstimmung erfahren und von den Basalganglien bahnend oder
unterdrückend verarbeitet werden, wobei beide Anteile zentralnervös-motorischer
21
Integration im Thalamus konvergieren. Dort wird ein „Fazit“ gezogen: Fein
abgestimmte Bewegung wird zugelassen / nicht zugelassen / partiell bzw. in
bestimmter Form zugelassen. Dieses Fazit wird dann dem Motorcortex vermittelt, der
via Pyramidenbahn die Bewegungsimpulse ins Rückenmark weiterleitet (TREPEL,
1995).
2.3. Die Basalganglien 2.3.1. Anatomie
Die Basalganglien sind subkortikale Kerngebiete, welche, wie bereits geschildert, an
höherrangigen, kognitiven Aspekten der Bewegungskontrolle teilhaben.
Zu den Basalganglien werden das Corpus striatum (Striatum), der Globus pallidus,
der Nucleus subthalamicus sowie die Substantia nigra gezählt (s. Abb. 1). Bei
Primaten setzt sich das Striatum aus dem Nucleus caudatus, dem Putamen
(zusammen auch als Neostriatum oder dorsales Striatum bezeichnet), dem Nucleus
accumbens und Teilen des Tuberculum olfactorium (zusammen mit ventralen
Anteilen von Caudatus und Putamen auch als ventrales Striatum bezeichnet)
zusammen (AFIFI, 1994). Bei Nagern wird hingegen das dorsale Striatum nicht
unterteilt (FLAHERTY und GRAYBIEL, 1994). Der Globus pallidus ist in ein externes
(entspricht dem Globus pallidus bei Nagern) und ein internes (entspricht dem
Nucleus entopeduncularis der Nager) Segment, sowie einen ventralen Anteil
(Ventrales Pallidum) unterteilt. Die Substantia nigra wird in eine dopaminreiche Pars
compacta und eine dopaminarme Pars reticulata unterteilt (AFIFI, 1994; FLAHERTY und
GRAYBIEL, 1994).
Verschiedene Untersuchungen der Projektionsbahnen der Basalganglien lassen
vermuten, dass die Informationen über mehrere Schleifensysteme laufen, welche
parallel organisiert sind und vom Cortex über die Basalganglien und den Thalamus
wieder zu bestimmten Regionen des frontalen Cortex laufen. Man geht derzeit von 3
großen „Familien“ von Schleifen mit getrennter Repräsentation sowohl in der
Hirnrinde als auch im Striatum und den Frontalhirnregionen aus: Schleifen mit primär
motorischen Funktionen (Zwischenglied im Striatum ist das Putamen), Schleifen mit
höher integrativen oder assoziativen Funktionen (Zwischenglied im Striatum ist der
22
Nucleus caudatus) und Schleifen mit „limbischen“ Funktionen (Zwischenglied im
Striatum ist das ventrale Striatum mit Nucleus accumbens und Tuberculum
olfactorium) (ALEXANDER und CRUTCHER, 1990).
2.3.2. Physiologie
Das Striatum ist, wie in Abb. 1 ersichtlich, die Eingangsstruktur der Basalganglien.
Die wichtigsten exzitatorischen (glutamatergen und aspartatergen) Eingänge auf das
Striatum kommen vom Cortex. Zusätzlich gibt es weitere Projektionen vom
Thalamus, den dorsalen Raphekernen, der Amygdala, dem Locus coeruleus und der
Substantia nigra (PARENT und HAZRATI, 1995). Für die Verarbeitung und Weiterleitung
der erhaltenen Informationen enthält das Striatum Projektionsneurone, die Gamma-
Aminobuttersäure (GABA) als Neurotransmitter verwenden. Die striatalen Neurone
sind mittelgroß und besitzen Ansatzstellen für die Synapsen anderer
Neurotransmitter und Modulatoren, die sog. „spines“. Neben GABA enthalten sie
auch bestimmte Neuropeptide wie z.B. das Enkephalin bzw. Substanz P/ Dynorphin
(PARENT und HAZRATI, 1995). Die GABAergen Projektionsneurone des Striatums
stehen mit den Ausgangsstrukturen der Basalganglien, dem Globus pallidus internus
und der Substantia nigra pars reticulata, über zwei unterschiedliche
Projektionsbahnen in Verbindung (DELONG, 1990). Der sog. direkte striato-nigrale
Weg inhibiert monosynaptisch GABAerge Neurone im Globus pallidus internus und
der Substantia nigra pars reticulata und bewirkt nachfolgend eine Enthemmung des
Thalamus. Beim sog. indirekten striato-pallidalen Weg existiert eine polysynaptische
Verschaltung. Die striatalen Neurone projizieren inhibitorisch auf den Globus pallidus
externus. Somit ist die GABAerge Hemmung des Nucleus subthalamicus durch den
Globus pallidus externus abgeschwächt und der Nucleus subthalamicus kann über
glutamaterge Projektionen eine exzitatorische Wirkung auf die Ausgangsstrukturen
der Basalganglien ausüben. Dieser Projektionsweg sorgt also, anders als der direkte
Weg, für eine zusätzliche Hemmung des Thalamus.
Es resultiert also aus dem direkten Weg eine vermehrte und aus dem indirekten Weg
eine verminderte exzitatorische Wirkung des Thalamus auf verschiedene, an der
Motorik beteiligte, corticale Areale (ALEXANDER und CRUTCHER, 1990; WICHMANN und
23
DELONG, 1996). Man geht davon aus, dass ein Gleichgewicht zwischen den beiden
beschriebenen Wegen für die Bewegungskoordination eine wichtige Rolle spielt. So
wird dem direkten striato-nigralen Weg eine Initiierung gewollter und dem indirekten
striato-pallidalen Weg eine Hemmung ungewollter Bewegungen zugeschrieben (MINK
und THATCH, 1993).
Abb. 1: Schematische Darstellung wichtiger Verbindungen innerhalb der Basalganglien unter physiologischen Bedingungen. Inhibitorische Verbindungen (Neurotransmitter: GABA) sind durch schwarze Pfeile dargestellt, exzitatorische Verbindungen (Neurotransmitter: Glutamat/Aspartat) durch weiße Pfeile. Dargestellt ist die sog. cortico-striato-thalamo-corticale Feedback-Schleife. Die GABAergen striato-nigralen Projektionsneurone (direktes System), die Substanz P und Dynorphin als Cotransmitter enthalten, wirken inhibitorisch direkt auf die GABAergen Neurone des Ausgangskomplexes der Basalganglien (Globus pallidus internus und Substantia nigra pars reticulata). Die GABAergen striato-pallidalen Projektionsneurone (indirektes System), die als Cotransmitter Enkephalin (Enk.) enthalten, projizieren zu den GABAergen Neuronen des Gobus pallidus externus, die wiederum inhibitorische Projektionen zum Nucleus subthalamicus haben. Das indirekte System wirkt über den Nucleus subthalamicus exzitatorisch auf den Ausgangskomplex der Basalganglien. Die GABAergen Neurone des Ausgangskomplexes projizieren nun inhibitorisch zu den ventralen Thalamuskernen, die wiederum exzitatorisch auf den frontalen Cortex zurückwirken. Nach DELONG, 1990, sowie WICHMANN und DELONG, 1996.
Striatum
Cortex
Hirnstamm/Rückenmark
Globus pallidus externus
Nucleussubthalamicus
Globus pallidus Internus/Substantia nigra pars reticulata
ThalamusG
luta
ma
t
Glu
tam
at
Glu
tam
at
GABA
GA
BA
/Su
bs
tan
z P
GA
BA
GA
BA
/
En
k.
24
Auf der Annahme, dass unter physiologischen Bedingungen ein Gleichgewicht
zwischen den beiden Wegen besteht, beruhen Hypothesen zur Entstehung
Basalganglien-bedingter Bewegungsstörungen (WICHMANN und DELONG, 1996).
2.3.3. Bewegungsstörungen mit Ursprung in den Basalganglien
Hypokinesien (s. Abb. 2), die sich durch eine Verminderung oder Dämpfung
motorischer Aktivität auszeichnen, wären demnach Folge einer verstärkten
Transmission durch das indirekte System. Eine Überinhibition im Globus pallidus
externus verursacht eine Enthemmung des Nucleus subthalamicus, welcher nun
stark exzitatorisch auf Globus pallidus internus und Substantia nigra pars reticulata
einwirken kann. Es kommt somit zu einer erhöhten Aktivität der GABAergen Neurone
der Ausgangsstrukturen, wodurch die Thalamusneurone inhibiert werden. Resultat ist
eine verminderte exzitatorische Projektion des Thalamus auf den frontalen Cortex
und damit eine verminderte Bewegung (DELONG, 1990).
Hyperkinesien (s. Abb. 3) sind Bewegungsstörungen, bei denen es zu einem
Bewegungsüberschuß mit schnellen, unkontrollierbaren Bewegungen kommt (ILLERT,
1994). Für die Pathogenese dieses Typs von Bewegungsstörungen besteht die
Hypothese, dass der direkte striato-nigrale Projektionsweg überwiegt und es so zu
einer Überinhibition der Ausgangsstrukturen kommt. Somit wird der Thalamus
disinhibiert, und es kommt zu einer verstärkten Aktivität thalamo-corticaler Neurone
(DELONG, 1990; WICHMANN und DELONG, 1996).
25
Abb. 2: Schematische Darstellung der Hypothese zur Entstehung hypokinetischer Bewegungsstörungen (Parkinson`sche Krankheit). Ein Verlust des striatalen Dopamins führt zu einer Steigerung der Transmission über das indirekte Projektionssystem mit resultierender Überinhibition des Globus pallidus externus, mit Disinhibition des Nucleus subthalamicus und damit zu einer erhöhten exzitatorischen Stimulation des Ausgangskomplexes der Basalganglien (Globus pallidus internus und Substantia nigra pars reticulata). Daraus resultiert eine Überinhibition thalamischer Kerne mit verminderter Aktivität thalamo-corticaler Neurone. Nach DELONG 1990, sowie WICHMANN und DELONG, 1996. Weitere Erläuterungen s. Abb. 1.
Striatum
Cortex
Hirnstamm/Rückenmark
Globus pallidus externus
Nucleussubthalamicus
Globus pallidus Internus/Substantia nigra pars reticulata
Thalamus
Glu
tamat
Glu
tamat
Glu
tamat
GABA
GA
BA
/Su
bstan
z P
GA
BA
GA
BA
/
En
k.
26
Abb. 3: Schematische Darstellung der Hypothese zur Entstehung hyperkinetischer Bewegungsstörungen. Durch ein Überwiegen des direkten striato-nigralen Projektionssystems kommt es zur Überinhibition des Ausgangskomplexes der Basalganglien und resultierender verminderter Disinhibition thalamischer Kerne. Dadurch kommt es zu einer verstärkten Aktivität thalamo-corticaler Neurone. Nach DELONG, 1990, sowie WICHMANN und DELONG, 1996). Weitere Erläuterungen s. Abb. 1.
Striatum
Cortex
Hirnstamm/Rückenmark
Globus pallidusexternus
Nucleus subthalamicus
Globus pallidus Internus/Substantia nigra pars reticulata
ThalamusG
lutamat
Glutam
at
Glutam
at
GABA
GABA/Substanz P
GABA
GABA/
Enk.
27
2.4. Dopamin (DA)
2.4.1. Anatomie
Seit das Monoamin DA 1957 in charakteristischer Verteilung im Gehirn
nachgewiesen wurde, weiß man, dass DA ein wichtiger Neurotransmitter ist. Die
dopaminergen Neurone wurden vor allem im Mesencephalon und Diencephalon
nachgewiesen (STARKE, 1996).
Das mesencephalische DA-System ist das größte dopaminerge System. Bei der
Ratte unterteilt man dieses System in drei Zellgruppen: A8, A9 und A10. Die Zellen
der Gruppe A10 befinden sich in der ventralen tegmentalen Region (VTA), welches
die ventromedialste Region des Mittelhirns ist. Lateral an die VTA schließt sich die
Substantia nigra an, in welcher die Neurone der A9 liegen. Die meisten Neurone
dieser Gruppe liegen hierbei in der Pars compacta der Substantia nigra (SNC). Als
A8 Zellgruppe werden die DA-Zellkörper in der retrorubralen Region bezeichnet, die
caudal und dorsal der Substantia nigra zu finden ist (DAHLSTROM und FUXE, 1964).
Diese drei Zellgruppen finden sich auch bei humanen und nicht-humanen Primaten.
Die anatomische Unterteilung der DA-Zellen reflektiert Unterschiede in ihren
efferenten Projektionen. Die Neurone der A10 projizieren zum Nucleus accumbens
und anderen limbischen Regionen und werden als das mesolimbische DA-System
bezeichnet. Die Projektionen von der A9 Zellgruppe führen zum Striatum und
enthalten das nigro-striatale DA-System (JOEL und WEINER, 2000). Des weiteren gibt
es verschiedenste Projektionen von SNC und VTA zu corticalen Regionen, wie dem
präfrontalen, cingulaten, perirhinalen oder rhinalen Cortex. Diese werden als das
mesocorticale DA-System bezeichnet (FALLON und LOUGHLIN, 1995). Weitere
Zellkörper, als tubero-infundibuläres System benannt, liegen im Nucleus
infundibularis. Die zugehörigen Axone ziehen zur Eminentia mediana. Peripher
kommt DA in einigen postganglionär-sympathischen Neuronen, so z.B. in der Niere,
vor (STARKE, 1996).
28
2.4.2. Physiologie
Die Wirkungen des DAs sind vielfältig. So greift vor allem das DA des nigro-striatalen
Systems modulierend in Bewegungsabläufe ein (ALEXANDER und CRUTCHER, 1990;
FLAHERTY und GRAYBIEL, 1994). Beim mesolimbischen DA-System spricht man von
einer „dopaminergen Belohnungsbahn“, denn diese Neurone sind bei der
Empfindung von Lust oder Freude vermehrt aktiv. Eine erhöhte Aktivität wird hier z.B.
im Zusammenhang mit Freß- (RICHARDSON und GRATTON, 1996) und Sexualverhalten
(FIORINO et al., 1997) beobachtet. Auch abhängigkeiterzeugende Substanzen, wie
Opiate, Amphetamin, Ethanol oder Cocain, erhöhen bei Ratten die synaptischen DA-
Konzentrationen in diesem Bereich (DI CHIARA und IMPERATO, 1988) und die
antipsychotische Wirkung von DA-Rezeptor-Antagonisten wird der Blockade von
Rezeptoren in diesen Arealen zugeschrieben (STARKE, 1996). Den mesocorticalen
DA-Projektionen wird vor allem eine Beteiligung an kognitiven Prozessen
zugeschrieben (LE MOAL und SIMON, 1991). Das DA des tubero-infundibulären
Systems erreicht über die Portalgefäße die Adenohypophyse und hemmt dort die
Prolaktinsekretion, das periphere DA übt vor allem lokale Wirkungen auf das
Gefäßsystem aus (STARKE, 1996).
Die Zielstrukturen des freigesetzten DAs sind die G-Protein gekoppelten DA-
Rezeptoren, von welchen es 5 Typen gibt (D1 – D5). Die zuerst gefundenen D1- und
D2-Rezeptoren übertreffen zahlenmäßig die später gefundenen D3- bis D5-
Rezeptoren weit, und so werden die Rezeptoren heute in zwei Unterfamilien
gegliedert (STRANGE, 1996): D1 und D5 als D1-ähnliche und D2, D3 und D4 als D2-
ähnliche. Zwischen den Rezeptoren bestehen Unterschiede hinsichtlich Lokalisation,
physiologischer Funktion und biochemischer Reaktion. Im Striatum findet man
hauptsächlich D1- und D2-Rezeptoren, im Cortex und im limbischen System
kommen alle Subtypen vor, in der Hypophyse gibt es fast ausschließlich D2-
Rezeptoren und im Gefäßsystem herrschen D1-, D2- und D4-Rezeptoren vor.
Die D1-Rezeptoren sind somit für die Bewegungsmodulation, für kognitive und
kardiovaskuläre Funktionen wichtig. D2-Rezeptoren vermitteln
Bewegungsmodulation und Verhalten, sowie die Prolaktinsekretion in der
Hypophyse. D3- und D4-Rezeptoren sind wahrscheinlich an kognitiven und
29
emotionalen Vorgängen und Verhalten beteiligt, während die Bedeutung der D5-
Rezeptoren noch weitgehend unklar ist (JABER et al., 1996).
Die Freisetzung des DAs, und zwar sowohl die basale als auch die induzierte, wird
über präsynaptische Autorezeptoren vom D2-Typus gesteuert (DUGAST et al., 1997;
TORSTENSON et al., 1998).
2.4.3. Metabolismus
Das Monoamin DA wird aus Tyrosin synthetisiert, indem dieses zunächst durch das
Enzym Tyrosinhydroxylase (TH) in 3,4-Dihydroxyphenylalanin umgewandelt wird.
Dieses carboxyliert die aromatische L-Aminosäure-Decarboxylase in einem nächsten
Schritt zu DA. Die Geschwindigkeit der Synthese wird durch die TH bestimmt,
welche nur in Catecholamin-Neuronen vorkommt. Über eine immunhistologische
Anfärbung dieses Enzyms lassen sich in den entsprechenden Kerngebieten die
dopaminergen Neurone identifizieren (NICHOLLS et al., 1995). Das fertige DA wird aus
dem Axoplasma in Vesikel aufgenommen und dort gespeichert, wobei hier Kurzzeit-
und Langzeitspeicher unterschieden werden können (ARBUTHNOTT et al., 1991; Abb.
4). Aus den Kurzzeitspeichern wird das DA Calcium-abhängig durch Exozytose in
den synaptischen Spalt freigesetzt. Zytoplasmatisches DA aus dem Langzeitspeicher
wird Carrier-vermittelt (DA-Transporter) in den Extrazellularraum abgegeben. Bei
dem Carrier handelt es sich um ein Membranprotein, welches zu den Na+, Cl- -
abhängigen Transportproteinen gehört. Der DA-Transporter stellt einen wichtigen
Angriffspunkt für bestimmte Pharmaka, wie z.B. Psychostimulantien, dar, und über
dieses Protein gelangen auch Neurotoxine in die Zelle (REITH et al., 1997).
Die DA-Inaktivierung (s. Abb. 4) kann intrazellulär über das Enzym
Monoaminoxidase erfolgen. Es entsteht Dihydroxyphenylessigsäure, welche
extrazellulär zu Homovanillinsäure umgewandelt wird. Des weiteren kann DA auch
extrazellulär mittels Catechol-O-Methyl-Transferase über das Zwischenprodukt 3-
Methoxytyramin zu Homovanillinsäure abgebaut werden.
Die Monoaminoxidase kommt in zwei Isoformen vor: Typ A und Typ B, welche beide
DA, Serotonin und Noradrenalin als Substrate haben. Die Monoaminoxidase-B ist bei
der Ratte im Vergleich zur Monoaminoxidase-A zu geringeren Anteilen (10 – 20%)
30
an der Desaminierung dieser Transmitter in und außerhalb der Synaptosomen
beteiligt (FAGERVALL und ROSS, 1986). Neu synthetisiertes DA wird vorwiegend von
der Monoaminoxidase-A abgebaut (DEMAREST et al., 1980). Im Rahmen des
„normalen“ Katabolismus wird DA durch die Monoaminoxidase-A intrazellulär zu
Dihydroxyphenylessigsäure umgewandelt, so dass man aus der Konzentration der
Dihydroxyphenylessigsäure Informationen über die DA-Syntheserate und den DA-
Umsatz erhält.
Abb. 4: DA-Speicherung und Freisetzung (nach JUSTICE et al., 1988; modifiziert von ARBUTHNOTT et al., 1991). Abkürzungen: DOPA: Dihydroxyphenylalanin; DOPAC: Dihydroxyphenylessigsäure; HVA: Homovanillinsäure; MAO: Monoaminoxidase.
DA: vesikulärer Langzeit-speicher
DA: Zytoplasma-tisches Kompartiment
DA: vesikulärer Kurzzeit-speicher
Tyrosin
DOPA
MAO
DOPAC
Exozytose
Dopamin-transporter
DOPACHVA
synaptischer Spalt
DA
DA
31
2.4.4. Pharmakologie
Zahlreiche Substanzen sind in der Lage, modulierend in das DA-System
einzugreifen. Dieser Umstand wird therapeutisch (z.B. bei Morbus Parkinson), aber
auch experimentell genutzt.
Das Psychostimulans Amphetamin ist ein Substrat der Monoamintransporter in der
Plasmamembran catecholaminerger Neurone und der Membran der Speichervesikel,
wodurch es mit den Monoaminen um die Aufnahme in die Nervenendigung und
Vesikel konkurriert. So wirkt Amphetamin als indirektes Sympathomimetikum durch
eine nicht-exocytotische, transportervermittelte Freisetzung von DA (GÖTHERT et al.,
1996). Zusätzlich hemmt es die Wiederaufnahme und, durch eine Inhibition der
Monoaminoxidase, den Katabolismus von DA (ZETTERSTRÖM et al., 1986). Bei
Versuchstieren zeigt sich nach systemischer Applikation einer niedrigen
Amphetamin-Dosis eine erhöhte lokomotorische Aktivität, welche in Bezug zur
Freisetzung von Noradrenalin gebracht wird. Bei Applikation höherer Dosen weicht
die Hyperlokomotion einer Reihe von Stereotypien, wie Schnüffeln, Lecken,
Zwangsnagen etc., welche dem DA-System zugeschrieben werden (FOG, 1972;
RANDRUP und MUNKVAD, 1975). Wiederholte Amphetamingaben bei Ratten führen zu
einer Sensibilisierung, welche nach intermittierender Anwendung für Monate
anhalten kann. Beim Menschen endet chronischer Gebrauch oftmals in paranoidem
Verhalten bis hin zur Psychose (KALIVAS und STEWART, 1991).
Ähnliche Effekte wie das Amphetamin hat die Verabreichung nicht-kompetitiver N-
Methyl-D-Aspartat-Rezeptorantagonisten, zu welchen das MK-801 (Dizocilpin) und
das Phencyclidin zählen. Es kommt hier ebenfalls zu erhöhter Lokomotion und
Stereotypien (ALI et al., 1994). Ein verstärkter DA-Metabolismus wird für diese
Verhaltenseffekte verantwortlich gemacht (SCHMIDT und KRETSCHMER, 1997). Ein
erhöhter DA-Umsatz wird nach systemischer MK-801-Gabe z.B. in corticalen
Regionen und im Nucleus accumbens gesehen (LÖSCHER et al., 1993). Zusätzlich
findet man jedoch auch einen erhöhten DA-Umsatz im Striatum nach systemischer
Applikation und eine erhöhte striatale DA-Freisetzung nach lokaler MK-801
Applikation (IMPERATO et al., 1990; LÖSCHER et al., 1991).
DA-Rezeptoragonisten vermitteln ihre dopaminerge Wirkung durch die direkte
Aktivierung der entsprechenden Rezeptoren. Es können selektive Agonisten, die
32
unterschiedlich stark auf die verschiedenen Rezeptortypen wirken, von nicht-
selektiven Agonisten unterschieden werden. Die nicht-selektiven Agonisten besitzen
starke Affinität zu beiden Rezeptorunterfamilien (D1 und D2). Zu den selektiven
Agonisten zählen das SKF 38393 als D1-Agonist und das Quinpirol als D2-Agonist
(DUGAST et al., 1997). Ein oft verwendeter, nicht-selektiver Agonist ist das
Apomorphin (JERUSSI und GLICK, 1975). DA-Agonisten finden therapeutische
Anwendung zur Behandlung des Morbus Parkinson (FEUERSTEIN und JURNA, 1996).
Das heute wirksamste und wichtigste Parkinsonmedikament ist das Levodopa, die
Vorläufersubstanz des DA. Durch die Applikation von Levodopa wird die DA-
Synthese verstärkt (FEUERSTEIN und JURNA, 1996; SARRE et al., 1998).
DA-Rezeptorantagonisten binden an die Rezeptoren und blockieren sie so, dass DA
die Rezeptoren nicht mehr aktivieren kann. Zu diesen Substanzen gehören die
Neuroleptika, welche über eine hauptsächliche D2-Blockade gegen die produktiven
Symptome einer Schizophrenie wirksam sind (FEUERSTEIN und JURNA, 1996). Als
selektiver D1-Antagonist soll hier das SCH 23390, als selektiver D2-Antagonist das
Racloprid genannt werden (SARRE et al., 1998). Ein nicht-selektiver Antagonist mit
stärkerer Wirkung auf D2-Rezeptoren ist das Haloperidol. Antagonisten an DA-
Rezeptoren sind in der Lage, eine Katalepsie auszulösen, welche definiert wird als
die Unfähigkeit des Tieres, eine ihm auferlegte Haltung zu korrigieren (SANBERG et
al., 1996). Katalepsie wird von Neurowissenschaftlern oft verwendet, um
Verhaltensmechanismen neurochemischer Systeme zu studieren, und die Katalepsie
ist von besonderem Wert aufgrund der Ähnlichkeit der Symptomatik zu humanen
Störungen wie dem Morbus Parkinson und abnormem Verhalten nach
Basalganglienschäden (DUVOISIN, 1976; GARVER, 1984). Das Vorhandensein von
Katalepsie kann mit Hilfe des „Standard Bar-Test“ überprüft werden (KUSCHINSKY und
HORNYKIEWICZ, 1972). Bei diesem Test werden die Tiere mit den Vorderpfoten auf
einen Aluminiumblock gesetzt und verharren bei vollständig ausgeprägter Katalepsie
dort.
33
2.4.5. Besondere Neuroanatomie der dopaminergen SNC und ihre
Bedeutung für die Motorik
Die SNC liegt im ventralen Tegmentum des Mittelhirnes. Ihr Volumen beträgt bei der
Ratte ca. 0,3 mm³ und sie enthält ca. 10 000 bis 12 000 dopaminerge Neurone pro
Seite (HALLIDAY und TORK, 1986). Als Substantia nigra pars lateralis (SNL) wird die
lateral gelegene Ausziehung der SNC bezeichnet. Die dopaminergen Neurone (A9
Zellgruppe) projizieren als nigro-striatales DA-System auf das Striatum (JOEL und
WEINER, 2000). Der Nettoeffekt der DA-Ausschüttung im Striatum besteht in einer
positiven Beeinflussung der Bewegung. Bei DA-Mangel kommt es somit auch zu
einem Mangel an Bewegung. Ein solcher DA-Mangel entsteht beim Morbus
Parkinson, einer hypokinetischen Bewegungsstörung, die bei 1% aller über 60 Jahre
alten Menschen und 3% aller über 80 Jahre alten Menschen auftritt. Diese
Erkrankung lenkte das Augenmerk vieler Forschergruppen auf die Funktion und
Bedeutung der SNC. Ursache ist eine massive Degeneration der dopaminergen
Neurone in der SNC (LUDIN, 1988), die klinisch zu Hypokinesie, Rigor und Tremor
führt. Die Degeneration, und folglich auch die Symptomatik, beginnen unilateral und
bleiben auch im Verlauf zumeist lateralisiert ausgeprägt (HORNYKIEWICZ, 1989). Ein
Überwiegen des DAs in der SNC einer Hemisphäre führt also zu Funktionsstörungen
dieses Systems.
Es scheint aber auch innerhalb der SNC einer Hemisphäre unterschiedliche
funktionelle Anteile zu geben. So drehen Ratten nach Läsionen des medialen
Anteiles der SNC ipsilateral (zur läsionierten Seite hin), nach Läsionen des lateralen
Anteils der SNC hingegen contralateral (von der läsionierten Seite weg) (VACCARINO
et al., 1985; FRANKLIN und WOLFE, 1987). Weiterhin wurde das Vorhandensein
funktioneller Unterabteilungen über die rostro-caudale Ausdehnung der SNC
diskutiert. Unilaterale Injektionen des cholinergen Agonisten Carbachol in die
caudalen Anteile der SNC induzieren contralaterales Circling-Verhalten mit einer
erhöhten DA-Ausschüttung im Striatum. Unilaterale Injektionen von Carbachol in die
rostralen SNC-Anteile bewirken das Gegenteil: ipsilaterale Rotationen zusammen mit
einer verminderten striatalen DA-Freisetzung (HERNANDEZ-LOPEZ et al., 1994).
Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch elektrophysiologische Studien, die auf die
Existenz von Subpopulationen nigro-striataler DA-Neurone hinwiesen, so dass
34
HERNANDEZ-LOPEZ et al. (1994) eine funktionelle Kompartimentalisierung der SNC
postulierten.
2.5. Cochleäres und vestibuläres System
Es sollen hier kurz das cochleäre System, welches für die akustische Wahrnehmung
zuständig ist, und das vestibuläre System, zuständig für Lage- und
Bewegungswahrnehmung, beschrieben werden.
2.5.1. Cochleäres System
2.5.1.1. Anatomie und Physiologie
Die Cochlea (Schnecke) bildet zusammen mit dem Vestibularapparat und dem
Perilymphraum das Innenohr (ZILLES und REHKÄMPER, 1998).
In der Schnecke sind drei voneinander getrennte Räume erkennbar: die Scala
vestibuli, die Scala media mit dem Ductus cochlearis, sowie die Scala tympani. Scala
vestibuli und Scala tympani sind perilymphatische Räume, die an der Spitze der
Schnecke ineinander übergehen. Der Ductus cochlearis enthält Endolymphe.
Zwischen Ductus cochlearis und Scala vestibuli liegt die Reissner-Membran. Zur
Scala tympani hin ist der Ductus cochlearis durch die Basilarmembran abgegrenzt.
Ihr liegt das Corti-Organ auf. Dessen Sinneszellen bilden als innere und äußere
Haarzellen zwei Gruppen, die jeweils von inneren und äußeren Stützzellen
(Phalangenzellen) getragen werden (ZILLES und REHKÄMPER, 1998).
Bei Erregung dieser Haarzellen werden Impulse über den Nervus vestibulocochlearis
an zentrale Bereiche weitergeleitet. Die Perikaryen der Radix cochlearis dieses
Nerven liegen im Ganglion spirale, welches sich entlang des spiraligen Verlaufes der
Cochlea befindet (TREPEL, 1995).
Die zentralen Fasern enden im Pons in den cochleären Kernen. Zu diesen gehören
der anteroventrale cochleäre Nucleus, der posteroventrale cochleäre Nucleus, sowie
der dorsale cochleäre Nucleus.
35
Die Efferenzen aus diesen Kernen bilden die zentrale Hörbahn (Lemniscus lateralis)
und kreuzen teilweise auf die Gegenseite. Sie enden im cerebralen Cortex im
Bereich der Hörrinde (TREPEL, 1995).
2.5.1.2. Pathologie
Beim Menschen werden Störungen im Bereich des cochleären Systems, die sich als
Hörverluste äußern, bei 1 von 1000 Kindern manifest. Mehr als die Hälfte der Fälle
sind genetisch bedingt, aber auch bei den umweltbedingten Fällen ist eine zugrunde
liegende genetische Prädisposition wahrscheinlich relevant (KEATS und BERLIN, 1999).
Hörverluste sind klinisch und genetisch sehr heterogen. Es gibt über 400 Störungen,
in denen ein Hörverlust Charakteristikum eines Syndroms ist. Für nicht-syndromische
Hörverluste haben Familienstudien gezeigt, dass hier mindestens 30 autosomale
Loci eine Rolle spielen. Es werden autosomal-dominante, nicht-syndromische
sensorineurale Taubheiten von autosomal-rezessiven, nicht-syndromischen
sensorineuralen Taubheiten unterschieden (KEATS und BERLIN, 1999). Darüber hinaus
kann Taubheit auch X-chromsomal und mitochondrial vererbt werden (SKVORAK
GIERSCH und MORTON, 1999).
In den letzten Jahren ergab die Suche nach Genen, die an der Pathologie der
humanen, genetisch bedingten Taubheit beteiligt sind, Hinweise auf die Beteiligung
von unkonventionellen Myosinen des Innenohres (REDOWICZ, 1999). Zweiköpfige,
Filament-formende Myosine, die die Basis der Muskelkontraktion darstellen, werden
als konventionelle Myosine bezeichnet. Zur Myosin-Superfamilie gehören neben
diesen aber auch die unkonventionellen Myosine, deren Funktionen bisher weniger
verstanden werden. Man nimmt an, dass sie intrazelluläre Transportereignisse
vermitteln (WANG et al., 1998). Unkonventionelle Myosine finden sich in vielen
spezialisierten Zellen, wie den Melanozyten, in Nierenzellen, in Nervenzelltubuli und
in den Haarzellen des Innenohres. Im Innenohr spielen vor allem das Myosin 6, das
Myosin 7A und das Myosin 15 eine wichtige Rolle. Studien zur Bedeutung des
Myosin 7A zeigten, dass dieses nicht nur eine Rolle bei der Haarzellfunktion spielt
(so wird es z.B. für die normale Transduktion benötigt), sondern auch essentiell für
die Organisation der sich entwickelnden Stereozilienbündel ist (SELF et al., 1998).
36
Myosin 15 scheint für die Aktinorganisation der Haarzellen entscheidend zu sein
(PROBST et al., 1998).
Mutationen im Myosin 7A zeichnen sowohl verantwortlich für das humane Usher-
Syndrom 1B, als auch für autosomal-rezessive, nicht-syndromische Taubheit Typ 2
(WEIL et al., 1997). Aufgrund seiner Verbindung zur „Shaker-2“-Mutante, einer tauben
Mausmutante mit Rotationsverhalten (s. Kap. 2.8.1.), soll das Usher-Syndrom hier
näher beschrieben werden. Ca. 5% aller Fälle mit schwerwiegender Taubheit bei
Kindern und die Hälfte aller Fälle von Taub-Blindheit sind dem Usher-Syndrom
zuzuordnen. Es handelt sich um eine autosomal-rezessive Erkrankung, die in
verschiedenen Ausprägungen auftritt. Die schwerste Form, der Typ 1, zeichnet sich
durch Taubheit, sowie vestibuläre Dysfunktionen (mit beidseitig fehlenden
vestibulären Reflexen) und Retinitis pigmentosa mit progressiver Blindheit aus. Beim
Typ 2 liegt eine Retinitis pigmentosa zusammen mit moderater bis schwerer
Taubheit bei normalen Vestibularfunktionen vor. Beim seltenen Typ 3 kommt es zu
Retinitis pigmentosa und progressivem Gehörverlust. Usher 1B wird in
Zusammenhang mit einer Mutation im Myosin 7A-Gen gebracht. Es ist bisher nicht
bekannt, ob die vestibulären Funktionen peripher oder zentral gestört sind (VERNON,
1969; KEATS und COREY, 1999; OTTERSTEDDE et al., 2001).
Mutationen im Myosin 15 können beim Menschen zu autosomal-rezessiver, nicht-
syndromischer Taubheit Typ 3 führen (PROBST et al., 1998; WANG et al., 1998).
Vergleichende Genanalysen haben viel zur Identifikation solcher Taubheitsgene
beigetragen (KEATS und BERLIN, 1999). Bei tauben Mausmutanten werden die
mutierten Gene ausfindig gemacht (s. 2.8.1.) und durch eine vergleichende
Kartierung können dann Hinweise auf krankheits-vermittelnde Gene beim Menschen
erhalten werden. Diese Mutanten sind sowohl gute Modelle für humane hereditäre
Taubheit, als auch geeignet, die molekulare Basis cochleärer Defekte zu verstehen
(STEEL et al., 1997).
Eine weitere syndromische Taubheit, die aufgrund des gleichzeitigen Vorliegens von
Taubheit und Bewegungsstörung in diesem Rahmen vorgestellt werden soll, ist das
rezessive, X-chromosomal vererbte Taubheits-Dystonie-Syndrom des Menschen. Bei
dieser Erkrankung handelt es sich um eine neue Art eines rezessiven,
neurodegenerativen Syndroms, welches durch progressive sensorineurale Taubheit
(welche als erstes Symptom in der frühen Kindheit auftritt), und darauf folgend durch
37
progressive Dystonie, Spastik, Dysphagie, mentale Retardierung, Paranoia, sowie
corticale Blindheit charakterisiert ist (JIN et al., 1996). Dieses Syndrom resultiert aus
der Mutation eines Gens, welches ein mitochondriales Protein codiert.
Wahrscheinlich führt diese Mutation zur Defizienz eines mitochondrialen Protein-
Import-Systems, welche dann für die Symptomatik verantwortlich zeichnet (KOEHLER
et al., 1999).
Neben den genetischen Ursachen für Taubheit gibt es erworbene Hörverluste. Seit
langem ist der toxische Effekt der Antibiotika-Klasse der Aminoglykoside auf die
sensorischen Haarzellen des Innenohres bekannt (HAWKINS, 1976). Der primäre
Grund für diese selektive Toxizität in vivo scheint eine rapide Ansammlung hoher
Konzentrationen dieser Medikamente in den Haarzellen zu sein (HIEL et al., 1992), an
welcher wiederum die unkonventionellen Myosine des Innenohres beteiligt sind
(RICHARDSON et al., 1997). Vor allem Myosin 7A wird für die Aminoglykosid-
Akkumulation in den Haarzellen benötigt. Die Degeneration der Haarzellen wird
letztendlich wahrscheinlich durch einen exzitotoxischen Prozess ausgelöst, der eine
Aktivierung von N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptoren durch die Aminoglykoside
beinhaltet (RICHARDSON et al., 1997).
Die Ototoxizität der Aminoglykoside zeigt eine Altersabhängigkeit (HENLEY et al.,
1996; MOORE et al., 1998). Bei neonatalen Ratten, bei denen sich die Cochlea noch
in ihrer strukturellen und funktionellen Entwicklung befindet, zeigt sich z.B. schon
nach wenigen Tagen der Behandlung mit Aminoglykosiden ein ototoxischer Effekt.
Bei adulten Tieren wird dieser erst nach zwei- bis dreimal so langen
Behandlungszeiten und höheren Substanzdosen sichtbar (HENLEY et al., 1996).
Über die Exzitotoxizität der Aminoglykoside wird auch ihr neurotoxischer Effekt bei
Neonaten erklärt. Nach intrastriataler Injektion von Neomycin (10 – 250 nmol)
wurden Dosis-abhängige striatale Schäden sichtbar, die sich als gesteigerte Gliose
manifestierten. Es wurde geschlossen, dass Aminoglykoside bei geschädigter Blut-
Hirn-Schranke das zentrale Nervensystem angreifen können (SEGAL et al., 1999).
Zusätzlich wird davon ausgegangen, dass eine Passage von Aminoglykosiden durch
die Blut-Hirn-Schranke bei Neonaten möglich ist, und diese Substanzen somit
neurotoxische Effekte haben können (SETH et al., 1982).
38
2.5.2. Vestibuläres System
2.5.2.1. Anatomie und Physiologie
Der Vestibularapparat (oder das Labyrinthorgan) besteht aus den drei
Bogengängen, dem Utriculus und dem Sacculus (ZILLES und REHKÄMPER, 1998). Im
Inneren von Utriculus und Sacculus liegen an scharf umschriebenen Stellen die
flachen Maculae utriculi und sacculi. Maculae sind Sinnesepithelien mit zwei
verschiedenen Haarzelltypen, deren apikale Kinozilien und Stereovilli in eine
Statolithenmembran hineinreichen. Sie sind für die Wahrnehmung von horizontalen
und vertikalen Linearbeschleunigungen zuständig. Die Anfänge der Bogengänge
sind an ihren Basen gegen den Utriculus als Ampullen erweitert. Im Inneren dieser
Ampullen liegen ebenfalls Sinnesepithelien, die aus Haarzellen vom Typ I und II
bestehen und als Cristae ampullares in den Endolymphraum vorgewölbt sind. Hier
sind die Zellfortsätze in eine gallertige Cupula eingebettet. In diesen Bereichen
werden Drehbeschleunigungen wahrgenommen (ZILLES und REHKÄMPER, 1998). Die
Radix vestibularis des Nervus vestibulocochlearis zieht zum Ganglion vestibulare,
welches am Ende des Meatus acusticus internus liegt. Von dort führen zentrale
Afferenzen zu den vier Vestibularkernen, dem superioren vestibulären Nucleus, dem
inferioren (spinalen) vestibulären Nucleus, dem medialen vestibulären Nucleus (mit
parvizellulärem und magnozellulärem Anteil), sowie dem lateralen vestibulären
Nucleus (mit anteriorem und posteriorem Teil) (TREPEL, 1995).
Die „Gleichgewichtskerne“ unterhalten Verbindungen zum striato-pallidalen System
und können somit in Basalganglienschaltkreise eingreifen (SHIMA, 1984). Der
superiore vestibuläre Nucleus spielt eine wichtige Rolle für den vestibulo-oculären
Reflex. Der mediale vestibuläre Nucleus ist für die Integration von Augen- und
Kopfbewegungen zuständig. Vom lateralen vestibulären Nucleus werden
Informationen an spinale, motorische Neurone weitergegeben und vom inferioren
vestibulären Nucleus ziehen Projektionen zum Cerebellum, zum Rückenmark, zu
den oculomotorischen Kernen und zum Thalamus (RUBERTONE et al., 1995). Bei der
Ratte findet man vestibulo-thalamische Projektionen zwischen dem medialen und
spinalen vestibulären Anteil und contralateralen Kerngebieten des Thalamus, sowie
39
zwischen dem superioren vestibulären Nucleus und ipsilateralen thalamischen
Kernen (RUBERTONE et al., 1995).
2.5.2.2. Pathologie
Läsionen des vestibulären Systems verursachen häufig Gleichgewichtsstörungen
(Ataxie, unsicherer Stand). Eine andere, sehr häufige Störung des Labyrinthorgans
ist der Schwindel (DAVID GERTZ, 2001). Von den Haarzellen des vestibulären Systems
ist mittlerweile bekannt, dass sie, im Gegensatz zu den Haarzellen des cochleären
Systems, zu einer Regeneration fähig sind. Für das Meerschweinchen und den
Menschen konnte 1993 von WARCHOL et al. in vitro nachgewiesen werden, dass es
nach einer Behandlung mit Aminoglykosiden zu einer regenerativen Proliferation des
vestibulären sensorischen Epithels kommt. 1995 dokumentierten TANYERI et al. eine
solche Regeneration in der Crista ampullaris von Chinchillas in vivo. Als
Mechanismen der Entstehung neuer Haarzellen nach ototoxischen und akustischen
Schädigungen wurden eine Proliferations-vermittelte Generation neuer Haarzellen,
eine direkte Konversion einer Subpopulation von unterstützenden Zellen zu
Haarzellen, sowie eine Reparatur nicht-letal geschädigter Haarzellen beschrieben
(SOBKOWICZ, 1992; ADLER and RAPHAEL, 1996; BAIRD et al., 1996).
Die physiologische und pathologische Funktion des vestibulären Systems wird
anhand diverser Einzeltests untersucht, von denen hier nur einige erwähnt werden
sollen. In einem Schwimmtest wird die Schwimmfähigkeit der Tiere getestet (GRAY et
al., 1988; RABBATH et al., 2001). Ratten mit intaktem vestibulärem System gehen im
Wasserbecken nicht unter. Sie können sich orientieren und schwimmen am Rand
des Beckens entlang. Von Ratten mit Defiziten des vestibulären Systems ist
hingegen bekannt, dass sie unfähig sind zu schwimmen (GRAY et al., 1988). Sie
tauchen korkenzieher- oder schraubenförmig ab und müssen vor dem Ertrinken
gerettet werden.
Weitere Hinweise auf die vestibulären Funktionen können im „Air-Righting Test“
erlangt werden (OSSENKOPP et al., 1990; RABBATH et al., 2001). In diesem Test
werden die Tiere auf den Rücken gedreht und aus einer Höhe von 30 cm auf eine
Schaumstoffunterlage (um Verletzungen der Tiere zu vermeiden) fallengelassen.
40
Tiere ohne Defekte des vestibulären Systems sind in der Lage, sich auf dieser
kurzen Strecke so zu drehen, dass sie auf den Gliedmaßen landen.
Im „Tail-Hanging Test“ ( HUNT et al., 1987; RABBATH et al., 2001) werden die Ratten
an der Schwanzwurzel in die Höhe genommen und einige Zentimeter über den
Boden gehalten. Es wird nun beurteilt, ob die Tiere eine normale Landungsantwort
zeigen, d.h., ob sie die Gliedmaßen zum Boden hin ausstrecken, um dort zu landen.
Ein Hochdrehen zur Seite oder zum Bauch hin, welches auch bei
bilabyrinthektomierten Ratten auftritt, wird hingegen als Ausdruck vestibulärer
Dysfunktion gewertet. Des weiteren wird dieser Test aber auch angewandt, um
Seitenpräferenzen der Tiere (WILLAR und CROWNE, 1989) und Asymmetrien im DA-
System zu überprüfen (ABROUS et al., 1998; bei BORLONGAN and SANBERG, 1995, als
„Elevated Body Swing Test“ bezeichnet [s. Kap. 2.6.]).
2.6. Lateralität und Bewegungsstörungen bei normalen Tieren
Auch bei Tieren sind chemische, funktionelle und morphologische Indices für
Hirnasymmetrien vorhanden (Kap. 2.1.1.). Individuelle Unterschiede in cerebraler
Lateralität covariieren mit individuellen Unterschieden in der Reaktion auf
Substanzapplikation, im räumlichen Verhalten und bei Stressreaktionen (CARLSON
und GLICK, 1992).
Bei Nagern tritt die Asymmetrie vor allem als Rotationspräferenz in Erscheinung.
Hierbei geben Richtung und Intensität Auskunft über chemische und morphologische
Indices von Asymmetrien (CARLSON und GLICK, 1992).
Bereits 1974 fanden JERUSSI und GLICK, dass normale Sprague-Dawley Ratten nach
systemischer Gabe von Amphetamin auf engen Kreisen rotieren. CLAUSING et al.
zählten 1996 duchschnittlich 80 Rotationen in 20 Min. nach Verabreichung von
Amphetamin (2,5 mg/kg Körpergewicht [KGW] s.c.) an solche Ratten. Die Rotationen
wurden hier mit Hilfe einer automatischen Meßmethode im sog. Rotometer (HUDSON
et al., 1993) dokumentiert. Das Tier wird hierzu in ein zylindrisches Behältnis
verbracht und an eine Messapparatur (einen beweglichen Arm, der mit einem
elektronischen Zählsystem verbunden ist) angeschlossen. Die Daten können vom
Zählsystem direkt in einen Computer transferiert und dort ausgewertet werden.
41
JERUSSI und GLICK (1974) führten die gezeigten Drehungen auf eine intrinsische,
bilaterale Imbalanz im DA-Gehalt des nigro-striatalen Systems von normalen Ratten
zurück. Amphetamin könnte eine neurochemische Imbalanz in diesem System
verstärken, indem es auf einer Seite mehr DA freisetzt. Als Konsequenz der durch
Amphetamin verstärkten funktionellen Asymmetrie würde die Ratte nun vermehrt in
die, bereits basal vorhandene, dominante Richtung gesteuert. 1976 gab es eine erste
Bestätigung für diese Hypothese. Es konnte eine Differenz im DA-Gehalt zwischen
rechtem und linkem Striatum von 10 – 15% bei normalen Ratten festgestellt werden,
welche sich nach Amphetamin-Applikation auf ca. 25% verstärkte (GLICK et al., 1976).
1978 machten GLICK und COX die Beobachtung, dass normale Sprague-Dawley
Ratten während ihrer nächtlichen Aktivitätsphase drehen, und dass die dabei
bevorzugte Drehrichtung zu 91,7% auch bei Beobachtungen an verschiedenen
Tagen konstant bleibt und mit der Amphetamin-induzierten Rotationsrichtung
übereinstimmt.
SHAPIRO et al. fanden 1986, dass das Rotationsverhalten bei weiblichen Sprague-
Dawley Tieren stärker ausgeprägt ist als bei männlichen. Mit Hilfe eines Rotometers
wurden nachts in 6 Std. durchschnittlich 74 Drehungen bei Weibchen und 27
Drehungen bei Männchen gezählt. Östrogene scheinen das Rotationsverhalten zu
beeinflussen, denn während des Östrus lassen sich mehr Rotationen feststellen
(BECKER et al., 1982). Es gibt Untersuchungen, die einen Einfluß der weiblichen
Steroide auf die Aktivität nigro-striataler DA-Neurone bestätigen (MCDERMOTT, 1993).
Applikation von Apomorphin löst in gesunden Ratten ebenfalls Rotationen aus,
jedoch normalerweise in die entgegengesetzte Richtung wie Amphetamin im selben
Tier (JERUSSI und GLICK, 1975).
In folgenden biochemischen Analysen konnte bestätigt werden, dass die
Amphetamin-induzierten Rotationen auf einer Asymmetrie in der striatalen DA-
Konzentration beruhen (GLICK et al., 1974) und die Apomorphin-induzierten
Rotationen Folge einer postsynaptischen Rezeptor-Asymmetrie im Striatum von
normalen Ratten sind (JERUSSI et al., 1977). Auch daraufhin getestete weitere
dopaminerge Substanzen, wie das Levodopa, führten in bestimmten Dosierungen zu
Rotationsverhalten (JERUSSI und GLICK, 1976). Neben den dopaminergen Substanzen
wurden eine Reihe weiterer pharmakologisch wirksamer Substanzen auf ihre
Fähigkeit hin, Drehungen auszulösen, getestet. Sowohl Ketamin (MYSLOBODOSKY et
42
al., 1979), als auch Tetrahydrocannabinol (WATERS und GLICK, 1973) und Morphin
(KORCZYN und ESHEL, 1979) waren in der Lage, Drehungen zu evozieren. Ebenso
führte die Applikation der Halluzinogene LSD, Mescalin und 5-Methoxy-N,N-
Dimethyltryptamin zu dosis-abhängigem Drehverhalten (FLEISHER und GLICK, 1979).
Die Substanzen Scopolamin und Atropin induzierten Rotationen in dieselbe Richtung
wie Amphetamin und potenzierten den Amphetamin-Effekt. Das cholinerge Pilocarpin
hingegen antagonisiert den Amphetamin-Effekt (JERUSSI und GLICK, 1976). Diese
Ergebnisse stimmen mit einer angenommenen cholinergen/dopaminergen Balance
im Striatum, d.h. einer wechselseitigen Beeinflussung der beiden Systeme, überein
(FOG, 1972; RANDRUP und MUNKVAD, 1975).
Es wurde nach Substanzversuchen, aber auch nach Versuchen mit unilateralen
Läsionen des DA-Systems (s. Kap. 2.7.1.) postuliert, dass die Tiere von der Seite mit
der höheren striatalen DA-Aktivität, der contralateralen Seite, weg und zur Seite mit
dem geringeren DA-Gehalt, der ipsilateralen Seite, hin drehen.
1986 konnte jedoch von SHAPIRO et al. gezeigt werden, dass es 2 Arten von
Populationen beider Geschlecher gibt: solche mit einer Drehrichtung weg von
(„Contra > Ipsi-Ratten“) und solche mit einer Drehrichtung hin zur („Ipsi > Contra-
Ratten“) Seite des Striatums mit der höheren DA-Konzentration. Dieses wurde
dahingehend interpretiert, dass der Grad der striatalen DA-Asymmetrie nur die
Stärke der Drehpräferenz bestimmt, nicht jedoch die Drehrichtung, die von weiteren
Faktoren beeinflusst wird.
Eine starke Verbindung zwischen einer Asymmetrie der Hemisphären und
Rotationsverhalten zeigten WILLAR und CROWNE (1989). Sie untersuchten Sprague-
Dawley Ratten zunächst auf das Vorliegen einer funktionellen Hirnasymmetrie: das
Circling-Verhalten nach Amphetamin-Gabe wurde beurteilt; es wurde beobachtet, zu
welcher Seite sich die Tiere wenden, wenn sie in ein Open field gesetzt werden; und
es wurde untersucht, zu welcher Seite sie sich hochdrehen, wenn sie am Schwanz in
die Höhe genommen werden („Tail-Hanging Test“, s. Kap. 2.5.2.2.). Danach konnte
eine gute Aussage über die Seitenpräferenz des jeweiligen Tieres getroffen werden.
Im Folgenden wurde die Fähigkeit getestet, eine links-rechts Unterscheidung zu
lernen und zu behalten (wiederholte Testung 24 Std. später). Es zeigte sich, dass die
Tiere mit Seitenpräferenz im Gegensatz zu denen ohne Seitenpräferenz sowohl
schneller lernten, als auch besser behielten. Diese räumliche Fähigkeit wurde allein
43
auf das Vorhandensein einer intrinsischen DA-Asymmetrie zurückgeführt, die sich in
Amphetamin-induziertem Circling-Verhalten widerspiegelt.
Einen wichtigen Einfluß auf Drehverhalten scheint der Cortex zu nehmen. Es gibt
zahlreiche Berichte darüber, dass die Aktivität des frontalen Cortex die
mesolimbischen und nigro-striatalen DA-Funktionen moduliert (GLICK und
GREENSTEIN, 1973; ROSS und GLICK, 1981a; CARTER und PYCOCK, 1980). So konnte
beispielsweise die Aktivierung des mesocorticalen DA-Systems durch Stressoren
einen Wechsel in der Rotationsrichtung induzieren (CARLSON et al., 1987). Die
Aufnahme von radioaktiv markierter Deoxyglukose in Hirnregionen zeigte einen
Unterschied im Energiemetabolismus des Frontalhirns, der so interpretiert wurde,
dass eine links-rechts Asymmetrie im frontalen Cortex die nigro-striatale Asymmetrie
moduliert: Die Seitenpräferenzen der Ratten waren stärker ausgeprägt, wenn die
Deoxyglukose-Aufnahme im contralateralen Cortex stärker war als im ipsilateralen
(GLICK et al., 1979). Da der linke frontale Cortex normalerweise eine höhere
Deoxyglukose-Aufnahme zeigte, wurde postuliert, dass in großen Populationen mehr
Ratten eine Rechtspräferenz haben als eine Linkspräferenz. Diese Annahme fand
durch Untersuchung eines Rattenkollektivs von 602 Tieren Bestätigung (GLICK et al.,
1979).
2.7. Lateralität und Bewegungsstörungen bei Stimulation und Läsion von
Hirnregionen
2.7.1. Zentrale Bereiche
Um näheres über die Ausprägung und Funktion von Hirnasymmetrien zu erfahren
und um Tiermodelle zu erzeugen, die als Krankheitsmodelle geeignet sind, wurden
zahlreiche Hirnregionen unilateral stimuliert oder aber chemisch oder elektrisch
läsioniert. So wurde zunächst für verschiedenste Tierarten (Ratte, Katze, Hund,
Frosch, Affe, Kaninchen) gezeigt, dass einseitige Stimulationen unterschiedlicher
Hirnbereiche (z.B. SNC, Nucleus caudatus, VTA, Hippocampus, Amygdala,
thalamische Kerne etc.) zu Rotationsverhalten führen (PYCOCK, 1980). Die elektrische
44
Läsion oder Ablation verschiedener Bereiche innerhalb der Basalganglien (Nucleus
caudatus, Globus pallidus, Nucleus subthalamicus, Substantia nigra) evozierte den
(in Bezug auf die Rotationsrichtung) zur Stimulation gegensätzlichen Effekt. Die
Erklärung hierfür ist, dass bei der Schädigung einer Region auf der einen Hirnseite
die analoge anatomische Region auf der anderen Hirnseite dominant wird und sich
dadurch die Haltungsasymmetrie und die Drehungen contralateral zur dominanten
Seite entwickeln (PYCOCK, 1980). Die gleichen Beobachtungen wurden nach
Verwendung unterschiedlicher Neurotoxine zur Erstellung einer Läsion gemacht
(PYCOCK, 1980).
Genauer beschrieben werden soll hier nur die chemische Läsion der SNC, die zu
einem heute wichtigen Tiermodell für die Erkrankung Morbus Parkinson geführt hat,
dem sogenannten „Ungerstedt-Modell“ der Ratte (s. auch SCHWARTING und HUSTON,
1996 a,b). 1968 beschrieb UNGERSTEDT zum ersten Mal, dass unilaterale Injektionen
des Neurotoxins 6-Hydroxydopamin in die SNC zu einer Degeneration des
ipsilateralen nigro-striatalen Projektionsweges und einem Verlust des DAs im
ipsilateralen Striatum führt. Die Tiere zeigen nach der Degeneration ein
Rotationsverhalten, eine Körperasymmetrie zur läsionierten Seite hin (UNGERSTEDT
und ARBUTHNOTT, 1970; UNGERSTEDT, 1971b) und Bewegungsstörungen (vor allem
beim Gebrauch der Gliedmaßen contralateral zur Läsion) (MIKLYAEVA et al., 1995).
Was das Rotationsverhalten anbelangt, so zeigen die Tiere ohne pharmakologische
Manipulation im Durchschnitt 2 spontane Rotationen pro Minute (PYCOCK und
MARSDEN, 1978). Bei Applikation von Substanzen, die das zentrale DA-System
manipulieren, zeigen die Tiere stärkeres Circling-Verhalten. Nach Gabe von
Amphetamin (3 mg/kg KGW i.p.) konnten PYCOCK und MARSDEN (1978) 7 Rotationen
pro Min. zur läsionierten Seite hin beobachten, HASHITANI et al. (1998) sahen bei
Applikation von Methamphetamin (3 mg/kg KGW i.p.) sogar 13 ipsilaterale
Rotationen in einer Min..
Auch nach Apomorphin-Injektion (1 mg/kg KGW i.p.) wird verstärktes Drehverhalten
gezeigt, hier erfolgen die Drehungen jedoch zur contralateralen, nicht-läsionierten
Seite hin (HUDSON et al., 1993). Diese unterschiedliche Reaktion auf die beiden
Substanzen lässt sich folgendermaßen erklären (s. Abb. 5):
Amphetamin sorgt in der intakten Gehirnhälfte für eine vermehrte DA-Freisetzung
und somit für eine Verstärkung der bilateralen Imbalanz, was zu Drehverhalten von
45
der Seite mit der höheren DA-Konzentration weg, also auf die läsionierte, DA-
verarmte Seite zu, führt.
Nach Apomorphin-Applikation erfolgt contralaterales Drehen, da es als
Kompensation des DA-Mangels auf der läsionierten Seite zu einer Hypersensibilität
und Vermehrung der DA-Rezeptoren kommt. DA-Rezeptoragonisten sind somit auf
der läsionierten Seite stärker wirksam als auf der intakten, wo die Rezeptoranzahl
nicht erhöht ist (CAREY 1986; HUDSON et al., 1993).
Abb. 5: Schema für die Drehrichtung von Nagern nach Läsionierung der dopaminergen Zellen in der linken Substantia nigra nach UNGERSTEDT (1971b) bei Applikation von Amphetamin oder Apomorphin. Weitere Erläuterungen s. Text.
Neben der Substanzapplikation gibt es weitere Möglichkeiten, die stattgefundene
Lateralisierung zu überprüfen. So werden Imbalanzen im nigro-striatalen System
auch im „Elevated Body Swing Test“ deutlich (BORLONGAN et al., 1995; von ABROUS et
al., 1998 als „Tail-Hanging Test“ bezeichnet). Dieser Test wird als Maß für das
46
asymmetrische motorische Verhalten von Hemiparkinson-Tieren in einem Substanz-
freien Status vorgeschlagen. Das Tier wird hier am Schwanz in die Höhe genommen
und die Frequenz und die Richtung des Schwingverhaltens werden aufgezeichnet.
Ratten mit unilateralen 6-Hydroxydopamin-Läsionen zeigen contralateral zur Läsion
gerichtete Schwingaktivität.
Ein weiteres Testverfahren, welches motorische Asymmetrien ausfindig machen
kann, ist der „Paw-Reaching Test“ (MONTOYA et al., 1990). Hier wird die Kontrolle der
Bewegung durch das Greifen nach Futterpellets gemessen und für die beiden
Körperseiten getrennt ausgewertet. Ungerstedt-Tiere sind in der Geschicklichkeit der
contralateralen Gliedmaße eingeschränkt. Es werden hier die Geschwindigkeit, die
Motivation und die maximale Greifkapazität überprüft. Dieser Test wird auch
verwendet, um die Tiere auf eine Händigkeit hin zu testen.
Obwohl Rotationsverhalten nicht zu den klassischen Symptomen bei Parkinson zählt,
so finden sich doch gelegentlich Patienten, die spontan zu der Hirnseite hin drehen,
von welcher die niedrigere DA-Aktivität angenommen wird, drehen (BRACHA et al.,
1987). Außerdem wird eine eindeutige Seitenasymmetrie als ein wesentliches
Kriterium für das Vorliegen der klinischen Entität Parkinson-Krankheit gewertet
(POEWE et al., 1996). Der Grund für den Neuronenuntergang bei Parkinson ist mit
Hilfe des Ungerstedt-Modells zwar nicht zu ermitteln, es kann jedoch genutzt werden,
um den therapeutischen Erfolg von Stammzelltransplantaten zu prüfen oder um neue
Antiparkinson-Medikamente zu entwickeln. Anhand dieses Modells konnte die
Vorstellung, dass Circling-Verhalten direkt aus einer Imbalanz der striatalen DA-
Aktivität resultiert, weiter bestätigt werden. Es wurde eine positive Korrelation
zwischen der Rotationsrate nach Applikation von DA-Agonisten und der Reduktion
der DA-Konzentration im läsionierten Striatum gefunden (THORNBURG und MOORE,
1975; COSTALL et al., 1976a). Aus folgenden Studien ergab sich jedoch der Hinweis,
dass andere DA-enthaltende Regionen zusätzlich zum nigro-striatalen System eine
Rolle beim Rotationsverhalten spielen. Obwohl die Manipulation des mesolimbischen
Systems per se kein Drehverhalten erzeugt, scheint es doch eine Rolle bei der
Vermittlung von Circling-Verhalten nach nigro-striatalen Läsionen zu spielen (KELLY
und MOORE, 1976; PYCOCK und MARSDEN, 1978). Circling-Verhalten tritt nur auf, wenn
eine Imbalanz im striatalen DA-Gehalt zusammen mit einer Stimulation limbischer
DA-Regionen vorliegt (PYCOCK und MARSDEN, 1978). So löst die unilaterale Injektion
47
von DA oder seiner Agonisten in das Striatum nur eine Haltungsasymmetrie mit
Drehen des Kopfes, aber keine Rotationen aus (COSTALL et al., 1974). Die bilaterale
Injektion von DA in den Nucleus accumbens resultiert in motorischer Hyperaktivität
(PIJNENBURG und VAN ROSSUM, 1973; KELLY und IVERSEN, 1976).
Es wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass die rotierende Ratte zwei funktionelle
DA-Komponenten benötigt:
1. Eine striatale DA-Imbalanz, die eine Haltungsasymmetrie und Drehung des Kopfes
hervorruft.
2. Eine Stimulation des mesolimbischen DA-Systems, insbesondere des Nucleus
accumbens, die für die lokomotorische Komponente sorgt, welche die
Haltungsasymmetrie in aktives Circling-Verhalten umwandelt.
2.7.2. Innenohr
Auch vestibuläre Dysfunktionen können Rotationsverhalten auslösen, da die
vestibulären Kerngebiete Projektionen zum striato-pallidalen System ausbilden und
somit in die Schaltkreise der Basalganglien eingreifen können (SHIMA 1984) (s. Kap.
2.5.2.1.). So führten Läsionen des inferioren und des medialen Nucleus vestibularis
zu ipsilateralen Drehungen, Läsionen des superioren und des lateralen Nucleus
vestibularis hingegen zu contralateralen Drehungen (SHIMA, 1984).
Amphetamininjektion nahm hier keinen Einfluß auf das Drehverhalten, nach
Apomorphinapplikation zeigten die Tiere jedoch die gleichen Richtungspräferenzen.
Nach einer unilateralen Läsion der Projektionsbahnen der Vestibularkerne auf das
Striatum (Fasciculus tegmenti dorsolateralis) wurden keine Unterschiede in den
striatalen Gehalten von DA, Noradrenalin oder Serotonin zwischen den beiden
Hemisphären gesehen. Dies wurde dahingehend interpretiert, dass die vestibulären
Regionen die striato-pallidalen Funktionen über eine Modulation der DA-
Rezeptoraktivität beeinflussen (SHIMA, 1984).
Rotationsverhalten lässt sich bei Ratten auch durch eine pharmakologische
Zerstörung der Haarzellen des Innenohres durch Aminoglykoside auslösen (s. Kap.
2.5.1.2.). 1978 zeigten ALLEVA und BALAZS, dass Ratten, denen vom 2. bis zum 22.
Postnataltag das Aminoglykosid Streptomycin in einer Dosierung von 300 mg/kg
48
KGW s.c. verabreicht wurde, Circling-Verhalten sowie abnorme Kopfbewegungen,
Hyperlokomotion und Taubheit zeigten. Des weiteren war der „Air-Righting Reflex“
bei den Tieren gestört. Das Circling-Verhalten und die Hyperlokomotion nahmen bis
zum Ende der Beobachtungsperiode (8 Monate) stark ab. Die weiteren
phänotypischen Veränderungen, einschließlich der Taubheit, persistierten.
Die Kopfbewegungen und der gestörte Ausrichtungsreflex wurden hier zunächst dem
vestibulären System zugeschrieben. Die Hyperlokomotion und das Circling-Verhalten
wurden von dieser Arbeitsgruppe jedoch nicht auf das Innenohr bezogen, sondern es
wurde eine Beteiligung zentraler Regionen angenommen.
In einer Folgeuntersuchung konnte gezeigt werden, dass es bei den Tieren zu einer
Zerstörung der inneren und äußeren Haarzellen der Cochlea, zu einer Reduktion der
Zellen im Spiralganglion, sowie zu starken Schäden des Nervus cochlearis kommt
(ALLEVA und BALAZS, 1980). Die histologische Untersuchung des vestibulären
Systems (von Cristae ampullares, Maculae utriculi und sacculi, sowie des Nervus
vestibularis) zeigte jedoch keine Veränderungen innerhalb dieses Systems. Es wurde
hieraus geschlossen, dass die Dyskinesien, die in Abwesenheit von
morphologischen Schäden im Vestibularapparat auftreten, entweder aus
funktionellen vestibulären Veränderungen resultieren, oder aber auf Alterationen
zentraler Regionen zurückzuführen sind (ALLEVA und BALAZS, 1980). Ein Hinweis auf
eine Veränderung zentraler Regionen war die Tatsache, dass die Dyskinesien durch
die Behandlung mit DA-Agonisten reversibel waren (ALLEVA et al., 1979). Des
weiteren unterstützte die festgestellte Erhöhung der DA-Rezeptorzahl im Striatum
und der Serotonin-Rezeptorzahl im frontalen Cortex die Idee von der Beteiligung
zentraler Bereiche an der Entstehung von Dyskinesien nach Streptomycin-
Behandlung (SETH et al., 1982). Interessant ist die Beobachtung, dass Streptomycin
nur bei Neonaten Dyskinesien auslösen kann. Bei adulten Tieren kommt es zwar
auch zu Hörverlusten, es kann jedoch auch mit hohen Dosen von Streptomycin kein
Circling-Verhalten ausgelöst werden (ALLEVA und BALASZ, 1980). Dieses wird mit
einer erhöhten Vulnerabilität der dopaminergen (COYLE, 1973; KELLOGG und
LUNDBORG, 1973) und serotonergen (BENNETT und SNYDER, 1976) Projektionsbahnen
während der neonatalen Entwicklung erklärt. Zusätzlich ist das Gehirn bei der
adulten Ratte durch die Blut-Hirn-Schranke geschützt, welche eine Passage von
Streptomycin wahrscheinlich nur bei Neonaten zulässt (SETH et al., 1982).
49
2.8. Lateralität und Bewegungsstörungen bei murinen Mutanten
Es sind mittlerweile zahlreiche Maus- und Rattenmutanten beschrieben, die als
Tiermodelle für die Taubheitsforschung und für die Untersuchung der Lateralisierung
von Hirnfunktionen eine wesentliche Bedeutung erlangt haben. Einige Mutanten mit
abnormem, massivem Drehverhalten oder mit Schädigungen der Basalganglien oder
des Innenohres sollen hier näher beschrieben werden.
2.8.1. Mausmutanten
Bei den Mausmutanten zählt die „Chakragati-Maus“ zu den Mutanten, die zwar
Circling-Verhalten zeigen, bei denen aber keine Dysfunktionen von cochleärem oder
vestibulärem System vorliegen (RATTY et al., 1990; FITZGERALD et al., 1992;
FITZGERALD et al., 1993). Es handelt sich hier um eine autosomal-rezessiv vererbte
Mutation, die in einer transgenen Mauslinie (TgX15; chakragati) als Folge einer
Insertionsmutagenese entstanden ist, und die zu Rotationsverhalten mit
Seitenpräferenz (90,3 ± 6,1%) und Hyperlokomotion führt. Das Rotationsverhalten
tritt spontan auf und kann jederzeit durch Stress (z.B. in die Hände klatschen)
ausgelöst werden. Die in der Neurochemie bestimmten Gehalte an DA, 3,4-
Dihydroxyphenylessigsäure, Homovanillinsäure, 5-Hydroxytryptamin, 5-
Hydroxyindollessigsäure und Noradrenalin in Striatum, Nucleus accumbens und
Cortex waren normal. Bei der Untersuchung der DA-Rezeptordichte in striatalen und
mesolimbischen Regionen wurde eine signifikante, unilaterale Erhöhung in der D2-
Rezeptor-Dichte in der zum Drehverhalten contralateralen, dorso- und
ventrolateralen Subregion des Striatums gefunden (FITZGERALD et al., 1992).
Bei der autosomal-rezessiven „Weaver“-Mutante zeichnen sich die für das „Weaver“-
Gen (wv) homozygoten Tiere zwar nicht durch Drehverhalten, aber durch einen
instabilen Gang mit gestörter Koordination der Gliedmaßen, sowie einen feinen
frequenten Tremor aus. Eine Untersuchung der Anzahl dopaminerger Neurone in
den drei Regionen des mesencephalischen DA-Zellsystem zeigte eine signifikante
bilaterale Abnahme der TH-positiven Neurone in der SNC der Mutanten im Vergleich
mit nicht-betroffenen Geschwistertieren. Die Mutante hat beidseitig erniedrigte DA-
50
Gehalte im Neostriatum (ca. 75%), im olfaktorischen Tuberkel (ca. 27%) und im
frontalen Cortex (ca. 77%) (SCHMIDT et al., 1982; GUPTA et al., 1987; TRIARHOU et al.,
1988).
Die meisten drehenden Mausmutanten weisen Defekte des Innenohres auf und
finden daher Verwendung in der Taubheitsforschung. Es sind bisher über 70
verschiedene Gene bekannt, die Innenohrfunktionen bei Mäusen stören. Wie beim
Menschen (s. 2.5.1.2.) liegen Mutationen vielfach in Genen für die unkonventionellen
Myosine.
Ein defektes Myosin 6-Gen führt zum „Snell`s Waltzer“-Phänotyp, ein defektes
Myosin 7A-Gen zum „Shaker-1“-Phänotyp und ein Defekt im Myosin 15 kann den
„Shaker-2“-Phänotyp erzeugen (YONEZAWA et al., 1999). Das „Shaker-1“-Gen führt
homozygot zu Taubheit, Circling-Verhalten, Hyperlokomotion und stereotypen
Kopfbewegungen. Histopathologisch zeigen sich typische cochleäre Defekte vom
neuroepithelialen Typ (Dysfunktionen und progressive Degeneration des Corti-
Organs). Zusätzlich läßt sich lichtmikroskopisch eine progressive Degeneration der
Haarzellen im Sacculus darstellen (GIBSON et al., 1995; SELF et al., 1998). 1997
beschrieben WEIL et al., dass der murine „Shaker-1“- und der humane Usher 1B-
Phänotyp durch Mutationen im Myosin 7A-Gen entstehen. Die Ähnlichkeiten im
Phänotyp von Patienten mit autosomal-rezessiver, nicht-syndromischer Taubheit Typ
2 und der „Shaker-1“-Mutante ließen vermuten, dass ein defektes Myosin 7A auch
für die autosomal-rezessive, nicht-syndromische Taubheit Typ 2 verantwortlich
zeichnet. Auch dieses konnte bestätigt werden (WEIL et al., 1997).
Die autosomal-rezessive „Shaker-2“-Mutation löst ebenfalls Taubheit und Circling
aus. Das unkonventionelle Myosin 15-Gen scheint hier verändert. Die auditorischen
Haarzellen haben sehr kurze Stereozilien und eine lange, Aktin-enthaltende
Protrusion an ihrem basalen Ende. In den Cristae ampullares scheint die Anzahl der
Haarzellen verringert. In einigen Haarzellen liegen Fragmentationen der
Mitochondrien vor, einige Haarzellen befinden sich in Degeneration (ANNIKO et al.,
1980; PROBST et al., 1998). Für die „Shaker-2“-Mutation wurde eine Homologie zur
humanen autosomal-rezessiven, nicht-syndromischen Taubheit Typ 3 festgestellt
(PROBST et al., 1998; WANG et al., 1998).
Homozygote Mäuse der Mutantenlinie BUS/Idr zeigen phänotypisch Taubheit, sowie
Drehverhalten, Hyperlokomotion und stereotype Kopfbewegungen. Das
51
verantwortliche Gen wurde auf Chromosom 10 lokalisiert. Es könnte sich um ein Allel
des bereits bekannten „Albany Waltzer“-Gens (BRYDA et al., 1997) handeln. Das zum
„Waltzer“-Locus homologe Gen des Menschen ist ein möglicher Kandidat für die
humane autosomal-rezessive, nicht-syndromische Taubheit Typ 12. Bei adulten
Tieren wurden Degenerationen des Corti-Organs und des Spiralganglions, sowie
vestibuläre Dysfunktionen gefunden (YONEZAWA et al., 1999).
Tiere des DBA/2-Mäusestamms haben genetisch induzierte vestibuläre
Dysfunktionen (BLOOM und HULTCRANTZ, 1994). Einige dieser Tiere zeigen ein
Rotationsverhalten, sowie Deformationen und Degenerationen im vestibulären
System, wie vergrößerte Haarzellen, Zelltrümmer und ungeordnete Stereozilien
(BLOOM und HULTCRANTZ, 1994). Die nicht-drehenden Geschwistertiere zeigen eine
ähnliche, aber nicht so schwer ausgeprägte, Pathologie des vestibulären
sensorischen Epithels (BLOOM und HULTCRANTZ, 1994).
Auch bei einer spontan aufgetretenen Mutante im C3H/He-Stamm wurden
Dysfunktionen des vestibulären Systems für den Phänotyp mit Drehverhalten,
Hyperlokomotion und stereotypen Kopfbewegungen verantwortlich gemacht. Bei
Abwesenheit morphologischer Abnormitäten im zentralen Nervensystem wurden
starke morphologische Veränderungen der Stereozilien von Macula utriculi und
Macula sacculi (reduzierte Anzahl, disorganisierte Verteilung und Riesen-
Stereozilien) beobachtet. Bei 18 Monate alten Tieren lag eine massive Degeneration
der Haarzellen in Macula utriculi und Macula sacculi vor (KITAMURA et al., 1991 a,b).
Eine autosomal-rezessive Mausmutante mit Bewegungsstörungen, aber ohne
Drehverhalten, ist die im A/J-Inzuchtstamm des Jackson Laboratoriums aufgetretene
„Stargazer“ (stg)-Mutante. Sie zeigt charakteristische Kopfbewegungen und Ataxie.
Darüber hinaus führt die auf Mauschromosom (MMU) 15 gelegene Mutation zu einer
Epilepsie, die sich im Elektroencephalogramm (EEG) in „Spike-Wave“-Entladungen
äußert (NOEBELS et al., 1990).
2.8.2. Rattenmutanten
Bereits im Jahr 1973 wurden zwei Rattenmutanten mit Drehverhalten beschrieben.
Die „Spinner-1“ (spn-1)-Mutante trat im B/1N-Stamm spontan auf. Der Erbgang ist
52
hier autosomal-rezessiv. Die heterozygoten Tiere verhalten sich normal, aber die
spn-1/spn-1-Tiere haben den Hang, in Uhrzeigerrichtung zu drehen, und zeigen
zusätzlich einen leichten Hydrocephalus (HEDRICH, 1990).
Auch die „Spinner-2“ (spn-2)-Mutante trat spontan auf, und zwar im N:SDN
Auszuchtstamm. Phänotypisch ist die Mutante der spn-1 ähnlich, aber ein
Komplementationstest wies auf zwei unabhängige Mutationen hin (HEDRICH, 1990).
Eine Rattenmutante mit Bewegungsstörungen, die AS/Agu-Mutante, trat spontan in
einer Kolonie von Albino-Swiss (AS) Ratten in Glasgow auf (CLARKE und PAYNE,
1994). Diese Mutante ist von Interesse, weil hier zwar Verluste dopaminerger
Neurone vorliegen, im Gegensatz zur ci2- und ci3-Mutante aber dennoch kein
Rotationsverhalten gezeigt wird. Die möglichen Ursachen werden bei der
Betrachtung der Versuchsergebnisse diskutiert. Die autosomal-rezessiv vererbte
Mutation führt ab dem 10. Lebenstag zu progressiven lokomotorischen Störungen.
Es kommt zu einem steifen Gang und einer Rigidität der Hintergliedmaßen. Die
Applikation von Levodopa über einen Zeitraum von 4 Wochen verbesserte die
Leistung der Mutanten in Balancetests, änderte jedoch nichts an dem steifen Gang
der Mutanten (RUSSELL et al., 1998). In der SNC fielen bei lichtmikroskopischer
Untersuchung leichte Abweichungen von Form und Größe der dopaminergen
Neurone auf (CLARKE und PAYNE, 1994). Mittels immunhistochemischer
Untersuchungen wurde ein bilateraler Verlust dieser Neurone in den zentralen
Bereichen der SNC nachgewiesen, welcher bei -58% im Vergleich mit Kontrolltieren
des Ursprungsstammes lag. Auch im Striatum fanden sich Zellverluste. In der VTA
ergaben sich Zellverluste von 20 – 30%. Des weiteren wies die SNC um 45%
erniedrigte DA-Gehalte auf und im Striatum zeigte sich eine subregional
unterschiedlich ausgeprägte DA-Reduktion (CLARKE und PAYNE, 1994).
Bei der „Stargazer“ (stg)-Rattenmutante, die 1994 von TRUETT et al. zum ersten Mal
beschrieben wurde, handelt es sich um eine Rattenmutante im Zucker- (Crl:ZUC-
lepfa) Stamm, die sowohl eine Dysfunktion im DA-System, als auch Defekte des
cochleären und vestibulären Systems aufweist (TRUETT et al., 1994; BROCK et al.,
1995; BROCK und ASHBY, 1996). Die Mutation wird in einem autosomal-rezessiven
Erbgang weitergegeben und führt phänotypisch zu Circling-Verhalten,
Hyperlokomotion und Opisthotonus, die alle ab der 3. Lebenswoche auftreten. Eine
vorliegende Taubheit wurde mittels der Ableitung auditorisch evozierter Potentiale
53
nachgewiesen. Histologische Untersuchungen des Innenohres zeigten
fortgeschrittene Degenerationen der Haarzellen und von Zellen des akustischen
Ganglions. Des weiteren gingen die Ratten im Schwimmtest korkenzieherförmig
unter, was auf Dysfunktionen des vestibulären Systems zurückgeführt wurde. Die
Untersuchung der Reaktion der Mutante, sowie gesunder Kontrollen auf die
Applikation von Quinpirol und Haloperidol wies auf eine verringerte Sensitivität der
D2-/D3-Rezeptoren hin, so dass auf eine Dysfunktion des zentralen DA-Systems
geschlossen wurde.
Im Jahr 2001 wurde von RABBATH et al. in einem Stamm von Long-Evans Ratten eine
neue „Waltzing“-Mutante beschrieben, die sich durch Circling-Verhalten, sowie
Dysfunktionen in der vestibulären Kontrolle von Haltung (Kopfhaltung nach abwärts)
und Blick (Defizit des horizontalen vestibulo-oculären Reflexes während konstanter
Beschleunigungen) auszeichnet. Licht- und elektronenmikroskopische
Untersuchungen zeigten keine Abnormitäten des vestibulären Neuroepithels. Es
wurde hier angenommen, dass das Rotationsverhalten in Verbindung zu
Abnormitäten in der Transduktion oder der Prozessierung von Signalen im
vestibulären System stehen könnte.
2.9. Die ci2- und ci3-Mutante
2.9.1. Die LEW/Ztm-ci2-Rattenmutante
1991 trat in einem Lewis (LEW)-Inzuchtstamm am damaligen Zentralinstitut für
Versuchstierzucht der DFG in Hannover eine Spontanmutante auf, welche
Bewegungsstörungen in Form von Rotationsverhalten zeigte. Die Mutante wurde mit
dem Namen „ci2“ belegt: „ci“ als Gensymbol für Circling, und „2“, weil bereits 1986 in
diesem Stamm eine drehende Rattenmutante aufgetreten war (DEERBERG et al.,
1989), die als „ci1“ benannt, aber nicht näher charakterisiert wurde, und die auch
nicht mehr existiert.
Die ci2-Mutante wurde dann im Zentralen Tierlabor der Medizinischen Hochschule
Hannover (Ztm) weitergezüchtet und näher untersucht. Durch klassische
54
Zuchtversuche konnte die Vermutung, dass es sich hier um einen autosomal-
rezessiven Erbgang handelt, bestätigt werden (LÖSCHER et al., 1996).
Bei den homozygoten Tieren (ci2/ci2) sind schon in einem Alter von 18 – 20 Tagen
erste Anzeichen für motorische Anomalien erkennbar, die sich als ein Überstrecken
des Kopfes nach caudo-dorsal, als Opisthotonus oder „Stargazing“, äußern. Ab der
3. – 4. Lebenswoche tritt dann ein intensives, spontanes Drehverhalten auf. Diese
Drehungen werden als enge „nose-to-tail“ Rotationen ausgeführt und treten zumeist
salvenartig auf, wobei Stress (z.B. durch Verbringen der Tiere in eine neue
Umgebung) die Salven noch verstärkt. Das Rotationsverhalten der ci2 ist lateralisiert,
d.h. ein Großteil der Mutanten hat eine eindeutige Richtungspräferenz im
Drehverhalten (LÖSCHER et al., 1996). Neben dem Circling-Verhalten und dem
Opisthotonus zeigen die Tiere noch weitere motorische Anomalien, die sich in
Hyperlokomotion und Ataxie äußern (LÖSCHER et al, 1996).
Die heterozygoten Geschwistertiere zeigen kein Rotationsverhalten, sie sind
phänotypisch normal und konnten somit, neben Tieren des LEW-
Hintergrundstammes, als Kontrolltiere eingesetzt werden.
Die Tiere werden im Ztm gezüchtet, indem ein drehendes mit einem nicht-drehenden
Tier verpaart wird. Das starke Rotationsverhalten der Tiere verschlechtert die
Zuchtergebnisse. Des weiteren kommt es durch die starke Bewegungsaktivität zu
geringeren Gewichtszunahmen, die Vitalität der Tiere ist jedoch nicht beeinträchtigt
(LÖSCHER et al., 1996; FEDROWITZ, 1999).
Aufgrund der Ähnlichkeit der Mutante zum Phänotyp 6-Hydroxydopamin-läsionierter
Ratten im Ungerstedt-Modell wurde zunächst der Frage nachgegangen, ob es sich
bei der ci2-Mutante um ein hereditäres Modell für den Morbus Parkinson handeln
könnte (LÖSCHER et al., 1996; RICHTER et al., 1999).
Das Rotationsverhalten der Tiere wurde charakterisiert, indem über 5 Min. die
Rotationen gezählt wurden. Im Open Field zeigten die weiblichen Tiere im Mittel 22
Drehungen, die männlichen im Mittel 14 Drehungen in dieser Zeit. Die
Rotationszahlen der nicht-drehenden Kontrolltiere lagen wie erwartet für beide
Geschlechter bei 0 Drehungen im Beobachtungszeitraum (LÖSCHER et al., 1996).
Der “Paw-Reaching Test” (nach MONTOYA et al., 1990), der das Greifverhalten und
die Motorik der Vorderextremitäten überprüft, zeigte eine ausgeprägte einseitige
55
Defizienz der Vorderextremität contralateral zur spontanen Drehpräferenz (LÖSCHER
et al., 1996).
In pharmakologischen Testreihen wurden den ci2-Ratten die Substanzen
Amphetamin, MK-801, sowie Apomorphin in verschiedenen Dosen appliziert. Die
Injektion von Amphetamin bewirkte neben verstärkter Hyperlokomotion und
verstärkter Ataxie eine signifikante Erhöhung der Rotationsrate bei den ci2-Tieren,
wohingegen sie bei den nicht-drehenden Wurfgeschwistern kein Drehverhalten
auslöste. Dieses Ergebnis wurde auf eine Imbalanz des nigro-striatalen DA-Systems
zurückgeführt (LÖSCHER et al., 1996), da durch die Wirkung des Amphetamins eine
bestehende Ungleichheit im DA-Gehalt verstärkt würde. Auch MK-801 führte nur bei
den Mutanten zu einer Intensivierung des Rotationsverhaltens, vermutlich durch
Erhöhung des DA-Umsatzes im Striatum (LÖSCHER et al., 1996). Bei Verwendung von
Apomorphin in einer Dosierung, welche nur die präsynaptischen D2-Rezeptoren
erregt, kam es zu einer Abnahme spontaner Rotationen bei den ci2-Ratten. Dasselbe
Ergebnis brachte die Injektion einer höheren Dosis, die sowohl auf prä- als auch auf
postsynaptische Rezeptoren stimulierend wirkt. Dieses wurde dahingehend
interpretiert, dass bei reiner Erregung der präsynaptischen D2-Rezeptoren, welche
einen Überschuß an freiem DA im synaptischen Spalt signalisiert, die DA-
Freisetzung reduziert wurde und somit auch die Rotationszahl abnahm. Durch eine
vermutete Simulierung gleicher DA-Gehalte rechts und links bei Erregung auch der
postsynaptischen DA-Rezeptoren durch die höhere Apomorphindosis wurde die
Circling-Rate ebenfalls vermindert, was darauf schließen läßt, daß keine einseitige
Hypersensitivität von DA-Rezeptoren vorliegt (LÖSCHER et al.,1996). Neurochemische
Untersuchungen lieferten weitere Hinweise auf eine bilaterale Imbalanz im nigro-
striatalen DA-System. Es wurden Homogenate von Striatum, Nucleus accumbens
und frontalem Cortex hergestellt und verschiedene Monoamine und Metaboliten
mittels „High Pressure Liquid Chromatography“ (HPLC) bestimmt. Die ci2-Ratten mit
klar ausgeprägter Seitenpräferenz im Circling-Verhalten wiesen im Striatum auf der
Seite ipsilateral zur Rotationspräferenz signifikant geringere Konzentrationen an DA
und seinen Metaboliten Homovanillinsäure und 3,4-Dihydroxyphenylessigsäure auf
(LÖSCHER et al., 1996). In den anderen untersuchten Bereichen konnten keine
Seitenunterschiede bezüglich dieser Monoamine festgestellt werden, auch nicht für
Serotonin und dessen Metabolit 5-Hydroxyindolessigsäure, sowie Noradrenalin
56
(RICHTER et al., 1999). Diese pharmakologischen und neurochemischen Befunde,
welche Gemeinsamkeiten mit dem Ungerstedt-Modell zeigten, gaben zunächst Anlaß
zu der Annahme, dass die Circling-Ratte das erste genetische Tiermodell für
idiopathischen Morbus Parkinson darstellen könnte, was sich im Weiteren jedoch
nicht bestätigte. Denn immunhistochemische Studien zeigten, dass die Anzahl
dopaminerger Neurone der SNC und die Dichte der dopaminergen Terminalen im
Striatum keine bilaterale Asymmetrie aufwiesen. Lediglich in der rostralen VTA fand
sich ipsilateral eine signifikant höhere Neuronendichte als contralateral. Zu den LEW-
Kontrollratten ergaben sich keine signifikanten Unterschiede (RICHTER et al., 1999).
Autoradiographische Untersuchungen zur Dichte von D1- und D2-Rezeptoren und
des DA-Transporters in Striatum und Substantia nigra liessen keine Unterschiede
zwischen den beiden Hemisphären der ci2-Mutante erkennen. Im Vergleich mit LEW-
Kontrollratten zeigten sich bei ci2-Ratten jedoch erhöhte Bindungsdichten für den
DA-Transporter und den D1-Rezeptor im Striatum und für den D1- und den D2-
Rezeptor in der Substantia nigra. Aufgrund der bisher erhobenen Daten wurde
geschlossen, dass die gefundene geringe bilaterale Asymmetrie der DA-
Konzentration im Striatum aufgrund einer Erhöhung der striatalen Rezeptordichte
zum Rotationsverhalten führen könnte (RICHTER et al., 1999). Um herauszufinden, ob
die salvenartigen Rotationen auf einer temporär stärker ausgeprägten bilateralen
Asymmetrie in der striatalen DA-Freisetzung beruhen könnte, wurden nun in vivo-
Untersuchungen die extrazellulären DA-Konzentrationen im Striatum mittels
Mikrodialyse am frei beweglichen Tier bestimmt (FEDROWITZ et al., 2000). Es wurden
wiederum ci2-Tiere mit Kontrolltieren verglichen und Messungen während einer
Ruhe- und einer Stressphase (in welcher die Tiere durch Handling gestört wurden)
vorgenommen. Während der Ruhephase gab es keine signifikanten Imbalanzen in
der DA-Freisetzung, wohingegen unter Einfluß von Stress bei den ci2-Tieren eine
signifikante Erhöhung der DA-Freisetzung contralateral zur Seite der Drehpräferenz
manifest wurde, bei den Kontrolltieren aber im linken und rechten Striatum keine
Veränderungen der DA-Ausschüttung auftraten. Nach Zugabe von Amphetamin zum
Perfusionsmedium zeigten die weiblichen ci2-Ratten contralateral im Striatum eine
signifikant höhere Ausschüttung von DA als ipsilateral, bei den männlichen ci2-
Ratten und den Kontrollen gab es hingegen keinen Unterschied. Die Ergebnisse der
Mikrodialyse sprachen erneut für eine genetisch vermittelte Dysfunktion des
57
zentralen DA-Systems. Trotz vieler Ähnlichkeiten der ci2 zum Ungerstedt-Modell für
den Morbus Parkinson deutete das Fehlen einer signifikanten Degeneration
dopaminerger Neurone in der SNC zusammen mit der Hyperlokomotion und den
stereotypen Kopfbewegungen der Mutante darauf hin, dass diese Mutante nicht als
Modell für den Morbus Parkinson, eine hypokinetische Bewegungsstörung, sondern
als Modell für hyperkinetische Bewegungsstörungen geeignet sein könnte (RICHTER
et al., 1999; FEDROWITZ et al., 2000).
Aufgrund der Ähnlichkeit des motorischen Syndroms zum Phänotyp von
Mausmutanten mit Taubheit wurde bei ci2/ci2-Tieren und ci2/+-Kontrollen auch die
Funktion des cochleären Systems mittels auditorisch evozierter Potentiale getestet.
Bei denselben Tieren erfolgten anschließend histologische Untersuchungen der
Haarzellen des Innenohres. Die Funktion des vestibulären Systems wurde anhand
des Schwimmtests, des „Air-Righting Tests“ und des „Tail-Hanging Tests“ untersucht.
Die cochleären und vestibulären Kerngebiete von ci2/ci2-Tieren und ci2/+-Tieren
wurden auf das Kernvolumen, die Neuronendichte und die Neuronenmorphologie
(Größe, Umfang, Kreisfaktor) hin untersucht (KAISER et al., 2001). Die Ableitung
auditorisch evozierter Potentiale zeigte eine vollständige Taubheit der Mutante im
Gegensatz zu den Kontrollen. Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Funktion des
vestibulären Systems wiesen deutlich auf Defekte dieses Systems hin. Die
histologische Analyse des Innenohres ausgewachsener ci2/ci2-Tiere zeigte einen
praktisch vollständigen Verlust des cochleären Neuroepithels und eine Degeneration
von Zellen des Spiralganglions, wohingegen kein offensichtlicher Haarzellverlust in
den vestibulären Anteilen des Innenohres gesehen wurde. Die vestibulären
Haarzellen zeigten jedoch kleine Protrusionen des Cytoplasmas in den
endolymphatischen Raum, aus denen auf Veränderungen des Cytoskelettes der
Zellen geschlossen wurde. Aufgrund vorläufiger Hinweise auf einen Verlust
vestibulärer Haarzellen bei jungen (ca. 4 Wochen alten) ci2-Tieren wurde eine
Regeneration der vestibulären Haarzellen während der späteren Entwicklung
angenommen (KAISER et al., 2001). Die Volumenmessung der Hirnstammkerne
zeigte, dass bei der ci2-Mutante der mediale vestibuläre Nucleus signifikant kleiner
(ca. 40%) ist als bei den Kontrollen, und dass eine generelle, allerdings nicht
signifikante, Tendenz zu kleineren cochleären Kernen (im Mittel ca. 25%) bei den
ci2/ci2-Ratten besteht. Die Neuronendichte in den cochleären Kernen war bei der
58
Mutante signifikant höher, im medialen vestibulären Nucleus dagegen signifikant
niedriger als bei den Kontrollen. Im anterioren lateralen vestibulären Nucleus war die
Dichte bei der ci2-Mutante ipsilateral niedriger als contralateral. In Bezug auf die
Morphologie zeigten die Neurone der cochleären Kerne eine abnorme Form
(abgerundete Zellen) und eine reduzierte Größe. Diese Neuronenverkleinerung
wurde auf fehlende synaptische Eingänge von afferenten Fasern aus der Cochlea
zurückgeführt, die erhöhte Neuronendichte wurde als Kompensationsversuch auf das
verringerte Kernvolumen angesehen (KAISER et al., 2001).
2.9.2. Die BH.7A/Ztm-ci3- Rattenmutante
Die ci3-Rattenmutante trat im Jahr 1997 im Ztm spontan auf, allerdings nicht im
LEW-, sondern im BH.7A/Won-Stamm. Der BH.7A-Stamm ist ein zum BH-Stamm
congener Rattenstamm, der das Ptprca („protein tyrosine phosphatase, receptor type
c“)-Allel exprimiert. Er wurde durch den Transfer dieses Allels von LEW- auf BH-
Ratten innerhalb von 12 Rückkreuzungsgenerationen entwickelt. Die Mutation wird
hier wiederum in einem autosomal-rezessiven Erbgang weitergegeben (Hedrich,
1990). Die Zucht wird im Ztm geführt, indem homozygote Tiere miteinander verpaart
werden.
Weil auch diese Mutante durch spontanes Drehverhalten auffiel, wurde sie mit dem
Gensymbol „ci3“ belegt. Erste Beobachtungen ließen vermuten, dass das
Rotationsverhalten bei der ci3-Mutante ebenfalls lateralisiert auftritt und im
Gegensatz zur ci2 keine Innenohrschäden vorliegen. Aufgrund der Ähnlichkeit zum
Phänotyp der ci2-Mutante wurden ci3-Tiere auch mit homozygoten ci2-Ratten
verpaart um herauszufinden, ob die Abnormitäten der beiden Tiergruppen durch den
gleichen Gendefekt verursacht, oder durch verschiedene Gene codiert werden. Die
in diesem Komplementationstest entstandenen ci2/ci3 Nachkommen zeigten in
keinem Fall ein Rotationsverhalten. Es handelt sich hier also um Mutationen
unabhängiger Loci.
59
2.10. Aufgabenstellung
Im Rahmen des Projektes sollte eine Charakterisierung beider Mutanten
(weiterführende Untersuchungen bei der ci2-Mutante und eine Erstcharakterisierung
bei der ci3-Mutante) erfolgen. Hierbei sollten unter Berücksichtigung der
Informationen aus der Literatur und der bei der ci2-Mutante bereits gewonnenen
Erkenntnisse die Basalganglien (hier insbesondere das DA-System) und das
Innenohr im Mittelpunkt stehen. Anhand der Untersuchungsergebnisse sollte
anschließend der Modellcharakter der Mutanten überprüft werden.
Das Methodenspektrum umfasste Verhaltensbeobachtungen, Neuropharmakologie,
Neurochemie, Neuropathologie etc., um ein genaues Bild über Funktion und
Morphologie der genannten Regionen zu erhalten. Um die wechselseitigen Einflüsse
zwischen Innenohr und zentralen Bereichen und einen eventuellen Anteil des
Innenohres an der Auslösung von Rotationsverhalten zu verstehen, wurden darüber
hinaus bei normalen Ratten des LEW-Stammes mittels des oto- und neurotoxisch
wirksamen Aminoglykosids Streptomycin Innenohrschäden induziert. Der Phänotyp
der Streptomycin-behandelten Tiere wurde dann mit dem Phänotyp der Mutanten
verglichen.
60
3. Material und Methoden
3.1. Versuchstiere
3.1.1. Herkunft
Die für die Untersuchungen eingesetzten Tiere stammen aus dem Ztm und wurden
uns freundlicherweise von Herrn Professor H.-J. Hedrich (beide Mutanten, ci2/+-
Tiere und Tiere des LEW-Hintergrundstammes) und Herrn Professor K. Wonigeit
(Tiere des BH.7A-Hintergrundstammes) überlassen.
Für die Untersuchungen zur LEW/Ztm-ci2-Mutante wurden drehende, für den
Gendefekt homozygote Tiere (ci2/ci2) eingesetzt. Da bei dieser Mutante die
homozygoten, drehenden mit heterozygoten, nicht-drehenden Geschwistern verpaart
werden, konnten hier als Kontrolltiere sowohl die Geschwistertiere (ci2/+), als auch
normale Ratten des LEW-Hintergrundstammes (LEW/Ztm) verwendet werden.
Für die Studien zur BH.7A/Ztm-ci3-Mutante wurden ebenfalls drehende, für den
Gendefekt homozygote Mutanten (ci3/ci3) untersucht. Hier konnten als Kontrolltiere
nur Tiere des BH.7A-Hintergrundstammes (BH.7A/Won) eingesetzt werden, da bei
der ci3-Mutante die homozygoten, drehenden Tiere miteinander verpaart werden und
somit keine heterozygoten Geschwistertiere existieren.
Zur Erstellung von Tieren mit einem Innenohrschaden mittels Streptomycin-
Intoxikation wurden ebenfalls LEW-Ratten aus dem Ztm verwendet.
Für vergleichende elektroencephalographische Untersuchungen wurden als
Positivkontrolle WAG/Rij-Ratten der Firma Harlan Winkelmann, Borchen, eingesetzt,
weil diese im EEG Spontanentladungen in Form von „Spike-Wave“-Formationen
aufweisen (s. 3.3.).
61
3.1.2. Haltung und Fütterung
Die Tiere wurden für die Versuche aus dem Ztm in die Tierhaltung des Instituts für
Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover
transferiert und es wurde ihnen mindestens eine Woche Zeit zur Adaptation an die
Haltungsbedingungen gelassen, bevor erste Studien durchgeführt wurden.
Alle Untersuchungen wurden in Übereinstimmung mit dem deutschen
Tierschutzgesetz durchgeführt und waren durch die verantwortliche
Regierungsbehörde in Hannover genehmigt (Aktenzeichen 509c-42502-01/473).
Es standen zum einen für die ci2/ci2-Tiere, deren Geschwistertiere und die Tiere des
LEW-Hintergrundstammes und zum anderen für die ci3/ci3-Tiere und den BH.7A-
Hintergrundstamm eigene Tierräume zur Verfügung.
Die Ratten wurden einzeln in Makrolonkäfigen Typ III gehalten (aufgrund des
Drehverhaltens der homozygoten Tiere war eine Gruppenhaltung hier nicht möglich)
und wöchentlich in saubere Käfige umgesetzt.
Als Futter wurde handelsübliches Haltungsfutter (Altromin 1324-Standdarddiät,
Altromin, Lage) ad libitum eingesetzt und Wasser wurde in Makrolonflaschen
ebenfalls ad libitum zur Verfügung gestellt. Die Einstreu bestand aus staubfreiem
Weichholzgranulat. Die relative Luftfeuchtigkeit lag bei 55 ± 5%, die Temperatur bei
23 ± 1°C. Das Lichtprogramm war auf einen 12/12 Std. Licht-/Dunkel-Zyklus
eingestellt (Lichtphase begann ab 6.00 mitteleuropäischer Zeit).
3.1.3. Narkose
Für die Elektrodenimplantation zur Ableitung von EEGs, für die Ableitung auditorisch
evozierter Potentiale, sowie für die Perfusion bei histologischen und
immunhistochemischen Untersuchungen wurden die Tiere mittels Chloralhydrat in
einer Dosis von 360 mg/kg KGW narkotisiert, die für eine Narkosedauer von ca. 45
Min. ausreichend war. Bei längerer Narkosedauer wurden zur Erhaltung 180 mg/kg
KGW Chloralhydrat nachdosiert. Die Narkosetiefe wurde durch Überprüfung des
Corneal- und des Zwischenzehenreflexes beurteilt.
62
3.1.4. Generierung von Ratten mit einem Innenohrschaden durch Streptomycin
Um Tiere mit einem Innenohrschaden zu erhalten und deren Phänotyp mit dem
Phänotyp der Mutanten (insbesondere der ci2-Mutante) vergleichen zu können,
wurde entsprechend der Methode von ALLEVA und BALASZ (1978) Neonaten das
Aminoglykosid-Antibiotikum Streptomycin verabreicht.
Hierzu wurden zwei Würfe des LEW/Ztm-Inzuchtstammes mit je 9 (5 Männchen, 4
Weibchen; Tiere 19/1 – 19/9) und 11 (5 Männchen, 6 Weibchen; Tiere 20/1 – 20/11)
Tieren verwendet.
Streptomycinsulfat (Sigma-Aldrich, Deisenhofen) wurde jeden Tag frisch in Wasser
für Injektionszwecke in Lösung gebracht und mit Hilfe von 0,1 M Natronlauge (Merck,
Darmstadt) auf pH 7,5 eingestellt. Die Tiere erhielten vom 2. bis zum 22.
Postnataltag tägliche Injektionen in einer Dosierung von 300 mg/kg KGW. Es wurde
im Wechsel im Bereich des linken Thorax, im Nackenbereich und im Bereich des
rechten Thorax subcutan injiziert, wobei das Applikationsvolumen 5 ml/kg KGW
betrug. Alle behandelten Tiere überlebten die Injektionen des oto-, neuro- und
nephrotoxischen Streptomycins. Sie zeigten weder ein sichtbar gestörtes
Allgemeinbefinden, noch Störungen von Wasser- oder Futteraufnahme oder
postnataler Entwicklung. Die Tiere wurden dann in den unten beschriebenen
Untersuchungen eingesetzt.
3.2. Verhaltensbeobachtungen
3.2.1. Charakterisierung des Rotationsverhaltens
Zur Charakterisierung des Rotationsverhaltens der beiden Mutanten und der
Streptomycin-behandelten Tiere wurden verschiedene Untersuchungen
durchgeführt.
Zum einen wurde das Rotationsverhalten unter Stresseinfluß beobachtet. Hierzu
wurden ci2-Tiere, ci3-Tiere, Streptomycin-behandelte Tiere, sowie die jeweiligen
Kontrolltiere tagsüber (zwischen 9.00 und 12.00) in ihren Haltungsräumen in eine
63
fremde Umgebung (leerer Makrolonkäfig Typ III) umgesetzt und vom Moment des
Umsetzens an über 5 Min. beobachtet. Ganze (360°) Drehungen zur rechten und zur
linken Seite hin wurden für die beiden Seiten getrennt gezählt. Diese Untersuchung
wurde für die Mutanten und jeweiligen Kontrolltiere dreimal im Abstand von
mindestens drei Tagen (um eine Gewöhnung der Tiere zu vermeiden) durchgeführt.
Aus diesen drei Testungen wurde dann die Rotationspräferenz ermittelt nach der
Formel:
Ganze Rotationen in die bevorzugte Richtung x 100 Ganze Rotationen insgesamt
Bei den Streptomycin-behandelten Tiere wurde das Drehverhalten des weiteren in
unterschiedlichen zeitlichen Abständen zur Behandlung mit Streptomycin in 5-Min.
Tests untersucht, um eventuelle Veränderungen im Drehverhalten mit zunehmendem
Abstand zur Behandlung dokumentieren zu können. Erstmals wurde das
Rotationsverhalten der Tiere 2 Tage nach abgeschlossener Streptomycin-
Behandlung (am 23. Postnataltag) beurteilt. Die weiteren Testungen (bis zum 32.
Postnataltag) erfolgten zunächst im Abstand von 1 – 2 Tagen, danach wurden
monatliche Abstände gewählt (bis zu 6 Monaten post injectionem).
Um zu sehen, ob die Tiere auch ohne Stresseinfluß, welcher durch die Anwesenheit
eines Untersuchers ausgelöst werden kann, spontane Rotationen zeigen, wurden
Videoaufnahmen von ci2- und ci3-Tieren und deren Kontrollen in ihrem Heimkäfig
angefertigt. Zunächst wurden Aufnahmen in der Dunkelphase, also der
Aktivitätsphase der Tiere, von 18.00 – 22.00 mitteleuropäischer Zeit erstellt. Für
einen direkten Vergleich zwischen Dunkel- und Hellphase wurden weitere Videos am
darauffolgenden Morgen (8.00 – 12.00 mitteleuropäischer Zeit), wiederum ohne
Anwesenheit eines Untersuchers, aufgenommen.
Für diese Aufnahmen wurde eine licht-sensitive schwarz-weiß Kamera (CCD-
Kamera-Modul, Conrad Elektronik, Hirschau) eingesetzt, mit welcher 2 Tiere
gleichzeitig beobachtet werden konnten, und es wurden Videokassetten mit einer
Laufzeit von 240 Min. (Eastman Kodak Company) verwendet. Während der
Dunkelphase musste schwaches Rotlicht eingesetzt werden, um die
Videoaufnahmen zu ermöglichen.
64
Anschließend wurden die Videos ausgewertet, indem eine Auszählung der
Rotationen erfolgte und danach die Präferenz der Tiere für jedes Video nach obiger
Formel ermittelt wurde.
3.2.2. Beurteilung weiterer motorischer Anomalien
Neben der Charakterisierung des Rotationsverhaltens erfolgte eine Beurteilung
weiterer Bewegungsstörungen. Für jedes Tier wurden die Parameter
Hyperlokomotion (horizontale Lokomotion), Opisthotonus und Ataxie nach einem
Score-System von 0 – 3 bewertet (0 = abwesend, 1 = unklar, 2 = vorhanden, 3 =
stark ausgeprägt) (TRICKLEBANK et al., 1984). Die Beurteilung dieser Parameter
erfolgte zusammen mit der Erhebung der Rotationszahlen in den 5-Min. Tests.
3.2.3. Untersuchungen zur Funktion des vestibulären Systems
3.2.3.1. Schwimmtest
Dieser Test wurde bei allen Tiergruppen (Tierzahlen s. Tab. 1) angewandt, um
Aussagen über die Funktion des vestibulären Systems zu erhalten. Die Ratten
wurden hierzu in ein rundes Wasserbecken (Durchmesser 40 cm) verbracht, welches
mit 30 – 35°C warmem Wasser gefüllt war, und aus welchem sie nicht entrinnen
konnten. Sie wurden für 5 Min. in diesem Becken beobachtet und das
Schwimmvermögen wurde beurteilt. Nach Ablauf der 5 Min. wurden die Tiere aus
dem Becken entnommen. Konnten die Tiere nicht schwimmen, sondern tauchten
korkenzieherförmig ab, so erfolgte eine sofortige Entnahme aus dem Wasserbecken.
Es wurden hier Tiere aller zur Verfügung stehenden Altersgruppen (jüngstes Tier 2
Monate, ältestes Tier 24 Monate) getestet.
65
Tab. 1: Anzahl der im Schwimmtest untersuchten Tiere der verschiedenen Tiergruppen.
Tiergruppe ci2/ci2 ci2/+ LEW ci3/ci3 BH.7A
Anzahl 58 26 22 21 16
Bei den Streptomycin-behandelten Tieren (getestet wurden hier 15 Tiere) wurde der
Schwimmtest in verschiedenen Abständen (von 6 Wochen bis zu 7 Monaten) zur
Streptomycin-Applikation durchgeführt. Da aus der Literatur bekannt ist (WARCHOL et
al., 1993, TANYERI et al., 1995, ZHENG et al., 1997), dass die vestibulären Haarzellen
nach Insulten regenerieren können, sollte hier eine eventuelle Veränderung im
Schwimmvermögen der Tiere dokumentiert werden.
Insgesamt erfolgte die Beurteilung des Schwimmvermögens in den beiden
Kategorien „vorhanden“ oder „nicht vorhanden“.
3.2.3.2. „Air-Righting Test“
Auch dieser Test überprüft bestimmte Funktionen (Stellreflexe) des vestibulären
Systems (OSSENKOPP et al., 1990; RABBATH et al., 2001) (s. Kap. 2.5.2.2.). Die Tiere
wurden auf den Rücken gedreht und aus einer Höhe von 30 cm auf eine
Schaumstoffunterlage (um Verletzungen der Tiere zu vermeiden) fallengelassen. Die
Fähigkeit der Tiere, sich auf dieser kurzen Strecke so zu drehen, dass sie auf den
Gliedmaßen landen, wurde beurteilt. Dieser Test wurde dreimal hintereinander
durchgeführt (Tierzahlen s. Tab. 2). Nur bei Ratten, die in allen drei Tests ein Defizit
zeigten (auf der Seite oder auf dem Rücken landeten) wurde dieses auf einen Defekt
des vestibulären Systems zurückgeführt.
Tab. 2: Anzahl der im „Air-Righting Test“ untersuchten Tiere der verschiedenen Tiergruppen.
Tiergruppe ci2/ci2 ci2/+ LEW ci3/ci3 BH.7A
Anzahl 23 9 8 26 19
66
3.2.3.3. „Tail-Hanging Test”
Der Tail-Hanging Test (s. Kap. 2.5.2.2.) wurde als dritter Test zur Überprüfung der
Funktion des vestibulären Systems durchgeführt ( HUNT et al., 1987; RABBATH et al.,
2001).
In diesem Test wurden die Ratten an der Schwanzwurzel in die Höhe genommen
und einige Zentimeter über den Boden gehalten, und es wurde beurteilt, ob die Tiere
die Gliedmaßen zum Boden hin ausstreckten, um normal auf allen Vieren zu landen,
oder sich zur Seite oder zum Bauch hin hochdrehten, was als abnormes Landen
gewertet wurde. Auch dieser Test wurde direkt dreimal hintereinander durchgeführt
(mit den selben Tieren, die auch im „Air-Righting Test“ eingesetzt wurden)
(Tierzahlen s. Tab. 2).
3.2.4. Pharmakologische Untersuchungen
Um der Bedeutung dopaminerger Fehlfunktionen nachzugehen, wurden
neuropharmakologische Untersuchungen mit Substanzen, die dieses System
manipulieren, durchgeführt. Die Auswahl der Substanzen begründete sich auf
Literaturdaten (JERUSSI und GLICK, 1974; GLICK et al., 1976; LÖSCHER et al., 1991;
LÖSCHER et al., 1993; FEUERSTEIN und JURNA, 1996) und auf vorangegangenen
Untersuchungen zur ci2-Mutante (LÖSCHER et al., 1996).
3.2.4.1. Verwendete Substanzen und Dosierungen
In den pharmakologischen Untersuchungen wurden die Substanzen D-
Amphetaminsulfat (Sigma-Aldrich, Taufkirchen), Dizocilpin ((+)-MK-801 Hydrogen
Maleat) (Sigma-Aldrich, Taufkirchen), Haloperidol (Haldol-Janssen, Janssen GmbH,
Neuss) sowie S(-)Racloprid L-Tartrat (RBI, Natick, Maine, USA) eingesetzt. Das
Haloperidol lag in Form einer fertigen Injektionslösung (1 ml Ampullen mit 5 mg
Haloperidol) vor, welche mit Wasser für Injektionszwecke (Serum-Werk Bernburg
AG, Bernburg) verdünnt wurde. Von den weiteren Substanzen, welche als
wasserlösliche Salze vorlagen, wurden zum Versuchsbeginn Wirkstofflösungen frisch
67
angesetzt. Die Dosierungen beziehen sich hier auf das jeweilige Salz. Es wurde die
entsprechende Substanzmenge (Mindesteinwaage: 10 mg) auf einer Feinwaage
(Sartorius research R160P, Sartorius GmbH, Göttingen) abgewogen und mit Hilfe
eines Magnetrührers (MEA 11, Landgraf Laborgeräte, Langenhagen) in Wasser für
Injektionszwecke (D-Amphetaminsulfat und MK-801) gelöst. Racloprid wurde in
isotoner Natriumchlorid-Lösung gelöst. In jedem Fall wurden die Einwaagen und
Verdünnungsschritte so gewählt, dass das Injektionsvolumen 2 ml/kg KGW betrug.
Die Auswahl der Dosierungen für D-Amphetamin und MK-801 erfolgte in Anlehnung
an die bereits bei der ci2-Mutante durchgeführten Untersuchungen (LÖSCHER et al.,
1996). Die Dosierung von Haloperidol wurde den bei der „Stargazer“-Mutante
eingesetzten Dosierungen angepasst (BROCK und ASHBY, 1996). Für die
Dosisfindung beim Racloprid wurde die Doktorarbeit von Herrn REHDERS am hiesigen
Institut (1999) zugrunde gelegt.
3.2.4.2. Beurteilung der Wirkungen
Wie aus Tab. 3 hervorgeht, wurden die oben genannten Wirkstoffe bei Gruppen von
jeweils 7 bis 10 Ratten untersucht. Alle pharmakologischen Versuche erfolgten nach
einem Cross-over Design, bei dem jedes Tier sowohl Substanz, als auch Vehikel
erhielt. Zwischen Injektion der Substanz und Injektion des Vehikels lag ein Zeitraum
von mindestens einer Woche. Als Vehikel wurden Wasser für Injektionszwecke (bei
D-Amphetamin, MK-801 und Haloperidol) bzw. isotone Natriumchlorid-Lösung
(Racloprid) eingesetzt. Zum Vergleich der Wirkstoffeffekte wurden die Mutanten und
entsprechende Gruppen von Kontrollratten mit Substanz behandelt (s.Tab. 3). Dabei
wurde darauf geachtet, dass an jedem Versuchstag sowohl Mutanten und Kontrollen
unter Substanzeinfluss, als auch Mutanten und Kontrollen unter Vehikeleinfluss
beobachtet wurden, um Unterschiede besser beurteilen zu können. Wie
zusammenfassend in Tab. 4 dargestellt ist, erfolgte in den
verhaltenspharmakologischen Untersuchungen, in Anlehnung an die Methode von
TRICKLEBANK et al. (1984), eine Beurteilung verschiedener Parameter. Während der
ersten 2 Std. wurde eine Beurteilung alle 15 Min. durchgeführt, bei fortgesetzter
Beobachtung erfolgte die Beurteilung dann im Abstand von 30 Min..
68
In der Regel wurden die Versuche in der Hellphase (Beginn: 9.00 Uhr) durchgeführt.
Die Tiere wurden hierfür in Rotometertonnen (Durchmesser 35 cm,
Forschungswerkstätten, Medizinische Hochschule Hannover) verbracht. Mit dem
Umsetzen in die Rotometer begann der erste Beobachtungszeitraum, der sich über
15 Min. erstreckte. Anschließend erfolgte die intraperitoneale Injektion der jeweiligen
Substanz. Vom Zeitpunkt der Injektion an wurden die Tiere nach Gabe von D-
Amphetamin und MK-801 über 120 Min. und nach Gabe von Haloperidol und
Racloprid (aufgrund längerer Wirkungsdauer) über 240 bzw. 180 Min. beobachtet.
Bei der Beurteilung der pharmakologischen Wirkung von Haloperidol und Racloprid
kam neben der reinen Beobachtung der Tiere der „Standard Bar-Test“ (KUSCHINSKY
und HORNYKIEWICZ, 1972; SANBERG et al., 1996) zur Beurteilung einer Katalepsie (s.
Kap. 2.4.4.) zum Einsatz. Die Tiere wurden hier mit den Vorderpfoten auf einen 9,5
cm hohen Aluminiumblock gesetzt, und die Zeit bis zum Abstieg wurde gestoppt. Bei
einer Verweilzeit von über 120 Sek. wurden die Tiere vom Block genommen.
Ergänzend zu den Versuchen während der Hellphase wurden bei ci3-Ratten auch
pharmakologische Untersuchungen von D-Amphetamin in der Dunkelphase
durchgeführt, um Einflüsse der Aktivitätsphase der Tiere auf pharmakologische
Wirkungen zu ermitteln. Dazu wurde D-Amphetamin kurz vor Beginn der
Dunkelphase injiziert und die Tiere wurden dann von 18.00 – 20.00 in ihrem
Heimkäfig videobeobachtet wie unter 3.2.1. beschrieben.
69
Tab. 3: An die Tiergruppen verabreichte Substanzen unter Angabe der Dosierungen und Tierzahlen. In Klammern: Zahlen nach Geschlecht getrennt (W = Weibchen, M = Männchen), (da 2,5 mg/kg KGW Amphetamin bei Männchen keinen ausreichenden Effekt hatte, wurden hier unterschiedliche Dosen an Weibchen und Männchen verabreicht). Das Injektionsvolumen betrug für alle Substanzen 2 ml/kg KGW, alle Substanzen wurden intraperitoneal (i.p.) verabreicht. Die Verabreichung von D-Amphetamin und MK-801 an ci2-Tiere wurde bereits in früheren Studien durchgeführt (LÖSCHER et al., 1996).
Substanz
Tiergruppe
D-Amphetamin
W: 2,5 mg/kg KGW
M: 3 mg/kg KGW
Hellphase
D-Amphetamin
W: 2,5 mg/kg KGW
M: 3 mg/kg KGW
Dunkelphase
MK-801
W/M: 0,1 mg/kg
KGW
Hellphase
Haloperidol
W/M: ci2: 0,1
mg/kg KGW; ci3:
0,2 mg/kg KGW
Hellphase
Racloprid
W/M: 1 mg/kg
KGW
Hellphase
ci2/ci2 10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
ci2/+ 10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
ci3/ci3 8 Tiere
(W: 6 / M: 2)
10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
10 Tiere
(W: 3 / M: 5)
BH.7A 7 Tiere
(W: 5 / M: 2)
10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
10 Tiere
(W: 5 / M: 5)
Streptomycin-
behandelte
LEW
9 Tiere
(W: 7 / M: 2)
LEW (Kontrollen
zu Streptomycin-
behandelten
LEW)
7 Tiere
(W: 5 / M: 2)
70
Tab. 4: Angabe und Erklärung der Parameter, die in den pharmakologischen Untersuchungen bewertet wurden. Die Auswertung erfolgte anhand eines Score-Systems (TRICKLEBANK et al., 1984) von 0 – 3 (0 = abwesend, 1 = unklar, 2 = vorhanden, 3 = stark ausgeprägt).
Parameter Erklärung Bewertung
Bei allen Substanzen bewertet:
Circling links / rechts Zählung ganzer Rotationen (enge
„nose-to-tail“ Drehungen)
Erfassung der Anzahl, nach linker
und rechter Seite getrennt
Hyperlokomotion Erhöhte lokomotorische Aktivität Scoresystem 0 - 3
Hyperexzitabilität Erhöhte Schreckhaftigkeit Scoresystem 0 - 3
Opisthotonus Überstrecken des Kopfes nach
caudo-dorsal
Scoresystem 0 - 3
Ataxie Gangstörungen Scoresystem 0 – 3
Piloerektion Aufgestelltes Haarkleid Scoresystem 0 - 3
Sniffing Stereotypes Schnüffeln Scoresystem 0 – 3
Grooming Stereotypes Pflegeverhalten Scoresystem 0 – 3
Gnawing Stereotypes Kauen Scoresystem 0 – 3
Zusätzlich erfasst bei D-Amphetaminsulfat und MK-801 (typische Parameter für Beurteilung einer erhöhten
Aktivität im DA-System)
Circling links / rechts auf weiten
Kreisen
Zählung weiter Kreise, die die Tiere
in den Rotometern zeigten
Erfassung der Anzahl, nach linker
und recher Seite getrennt
Licking Stereotypes Lecken Scoresystem 0 – 3
Biting Stereotypes Nagen an der Wand
der Rotometertonne
Scoresystem 0 – 3
Rearing Stereotypes Aufrichten Scoresystem 0 – 3
Piano playing Stereotypes Übersetzen der
Vorderpfoten zu beiden Seiten im
Wechsel
Scoresystem 0 – 3
Salivation Speichelfluß Scoresystem 0 – 3
Zusätzlich erfasst bei Haloperidol und Racloprid (typische Parameter für Beurteilung einer verminderten Aktivität
im DA-System)
Katalepsie Unfähigkeit des Tieres, sich aus
einer Körperhaltung, in die es
gebracht wird, zu lösen
Messung der Zeit bis zum Abstieg
vom Block, nach 120 Sek.
Herunternahme vom Block
Hypolokomotion Verminderte lokomotorische Aktivität Scoresystem 0 – 3
Flat body posture Vorwärtsbewegung in flacher
Körperhaltung
Scoresystem 0 – 3
Tremor Muskelzittern Scoresystem 0 – 3
Ptosis Verstärkter Lidschluß Scoresystem 0 – 3
Hunched body posture Zusammengekauerte Körperhaltung Scoresystem 0 – 3
Straub tail Erhöhter Schwanztonus Scoresystem 0 – 3
71
3.3. EEGs
EEGs wurden von 4 ci2/ci2, 4 ci2/+, 2 LEW/Ztm sowie 2 WAG/Rij Ratten abgeleitet.
Aufgrund des durch die „Stargazer“ (stg)-Mausmutante (NOEBELS et al., 1990)
erhaltenen Hinweises auf die Möglichkeit eines gleichzeitigen Vorliegens von
Bewegungsstörungen und von für Absencen-Epilepsien charakteristischen „Spike-
Wave“-Formationen im EEG, wurde nach einem Rattenstamm mit Absencen-
Epilepsien gesucht, um das EEG von Tieren dieses Stammes mit dem EEG von ci2-
Tieren zu vergleichen. Ausgewählt wurden Tiere des WAG/Rij-Rattenstamms, weil
diese Verhaltensphänomene und EEG-Veränderungen zeigen, die denen der
humanen Absencen-Epilepsie entsprechen (VAN LUIJTELAAR und COENEN, 1986;
PEETERS et al., 1989). So ergab sich die Möglichkeit, einen Vergleich mit dem EEG
von ci2-Tieren und von Kontrolltieren durchzuführen, um bei diesen das
Vorhandensein von epileptogenen Veränderungen auszuschließen.
EEGs von ci3- und BH.7A-Tieren konnten aufgrund mangelnder Verfügbarkeit der
Tiere bislang noch nicht angefertigt werden, sind aber geplant.
3.3.1. Elektrodenimplantation
Zur Ableitung der EEGs wurden den Tieren 3 Schraubenelektroden stereotaktisch
implantiert. Hierzu wurden nach Narkoseeinleitung die Haare im Bereich des
Operationsfeldes entfernt und es wurde mit einer 70%igen Alkohollösung desinfiziert.
Durch Fixierung mittels Stäben in den Gehörgängen und einer Fixierung des
Oberkiefers, wurden die Ratten nach der Methode von PAXINOS und WATSON (1986)
in einen Stereotakten (Fa. David Kopf, Tujunga, California, USA) eingespannt, so
dass sich die Kreuzungspunkte der Knochennähte der Schädelknochen, die Sutura
lamdoidea und Bregma, auf gleicher Höhe befanden. Als nächstes erfolgte die
Inzision der Haut über eine rostro-caudale Ausdehnung von ca. 2 cm zur Freilegung
des Schädeldaches und die anschließende Entfernung des Periostes mittels eines
Periostschabers. Zur Blutstillung und guten Darstellung der Knochennähte wurde
30%ige Wasserstoffperoxidlösung (Merck, Darmstadt) eingesetzt. Ausgehend von
Bregma wurden mit Hilfe einer Koordinatennadel unterschiedliche
72
Trepanationsstellen anhand des Atlas von PAXINOS und WATSON (1986) aufgesucht:
bei den Mutanten sowie den LEW/Ztm (Wildtyp)-Ratten wurden die bipolaren EEG-
Elektroden, die aus teflonbeschichtetem, rostfreiem Stahl bestanden, an die
Koordinaten -2,5 mm rostro-caudal, +4 mm lateral und -2,5 mm rostro-caudal und -4
mm lateral zu Bregma (beide Elektroden befanden sich über dem Cortex und dem
limbischen System) verbracht. Die notwendige Erdungsschraube wurde ohne
Koordinatenangabe über dem Cerebellum eingesetzt.
Bei den WAG/Rij-Tieren mußten den bipolaren Elektroden andere Koordinaten
zugeordnet werden (rostro-caudal -2,5, lateral +3,5 und rostro-caudal -2,5, lateral -
3,5), da die Schädeldecke sich bei diesen Tieren schmaler darstellte. Die
Erdungsschraube wurde wiederum über das Cerebellum gebracht.
Zur Einbringung der Elektroden wurde nun mit Hilfe eines 0,8 mm Bohrers (Moto-
Flex, Modell 732 T1, Dremel, Breda, NL) die Schädeldecke soweit trepaniert, dass
die Dura mater ohne Läsionen des darunter liegenden Cortex durchstoßen war.
Dieses wurde mit einem spitzen Haken kontrolliert und noch vorhandene Durateile
wurden vorsichtig entfernt. Auftretende Blutungen wurden mit
Wasserstoffperoxidlösung gestillt, um den Halt des Steckeraufbaus später nicht zu
gefährden. Nun wurden die mit der Elektrode verbundenen Edelstahlschrauben von
1,2 mm Durchmesser mit 5 halben Umdrehungen in die Trepanationsöffnungen
gedreht. Man gelangte auf diese Weise mit den verwendeten Schrauben
oberflächlich an den darunter liegenden Cortex, ohne diesen zu verletzen.
Um die Elektroden zu fixieren wurde ein Kunststoff-Kaltpolymerisat (Dental-Zement,
Paladur, Kulzer & Co. GmbH, Wehrheim) verwendet. Ein dreipoliger Stecker wurde
mit Vaseline imprägniert und mit den entsprechenden Elektroden verbunden. Dann
wurde ein ca. 2 cm hoher Steckeraufbau geformt, aus welchem nach der Entfernung
des Steckers die Steckervorrichtung herausragte.
Abschließend wurden die Wundränder mit Hautheften adaptiert, die Tiere wurden
wieder einzeln in Makrolonkäfige verbracht, dort auf Wärmekissen gelegt und bis
zum Erwachen beobachtet.
73
3.3.2. EEG-Ableitung
Nach einer postoperativen Rekonvaleszenz von mindestens einer Woche wurden die
EEGs abgeleitet. Hierzu wurde der Heimkäfig in ein Terrarium (58,5 x 39 x 38 cm)
gestellt, der Käfigdeckel wurde entfernt. Es wurde ein Stecker in die
Steckervorrichtung eingebracht, so dass die Tiere über ein flexibles Kabel durch
einen Verstärker (Hugo Sachs, March-Hugstetten) mit dem EEG-Schreiber (Uniscript
digital, Schwarzer/Picker, München) verbunden waren. Die Tiere konnten sich in
ihrem Käfig nach Einbringung des Steckers frei bewegen. Es wurde über eine
Stunde kontinuierlich abgeleitet, wobei der Papiervorschub 5 mm/Sek. betrug.
Während dieser Zeit wurden die Tiere kontinuierlich beobachtet, so dass das
Verhalten der Tiere („aktive“ Wachheit: aktives Verhalten, Bewegung; „passive“
Wachheit: keine motorische Aktivität; Schlaf) sowie besondere Parameter
(Myoklonien im Bereich der Vibrissen, von Auge und Ohr) protokolliert werden
konnten. Anschließend erfolgte die Auswertung durch Beurteilung der Höhe der
Peaks und durch Beurteilung der Frequenzen.
Um EEGs auch mit dem Computerprogramm Chart version 3.4 (Power-Lab)
bearbeiten zu können, wurden des weiteren Tiere, wiederum in ihrem Heimkäfig,
über ein Kabel und ein Drehgelenk mit einem Verstärker (Cyber Amp 380, Axon
Instruments, Inc., Foster City, California, USA) verbunden und das analoge Signal
wurde mit PowerLab (ADInstruments Ltd., Hastings, East Sussex, U.K.) digitalisiert
und für die weitere Analyse auf einem Computer gespeichert. Auch hier wurde eine
Aufnahmezeit von einer Stunde gewählt.
3.4. Neuropathologische Untersuchungen
3.4.1. Perfusion für neuropathologische Untersuchungen
Für die Durchführung von neuropathologischen Untersuchungen mußte eine
Fixierung des Gehirnes durchgeführt werden. Diese erfolgte im Rahmen einer
Perfusion der Tiere mit Fixans. Für die Ausführung der Perfusion wurden die Ratten
74
narkotisiert und anschließend auf dem Rücken liegend in gestreckter Haltung fixiert.
Der Brustkorb wurde mit einer Schere eröffnet und die linke Herzkammer mit einer
Kanüle punktiert, welche über einen Dreiwegehahn mit zwei Behältnissen verbunden
war, von denen eines 0,01 M phosphatgepufferte, isotone Kochsalzlösung, das
andere Fixanslösung enthielt. Es erfolgte zunächst eine Spülung des Gefäßsystems
mit Kochsalzlösung, um das im Gefäßsystem befindliche Blut zu entfernen und damit
durch eine Koagulation bedingte Artefakte zu verhindern. Danach wurde mit Fixanz
gespült. Hierbei wurde für die Immunhistochemie 4%ige Paraformaldehyd-Lösung,
für die Thioninfärbung 4%ige Formalin-Lösung (in beiden Fällen wurde ca. 1 ml
Lösung/kg KGW eingesetzt), beides hergestellt unter Verwendung eines 0,1 M
Phosphatpuffers, angewendet.
Nach der Fixation wurde das Gehirn entnommen. Hierzu wurde die Schädelkalotte
mit einer Zange eröffnet und die Hirnhäute wurden entfernt. Zur Cryoprotektion
wurde das Gehirn über Nacht in einer 30%igen phosphatgepufferten Zuckerlösung
bei 4°C aufbewahrt und im Anschluß wurden mit Hilfe eines Gefriermikrotoms (Leica
Frigomobil, CM 1325, Wetzlar) Transversalschnitte (Schnittdicke: 40 µm) angefertigt.
Für die Immunhistochemie wurden die Schnitte im Bereich von Substantia nigra und
VTA verwendet. Es wurden hier 2 Serien angefertigt, von welcher eine für die
Immunhistochemie, die andere für eine Thioninfärbung verwendet wurde.
Zur Thioninfärbung wurden 2 Serien angefertigt, von welchen eine für die Färbung
genutzt wurde. Die andere diente zunächst als Reserve-Serie und wurde
anschließend verworfen.
3.4.2. TH-Immunhistochemie
In dieser Studie wurden dopaminerge Neurone der SNC und der VTA
immunhistochemisch durch Antikörper gegen das Enzym TH markiert. Dieses Enzym
katalysiert die Umwandlung von L-Tyrosin zu L-Dihydroxyphenylalanin. Dieses ist der
geschwindigkeitsbestimmende Schritt in der Biosynthese von DA, von Noradrenalin
und von Adrenalin (s. Kap. 2.4.3.). Zellen, die dieses Enzym enthalten, stellen sich
nach Bindung von spezifischen Antikörpern an die TH und nach Farbreaktion braun-
schwarz dar.
75
Entsprechend früherer TH-immunhistochemischer Studien (RICHTER et al., 1999)
wurden die Schnittpräparate in trisgepufferter, isotoner Natriumchlorid-Lösung unter
Zusatz von 0,5%igem Wasserstoffperoxid gewaschen und anschließend für 60 Min.
in eine Lösung mit 10,9 % Schweineserum, 2,9 % Rinderserumalbumin und 0,3 %
Triton X-100 in isotoner Natriumchlorid-Lösung gegeben. Darauf wurde für 18 Std.
mit primärem Antiserum (Kaninchen-anti-TH IgG, 1:5000) inkubiert. Daran schloß
sich eine neuerliche Spülung mit isotoner Natriumchlorid-Lösung und eine Inkubation
mit sekundärem Antiserum (Schwein-anti-Kaninchen IgG, 1:500) für 90 Min. an. Als
nächstes folgte die Farbreaktion mit Diaminobenzidin (0,05% Diaminobenzidin und
0,6% Ammoniumnickelsulfat in isotoner Natriumchlorid-Lösung) über 15 Min.
Die Antikörperlösungen wurden bei Raumtemperatur in isotoner Natriumchlorid-
Lösung mit 1% Schweineserum, 1% Rinderserumalbumin und 0,3% Triton X-100
inkubiert.
Abschließend wurden die Schnitte sortiert, auf Objektträger aufgezogen und in
Ethanol dehydriert, in Xylol-Ersatz-Medium gereinigt und mit Entellan®Neu
eingedeckt.
3.4.3. Thioninfärbung
Für diese Färbung wurden die Schnitte auf entfettete Objektträger aufgezogen. Nach
dem Trocknen wurden sie dann über eine absteigende Alkoholreihe (je 3 Min. in:
96%, 80%, 70%, 50% Ethanol und destilliertem Wasser) rehydriert. Darauf folgten
die Färbung mit einer wässrigen Thioninlösung, welcher die Schnitte 70 – 90 Sek.
ausgesetzt waren, und die Entwässerung der gefärbten Schnitte mit einer
aufsteigenden Alkoholreihe. Abschließend wurden die Präparate mit Entellan®
eingedeckt.
76
Verwendete Lösungen:
12,5%ige Thioninlösung:
100 ml 1M Essigsäure
36 ml 1M Natronlauge
864 ml destilliertes Wasser
1,25 g Thionin
Die Essigsäure mit Natronlauge und das destillierte Wasser wurden zunächst auf
60°C erhitzt, anschließend wurde das Thionin in Lösung gebracht. Die fertige Lösung
wurde dann filtriert und für längstens vier Wochen bei 65 °C im Wärmeschrank
aufbewahrt.
7%ige Chromalaun-Gelatine-Lösung:
3,5 g Gelatine
0,35 g Chromalaun
500 ml destilliertes Wasser
Die Gelatine wurde unter Rühren bei 60°C gelöst, das Chromalaun wurde zur
Konservierung hinzugegeben. Die fertige Lösung wurde dann bis zu einer Woche im
Kühlschrank aufbewahrt.
3.4.4. Bestimmung der Dichte TH-positiver Neurone in SNC und VTA
Die Dichte TH-positiver Neurone wurde in der SNC und VTA von 7 ci3-Tieren und 7
BH.7A-Kontrolltieren mit der Zählmethode des optischen Disektors (SAPER, 1996)
bestimmt. Die Objekte wurden auf einem, dem Mikroskop (Zeiss Axioskop, Jena)
angeschlossenen, Bildschirm abgebildet. Es wurden in den, wie in Kapitel 3.4.2.
beschrieben, angefertigten und gefärbten Hirnschnitten bei 400facher Vergrößerung
zunächst folgende Lokalisationen (nach dem Atlas von PAXINOS und WATSON, 1986)
der SNC und der VTA aufgesucht: Zu Beginn wurde für jede Serie der Schnitt
ermittelt, auf welchem sich der mediale terminale Nucleus des akzessorischen,
77
optischen Traktes am deutlichsten darstellte. Auf diesem Schnitt wurden in drei
Gesichtsfeldern die angefärbten Neurone ausgezählt und zwar in der VTA, der
medialen und der lateralen SNC. Vier Schnitte vor dem medialen, terminalen
Nucleus wurden zwei Gesichtsfelder (je eines in VTA und SNC), vier Schnitte hinter
dem medialen terminalen Nucleus zwei weitere Gesichtsfelder (SNC medial und
lateral), und acht Schnitte hinter dem medialen terminalen Nucleus noch ein
Gesichtsfeld (SNC) ausgezählt. Um die Größe des Gesichtsfeldes festzulegen wurde
eine Folie mit einem Raster auf dem Bildschirm befestigt, und es wurden für die
größere VTA die Neurone in 25 Kästchen (1 Kästchen = 3 cm x 3 cm), für die SNC
die Neurone in 20 Kästchen ausgezählt. Diejenigen Neurone, welche sich in der
obersten Schnittebene scharf einstellen ließen, wurden mit einem Folienstift markiert
und daraufhin wurden die unteren Ebenen durchmustert und markiert. Nur Neurone,
die während des Durchmusterns scharf eingestellt waren, wurden gezählt (SAPER,
1996).
Für die folgenden 8 Lokalisationen jeweils der rechten und linken Gehirnhälfte
wurden so die Neuronenanzahlen pro mm3 in drei aufeinander folgenden Schnitten
ermittelt: rostraler und caudaler Anteil der VTA, rostraler und caudaler Anteil der
lateralen, rostraler Anteil der medialen SNC, caudaler Anteil der medialen SNC,
unterteilt in anterioren, posterioren und superposterioren Anteil (s. Abb. 6). Aus den
drei Schnitten wurde anschließend für jede Region der Mittelwert errechnet. Die
erhaltenen Werte wurden mit 4 (für die VTA) oder mit 5 (für die SNC) multipliziert, um
die Anzahl Neurone auf 100 Feldern zu erhalten. Unter Berücksichtigung der
Vergrößerung (400fach) und der Schnittdicke (40 µm) erfolgte dann die Umrechnung
von den Bildschirmmaßen auf µm des Präparates, so dass sich der Faktor 174,39
ergab. Die Anzahl Neurone pro mm3 ließ sich nun mit folgender Formel errechnen:
Anzahl gefärbter Neurone in 100 Feldern x 174,39
= Anzahl Neurone/mm3
78
Abb. 6: Topographie der Subregionen der SNC und VTA, in denen die TH-positiven dopaminergen Neurone ausgezählt wurden (nach PAXINOS und WATSON, 1986). 1: VTA rostr. 5: SNC lat. rostr. 2: SNC med. rostr. 6: SNC med. caud. post. 3: VTA caud. 7: SNC lat. caud. 4: SNC med. caud. ant. 8: SNC med. caud. superpost.
79
3.4.5. Untersuchung der cochleären und vestibulären Nuclei im Hirnstamm
3.4.5.1. Kerngrößen
In dieser Studie wurden die cochleären und vestibulären Kerne (Lokalisationen s.
Abb. 7 und 8) von 5 ci3-Tieren und 6 BH.7A-Kontrolltieren, sowie von 7
Streptomycin-behandelten Tieren mit Hilfe eines Bildanalysesystems (KS 300, Zeiss,
Göttingen) histologisch untersucht. Die hier eingesetzten ci3-Ratten zeigten eine
durchschnittliche Drehpräferenz von 83%.
Für diese Untersuchung wurden die Tiere wie oben beschrieben mit
Paraformaldehyd perfundiert, es wurden Hirnschnitte angefertigt und diese mit
Thionin gefärbt.
Bei 25facher Vergrößerung wurden dann die Flächen folgender Kerngebiete
(basierend auf dem Atlas von PAXINOS und WATSON, 1986) für die beiden
Hemisphären getrennt ausgemessen:
Cochleäre Kerne: Flächen des anteroventralen cochleären Nucleus, des
posteroventralen cochleären Nucleus, sowie des dorsalen cochleären Nucleus .
Vestibuläre Kerne: Flächen des superioren vestibulären Nucleus, des inferioren
(spinale) vestibulären Nucleus, des medialen vestibulären Nucleus (mit
parvizellulärem und magnozellulärem Anteil), sowie des lateralen vestibulären
Nucleus (mit anteriorem und posteriorem Teil).
Dabei wurden alle Schnitte verwendet, auf welchen sich die gewünschten
Kerngebiete befanden, und welche frei von Artefakten waren.
Das Kernvolumen wurde anschließend nach folgender Formel berechnet:
Volumen Gesamtkern = (Fläche des Kerns auf Schnitt 1 + Fläche des Kerns auf
Schnitt 2 +…. Fläche des Kerns auf Schnitt n) x Abstand zwischen den Schnitten
Der mediale vestibuläre Nucleus wurde hierbei nicht in den magnozellulären und
spinozellulären Anteil unterteilt. Beim inferioren vestibulären Nucleus wurde die
Größe nur für den rostralen Anteil ermittelt. Das Gesamtvolumen des
80
posteroventralen cochleären Nucleus und des dorsalen cochleären Nucleus konnte
aufgrund partieller Schäden durch die histologische Präparation nicht bestimmt
werden. Aus diesem Grund wurden hier die mittleren Kerngrößen in drei aufeinander
folgenden Schnitten verglichen.
Abb. 7: Lokalisationen der cochleären Kerngebiete (nach PAXINOS und WATSON, 1986). AVCN: anteroventraler cochleärer Nucleus VCP: posteroventraler cochleärer Nucleus DC: dorsaler dorsaler cochleärer Nucleus
81
Abb. 8: Lokalisationen der vestibulären Kerngebiete (nach PAXINOS und WATSON, 1986) SVN: superiorer vestibulärer Nucleus MVN: medialer vestibulärer Nucleus LVN a: lateraler vestibulärer Nucleus, anteriorer Teil LVN b: lateraler vestibulärer Nucleus, posteriorer Teil IVN: inferiorer vestibulärer Nucleus
3.4.5.2. Morphologie der Neurone des anteroventralen cochleären Nucleus
Zusätzlich zur Untersuchung der Kerngrößen wurde auch die Morphologie der
Neurone im anteroventralen cochleären Nucleus betrachtet. Quantitativ evaluiert
wurden hierbei die Fläche in µm2, der Kreisfaktor in % (4 x π x Fläche/Umfang²) und
der Umfang in µm von 25 Neuronen je Seite. Die Neurone wurden zufällig
ausgewählt und es wurden nur Neurone untersucht, deren Nucleolus sichtbar war.
Aus diesen Einzelwerten wurde je Tier und Seite der Mittelwert errechnet.
82
3.5.6. Neurochemische Untersuchungen
3.5.1. Gewinnung und Aufarbeitung
Es sollten hier die Konzentrationen von DA und dessen Metaboliten 3,4-
Dihydroxyphenylessigsäure und Homovanillinsäure, von Serotonin und dessen
Metabolit 5-Hydroxyindolessigsäure, sowie des Noradrenalin in der Substantia nigra,
dem Striatum und dem Nucleus accumbens von ci3-Tieren, getrennt für die
ipsilaterale und die contralaterale Hemisphäre, bestimmt werden.
Hierzu wurde ein konventioneller neurochemischer Hirnhomogenat-Assay (nach
ANNIES, 1993) angewandt, in welchem die Substanzen im Homogenat durch
unterschiedlich starke Wechselwirkung mit der lipophilen Oberfläche einer Reversed-
Phase-HPLC-Trennsäule, entsprechend ihrer stoffspezifischen Kapazitätsfaktoren,
aufgetrennt wurden.
Zum Zeitpunkt des Assays lag die letzte Rotationstestung bei den verwendeten
Tieren mindestens 2 Wochen zurück. Die durchschnittliche Drehpräferenz der Tiere
lag bei 96,5 % (von 93 – 99 %).
Um die Hirnhomogenate zu erhalten, wurden die Tiere mit Hilfe einer Guillotine
(Kleine Guillotine für Ratten und Mäuse, Hugo Sachs Elektronik KG, March-
Hugstetten) dekapitiert und die Gehirne wurden nach Entfernung der Kalotte vom
Foramen magnum aus entnommen. Sie wurden dann auf den Kälteblock
(Temperatur: -10°C) eines Kältethermostaten (LAUDA Compact-Kältethermostat
RKT 20, Messgerätetechnik LAUDA, Lauda-Königshofen) verbracht und mit einem
Skalpell wurden die beiden Gehirnhälften getrennt. Anschließend wurden die
gewünschten Hirnbereiche (Striatum, Substantia nigra, Nucleus accumbens) mit
einem scharfen Löffel entnommen und auf einer elektronischen Präzisionswaage
(Sartorius universal U 3600, Sartorius GmbH, Göttingen) einzeln gewogen. Die
Gehirnregionen wurden dann jeweils zusammen mit 1 ml Enteiweißungslösung (22,3
mg Ethylendiamintetraacetat und 12,6 mg Natriumsulfit wurden zur Herstellung mit
0,2 M Perchlorsäure auf 200 ml Lösung gebracht) in Ultrazentrifugenröhrchen
verbracht und während der weiteren Verarbeitung wurden die Proben durch
Lagerung im Eiswasser ständig gekühlt, um die Enzymaktivitäten zu minimieren. Mit
83
Hilfe eines Gewebezerkleinerungsgerätes (Ultra-Turrax- T 25, Janke u. Kunkel
GmbH, Staufen) erfolgte die Homogenisierung der Proben bei 11 000 Umdrehungen
pro Min.. Das Homogenisat wurde auf einem Vibrax-VXR (Janke u. Kunkel GmbH,
Staufen) für 10 Min. geschüttelt und dann in einer Ultra-Zentrifuge (Centrikon T-2060,
Kontron) bei 4°C und 35.000 x g (18.000 Umdrehungen pro Min.) für 10 Min.
zentrifugiert. Der gesamte Überstand wurde in Eppendorf-Reaktionsgefäße (1,5 ml
Fassungsvermögen) überführt und in einer Eppendorf-Zentrifuge (Centrifuge 5415,
Eppendorf AG, Hamburg) bei Raumtemperatur und 16.000 x g (14.000
Umdrehungen pro Minute) noch einmal für 1 Min. zentrifugiert. Aus dem Überstand
wurden 2 Portionen zu 300 µl entnommen, wiederum in Eppendorf-Reaktionsgefäße
(1,5 ml) verbracht und bis zur Analyse (im Höchstfall für 7 Tage) bei –80°C
eingefroren.
3.5.2. Analytik der Monoamine
Für die Detektion der Monoamine wurde das Verfahren der „Reversed-Phase-HPLC“
angewandt, bei welchem die stationäre Phase (Säule: Nucleosil mit C18-Molekülen)
eine geringere Polarität besitzt als die mobile (Citratpuffer). Somit haben Stoffe, die
stärker geladen sind, eine höhere Affinität zur mobilen Phase, was für polare Stoffe
in kürzeren Retentionszeiten resultiert. Zur Herstellung der mobilen Phase wurden
eine Feinwaage (Sartorius GmbH, Göttingen), ein Vakuumfiltrationsgerät (Millipore,
SCK Solvent Clarification Kit) mit 0,22 µm Durapore-Filtereinlagen (Millipore GVWP
04700), betrieben von einer Vakuumpumpe (KNF Laboport Neuberger, Landgraf
Laborgeräte), sowie ein pH-Meter (Mikorprozessor-pH-Meter, Multi-Calimatic)
eingesetzt.
223 mg Ethylendiamintetraacetat und 136 mg Octylhydrogensulfat wurden in 1,4 l
bidestilliertem Wasser gelöst. Darauf wurden 42 g Citronensäure-Monohydrat und
126 ml Acetronitril hinzugefügt und es wurde mit bidestilliertem Wasser auf 1,9 l
aufgefüllt. Mit 10 M Natronlauge wurde dann der pH-Wert je nach Temperatur (bei 20
°C z.B. auf pH 2,5) eingestellt, bevor mit weiterem bidestilliertem Wasser auf 2 l
aufgefüllt wurde. Anschließend erfolgte eine Filtration und die Aufbewahrung im
Kühlschrank bis zur Verwendung als mobile Phase (im Höchstfall 7 Tage).
84
Die HPLC-Anlage bestand aus einem OnLine-Entgaser (ERC-3512, ERMA INC.) und
einer Kolbenpumpe (HPLC Pumpe Typ 364.00, Knauer, Berlin). Über eine
Injektionsstelle (Reodyne, Modell 7125) und eine Probenschleife (Reodyne,
Kapazität 290 µl) wurden die Proben mit einer HPLC-Spritze (Microspritze TP5050-
71 50 µl Gesamtvolumen, Unimetrics Corporation, Shorewood, Illinois, USA) in die
Anlage injiziert.
Die Auftrennung der Substanzen erfolgte dann in einem Reversed-Phase-
Säulensystem, bestehend aus einer Vorsäule (Patronensäule B3Y99, 60 x 4 mm,
Knauer, Berlin) und einer Hauptsäule (250 x 4,6 mm, Macherey-Nagel, Düren). Die
Säulen waren gefüllt mit „Nucleosil 120-5 C18“, so dass die Porenweite bei 120
Angström und die Korngröße bei 5 µm lag. Die Detektion wurde mit Hilfe eines
elektrochemischen Detektors (LC4C Amperometric Detector, BAS Inc., West
Lafayette, Indiana, USA) durchgeführt, an dessen Elektroden eine Spannung von +
0,7 Volt anlag. Injektionsstelle, Säulensystem und Detektorzelle waren in einem
Säulenofen (modularer HPLC-Ofen, Knauer, Berlin) gelagert, so dass sie auf 35 °C
erhitzt werden konnten. Für die Aufzeichnungen und Auswertungen wurde ein
computergestützter Integrator (C-R4A Chromatopac, Shimadzu, Düsseldorf)
eingesetzt.
Die Monoaminbestimmungen wurden für die 3 Hirnregionen an verschiedenen Tagen
durchgeführt (Beispielchromatogramm s. Abb. 9). Es wurden zunächst 20 µl der
jeden Tag frisch angesetzten Standardlösung in die HPLC-Anlage eingespritzt, um
mit Hilfe der erhaltenen Peaks die Monoaminkonzentrationen in der Probe
bestimmen zu können. Die Stammlösungen der Standards wurden hergestellt, indem
folgende Substanzmengen mit 10 ml 0,1 M Salzsäure versetzt wurden:
DA 6 mg
Dihydroxyphenylessigsäure 5 mg
Homovanillinsäure 5 mg
Noradrenalin 9 mg
5-Hydroxytryptamin 11 mg
5-Hydroxyindolessigsäure 5 mg
85
Die Lösungen wurden dann einzeln in Eppendorf-Reaktionsgefäßen in 300 µl
Portionen bei –80°C eingefroren. Direkt vor der Analyse wurden sie aufgetaut und es
wurde der Tagesstandard frisch angesetzt, indem je 100 µl der Standardlösungen
zusammengegeben und mit 400 µl 0,2 M Perchlorsäure versetzt wurden. Es folgten
weitere Verdünnungsschritte mit der Perchlorsäure bis 500 pg der Substanzen in 20
µl vorlagen, welche dann in die HPLC-Anlage eingespritzt wurden.
Die Proben wurden der Reihe nach aufgetaut, für 15 Sek. auf einem Rüttler
geschüttelt und anschließend wurden mit einer Mikrospritze (Unimetrics, Shorewood,
Illinois, USA) 40 µl der Probe in die Injektionsstelle eingespritzt. Hiervon gelangten
20 µl in die Injektionsschleife und dann in das Trennsäulensystem. Die Flussrate der
mobilen Phase betrug hierbei 0,8 ml/Min..
Die vom Detektor aufgenommenen Signale wurden an den computergestützten
Integrator übermittelt, wo die quantitative Auswertung der Daten erfolgte. Über die
Retentionszeiten, welche aufgrund von Einzelanalysen der Substanzen bekannt
waren, konnte eine Zuordnung der Peaks zu den einzelnen Substanzen
vorgenommen werden.
Die Konzentrationsberechnungen der Substanzen (Konzentration in ng/g Gewebe) in
der Probe wurden mit Hilfe der Analysen der Standardlösungen (die ja eine bekannte
Konzentration der Monoamine enthielten) nach folgender Formel durchgeführt:
Konz.[ng/g Gewebe] = Fläche Probe x Konz. STD x Uf x 1 Fläche Standard Einwaage
Hierbei ist Konz.STD die Konzentration der Standardlösung von 500 pg/20µl
Injektionsvolumen, Uf ist eine Umrechnungsfaktor, durch den die Einheit pg/20µl
Injektionsvolumen in ng/ml beziehungsweise ng/g Gewebe umgewandelt wurde.
86
Abb. 9: Beispielchromatogramm einer Standardlösung Abkürzungen: NA: Noradrenalin, DOPAC: Dihydroxyphenylessigsäure, DA: Dopamin, 5-HIAA: 5-Hydroxyindolessigsäure, HVA: Homovanillinsäure, 5-HT: 5-Hydroxytryptamin
3.6. Untersuchungen zur Funktion des auditorischen Systems
3.6.1. Auditorisch evozierte Potentiale
Entsprechend früherer Untersuchungen bei der ci2-Mutante (KAISER et al., 2001)
wurden hier die auditorisch evozierten Potentiale von 5 ci3-Tieren und 5 BH.7A-
Kontrollen, sowie 4 Streptomycin-behandelten Tieren (2 Tiere direkt nach
Beendigung der Injektionsbehandlung, 2 Tiere 7 Monate nach der
Injektionsbehandlung) abgeleitet, um eine Aussage über das Hörvermögen zu
erhalten. Nach Narkoseeinleitung wurden die Tiere auf ein Heizkissen in eine Schall-
isolierte Messkammer verbracht. Die Rektaltemperatur der Tiere wurde gemessen
87
und mit Hilfe eines Temperatur-geregelten Heizkissens auf 37°C gehalten. Zur
Überprüfung des physiologischen Status und der Narkosetiefe wurden das
Elektrokardiogramm und Muskelpotentiale abgeleitet. Für die akustischen
Stimulationen und die Aufnahmen der auditorisch evozierten Potentiale wurde
Hardware (System II) und Software (BioSig, SigGen) von Tucker-Davis Technologies
(Gainesville, Florida, USA) eingesetzt. Es wurden reine Töne mit einer Frequenz von
0,5 – 60 kHz und einem Schalldruckpegel von 20 bis 120 dB in 5-dB Schritten mit
einer 10ms-Dauer (2 ms Anstiegs-/Abfall-Zeit) und einer Rate von 4 Hz appliziert. Die
akustischen Stimuli wurden durch einen digitalen Signal-Prozessor generiert, welcher
einen Digital-zu-Analog Wandler (Tucker-Davis Technologies) kontrollierte. Der
Output des Wandlers wurde durch einen Antialiasing-Filter und digitale Abschwächer
geführt, welche mit einem Lautsprecher verbunden waren. Die Lautsprecher waren
mit einem Abstand von 5 oder 10 cm frontal vor dem Tier aufgebaut und ein ¼“ B &
K Mikrophon (Brüel und Kjaer Dänemark, Typ 4135, Spectris) wurde über dem Kopf
des Tieres angebracht, um die Ton-Stimuli aufzunehmen. Der Referenzschalldruck
für alle Messungen betrug 20 µPa. Für binaurale Ableitungen der auditorisch
evozierten Potentiale wurden 4 Insektennadeln aus rostfreiem Stahl mit einem
Durchmesser von 0,5 mm subcutan eingestochen. Die aktiven Aufnahmeelektroden
wurden ca. 5 mm lateral der dorsalen Mittellinie über das Cerebellum verbracht, die
Referenzelektroden wurden nahe der ventralen Anteile der Ohrmuscheln eingesetzt.
Zusätzlich wurde eine Erdungselektrode median im Bereich des Unterkiefers
eingebracht. Die Signale der Elektroden wurden an einen HS4 Vorverstärker
gegeben, digitalisiert und über Glasfaser-Kabel (Tucker-Davis Technologies) optisch
an eine digitale Kontrolleinheit (DB4) geleitet. Die Verstärkung der Kontrolleinheit
wurde auf 700 000 eingestellt und zwischen 0,3 kHz und 3 kHz gefiltert. Die
ausgehenden Signale wurden an einen Analog-zu-Digital Wandler (AD 1; Tucker-
Davis Technologies) gegeben, wobei die „Sampling-Rate“ auf 40 µs gesetzt wurde.
Der Analog-zu-Digital Wandler wurde über Glasfaserkabel durch einen digitalen
Signalprozessor mit Hilfe einer Software auf einem Computer kontrolliert. Jeder
Stimulus wurde 250 mal präsentiert und gemittelt, auf einer Computerfestplatte
gespeichert und dann Off-line auf das Vorhandensein von Peaks analysiert.
88
3.7. Histologische Untersuchung des Innenohres
In Analogie zur ci2-Mutante (KAISER et al., 2001) wurden die Haarzellen des
cochleären und vestibulären Systems der ci3-Mutante und der Streptomycin-
behandelten Tiere histologisch untersucht. Hierfür wurde zunächst eine Perfusion mit
4%iger Paraformaldehyd-Lösung durchgeführt, gefolgt von einer sofortigen
Entnahme der Gehirne und der Bullae mit Cochlea und Vestibularorgan. Die Crista
ampullaris, die Macula utriculi und die Macula sacculi wurden aus dem knöchernen
Labyrinth entnommen, der über der Cochlea liegende Knochen wurde mit Hilfe einer
Zange und einer Skalpellklinge verdünnt. Um eine bessere Penetration des
Einbettungsmediums zu gewährleisten, wurden das knöcherne und membranöse
Labyrinth auf einer Seite der Cochlea vorsichtig geöffnet. Auf diese Präparation
folgten die Entkalzifizierung und die Einbettung in Durcupan (Fluka, Deisenhofen).
Einige Proben wurden vor der Einbettung mit Osmium-Tetroxid fixiert, um eine
bessere Visualisierung zu ermöglichen. Auf einem Leica Mikrotom RM 2065
Supercut mit einem Diamantmesser (Diatome, CH) wurden Semidünnschnitte (3 – 5
µm) angefertigt. Diese wurden auf Objektträger verbracht und mit Toluidinblau
gegengefärbt. Die Schnitte wurden mit einem Zeiss Axiophot Mikroskop im Hellfeld
oder bei Phasenkontrast-Beleuchtung untersucht und mit einer gekühlten
Digitalkamera mit 1315 x 1035 Pixel CCD Chip und einem PC-basierten Software
Paket (SPOT Kamera, Diagnostische Instrumente, MetaMorph, Universal Imaging
Corporation) dokumentiert. Die digitale Prozessierung der aufgenommenen Bilder
beschränkte sich auf eine Schattenkorrektur und eine Kontrastverstärkung, falls
benötigt.
3.8. Statistische Auswertung
Die statistische Auswertung des Datenmaterials erfolgte mit Hilfe der EDV-
Programme INSTAT und SigmaStat. Unterschiede innerhalb der Gruppen wurden
mit dem Wilcoxon-Signed-Rank Test (bei nicht-parametrischen Daten) oder dem
Student`s t-Test (bei parametrischen Daten) berechnet, Unterschiede zwischen den
Gruppen mit dem Mann-Whitney U-Test (bei nicht-parametrischen Daten) oder dem
89
Student`s t-Test (bei parametrischen Daten). Die Auswahl des Tests hing hierbei
davon ab, ob die Daten einer Normalverteilung entsprachen oder nicht. Eine
“Repeated Measures” ANOVA wurde sowohl für die Auswertung der Rotationszahlen
beim Vergleich Dunkelphase, Hellphase, Rotationen unter Stresseinfluß, als auch für
die Evaluation der Zelldichten in den Subregionen der SNC angewandt. Um
Gruppenvergleiche im „Air-Righting Test“ und im „Tail-Hanging Test“ durchzuführen,
wurde mit dem Fisher`s Exact Test gearbeitet. Alle Tests wurden zweiseitig
durchgeführt und ein P-Wert von < 0,05 wurde als signifikant angesehen.
90
4. Ergebnisse
4.1. Verhaltensbeobachtungen
4.1.1. Charakterisierung des Rotationsverhaltens
4.1.1.1. Rotationsverhalten der ci2-Mutante
Insgesamt wurde das Rotationsverhalten von 88 ci2-Ratten (41 Weibchen und 47
Männchen) näher untersucht (s. Tab. 5), wie in Kapitel 3.2.1. beschrieben. Das
Drehverhalten trat in Salven oder „Bursts“ auf, welche normalerweise zwischen 5
Sek. und 10 Sek. andauerten. Diese engen Drehungen traten spontan auf oder
wurden durch Stressfaktoren, wie das Umsetzen in einen leeren Makrolonkäfig oder
die Anwesenheit des Untersuchers ausgelöst. ci2-Ratten drehen über die gesamte
Lebensdauer (die jüngsten Tiere wurden in einem Alter von 3 Wochen untersucht,
die ältesten in einem Alter von 2 Jahren). Die durchschnittliche Rotationszahl aller
Tiere (weiblich und männlich) in den drei aufeinanderfolgenden Tests lag bei 18,8 ±
1,4 Rotationen pro 5 Min.. Dabei zeigten 97 % (85 von 88) der Tiere eine
Seitenpräferenz von mindestens 70%. Diese Seitenpräferenz war bei 80 % der Tiere
bei wiederholten Testungen konstant ausgeprägt. Bei den ebenfalls durchgeführten
Testungen von heterozygoten Geschwistertieren (ci2/+) und Tieren des LEW-
Hintergrundstammes konnten in keinem Fall Rotationen beobachtet werden.
Von 17 (9 Weibchen, 8 Männchen) dieser 88 Tiere wurden im Anschluß
Videoaufnahmen angefertigt (s. Abb. 10 A). Die Auswertung der während der aktiven
Phase (18.00 – 22.00) aufgenommenen Videobänder ergab eine durchschnittliche
Rotationszahl von 397 (mit einer Spanne von 6 – 1614) Rotationen in 4 Std.. Die
Rotationen traten in Phasen (normalerweise mit einer Dauer von 5 Sek. bis 10 Sek.,
in einigen Fällen mit einer Dauer von bis zu 45 Sek.) dann auf, wenn die Tiere aktiv
waren, so z.B. aus der Vorwärtsbewegung heraus. Vor und nach den
Rotationsphasen verhielten sich die Tiere normal. Während der Hellphase zeigten
nur 12 der 17 Tiere Rotationen, mit einer durchschnittlichen Rotationszahl von 55
(mit einer Spanne von 3 – 174) Rotationen in 4 Std.. Auch hier wurden Rotationen
91
nur von Tieren gezeigt, die gerade aktiv waren. Verhielt sich das Tier passiv oder
schlief es, so wurden keine Drehungen ausgeführt.
4 der 17 Ratten wurden nicht von 8.00 – 12.00, sondern von 13.00 – 17.00 oder
14.00 bis 18.00 aufgenommen, um einen eventuellen Einfluß der Tageszeit auf
Frequenz und Intensität des Drehverhaltens erkennen zu können. Hierbei zeigten
sich jedoch keine Änderungen im Drehverhalten im Vergleich mit den am Morgen
aufgenommenen Tieren.
Im Bezug auf die Drehpräferenzen zeigten 11 der aufgenommenen 17 Ratten eine
konstante Drehpräferenz von mindestens 70% (im Mittel 87%) in den drei 5-Min.
Tests.
Tab. 5: Die Tabelle zeigt die folgenden Daten (Mittelwerte ± SEM) für alle 88 (weiblichen und männlichen) ci2-Ratten sowie getrennt für die beiden Geschlechter: 1) die durchschnittliche Anzahl Rotationen in drei aufeinanderfolgenden Tests (d.h. die Anzahl der Rotationen jeder Ratte in den drei Tests wurde gemittelt und für die Kalkulation der Gruppenwerte genutzt); 2) die durchschnittliche Drehpräferenz (in % aller Rotationen) der Ratten in jedem Test (ohne zu beachten, ob eine Ratte in allen Tests zur selben Seite rotierte); 3) die Anzahl der Ratten, die in jedem dieser Tests eine Drehpräferenz von mindestens 70 % zeigte (ohne zu beachten, ob die Ratte ihre Drehpräferenz zwischen den Tests wechselte); 4) die durchschnittliche Drehpräferenz (in % aller Rotationen) der Ratten, die in allen drei Tests die gleiche Drehrichtung zeigten; 5) die Anzahl Ratten, die in allen drei Tests eine Drehpräferenz von mindestens 70 % zeigten; 6) die Anzahl Ratten, die in allen drei Tests entweder zur linken oder zur rechten Seite hin drehten (zu mindestens 70%).
Richtung der
Präferenz
(Anzahl
Ratten)
Tiergruppe N Durchschnittliche
Anzahl Rotationen in
drei
aufeinanderfolgenden
5-Min Tests
Durchschnittliche
Drehpräferenz in
jedem Test (%)
Anzahl Ratten
mit einer
Drehpräferenz
von
mindestens
70 %
Durchschnittliche
konstante
Drehpräferenz in drei
aufeinanderfolgenden
5-Min Tests (%)
Anzahl Ratten
mit gleicher
Drehpräferenz
von
mindestens
70 %
Links Rechts
Alle ci2-
Ratten
88 18,8 ± 1,4 89,2 ± 1,1 85/88 (97%) 80,2 ± 1,7 70/88 (80%) 43 27
Weibchen
41 23,2 ± 2,2 87,0 ± 1,9 39/41 (95%) 77,4 ± 2.7 34/41 (83%) 25 9
Männchen
47 14.9 ± 1,6 91,1 ± 1,3 46/47 (98%) 82,7 ± 2,2 36/47 (77%) 18 18
92
A B
Abb. 10: Intensität des Drehverhaltens der ci2-Mutante während der Dunkelphase im Vergleich mit der Hellphase. Um das Circling-Verhalten in Abwesenheit von Stress zu charakterisieren, wurden 17 ci2-Ratten, in Abwesenheit eines Untersuchers oder anderer Stresseinflüsse, über 4 Std. in der Dunkel- und in der Hellphase in ihrem Heimkäfig videobeobachtet. Die Anzahl der Rotationen in dieser Zeit wurde anschließend anhand der Videoaufnahmen bestimmt. Die Daten sind hier in Graphik A als durchschnittliche Anzahl Rotationen (± SEM) während der jeweiligen 4 Std. aufgetragen. Der signifikante Unterschied zwischen der Rotationszahl während der Dunkel- und derjenigen während der Hellphase ist durch einen Stern angezeigt (P = 0,0017). Für die Charakterisierung des Drehverhaltens unter Stresseinfluß wurden die selben 17 Tiere während der Hellphase in neue, leere Makrolonkäfige transferiert und es wurden über 5 Min. die Rotationen ausgezählt . Diese 5-Min. Tests wurden dreimal durchgeführt und die Rotationen in diesen 15 Min. wurden aufaddiert. Der Mittelwert, zusammen mit dem SEM, für diese Tests ist in Graphik B dargestellt. Für einen Vergleich wurden die Rotationen in den jeweils ersten 15 Min. der Videoaufzeichnungen von Dunkel- und Hellphase mit aufgetragen. Der Datenvergleich mittels ANOVA zeigte einen hochsignifikanten Unterschied zwischen den drei in (B) gezeigten Datensätzen (P = 0,0001). Die Post hoc Analyse zeigte, dass sowohl die Daten der Dunkelphase (P = 0,000122), als auch die Daten im neuen Käfig (P = 0,000153) sich signifikant von den Daten in der Hellphase unterschieden. Bei einem Vergleich der Drehpräferenzen zwischen den 5-Min. Tests und den
Videoaufnahmen (s. Abb. 10 B) zeigte sich, dass 4 von 11 Ratten, welche unter dem
Stresseinfluß eines neuen Käfigs in den drei 5-Min. Tests eine konstante
Drehpräferenz aufwiesen, diese bei Aufnahme der Videos im Heimkäfig zur
Gegenseite änderten.
Auf Videoaufnahmen von heterozygoten ci2/+- und LEW-Tieren konnten in keinem
Fall Drehungen beobachtet werden.
Anz
ahl d
er R
otat
ione
n in
4 S
tund
en
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
500
Dunkelphase Hellphase
* Anz
ahl R
otat
ione
n in
15
Min
uten
0
10
20
30
40
50
60
70
Dunkelphase Hellphase Neuer Käfig
*
*
93
4.1.1.2. Rotationsverhalten der ci3-Mutante
Insgesamt wurde das Rotationsverhalten von 38 ci3-Ratten (s. Tab. 6) (22 Weibchen
und 16 Männchen) näher untersucht. Auch bei dieser Mutante traten enge
Drehungen in Salven oder „Bursts“ auf (auch bei diesen Tieren mit einer Dauer von 5
bis 10 Sek.), spontan oder ausgelöst durch Stress (neue Umgebung oder akustische
Stimuli als Stressfaktoren). Und auch bei dieser Mutante persistierte das
Drehverhalten lebenslang (die jüngsten untersuchten Tiere waren 3 Wochen alt, die
ältesten untersuchten Tiere 2,5 Jahre). Die durchschnittliche Rotationszahl aller Tiere
(weiblich und männlich) in den drei aufeinanderfolgenden Tests lag bei 24 ± 2,6
Rotationen pro 5 Min. und 95 % (36 von 38) der Tiere zeigten beim Drehen eine
Präferenz von mindestens 70%. Diese Seitenpräferenz war bei fast 70 % der Tiere
über drei 5-Min. Tests konstant. Bei den Testungen von Tieren des BH.7A-
Hintergrundstammes konnten auch hier in keinem Fall Rotationen beobachtet
werden.
Bei den ci3-Tieren wurden von 14 Tieren (10 Weibchen, 4 Männchen) Videobänder
aufgenommen (s. Abb. 11 A). Die Auswertung der während der aktiven Phase (18.00
– 22.00) aufgenommenen Videobänder ergab hier eine durchschnittliche
Rotationszahl von 189 (mit einer Spanne von 7 – 561) Rotationen in 4 Std.. Die
Rotationen traten auch bei dieser Mutante in den aktiven Phasen auf, mit normalem
Verhalten vor und nach den Rotationsphasen.
Auf den während der Hellphase aufgezeichneten Videos konnte nur bei 10 von 14
Tieren Rotationsverhalten beobachtet werden. Hier lag die durchschnittliche
Rotationszahl bei 44 (Spanne von 4 – 208) Rotationen in 4 Std..
Wie in Abb. 11 A dargestellt, zeigen die Tiere während der aktiven Dunkelphase
signifikant mehr Rotationen als in der Hellphase, also in ihrer Ruhephase. Die
Rotationszahlen können jedoch auch in der Hellphase stark erhöht werden, wenn
man die Tiere stresst. Dies zeigt der Vergleich der Rotationszahlen der jeweils ersten
15 Min. der Videobänder mit den Rotationszahlen in 15 Min. unter Stresseinfluss
(Auswertung der drei 5-Min. Tests) (Abb. 11 B).
Was die Drehpräferenzen betrifft, so zeigten 10 der aufgenommenen 14 Ratten in
den drei 5-Min. Tests eine konstante Seitenpräferenz von mindestens 70% (im Mittel
94
84%). Drei dieser 10 Tiere änderten ihre Drehpräferenz, wenn sie des Nachts
drehten, also in Abwesenheit von Stress.
Die durchschnittliche Präferenz der nächtlichen Rotationen aller 14 Ratten lag bei
76%.
Tab. 6: Die Tabelle zeigt die Rotationsdaten (Mittelwerte ± SEM) aus drei 5-Min. Tests für alle 38 (weiblichen und männlichen) ci3-Ratten sowie getrennt für die beiden Geschlechter. Weitere Erläuterungen s. Tab. 5.
Richtung der
Präferenz
(Anzahl
Ratten)
Tiergruppe N Durchschnittliche
Anzahl Rotationen in
drei
aufeinanderfolgenden
5-Min Tests
Durchschnittliche
Drehpräferenz in
jedem Test (%)
Anzahl Ratten
mit einer
Drehpräferenz
von
mindestens
70 %
Durchschnittliche
konstante
Drehpräferenz in drei
aufeinanderfolgenden
5-Min Tests (%)
Anzahl Ratten
mit gleicher
Drehpräferenz
von
mindestens
70 %
Links Rechts
Alle ci3-
Ratten
38 24,7 ± 2,6 86,8 ± 1,6 36/38 (95%) 77,3 ± 2,6 26/38 (68%) 16 10
Weibchen
22 25,7 ± 3,8 87,2 ± 1,8 21/22 (95%) 78,5 ± 3,0 17/22 (77%) 11 6
Männchen
16 23,5 ± 3,3 86,2 ± 2.9 15/16 (94%) 75,6 ± 4,7 9/16 (56%) 5 4
95
A B
Abb. 11 Intensität des Drehverhaltens der ci3-Mutante während der Dunkelphase im Vergleich mit der Hellphase. Um das Circling-Verhalten in Abwesenheit von Stress zu charakterisieren, wurden 14 ci3-Ratten, in Abwesenheit eines Untersuchers oder anderer Stresseinflüsse, über 4 Std. in der Dunkel- und in der Hellphase in ihrem Heimkäfig videobeobachtet. Die Anzahl der Rotationen in dieser Zeit wurde anschließend anhand der Videoaufnahmen bestimmt. Die Daten sind hier in Graphik A als durchschnittliche Anzahl Rotationen (± SEM) während der jeweiligen 4 Std. aufgetragen. Der signifikante Unterschied zwischen der Rotationszahl während der Dunkel- und derjenigen während der Hellphase wird durch den Stern angezeigt (P = 0,0071). Für die Charakterisierung des Drehverhaltens unter Stresseinfluß wurden die selben 14 Tiere während der Hellphase in neue, leere Makrolonkäfige transferiert und es wurden über 5 Min. die Rotationen ausgezählt . Diese 5-Min. Tests wurden dreimal durchgeführt und die Rotationen in diesen 15 Min. wurden aufaddiert. Der Mittelwert, zusammen mit dem SEM, für diese Tests ist in Graphik B dargestellt. Für einen Vergleich wurden die Rotationen in den jeweils ersten 15 Min. der Videoaufzeichungen von Dunkel- und Hellphase mit aufgetragen. Der Datenvergleich mittels ANOVA zeigte einen hochsignifikanten Unterschied zwischen den drei in (B) gezeigten Datensätzen (P = 0,0001). Die Post hoc Analyse zeigte, dass sowohl die Daten der Dunkelphase (P = 0,0032), als auch die Daten im neuen Käfig (P < 0,0001), sich signifikant von den Daten in der Hellphase unterschieden. Darüber hinaus gab es auch zwischen den Daten im neuen Käfig und den Daten der Dunkelphase einen signifikanten Unterschied (P < 0,0001). 4.1.1.3. Rotationsverhalten der Streptomycin-behandelten Tiere
Alle Streptomycin-behandelten Tiere wurden, wie die ci2- und ci3-Mutante, auf ihre
Rotationszahlen hin und auf das Vorhandensein einer Drehpräferenz in drei 5-Min.
Tests (bei täglicher Testung der Tiere) untersucht, die sich direkt an die letzte
Anz
ahl d
er R
otat
ione
n in
4 S
tund
en
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
200
220
240
Dunkelphase Hellphase
*
Anz
ahl R
otat
ione
n in
15
Min
uten
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Dunkelphase Hellphase Neuer Käfig
*
*
96
Streptomycin-Injektion anschlossen (s. Tab. 7). Des weiteren wurde das
Drehverhalten in unterschiedlichen zeitlichen Abständen zur Injektion des
Streptomycins in 5-Min. Tests untersucht, um eventuelle Veränderungen mit
zunehmendem Abstand zur Injektion dokumentieren zu können (s. Abb. 12).
Das Rotationsverhalten dieser Tiere ähnelte stark dem Rotationsverhalten der
beiden Mutanten. Die Ratten zeigten ebenfalls enge Drehungen, die oftmals in
Salven ausgeführt wurden. Die durchschnittliche Rotationszahl lag bei 15,6 ± 1,55
Rotationen in den 5-Min. Tests. Dabei zeigten 90% (18 von 20) der Tiere eine
mindestens 70%ige Drehpräferenz, die bei der Hälfte der Tiere über die drei 5-Min.
Tests konstant war. Das Drehverhalten der Streptomycin-behandelten Ratten war
allerdings nur transient ausgeprägt: 4 Monate nach der letzten Streptomycin-Injektion
zeigte keines der Tiere mehr Rotationen. Kurz bevor die Tiere ihr Drehverhalten
einstellten wurden nur noch einzelne Drehungen gezeigt (s. Abb. 12).
Tab. 7: Die Tabelle zeigt die Rotationsdaten (Mittelwerte ± SEM) aus drei 5-Min. Tests für alle 20 (weiblichen und männlichen) Streptomycin-behandelten Ratten, sowie getrennt für die beiden Geschlechter. Weitere Erläuterungen s. Tab. 5.
Richtung der
Präferenz
(Anzahl
Ratten)
Tiergruppe N Durchschnittliche
Anzahl Rotationen in
drei
aufeinanderfolgenden
5-Min Tests
Durchschnittliche
Drehpräferenz in
jedem Test (%)
Anzahl Ratten
mit einer
Drehpräferenz
von
mindestens
70 %
Durchschnittliche
konstante
Drehpräferenz in drei
aufeinanderfolgenden
5-Min Tests (%)
Anzahl Ratten
mit gleicher
Drehpräferenz
von
mindestens
70 %
Links Rechts
Alle
Streptomycin-
behandelten
Ratten
20 15,6 ± 1,55 84,0 ± 2,24 18/20 (90%) 73,0 ± 2,72 10/20 (50%) 11
9
Weibchen
10 15,0 ± 1,99 80,4 ± 3,66 10/10 (100%) 70,3 ± 4,64 3/10 (30%) 6 4
Männchen
10 16,3 ± 2,47
87,6 ± 2,24 8/10 (80%) 75,8 ± 2,83 7/10 (70%) 5 5
97
Abb. 12: Anzahl Rotationen in 5 Min. bei 13 Streptomycin-behandelten LEW-Ratten in unterschiedlichen zeitlichen Abständen zur letzten Streptomycin-Injektion. Gezeigt werden die Mittelwerte ± SEM der Rotationszahlen in Bezug auf den Testzeitpunkt. Die letzten Injektionen wurden vorgenommen am 22. Postnataltag (PND). Der Kreis zeigt die signifikante Abnahme der Rotationszahlen zwischen PND 23 und PND 32 an (P = 0,0398). Der Stern zeigt die signifikante Abnahme der Rotationszahlen zwischen PND 32 und PND 60 (P = 0,000244). An PND 90 (nicht mehr dargestellt) wurde von keinem Tier mehr Rotationsverhalten gezeigt.
Zeitpunkt der Rotationstestung
Anz
ahl R
otat
ione
n in
5 M
in.
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
20
22
24
PND 23 PND 32 PND 60
*
0
98
4.1.2. Vergleich weiterer motorischer Anomalien zwischen ci2-, ci3- Mutante
und Streptomycin-behandelten Ratten
Tab. 8: Vorhandensein und Ausprägung der Parameter Hyperlokomotion, Opisthotonus und Ataxie bei ci2-, ci3- und Streptomycin-behandelten Tieren. Hyperlokomotion und Opsthotonus der Streptomycin-behandelten Tiere waren nur transient (über einen Zeitraum von einigen Monaten nach Beendigung der Injektionsbehandlung) ausgeprägt und entwickelten sich danach wieder zurück. Tiergruppe Parameter
ci2 ci3 Streptomycin-
behandelte Tiere
Hyperlokomotion
+ Starke
Vorwärtslokomotion, die
fast permanent während
der Bewegung gezeigt
wird. Teilweise geht die
Hyperlokomotion in
Rotationssalven über.
+ Phasenweise starke
Hyperlokomotion,
dazwischen wieder
normale, ruhige
Bewegung. Teilweise
geht die
Hyperlokomotion in
Rotationssalven über.
+ (transient)
Fast permanent während
der Bewegung. Teilweise
geht die
Hyperlokomotion in
Rotationssalven über.
Opisthotonus
+ Nach langen Phasen
normalen Verhaltens
kurzzeitiges
Überstrecken des
Kopfes nach caudo-
dorsal (1 – 2 Sek.)
- + (transient)
Ausprägung ähnlich wie
bei der ci2-Mutante,
teilweise länger
anhaltend (bis zu 3 – 4
Sek.)
Ataxie
+ Als leichtes Schwanken
von einer Seite zur
anderen permanent
vorhanden
- -
99
A B
Abb. 13 A: Vergleich des Ausmaßes der Hyperlokomotion zwischen ci2-Mutante, ci3-Mutante und Streptomycin-behandelten Tieren. Die Hyperlokomotion wurde im Rahmen der 5-Min. Rotations-Tests mit erfasst und nach dem Score- System von TRICKLEBANK et al. (1984) beurteilt. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM von jeweils 20 Tieren. Die Sterne zeigen einen signifikanten Unterschied in der Stärke der Hyperlokomotion, der bei P = 0,0235 zwischen ci2- und ci3-Mutante, und bei P < 0,0001 zwischen ci3-Mutante und Streptomycin-behandelten Tieren lag. Abb. 13 B: Vergleich des Ausmaßes des Opisthotonus zwischen der ci2-Mutante und den Streptomycin-behandelten Tieren (von der ci3-Mutante wurde kein Opisthotonus gezeigt). Die Art der Auswertung entspricht der Auswertung der Hyperlokomotion. Dargestellt sind wiederum die Mittelwerte und SEM von 20 Tieren je Gruppe. Der Stern gibt einen signifikanten Unterschied in der Stärke des Opisthotonus von P < 0,0001 an.
Die Stärke der Ausprägung von Hyperlokomotion, Opisthotonus und Ataxie bei den
verschiedenen Tiergruppen wurde mit Hilfe des Score-Systems von TRICKLEBANK et
al. (1984) semiquantitativ evaluiert. Alle ci2-Tiere zeigten, im Gegensatz zu den ci3-
Tieren und allen Kontrolltieren, Ataxie und Opisthotonus (s. Tab. 8). Die Ataxie
machte sich als Schwanken von einer Seite zur anderen bemerkbar. Der
Opisthotonus wurde nach langen Phasen normalen Verhaltens als plötzliches, 1 – 2
Sek. andauerndes Überstrecken des Kopfes nach caudo-dorsal sichtbar, wobei die
Tiere im normalen Bewegungsablauf inne hielten. Während des Drehverhaltens
wurde kein Opisthotonuns gezeigt. Darüber hinaus wurde eine stark erhöhte
Lokomotion der ci2-Mutante und eine leicht verstärkte Lokomotion der ci3-Mutante
Hyp
erlo
kom
otio
n (S
core
)
0
1
2
ci2-Mutanteci3-MutanteStreptomycin-behandelte Tiere
*
*
Opi
stho
tonu
s (S
core
)
0
1
2
3ci2-MutanteStreptomycin-behandelte Tiere
*
100
gegenüber den Kontrolltieren festgestellt (Hyperlokomotion war bei allen
Kontrolltieren abwesend). Der Vergleich der Hyperlokomotion zwischen ci2-Mutante
und ci3-Mutante zeigte, dass bei ci2-Tieren die Hyperlokomotion signifikant stärker
ausgeprägt ist (P = 0,0235). (s. Abb. 13 A). Die Streptomycin-behandelten Tiere und
die ci2-Tiere waren sich in ihrem Phänotyp sehr ähnlich, Hyperlokomotion und
Opisthotonus wurden von beiden Tiergruppen gezeigt. Beide Parameter waren bei
den Streptomycin-behandelten Tieren sogar signifikant stärker ausgeprägt als bei
den ci2-Tieren (s. Abb. 13 A, B). Für die Hyperlokomotion lag der Unterschied bei P
= 0,180, für den Opisthotonus bei P < 0,0001. Die Hyperlokomotion der
Streptomycin-behandelten Tiere ging jedoch, zusammen mit dem Drehverhalten,
einige Monate nach Beendigung der Streptomycin-Behandlung wieder zurück.
4.1.3. Untersuchungen zur Funktion des vestibulären Systems
4.1.3.1. Schwimmtest
Dieser Test wurde mit einer großen Anzahl an Tieren verschiedener Altersstufen
durchgeführt, um die Funktion des vestibulären Systems zu überprüfen. Die
Ergebnisse sind in Tab. 9 aufgeführt. Alle ci3-Tiere, alle heterozygoten
Geschwistertiere (ci2/+) zur ci2-Mutante, sowie alle Tiere der Hintergrundstämme
konnten ohne Einschränkungen schwimmen. Die ci3-Mutante zeigte allerdings auch
im Wasser Rotationssalven und schwamm während einer solchen Salve in engen
Kreisen. Die ci2-Tiere waren ohne Ausnahme unfähig zu schwimmen. Sie verloren
sofort nach Verbringung in das Wasserbecken die Orientierung und gingen
korkenzieher- oder schraubenförmig unter. Diese Tiere mussten sofort aus dem
Wasser genommen werden.
101
Tab. 9: Ergebnisse des Schwimmtests. Dargestellt ist die Anzahl der insgesamt getesteten Tiere, die Anzahl der Tiere, die nicht schwimmen konnten und die Anzahl der Tiere, die schwimmen konnten in Abhängigkeit von der getesteten Tiergruppe, sowie das Alter des jüngsten getesteten und des ältesten getesteten Tieres der jeweiligen Gruppen.
Tiergruppe Anzahl
getesteter
Tiere
Anzahl
Tiere, die
nicht
schwimmen
konnten
Anzahl
Tiere, die
schwimmen
konnten
Alter
jüngstes
getestetes
Tier (in
Monaten)
Alter
ältestes
getestetes
Tier (in
Monaten)
ci2/ci2 58 58 --- 2 24
ci2/+ 26 --- 26 2 24
LEW 22 --- 22 2 13
ci3/ci3 21 --- 21 4 14
BH.7A 16 --- 16 2 11
Bei den Streptomycin-behandelten Tieren wurde der Schwimmtest in verschiedenen
Zeitabständen zur letzten Streptomycin-Injektion durchgeführt, um eventuelle
Veränderungen im Schwimmverhalten in ihrem zeitlichen Verlauf beurteilen zu
können. Direkt nach Beendigung der Injektionsbehandlung wurde in Stichproben
festgestellt, dass das Schwimmvermögen der Tiere massiv gestört war (nicht
dargestellt). Ab der 6. Woche nach Streptomycin-Behandlung wurden dann
regelmäßige Testungen durchgeführt (s. Tab. 10 + 11 und Abb. 14). Ca. 7 Monate
nach der letzten Streptomycin-Injektion hatte sich das Schwimmvermögen aller Tiere
soweit gebessert, dass sie in den 5 Min. des Tests nicht aus dem Wasser
entnommen werden mussten, wie aus den Tab. 10 + 11 und Abb. 14 deutlich wird.
102
Tab. 10: Schwimmtest über 5 Min. bei Streptomycin-behandelten Tieren. Hier angegeben ist der Zeitpunkt der Entnahme der Tiere aus dem Wasser in Min. an den angegebenen Testtagen. Die Tiere wurden vor Ablauf der 5 Min. aus dem Becken entnommen, wenn bei korkenzieherförmigem Abtauchen ein Ertrinken verhindert werden musste.
Zeitpunkt
Tier
6 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
9 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
11 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
15 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
20 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
28 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
19/1 M 5 3 2 2,30 5 5
19/3 M 1,30 3 3 2,30 5 5
19/8 F 5 5 5 5 5 ---
19/9 F 5 5 5 5 5 5
20/1 M 2 1,30 4 5 5 5
20/2 M 4,45 5 5 5 5 5
20/3 M 1 4,30 2,30 5 5 5
20/4 M 2,15 3,30 2,30 5 5 5
20/5 M 5 1,50 5 5 5 ---
20/6 F 5 2,45 2,15 1,40 4,30 5
20/7 F 5 5 2,20 5 5 5
20/8 F 0,30 0,25 0,40 1,30 5 5
20/9 F 1 1,20 1,50 1 5 5
20/10 F 1,30 3,15 2,15 5 0,45 5
20/11 F 1,40 4,30 2,15 0,10 2,30 5
103
Tab. 11: Schwimmtest über 5 Min. bei Streptomycin-behandelten Tieren. Hier angegeben sind Mittelwerte ± SEM des Zeitpunkts der Entnahme der Tiere aus dem Wasser an den angegebenen Testtagen. Die Pluszeichen zeigen einen signifikanten Unterschied zwischen dem Testergebnis nach 20 Wochen und den angegebenen Testzeitpunkten an, die Sterne stehen für einen signifikanten Unterschied zwischen dem Testergebnis nach 28 Wochen und den angegebenen Testzeitpunkten (P < 0,05).
Zeitpunkt
6 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
9 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
11 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
15 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
20 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
28 Wochen
nach
Streptomycin-
Behandlung
Mittelwerte
± SEM
2,68 ±
0,52
+ *
3,20 ±
0,42
*
2,63 ±
0,37
+ *
3,34 ±
0,54
*
4,39 ±
0,39
5,00 ±
0,00
Abb. 14: Schwimmtest zur Überprüfung des Schwimmvermögens der Streptomycin-behandelten Tiere in verschiedenen Abständen zur Behandlung mit Streptomycin. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM der Schwimmdauer in Min. (Entnahme der Tiere aus dem Becken nach 5 Min.) zu den angegebenen Testzeitpunkten. Ein Stern zeigt ein Signifikanzniveau von P < 0,05 an.
Abstand zur Streptomycin-Behandlung in Wochen
Dau
er d
es S
chw
imm
ens
in M
inut
en
0
1
2
3
4
5
6
6 15 28
*
*
104
4.1.3.2. „Air-Righting Test“
Dieser Test wurde dreimal hintereinander durchgeführt. Nur ein Defizit in allen drei
Testungen wurde als Hinweis auf ein Defizit des vestibulären Systems gedeutet.
Die Ergebnisse für die ci2-Mutante und die Kontrollgruppe von ci2/+-Tieren und
LEW-Tieren sahen wie folgt aus: bei den ci2-Tieren stand die Anzahl der Tiere mit
Defiziten im „Air-Righting“ in den drei Tests zur Anzahl der getesteten Tiere im
Verhältnis 20/23, 15/23 und 17/23. 13 Tiere zeigten in allen drei Testungen Defizite.
Im Gegensatz hierzu zeigten alle 17 Kontrolltiere in den drei Tests normale
Stellreflexe. Der Unterschied zwischen ci2-Mutante und Kontrollen wurde signifikant
bei einem Signifikanzniveau von P = 0,0003.
Bei den ci3- und BH.7A-Tieren wurden hier, im Gegensatz zum Schwimmtest
Unterschiede zwischen der Mutante und den Kontrollen deutlich. Alle Kontrollen
zeigten in den drei aufeinanderfolgenden Tests einen normalen Stellreflex und
landeten auf den Gliedmaßen. Bei den ci3-Tieren waren die Zahlen für die drei Tests
folgendermaßen (Anzahl der Tiere mit defizitärem Stellreflex / Anzahl der getesteten
Tiere): 4/19, 9/19 und 11/19. 6 Tiere zeigten hierbei keine normale Landung
(landeten auf der Seite oder auf dem Rücken) in zwei der drei Tests, eine ci3 war
sogar in allen drei Tests nicht in der Lage, normal zu landen. Da jedoch nur ein
Defizit in allen drei Tests als Hinweis auf vestibuläre Defizite angesehen wurde,
wurde der Unterschied zwischen ci3-Mutante und Kontrolle nicht signifikant.
4.1.3.3. „Tail-Hanging Test“
Auch dieser Test wurde dreimal hintereinander durchgeführt und nur bei
abweichenden Ergebnissen in allen drei Testungen wurde von einem vestibulären
Defizit ausgegangen.
Von den 17 Kontrollratten zeigt keines ein abnormes Hochdrehen. Bei den 23 ci2-
Tieren ergaben sich folgende Zahlen (abnormes Hochdrehen zu normalem
Ausstrecken der Gliedmaßen zum Boden hin): 13/23, 17/23 und 20/23. Insgesamt
zeigten 13 der 23 Tiere ein Defizit in allen Testungen, was zu einem signifikanten
Unterschied gegenüber den Kontrollen führte (P = 0,0001).
105
Für die BH.7A-Tiere stand die Anzahl der Tiere mit abnormem Verhalten zur Anzahl
der getesteten Tiere in den drei Tests in folgendem Verhältnis: 0/19, 1/19 und 2/19.
Für die ci3-Tiere waren die Zahlen wie folgt: 5/19, 8/19 und 12/19. Bei der ci3-
Mutante wurde hierbei statt des normalen Verhaltens in diesem Test ein Hochdrehen
zu einer Seite gezeigt. Fünf der ci3-Tiere zeigten dieses Hochdrehen in allen drei
Tests, wohingegen keine Kontrollratte in allen drei Tests vom normalen Verhalten
abwich. Der Unterschied zwischen Mutante und Kontrolle wurde hier signifikant bei
einem Signifikanzniveau von P = 0,0463.
4.1.4. Pharmakologische Untersuchungen
Pharmakologische Manipulationen des DA-Systems erfolgten durch systemische
(i.p.) Applikation der Substanzen D-Amphetamin, MK-801, Haloperidol und
Racloprid. Die Versuche wurden durchgeführt wie in Kapitel 3.2.3. beschrieben.
4.1.4.1. Wirkungen von DA-Rezeptor-Antagonisten bei der ci2-Mutante und der ci3-Mutante
In Anlehnung an die pharmakologischen Untersuchungen zur „Stargazer“-
Rattenmutante wurden ci2- und ci3-Tieren, sowie den entsprechenden Kontrollen
DA-Rezeptorantagonisten verabreicht. Die durch diese Substanzen ausgelöste
Katalepsie gibt Hinweise auf die nigro-striatale DA-Aktivität. Als Substanz, die sowohl
antagonistisch auf D1- als auch auf D2-Rezeptoren wirkt, wurde Haloperidol
eingesetzt. Dieses wurde 10 ci2/ci2-Tieren und 10 ci2/+-Tieren in einer Dosis von 0,1
mg/kg KGW appliziert. Für die untersuchten 8 ci3-Tiere und 10 BH.7A-Tiere wurde
die Dosis auf 0,2 mg/kg KGW erhöht, weil diese Tiergruppen auf die niedrigere Dosis
von 0,1 mg/kg keine Reaktion zeigten. Es wurde, wie bereits in Kapitel 3.2.4.
erläutert, ein Beobachtungszeitraum von 4 Std. gewählt. Zusätzlich wurde mit den
Tieren der „Standard Bar-Test“ durchgeführt, um auf das Vorliegen von Katalepsie zu
testen.
In Bezug auf die Katalepsie zeigte sich, dass es zu einer signifikant schwächeren
Ausprägung von Katalepsie bei den ci2-Tieren im Gegensatz zu den Kontrolltieren
106
kommt (s. Abb. 15). Zwischen ci3-Tieren und BH.7A-Kontrollen ließen sich in der
Ausprägung der Katalepsie keine signifikanten Unterschiede feststellen (Abb. 18).
In Bezug auf das Rotationsverhalten der beiden Mutanten lässt sich mit
zunehmender Katalepsie eine Abnahme der Rotationszahlen feststellen, bis diese
völlig zum Erliegen kommen (s. Abb. 16, 17, 19 und 20). Von Kontrolltieren wurden
keine Rotationen gezeigt.
Abb. 15: „Standard Bar-Test“ auf das Vorliegen von Katalepsie bei 10 ci2/ci2-Tieren und 10 ci2/+-Kontrollen nach Applikation von Haloperidol (0,1 mg/kg i.p.). Gezeigt sind Mittelwerte und SEM der Sek. bis zum Abstieg. Die Tiere wurden hierzu mit den Vorderpfoten auf einen 9,5 cm hohen Aluminiumblock gesetzt und die Zeit bis zum Abstieg wurde gestoppt. Nach Erreichen von 120 Sek. ohne ein Absteigen des Tieres wurde dieses durch externes Eingreifen vom Block entfernt. Ein Stern zeigt hier ein Signifikanzniveau von P < 0,05, zwei Sterne von P < 0,01 an.
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von Haloperidol (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Sek
unde
n bi
s zu
m A
bstie
g
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
0 15 30 45 60 75 90 105 120 150 180 210 240
*
**
***
** **
**
ci2-Tiere unter Haloperidol
Kontrollen unter Haloperidol
107
Abb. 16: Verlauf des Rotationsverhaltens von 10 ci2/ci2-Tieren nach Applikation von Haloperidol (0,1 mg/kg KGW) und Vehikel (2 ml/kg KGW i.p.). Dargestellt sind Mittelwerte und SEM der Rotationsanzahl in den jeweiligen Beobachtungszeiträumen (zu Beginn wurde die Anzahl Rotationen in 15 Min. ausgezählt, ab der 120. Min. die Anzahl in 30 Min.). Mit Zunahme der Katalepsie (s. Abb. 15) zeigt sich eine Abnahme der Rotationszahlen, die jedoch gegenüber den Rotationszahlen unter Vehikeleinfluß nicht signifikant wird.
Abb. 17: Gesamtzahl der Rotationen in 240 Min. von 10 ci2/ci2-Tieren unter Haloperidol und Vehikel. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM der Rotationszahlen über den gesamten Beobachtungszeitraum. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in den Rotationszahlen deutlich.
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von Haloperidol (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Anz
ahl d
er R
otat
ione
n
0
1
2
3
4
5
6
7
8
0 15 30 45 60 75 90 105 120 150 180 210 240
ci2-Tiere unter Haloperidol
ci2-Tiere unter Vehikel
Ges
amtz
ahl R
otat
ione
n in
240
Min
uten
0
5
10
15
20
25
30
35
40
ci2-Tiere unter Haloperidolci2-Tiere unter Vehikel
108
Abb. 18: „Standard Bar Test“ auf das Vorliegen von Katalepsie bei 8 ci3-Tieren und 10 BH.7A-Kontrollen nach Applikation von Haloperidol (0,2 mg/kg i.p.). Gezeigt sind Mittelwerte und SEM der Sek. bis zum Abstieg. Die Tiere wurden hierzu mit den Vorderpfoten auf einen 9,5 cm hohen Aluminiumblock gesetzt und die Zeit bis zum Abstieg wurde gestoppt. Nach Erreichen von 120 Sek. ohne ein Absteigen des Tieres wurde dieses durch externes Eingreifen vom Block entfernt. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen Mutante und Kontrollen.
Abb. 19: Verlauf des Rotationsverhaltens von 8 ci3-Tieren nach Applikation von Haloperidol (0,2 mg/kg KGW) und Vehikel (2 ml/kg KGW i.p.). Dargestellt sind Mittelwerte und SEM der Rotationsanzahl in den jeweiligen, 15 Min. dauernden Beobachtungszeiträumen. Mit Zunahme der Katalepsie (s. Abb. 18) zeigte sich eine Abnahme der Rotationszahlen, die jedoch gegenüber den Rotationszahlen unter Vehikeleinfluß nicht signifikant wurde. Nach 60 Min. wurden in keinem Fall mehr Rotationen gezeigt.
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von Haloperidol (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Sek
unde
n bi
s zu
m A
bstie
g
0
5
10
15
20
25
30
35
40
ci3-Tiere unter Haloperidol
BH.7A-Tiere unter Haloperidol
0 15 30 45 60 75 90 105 120 150 180 210
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von Haloperidol (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Anz
ahl d
er R
otat
ione
n
0
1
2
3
4
ci3-Tiere unter Haloperidol
ci3-Tiere unter Vehikel
0 15 30 45 60 75
109
Abb. 20: Gesamtzahl der Rotationen in 210 Min. von 8 ci3-Tieren unter Haloperidol und Vehikel. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM der Rotationszahlen über den gesamten Beobachtungszeitraum. Es wurden keine signifikanten Unterschiede in den Rotationszahlen deutlich.
Als spezifischer D2-Antagonist wurde bei ci2-Tieren dann das Racloprid eingesetzt,
um eventuelle Unterschiede in der Reaktion von D1- und D2-Rezeptoren feststellen
zu können. Die Dosis, die 10 ci2/ci2-Tiere und 10 ci2/+-Tiere erhielten, lag bei 1
mg/kg i.p.. Es wurde das gleiche Versuchsdesign gewählt, wie bei Verabreichung
des Haloperidols. Erneut bestätigte sich eine erhöhte Empfindlichkeit der Kontrollen
für das Auftreten von Katalepsie (s. Abb. 21). Wiederum wirkte sich Racloprid bei
den Mutanten negativ auf das Drehverhalten aus (s. Abb. 22 + 23).
Der Vergleich der Effekte von Haloperidol und Racloprid machte deutlich, dass der
kataleptische Effekt auf ci2-Tiere und Kontrollen nach Applikation von Racloprid eher
einsetzt und stärker ausgeprägt ist, als nach Applikation von Haloperidol. Des
weiteren wird das Rotationsverhalten der ci2-Mutante von Racloprid stärker und
schneller unterdrückt als von Haloperidol.
Ges
amtz
ahl R
otat
ione
n in
210
Min
uten
0
1
2
3
4
5 ci3-Tiere unter Haloperidolci3-Tiere unter Vehikel
110
Abb. 21: „Standard Bar Test“ auf das Vorliegen von Katalepsie bei 10 ci2/ci2-Tieren und 10 ci2/+-Kontrollen nach Applikation von Racloprid (1 mg/kg i.p.). Gezeigt sind Mittelwerte und SEM der Sek. bis zum Abstieg. Die Tiere wurden hierzu mit den Vorderpfoten auf einen 9,5 cm hohen Aluminiumblock gesetzt und die Zeit bis zum Abstieg wurde gestoppt. Nach Erreichen von 120 Sek. ohne ein Absteigen des Tieres wurde dieses durch externes Eingreifen vom Block entfernt. Ein Stern zeigt hier ein Signifikanzniveau von P < 0,05, zwei Sterne von P < 0,01 und drei Sterne von P < 0,001 an.
Abb. 22: Verlauf des Rotationsverhaltens von 10 ci2/ci2-Tieren nach Applikation von Racloprid (1 mg/kg KGW) und Vehikel (2 ml/kg KGW i.p.). Dargestellt sind Mittelwerte und SEM der Rotationsanzahl in den jeweiligen Beobachtungszeiträumen (zu Beginn wurde die Anzahl Rotationen in 15 Min. ausgezählt, ab der 120. Min. die Anzahl in 30 Min.). Mit Zunahme der Katalepsie (s. Abb. 21) zeigen sich abnehmende Rotationszahlen. Die Sterne zeigen einen signifikanten Unterschied in der Rotationszahl an (P < 0,05).
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von Racloprid (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Anz
ahl d
er R
otat
ione
n
0
2
4
6
8
10
12
14
16
0 15 30 45 60 75 90 105 120 150 180
*
**
* **
**
ci2-Tiere unter Racloprid
ci2-Tiere unter Vehikel
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von Racloprid (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Sek
unde
n bi
s zu
m A
bstie
g
0
20
40
60
80
100
120
0 15 30 45 60 75 90 105 120 150 180
*
*
**
****
*****
ci2-Tiere unter Racloprid
Kontrollen unter Racloprid
111
Abb. 23: Gesamtzahl der Rotationen in 180 Min. von 10 ci2/ci2-Tieren unter Racloprid und Vehikel. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM der Rotationszahlen über den gesamten Beobachtungszeitraum. Der Stern steht für einen signifikanten Unterschied in der Rotationszahl (P < 0,05).
4.1.4.2. D-Amphetamin-Effekte
D-Amphetamin, dass durch die Freisetzung und Hemmung der Wiederaufnahme von
DA eine Erhöhung der extrazellulären DA-Konzentration hervorruft (ZETTERSTRÖM et
al., 1986; GÖTHERT et al., 1996), wurde bereits bei der ci2-Mutante in einer Dosierung
von 2,5 mg/kg KGW untersucht (LÖSCHER et al., 1996). Daher wurde die Wirkung von
D-Amphetamin im Rahmen dieser Arbeit nun auch bei der ci3-Mutante und den
Streptomycin-behandelten Tieren, sowie entsprechenden Kontrolltieren getestet.
Um zu untersuchen, ob in der Ausprägung von Verhaltenseffekten Unterschiede
zwischen ci3- und Kontrollratten bestehen, erhielt eine Gruppe von 8 ci3-Tieren und
7 BH.7A-Tieren während der Hellphase D-Amphetamin. Im Gegensatz zur
Vehikelkontrolle steigerte die Substanzgabe die Hyperlokomotion der Mutante
signifikant (Abb. 24) und löste verschiedene Stereotypien aus (Schnüffeln, Lecken,
Aufrichten). Eine Erhöhung der Rotationszahlen bei der Mutante konnte jedoch nicht
festgestellt werden.
Auch die Kontrollen zeigten nach Applikation von D-Amphetamin eine
Hyperlokomotion (Abb. 25). Zusätzlich wurden auch hier Schnüffeln, Lecken und
Aufrichten nach Substanzgabe gezeigt.
Ges
amtz
ahl R
otat
ione
n in
180
Min
uten
0
10
20
30
40
50
60
70
ci2-Tiere unter Raclopridci2-Tiere unter Vehikel
*
112
Sowohl bei der Mutante, als auch bei den BH.7A-Kontrollen begann die Wirkung des
D-Amphetamins nach ca. 15 Min. und hielt über den gesamten
Beobachtungszeitraum von 2 Std. an.
10 ci3-Ratten wurde das D-Amphetamin dann kurz vor Beginn der Dunkelphase, also
der Aktivitätsphase, verabreicht, um die Effekte von Amphetamin auf das Circling-
Verhalten anschließend über eine Videoaufzeichnung zu ermitteln. Die Auswertung
der Aufnahmen ergab im Mittel eine Rotationsanzahl von 218 ± 69,0 Rotationen in
den 2 Std. nach Amphetamingabe. Die selben Tiere hatten nach Verabreichung des
Vehikels hingegen nur 71,2 ± 22,5 Rotationen in 2 Std. gezeigt (s. Abb. 26 + 27). D-
Amphetamin bewirkte somit eine signifikante Zunahme der Rotationszahl im
Vergleich zur Vehikelapplikation (P = 0,0273).
Der Vergleich der Drehpräferenzen der Mutanten mit und ohne D-Amphetamin
machte deutlich, dass die meisten Tiere nach Amphetamininjektion dieselbe
Seitenpräferenz beibehielten. Die Rotationen nach Amphetamingabe unterschieden
sich jedoch von den spontanen, engen, in Salven auftretenden Rotationen der Tiere:
sie drehten nach Amphetaminapplikation in weiten Kreisen und zeigten nur vereinzelt
enge Rotationen. Als weitere Stereotypien zeigten sich nach Amphetamingabe
Schnüffeln und Aufrichten.
113
Abb. 24: Hyperlokomotion (Score-System nach TRICKLEBANK, 1984) von 8 ci3-Tieren unter D-Amphetamin (Weibchen 2,5 mg/kg KGW, Männchen 3 mg/kg KGW) und Vehikel (2 ml/kg KGW). Dargestellt sind Mittelwerte und SEM. Signifikante Unterschiede zwischen gezeigter Hyperlokomotion nach Substanz- und Vehikelapplikation sind durch Sterne angezeigt (P < 0,05).
Abb. 25: Hyperlokomotion (Score-System nach TRICKLEBANK, 1984) von 7 BH.7A-Tieren unter D-Amphetamin (Weibchen 2,5 mg/kg KGW, Männchen 3 mg/kg KGW) und Vehikel (2 ml/kg KGW). Dargestellt sind Mittelwerte und SEM. Signifikante Unterschiede zwischen gezeigter Hyperlokomotion nach Substanz- und Vehikelapplikation sind durch Sterne angezeigt (P < 0,05).
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von D-Amphetaminsulfat (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Hyp
erlo
kom
otio
n (S
core
)
0
1
2
ci3-Tiere unter Amphetamin
ci3-Tiere unter Vehikel
0 15 30 45 60 75 90 105 120
* **
*
* **
*
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von D-Amphetaminsulfat (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Hyp
erlo
kom
otio
n (S
core
)
0
1
2
BH.7A-Tiere unter Amphetamin
BH.7A-Tiere unter Vehikel
*
* ** * *
*
*
0 15 30 45 60 75 90 105 120
114
Abb. 26: Anzahl der von 10 ci3-Mutanten gezeigten Rotationen nach Applikation von D-Amphetamin (Weibchen: 2,5 mg/kg KGW i.p., Männchen: 3 mg/kg KGW i.p.) und Vehikel (2 ml/kg KGW i.p.). Angegeben sind die Mittelwerte und SEM der Rotationszahlen in den 15 Min. dauernden Beobachtungzeiträumen. Der Versuch wurde in der Dunkelphase durchgeführt. Die Sterne zeigen den signifikanten Unterschied in der Rotationszahl zwischen D-Amphetamin- und Vehikelapplikation an (P < 0,05).
Abb. 27: Gesamtzahl der Rotationen in 120 Min. von 10 ci3-Tieren unter D-Amphetamin und Vehikel. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM der Rotationszahlen über den gesamten Beobachtungszeitraum. Der Stern steht für einen signifikanten Unterschied in der Rotationszahl (P < 0,05).
Anz
ahl d
er R
otat
ione
n
0
3
6
9
12
15
18
21
24
27
30
33
36
39
42
45
48
15 30 45 60 75 90 105 120
ci3-Tiere unter Amphetamin
ci3-Tiere unter Vehikel
*
*
0
Zeitabschnitte nach Applikation von D-Amphetaminsulfat (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Ges
amtz
ahl R
otat
ione
n in
2 S
tund
en
0
50
100
150
200
250
300
ci3-Tiere unter Amphetaminci3-Tiere unter Vehikel
*
115
In einer weiteren Studie wurde 9 Streptomycin-behandelten Tieren, sowie 7 Tieren
des LEW-Hintergrundstammes (als Kontrollen) D-Amphetamin in der oben
angegebenen Dosierung verabreicht, um herauszufinden, ob D-Amphetamin bei den
Streptomycin-behandelten Tieren Drehverhalten auslösen kann. Der Abstand zur
Streptomycin-Injektionsbehandlung betrug ca. 5 Monate, die Tiere zeigten zu diesem
Zeitpunkt keine Spontanrotationen mehr.
In der Post-Applikationsphase konnten bei beiden Tiergruppen Stereotypien
(Hyperlokomotion, Schüffeln, Lecken) beobachtet werden, es wurden jedoch in
keinem Fall Rotationen gezeigt.
4.1.4.3. MK-801-Wirkungen
Als weitere Substanz, welche bereits bei den ci2-Ratten eingesetzt wurde und
welche den DA-Umsatz erhöht (s. Kap. 2.4.4.), wurde der N-Methyl-D-Aspartat-
Antagonist MK-801 an 10 ci3-Tiere und 10 BH.7A-Kontrollen in einer Dosierung von
0,1 mg/kg intraperitoneal verabreicht. Bei der Mutante erfolgte eine signifikante
Steigerung der Rotationszahlen unter MK-801-Einfluß im Vergleich zum Vehikel
(Abb. 28 + 29). Die Kontrolltiere zeigten weder unter MK-801 noch unter Vehikel
Rotationsverhalten. Beide Tiergruppen wurden unter Substanzeinfluß stark
hyperlokomotorisch (Abb. 30 + 31).
116
Abb. 28: Anzahl der von 10 ci3-Tieren gezeigten Rotationen nach Applikation von MK-801 (0,1 mg/kg i.p.) und Vehikel (2 ml/kg i.p.). Angegeben sind die Mittelwerte und SEM der Rotationszahlen in den 15 Min. dauernden Beobachtungszeiträumen. Der Stern zeigt einen signifikanten Unterschied in der Rotationszahl an (P < 0,05).
Abb. 29: Gesamtzahl der Rotationen in 120 Min. von 10 ci3-Tieren unter MK-801 und Vehikel. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM der Rotationszahlen über den gesamten Beobachtungszeitraum. Der Stern steht für einen signifikanten Unterschied in der Rotationszahl (P < 0,05).
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von MK-801 (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Anz
ahl d
er R
otat
ione
n
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
110
120 ci3-Tiere unter MK-801ci3-Tiere unter Vehikel
0 15 30 45 60 75 90 105 120
*
Ges
amtz
ahl R
otat
ione
n in
2 S
tund
en
0
50
100
150
200
250
300
350
400
450
500
ci3-Tiere unter MK-801ci3-Tiere unter Vehikel
*
117
Abb. 30: Hyperlokomotion (Score-System nach TRICKLEBANK, 1984) von 10 ci3-Tieren unter MK-801 (0,1 mg/kg KGW) und Vehikel (2 ml/kg KGW). Dargestellt sind Mittelwerte und SEM. Signifikante Unterschiede zwischen gezeigter Hyperlokomotion nach Substanz- und Vehikelapplikation sind durch Sterne angezeigt (P < 0,05).
Abb. 31: Hyperlokomotion (Score-System nach TRICKLEBANK, 1984) von 10 BH.7A-Tieren unter MK-801 (0,1 mg/kg KGW) und Vehikel (2 ml/kg KGW). Dargestellt sind Mittelwerte und SEM. Signifikante Unterschiede zwischen gezeigter Hyperlokomotion nach Substanz- und Vehikelapplikation sind durch Sterne angezeigt (P < 0,05).
Hyp
erlo
kom
otio
n (S
core
)
0
1
2
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von MK-801 (Applikation zum Zeitpunkt 0)
0 15 30 45 60 75 90 105 120
ci3-Tiere unter MK-801
ci3-Tiere unter Vehikel
** *
**
*
Zeitabschnitte vor und nach Applikation von MK-801 (Applikation zum Zeitpunkt 0)
Hyp
erlo
kom
otio
n (S
core
)
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
0,9
0 15 30 45 60 75 90 105 120
BH.7A-Tiere unter MK-801
BH.7A-Tiere unter Vehikel
* *
*
118
4.2. EEGs
EEGs wurden von 4 ci2/ci2, 4 ci2/+, 2 LEW/Ztm sowie 2 WAG/Rij Ratten abgeleitet
und ausgewertet, wie unter 3.3. beschrieben. Im Zustand aktiven Verhaltens der
Tiere konnten in keiner Tiergruppe Abnormitäten im EEG gefunden werden.
Bei den ci2-Tieren gab es auch während des Drehverhaltens oder während weiterer
Störungen im Bewegungsablauf kein abnormes EEG.
In den Ruhephasen (passives Verhalten) oder während des Schlafens zeigten
sowohl die Mutante (ci2/ci2), als auch die heterozygoten Geschwistertiere (ci2/+) und
die Tiere des Hintergrundstammes (LEW/Ztm) Graphoelemente mit einer Frequenz
von ungefähr 10 Hz und einer mittleren Dauer von 3,89 Sek. (von 0,8 bis 11,4 Sek.)
(Abb. 32 und 33). Diese waren durch langsame, rhythmische Aktivität im EEG
gekennzeichnet und ähnelten nicht den bei WAG/Rij aufgetretenen „Spike-Wave“-
Formationen. Des weiteren waren sie nicht von Verhaltensanomalien begleitet.
Bei den WAG-Rij-Tieren traten während Ruhe- und Schlafphasen Graphoelemente
mit einer Frequenz von ungefähr 8 Hz und einer mittleren Dauer von 5,82 Sek. (von
3 bis 15 Sek.) auf (Abb. 32 und 33). Diese bestanden aus „Spike-Wave“-Entladungen
und wurden von Verhaltensanomalien, wie myoklonischen Bewegungen der
Tasthaare oder dem Zucken von Augen und Ohren, begleitet. Sie traten bis zu 28
mal pro Std. auf.
119
Abb. 32: Corticale EEG-Ableitungen eines (A) ci2/ci2-Tieres, (B) ci2/+-Tieres, (C) normalen LEW-Hintergrundstamm-Tieres (LEW/Ztm), sowie einer (D) epileptischen WAG/Rij-Ratte. Alle Aufnahmen wurden während der Hellphase an frei-beweglichen Ratten angefertigt. „Aktives Verhalten“ bedeutet, dass sich die Tiere in der Bewegung befanden, „Ruhephase“ steht für ein passives Verhalten der Tiere. Während der hier gezeigten Aufnahmen der ci2-Mutante trat kein Circling-Verhalten auf. Die Aufnahmen wurden durch einen EEG-Schreiber aufgezeichnet.
A) ci2/ci2 B) ci2/+
D) WAG/RijC) Lew/Ztm
Aktives Verhalten
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Ruhephase / Schlaf
Aktives Verhalten
Aktives VerhaltenAktives Verhalten
10sec
10 sec 10 sec
10 sec
0.25 mV
0.25 mV 0.25 mV
0.25 mV
120
Abb. 33: EEG-Aufnahmen von (A) einer ci2-Mutante während aktiver Wachheit, (B) einer normalen Ratte des LEW-Hintergrundstammes (LEW/Ztm) während aktiver Wachheit, (C) einer epileptischen WAG/Rij-Ratte während passiver Wachheit oder Schlaf, sowie (D) einer normalen LEW/Ztm-Ratte während passiver Wachheit oder Schlaf. Alle Aufnahmen wurden während der Hellphase an frei-beweglichen Ratten angefertigt. Die Aufnahme der ci2-Mutante wurde kurz vor, während und nach paroxysmalem Circling-Verhalten angefertigt (der Pfeil zeigt den Beginn des Circling-Verhaltens an; die Dauer des Rotationsverhaltens lag bei ca. 5 Sek.). Die „Slow-wave“ Oszillationen im EEG der Mutante während aktiver Wachheit wurden auch bei solchen Aufnahmen von normalen LEW-Ratten gesehen (s. B) und werden als Bewegungsartefakte angesehen. Bei der WAG/Rij-Ratte markiert der Pfeil den Beginn eines epileptischen Anfalls. Für die in D gezeigte LEW/Ztm-Ratte zeigt der Pfeil den Beginn eines Schlafspindel-ähnlichen Graphoelementes. Alle Aufnahmen wurden über ein Drehgelenk angefertigt, um Bewegungsartefakte zu minimieren, und sie wurden über PowerLab Programme digitalisiert.
ci2/ci2
sec
0 5 10 15 20
mV
-40
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
WAG Rij
sec
0 5 10 15 20
mV
-40
-30
-20
-10
0
10
20
30
40LEW/Ztm
sec
0 5 10 15 20
mV
-40
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
LEW/Ztm
sec
0 5 10 15 20
mV
-40
-30
-20
-10
0
10
20
30
40
A B
C D
121
4.3. Neuropathologische Befunde
4.3.1. Bestimmung der Dichte TH-positiver Neurone in SNC und VTA
In Analogie zu früheren Untersuchungen dopaminerger Neurone bei der ci2-Mutante
(RICHTER et al., 1999) wurden die Gehirne von 7 ci3-Tieren und 7 BH-7A-Tieren
immunhistochemisch untersucht (histologische Darstellung s. Abb. 34 + 35). Die
Mittelwerte und SEM der Neuronendichten in VTA, SNL und SNC sind in Tab. 12
angegeben, die Mittelwerte und SEM der 8 ausgezählten Subregionen in Tab. 13..
Bei der Quantifizierung der Neuronendichten zeigten sich in VTA und SNL keine
signifikanten, bilateralen Asymmetrien der TH-positiven Zellen bei den ci3-Ratten. In
der SNC der Mutante war jedoch die Neuronendichte auf der zur Drehrichtung
contralateralen Seite signifikant niedriger als auf der ipsilateralen Seite (P = 0,0412).
Bei den BH.7A-Kontrollen konnten weder signifikante Unterschiede in der Zelldichte
zwischen den Hemisphären, noch signifikante Unterschiede zur Zelldichte der
Mutante festgestellt werden (Tab. 13 und Abb. 36). Für eine genauere Untersuchung
der Lateralität in der Zelldichte der SNC der Mutante wurden die Neuronendichten für
den lateralen Anteil der SNC und den medialen Anteil der SNC (nach FALLON und
LOUGHLIN, 1995), welcher das Gros der Neurone enthält, noch einmal getrennt
beurteilt. Darüber hinaus wurde die mediale SNC für die Berechnung in zwei rostrale
und zwei caudale Viertel unterteilt, da unterschiedliche funktionelle Anteile
wahrscheinlich sind (HERNANDEZ-LOPEZ et al., 1994). In der lateralen SNC ergaben
sich nun keine signifikanten Asymmetrien in der Dichte dopaminerger Neurone bei
Mutante und Kontrolle. Bei der Untersuchung der Unterschiede in den Zelldichten
zwischen den vier Vierteln der SNC zeigte sich in der ANOVA, dass die Viertel sich
bei den ci3-Ratten im Gegensatz zu den Kontrollen signifikant unterschieden (P =
0,0041). Mit Ausnahme des rostralsten Anteils gab es eine Tendenz zu niedrigeren
Neuronendichten auf der contralateralen Seite, die im caudalsten Anteil immerhin
22% Differenz zur ipsilateralen Seite ausmachte (Signifikanzniveau von P = 0,0159).
Für die Kontrolltiere konnte keinerlei signifikante Lateralität in den Subregionen der
medialen SNC gefunden werden.
122
Bei einem Vergleich der DA-Zelldichten in den einzelnen Anteilen der medialen SNC
zwischen ci3- und BH.7A-Tieren zeigte sich ein signifikanter Unterschied im vierten,
caudalsten Viertel. In diesem Bereich lag die Dichte TH-positiver Neurone auf der
contralateralen Seite der Mutante signifikant niedriger als auf der linken (P = 0,0383)
und der rechten Seite (P = 0,0466) der Kontrollen. Der relative Unterschied lag bei –
23 % und – 24% (s. Tab. 13 und Abb. 37).
Abb. 34: Histologische Darstellung der rechten VTA und SNC einer ci3-Mutante bei 25facher Vergrößerung. Die TH-positiven Neurone und Fasern sind durch die immunhistochemische Reaktion schwarz angefärbt.
123
Tab. 12: Dichte TH-positiver Neurone in VTA, SNL und SNC von ci3-Mutante und BH.7A-Kontrollen. Angegeben sind die Mittelwerte und SEM von 7 ci3-Tieren und 7 BH.7A-Kontrollen. Die Dichten sind für die Mutante ipsi- und contralateral zur Drehrichtung angegeben, für die Kontrollen erfolgte eine Aufschlüsselung nach linker und rechter Hemisphäre. Der Stern zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen den Neuronendichten der ipsi- und der contralateralen SNC der ci3-Tiere (P = 0,0412).
Region ci3/ci3 BH.7A
ipsilateral contralateral links rechts
Mittelwert ± SEM Mittelwert ± SEM Mittelwert ± SEM Mittelwert ± SEM
VTA 6870 ± 453 7295 ± 715 6691 ± 445 7359 ± 480
SNL 6675 ± 426 7000 ± 545 6594 ± 450 6716 ± 448
SNC 8164 ± 404 7720 * ± 559 8002 ± 297 7800 ± 428
Abb. 35: Histologische Darstellung TH-positiver Neurone in der SNC einer ci3-Mutante bei 400facher Vergrößerung. Die Neurone stellen sich nach der immunhistochemischen Anfärbung schwarz dar.
124
Tab. 13: Dichte TH-positiver Neurone für die folgenden Subregionen von VTA und SNC von ci3-Tieren und BH.7A-Kontrollen: 1.VTA rostral 5.SNC medial rostral 2.VTA caudal 6.SNC medial caudal anterior 3.SNC lateral rostral 7.SNC medial caudal posterior 4.SNC lateral caudal 8.SNC medial caudal superposterior Angegeben sind die Mittelwerte und SEM von 7 ci3-Ratten und 7 Kontrollen. Die Dichten sind für die Mutante ipsi- und contralateral zur Drehrichtung angegeben, für die Kontrollen erfolgte eine Aufschlüsselung nach linker und rechter Hemisphäre. Der Stern zeigt einen signifikanten Unterschied in der Zelldichte zwischen ipsi- und contralateraler SNC med. caud. superpost. von ci3-Ratten (P = 0,0159). Die Pluszeichen stehen für signifikante Unterschiede zwischen contralateraler SNC med. caud. superpost. der Mutante und linker (P = 0,0383) und rechter (P = 0,0466) SNC med. caud. superpost. der Kontrollratten.
Region ci3/ci3 BH.7A
ipsilateral contralateral links rechts
Mittelwert ± SEM Mittelwert ± SEM Mittelwert ± SEM Mittelwert ± SEM
1. VTA
rostral
5828 ± 477 6935 ± 842 6349 ± 440 6479 ± 765
2. VTA
caudal
7912 ± 625 7660 ± 664 7033 ± 591 8238 ± 622
3. SNC lat.
rostral
9158 ± 565 8807 ± 610 8344 ± 366 8303 ± 626
4. SNC lat.
caudal
6675 ± 426 7000 ± 545 6594 ± 450 6716 ± 448
5. SNC
med.rostr.
8059 ± 366 8873 ± 871 7774 ± 443 7652 ± 454
6. SNC
med.
caud. ant.
9076 ± 745
8628 ± 1017
9117 ± 754
8710 ± 692
7. SNC
med.
caud.post.
7367 ± 442
6716 ± 719
7489 ± 660
7041 ± 519
8. SNC
med.
caud.
superpost.
7163 ± 565
5576 * ± 508
7285 + ± 531
7293 + ± 584
125
Abb. 36: Dichte der TH-positiven Neurone in VTA, SNL und SNC bei ci3-Tieren (A) und BH.7A-Kontrollen (B). Gezeigt sind die Mittelwerte ± SEM von 7 ci3-Ratten mit einer Seitenpräferenz von > 90% und 7 BH.7A-Kontrollen. Für die Mutante sind die Zelldichten auf der zur Drehrichtung ipsi- und contralateralen Seite ausgezählt worden. Bei den Kontrollen sind die Zelldichten der linken und der rechten Hemisphäre angegeben. Eine signifikante Asymmetrie zwischen den Zelldichten von Hirnregionen ist durch einen Stern gekennzeichnet (P = 0,0412). Obwohl die durchschnittliche Asymmetrie in der SNC der Mutante klein war, so wurde sie im Paired Student`s t-Test doch signifikant.
Neu
rone
ndic
hte/
mm
3
0
2000
4000
6000
8000
10000
*
Neu
rone
ndic
hte/
mm
3
0
2000
4000
6000
8000
10000
ipsilateralcontralateral
A
B
VTA SNL SNC
VTA SNL SNC
links
rechts
126
Abb. 37: Dichte der TH-positiven Neurone der Subregionen der SNC bei ci3-Tieren (A) und BH.7A-Kontrollen (B). Die Neuronendichten sind angegeben für die laterale (lat) und die mediale (med) SNC. Die mediale SNC wurde weiter über ihre rostro-caudale Ausdehnung in vier Viertel (med 1 – med 4) unterteilt. Es handelt sich um die selben Tiere wie in Abb. 36. Die Analyse der vier Viertel der medialen SNC durch die ANOVA zeigte einen signifikanten Unterschied bei der Mutante (P = 0,0041), nicht jedoch bei den Kontrollen. Der Post Hoc Test ergab eine signifikante Asymmetrie in der Zelldichte des caudalsten Viertels (med 4) der SNC, welche durch den Stern angezeigt wird (P = 0,0159).
Neu
rone
ndic
hte/
mm
3
0
2000
4000
6000
8000
10000N
euro
nend
icht
e/m
m3
0
2000
4000
6000
8000
10000
ipsilateralcontralateral
*
A
B
lat med 1 med 2 med 3 med 4
lat med 1 med 2 med 3 med 4
links
rechts
127
4.3.2. Untersuchung der cochleären und vestibulären Nuclei
4.3.2.1. Kerngrößen
4.3.2.1.1. ci3-Mutante und BH.7A-Tiere
Entsprechend vorangegangener Untersuchungen bei ci2-Ratten (KAISER et al., 2001)
wurde in diesen Untersuchungen zunächst das Volumen der cochleären und
vestibulären Kerngebiete bei 5 ci3-Ratten und 6 BH.7A-Kontrolltieren bestimmt,
wobei die Volumina für die beiden Hemisphären getrennt ermittelt und dann für die
Mutanten nach ipsilateral und contralateral zur Drehrichtung, und für die Kontrollen
nach linker und rechter Hemisphäre aufgeschlüsselt wurden (s. Tab. 14 und Abb.
38). Wie in Kapitel 3.4.5.1. erklärt wurde, konnten für den PVCN und den DCN nur
die mittleren Kerngrößen in drei aufeinander folgenden Schnitten verglichen werden.
Die Mittelwerte der Kernvolumina in mm³ oder der Kerngrößen in mm² zusammen
mit den zugehörigen SEM sind in Tab. 14 angegeben. Aufgrund von partiellen
Schäden durch die histologische Präparation konnten in die Volumenberechnung des
superioren vestibulären Nucleus und des lateralen vestibulären Nucleus der Mutante
nur jeweils 4 Tiere eingehen, bei den BH.7A-Tieren nur je 5 Tiere.
Es konnten in diesen Untersuchungen keine signifikanten, bilateralen Asymmetrien
im Kernvolumen der cochleären oder vestibulären Kerne bei ci3-Ratten und BH.7A-
Kontrolltieren gefunden werden. Darüberhinaus gab es auch keine signifikanten
Unterschiede der Volumina im Vergleich zwischen Mutante und Kontrolle. Für den
posteroventralen cochleären Nucleus und den dorsalen cochleären Nucleus ergaben
sich für die mittleren Größen ebenfalls keine signifikanten Asymmetrien oder
Unterschiede zwischen ci3- und BH.7A-Tieren.
128
Tab. 14: Volumina der cochleären und vestibulären Nuclei bei ci3-Tieren und BH.7A-Kontrollen. Für den inferioren vestibulären Nucleus ist das Volumen des rostralen Anteils dieser Subregion angegeben, für den anteroventralen cochleären Nucleus das Volumen des caudalen Teils. Im Fall des posteroventralen cochleären Nucleus und des dorsalen cochleären Nucleus konnte das Volumen aufgrund von partiellen Schäden durch die histologische Präparation nicht bestimmt werden. Hier wurde stattdessen die mittlere Größe von 2 bis 3 aufeinanderfolgenden Schnitten bestimmt (in mm²). Angegeben sind die Mittelwerte ± SEM von 5 ci3-Tieren und 6 Kontrollen. Für die Mutante sind die Daten der zur Drehrichtung ipsi- und contralateralen Seite dargestellt, für die Kontrollen die Daten der linken und rechten Hemisphäre. AVCN: anteroventraler cochleärer Nucleus, PVCN: posteroventraler cochleärer Nucleus, DCN dorsaler cochleärer Nucleus, SVN: superiorer vestibulärer Nucleus, MVN: medialer vestibulärer Nucleus, LVN: lateraler vestibulärer Nucleus, IVN: inferiorer vestibulärer Nucleus.
Volumen
ci3-Tiere BH.7A-Tiere
Region
ipsilateral contralateral links rechts
Cochlearkern
AVCN (mm³) 0,409 ± 0,028 0,422 ± 0,060 0,445 ± 0,012 0,445 ± 0,027
PVCN (mm²) 0,631 ± 0,031 0,573 ± 0,019 0,607 ± 0,024 0,551 ± 0,018
DCN (mm²) 0,676 ± 0,077 0,856 ± 0,074 0,779 ± 0,061 0,505 ± 0,114
Vestibularkern
SVN (mm³) 0,114 ± 0,017 0,162 ± 0,015 0,127 ± 0,012 0,118 ± 0,013
MVN (mm³) 0,666 ± 0,051 0,676 ± 0,044 0,592 ± 0,037 0,574 ± 0,026
LVN (mm³) 0,230 ± 0,040 0,222 ± 0,014 0,207 ± 0,095 0,193 ± 0,020
IVN (mm³) 0,233 ± 0,012 0,235 ± 0,014 0,194 ± 0,099 0,212 ± 0,011
129
Abb. 38: Volumina der cochleären und vestibulären Hirnstammnuclei von 5 ci3-Tieren (A) und 6 BH.7A-Kontrollen (B). Für die Mutante wird das Volumen (Mittelwerte ± SEM) der Nuclei ipsi- und contralateral zur Drehrichtung gezeigt, während die entsprechenden Volumina für die Kontrolltiere für die linke und rechte Hemisphäre aufgetragen sind. Es konnten keine signifikanten Asymmetrien in der Kerngröße bestimmt werden.
Vol
umen
in m
m3
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
Vol
umen
in m
m3
0,0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
0,7
0,8
SVN LVN MVN IVN
B
A
AVCN
ipsilateralcontralateral
SVN LVN MVN IVN AVCN
linksrechts
130
4.3.2.1.2. Streptomycin-behandelte Tiere, ci2/+-Kontrollen und ci2/ci2-Tiere
Die Volumina der cochleären und vestibulären Kerne der Streptomycin-behandelten
Tiere wurden ca. 6 Monate nach der Streptomycin-Behandlung bei 7 Tieren
ausgemessen. Als Kontrollen wurden hier 8 heterozygote ci2/+Tiere verwendet (s.
Tab. 15 und Abb. 39). Von der ci2-Mutante standen ebenfalls 8 Tiere zur Verfügung
(Daten für die ci2/+- und die ci2/ci2-Tiere übernommen aus der Dissertation von Frau
Dr. Fedrowitz). Auch bei diesen Tieren konnten für den posteroventralen cochleären
Nucleus und den dorsalen cochleären Nucleus aufgrund von partiellen Schäden
durch die histologische Präparation nur die mittleren Kerngrößen dreier aufeinander
folgender Schnitte berechnet werden. Bei den ci2/+-Tieren gingen in die
Berechnungen für den posteroventralen cochleären Nucleus und den dorsalen
cochleären Nucleus nur 7 Tiere ein. Von den Streptomycin-behandelten Tieren
konnten beim anteroventralen cochleären Nucleus nur 5 Tiere in die Wertung
eingehen, beim superioren vestibulären Nucleus 6 Tiere, beim medialen vestibulären
Nucleus 5 Tiere, beim lateralen vestibulären Nucleus ebenfalls 5 Tiere und beim
inferioren vestibulären Nucleus konnten wegen vorliegender Schäden der
Schnittpräparate nur 6 Tiere einbezogen werden. Von den ci2/ci2-Tieren gingen
beim superioren, medialen und lateralen vestibulären Nucleus je 7 Tiere in die
Wertung ein, beim inferioren vestibulären Nucleus waren es 6 und beim
anteroventralen cochleären Nucleus 5 Tiere. Die Volumina von superiorem, lateralem
und medialem vestibulärem und anteroventralem cochleärem Nucleus waren bei den
Streptomycin-behandelten Tieren signifikant geringer als bei den ci2/+-Kontrollen.
Das Signifikanzniveau lag für den superioren vestibulären Nucleus bei P = 0,0006,
für den lateralen vestibulären Nucleus bei < 0,0001, für den medialen vestibulären
Nucleus bei P = 0,0001 und der signifikante Unterschied beim anteroventralen
cochleären Nucleus betrug P = 0,0161. Bei der Betrachtung der mittleren
Kerngrößen von posteroventralem und dorsalem cochleärem Nucleus wurden
signifikante Unterschiede in der Größe des posteroventralen cochleären Nucleus
zwischen Streptomycin-behandelten und ci2/+-Tieren, sowie zwischen Streptomycin-
behandelten Tieren und ci2/ci2-Tieren gefunden (P = 0,014 bzw. P = 0,00266).
Darüber hinaus war der superiore vestibuläre Nucleus der Streptomycin-behandelten
Tiere auch noch signifikant kleiner (P = 0,00233) und der inferiore vestibuläre
131
Nucleus signifikant größer (P = 0,0152) als derjenige der ci2/ci2-Tiere. Die ci2/ci2-
Tiere unterschieden sich von den ci2/+-Tieren in einem geringeren Volumen des
medialen vestibulären Nucleus (P = 0,000622).
Tab. 15: Volumina der cochleären und vestibulären Nuclei bei Streptomycin-behandelten Tieren, ci2/+-Kontrollen und ci2/ci2-Tieren. Für den inferioren vestibulären Nucleus ist das Volumen des rostralen Anteils dieser Subregion angegeben, für den anteroventralen cochleären Nucleus das Volumen des caudalen Teils. Im Fall des posteroventralen und des dorsalen cochleären Nucleus konnte das Volumen aufgrund von partiellen Schäden durch die histologische Präparation nicht bestimmt werden. Hier wurde stattdessen die mittlere Größe von 2 bis 3 aufeinanderfolgenden Schnitten bestimmt (in mm²). Angegeben sind die Mittelwerte ± SEM von 7 Streptomycin-behandelten Tieren, 8 ci2/+-Kontrollen und 8 ci2/ci2-Tieren. Der Stern steht für signifikante Größenunterschiede zwischen den Kernen von Streptomycin-behandelten Tieren und ci2/+-Kontrollen, das Pluszeichen für solche Unterschiede zwischen Streptomycin-behandelten Tieren und ci2/ci2-Tieren, und das Minuszeichen für signifikante Unterschiede zwischen den ci2/+- und den ci2/ci2-Tieren (P < 0,05). AVCN: anteroventraler cochleärer Nucleus, PVCN: posteroventraler cochleärer Nucleus, DCN dorsaler cochleärer Nucleus, SVN: superiorer vestibulärer Nucleus, MVN: medialer vestibulärer Nucleus, LVN: lateraler vestibulärer Nucleus, IVN: inferiorer vestibulärer Nucleus.
Volumen Region
Streptomycin-behandelte
Tiere
ci2/+-Tiere ci2/ci2-Tiere
Cochlearkern
AVCN (mm³) 0,235 ± 0,046 * 0,405 ± ,0090 0,293 ± 0,024
PVCN (mm²) 0,282 ± 0,014 * + 0,515 ± 0,052 0,418 ± 0,031
DCN (mm²) 0,420 ± 0,069 0,548 ± 0,079 0,407 ± 0,028
Vestibularkern
SVN (mm³) 0,070 ± 0,012 * + 0,220 ± 0,026 0,171 ± 0,021
MVN (mm³) 0,574 ± 0,052 * 0,990 ± 0,047 - 0,626 ± 0,065
LVN (mm³) 0,212 ± 0,013 * 0,470 ± 0,022 0,423 ± 0,097
IVN (mm³) 0,485 ± 0,028 + 0,368 ± 0,025 0,295 ± 0,045
132
Abb. 39: Volumina der cochleären und vestibulären Hirnstammnuclei von 7 Streptomycin-behandelten Tieren, 8 ci2/+-Kontrollen und 8 ci2/ci2-Tieren. Dargestellt sind die Mittelwerte und SEM. Der Stern zeigt signifikante Unterschiede in der Kerngröße an (P < 0,05).
4.3.2.2. Morphologie der Neurone des anteroventralen cochleären Nucleus
4.3.2.2.1. ci3-Mutante und BH.7A-Tiere
Des weiteren wurde die Morphologie der Neurone in allen Kerngebieten
stichprobenartig betrachtet. Die Neurone der 5 untersuchten ci3-Tiere stellten sich
normal dar und zeigten auch keine morphologischen Unterschiede zu den Neuronen
der 6 Kontrolltiere.
Quantitativ evaluiert wurden Fläche, Kreisfaktor und Umfang von 25 Neuronen je
Seite im anteroventralen cochleären Nucleus. Auch bei dieser Untersuchung gab es
keine signifikanten Unterschiede in der Morphologie der Neurone, weder im
Vergleich ipsi-/contralateral ; links/rechts, noch im Vergleich zwischen Mutante und
Kontrollen.
Vol
umen
in m
m³
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
Streptomycin-behandelte Tiere
ci2/+-Tiere
ci2/ci2-Tiere
SVN LVNMVN IVN AVCN
**
**
**
*
133
4.3.2.2.2. Streptomycin-behandelte Tiere, ci2/+-Kontrollen und ci2/ci2-Tiere
Bei den Streptomycin-behandelten Tieren fiel bei der stichprobenartigen Betrachtung
der Neuronenmorphologie, ähnlich wie bei der ci2-Mutante, eine im Vergleich mit den
ci2/+-Kontrolltieren abgerundete Neuronenform auf.
Die quantitative Evaluierung der oben genannten Parameter der Neurone des
anteroventralen cochleären Nucleus bestätigte dieses Ergebnis. Die Neurone der 7
Streptomycin-behandelten Tiere hatten einen signifikant höheren Kreisfaktor als
diejenigen der 7 untersuchten ci2/+-Kontrollen (P < 0,0001). Den höchsten
Kreisfaktor hatten die Neurone der ci2/ci2-Tiere. Im Vergleich mit den Streptomycin-
behandelten Tieren ergab sich ein Signifikanzniveau von P = 0,00816, im Vergleich
mit den ci2/+-Tieren von P = 0,0017. Beim Vergleich des Neuronenumfangs gab es
ähnliche Ergebnisse wie bei der Betrachtung des Kreisfaktors: die Neurone der
ci2/ci2-Tiere hatten einen signifikant geringeren Umfang als diejenigen der
Streptomycin-behandelten (P = 0,00816) und als diejenigen der ci2/+-Tiere (P =
0,00466) . Bei der Neuronenfläche gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen
den Tiergruppen (s. Tab. 16).
Tab. 16: Angabe der Mittelwerte und SEM der Flächen (in µm²), des Kreisfaktors und des Umfangs (in µm) von 25 Neuronen des anteroventralen cochleären Nucleus von 7 Streptomycin-behandelten Tieren, 7 ci2/+-Kontrolltieren und 7 ci2/ci2-Tieren. Es wurden zunächst die Durchschnittswerte aus 25 Neuronen je Seite gebildet. Anschließend wurde aus den Werten für die beiden Hemisphären der Mittelwert errechnet. Der Stern zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen den Neuronen der Streptomycin-behandelten Tiere und der ci2/+-Kontrollen, das Pluszeichen zeigt solche Unterschiede zwischen Streptomycin-behandelten Tieren und ci2/ci2-Tieren an und das Minuszeichen gibt signifikante Unterschiede zwischen ci2/+- und ci2/ci2-Tieren an.
Mittelwerte und SEM Parameter
Streptomycin-behandelte
Tiere
ci2/+-Tiere ci2/ci2-Tiere
Fläche (µm²) 196 ± 6,2 207 ± 10,2 181 ± 7,3
Kreisfaktor 0,721 ± 0,01 * + 0,626 ± 0,01 - 0,775 ± 0,01
Umfang (µm) 60,1 ± 1,40 + 64,7 ± 1,71 - 54,2 ± 1,44
134
4.4. Neurochemische Untersuchungen
Es wurden hier die Gehalte an DA und dessen Metaboliten 3,4-
Dihydroxyphenylessigsäure und Homovanillinsäure, an 5-Hydroxytryptamin und
dessen Metaboliten 5-Hydroxyindolessigsäure, sowie der Gehalt von Noradrenalin in
Striatum, Substantia nigra und Nucleus accumbens von 6 ci3-Ratten bestimmt. Die
untersuchten Tiere zeigten eine Drehpräferenz von mindestens 93 % (Mittelwert ±
SEM: 96,5 ± 0,96 %). Die erhobenen Werte sind in den Abb. 40 A – C nach
ipsilateraler und contralateraler Seite aufgeschlüsselt dargestellt. Der DA-Gehalt des
Striatums war auf der zur Drehrichtung contralateralen Seite signifikant niedriger als
auf der ipsilateralen (P = 0,0313). Außerdem gab es eine Tendenz zu niedrigeren
Dihydroxyphenylessigsäure-Gehalten ebenfalls im contralateralen Striatum, die
jedoch nicht signifikant wurde (P = 0,0625). In der contralateralen Substantia nigra
gab es für 5-Hydroxytryptamin tendenziell niedrigere Gehalte (im Durchschnitt um 36
%) als in der ipsilateralen, aber auch hier wurde der Unterschied nicht signifikant. Für
alle weiteren Substanzen und Hirnregionen konnten keine Asymmetrien gefunden
werden. Insgesamt waren die hier ermittelten Konzentrationen vergleichbar mit den
bei anderen Rattenstämmen ermittelten Konzentrationen (LÖSCHER et al., 1996;
RICHTER et al., 1999), so dass sich keine Hinweise auf abnorm hohe oder niedrige
Monoamingehalte bei ci3-Tieren ergaben.
135
Abb. 40 A – C: Monoamine und einige Metaboliten in Striatum, Nucleus accumbens und Substantia nigra von ci3-Tieren. Es handelt sich um die Werte (Mittelwerte ± SEM) von 6 Tieren mit einer Seitenpräferenz von über 90%. Die neurochemischen Daten sind nach zum Drehverhalten ipsi- und contralateraler Seite aufgeschlüsselt. Der Stern gibt einen signifikanten Unterschied im Monoamingehalt zwischen den Hemisphären wieder (P = 0,0313). NA: Noradrenalin; DOPAC: Dihydroxyphenylessigsäure; 5-HIAA: Hydroxyindolessigsäure; HVA: Homovanillinsäure; 5-HT: 5-Hydroxytryptamin
Substantia nigra
ng/g
Hirn
gew
ebe
0
200
400
600
800
1000
1200
1400
1600
Dopamin NA DOPAC 5-HIAA HVA 5-HT
Nucleus accumbens
ng/g
Hirn
gew
ebe
0
500
1000
1500
2000
2500
3000
Dopamin NA DOPAC 5-HIAA HVA 5-HT
Striatum
ng/g
Hirn
gew
ebe
0
2000
8000
10000
12000
14000
Dopamin NA DOPAC 5-HIAA HVA 5-HT
* ipsilateral
contralateral
A
B
C
136
4.5. Untersuchungen zur Funktion des auditorischen Systems
4.5.1. Auditorisch evozierte Potentiale
Das Hörvermögen von 5 ci3-Tieren und 5 BH.7A-Kontrollen wurde anhand dieser
Untersuchung überprüft. Die Auswertung der Audiogramme erbrachte keine
Hinweise auf ein signifikantes Defizit des Hörvermögens der Mutante (Abb. 41). Auf
die Erhöhung der Schalldruckpegel reagierten beide Tiergruppen mit einem Anstieg
der Amplitude der auditorisch evozierten Potentiale. Die Hörschwellen des linken und
rechten Ohres zeigten keine Unterschiede, so dass die Mittelwerte beider Ohren
jeder Ratte genutzt wurden, um die Gruppenmittelwerte zu errechnen. Eine leichte
Differenz zwischen ci3- und BH.7A-Tieren von ungefähr 5 dB gab es bei einer
Testfrequenz von 20 kHz, der Unterschied wurde jedoch nicht signifikant.
Abb. 41: Audiogramme von auditorisch evozierten Potentialen bei ci3-Tieren und BH.7A-Kontrollen. Die Schwellenwerte (Mittelwerte ± SEM von 5 Tieren pro Gruppe) sind in dB angegeben. Da es keinen Unterschied zwischen linkem und rechtem Ohr in jeder Gruppe gab, sind die Daten für die beiden Ohren gemittelt. Der statistische Vergleich der Schwellenwerte beider Gruppen für alle eingesetzten Frequenzen ergab keinen signifikanten Unterschied zwischen Mutante und Kontrollen.
40
50
60
70
80
90
1 10 100
Frequenz, kHz
Sch
wel
le,
dB
SP
L
BH7A
ci3
137
Die Ableitung auditorisch evozierter Potentiale bei zwei Streptomycin-behandelten
Tieren direkt im Anschluß an die Injektionsbehandlung erwies das Vorliegen einer
Taubheit. Diese blieb über den Beobachtungszeitraum von 7 Monaten bestehen, wie
eine erneute Ableitung zweier Tiere am Ende der Beobachtungsperiode zeigte.
4.9. Histologische Untersuchung des Innenohres
In der histologischen Untersuchung des Innenohres von ci3-Tieren konnten bei
ersten Betrachtungen keine Abweichungen von der normalen Zellmorphologie
festgestellt werden. Genaue Untersuchungen sind in Vorbereitung.
Bei den Streptomyin-behandelten Tieren zeigte sich direkt im Anschluß an die
Injektionsbehandlung ein kompletter Verlust der Haarzellen des auditorischen
Systems, die Untersuchung des vestibulären Systems wird gerade durchgeführt.
138
5. Diskussion
5.1. Betrachtungen zur Methodik
5.1.1. Verhaltensbeobachtungen
5.1.1.1. Rotationsverhalten und weitere motorische Anomalien
In diesen Untersuchungen wurden das Rotationsverhalten, sowie weitere motorische
Anomalien (Hyperlokomotion, Opisthotonus und Ataxie) näher charakterisiert. Als
Ansatz für die Beschreibung des Rotationsverhaltens wurden zum einen 5-Min. Tests
durchgeführt. Diese erfolgten während der Hellphase und unter Anwesenheit des
Untersuchers in einem leeren Makrolonkäfig drei Mal im Abstand von mindestens
drei Tagen. Dieser Versuchsansatz wurde ausgewählt, weil sich in langjährigen
Beobachtungen an ci2-Tieren gezeigt hat (LÖSCHER et al., 1996; RICHTER et al.,
1999), dass das Rotationsverhalten durch Stresseinfluß ausgelöst und verstärkt
werden kann. Der neue Käfig, das Handling zum Umsetzen der Tiere in diesen Käfig
und die Anwesenheit des Untersuchers sind solche Stressfaktoren. Des weiteren
konnte wiederholt beobachtet werden, dass sich die Tiere an diese Stressfaktoren
adaptieren. Um eine Habituation und damit verminderte Rotationszahlen zu
verhindern, wurde zwischen den Testungen die testfreie Periode von drei Tagen
eingeführt.
Da diese Art der Testung aber nur eine Beurteilung des Drehverhaltens unter Stress
zuließ und sich die Frage stellte, ob die Tiere auch spontan in Abwesenheit von
Stresseinflüssen rotieren, haben wir Videoaufnahmen ohne Anwesenheit des
Untersuchers im Heimkäfig der Tiere durchgeführt. Dabei wurden Aufnahmen sowohl
in der Hell- als auch in der Dunkelphase angefertigt, um zu sehen, ob es eventuell
Unterschiede in einem spontanen Rotationsverhalten zwischen der Aktivitätsphase
(Dunkelphase) der Tiere und der passiven, eigentlichen Schlafphase (Hellphase) der
Tiere gibt. Die Videoaufnahmen ermöglichten außerdem zu beobachten, ob die Tiere
nur, wie bei den 5-Min. Tests, aus der Bewegung heraus drehen, oder aber, ob auch
139
aus passivem Verhalten heraus paroxysmale Rotations-„Anfälle“ auftreten, die im
Sinne einer epileptogenen Veränderung gedeutet werden könnten.
Die Beobachtung des Rotationsverhaltens unter diesen verschiedenen Bedingungen
machte eine genauere Einordnung des Phänomens „Circling“ in
Verhaltensparadigmen möglich.
Bei der Beurteilung der weiteren Parameter, die den Phänotyp der Tiere ausmachen
(Hyperlokomotion, Opisthotonus und Ataxie), konnte bereits rein qualitativ festgestellt
werden, dass alle ci2-Tiere, im Gegensatz zu den ci3-Tieren und allen Kontrolltieren,
Opisthotonus und Ataxie zeigten. Auch war eine Hyperlokomotion der beiden
Mutanten gegenüber den Kontrolltieren eindeutig vorhanden. In den 5-Min. Tests
haben wir darüber hinaus jedoch noch eine semiquantitative (mit dem Score-System
nach TRICKLEBANK, 1984) Evaluierung vorgenommen, die eine hinreichend sichere
Beurteilung der Parameterausprägung erlaubte.
5.1.1.2. Untersuchungen zur Funktion des vestibulären Systems
Da bekannt ist, dass sich Schäden im vestibulären System in Imbalanzen und
gestörten vestibulären Reflexen äußern (STRUPP und ARBUSOW, 2001; RABBATH et
al., 2001), haben wir die Funktionen dieses Systems anhand mehrerer Testverfahren
überprüft.
Hierzu wurden die Tiere zunächst in einem Schwimmtest (RABBATH et al., 2001) in
ein Wasserbecken verbracht und über 5 Min. schwimmen gelassen. Dieser Test ist
geeignet, um eine Aussage über die Funktion des vestibulären Systems zu treffen,
da Ratten mit intaktem vestibulären System schwimmen können, Ratten mit
Dysfunktionen dieses Systems hingegen unfähig sind zu schwimmen (GRAY et al.,
1988). Abweichungen vom normalen Schwimmverhalten konnten hinreichend
beurteilt werden, denn Tiere mit Defiziten im Schwimmvermögen gingen sofort nach
Verbringen in das Wasserbecken korkenzieherförmig unter.
Um eine umfassende Bewertung der Funktion des vestibulären Systems zu
garantieren, wurden von uns zusätzlich zum Schwimmtest zwei weitere
Untersuchungen durchgeführt, die die vestibulären Reflexe überprüfen. Der „Air-
Righting Test“ (OSSENKOPP et al., 1990; RABBATH et al., 2001) (s. Kap. 2.5.2.2.)
140
wurde dreimal hintereinander durchgeführt, und nur Abweichungen in allen drei
Testungen (Landungen auf der Seite oder auf dem Rücken) wurden als Hinweis auf
ein vestibuläres Defizit verstanden. Es wurde von uns nur dieses dreimalige Defizit
als aussagekräftig angesehen, weil sich dadurch, dass die Tiere mit
Arbeitshandschuhen an den Gliedmaßen hochgehoben wurden und sie sich in
diesen verfangen konnten, bei ein- oder zweimaliger Testung Verfälschungen des
Versuchsergebnisses ergeben konnten.
Für die Auswertung des „Tail-Hanging Tests“ (HUNT et al., 1987; RABBATH et al.,
2001) (s. Kap. 2.5.2.2.) wurde dasselbe Verfahren angewandt, so dass eine
Vergleichbarkeit zum „Air-Righting Test“ gegeben war.
Mit Hilfe dieser drei Tests konnte eine Gesamtaussage über die Funktion des
vestibulären Systems getroffen werden.
5.1.1.3. Pharmakologische Untersuchungen
Für die pharmakologischen Versuche haben wir das Cross-over Design als
Versuchsansatz ausgewählt. Es wurde beurteilt, ob die Verhaltensantwort auf die
Substanzapplikation bei den Mutanten anders ausfällt als bei den Kontrolltieren. Die
Vehikelkontrolle für beide Tiergruppen sicherte die Ergebnisse, da hiermit z.B.
kontrolliert werden konnte, welchen Einfluß die Injektion und das damit verbundene
Handling der Tiere auf die Verhaltensantwort ausübt, und wie sich die selben Tiere
unter Substanzeinfluß im Vergleich zum Vehikeleinfluß verhalten.
Wir setzten hier Substanzen ein, deren Wirkungen auf das DA-System lange bekannt
und gut beschrieben sind, um gezielte Manipulationen vornehmen zu können (FOG,
1972; RANDRUP und MUNKVAD, 1975; GLICK et al., 1976; LÖSCHER et al., 1991; ALI et al.,
1994; DUGAST et al., 1997 etc.). Die Dosierungen haben wir in Anlehnung an
Literaturdaten zur „Stargazer“-Mutante (BROCK und ASHBY, 1996) und an bereits im
Institut durchgeführte Untersuchungen zur ci2-Mutante (LÖSCHER et al., 1996)
ausgewählt, so dass anschließend die Reaktionsweise des DA-Systems zwischen
den beiden Mutanten verglichen werden konnte.
Die Tiere wurden jeweils bereits 15 Min. vor der Injektion in Rotometertonnen
umgesetzt, um eine Adaptation an die neue Umgebung zu ermöglichen und somit
141
deren Einfluss auf die Verhaltensantwort zu minimieren. Der Beobachtungszeitraum
nach Substanzapplikation orientierte sich an der Wirkungsdauer und war in jedem
Fall ausreichend lange gewählt, um die Beurteilung der Substanzwirkung zu
erlauben. Während der Beobachtungszeit wurden von uns verschiedenste
Verhaltensparameter nach dem Score-System von TRICKLEBANK et al. (1984), mit
welchem am hiesigen Instut jahrelange Erfahrungen bestehen, semiquantitativ
evaluiert.
Bei Applikation der DA-Rezeptor-Antagonisten haben wir den „Standard Bar-Test“
durchgeführt, weil dieser als Instrument zur Untersuchung von
Verhaltensmechanismen neurochemischer Systeme lange etabliert ist (KUSCHINSKY
und HORNYKIEWICZ, 1972).
Die pharmakologischen Untersuchungen wurden, wie in der
Verhaltenspharmakologie allgemein üblich, in der Hellphase durchgeführt, um eine
genaue Evaluierung der Verhaltensparameter zu garantieren. In einem Fall (D-
Amphetamin bei ci3-Tieren) injizierten wir die Substanz jedoch zusätzlich kurz vor
Beginn der Dunkelphase und zeichneten die Verhaltensantwort auf Videobändern
auf, auf denen später die Rotationen ausgezählt wurden. Auf diese Weise konnten
wir beurteilen, ob die erwartete Antwort auf das D-Amphetamin, eine Erhöhung der
Rotationsanzahl, in der Aktivitätsphase der Tiere anders ausfällt als in der passiven
Schlaf- (Hell-) Phase.
5.1.2. EEGs
Vom Menschen ist eine Form der Epilepsie, die Rotationsepilepsie, bekannt, die im
Zusammenhang mit generalisierten oder fokalen Epilepsien auftreten kann und mit
Drehungen der Patienten um die eigene Achse einhergeht. Die Drehungen werden
hier auf asymmetrische Entladungen im Bereich der Basalganglien zurückgeführt
(VERCUEIL et al., 1999; RAMMELLI et al., 1999).
Darüber hinaus ist von der „Stargazer“ (stg)-Mausmutante (NOEBELS et al., 1990) ein
gleichzeitiges Vorliegen von Bewegungsstörungen und von Epilepsie, die sich im
EEG in Form von „Spike-Wave“-Entladungen darstellt und somit einer Absencen-
Epilepsie ähnelt, bekannt.
142
Um bei den Mutanten ein epileptogenes Geschehen als Ursache für das
Drehverhalten auszuschließen, wurden deshalb im Rahmen der Charakterisierung
auch EEGs abgeleitet. Neben EEGs von ci2-Tieren und Kontrolltieren wurden auch
EEGs von Ratten des WAG/Rij-Stammes abgeleitet, weil bei diesen Tieren, ähnlich
wie bei humanen Absencen-Epilepsien und bei der stg-Mausmutante, EEG-
Veränderungen in Form von „Spike-Wave“-Entladungen vorliegen (VAN LUIJTELAAR
und COENEN, 1986; PEETERS et al., 1989) und die Tiere damit als Positivkontrolle
dienen konnten.
Die Lokalisation der Ableitelektroden (s. Kap. 3.3.1.) ließ die Beantwortung der
Frage, ob eine generalisierte Epilepsie vorliegt, zu. Für eine sichere Aussage über
das eventuelle Vorhandensein einer fokalen Epilepsie wären zwar weitere EEG-
Ableitungen mit, z.B. im limbischen System platzierten, Tiefenelektroden notwendig.
Diese wurden aber aufgrund klinischer Erfahrungswerte nicht durchgeführt (s. Kap.
5.2.2.).
EEG-Untersuchungen bei ci3- und BH.7A-Tieren konnten aufgrund mangelnder
Verfügbarkeit der Tiere bislang nicht durchgeführt werden, sind aber in Vorbereitung.
5.1.3. Neuropathologische Befunde
5.1.3.1. TH-Immunhistochemie Um dopaminerge Neurone in der SNC und in der VTA zu identifizieren, wurde die
Methode der TH-Immunhistochemie gewählt. Das Enzym TH spielt sowohl in der
Synthese von DA, als auch von Noradrenalin und Adrenalin eine wesentliche Rolle,
so dass durch die immunhistochemische Reaktion alle catecholaminergen Zellen
angefärbt werden (NICHOLLS et al., 1995). Da die SNC und die VTA jedoch
neuroanatomisch als dopaminerge Regionen beschrieben sind (FALLON und
LOUGHLIN, 1995), ist davon auszugehen, dass es sich bei den schwarz angefärbten
Zellen hier wirklich um dopaminerge Neurone handelt.
Die Auszählung dieser Neurone erfolgte anhand der Methode des optischen
Disektors (SAPER, 1996). Bei diesem stereologischen Zählverfahren werden die
143
Schnitte in verschiedenen Ebenen durchmustert, um Doppelzählungen und
Auslassungen zu vermeiden. Bei Zählungen von Zellen in nur einer Ebene je Schnitt
können bei Betrachtungen des folgenden Schnittes dieselben Neurone noch einmal
gezählt werden, oder aber Neurone, die sich in der Schnittmitte befinden, eventuell
nicht erfasst werden (COGGESHALL und LEKAN, 1996). Durch die Anwendung der
Methode des optischen Disektors wurde die Genauigkeit der Auszählungsergebnisse
erhöht.
Die Unterteilung der SNC in vier Anteile von rostral nach caudal bei der statistischen
Auswertung basierte zum einen auf eigenen Beobachtungen zur Neuronendichte.
Vor allem aber wurde diese Unterteilung in Anlehnung an Literaturdaten
vorgenommen, in denen unterschiedliche funktionelle Anteile der SNC über ihre
rostro-caudale Ausdehnung beschrieben werden (HERNANDEZ-LOPEZ et al., 1994).
5.1.3.2. Histologie der cochleären und vestibulären Nuclei
Für die morphometrischen Untersuchungen der cochleären und vestibulären
Kerngebiete im Hirnstamm erwies sich die Methode der Bildanalyse mit dem KS300-
System als geeignet, weil auf diese Weise Unterschiede in den Kerngrößen erfasst
werden können, die beim reinen Durchmustern der Schnittpräparate unter dem
Mikroskop nicht erkannt werden. Subjektive Eindrücke (wie z.B. eine veränderte
Neuronenform) können mit Hilfe dieses Systems verifiziert und quantifiziert werden,
indem der Kreisfaktor, die Neuronenfläche und der Neuronenumfang ausgemessen
werden. Die Untersuchung der Einzelneurone wurde hier nur in einem Cochlearkern
durchgeführt, weil sich beim Betrachten der Schnittpräparate keine Hinweise auf
Veränderungen der Neurone in den vestibulären Kerngebieten ergaben.
5.1.4. Neurochemische Untersuchungen
Für die neurochemische Bestimmung der Konzentrationen von DA und dessen
Metaboliten, Serotonin und dessen Metabolit, sowie Noradrenalin wurde die 1993
von ANNIES im Institut etablierte Methode angewandt. Die Trennung und
144
nachfolgende Detektion der zu bestimmenden Substanzen erfolgte hier mit einer neu
entwickelten Methode, die auf der von WESTER et al. (1987 a und b) beschriebenen
Methode basierte. ANNIES verwendete eine längere Trennsäule als bei WESTER et al.
beschrieben (250 mm statt 170 mm), wodurch die Trennleistung des Systems erhöht
wurde. Des weiteren wurde die Flussrate der mobilen Phase verringert (0,6 ml/Min.
anstelle von 1,2 ml/Min. bei WESTER et al.). Die längere Trennsäule zusammen mit
der geringeren Flussrate erhöhten zwar die Retentionszeiten der zu bestimmenden
Substanzen, so dass eine Chromatogrammdauer von ca. 60 Min. in Kauf genommen
werden musste, ermöglichten aber eine vollständige Auftrennung, so dass alle
Substanzen aus einem Homogenat bestimmt werden konnten.
5.1.5. Auditorisch evozierte Potenziale
Diese Art der Untersuchung des Hörvermögens bietet die Möglichkeit, auch
Hörverluste in eng umgrenzten Frequenzbereichen aufzudecken, da hier über den
gesamten Hörbereich von 0,5 – 60 kHz abgeleitet wird.
5.1.6. Histologische Untersuchung des Innenohres
Für die histologische Untersuchung der Haarzellen des Innenohres wurde das
Material in besonderen Plastikschnitten aufgearbeitet. Diese Einbettung in Durcupan
gewährleistet eine gute Erhaltung der Ultrastrukturen. Die hier erhaltenen Ergebnisse
sind vergleichbar mit den Ergebnissen von rasterelektronenmikroskopischen
Aufnahmen.
145
5.2. Betrachtung der Versuchsergebnisse
5.2.1. Verhaltensbeobachtungen
5.2.1.1. Rotationsverhalten und weitere motorische Anomalien
In den Studien zur Charakterisierung des Rotationsverhaltens konnten wir für beide
Mutanten ein, für die ci2-Mutante bereits beschriebenes, lateralisiertes
Rotationsverhalten bestätigen (LÖSCHER et al., 1996; RICHTER et al., 1999, FEDROWITZ
et al., 2000; LESSENICH et al., 2001), welches sich durch Einfluß von Stress auslösen
und verstärken ließ. Hierbei erschienen die ci2-Tiere stressempfindlicher als die ci3-
Tiere. Die durchgeführten Videoaufnahmen zeigten zum ersten Mal, dass die Tiere
auch ohne auslösende Stressfaktoren in ihrem Heimkäfig spontanes
Rotationsverhalten zeigen. Dabei wurden in der Aktivitätsphase der nachtaktiven
Tiere signifikant mehr Rotationen gezeigt, als in der passiven Hellphase. Dies ist ein
Hinweis darauf, dass die Rotationen aus der Aktivität heraus erfolgen. In keinem Fall
wurde paroxysmales Drehverhalten aus passivem Verhalten oder einer Schlafphase
heraus gezeigt. Dieses werteten wir als Hinweis darauf, dass hier ein System,
welches bei Bewegung aktiv ist, an der Auslösung des Rotationsverhaltens beteiligt
sein muss. Von normalen Ratten einiger Stämme (so z.B. von Sprague-Dawley
Ratten) ist bekannt, dass sie ebenfalls spontanes Rotationsverhalten in ihrer aktiven
Dunkelphase zeigen (PYCOCK, 1980; CARLSON und GLICK, 1992, 1996), welches auf
eine intrinsische, bilaterale Imbalanz im nigro-striatalen DA-System zurückgeführt
wurde. Eine solche Imbalanz im DA-Gehalt zwischen rechtem und linkem Striatum
von ca. 10 – 15% wurde für normale Ratten von GLICK et al. 1976 zum ersten Mal
nachgewiesen und als Ursache der nächtlichen Rotationen angesehen. Das von der
ci2- und ci3-Mutante gezeigte Drehverhalten tritt jedoch auch während der passiven
Hellphase auf und ist stärker ausgeprägt als das Drehverhalten von normalen
Ratten. Wir schlossen deshalb auf eine stärkere Asymmetrie im DA-System, die
eventuell unilaterale Neurodegenerationen, die zu Circling-Verhalten führen können
(UNGERSTEDT, 1968; UNGERSTEDT und ARBUTHNOTT, 1970; PYCOCK und MARSDEN,
146
1978), mit einschließen könnte. Aus diesem Grund haben wir das DA-System in
weiteren Studien näher untersucht (Interpretation s. Kap. 5.2.3. und 5.2.4. ).
Ein Unterschied zwischen den beiden Mutanten wird im weiteren Phänotyp deutlich:
beide Mutanten sind hyperlokomotorisch, was bereits rein qualitativ eindeutig
sichtbar wurde. Hierbei ist die Hyperlokomotion der ci2-Mutante signifikant stärker
ausgeprägt als diejenige der ci3-Mutante. Die ci2-Tiere zeigen zusätzlich zum
Drehverhalten weitere motorische Anomalien, die sich als Ataxie und Opisthotonus
äußern. Die Interpretation dieser Phänomene wird in die weiteren Betrachtungen
eingehen.
Die Ratten des LEW-Hintergrundstammes, die früh postnatal mit Streptomycin
behandelt wurden, entwickelten im Alter von ca. drei Wochen Rotationsverhalten, wie
schon von ALLEVA und BALAZS (1978) beschrieben. Die Tiere zeigten dabei ebenfalls
eine Lateralisierung des Drehverhaltens. Zusätzlich waren auch bei diesen Tieren
Hyperlokomotion und Opisthotonus ausgeprägt, so dass sie im Phänotyp stark der
ci2-Mutante ähnelten. Das Drehverhalten und die Hyperlokomotion waren jedoch nur
transient: ca. 4 Monate nach der letzten Streptomycin-Injektion zeigte keines der
Tiere mehr Rotationsverhalten oder Hyperlokomotion, wiederum ein Befund, der mit
den Literaturdaten übereinstimmt (ALLEVA und BALAZS, 1978). Eine Interpretation wird
im Zusammenhang mit weiteren Versuchsergebnissen erfolgen.
5.2.1.2. Pharmakologische Untersuchungen
5.2.1.2.1. Wirkungen von DA-Rezeptor-Antagonisten bei der ci2-Mutante
und der ci3-Mutante
Die Applikation eines an D1- und D2-Rezeptoren wirkenden (Haloperidol), und eines
nur an D2-Rezeptoren wirkenden (Racloprid) DA-Rezeptor-Antagonisten bei ci2-
Tieren gab uns weitere Auskunft über die Funktion des DA-Systems bei dieser
Mutante. Beide Substanzen lösten Dosis- und Zeit-abhängig eine Katalepsie aus,
wobei es mit Zunahme der Katalepsie bei der Mutante zu einer Abnahme der
Rotationsanzahl kam. Die Katalepsie lässt Schlüsse auf den funktionellen Index der
nigro-striatalen DA-Aktivität zu (COSTALL und NAYLOR, 1977) und wird typischerweise
147
durch die Verabreichung von Neuroleptika induziert (COSTALL und OLLEY, 1971). In
beiden Fällen war die Ausprägung der Katalepsie bei den ci2-Tieren signifikant
geringer als bei den Kontrolltieren, so dass wir hier auf eine verminderte Sensitivität
der DA-Rezeptoren bei der Mutante schlossen.
Ein ähnliches Ergebnis brachte auch die Applikation dieses Neuroleptikums bei der
„Stargazer“ (stg)-Rattenmutante und entsprechenden Kontrollen (BROCK und ASHBY,
1996). Diese Mutante ähnelt in ihrem Phänotyp stark der ci2-Mutante: sie zeigt
Circling-Verhalten, Hyperlokomotion, Opisthotonus („Stargazing“), Taubheit und ist
unfähig zu schwimmen (TRUETT et al., 1994). Nach einer Applikation von 0,1 und 0,3
mg Haloperidol pro kg KGW entwickelten die Kontrolltiere eine Dosis- und Zeit-
abhängige Katalepsie. Die „Stargazer“-Mutante wurde bei einer Dosis von 0,1 mg/kg
KGW nicht kataleptisch. Bei der höheren Dosis von 0,3 mg/kg KGW wurde eine
Katalepsie gezeigt, sie war jedoch signifikant schwächer ausgeprägt als bei den
Kontrollen. Diese herabgesetzte Empfindlichkeit der DA-Rezeptoren wurde auf eine
genetisch vermittelte Dysfunktion des zentralen DA-Systems zurückgeführt (BROCK
und ASHBY, 1996). Eine solche Dysfunktion wird auch für die ci2-Mutante
angenommen (LÖSCHER et al., 1996; RICHTER et al., 1999) und die Ergebnisse dieser
Studie liefern eine weitere Bestätigung für diese Vermutung.
Bei der ci3-Mutante und den Kontrolltieren führte Haloperidol ebenfalls zu einer
Katalepsie, allerdings erst in einer höheren Dosierung (0,2 mg/kg KGW) als bei der
ci2-Mutante. In der Ausprägung der Katalepsie gab es keine signifikanten
Unterschiede zwischen Mutante und BH.7A-Kontrollen. Die DA-Rezeptoren scheinen
hier also keine veränderte Sensitivität aufzuweisen, weshalb auf die weiterführende
Untersuchung mit Racloprid in diesem Fall verzichtet wurde.
5.2.1.2.2. D-Amphetamin-Effekte
In Anlehnung an die bereits bei der ci2-Mutante durchgeführten Untersuchungen
(LÖSCHER et al., 1996) wurde ci3-Tieren und Streptomycin-behandelten Tieren, sowie
den entsprechenden Kontrolltieren zunächst D-Amphetamin während der Hellphase
verabreicht. Alle Tiergruppen zeigten unter Substanzeinfluß, im Gegensatz zur
Vehikelapplikation, Stereotypien, wie Schnüffeln und Hyperlokomotion. Bei der ci3-
148
Mutante wurde die, schon normalerweise vorliegende, Hyperlokomotion durch D-
Amphetamin signifikant verstärkt (LESSENICH et al., 2001).
Von Amphetamin ist bekannt, dass es die DA-„Turnover-Rate“ des Gehirns
beschleunigt (RANDRUP und MUNKVAD, 1975). Es setzt DA frei und hemmt dessen
Wiederaufnahme (ZETTERSTRÖM et al., 1986; GÖTHERT et al., 1996). Diese Wirkungen
des Amphetamins erklären die Auslösung von Stereotypien, denn stereotypes
Verhalten wird durch dopaminerge Mechanismen vermittelt (FOG, 1972). An der
Generierung von Hyperlokomotion ist wahrscheinlich ein weiterer Mechanismus des
Amphetamin beteiligt, die Freisetzung von Noradrenalin. Der Anteil des
Noradrenalins ist dabei noch nicht ausreichend geklärt. Zum einen wird davon
ausgegangen, dass die erhöhte Motilität allein in Bezug zu Noradrenalin steht (FOG,
1972). Zum anderen wird postuliert, dass die lokomotorische Aktivität sowohl durch
das dopaminerge, als auch durch das noradrenerge System beeinflusst wird
(RANDRUP und MUNKVAD, 1975).
Die Tatsache, dass nach Substanzapplikation Stereotypien und Hyperlokomotion
gezeigt wurden, bewies die Wirksamkeit und die richtige Dosiswahl des eingesetzten
D-Amphetamins.
Rotationsverhalten wurde nur von der ci3-Mutante unter Substanz- und unter
Vehikeleinfluß gezeigt, während Kontrolltiere auch unter D-Amphetamin-Einfluß
keine Rotationen zeigten. Die Rotationszahlen der ci3-Tiere nach D-Amphetamin und
Vehikel unterschieden sich jedoch nicht signifikant voneinander. Im Gegensatz dazu
zeigte die ci2-Mutante eine signifikante Erhöhung der Rotationszahlen nach Gabe
von D-Amphetamin in der Hellphase (LÖSCHER et al., 1996).
In einem Folgeexperiment wurde der Versuchsansatz deshalb mit 10 ci3-Tieren
während der Dunkelphase wiederholt. Hier ergab sich eine signifikante Erhöhung der
Rotationszahlen unter D-Amphetamin im Vergleich mit der Vehikelkontrolle
(LESSENICH et al., 2001).
Bei normalen Sprague-Dawley Ratten führt die systemische Gabe von Amphetamin
zu Rotationen (JERUSSI und GLICK, 1974; CLAUSING et al., 1996). Dieses Phänomen
wird auf eine intrinsische, bilaterale Imbalanz im DA-Gehalt des nigro-striatalen
Systems zurückgeführt, die durch die Amphetamin-induzierte Freisetzung des
vorhandenen DAs verstärkt wird. Diese starke funktionelle Asymmetrie steuert die
Ratte in eine bevorzugte Richtung, sie zeigt Drehverhalten (JERUSSI und GLICK,
149
1974). Eine Asymmetrie im DA-System entsteht auch, wenn es zu unilateralen
Degenerationen dopaminerger Neurone kommt. Im Ungerstedt-Modell der Ratte wird
diese Degeneration chemisch induziert (s. Kap. 2.7.1.). In diesem Modell zeigen die
Tiere nach Amphetamin-Applikation ebenfalls Rotationsverhalten (PYCOCK und
MARSDEN, 1978; SCHWARTING und HUSTON, 1996 a,b). Sowohl funktionelle, als auch
morphologische Asymmetrien im DA-System können also für Amphetamin-
induziertes Rotationsverhalten verantwortlich zeichnen.
Bei der ci2-Mutante wurde die erhöhte Rotationszahl unter Amphetamin auf eine
Imbalanz in der DA-Aktivität zwischen linkem und rechtem Striatum zurückgeführt
(LÖSCHER et al., 1996). Die Ergebnisse der Amphetamin-Applikation bei der ci3-
Mutante in der Hellphase ließen diesen Schluß zunächst nicht zu. Nach
Amphetamin-Applikation in der Dunkelphase ergaben sich jedoch auch hier erhöhte
Rotationszahlen. Eine Erklärung hierfür liefert die „Zwei-Komponenten-Hypothese“
(PYCOCK und MARSDEN, 1978; KOSHIKAWA, 1994). Diese besagt, dass die rotierende
Ratte zwei funktionelle DA-Komponenten benötigt: 1. Eine striatale DA-Imbalanz, die
eine Haltungsasymmetrie und Drehung des Kopfes hervorruft und 2. Eine Stimulation
des mesolimbischen DA-Systems, insbesondere des Nucleus accumbens, die für die
lokomotorische Komponente sorgt, welche die Haltungsasymmetrie in aktives
Circling-Verhalten umwandelt. Da das DA-System, und vor allem der Nucleus
accumbens, insbesondere unter Lokomotion gesteigerte Aktivität aufweisen, lässt
sich erklären, dass das Amphetamin hier erst in der Dunkelphase, der
Aktivitätsphase der Tiere, eine gesteigerte Wirkung zeigte. Des weiteren wird der
Nucleus accumbens bei Stress aktiviert. Bei einer höheren Stressempfindlichkeit der
ci2-Mutante wäre also eine stärkere Reaktion auf das Amphetamin auch in der
Hellphase verständlich. Tatsächlich scheint die ci2-Mutante auf Stress empfindlicher
zu reagieren.
Von den Streptomycin-behandelten Tieren wurden keine Rotationen nach
Amphetamingabe gezeigt, so dass sich keine Hinweise auf eine, durch Streptomycin
ausgelöste, bleibende funktionelle oder morphologische Asymmetrie im DA-System
ergaben. Ob transiente Veränderungen vorlagen ist hier nicht beurteilbar, da die
Untersuchung ca. 5 Monate nach der Injektionsbehandlung mit Streptomycin
durchgeführt wurde und die Tiere zu diesem Zeitpunkt bereits keine
Spontanrotationen mehr zeigten.
150
5.2.1.2.3. MK-801-Wirkungen
Als weitere Substanz, welche den DA-Umsatz erhöht (IMPERATO et al., 1990;
LÖSCHER et al., 1991; LÖSCHER et al., 1993), wurde der N-Methyl-D-Aspartat-
Antagonist MK-801 an ci3-Tiere und BH.7A-Kontrollen verabreicht. Wiederum traten
bei beiden Tiergruppen Stereotypien auf, an der Substanzwirkung waren somit
dopaminerge Mechanismen beteiligt. Rotationen wurden nur von den Mutanten
gezeigt, unter Substanzwirkung wurde eine signifikante Steigerung der
Rotationszahlen deutlich. Dies entspricht der bei der ci2-Mutante gesehenen
Wirkung bei Verabreichung von MK-801 in gleicher Dosis (LÖSCHER et al., 1996). Es
ist bekannt, dass MK-801 bei Ratten mit unilateralen Läsionen der Substantia nigra
Rotationsverhalten auslöst, wahrscheinlich indem es den DA-Umsatz im Striatum
erhöht (GOTO et al., 1993). Dass MK-801 bei der ci3-Mutante, im Gegensatz zu D-
Amphetamin, auch während der Hellphase eine Erhöhung der Rotationszahlen
auslöst, ist wahrscheinlich dadurch bedingt, dass MK-801eine stärkere Wirkung auf
das DA-System ausübt als D-Amphetamin. Dieses wurde auch bei der ci2-Mutante
gesehen. Auch hier nahmen die Rotationszahlen nach Applikation von MK-801 um
einiges stärker zu, als nach Applikation von D-Amphetamin (LÖSCHER et al., 1996).
Der Effekt von MK-801 bei den beiden Mutanten lässt vermuten, dass ein Lateralität
im DA-System vorliegt, die durch einen erhöhten DA-Umsatz verstärkt wird, so dass
es zu einer Induktion von Rotationsverhalten kommt.
5.2.2. EEGs
Die Auswertung der EEGs zeigte, dass das spontane paroxysmale Circling-Verhalten
der ci2-Mutante höchstwahrscheinlich nicht durch eine vorliegende Epilepsie bedingt
ist, und somit nicht der Rotationsepilepsie des Menschen (DONALDSON et al., 1986;
SAKA et al., 1996; AGUGLIA et al., 1999; VERCUEIL et al., 1999; RAMMELLI et al., 1999)
entspricht. Erste Hinweise, die gegen eine epileptogene Veränderung als Ursache für
das abnorme Drehverhalten sprachen, ergaben sich aus der Betrachtung der
angefertigten Videobänder. Hier wurde deutlich, dass die Rotationen immer aus der
Vorwärtsbewegung heraus durchgeführt wurden und nicht „anfallsartig“ während
151
passiver Phasen der Tiere auftraten. Des weiteren waren keine klinischen Anzeichen
eines epileptischen Anfalls, wie myoklonische, klonische oder tonische
Anfallsaktivität, vor oder nach dem Rotationsverhalten vorhanden. Diese Vermutung
verifizierte sich durch die EEG-Ableitungen, da hier keine EEG-Veränderungen vor,
während oder nach den Rotationsphasen beobachtet wurden (LINDEMANN et al.,
2001). Während passiver Phasen oder Schlafphasen der Tiere, in denen kein
Drehverhalten gezeigt wurde, zeigten sich nicht-epileptiforme Graphoelemente, die
nicht von abnormem Verhalten begleitet waren. Diese wurden auch bei Ableitungen
von ci2/+-, und LEW-Kontrolltieren gesehen (LINDEMANN et al., 2001) und wurden als
„Schlafspindeln“ gedeutet, die für corticale EEGs bei normalen Ratten beschrieben
wurden (GOTTESMANN, 1992). Abgesichert wurde das vorgestellte Ergebnis durch
EEG-Ableitungen von WAG/Rij-Ratten. Diese Tiere zeichnen sich durch congenitale
Absencen-Epilepsien aus, die sich im EEG als typische „Spike-Wave“-Entladungen
darstellen (VAN LUIJTELAAR und COENEN, 1986; PEETERS et al., 1989). Tatsächlich
zeigten sich bei diesen Tieren „Spike-Wave“-Formationen im EEG, so dass die von
uns gewählte Methode geeignet war, um paroxysmale Veränderungen im EEG zu
detektieren. Die „Spike-Wave“-Entladungen traten während passiver Wachheit oder
Schlaf auf und waren von Verhaltensanomalien, wie myoklonischen Bewegungen der
Tasthaare oder dem Zucken von Augen und Ohren, begleitet (LINDEMANN et al.,
2001).
Diese Ergebnisse schließen eine generalisierte Form der Epilepsie als Ursache für
das Rotationsverhalten aus. Obwohl Rotationen auch ein seltenes Phänomen bei
fokalen Epilepsien sein können (SAKA et al., 1996; VERCUEIL et al., 1999), schließen
wir das Vorliegen einer solchen Form der Epilepsie ebenfalls aus. Bei Patienten mit
fokalen Epilepsien treten oft epileptische Veränderungen des EEG im Bereich
frontaler und temporaler Regionen auf. Darüber hinaus zeigen die Patienten
zusätzlich zu den Rotationen oftmals konvulsive motorische Anfälle. Die Tatsache,
dass bei der ci2-Mutante weder Konvulsionen, noch epileptiforme EEG-
Veränderungen gesehen wurden, spricht hier unserer Meinung nach gegen das
Vorliegen einer fokalen Epilepsie. Für eine absolut sichere Abklärung wären aber
EEG-Ableitungen mittels Tiefenelektroden in z.B. limbischen Regionen notwendig.
152
5.2.3. TH-Immunhistochemie
Da Drehverhalten auf unilateralen Degenerationen dopaminerger Neurone beruhen
kann (UNGERSTEDT, 1968, UNGERSTEDT und ARBUTHNOTT, 1970; PYCOCK und
MARSDEN, 1978), wurde in dieser Untersuchung, wie zuvor bereits bei der ci2-
Mutante, die Dichte dopaminerger Neurone in der VTA (A10), der SNC (A9) und der
SNL, welche zusammen den DA-Input des Striatums bilden (FALLON und LOUGHLIN,
1995), bei ci3-Tieren und BH.7A-Tieren bestimmt (LESSENICH et al., 2001). Hierdurch
sollten eventuelle Asymmetrien in der Neuronenausstattung der beiden Hemisphären
und Unterschiede im Neuronengehalt zwischen ci3-Mutante und BH.7A-Kontrollen
untersucht werden. In der VTA, der SNL und dem lateralen Anteil der SNC fanden
sich keine signifikanten Seitenunterschiede in der Neuronenanzahl bei ci3-Tieren
und ebenso keine signifikanten Unterschiede zu den BH.7A-Tieren. Bei Betrachtung
der medialen SNC der ci3-Mutante wurde aber ein Unterschied deutlich: in den
caudalen Abschnitten dieser Region war die Dichte der dopaminergen Neurone auf
der zur Drehrichtung contralateralen Seite signifikant niedriger als auf der
ipsilateralen. Zusätzlich war sie auch im Vergleich mit diesem Anteil der SNC bei den
Kontrolltieren signifikant erniedrigt. Die Ursache für die geringere Neuronendichte ist
nicht klar, es scheint sich aber um einen lokal begrenzten Zellverlust zu handeln.
Solche Verluste an dopaminergen Neuronen sind bereits von einer Maus- und einer
Rattenmutante bekannt. Die „Weaver“-Mausmutante hat einen signifikant niedrigeren
Gehalt an TH-positiven Neuronen in der Substantia nigra im Vergleich mit nicht-
betroffenen Geschwistertieren, welcher mit um 75% erniedrigten DA-Gehalten im
Striatum einhergeht (SCHMIDT et al., 1982; GUPTA et al., 1987; TRIARHOU et al., 1988).
Die immunhistochemische Untersuchung der Substantia nigra bei AS/Agu-
Rattenmutanten zeigte ebenfalls einen Verlust an dopaminergen Neuronen. Auch
hier kommt es zu einem um ca. 30% erniedrigten Gehalt an DA im Striatum (CLARKE
und PAYNE, 1994; CAMPBELL et al., 1996; PAYNE et al., 2000). Beide Mutanten
zeichnen sich durch Gangstörungen und Tremor aus. Im Gegensatz zur ci3-Mutante
ist der Verlust an dopaminergen Neuronen sowohl bei der „Weaver“-Maus, als auch
bei der AS/Agu-Ratte aber bilateral ausgeprägt, was erklären könnte, warum diese
beiden Mutanten kein Circling-Verhalten zeigen.
153
Um die funktionelle Bedeutung der signifikanten Asymmetrie in der Neuronendichte
der SNC beurteilen zu können, wurden in der Neurochemie die DA-Gehalte im
Striatum bestimmt. Zusammen mit den Ergebnissen der Neurochemie wird eine
weitere Interpretation erfolgen.
5.2.4. Neurochemische Untersuchungen
Die Gehalte verschiedener Monoamine, insbesondere des DAs und dessen
Metaboliten, wurden im Striatum, im Nucleus accumbens und in der Substantia nigra
von ci3-Tieren gemessen (LESSENICH et al., 2001), da lateralisiertes Drehverhalten
vielfach auf Asymmetrien im nigro-striatalen DA-System zurückgeführt wird (GLICK et
al., 1974; GLICK et al., 1976; PYCOCK, 1980; CARLSON und GLICK, 1992; 1996). Im
Striatum ergab sich auf der zur Rotationsrichtung contralateralen Seite ein signifikant
niedrigerer DA-Gehalt als auf der ipsilateralen, ein Ergebnis, welches mit der, in der
Immunhistochemie detektierten, niedrigeren Anzahl dopaminerger Neurone auf der
contralateralen Seite korrespondiert, aber im Gegensatz zum Ergebnis bei der ci2-
Mutante steht. Bei dieser wurde auf der zum Drehverhalten ipsilateralen Seite ein
signifikant niedrigerer Gehalt an DA gefunden.
Nach zahlreichen pharmakologischen Untersuchungen (GLICK et al., 1976; PYCOCK,
1980) und Versuchen mit unilateralen Läsionen des DA-Systems (PYCOCK, 1980;
SCHWARTING und HUSTON 1996 a,b) wurde postuliert, dass von der Seite mit der
höheren DA-Konzentration weg gedreht wird. Das Rotationsverhalten der ci2-
Mutante war somit zunächst einmal erklärbar: die ci2-Tiere haben ipsilateral
geringere DA-Gehalte, drehen also von der contralateralen Seite mit den höheren
DA-Konzentrationen weg (RICHTER et al., 1999). Die Videoaufnahmen der ci2-Tiere
zeigten aber, dass einige Tiere ihre Drehpräferenz aus den 5-Min. Tests bei den
Aufnahmen im Heimkäfig änderten. Es scheint also weitere Faktoren zu geben, die
die Drehrichtung beeinflussen können. Auch lässt sich das Drehverhalten der ci3-
Mutante, nämlich von der Seite mit der geringeren Dichte dopaminerger Neurone
und dem geringeren DA-Gehalt weg, mit dem oben beschriebenen Denkansatz nicht
erklären. 1986 fanden SHAPIRO et al., dass es bei Sprague-Dawley Ratten 2 Arten
von Populationen beider Geschlechter gibt: solche mit einer Drehrichtung weg von
154
(„Contra > Ipsi-Ratten“), und solche mit einer Drehrichtung hin zur („Ipsi > Contra-
Ratten“) Seite mit dem höheren DA-Gehalt. Der Grad der striatalen Asymmetrie
scheint also nur die Stärke der Drehpräferenz zu bestimmen, nicht jedoch die
Drehrichtung, die von weiteren Faktoren abhängig ist (SHAPIRO et al., 1986). Ein
solcher Faktor könnte z.B. die Erregung verschiedener Typen von DA-Rezeptoren
(„excitation-mediating“ und „inhibition-mediating“) in unterschiedlichen Bereichen des
Striatums sein (PYCOCK, 1980). Des weiteren könnten weitere Hirnregionen einen
Einfluß auf die Drehrichtung ausüben. 1992 beschrieben CARLSON und GLICK, dass
der frontale Cortex die Aktivität mesolimbischer und nigro-striataler DA-Funktionen
moduliert und eine Aktivierung des mesocorticalen DA-Systems durch Stressoren
einen Wechsel der Präferenz induzieren kann. Ebenso kann eine vorliegende
Imbalanz im striatalen DA-Gehalt eine Haltungsasymmetrie auslösen, die für
Rotationsverhalten notwendig ist, während der Nucleus accumbens die Richtung und
Geschwindigkeit der Bewegungen bestimmt (CARLSON und GLICK, 1996).
Eventuell hat auch die Tatsache, dass das Zelldefizit an dopaminergen Neuronen bei
der ci3-Mutante vor allem im caudalen Bereich der SNC ausgeprägt ist, eine
Bedeutung für die Richtung des Drehverhaltens. Verschiedene Anteile der SNC
scheinen sich nämlich funktionell zu unterscheiden. So fanden VACCARINO et al.
(1985) und FRANKLIN und WOLFE (1987), dass Läsionen im medialen Anteil der SNC
zu ipsilateralem Rotationsverhalten führen, Läsionen im lateralen Anteil der SNC
jedoch zu contralateralen Drehungen. Die Ursache für diese unterschiedliche
Reaktion auf eine Läsionierung könnte darin liegen, dass unterschiedliche
Subregionen der SNC auf verschiedene Teile des Striatums projizieren (FALLON und
LOUGHLIN, 1995; JOEL und WEINER, 2000), oder auch darin, dass die
Projektionsbahnen eine unterschiedliche Rezeptorausstattung besitzen (COOLS und
VAN ROSSUM, 1976). 1994 postulierten HERNANDEZ-LOPEZ et al. eine funktionelle
Kompartimentalisierung der SNC über ihre rostro-caudale Ausdehnung: unilaterale
Injektionen des cholinergen Agonisten Carbachol in die caudalen Anteile der SNC
induzieren contralaterales Circling-Verhalten, zusammen mit einer erhöhten DA-
Ausschüttung im Striatum. Unilaterale Injektionen von Carbachol in die rostralen
SNC-Anteile bewirken das Gegenteil: ipsilaterale Rotationen zusammen mit einer
verminderten striatalen DA-Freisetzung. Bestätigt wurden diese Ergebnisse durch
elektrophysiologische Studien, die auf die Existenz von Subpopulationen nigro-
155
striataler dopaminerger Neurone hinwiesen (HERNANDEZ-LOPEZ et al., 1994). Die
Tatsache, dass die ci3-Mutante von der Hirnseite mit der reduzierten dopaminergen
Zelldichte in caudalen Bereichen der medialen SNC weg drehen, könnte folglich auf
solche funktionellen Unterschiede zurückzuführen sein.
5.2.5. Untersuchungen zum cochleären und vestibulären System
Da Schäden des Innenohres, und hier insbesondere Schäden des vestibulären
Systems, oftmals als Auslöser für Drehverhalten angesehen werden (SHIMA, 1984;
KITAMURA et al., 1991 a,b; BLOOM und HULTCRANTZ, 1994; YONEZAWA et al., 1999;
RABBATH et al., 2001), wurden beide Systeme funktionell und morphologisch
untersucht.
5.2.5.1. ci3-Mutante und BH.7A-Kontrollen
Die Ableitung auditorisch evozierter Potentiale bei ci3-Tieren und BH.7A-Kontrollen
zeigte deutlich, dass das Hörvermögen der ci3-Mutante, im Gegensatz zu dem der
ci2-Mutante, die eine Taubheit aufweist, normal ist (LESSENICH et al., 2001). Die
funktionelle Untersuchung des vestibulären Systems ergab ebenfalls keine Hinweise
auf Dysfunktionen in diesem System (LESSENICH et al., 2001). Zwar gab es einen
signifikanten Unterschied zwischen Mutante und Kontrollen im „Tail-Hanging Test“,
dieser wurde von uns jedoch nicht als Hinweis auf einen Vestibularschaden
angesehen. Dieser Test wird von einigen Gruppen angewandt, um Aussagen über
die Funktion des vestibulären Sytems zu erhalten (HUNT et al., 1987; RABBATH et al.,
2001). Andere Gruppen verwenden ihn jedoch, um Seitenpräferenzen und
Asymmetrien im DA-System von Tieren festzustellen (WILLAR und CROWNE, 1989;
BORLONGAN und SANBERG, 1995; ABROUS et al, 1998). Das Testergebnis wurde von
uns als Hinweis auf eine vorliegende Asymmetrie im nigro-striatalen DA-System
gedeutet, die sich in den Untersuchungen zum DA-System bestätigte. Die
histologische Untersuchung der cochleären und vestibulären Nuclei im Hirnstamm
erbrachten in keinem Fall ein, bilateral oder zwischen Mutante und Kontrolle,
156
signifikant unterschiedliches Ergebnis (LESSENICH et al., 2001). Damit handelt es sich
unseres Wissens nach bei der ci3-Mutante um die erste beschriebene
Rattenmutante mit abnormem Rotationsverhalten, aber wahrscheinlich normaler
Funktion von cochleärem und vestibulärem System. Bislang kann jedoch noch nicht
völlig ausgeschlossen werden, dass, ähnlich wie bei der „Waltzing“-Rattenmutante
im Long-Evans-Stamm (s. Kap. 5.2.5.2.), mit unseren Untersuchungsmethoden nicht
feststellbare Veränderungen des vestibulären Systems, die z.B. zu Abnormitäten in
der zentralen Prozessierung der vestibulären Information führen, als Ursache für das
Drehverhalten der ci3-Mutante in Frage kommen.
5.2.5.2. ci2-Mutante und Streptomycin-behandelte Tiere
KAISER et al. (2001) zeigten für die ci2-Mutante durch Ableitung von auditorisch
evozierten Potentialen eine Taubheit. Die Testungen zur Funktion des vestibulären
Systems erwiesen Defizite bei allen Tieren. Auch die histologische Untersuchung
zeigte Schäden im Bereich von Innenohr und Hirnstammkernen. Im Innenohr adulter
ci2-Tiere zeigte sich ein praktisch vollständiger Verlust des cochleären Neuroepithels
zusammen mit einer Degeneration von Zellen des Spiralganglions. Die cochleären
Kerngebiete zeigten eine reduzierte Kerngröße, sowie eine erhöhte Neuronendichte
(KAISER et al., 2001). Diese Befunde sind typische Charakteristika einer vorliegenden
Taubheit: die verringerte Zellgröße wird auf weniger afferente Eingänge aus der
Cochlea zurückgeführt, die erhöhte Zelldichte ist dann der Versuch, das verringerte
Kernvolumen zu kompensieren (WILLOTT et al., 1994; SAADA et al., 1996). Für junge,
ca. 4 Wochen alte, ci2-Tiere gibt es vorläufige Hinweise auf eine Schädigung der
vestibulären Haarzellen (KAISER et al., 2001). In den vestibulären Anteilen des
Innenohres adulter ci2-Ratten wurde jedoch kein offensichtlicher Haarzellverlust
deutlich. Es wurde von uns deshalb auf eine Regeneration der Haarzellen im
vestibulären System geschlossen, da für diese im Gegensatz zu den cochleären
Haarzellen eine Regenerationsfähigkeit nachgewiesen wurde (WARCHOL et al., 1993;
RUBEL et al., 1995; TANYERI et al., 1995). Die vestibulären Haarzellen adulter Tiere
zeigten allerdings Protrusionen des Cytoplasmas in den endolymphatischen Raum,
157
aus denen wir auf Veränderungen des Cytoskelettes der Zellen schlossen (KAISER et
al., 2001).
Die bei der ci2-Mutante entdeckten moderaten Veränderungen der vestibulären
Haarzellen finden sich in ähnlicher Form auch bei der tauben „Shaker-2“-
Mausmutante (ANNIKO et al., 1980), und auch die „Shaker-1“-Taubheits-Mutante der
Maus weist progressive Degenerationen vestibulärer Haarzellen auf (GIBSON et al.,
1995; SELF et al., 1998) (s. auch Kap. 2.8.1.). Darüber hinaus ähneln beide Mutanten
in ihrem Phänotyp mit Drehverhalten stark den ci2-Tieren. Da bei beiden Mutanten
Gene für unkonventionelle Myosine mutiert sind (ANNIKO et al., 1980; WEIL et al.,
1997; PROBST et al., 1998), sollte im Rahmen der Untersuchungen zur Genetik der
ci2-Mutante überprüft werden, ob Mutationen in den Genen für unkonventionelle
Myosine für den Phänotyp der ci2-Tiere eine Rolle spielen.
Neben den Übereinstimmungen mit diesen reinen Taubheitsmutanten gibt es jedoch
weitere Parallelen, die Hinweise auf mögliche Ursachen für das Drehverhalten der
ci2-Tiere liefern können. Die „Stargazer“ (stg)-Rattenmutante zeigt ebenfalls
Rotationsverhalten, welches aber im Gegensatz zu dem der ci2-Mutante nicht
lateralisiert ist, Hyperlokomotion, Opisthotonus und Taubheit (TRUETT et al., 1994).
Die histologische Untersuchung des Innenohres zeigte fortgeschrittene
Degenerationen der Haarzellen und von Zellen des akustischen Ganglions.
Zusätzlich wurden mit Hilfe von Funktionstests Defizite im vestibulären System
festgestellt. Es wurde vermutet, dass der „Stargazer“-Phänotyp durch eine gestörte
Entwicklung des Innenohres bedingt ist (TRUETT et al., 1994). Pharmakologische
Studien wiesen später aber auf eine herabgesetzte Empfindlichkeit der D2-
Rezeptoren hin, welche auch bei der ci2-Mutante vorliegt, so dass eine genetisch
vermittelte Dysfunktion des zentralen DA-Systems postuliert wurde (BROCK und
ASHBY, 1996). Der tatsächliche Anteil der Dysfunktionen von Innenohr und DA-
System am Phänotyp konnte für die stg bisher noch nicht geklärt werden. Ein
Komplementationstest zwischen der stg und der ci2- und ci3-Mutante (sowie
natürlich auch mit weiteren drehenden Rattenmutanten) ist sinnvoll, um
herauszufinden, ob es sich hier um Allele des gleichen, oder Allele unabhängiger
Gene handelt. Des weiteren sollte auch die Möglichkeit in Betracht gezogen werden,
dass es modulierende Hintergrundeffekte gibt, die den Phänotyp der einzelnen
Mutanten variieren, so dass LEW-/stg z.B. mit LEW-ci2 identische Phänotypen
158
zeigen könnte. Das Vorliegen solcher Hintergrundeffekte ließe sich durch die
Entwicklung congener Stämme aufdecken.
Bei der von RABBATH et al. (2001) beschriebenen „Waltzing“-Rattenmutante im Long-
Evans-Stamm tritt Circling-Verhalten zusammen mit Dysfunktionen in der
vestibulären Kontrolle von Haltung (Kopfhaltung nach abwärts) und Blick (Defizit des
horizontalen vestibulo-oculären Reflexes) auf. Schäden des vestibulären
Neuroepithels konnten bei adulten Tieren weder in licht- noch in
elektronenmikroskopischen Untersuchungen nachgewiesen werden. Aus diesem
Grund wurde angenommen, dass die vestibulären Dysfunktionen, die als Auslöser
für das Circling-Verhalten angesehen werden, Folge anderer Arten zellulärer
Veränderungen des Labyrinths und/oder Folge von Abnormitäten in der zentralen
Prozessierung der vestibulären Information sind (RABBATH et al., 2001). Solche
Veränderungen könnten natürlich auch bei der Entstehung des Phänotyps unserer
beiden Mutanten eine Rolle spielen. Ein Nachweis solcher Veränderungen ist
allerdings schwierig zu führen. Erst nach Ausschluß jeglicher anderer Ursachen für
das Drehverhalten und nach genauester Untersuchung aller vestibulären
Reflexantworten wäre eine solche Ursache wahrscheinlich.
Zur weiteren Klärung der Frage, welchen Anteil Veränderungen des Innenohres am
Rotationsverhalten und den weiteren Bewegungsanomalien der ci2-Mutante haben,
wurden über die ototoxische Wirkung des Streptomycins Ratten mit einem
Innenohrschaden erzeugt, wie von ALLEVA und BALAZS 1978 beschrieben. Deren
Phänotyp wurde anschließend mit dem Phänotyp der ci2-Mutante verglichen, wobei
sich starke Ähnlichkeiten zeigten. Die Streptomycin-behandelten Tiere zeichneten
sich durch lateralisiertes Rotationsverhalten, Hyperlokomotion und Opisthotonus aus.
Des weiteren konnte durch die Ableitung auditorisch evozierter Potentiale eine
Taubheit erwiesen werden. 6 Wochen nach Abschluß der Streptomycin-Behandlung
war das Schwimmvermögen der Tiere stark eingeschränkt. Über die Hälfte der
Ratten musste aus dem Wasser entnommen werden, um ein Ertrinken der Tiere zu
verhindern. Es ist davon auszugehen, dass der Grund für das Defizit im
Schwimmvermögen geschädigte vestibuläre Haarzellen sind (GRAY et al., 1988;
RABBATH et al., 2001). Die histologische Untersuchung der Haarzellen des
Innenohres direkt nach Beendigung der Streptomycin-Injektionsbehandlung zeigte
einen kompletten Verlust des cochleären Neuroepithels. In den histologischen
159
Untersuchungen der Volumina von Cochlear- und Vestibularkernen und der
Neuronenmorphologie zeigten sich, ähnlich der Befunde bei der ci2-Mutante (KAISER
et al., 2001), verminderte Kerngrößen und abgerundete Neuronenformen. Für die
cochleären Kerne ist bekannt, dass durch eine frühe Schädigung der Haarzellen und
die somit verminderten afferenten Projektionen auf die Kerngebiete die trophische
Unterstützung der Neurone entfällt, so dass es zu einer verminderten Entwicklung
der Kerngebiete kommt (MOORE et al., 1998). Die Taubheit der Tiere blieb über den
Beobachtungszeitraum von 7 Monaten bestehen, wie die erneute Ableitung
auditorisch evozierter Potentiale bewies. Dieses Ergebnis entsprach unseren
Erwartungen, denn cochleäre Haarzellen besitzen keine Fähigkeit zur Regeneration
(CORWIN, 1992). Interessanterweise regenerierte sich das Schwimmvermögen der
Tiere jedoch: am Ende der Beobachtungsperiode musste kein Tier vorzeitig aus dem
Wasserbecken entnommen werden. Da seit einiger Zeit bekannt ist, dass die
vestibulären Haarzellen, im Gegensatz zu den cochleären, regenerationsfähig sind
(s.o.), wurde die Verbesserung des Schwimmvermögens von uns auf eine
Regeneration der Haarzellen im vestibulären System zurückgeführt. Des weiteren
kam es einige Wochen nach Beendigung der Streptomycin-Injektionen zu einem
Rückgang des Rotationsverhaltens und der Hyperlokomotion, eine Beobachtung, die
auch von ALLEVA und BALAZS (1978) gemacht wurde. ALLEVA und BALAZS schlossen,
dass das durch Streptomycin-Behandlung entstehende neurologische Syndrom
sowohl den vestibulären Apparat, als auch höhere motorische Zentren mit
einschließt, und dass insbesondere für das Rotationsverhalten und die
Hyperlokomotion zentrale Bereiche verantwortlich zeichnen. In Folgestudien wurde
eine erhöhte D2-Rezeptorbindungsdichte im Striatum gefunden (SETH et al., 1982).
Eine solche Beobachtung konnte auch für die ci2-Mutante gemacht werden (RICHTER
et al., 1999). Warum aber sind Circling-Verhalten und Opisthotonus bei der ci2-
Mutante permanent ausgeprägt, bei den Streptomycin-behandelten Tieren hingegen
nur transient ? Es ist bekannt, dass vestibuläre Informationen über den Thalamus
auch zum Striatum transferiert werden (SHIROYAMA et al., 1999) und die vestibulären
Kerne in Basalganglienschaltkreise eingreifen können (SHIMA, 1984). Wenn nun früh
in der Ontogenese Abnormitäten im vestibulären System auftreten, so könnten diese
bestimmte, für die normale Hirnentwicklung notwendige, Projektionen zu den
Basalganglien stören und somit Veränderungen in Hirnregionen wie dem Striatum
160
bedingen, die permanent ausgeprägt bleiben. Die entstandenen sekundären
Veränderungen im DA-System bei der ci2-Mutante könnten dann verantwortlich für
das Circling-Verhalten sein. Die vestibulären Defizite hingegen könnten als Folge der
Veränderungen des Cytoskeletts der Haarzellen dieses Systems auftreten. Für viele
Mutanten (wie z.B. für die „Stargazer“-Mutante, s. TRUETT et al., 1994) ist jedoch
bekannt, dass bei der Geburt der Tiere das Innenohr noch intakt ist und es erst in
den ersten Tagen nach der Geburt zu Verlusten der Haarzellen kommt. Hier könnten
also auch Veränderungen des vestibulären Systems, die erst in der postnatalen Zeit
auftreten, an der Generierung permanenten Drehverhaltens beteiligt sein
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die Tatsache, dass die ci2-Tiere eine
Drehpräferenz zusammen mit einer Asymmetrie im nigro-striatalen DA-System
aufweisen (LÖSCHER et al., 1996; RICHTER et al., 1999; FEDROWITZ et al., 2000), die
Veränderungen im cochleären und vestibulären System jedoch bilateral ausgeprägt
sind (KAISER et al., 2001). Eine genaue Zuordnung des Anteils dieser verschiedenen
Systeme am Phänotyp der ci2-Mutante und das Verständnis des Entstehens einer
Lateralität bleiben also schwierig und bedürfen weiterführender Untersuchungen. So
könnten Tracer-Studien Auskunft über eine physiologische oder pathologische
Ausbildung von Projektionsbahnen zwischen dem vestibulären System und zentralen
Bereichen geben. Studien zur metabolischen Aktivität auch der cochleären und
vestibulären Kerngebiete mittels der 2-Deoxyglukose-Methode (s. Kap. 5.5.) können
weitere Schlüsse auf die funktionellen Zustände dieser Systeme zulassen.
Abnormitäten in DA-Funktionen sind als Ursache für das Drehverhalten und die
Hyperlokomotion wahrscheinlich, wie aber lassen sich Opisthotonus und Ataxie der
Tiere erklären ?
Es sind sowohl Maus-, als auch Rattenmutanten, wie die „dilute-opisthotonus“ (dop)-
Rattenmutante, bekannt (DEKKER-OHNO et al., 1996; HUANG et al., 1998; FUTAKI et al.,
2000), die sich durch eine neurologische Störung mit Opisthotonus und Ataxie
auszeichnen. Als Ursache wurde eine Mutation im Gen für das unkonventionelle
Myosin 5A ausfindig gemacht, die zu Veränderungen des Endoplasmatischen
Retikulums der Purkinje Zellen des Cerebellums führt. Erneut ergibt sich hiermit ein
Hinweis auf veränderte Myosine, die verschiedene neurologische Symptombilder
bedingen können, und die einer Untersuchung bedürfen.
161
Ataxien können auf Läsionen des cerebellären Systems hindeuten (MASSAQUOI und
HALLETT, 1998). Zusätzlich sind solche Läsionen manchmal mit abnormen Haltungen
assoziiert. So führt die cerebelläre Ablation bei Katzen zu akuter Extensor-Rigidität
und Opisthotonus. Abnorme Kopfbewegungen können auch im Rahmen vestibulo-
cerebellärer Läsionen auftreten und auch Läsionen der Hemisphären scheinen als
Ursache in Frage zu kommen (MASSAQUOI und HALLETT, 1998).
Die motorischen Anomalien der ci2-Mutante ähneln des weiteren auch paroxysmalen
Tics, die z.B. im Rahmen eines Tourette-Syndroms auftreten können. So sind
einfache motorische Tics definiert als plötzliche, kurze, isolierte, myoklonusartige
Bewegungen, wie Kopfbewegungen, die aus einer normalen motorischen Aktivität
heraus entstehen (TOLOSA und JANKOVIC, 1998). Es wird angenommen, dass die
Basalganglien eine wichtige Rolle in der Pathogenese des Tourette-Syndroms
spielen. Substanzen, die die zentrale DA-Aktivität erhöhen, sorgen für eine
Exazerbation der Tics (JANKOVIC und ROHYAIDY, 1987), eine Beobachtung, die auch
für die ci2-Mutante zutrifft (LÖSCHER et al., 1996). Eine Erhöhung der DA-
Transporterbindung konnte im Striatum von Patienten mit Tourette-Syndrom
(MALISON et al., 1995) und im Striatum von ci2-Tieren (RICHTER et al., 1999)
nachgewiesen werden. Als weiteres Charakteristikum des Tourette-Syndroms wurde
eine erhöhte Sensitivität der DA-Rezeptoren postuliert (SINGER, 1997). Bei der ci2-
Mutante sind die DA-Rezeptoren jedoch im Vergleich mit den Kontrolltieren eher
hyposensitiv, ein zum Tourette-Syndrom gegensätzlicher Befund. Volumetrische
Magnet-Resonanz-Tomographien zeigten, dass die normale Asymmetrie der
Basalganglien beim Tourette-Syndrom verloren geht (PETERSON et al., 1993). In
Striatum und Thalamus von Tourette-Patienten wird darüber hinaus eine verminderte
metabolische Aktivität deutlich (EIDELBERG et al., 1997). Weitere Untersuchungen,
wie funktionelle neuroanatomische Studien der metabolischen Aktivität von
Hirnregionen mittels der 2-Deoxyglucose-Technik (SOKOLOFF et al., 1977), die
momentan mit ci2-Tieren durchgeführt werden, werden an dieser Stelle benötigt, um
genauere Schlussfolgerungen über die Art der Bewegungsstörung der ci2-Tiere
ziehen zu können.
162
5.3. Vergleichende Übersicht über die ci2-, ci3- und Streptomycin-behandelten
Tiere
Tab. 17: Vergleich der untersuchten Parameter zwischen ci2-, ci3- und Streptomycin-behandelten Tieren. Das Pluszeichen steht für ein Vorhandensein des Parameters, das Minuszeichen für die Abwesenheit. Die mit einem Fragezeichen versehenen Parameter wurden bislang noch nicht untersucht. Rotationsverhalten, Hyperlokomotion, Opisthotonus und Defizite der vestibulären Funktion waren bei den Streptomycin-behandelten Tieren nur transient (über einen Zeitraum von einigen Monaten nach Beendigung der Streptomycin-Behandlung) ausgeprägt und entwickelten sich danach wieder zurück. Tiergruppe Parameter
ci2 ci3 Streptomycin-behandelte LEW
Rotationen
+ + + (transient)
Drehpräferenz
+ + + (transient)
Hyperlokomotion + + + (transient) Opisthotonus + - + (transient) Ataxie + - - Dopamin-Lateralität im Striatum
+ (ipsilateral geringere
Konzentrationen)
+ (contralateral geringere
Konzentrationen)
?
Lateralität in der Dichte dopaminerger Neurone
+ (VTA) + (SNC) ? Verstärktes Rotationsverhalten nach D-Amphetamin
+ + (nachts)
-
Verstärktes Rotationsverhalten nach MK-801
+ + ?
Hemmung der Rotationen durch Haloperidol
+ + ?
Katalepsie durch Haloperidol
+ (signifikant schwächer
als bei Kontrollen)
+ ?
Taubheit + - + Gestörte vestibuläre Funktionen
+ - + (transient)
Morphologische Veränderungen cochleärer Kerngebiete
+ - +
Morphologische Veränderungen vestibulärer Kerngebiete
+ - +
Veränderungen im EEG - ? ?
163
5.4. Schlussbetrachtungen zur Bedeutung der ci2- und ci3-Mutante
Die Ergebnisse der zur Charakterisierung der ci2- und ci3-Mutante durchgeführten
Untersuchungen machen deutlich, dass wir es mit zwei Rattenmutanten zu tun
haben, denen ein lateralisiertes Rotationsverhalten und eine Hyperlokomotion
gemeinsam sind, die sich jedoch im weiteren Phänotyp unterscheiden.
Mit der ci3-Mutante wurde die erste Rattenmutante beschrieben, die ein
Drehverhalten bei normaler Funktion von cochleärem und vestibulärem System zeigt.
Das Rotationsverhalten kann hier wahrscheinlich nicht, wie in der Literatur oft
postuliert (BLOOM und HULTCRANTZ, 1994; TRUETT et al., 1994; PROBST und CAMPER,
1999), auf Innenohrdefekte zurückgeführt werden. Die bei Untersuchung der ci3-
Mutante erhaltenen Ergebnisse wurden von uns dahingehend interpretiert, dass die
Rotationen höchstwahrscheinlich die Folge der lateralisierten Abnormitäten im nigro-
striatalen DA-System sind. Damit eignet sich die ci3-Mutante sowohl zur
Untersuchung der funktionellen Lateralisierung von Hirnfunktionen, als auch als ein
neues Modell für Bewegungsstörungen, die mit abnormer Lateralisierung
einhergehen.
Im Gegensatz zur ci3-Mutante zeigt die ci2-Mutante sowohl Rotationsverhalten, als
auch Taubheit und gestörte vestibuläre Funktionen (LÖSCHER et al., 1996; RICHTER et
al., 1999; FEDROWITZ et al., 2000; KAISER et al., 2001). Damit weist die ci2 –Mutante
interessante Charakteristika als neues Modell in der Taubheitsforschung und für
Studien zu cochleären und vestibulären Dysfunktionen auf. Der Phänotyp der ci2-
Tiere macht sie darüber hinaus zu einem geeigneten Modell für hyperkinetische
Bewegungsstörungen. Der genetische Defekt führt bei der Mutante zu einer
klinischen Symptomatik, die auch bei humanen genetischen Störungen mit Taubheit
und Hyperkinesie, wie dem humanen Taubheits-Dystonie-Syndrom (JIN et al., 1996;
KOEHLER et al., 1999), ausgebildet wird, so dass sich mit Hilfe dieser Mutante
eventuell auch neue Erkenntnisse zu Ätiologie und Pathophysiologie solcher
Syndrome gewinnen lassen.
164
5.5. Ausblick
Für eine genaue Aufklärung von Ätiologie und Pathophysiologie des Phänomens
„Circling“ sind weiterführende Untersuchungen notwendig, die zum Teil bereits
durchgeführt werden.
Im Rahmen einer weiteren Doktorarbeit wird am Zentralen Tierlabor der
Medizinischen Hochschule Hannover an der genetischen Kartierung der Defektgene
der ci2- und ci3-Mutanten gearbeitet . Nach Klonierung und Charakterisierung der
Defektgene können dann weitere Schlüsse über die Art der Störung und beteiligte
Bereiche gezogen werden.
In Zusammenarbeit mit Herrn Dr. A. Schleicher und Herrn Prof. K. Zilles am Institut
für Hirnforschung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf führen wir mit den
Mutanten 2-Deoxyglukose-Untersuchungen nach der Methode von SOKOLOFF et al.
(1977) durch. Diese Methode basiert auf der Glukose-Verwertung des Gehirns.
Radioaktiv-markierte 2-Deoxyglukose wird intaperitoneal appliziert und sammelt sich
in aktiven Hirnregionen an. Nach einem Beobachtungszeitraum von 45 Min. werden
die Tiere dann dekapitiert und es werden Kryostat-Schnitte des Gehirns angefertigt.
Anschließend wird die Menge der aufgenommenen 2-Deoxyglukose in
verschiedenen Kerngebieten autoradiographisch bestimmt. Dies ermöglicht die
Ermittlung abnorm aktiver Hirnregionen und damit die Auffindung weiterer, an den
motorischen Abnormitäten beteiligter, Bereiche, die dann mit Hilfe weiterführender
Methoden (Neuropathologie, Neurochemie, Mikrodialyse) näher untersucht werden
können.
Eine geeignete Methode, die mit Hilfe der 2-Deoxyglukose-Technik ausfindig
gemachten Bereiche einer näheren Untersuchung zu unterziehen, wäre auch die
Magnet-Resonanz-Tomographie. Diese erlaubt eine genaue Betrachtung und
Vermessung von Hirnregionen im Seitenvergleich und im Vergleich Mutante –
Kontrolle.
Darüber hinaus sind Untersuchungen mit der Technik der Mikrodialyse, die bei der
ci2-Mutante bereits angewandt wurde (FEDROWITZ et al., 2000), vor allem auch für die
ci3-Mutante sinnvoll, da mit dieser Technik die Funktionszustände verschiedener
Neurotransmittersysteme überprüft werden können.
165
Aus den erhaltenen Ergebnissen werden sich neue Hinweise auf durchzuführende
Studien ergeben.
166
6. Zusammenfassung
In Vorarbeiten und im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Rattenmutanten, die
LEW/Ztm-ci2 Mutante und die BH.7A/Ztm-ci3 Mutante, die sich durch anfallsweise
auftretendes, lateralisiertes Drehverhalten auszeichnen, charakterisiert. Ein solches
Drehverhalten wird von normalen Ratten bestimmter Stämme, so z.B. von Sprague-
Dawley Ratten, während ihrer nächtlichen Aktivitätsphase gezeigt und als Ausdruck
cerebraler Asymmetrien verstanden. Es wird als geeigneter Parameter angesehen,
um die funktionelle Lateralisierung von Hirnfunktionen näher zu untersuchen. In
Tiermodellen für bestimmte Hirnerkrankungen, wie dem Ungerstedt-Modell der Ratte
für den Morbus Parkinson, werden durch unilaterale Läsionen von Hirnregionen
Asymmetrien geschaffen, die Drehverhalten auslösen. Funktionelle und
morphologische Ungleichgewichte zwischen den Hemisphären, insbesondere im
Bereich des nigro-striatalen dopaminergen Systems, können sich also in
Rotationsverhalten äußern. Des weiteren sind verschiedene Maus- und
Rattenmutanten beschrieben, die in der Taubheitsforschung eingesetzt werden und
die neben der Taubheit ein massiv verstärktes Drehverhalten zeigen. Hier werden
die Rotationen auf Innenohrschäden zurückgeführt.
Aus vorangegangenen Untersuchungen war bekannt, dass sich die ci2-Mutante
phänotypisch durch lateralisiertes Drehverhalten, Hyperlokomotion, Opisthotonus
und Ataxie auszeichnet. Untersuchungen des dopaminergen Systems der ci2-
Mutante zeigten, dass hier eine Lateralität in diesem System vorliegt. Funktionelle
und morphologische Untersuchungen des cochleären und vestibulären Systems
erwiesen eine Taubheit und Funktionsdefizite des vestibulären Systems, sowie
morphologische Veränderungen des Innenohres und der cochleären und
vestibulären Hirnstammkerne.
Im Rahmen dieser Arbeit sollte eine weitere Charakterisierung der ci2-Mutante und
eine Erstcharakterisierung der ci3-Mutante vorgenommen werden. Für eine
weiterführende Charakterisierung des Rotationsverhaltens wurden erstmals
Videoaufnahmen der Tiere während der Hell- und der Dunkelphase angefertigt. Mit
Hilfe von Elektroencephalogrammen wurde bei der ci2-Mutante eine Epilepsie als
Ursache für die Rotationssalven ausgeschlossen. Bei der ci3-Mutante wurde, in
Anlehnung an frühere Untersuchungen zur ci2, das dopaminerge System in
167
neuropharmakologischen, neuropathologischen und neurochemischen Studien
überprüft. Um Funktion und Morphologie des auditorischen und vestibulären
Systems dieser Mutante zu untersuchen, wurden auditorisch evozierte Potentiale
abgeleitet und vestibuläre Reflexe getestet, sowie die Haarzellen des Innenohres
und die Kerngebiete beider Systeme im Hirnstamm histologisch untersucht.
Zusätzlich wurden mittels der Verabreichung des ototoxischen
Aminoglykosidantibiotikums Streptomycin normale Ratten des LEW/Ztm-
Inzuchtstammes Ratten mit einem Innenohrschaden erzeugt, um deren Phänotyp mit
dem Phänotyp der Mutanten, vor allem mit dem Phänotyp der ci2-Mutante, von der
bereits ein Innenohrschaden bekannt war, zu vergleichen.
Die Untersuchungsergebnisse machten deutlich, dass das Drehverhalten beider
Mutanten wirklich spontan (auch ohne Anwesenheit des Untersuchers, wie die
Videoaufnahmen bewiesen) auftritt. Die ci3-Mutante unterscheidet sich jedoch in
ihrem Phänotyp von der ci2-Mutante, denn sie zeigt zwar ebenfalls Drehverhalten
und eine leichte Hyperlokomotion, jedoch weder Opisthotonus noch Ataxie. Die
Untersuchung des dopaminergen Systems erwies für die ci3-Tiere ebenfalls eine
Lateralität im Dopamin-Gehalt des Striatums. Zusätzlich wurde eine signifikante
Asymmetrie in der Dichte dopaminerger Neurone der Substantia nigra pars
compacta gefunden. Die Funktionen von auditorischem und vestibulärem System
sind bei der ci3-Mutante, im Gegensatz zu denen der ci2-Mutante, normal.
Bei dem Vergleich des Phänotyps der Streptomycin-behandelten Tiere mit dem
Phänotyp der beiden Mutanten wurden starke Parallelen zwischen den ci2-Tieren
und den Streptomycin-behandelten Tieren deutlich. Die Streptomycin-behandelten
Tiere zeigten ebenfalls lateralisiertes Rotationsverhalten, Hyperlokomotion und
Opisthotonus, sowie Taubheit und gestörte vestibuläre Reflexe. Morphologische
Veränderungen der cochleären und vestibulären Hirnstammkerne, wie verminderte
Kerngrößen und veränderte Neuronenmorphologie, wurden in histologischen
Untersuchungen sichtbar. Der Hauptunterschied zwischen diesen Tieren und der ci2-
Mutante bestand darin, dass bei den Streptomycin-behandelten Tieren das
Rotationsverhalten und die Hyperlokomotion nur transient über einen Zeitraum von
einigen Monaten vorhanden waren, und nicht lebenslang wie bei der ci2. Diese
Tatsache gibt einen weiteren Hinweis darauf, dass das Rotationsverhalten der ci2-
168
Mutante nicht allein auf vestibuläre Defekte zurückgeführt werden kann, sondern
dass zentrale Bereiche bei der Generierung von Drehverhalten eine Rolle spielen.
Die Untersuchungsergebnisse lassen für die ci3-Mutante den Schluß zu, dass die
Ursache für das Drehverhalten bei diesen Tieren in den lateralisierten
Veränderungen im Bereich des dopaminergen Systems liegt, und diese Mutante
somit geeignet ist, die funktionelle Lateralisierung von Hirnfunktionen, sowie
Bewegungsstörungen mit abnormer Lateralisierung zu untersuchen.
Die ci2-Mutante, die gleichzeitig Taubheit und Rotationsverhalten aufweist, bietet die
Möglichkeit, Dysfunktionen des cochleären und vestibulären Systems näher zu
charakterisieren. Darüber hinaus kann sie als Modell für hyperkinetische
Bewegungsstörungen dienen.
169
Summary Lessenich, Alina: Characterization of two mutant rats with spontaneous circling behavior. 2002
Two mutant rats, the LEW/Ztm-ci2 mutant and the BH.7A/Ztm-ci3 mutant, were
characterized in prior studies and in the context of this thesis. Both mutants are
featured by attacks of lateralized circling behavior. Circling behavior is shown by
normal rats of certain strains, like the Sprague-Dawley strain, during their nocturnal
acitivity phase and is understood as an expression of cerebral asymmetry. It is
thought to be a suitable parameter to closer investigate the functional lateralization of
brain functions. In animal models for certain brain diseases, like the „Ungerstedt-
model“ of the rat for Parkinson`s disease, asymmetries are created by unilateral
lesions of brain regions, and thus circling behavior is triggered. Accordingly,
functional and morphological imbalances between the two hemispheres, particularly
within the nigro-striatal dopaminergic system, can evoke rotations. Furthermore,
numerous mouse and rat models are described, which are used in the field of
deafness research and which, in addition to deafness, show massive circling
behavior. In these cases, rotations are attributed to inner ear defects.
From prior studies it was known, that the ci2 mutant is featured by lateralized circling
behavior, hyperlocomotion, opisthotonus and ataxia. Investigations of the ci2`s
dopaminergic system revealed a laterality within this system. In functional and
morphological investigations of the cochlear and the vestibular system, deafness and
functional deficits of the vestibular system as well as morphological alterations of the
inner ear and of cochlear and vestibular brainstem nuclei were found.
In the context of this thesis, a further characterization of the ci2 mutant and a primary
characterization of the ci3 mutant should be undertaken. For further characterization
of the exhibited circling behavior, video recordings were accomplished during the
dark and the light phase. With the help of electroencephalograms, epilepsy was ruled
out as an underlying cause of rotations in the ci2 mutant rats. According to prior
studies in the ci2 mutant, the dopaminergic system of the ci3 mutant was
investigated in neuropharmacological, neuropathological and neurochemical studies.
For the purpose of studying function and morphology of the auditory and the
vestibular system in ci3 rats, auditory evoked potentials were recorded and vestibular
reflexes were tested. Additionally, inner ear hair cells and brainstem nuclei were
170
examined histologically. Furthermore, rats with an inner ear defect were created by
application of the ototoxic aminoglycoside-antibiotic streptomycin to normal
LEW/Ztm-rats for the reason of comparing their phenotype with the phenotype of the
two mutants.
The results of our investigations clearly showed, that the rotational behavior exhibited
by the two mutants is in fact spontaneous, since rotations were also shown in the
absence of any investigator. The phenotype of the ci3 mutant differs from that of the
ci2 mutant, in that the ci3 also shows circling behavior and a slight hyperlocomotion,
but neither opisthotonus nor ataxia. The investigation of the ci3s´ dopaminergic
system also revealed a laterality in dopamine content of the striatum. Furthermore, a
significant asymmetry in the density of substantia nigra pars compacta dopaminergic
neurons was found. In contrast to the ci2 mutant, the function of the auditory and the
vestibular system appeared normal in the ci3 mutant rat.
The comparison of the streptomycin-treated rats phenotype with the phenotype of the
two mutants revealed strong parallels between the streptomycin-treated rats and the
ci2 mutant. The streptomycin-treated rats also showed lateralized circling behavior,
hyperlocomotion and opisthotonus, as well as deafness and disturbed vestibular
reflexes. Histological examinations proofed morphological alterations of cochlear and
vestibular brainstem nuclei, like decreased size of nuclei and altered neuron
morphology. The main difference between those rats and the ci2 mutant rats was the
fact, that circling behavior and hyperlocomotion of the streptomycin-treated rats
persisted only transient for a few months after the streptomycin-treatment and not
lifelong as in the ci2 mutant. This gives a further hint, that the circling behavior of the
ci2 mutant cannot be attributed to vestibular defects only, but that central sites also
play a role in generating circling behavior.
The results imply, that the cause of circling behavior in the ci3 mutant lies in the
lateralized alterations of the dopaminergic system und that this mutant thus suits for
the investigation of functional lateralization of brain functions, as well as for the
investigation of movement disorders with abnormal lateralization.
The ci2 mutant, which exhibits deafness and rotational behavior at the same time,
offers the possibility of characterizing dysfunctions of the cochlear and the vestibular
system. Furthermore, it may serve as a model for hyperkinetic movement disorders.
171
7. Literatur ABROUS, D.N., RODRIGUEZ, J.J., MONTARON, M.F., AUROUSSEAU, C., LE MOAL, M., BARNEOUS, P. (1998) Behavioural recovery after unilateral lesion of the dopaminergic mesotelencephalic pathway: effect of repeated testing. Neuroscience 84 (1), 213 – 221 ADLER, H.J., RAPHAEL, Y. (1996) New hair cells arise from supporting cell conversion in the acoustically damaged chick inner ear. Neurosci. Lett. 205, 17 – 20 AFIFI, A.K. (1994) Basal ganglia: functional anatomy and physiology. Part 2. J. Child Neurol. 9 (4), 352 – 361 AGUGLIA, U., GAMBARDELLA, A., LE PIANE, E., MESSINA, D., RUSSO, C., OLIVERI, R.L., ZAPPIA, M., QUATTRONE, A. (1999) Idiopathic generalized epilepsies with versive or circling seizures. Acta Neurol. Scand. 99, 219 – 224 ALAGRAMAM, K.N., KWON, H.Y., CACHEIRO, N.L., STUBBS, L., WRIGHT, C.G., ERWAY, L.C. AND WOYCHIK, R.P. (1999) A new insertional mutation that causes sensorineural deafness and vestibular defects. Genetics 152, 1691 – 1699 ALEXANDER, G.E., CRUTCHER, M.D. (1990) Functional architecture of basal ganglia circuits: neural substrates of parallel processing. Trends Neurosci. 13, 266-271 ALI, S.F., NEWPORT, G.D., BRACHA, H.S. (1994) Phencyclidine and (+)-MK-801-induced circling preference: correlation with monoamine levels in striatum of the rat brain. Neurotoxicol. Teratol. 16, 335 – 342 ALLEVA, F.R., BALAZS, T. (1978) Toxic effects of postnatal administration of streptomycin sulfate to rats. Toxicol. Appl. Pharmacol. 45, 855-859 ALLEVA, F.R., BALAZS, T., MORRIS, S.O., CROWLEY, W.R., O´DONOHUE, T.L., JACOBOWITZ, D.M. (1979) Reversal of streptomycin-induced dyskinesia in rats by dopaminergic agonists. “Abstracts of Papers” 18th Annual Meeting of the Society of Toxicology New Orleans, Louisiana, March 11 – 15
172
ALLEVA, F.R., BALAZS, T. (1980) Age-dependent sensitivity of the rat to neurotoxic effects of streptomycin. Toxicol. Lett. 6, 385-389 ANNIES, R. (1993) Etablierung einer Methode zur Bestimmung von Katecholaminen, 5-Hydroxytryptamin sowie einigen Metaboliten und Vorstufen in unterschiedlichen Gehirnregionen und im Plasma. Anwendungen aus der Neuropharmakologie. Hannover, Tierärztl. Hochschule, Diss. ANNIKO, M., SOBIN, A., WERSÄLL, J. (1980) Vestibular hair cell pathology in the shaker-2 mouse. Arch. Otorhinolaryngol. 226, 45 – 50 ARBUTHNOTT, G.W., FAIRBROTHER, I.S., BUTCHER, S.P. (1991) Dopamine release and metabolism in the rat striatum: an analysis by “in vivo” brain microdialysis. Pharmacol. Therapeut. 48, 281 – 293 ARNOLD, A.P., BOTTJER, S.W. (1985) Cerebral lateralization in birds. In: Glick, S.D. (Ed.) Cerebral Lateralization in Nonhuman Species. Academic Orlando, JL, pp. 11 – 39 BAIRD, R.A., STEYGER, P.S., SCHUFF, N.R. (1996) Mitotic and nonmitotic hair cell regeneration in the bullfrog vestibular otolith organs. Ann. NY Acad. Sci. 781, 59 – 70 BECKER, J.B., ROBINSON, T.E., LORENZ, K.A. (1982) Sex differences and estrous cycle variations in amphetamine-elicited rotational behavior. Eur. J. Pharmacol. 80, 65 – 72 BENNETT, J.P. JR., SNYDER, S.H. (1977) Serotonin and lysergic acid diethylamide binding in rat brain membranes: Relationship to postsynaptic serotonin receptors. Mol. Pharmacol. 12, 373 – 389 BLOOM, D., HULTCRANTZ, M. (1994) Vestibular morphology in relation to age and circling behavior. Acta. Otolaryngol. 114 (4), 387 – 392 BORLONGAN, C.V., SANBERG, P.R. (1995) Elevated body swing test: a new behavioural parameter for rats with 6-hydroxydopamine-induced hemiparkinsonism. J Neurosci. 15 (7), 5372 – 5378
173
BRACHA, H.S. (1987) Asymmetric rotational (circling) behavior, a dopamine-related asymmetry: preliminary findings in unmedicated and never-medicated schizophrenic patients. Biol. Psychiat. 22 (8), 995 – 1003 BRACHA, H.S., SHULTS, C., GLICK, S.D., KLEINMAN, J.E. (1987) Spontaneous asymmetric circling behavior in hemi-parkinsonism: a human equivalent of the lesioned-circling rodent behavior. Life Sci. 40, 1127 – 1130 BROCK, J.W., TRUETT, G.E., ROSS, K.D., KLOSTER, C.A. (1995) Quantitative analysis of abnormal spontaneous behavior and clinical assessment of the stargazer rat. Lab. Anim. Sci. 45, 1995 BROCK, J.W., ASHBY, C.R. JR. (1996) Evidence for genetically mediated dysfunction of the central dopaminergic system in the stargazer rat. Psychopharmacology 123, 199 – 205 BRYDA, E.C., LING, H., FLAHERTY, L. (1997) A high-resolution genetic map around waltzer on mouse chromosome 10 and identification of a new allele of waltzer. Mamm. Genome 8, 1 – 4 CAMPBELL, J.M., PAYNE, A.P., GILMORE, D.P., BYRNE, J.E., RUSSEL, D., MCGADEY, J., CLARKE, D.J., DAVIES, R.W., SUTCLIFFE, R.G. (1996) Neostriatal dopamine depletion and locomotor abnormalities due to the Albino Swiss rat agu mutation. Neurosci. Lett. 213, 173 – 176 CAREY, R.J. (1986) Conditioned rotational behavior in rats with unilateral 6-hydroxydopamine lesions of the substantia nigra. Brain Res. 365, 379 – 382 CARLSON, J.N., GLICK, S.D., HINDS, P.A. (1987) Changes in d-amphetamine elicited rotational behavior in rats exposed to uncontrollable footshock stress. Pharmacol. Biochem. Behav. 26, 17 – 21 CARLSON, J.N, GLICK, S.D. (1992) Cerebral laterality as a determinant of behavioural function and dysfunction. In: Driscoll, P. (Ed.) Genetically Defined Animal Models of Neurobehavioral Dysfunctions. Birkhäuser, Boston, MA, pp. 189 – 216
174
CARLSON, J.N., GLICK, S.D. (1996) Circling behavior in rodents. Methodology, biology and functional implications. In: Sanberg, P.R., Ossenkopp, K.P., Kavaliers, M. (Eds.) Motor Activity and Movement Disorders. Research Issues and Applications. Humana, Totowa, NJ, pp. 269 – 300 CARTER, C.J., PYCOCK, C.J. (1980) Behavioral and neurochemical effects of dopamine and noradrenaline depletion within the medial prefrontal cortex of the rat. Brain Res. 192, 163 – 176 CLARKE, D.J., PAYNE, A.P. (1994) Neuroanatomical characterization of a new mutant rat with dopamine depletion in the substantia nigra. Eur. J. Neurosci. 6, 885 – 889 CLAUSING, P., BLOOM, D., NEWPORT, G.D., HOLSON, R.R., SLIKKER, JR. W., BOWER, J.F. (1996) Individual differences in dopamine release but not rotational behavior correlate with extracellular amphetamine levels in caudate putamen in unlesioned rats. Psychopharmacology 127, 187 – 194 COGGESHALL, R., LEKAN, H.A. (1996) Methods for determining numbers of cells and synapses: a case for more uniform standards of review. J. Comp. Neurol. 364, 6 – 15 CONRAD, B. (1996) Pathophysiologie der Bewegungsstörungen In: Conrad, B., Ceballos-Baumann, A.O. (Hrsg.) Bewegungsstörungen in der Neurologie Thieme-Verlag, Stuttgart, New York, S. 11 – 29 CONRAD, B. (1996) Hemiballismus/Ballismus In: Conrad, B., Ceballos-Baumann, A.O. (Hrsg.) Bewegungsstörungen in der Neurologie Thieme-Verlag, Stuttgart, New York, S. 181 – 185 COOLS, A.R., VAN ROSSUM, J.M. (1976) Excitation-mediating and inhibition-mediating dopamine-receptors: a new concept towards a better understanding of electrophysiological, biochemical, pharmacological, functional and clinical data. Psychopharmacology 45, 243 – 254 CORWIN, J.T. (1992) Regeneration in the auditory system. Exp. Neurol. 115 (1), 7 – 12
175
COSTALL, B., MARSDEN, C.D., NAYLOR, R.J., PYCOCK, C.J. (1976 a) The relationship between striatal and mesolimbic dopamine dysfunction and the nature of circling responses following 6-hydroxydopamine and electrolytic lesions of the ascending dopamine system of rat brain. Brain Res. 118, 87 – 113 COSTALL, B., NAYLOR, R.J., PINDER, R.M. (1974) Design of agents for stimulation of neostriatal dopaminergic mechanisms. J. Pharm. Pharmac. 26, 753 – 762 COSTALL, B., NAYLOR, R.J. (1977) Mesolimbic and extrapyramidal sites for the mediation of stereotyped behavior patterns and hyperactivity by amphetamine and apomorphine in the rat. Adv. Behav. Biol. 21, 47 – 76 COSTALL, B., OLLEY, J.E. (1971) Cholinergic- and neuroleptic-induced catalepsy: modification by lesions in the caudate-putamen. Neuropharmacology 10, 297 – 306 COYLE, J.T. (1973) Development of the central catecholaminergic neurons of the rat. In: Usdin, E., Snyder, S.H. (Eds.) Frontiers in Catecholamine Research. Pergamon Press, New York, pp. 261 – 265 DAHLSTROM, A., FUXE, K. (1964) Evidence for the existence of monoamine containing neurons in the central nervous system. 1. Demonstration of monoamines in the cell bodies of brain stem neurons. Acta. Physiol. Scand. 62, 1 – 55 DAVID GERTZ, S. (2001) Vestibuläres System. In: David Gertz, S. (Hrsg.) Basiswissen Neuroanatomie. Thieme Verlag, Stuttgart, New York, S. 58 – 62 DEKKER-OHNO, K., HAYASAKA, S., TAKAGISHI, Y., ODA, S., WAKASUGI, N., MIKOSHIBA, K., INOUYE, M., YAMAMURA, H. (1996) Endoplasmatic reticulum is missing in dendritic spines of Purkinje cells of the ataxic mutant rat. Brain Res. 714 (1 – 2), 226 – 230 DEERBERG, F., KASPAREIT, J., REETZ, I.C. (1989) Circling (ci), a new neurological mutant in the rat. Rat News Lett. 21, 19
176
DELONG, M.R. (1990) Primate models of movement disorders of basal ganglia origin. Trends Neurosci. 13, 258 – 281 DI CHIARA, G., IMPERATO, A. (1988) Drugs abused by humans preferentially increase synaptic dopamine concentrations in the mesolimbic system of freely moving rats. Proc. Natl. Acad. Sci. 85, 5274 – 5278 DONALDSON, I.M. (1986) Volvular epilepsy: A distinctive and underreported seizure type. Arch. Neurol. 43, 260 – 262 DUGAST, C., BRUN, P., SOTTY, F., RENAUD, B., SUAUD-CHAGNY, M.-F. (1997) On the involvement of a tonic dopamine D2-autoinhibition in the regulation of pulse-to-pulse-evoked dopamine release in the rat striatum in vivo. Naunyn-Schmiedeberg`s Arch. Pharmacol. 355, 716 – 719 DUVOISIN, R.C. (1976) Parkinsonism: animal analogues of human movement disorder. In: Yahr, M.D. (Ed.) The Basal Ganglia. Raven, New York, pp. 293 – 303 EIDELBERG, D., MOELLER, J.R., ANONINI, A. (1997) The metabolic anatomy of Tourette`s syndrome. Neurology 48, 927 – 934 FAGERVALL, I., ROSS, S.B. (1986) A and B forms of monoamine oxidase within the monoaminergic neurons of the rat brain. J. Neurochem. 47, 569 – 576 FALLON, J.H., LOUGHLIN, S.E. (1995) Substantia nigra. In: Paxinos, G. (Ed.) The Rat Nervous System. Academic Press, New York, pp. 215 – 238 FEDROWITZ, M. (1999) Untersuchungen zur Pathophysiologie der circling- (ci2) Ratte, einer neuen Rattenmutante mit spontanem Drehverhalten. Hannover, Tierärztl. Hochschule, Diss. FEDROWITZ, M., POTSCHKA. H., RICHTER, A., LÖSCHER, W. (2000) A microdialysis study of striatal dopamine release in the circling rat, a genetic animal model with spontaneous lateralized rotational behavior. Neuroscience 97, 69 – 77
177
FEUERSTEIN, T.J., JURNA, I. (1996) Antiparkinsonmittel. In: Forth, W., Henschler, D., Rummel, W., Starke, K. (Hrsg.) Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, S. 279 – 284 FIORINO, D.F., COURY, A., PHILLIPS, A.G. (1997) Dynamic changes in nucleus accumbens dopamine efflux during the Coolidge effect in male rats. J. Neurosci. 17, 4849 – 4855 FITZGERALD, L.W., MILLER, K.J., RATTY, A.K., GLICK, S.D., TEITLER, M., GROSS, K.W. (1992) Asymmetric elevation of striatal dopamine D2 receptors in the chakragati mouse: neurobehavioral dysfunction in a transgenic insertional mutant. Brain Res. 580, 18 – 26 FITZGERALD, L.W., RATTY, A.K., TEITLER, M., GROSS, K.W., GLICK, S.D. (1993) Specificity of behavioral and neurochemical dysfunction in the chakragati mouse: a novel genetic model of a movement disorder. Brain Res. 608, 247 – 258 FLAHERTY, A.W., GRAYBIEL, A.M. (1994) Anatomy of the basal ganglia. In: Marsden, C.D., Fahn, S. (Eds.) Movement Disorders 3. Butterworth-Heinemann, Oxford, pp 3-27 FLEISHER, L.N., GLICK, S.D. (1979) Hallucinogen-induced rotational behavior in rats. Psychopharmacology (Berlin) 62, 193 – 200 FOG., R. (1972) On stereotypy and catalepsy: studies on the effect of amphetamines and neuroleptics in rats. Acta Neurol. Scand. Suppl. 50, 3 – 66 FRANKLIN, B.J., WOLFE, J. (1987) Opposed locomotor asymmetries following lesions of the medial and lateral substantia nigra pars compacta or pars reticulata in the rat. Physiol. Behav. 40, 741 – 745 FUTAKI, S., TAKAGISHI, Y., HAYASHI, Y., OHMORI, S., KANOU, Y., INOUYE, M., ODA, S., SEO, H., IWAIKAWA, Y., MURATA, Y. (2000) Identification of a novel myosin-Va mutation in an ataxic mutant rat, dilute-opisthotonus. Mamm. Genome 11 (8), 649 – 655
178
GALABURDA, A.M., SHERMAN, G.F., GESCHWIND, N. (1985) Cerebral lateralization: historical note on animal studies. In: Glick, S.D. (Ed.) Cerebral Lateralization in Nonhuman Species. Academic Orlando, FL, pp. 1 – 10 GARVER, D.L. (1984) Diseases of the nervous system: psychiatric disorders. In: Kaplen, L.A., Pesce, A.J. (Eds.) Clinical Chemistry: Theory, Analysis and Correlations. CV Mosby, St. Louis, pp. 864 – 881 GIBSON, F., WALSH, J., MBURU, P., VARELA, A., BROWN, K.A., ANTONIO, M., BEISEL, K.W., STELL, K.P., BROWN, S.D.M. (1995) A type VII myosin encoded by the mouse deafness gene shaker-1. Nature 374, 62 – 64 GLICK, S.D., COX, R.D. (1978) Nocturnal rotation in normal rats: correlation with amphetamine-induced rotation and effects of nigro-striatal lesions. Brain Res. 150, 149 – 161 GLICK, S.D., JERUSSI, T.P. AND FLEISHER, L.N. (1976) Turning in circles: the neuropharmacology of rotation. Life Sci. 18, 889-896 GLICK, S.D., GREENSTEIN, S. (1973) Possible modulating influence of frontal cortex on nigro-striatal function. Br. J. Pharmacol. 49, 316 – 321 GLICK, S.D., MEIBACH, R.C., COX, R.D. MAAYANI, S. (1979) Multiple and interrelated functional asymmetries in the rat brain. Life Sci. 25, 395 – 400 GÖTHERT, M., BÖNISCH, H., SCHLICKER, E., HELMCHEN, H. (1996) Psychopharmaka. In: Forth, W., Henschler, D., Rummel, W., Starke, K. (Hrsg.) Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, S. 285 – 317 GOTO, S., KOREMATSU, K., INOUE, N., YAMADA, K., OYAMA, T., NAGAHIRO, S., USHIO, Y. (1993) N-Methyl-d-aspartate receptor antagonist MK-801 induced circling behavior in rats with unilateral striatal ischemic lesions or nigral 6-hydroxydopamine lesions. Acta Neuropath. 86, 480 – 483 GOTTESMANN, C. (1992) Detection of seven sleep-walking stages in the rat. Neurosci. Biobehav. Rev. 16, 31 – 38
179
GRAY, L. E. JR., ROGER, J.M., OSTBY, J.S., KAVLOCK, R.J., FERRELL, J.M. (1988) Prenatal dinocarp exposure alters swimming behavior in mice due to complete otolith agenesis in the inner ear. Toxicol. Appl. Pharmacol. 92, 266 – 273 GUPTA, M., FELTEN, D.L., GHETTI, B. (1987) Selective loss of monoaminergic neurons in weaver mutant mice – an immunocytochemical study. Brain Res. 402, 379 – 382 HALLIDAY, G.M., TORK, I. (1986) Comparative anatomy of the ventromedial mesencephalic tegmentum in the rat, cat, monkey and human. J. Comp. Neurol. 252 (4), 423 – 445 HARTJE, W. (1992) Klinische Neuropsychologie. In: Kunze, K. (Hrsg.) Lehrbuch der Neurologie. Thieme Verlag, Stuttgart, New York, S. 800 – 816 HASHITANI, T., MIZUKAWA, K., KUMAZAKI, M., NISHINIO, H. (1998) Dopamine metabolism in the striatum of hemiparkinsonian model rats with dopaminergic grafts. Neurosci. Res. 30, 43 – 52 HAWKINS, J.E. (1976) Drug ototoxicity. In: Keidel, S.D., Neff, W.D. (Eds.) Handbook of sensory physiology. Springer, New York, Vol. 5, pp. 707 – 748 HEDRICH, H.-J. (1990) Genetic monitoring of inbred strains of rats. Gustav Fischer, Stuttgart HENLEY, C.M., WEATHERLY, R.A., OU, C., BROWN, R.D., (1996) Pharmacokinetics of kanamycin in the developing rat. Hearing Res. 99, 85 – 90 HERNANDEZ-LOPEZ, S., GONGORA-ALFARO, J.L., MARTINEZ-FONG, D., ROSALES, M.G., ACEVES, J. (1994) Cholinergic stimulation of rostral and caudal substantia nigra pars compacta produces opposite effects on circling behavior and striatal dopamine release measured by brain microdialysis. Neuroscience 62, 441 – 447
180
HIEL, H., SCHAMEL, A., ERRE, J.-P., HAYASHIDA, T., DULON, D., ARAN, J.-M. (1992) Cellular and subcellular localisation of tritiated gentamicin in the guinea pig cochlea following combined treatment with ethacrynic acid. Hearing Res. 57, 157 – 165 HORNYKIEWICZ, O. (1989) The neurochemical basis of the pharmacology of Parkinson`s disease. In: Calne, D.B. (Ed.) Drugs for the treatment of Parkinson`s disease. Springer Verlag, Berlin, Vol. 88, pp. 186 – 204 HUANG, J.D., COPE, M.J., MERMALL, V., STROBEL, M.C., KENDRICK-JONES, J., RUSSEL, L.B., MOOSEKER, M.S., COPELAND, N.G., JENKINS, N.A. (1998) Molecular genetic dissection of mouse unconventional myosin-VA: head region mutations. Genetics 148, 1951 – 1961 HUDSON, J.L., LEVIN, D.R., HOFFER, B.J. (1993) A 16-channel automated rotometer system for reliable measurement of turning behavior in 6-hydroxydopamine lesioned and transplanted rats. Cell Transplant. 2 (6), 507 – 514 HUNT, M.A., MILLER, S.W., NIELSON, H.C., HORN, K.M. (1987) Intratympanic injection of sodium arsanilate (atoxyl) solution results in postural changes consistent with changes described for labyrinthectomized rats. Behav. Neurosci. 101. 427 – 428 IMPERATO, A., OBIENE, M.C., CARTA, G., MASCIA, S., CASA, M.A., GESSA, G.L. (1996) Reduction of dopamine release and synthesis by a repeated amphetamine treatment: role in behavioral sensitization. Eur. J. Pharmacol. 317, 231 – 237 ILLERT, M. (1994) Die Basalganglien. In: Deetjen, P., Speckmann, E.-J. (Hrsg.) Physiologie. Urban & Schwarzenberg, München, S. 198 – 206 JABER, M., ROBINSON, S.W., MISSALE, C., CARON, M.G. (1996) Dopamine receptors and brain function. Neuropharmacology 35, 1503 – 1512 JANKOVIC, J., ROHAIDY, H. (1987) Motor, behavioural and pharmacologic findings in Tourette`s syndrome. Can. J. Neurol. Sci. 14, 541 – 546
181
JERUSSI, T.P., GLICK, S.D. (1974) Amphetamine-induced rotation in rats without lesions. Neuropharmacology 13, 283 – 286 JERUSSI, T.P., GLICK, S.D. (1975) Apomorphine-induced rotation in normal rats and interaction with unilateral caudate lesions. Psychopharmacologica Berl. 40, 329 –334 JERUSSI, T.P., GLICK, S.D. (1976) Drug-induced rotation in rats without lesions: behavioural and neurochemical indices of a normal asymmetry in nigro-striatal function. Psychopharmacologia Berl. 47, 249 – 260 JERUSSI, T.P., GLICK, S.D., JOHNSON, C.L. (1977) Reciprocity of pre- and post-synaptic mechanisms involved in rotation as revealed by dopamine metabolism and adenylate cyclase stimulation. Brain Res. 129, 385 – 388 JIN, H., MAY, M., TRANEBJAERG, L., KENDALL, E., FONTAN, G., JACKSON, J., SUBRAMONY, S.H., ARENA, F., LUBS, H., SMITH, S., STEVENSON, R., SCHWARTZ, C., VETRIE, D. (1996) A novel X-linked gene, DDP, shows mutations in families with deafness (DFN-1), dystonia, mental deficiency and blindness. Nature Genet. 14, 177 – 180 JOEL, D., WEINER, I. (2000) The connections of the dopaminergic system with the striatum in rats and primates: an analysis with respect to the functional and compartmental organization of the striatum. Neuroscience 96, 451 – 474 KAAKKOLA, S., TERAVAINEN, H. (1990) Animal models of parkinsonism. Pharmacol. Toxicol. 67, 95 – 100 KAISER, A., FEDROWITZ, F., EBERT, U., ZIMMERMANN, E., HEDRICH, H.-J., WEDEKIND, D., LÖSCHER, W. (2001) Auditory and vestibular defects in the circling (ci2) rat mutant. Eur. J. Neurosci 14, 1129 – 1142 KALIVAS, P.W., STEWART, J. (1991) Dopamine transmission in the initiation and expression of drug- and stress-induced sensitization of motor activity. Brain Res. Rev. 16, 223 – 244
182
KANDEL, E.R. (1996) Gehirn und Verhalten. In: Kandel, E.R., Schwartz, J.H., Jessell, T.M. (Hrsg.) Neurowissenschaften. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, S. 5 – 18 KEATS, B.J.B., BERLIN, C.I. (1999) Genomics and Hearing Impairment. Genome Research, Review, 7-16 KEATS, B.J.B., COREY, D.P. (1999) The Usher syndromes. Am. J. Med. Genetics 89, 158 – 166 KELLOGG, C., LUNDBORG, P. (1973) Inhibition of catecholamine synthesis during ontogenic development. Brain Res. 61, 321 – 329 KELLY, P.H., IVERSEN, S.D. (1976) Selective 6-OHDA-induced destruction of mesolimbic dopamine neurons: abolition of psychostimulant-induced locomotor activity in rats. Eur. J. Pharmacol. 40, 45 – 56 KELLY, P.H., MOORE, K.E. (1976) Mesolimbic dopaminergic neurones in the rotational model of nigrostriatal function. Nature 263, 695 – 696 KITAMURA, K., YAGI, M., YOSHIKAWA, Y., OCHIDUBO, F., KATO, M. (1991 a) Vestibular pathology in a new-mutant mouse. Acta Otolaryngol. Suppl. 481, 121 – 124 KITAMURA, K., YOSHIKAWA, Y., OCHIKUBO, F. (1991b) An ultrastructural study on vestibular sensory cells in a new-mutant mouse. Acta Otolaryngol. 111, 1013 – 1020 KLAR, A.J. (1999) Genetic models for handedness, brain lateralization, schizophrenia, and manic-depression. Schizophr. Res. 39, 207 – 218 KOEHLER, C.M., LEUENBERGER, D., MERCHANT, S., RENOLD, A., JUNNE, T., SCHATZ, G. (1999) Human deafness dystonia syndrome is a mitochondrial disease. Proc. Natl. Acad. Sci. 96, 2141 – 2146 KORCZYN, A.D., ESHEL, Y. (1979) Dopaminergic and non-dopaminergic circling activity in mice. Neuroscience 4, 1085 – 1088 KOSHIKAWA, N. (1994)
183
Role of the nucleus accumbens and the striatum in the production of turning behaviour in intact rats. Rev. Neurosci. 5, 331-346 KUPFERMANN, I. (1996) Cortex und Kognition. In: Kandel, E.R., Schwartz, J.H., Jessell, T.M. (Hrsg.) Neurowissenschaften. Spektrum Akademischer Verlag Heidelberg, S. 353 – 368 KUSCHINSKY, K. AND HORNYKIEWICZ, O. (1972) Morphine catalepsy in the rat. Relation to striatal dopamine metabolism. Eur. J. Pharmacol. 19, 119 – 122 LAM, A.G.M., CAMPBELL, J.M., BENNETT, N.K., PAYNE, A.P., DAVIES, R.W., SUTCLIFFE, R.G. AND MCCULLOCH, J. (1998) Local cerebral glucose utilization in the AS/AGU rat: a mutant with movement disorders. Eur. J. Neurosci. 10, 1963 – 1967 LEMAY, M. (1985) Asymmetries of the brains and skulls of nonhuman primates. In: Glick, S.D. (Ed.) Cerebral Lateralization in Nonhuman Species. Academic Orlando, FL, pp. 233 – 245 LE MOAL, M., SIMON, H. (1991) Mesocorticolimbic dopaminergic network: functional and regulatory roles. Physiol. Rev. 71 (1), 155 – 231 LEVY, J. (1977) The mammalian brain and the adaptive advantage of cerebral asymmetry. Ann. NY Acad. Sci. 299, 264 – 272 LÖSCHER, W., ANNIES, R., HÖNACK, D. (1991) The N-methyl-D-aspartate receptor antagonist MK-801 induces increases in dopamine and serotonin metabolism in several brain regions of rats. Neurosci. Lett. 128, 191 – 194 LÖSCHER, W., ANNIES, R., HÖNACK, D. (1993) Comparison of competitive and uncompetitive NMDA receptor antagonists with regard to monoaminergic neuronal activity and behavioural effects in rats. Eur. J. Pharmacol. 242, 263 – 274 LÖSCHER, W., RICHTER, A., NIKKAH, G., ROSENTHAL, C., EBERT, U., HEDRICH, H.-J. (1996) Behavioural and neurochemical dysfunction in the circling (ci) rat: a novel genetic animal model of a movement disorder. Neuroscience 74, 1135 – 1142 LUDIN, H.-P. (1988)
184
Das Parkinson-Syndrom. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, S. 22 – 36 MASSAQUOI, S.G., HALLETT, M. (1998) Ataxia and other cerebellar syndromes. In: Jankovic, J., Tolosa, E. (Eds.) Parkinson`s Disease and Movement Disorders. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp. 623 – 686 MALISON, R.T., MCDOUGL, C.J., VAN DYCK, C.H. (1995) (123I)-CIT-SPECT imaging of striatal dopamine transporter binding in Tourette`s disorder. Am. J. Psychiat. 152, 1359 – 1363 MCDERMOTT, J.L. (1993) Effects of estrogen upon dopamine release from the corpus striatum of young and aged female rats. Brain Res. 606, 118 – 125 MEAD, L.A., HAMPSON, E. (1996) A sex difference in turning bias in humans. Behav. Brain Res. 78, 73 – 79 MIKLYAEVA, E.I., MARTENS, D.J., WHISHAW, I.Q. (1995) Impairments and compensatory adjustments in spontaneous movement after unilateral dopamine depletion in rats. Brain Res. 681, 23 – 40 MINK, J.W., THATCH, W.T. (1993) Basal ganglia intrinsic circuits and their role in behaviour. Curr. Opin. Neurobiol. 3, 950 – 957 MONTOYA, C.P., ASTELL, S., DUNNETT, S.B. (1990) Effects of nigral and striatal grafts on skilled forelimb use in the rat. Prog. Brain Res. 82, 459 – 466 MOORE, D.R., ROGERS, N.J., O`LEARY, S.J., (1998) Loss of chochlear nucleus neurons following aminoglycoside antibiotics or cochlear removal. Ann. Otol. Rhinol. Laryngol. 107, 337 – 342 MYSLOBODOSKY, M., ACKERMANN, R.P., MANSOUR, R., GOLOVCHINSKY, V. (1979) Ketamine-induced rotation and its interaction with Naloxone in rats. Brain Res. 172, 191 – 195 NICHOLLS, J.G., MARTIN A.R., WALLACE B.G. (1995)
185
Noradrenalin, Dopamin, 5-HT und Histamin als Regulatoren der ZNS-Funktion. In: Vom Neuron zum Gehirn. Gustav Fischer Verlag, Stuttgart, S. 217 – 221 und Anhang B, S. 470 NOEBELS, J.L., QIAO, X., BRONSON, R.T., SPENCER, C., DAVISSON, M.T. (1990) Stargazer : a new neurological mutant on chromosome 15 in the mouse with prolonged cortical seizures. Epilepsy Res. 7, 129 – 135 OSSENKOPP, K.P., PRKACIN, A., HARGREAVES, E.L. (1990) Sodium arsanilate-induced vestibular dysfunction in rats: effects on open-field behavior and spontaneous activity in the automated digiscan monitoring system. Pharmacol. Biochem. Behav. 36, 875 – 881 OTTERSTEDDE, C.R., SPANDAU, U., BLANKENAGEL, A., KIMBERLING, W.J., REISSER, C. (2001) A new clinical classification for Usher`s syndrome based on a new subtype of Usher´s syndrome type I. Laryngoscope 111, 84 – 86 PARENT, A., HAZRATI, L. (1995) Functional anatomy of the basal ganglia. I. The cortico-basal ganglia-thalamo-cortical loop. Brain Res. Rev. 20, 91 – 127 PAXINOS, G., WATSON, C. (1986) The rat brain in stereotaxic coordinates. Academic Press, New York, 2nd edn. PAXINOS, G., WATSON, C. (1998) The rat brain in stereotaxic coordinates. Academic Press, New York, 4th edn. PAYNE, A.P., CAMPBELL, J.M., RUSSELL, D., FAVOR, G., SUTCLIFFE, R.G., BENNETT, N.K., DAVIES, R.W., STONE, T.W. (2000) The AS/AGU rat: a spontaneous model of disruption and degeneration in the nigrostriatal dopaminergic system. J. Anat. 196, 629 – 633 PEETERS, B.W.M.M., KERBUSCH, J.M.L., VAN LUIJTELAAR, E.L.J.M., VOSSEN, J.M.H., COENEN, A.M.L. (1989) Genetics of absence epilepsy in rats. Behav. Genet. 20, 453 – 460 PETERSON, B., RIDDLE, M.A., COHEN D.J. (1993) Reduced basal ganglia volumes in Tourette`s syndrome using three-dimensional reconstruction techniques from magnetic resonance images. Neurology 43, 941 – 949
186
PIJNENBURG, A.J.J., VAN ROSSUM, J.M. (1973) Stimulation of locomotor activity following injection of dopamine into the nucleus accumbens. J. Pharm. Pharmac. 25, 1003 – 1005 POEWE, W., CEBALLOS-BAUMANN, A.O., CONRAD, B. (1996) Parkinson-Krankheit. In: Conrad, B., Ceballos-Baumann, A.O. (Hrsg.) Bewegungsstörungen in der Neurologie. Thieme-Verlag, Stuttgart, New York, S. 30 – 67 PORSOLT, R.D., ANTON, G., BLAVET, N., JALFRE, M. (1978) Behavioural despair in rats: a new model sensitive to antidepressant treatments. Eur. J. Pharmacol. 47, 379 – 391 PROBST, F.J., FRIDELL, R.A., RAPHAEL, Y., SAUNDERS, T.L., WANG, A., LIANG, Y., MORELL, R.J., TOUCHMAN, J. W., LYONS, R.H., NOBEN-TRAUTH, K., FRIEDMAN, T.B., CAMPER, S.A. (1998) Correction of deafness in shaker-2 mice by an unconventional myosin in a BAC transgene. Science 280, 1444 – 1447 PYCOCK, C.J. (1980) Turning Behaviour In Animals. Neuroscience 5, 461-514. PYCOCK, C.J., MARSDEN, C. (1978) The rotating rodent: a two component system ? Eur. J. Pharmacol. 47, 167 – 175 RABBATH, G., NECCHI, D., DE WAELE, C., GASC, J.-P., JOSSET, P., VIDAL, P.-P. (2001) Abnormal vestibular control of gaze and posture in a strain of a waltzing rat. Exp. Brain Res. 136, 211-223 RAMMELLI, G.P., DONATI, F., KOLLAR, M., REMONDA, L., VASSELLA, F. (1999) Rotatory seizures in a patient with tuberous sclerosis. Epilept. Dis. 1, 233 – 235 RANDRUP, A., MUNKVAD, I. (1975) Stereotyped behavior. Pharmac. Therap., 757 – 768 RATTY, A.K., FITZGERALD, L.W., TITELER, M., GLICK, S.D., MULLINS, J.J., GROSS, K.W. (1990) Circling behavior exhibited by a transgenic insertional mutant. Mol. Brain Res. 8, 355 – 358 REDOWICZ, M.J. (1999)
187
Myosins and deafness. J. Muscle Res. Cell Motil. 20, 241 – 248 REHDERS, J.H. (1999) Untersuchungen zur pathophysiologischen Bedeutung der striatalen dopaminergen Neurotransmission bei einer Hamstermutante mit idiopathischer paroxysmaler Dystonie. Hannover, Tierärztl. Hochschule, Diss. REITH, M.E.A., XU, C., CHEN, N.-H. (1997) Pharmacology and regulation of the neuronal dopamine transporter. Eur. J. Pharmcol. 324, 1 – 10 RICHARDSON, G.P., FORGE, A., KROS, C.J., FLEMING, J., BROWN, S.D.M., STEEL, K.P. (1997) Myosin VIIA is required for aminoglycoside accumulation in cochlear hair cells. J. Neurosci. 17, 9506 – 9519 RICHARDSON, N.R., GRATTON, A. (1996) Behavior-relevant changes in nucleus accumbens dopamine transmission elicited by food reinforcement: an electrochemical study in rat. J. Neurosci. 16, 8160 – 8169 RICHTER, A., EBERT, U., NOBREGA, J.N., VALLBACKA, J.J., FEDROWITZ, M., LÖSCHER, W. (1999) Immunhistochemical and neurochemical studies on nigral and striatal functions in the circling (ci) rat, a genetic animal model with spontaneous rotational behavior. Neuroscience 89, 461 – 471 RINGELSTEIN, E.B. (1992) Ischämische Insulte im Karotisstromgebiet. In: Kunze, K. (Hrsg.) Lehrbuch der Neurologie. Thieme Verlag, Stuttgart, New York, S. 452 – 461 ROSS, D.A., GLICK, S.D. (1981A) Lateralized effects of bilateral frontal cortex lesions in rats. Brain Res. 210, 379 – 382 RUBEL, E.W., DEW, L.A., ROBERSON, D.W. (1995) Mammalian vestibular hair cell regeneration. Science, 267, 701 – 707 RUBERTONE, J.A., MEHLER, W.R., VOOGEL, J. (1995) In: Paxinos, G., Watson, C. The Rat Nervous System, 2nd Edition. Academic Press, New York, pp. 773 – 791 RUSSELL, D., CAMPBELL, J.M., FAVOR, G., NEILSON, M., BENNETT, N.K., SUTCLIFFE, R.G., DAVIES, R.W., PAYNE, A.P. (1998)
188
Soc. Neurosci. Abstr. 24, p. 1719 SAADA, A.A., NIPARKO, J.K., RYUGO, D.K. (1996) Morphological changes in the cochlear nucleus of congenitally deaf white cats. Brain Res. 736, 315 – 328 SAKA, E., SAYGI, S., CIGER, A., SELEKLER, K. (1996) Circling seizures. Seizure 5, 299 – 302 SANBERG, P.R., MARTINEZ, R., SHYTLE, R.D., CAHILL, D.W. (1996) The Catalepsy Test. In: Sanberg, P.R., Ossenkopp, K.P., Kavaliers, M. (Eds.) Motor Activity and Movement Disorders. Research Issues and Applications. Humana, Totowa, NJ, pp. 197 – 210 SARRE, S., VANDENEEDE, D., EBINGER, G., MICHETTE, Y. (1998) Biotransformation of L-dopa to dopamine in the substantia nigra of freely moving rats: effects of dopamine receptor agonists and antagonists. J. Neurochem. 70, 1730 – 1739 SCHMIDT, W.J., KRETSCHMER, B.D. (1997) Behavioural pharmacology of glutamate receptors in the basal ganglia. Neurosci. Biobehav. Rev. 21, 381 – 392 SCHMIDT, M. J., SAWYER, B.D., PERRY, K.W., FULLER, R.W., FOREMAN, M.M., GHETTI, B. (1982) Dopamine deficiency in the weaver mutant mouse. J. Neurosci. 2, 376 – 380 SCHWARTING, R.K., HUSTON, J.P. (1996 a) Unilateral 6-hydroxydopamine lesions of meso-striatal dopamine neurons and their physiological sequelae. Prog. Neurobiol. 49, 215 – 266 SCHWARTING, R.K., HUSTON, J.P. (1996 b) The unilateral 6-hydroxydopamine lesion model in behavioral brain research. Analysis of functional deficits, recovery and treatments. Prog. Neurobiol. 50, 275 – 331 SEGAL, J.A., HARRIS, B.D., KUSTOVA, Y., BASILE, A., SKOLNICK, P. (1999) Aminoglycoside neurotoxicity involves NMDA receptor activation. Brain Res. 815, 270-277 SELF, T., MAHONY, M., FLEMING, J., WALSH, J., BROWN, S.D.M., STEEL, K.P. (1998)
189
Shaker-1 mutations reveal roles for myosin VIIA in both development and function of cochlear hair cells. Development 125, 557 – 566 SETH, P.K., ALLEVA, F.R., BALAZS, T. (1982) Alteration of high-affinity binding sites of neurotransmitter receptors in rats after neonatal exposure to streptomycin. Neurotoxicology 3, 13 – 20 SHAPIRO, R.M., GLICK, S.D., HOUGH, L.B. (1986) Striatal dopamine uptake asymmetries and rotational behavior in unlesioned rats: revising the model? Psychopharmacology 89, 25 – 30 SHIMA, F. (1984) Circling behavior depending on striatopallidal and vestibular functions. Adv. Neurol. 40, 47 – 54 SHIROYAMA, T., KAYAHARA, T., YASUI, Y., NOMURA, J., NAKANO, K. (1999) Projections of the vestibular nuclei to the thalamus in the rat: a Phaseolus vulgaris leucoagglutinin study. J. Comp. Neurol. 407, 318 – 332 SINGER, H.S. (1997) Neurobiology of Tourette syndrome. Neurol. Clin. North Am. 15, 357 – 380 SKVORAK GIERSCH, A.B., MORTON, C.C. (1999) Genetic causes of nonsyndromic hearing loss. Curr. Opin. Pediatr. 11, 551 – 557 SOBKOWICZ, H., AUGUST, B.K., SLAPNICK, S.M. (1992) Epithelial repair following mechanical injury of the developing organ of Corti in culture: an electron microscopic and autoradiographic study. Exp. Neurol. 115, 44 – 49 SOKOLOFF, L., REIVICH, M., KENNEDY, C., DES ROSIERS, M.H., PATLAK, C.S., PETTIGREW, K.D., SAKURADA, O., SHINOHARA, M. (1977) The [14C]deoxyglucose method for the measurement of local cerebral glucose utilization: theory, procedure, and normal values in the conscious and anesthetized albino rat. J. Neurochemistry 28, 897 – 916 STARKE, K. (1996) Grundlagen der Pharmakologie des Nervensystems. In: Forth, W., Henschler, D., Rummel, W., Starke, K. (Hrsg.) Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, S. 103 – 133
190
STEEL, K.P., MBURU, P., GIBSON, F., WALSH, J., VARELA, A., BROWN, K., SELF, T.M., FLEMING J., PEARCE, A., HARVEY, D., CABLE, J., BROWN, S.D. (1997) Unravelling the genetics of deafness. Ann. Otol. Rhinol. Laryngol. Suppl. 168, 59 – 62 STEWART, A.A., CAMPBELL, J.M., MCGADEY, J., CLARKE, D.J., GILMORE, D.P., PAYNE, A.P. (1994) Serotonergic deficits in the raphe nuclei of AS/AGU rats. J. Anat. 185, 702 STRANGE, P.G. (1996) Dopamine receptors: studies on their structure and function. Adv. Drug Res. 28, 315 STRUPP, M., ARBUSOW, V. (2001) Acute vestibulopathy. Curr. Opin. Neurol. 14, 11 – 20 TANYERI, H., LOPEZ, I., HONRUBIA, V. (1995) Histological evidence for hair cell regeneration after ototoxic destruction with local application of gentamicin in the chinchilla crista ampullaris. Hearing Res. 89, 194 – 202 THORNBURG, J.E., MOORE, K.E. (1975) Supersensitivity to dopamine agonists following unilateral, 6-hydroxydopamine-induced striatal lesions in mice. J. Pharmacol. Exp. Ther. 192, 42 – 49 TOLOSA, E., JANKOVIC, J. (1998) Tics and Tourette`s syndrome. In: Jankovic, J., Tolosa, E. (Eds.) Parkinson`s Disease and Movement Disorders. Lippincott Williams & Wilkins, Philadelphia, pp. 491 – 512 TORSTENSON, R., HARTVIG, P., LANGSTRÖM, B., BASTAMI, S., ANTONI, G., TEDROFF, J. (1998) Effect of apomorphine infusion on dopamine synthesis rate relates to dopaminergic tone. Neuropharmacology 37, 989 – 995 TREPEL, M. (1995) 5.2.6. Kerne des N. vestibulocochlearis. In: Neuroanatomie. Urban & Schwarzenberg, München, S. 107 – 108 TREPEL, M. (1995)
191
9.2. Basalganglien und zentrale Regulation der Motorik. In: Neuroanatomie. Urban & Schwarzenberg, München, S. 178 – 186 TRIARHOU, L.C., NORTON, J., GHETTI, B. (1988) Mesencephalic dopamine cell deficit involves areas A8, A9 and A10 in weaver mutant mice. Exp. Brain Res. 70, 256 – 265 TRICKLEBANK, M.D., FORLER, C., FOZARD, J.R. (1984) The involvements of subtypes of the 5-HT1 receptor and of catecholaminergic systems in the behavioural response to 8-hydroxy-2-(di-n-propylamino)tetralin in the rat. Eur. J. Pharmacol. 106, 271 TRINKA, E., STAFFEN, W., LADURNER, G., BAUMGARTNER, C. (1997) Clinical, EEG and MRI findings in 5 patients with gyratory seizures. Epilepsia 38 (Suppl. 3), 160 TRUETT, G.E., BROCK, J.W., LIDL, G.M., KLOSTER, C.A. (1994) Stargazer (stg), new deafness mutant in the Zucker rat. Lab. Anim. Sci. 44, 595 – 599 UNGERSTEDT, U. (1968) 6-Hydroxydopamine induced degeneration of central monoamine neurons. Eur. J. Pharmacol. 5, 107 – 110 UNGERSTEDT, U. (1971b) Striatal dopamine release after amphetamine or nerve degeneration revealed by rotational behavior. Acta. Physiol. Scand. Suppl. 367, 49 – 68 UNGERSTEDT, U., ARBUTHNOTT, G.W. (1970) Quantitative recording of rotational behavior in rats after 6-hydroxy-dopamine lesions of the nigrostriatal dopamine system. Brain Res. 24, 485 – 493 VACCARINO, F.J., FRANKLIN, K.B.J., PRUPAS, D. (1985) Opposite locomotor asymmetries elicited from the medial and lateral substantia nigra: role of the superior colliculus. Physiol. Behav. 35, 741 – 747 VAN LUIJETLAAR, E.L.J.M., COENEN, A.M.L. (1986) Two types of electrocortical paroxysms in an inbred strain of rats. Neurosci. Lett. 70, 393 – 397
192
VERCUEIL, L., KAHANE, P., FRANCOIS-JOUBERT, A., HIRSCH, E., HOFFMANN, D., DEPAULIS, A. MARESCAUX, C. (1999) Basal ganglia involvement in rotational seizures. Epilept. Dis. 1, 107 – 112 VERNON, M. (1969) Usher`s syndrome – deafness and progressive blindness. J. Chron. Dis. 22, 133 – 151 WANG, A., LIANG, Y., FRIDELL, R.A., PROBST, F.J., WILCOX, E.R., TOUCHMAN, F.W., MORTON, C.C., MORELL, R.J., NOBEN-TRAUTH, K., CAMPER, S.A., FRIEDMAN, T.B. (1998) Association of unconventional myosin MYO15 mutations with human nonsyndromic deafness DFNB3. Science 280, 1447 – 1451 WARCHOL, M.E., LAMBERT, P.R., GOLDSTEIN, B.J., FORGE, A., CORWIN, J.T. (1993) Regenerative proliferation in inner ear sensory epithelia from guinea pigs and humans. Science 259, 1619 – 1622 WATERS, D.H., GLICK, S.D. (1973) Asymmetrical effect of delta-9-tetrahydrocannabinol (THC) on striatal dopamine and behavior. Res. Comm. Chem. Pathol. Pharmac. 6, 57 – 63 WEIL, D., KÜSSEL, P., BLANCHARD, S., LEVY, G., LEVI-ACOBAS, F., DRIRA, M., AYADI H., PETIT, C. (1997) The autosomal recessive isolated deafness, DFNB2, and the Usher 1B syndrome are allelic defects of the myosin-VIIA gene. Nature Genet. 16, 191 – 193 WEINDL, A., CONRAD, B. (1996) Chorea und choreatische Bewegungsstörungen. In: Conrad, B., Ceballos-Baumann, A.O. (Hrsg.) Bewegungsstörungen in der Neurologie. Thieme-Verlag, Stuttgart, New York, S. 155 – 180 WESTER, P., GOTTFRIES, J., JOHANSSON, K., KLINTEBÄCK, F., WINBLAD, B. (1987 a) Simultaneous liquid chromatographic determination of seventeen of the major monoamine neurotransmitters, precursors and metabolites. I. Optimization of the mobile phase using factoral designs and a computer program to predict chromatograms. J. Chromatogr. 415, 261 – 274
193
WESTER, P., GOTTFRIES, J., WINBLAD, B. (1987 b) Simultaneous liquid chromatographic determination of seventeen of the major monoamine neurotransmitters, precursors and metabolites. II. Assessment of human brain and cerebrospinal fluid concentrations. J. Chromatogr. 415, 275 – 288 WICHMANN, T., DELONG, M.R. (1996) Functional and pathophysiological models of the basal ganglia. Curr. Opin. Neurobiol. 6, 751 – 758 WICKELGREN, I. (1997) Getting the brain`s attention. Science 278, 35 – 37 WILLAR, C.D., CROWNE, D.P. (1989) Circling, hemispheric asymmetry, and left-right discrimination. Brain Res. 500, 405 – 407 WILLOTT, J.F., BROSS, L.S., MCFADDEN, S.L. (1994) Morphology of the cochlear nucleus in CBA/J mice with chronic, severe sensorineural cochlear pathology induced during adulthood. Hearing Res. 74, 1 – 21 YAZGAN, M.Y., LECKMAN, J.F., WEXLER, B.E. (1996) A direct observational measure of whole body turning bias. Cortex 32, 173 – 176 YONEZAWA, S., YOSHIKI, A., HANAI, A., MATSUZAKI, T., MATSUSHIMA, J., KAMADA, T. AND KUSAKABE, M. (1999) Chromosomal localization of a gene responsible for vestibulocochlear defects of BUS/Idr mice: identification as an allele of waltzer. Hearing Res. 134, 116 – 122 ZETTERSTRÖM, T., SHARP, T., UNGERSTEDT, U. (1986) Further evaluation of the mechanism by which amphetamine reduces striatal dopamine metabolism: a brain dialysis study. Eur. J. Pharmacol. 132, 1 – 9 ZHENG, J.L., GAO, W.-Q. (1997) Analysis of rat vestibular hair cell development and regeneration using calretinin as an early marker. J. Neurosci. 17, 8270 – 8282 ZILLES, K., REHKÄMPER, G (1998) Auditorisches System. In: Zilles, K., Rehkämper, G. (Hrsg.) Funktionelle Neuroanatomie. Springer-Verlag, Berlin, S. 179 – 194
194
ZILLES, K., REHKÄMPER, G (1998) Gleichgewichtssystem. In: Zilles, K., Rehkämper, G. (Hrsg.) Funktionelle Neuroanatomie. Springer-Verlag, Berlin, S. 195 – 207
195
8. Tabellarischer Anhang
Tab. 18: Für die Anfertigung der histologischen Präparate eingesetzte Substanzen
unter Angabe des Verwendungszweckes und der Bezugsquelle.
Substanz Verwendung Bezugsquelle
Chloralhydrat Perfusion Merck, Darmstadt
Formaldehyd Perfusion Roth, Karlsruhe
Isotone Natriumchlorid-
Lösung
Perfusion,
TH-Immunhistologie
Merck, Darmstadt
Paraformaldehyd Perfusion Riedel-de-Haen, Seelze
Phosphatpuffer Perfusion Riedel-de-Haen, Seelze
Ammoniumnickelsulfat TH-Immunhistologie Fluka, Buchs, CH
1-Antiserum (Kaninchen-
anti-TH IgG)
TH-Immunhistologie Paesel und Lorei,
Frankfurt
2-Antiserum (Schwein-
anti-Kaninchen IgG)
TH-Immunhistologie DAKO, Hamburg
Bovines Serumalbumin TH-Immunhistologie Sigma, Deisenhofen
Diaminobenzidin TH-Immunhistologie Sigma, Deisenhofen
Entellan® TH-Immunhistologie,
Thioninfärbung
Merck, Darmstadt
Ethanol TH-Immunhistologie,
Thioninfärbung
CG Chemikalien, Laatzen
Schweineserum TH-Immunhistologie Paesel und Lorei,
Frankfurt
Triton X-100 TH-Immunhistologie Sigma, Deisenhofen
Wasserstoffperoxid TH-Immunhistologie Merck, Darmstadt
Xylol-Ersatz-Medium TH-Immunhistologie Roth, Karlsruhe
Chromalaun Thioninfärbung Merck, Darmstadt
Essigsäure Thioninfärbung Riedel-de-Haen, Seelze
Gelatine Thioninfärbung Merck, Darmstadt
Natronlauge Thioninfärbung Merck, Darmstadt
Thionin Thioninfärbung Sigma, Deisenhofen
196
Tab. 19: In der Neurochemie eingesetzte Chemikalien unter Angabe des Verwendungszweckes und der Bezugsquelle. Chemikalie Verwendung Bezugsquelle
DA Standard Sigma, Deisenhofen
3,4-Dihydroxyphenyl-
essigsäure
Standard Sigma, Deisenhofen
Homovanillinsäure Standard Sigma, Deisenhofen
Noradrenalin Standard Sigma, Deisenhofen
5-Hydroxytryptamin Standard Sigma, Deisenhofen
5-Hydroxyindolessigsäure Standard Sigma, Deisenhofen
Acetonitril Mobile Phase Merck, Darmstadt
Citronensäure-Monohydrat Mobile Phase Merck, Darmstadt
Ethylendiamintetraacetat Mobile Phase / Enteiweißung Merck, Darmstadt
Natriumhydroxyd-Plätzchen Mobile Phase Merck, Darmstadt
Natriumsulfit Enteiweißung Merck, Darmstadt
Octylhydrogensulfat Mobile Phase Merck, Darmstadt
Perchlorsäure 70 % Enteiweißung, Tagesstandard Merck, Darmstadt
Salzsäure 36 % Stammlösung Standards Merck, Darmstadt
197
ci3-Tiere:
VTA SNL SNC Region Tier
ipsi contra ipsi contra ipsi contra
1 5812 6382 7123 6838 6838 6234 2 6154 6382 4843 7692 7521 6553 5 7180 6268 7977 7692 7920 7408 6 5926 6496 5698 7122 7863 7009 9 6268 5499 6268 4558 7749 7237 BlHo2 7636 10123 7693 9117 9459 9630 BlHo5 9117 9915 7122 5983 9801 9972 Mean 6870,4 7295 6674,9 7000,3 8164,4 7720,4 SEM 453 714,6 425,6 545,1 403,9 559 BH.7A-Tiere:
VTA SNL SNC Region Tier
links rechts links rechts links rechts
3 6952 7635 6838 6553 8433 9345 4 9117 9231 7123 5413 7977 8376 7 6040 8091 6553 7977 9117 7521 8 6952 6724 8547 4843 6610 7009 10 5698 7066 6268 7692 7464 7009 11 5926 5128 4559 7408 8262 6325 Kontrolle 6154 7636 6268 7123 8148 9014 Mean 6691,3 7358,7 6593,7 6715,6 8001,6 7799,9 SEM 444,7 479,6 450,1 447,7 298,6 428,1 Tab. 20 + 21: Einzel- und Mittelwerte, sowie SEM der Neuronendichte [Neurone/mm³] in VTA, SNL und SNC bei ci3- und BH.7A –Ratten. Für die ci3-Tiere sind die Daten ipsi- und contralateral zur Drehrichtung aufgeschlüsselt, für die BH.7A-Tiere erfolgte eine Anordnung nach linker und rechter Hemisphäre.
198
ci3-Tiere:
Anteroventraler cochleärer Nucleus Region Tier
ipsi contra
1 0,467 0,580 2 0,419 0,247 5 0,381 0,406 6 0,465 0,528 9 0,315 0,347
Mean 0,409 0,422 SEM 0,028 0,060 BH.7A-Tiere:
Anteroventraler cochleärer Nucleus Region Tier
Links Rechts
3 0,474 0,396 4 0,476 0,426 7 0,459 0,542 8 0,408 0,379 10 0,424 0,417 11 0,427 0,509
Mean 0,445 0,445 SEM 0,012 0,027
Tab. 24 + 25: Einzel- und Mittelwerte, sowie SEM für die Volumenberechnung (mm3) des anteroventralen cochleären Nucleus bei ci3- und BH.7A -Ratten. Die Aufschlüsselung der Daten erfolgte für die Mutante nach ipsi- und contralateraler Hemisphäre, für die Kontrollen nach linker und rechter Gehirnhälfte.
199
ci3-Tiere:
Posteroventraler cochleärer Nucleus Dorsaler cochleärer Nucleus Region Tier
ipsi contra ipsi contra
1 0,745 0,538 0,962 0,725 2 0,610 0,640 0,620 0,957 5 0,641 0,579 0,590 1,081 6 0,586 0,574 0,692 0,677 9 0,571 0,532 0,516 0,838
Mean 0,631 0,573 0,676 0,856 SEM 0,031 0,019 0,077 0,074 BH.7A-Tiere:
Posteroventraler cochleärer Nucleus Dorsaler cochleärer Nucleus Region Tier
links rechts Links rechts
3 0,643 0,504 0,930 0,170 4 0,673 0,545 0,612 0,504 7 0,581 0,551 0,906 0,170 8 0,521 0,501 0,884 0,785 10 0,570 0,592 0,738 0,781 11 0,653 0,612 0,604 0,622
Mean 0,607 0,551 0,779 0,505 SEM 0,024 0,018 0,061 0,114
Tab. 26 + 27: Einzel- und Mittelwerte, sowie SEM für die Bestimmung der mittleren Kerngröße (mm²) des posteroventralen und des dorsalen cochleären Nucleus bei ci3- und BH.7A -Ratten. Die Aufschlüsselung der Daten erfolgte für die Mutante nach ipsi- und contralateraler Hemisphäre, für die Kontrollen nach linker und rechter Gehirnhälfte.
200
ci3-Tiere:
Superiorer vestibulärer Nucleus
Medialer vestibulärer Nucleus
Lateraler vestibulärer Nucleus
Inferiorer vestibulärer Nucleus
Region Tier ipsi contra ipsi contra ipsi contra ipsi contra
1 - - 0,552 0,607 0,167 0,194 0,231 0,184 2 0,709 0,133 0,642 0,572 - - 0,239 0,257 5 0,151 0,142 0,604 0,676 0,180 0,239 0,262 0,251 6 0,130 0,175 0,679 0,699 0,229 0,202 0,190 0,223 9 0,104 0,197 0,853 0,825 0,342 0,252 0,243 0,261 Mean 0,114 0,162 0,666 0,676 0,230 0,222 0,233 0,235 SEM 0,017 0,015 0,051 0,044 0,040 0,014 0,012 0,014 BH.7A-Tiere:
Superiorer vestibulärer Nucleus
Medialer vestibulärer Nucleus
Lateraler vestibulärer Nucleus
Inferiorer vestibulärer Nucleus
Region Tier links rechts links rechts Links rechts links rechts
3 0,122 0,818 0,523 0,523 0,198 0,153 0,175 0,212 4 - - 0,679 0,485 0,239 0,262 0,236 0,250 7 0,899 0,976 0,712 0,672 - - 0,171 0,237 8 0,129 0,120 0,475 0,581 0,188 0,166 0,199 0,196 10 0,139 0,139 0,597 0,589 0,218 0,176 0,203 0,204 11 0,155 0,151 0,563 0,596 0,193 0,210 0,181 0,174 Mean 0,127 0,118 0,592 0,574 0,207 0,193 0,194 0,212 SEM 0,011 0,013 0,037 0,026 0,095 0,020 0,099 0,011
Tab. 28 + 29: Einzel- und Mittelwerte, sowie SEM für die Bestimmung der Volumina (mm³) von superiorem, medialem, lateralem und inferiorem vestibulären Nucleus bei ci3- und BH.7A -Ratten. Die Aufschlüsselung der Daten erfolgte für die Mutante nach ipsi- und contralateraler Hemisphäre, für die Kontrollen nach linker und rechter Gehirnhälfte.
201
Streptomycin-behandelte Tiere: Region Tier
Anteroventraler cochleärer Nucleus
19/1 -
19/4 -
19/5 0,246
19/7 0,251
19/8 0,212
20/1 0,253
20/5 0,213
Mean 0,235
SEM 0,046
ci2/+-Tiere: Region Tier
Anteroventraler cochleärer Nucleus
1 0,500
2 0,388
3 0,446
4 0,327
5 0,590
6 0,286
7 0,505
8 0,196
Mean 0,405
SEM 0,009
ci2/ci2-Tiere: Region Tier
Anteroventraler cochleärer Nucleus
1 0,315
2 0,205
3 0,310
4 0,349
5 0,287
Mean 0,293
SEM 0,024
Tab. 30 + 31: Einzel- und Mittelwerte, sowie SEM für die Volumenberechnung (mm³) des anteroventralen cochleären Nucleus bei Streptomycin-behandelten Ratten, ci2/+-Ratten und ci2/ci2-Ratten.
202
Streptomycin-behandelte Tiere: Region Tier
Posteroventraler cochleärer Nucleus
Dorsaler cochleärer Nucleus
19/1 - 0,439 19/4 0,253 0,527 19/5 0,235 0,302 19/7 0,289 0,236 19/8 0,332 0,261 20/1 0,299 0,421 20/5 0,282 0,755
Mean 0,282 0,420 SEM 0,014 0,069 ci2/+-Tiere: Region Tier
Posteroventraler Cochleärer Nucleus
Dorsaler cochleärer Nucleus
1 0,678 0,814 2 0,655 0,845 3 0,276 0,342 4 0,530 0,594 5 0,484 0,390 6 0,447 0,419 7 0,527 0,430
Mean 0,515 0,548 SEM 0,052 0,079 ci2/ci2-Tiere: Region Tier
Posteroventraler cochleärer Nucleus
Dorsaler cochleärer Nucleus
1 0,449 0,392 2 0,561 0,442 3 0,308 0,383 4 0,366 0,372 5 0,315 0,310 6 0,504 0,377 7 0,401 0,585
8 0,443 0,396
Mean 0,418 0,407 SEM 0,031 0,028 Tab. 32 + 33: Einzel- und Mittelwerte, sowie SEM für die mittleren Kerngrößen (mm²) des posteroventralen und des dorsalen cochleären Nucleus bei Streptomycin-behandelten Ratten, ci2/+-Ratten und ci2/ci2-Ratten.
203
Streptomycin-behandelte Tiere: Region Tier
Superiorer vestibulärer Nucleus
Medialer vestibulärer Nucleus
Lateraler vestibulärer Nucleus
Inferiorer vestibulärer Nucleus
19/1 0,060 0,618 0,231 0,501
19/4 0,062 0,521 0,194 0,493
19/5 0,045 0,326 - -
19/7 0,059 0,424 0,175 0,382
19/8 0,125 - 0,334 0,584
20/1 - - - 0,511
20/5 0,072 0,567 0,249 0,439 Mean 0,070 0,574 0,212 0,485 SEM 0,012 0,052 0,013 0,028 ci2/+-Tiere: Region Tier
Superiorer vestibulärer Nucleus
Medialer vestibulärer Nucleus
Lateraler vestibulärer Nucleus
Inferiorer vestibulärer Nucleus
1 0,225 0,879 0,504 0,382
2 0,236 0,977 0,449 0,265
3 0,306 0,971 0,467 0,354
4 0,323 1,105 0,597 0,433
5 0,090 0,962 0,444 0,433
6 0,162 1,223 0,423 0,408
7 0,204 0,785 0,390 0,261
8 0,212 1,021 0,483 0,405 Mean 0,220 0,990 0,470 0,368 SEM 0,026 0,047 0,022 0,025 ci2/ci2-Ratten: Region Tier
Superiorer vestibulärer Nucleus
Medialer vestibulärer Nucleus
Lateraler vestibulärer Nucleus
Inferiorer vestibulärer Nucleus
1 0,074 0,497 0,265 0,216
2 0,256 0,589 0,881 0,240
3 0,191 0,733 0,469 0,179
4 0,135 0,319 0,192 0,386
5 0,176 0,752 0,433 0,468
6 0,199 0,687 0,579 0,281
7 0,164 0,804 0,142 Mean 0,171 0,626 0,423 0,295 SEM 0,021 0,065 0,097 0,045 Tab. 34 + 35: Einzel- und Mittelwerte, sowie SEM für die Volumina (mm³) von superiorem, medialem, lateralem und inferiorem vestibulären Nucleus bei Streptomycin-behandelten Ratten, ci2/+-Ratten und ci2/ci2-Ratten.
204
Tier Fläche [µ2m] Kreisfaktor Umfang (µm) ci3 ipsi contra ipsi contra ipsi contra
9 215,74 178,73 0,630 0,668 63,3 58,4 2 166,19 194,35 0,641 0,695 58,5 60,9 6 279,15 186,25 0,722 0,641 69,8 61,4 1 171,39 222,32 0,664 0,687 54,6 63,8 5 192,36 221,72 0,750 0,673 58,1 64,7
Mean 204,97 200,67 0,681 0,673 60,9 61,8 SEM 20,50 9,06 0,023 0,009 2,6 1,1
BH.7A links rechts links rechts links rechts
10 208,57 230,37 0,644 0,646 66,1 66,3 11 206,92 208,44 0,714 0,668 60,6 62,4 4 209,51 228,04 0,728 0,664 61,7 65,8 7 232,36 196,50 0,643 0,672 65,1 58,2 3 215,85 227,07 0,682 0,670 63,5 62,5 8 230,42 237,43 0,694 0,683 65,2 65,5 Mean 217,27 221,31 0,684 0,667 63,7 63,5 SEM 4,64 6,33 0,014 0,005 0,9 1,3
Tab. 36: Einzeltierdaten mit Mittelwerten und SEM von Fläche, Kreisfaktor und Umfang für die Durchschnittswerte von 25 Neuronen je Seite im anteroventralen cochleären Nucleus von ci3-Tieren und BH.7A-Tieren. Die Werte sind für die ci3-Mutante nach ipsilateraler und contralateraler Hemisphäre aufgeschlüsselt, für die Kontrollen erfolgte eine Gruppierung nach linker und rechter Gehirnhälfte.
Tier Fläche (µm²) Kreisfaktor Umfang (µm) Streptomycin-
behandelte Tiere
ci2/+-Tiere ci2/ci2-Tiere
Streptomycin- behandelte Tiere
ci2/+-Tiere ci2/ci2-Tiere
Streptomycin- behandelte Tiere
ci2/+-Tiere ci2/ci2-Tiere
1 191,95 227,80 186,53 0,65 0,60 0,76 60,93 69,50 55,37 2 175,00 169,32 152,13 0,71 0,64 0,76 54,69 58,37 50,15
3 181,00 244,52 185,23 0,72 0,62 0,79 56,02 70,13 54,17
4 194,48 217,69 178,24 0,73 0,64 0,81 60,47 65,79 52,52
5 207,11 213,24 173,46 0,76 0,63 0,79 61,50 65,17 52,47
6 223,70 202,03 172,55 0,73 0,61 0,74 65,69 64,64 60,38
7 203,75 176,40 215,95 0,75 0,64 -- 61,59 59,33 --
Mean 196,71
207,29
180,58
0,72
0,63
0,78
60,13
64,70
54,18
SEM 6,23
10,20
7,30
0,01
0,01
0,01
1,4
1,7
1,44
Tab. 37: Einzeltierdaten mit Mittelwerten und SEM von Fläche, Kreisfaktor und Umfang von 50 Neuronen im anteroventralen cochleären Nucleus für Streptomycin-behandelte Tiere, ci2/+-Tiere und ci2/ci2-Tiere. Es wurden hier die Durchschnittswerte von 25 Neuronen je Seite bestimmt und anschließend aus den Werten der beiden Seiten der Mittelwert gebildet.
205
Tier/ Präferenz
Substantia nigra li [ng/g]
Substania nigra re [ng/g]
Nucleus accumbens li [ng/g]
Nucleus accumbens re [ng/g]
Striatum li [ng/g]
Striatum re [ng/g]
NA 392,78 185,77 904,23 1791,86 77,11 154,45 DOPAC 175,93 121,13 622,88 275,48 1169,72 1273,20 DA 819,87 618,20 3522,48 1682,03 12663,60 12417,40 5-HIAA 370,86 360,58 177,97 200,52 220,95 325,13 HVA 87,83 61,47 223,31 85,94 716,47 869,18
E 001/1 links
5-HT 901,03 894,77 590,90 706,70 322,15 343,40 NA 159,77 218,33 1019,59 1294,01 164,87 386,03 DOPAC 142,63 94,37 358,84 82,82 1800,85 1156,68 DA 727,37 496,59 2523,74 490,04 13821,90 9093,70 5-HIAA 492,93 283,99 181,79 148,10 298,48 416,70 HVA - 94,14 164,89 31,35 881,65 711,04
E 001/2 links
5-HT 1108,26 374,29 642,69 383,49 399,98 487,02 NA 144,82 199,73 1027,36 1030,67 86,66 187,25 DOPAC 116,38 191,39 447,55 526,47 1515,00 1189,42 DA 525,55 751,30 2338,93 2817,68 12831,10 11009,40 5-HIAA 259,95 533,44 249,34 252,89 270,68 300,31 HVA 85,19 - 159,84 234,42 828,26 838,60
E 5/10 links
5-HT 719,74 1164,80 654,03 701,63 277,35 450,18 NA 392,13 182,38 502,84 732,80 99,40 98,95 DOPAC 232,14 107,00 315,17 472,70 1395,06 1185,99 DA 1193,03 604,57 1693,48 3048,94 12167,30 11076,10 5-HIAA 466,50 314,07 412,59 325,84 301,15 283,05 HVA 125,47 74,68 206,81 223,85 929,13 824,93
E 5/11 links
5-HT 1263,62 841,11 478,47 635,16 453,34 470,53
NA 408,32 195,58 873,63 566,03 110,56 85,28 DOPAC 159,26 114,35 517,78 475,76 2105,19 1318,38 DA 953,64 622,47 3417,90 2633,80 13257,20 13087,60 5-HIAA 396,98 271,40 117,19 124,83 317,91 446,69 HVA 432,88 222,76 286,50 306,91 748,05 838,85
157 links
5-HT 893,82 687,15 1559,84 363,84 313,15 338,93 NA 184,74 55,90 1042,13 1031,92 83,12 128,04 DOPAC 212,65 66,45 597,63 327,89 1639,34 1768,33 DA 1586,82 398,00 3162,61 2091,80 11862,70 13278,00 5-HIAA 228,29 201,75 411,35 117,51 311,62 365,79 HVA 217,61 117,65 309,81 130,22 693,13 775,90
158 rechts
5-HT 602,05 2246,59 708,41 387,88 324,20 390,07
Tab. 38: Einzeltierdaten Neurochemie. Angegeben sind die gemessenen Mengen ng Monoamin pro g Hirngewebe in Substantia nigra, Nucleus accubmens und Striatum der linken und rechten Hemisphäre von ci3-Tieren. Unter Kenntnis der Drehpräferenz erfolgte anschließend eine Aufschlüsselung der Werte ipsilateral und contralateral zur Drehrichtung. NA: Noradrenalin; DOPAC: Dihydroxyphenylessigsäure; 5-HIAA: 5-Hydroxyindolessigsäure; HVA: Homovanillinsäure; 5-HT: 5-Hydroxytryptamin
206
Substantia nigra: Monoamin Mean
ipsi Mean contra
SEM ipsi
SEM contra
Dopamin 769,6 780 117,6 164,71 Noradrenalin 259 194,4 63,78 5,52 DOPAC 148,80 140,15 22,8 20,1 5-HIAA 364,8 332 46,7 44,1 HVA 169,80 134,1 66,2 35,5 5-HT 1188,80 760,70 225,2 110,7 Nucleus accumbens: Monoamin Mean
ipsi Mean contra
SEM ipsi
SEM contra
Dopamin 2598,1 2305,9 298,5 422 Noradrenalin 893,3 1076,3 82,9 177,1 DOPAC 431,7 405,1 49,6 77,9 5-HIAA 209,4 243,9 45,3 44,7 HVA 195,3 198,7 22,8 47,1 5-HT 719 583,2 173,3 67,2 Striatum: Monoamin Mean
ipsi Mean contra
SEM ipsi
SEM contra
Dopamin 13003 11424,5 234,8 567,7 Noradrenalin 111,11 165,85 13,0 47,2 DOPAC 1625,7 1293,8 135,9 73,4 5-HIAA 295,8 347,3 19,7 27,6 HVA 813,2 796 33,3 30,4 5-HT 359,3 402,4 26,9 30,4 Tab. 39 – 41: Mittelwerte und SEM der bei ci3-Tieren gemessenen Monoamin-Konzentrationen in Substantia nigra, Nucleus accumbens und Striatum. Es erfolgte eine Aufschlüsselung nach ipsi- und contralateral zur Drehrichtung.
207
Danksagung
Herrn Prof. Dr. W. Löscher gilt mein großer Dank für die Überlassung des Themas, die wissenschaftliche Anleitung bei der Durchführung der Versuche und der Abfassung dieser Ph.D.-Arbeit und besonders für die stets gewährte freundliche Unterstützung. Weiterhin bedanke ich mich bei Herrn Prof. Dr. H.-J. Hedrich, Institut für Versuchstierzucht und Zentrales Tierlabor der Medizinischen Hochschule Hannover, für die Überlassung der Tiere und die freundliche Betreuung während des Ph.D.-Studiums; Frau Prof. Dr. E. Zimmermann ebenfalls für die freundliche Betreuung während der Ph.D.-Zeit; Frau Prof. Dr. A. Richter für die freundliche Unterstützung und wissenschaftliche Anleitung bei der Abfassung der Ph.D.-Arbeit; Frau Dr. M. Fedrowitz für die umfangreiche Einführung in die Thematik und die Erläuterung zahlreicher Methoden; Herrn Dr. F. Tergau und Herrn PD Dr. U. Ebert für die freundliche Hilfe bei der Ableitung und Auswertung der EEGs; Frau C. Bartling und Herrn M. Weißing für die große Hilfe bei den histologischen Arbeiten; Frau M. Gramer und Frau M. Halves für die nützlichen Anregungen und die tatkräftige Mitwirkung bei der HPLC-Analytik.; Herrn Dr. S. Lindemann für die vollbrachte Betreuungsleistung; den Tierpflegern, insbesondere der Tierpflegermeisterin Frau G. Zivkovic für die sorgsame Betreuung der Tiere; allen Mitarbeitern des Instituts herzlich für die freundliche Aufnahme und die immer gewährte Hilfsbereitschaft; der H. Wilhelm Schaumann Stiftung für die Gewährung eines Stipendiums; der DFG für die Bereitstellung von Mitteln im Rahmen des Antrages LO 274/8-1. Und Papa und Mama: vielen, vielen Dank für alles ! Ich liebe Euch. Und Oma: Dich natürlich auch !
208
Erklärung
Zur Anfertigung der Ph.D.-Arbeit wurden folgende Hilfen Dritter in Anspruch genommen: Herr Dr. A. Kaiser (wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Zoologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover) führte in einer Kooperation mit unserer Arbeitsgruppe die histologische Untersuchung des Innenohres, sowie die Ableitung der auditorisch evozierten Potentiale durch; Herr Dr. S. Lindemann (wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover) führte die HPLC-Analytik durch und arbeitete als Projektleiter mit mir zusammen an den durchgeführten Studien; Frau C. Bartling (Technische Angestellte am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover) war an einigen Perfusionen der Versuchstiere beteiligt; Herr M. Weißing (Technischer Angestellter am Institut für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Tierärztlichen Hochschule Hannover) führte die immunhistochemische Färbung durch.