Post on 05-Jun-2020
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Das neue Pauschalreisegesetz
Inhalt, Kritik und Stolperfallen für Reiseunternehmen
Prof. Dr. jur. Ernst Führich Kempten
IHK Regensburg 5. März 2018
Was Sie heute von mir hören
I. Aufruhr in Touristikbranche
II. Gesetzgebungsverfahren
III. Vollharmonisierung des EU-Pauschalreiserechts
IV. Blick in das Pauschalreisegesetz (3. ReiseÄndG)
V. Verlorene Eckpfeiler des bisherigen Reiserechts
VI. Stolperfalle: Bin ich Veranstalter einer Pauschalreise?
VII. Stolperfalle: Bin ich Vermittler verbundener Reiseleistungen
VIII.Ausblick
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I. Aufruhr in Touristikbranche 3
II. Gesetzgebungsverfahren
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II. Gesetzgebungsverfahren 5
Pauschalreiserichtlinie (EU) 2015/2302 v. 25.11.2015
Gesetzesverfahren zur Umsetzung in deutsches Recht
3. ReiseRÄndG vom 17.7.2017 (BGBl. 2017 I, S. 2394)
Geltung - Vertragsschlüsse ab 1.7.2018 - Reiseantritt ist unerheblich
1. Grad der Harmonisierung des Pauschalreiserechts 1. Rechtlicher Spielraum für Berlin ist gering
a) Ausnahmen der Richtlinie beim Anwendungsbereich nur bei Gelegenheitsreise, Tagesreise, Geschäftsreise mit Rahmenvertrag, Gastschulaufenthalt
b) Einzelleistung wie Ferienunterkunft/Hotel vom Reiseveranstalter möglich, aber nicht von Berlin umgesetzt
3. Reisekategorien des neuen Reiserechts a) Pauschalreise als Regelfall (PR) b) Vermittlung „Verbundener Reiseleistungen“ (VVR) c) Reisevermittlung einer fremden Einzelleistung und fremder
Pauschalreise unter Offenlegung des Leistungsanbieters (RM)
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III. Vollharmonisierung in EU
III. Vollharmonisierung in EU
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Pauschalreise
• Regelfall • Gesamtheit von
mindestens 2 Reiseleistungen wie
• Personenbeförderung • Beherbergung • Kfz-Miete • sonst touristische Leistung • Für dieselbe Reise • Unternehmer ist
Reiseveranstalter • Pflicht Pauschalreise
als eigene Leistung zu verschaffen
• Ausnahmen
Vermittlung „verbundener Reiseleistungen“
•Neue Reisekategorie •Vermittlung von mind. 2 Reiseleistungen von Leistungsanbietern
•Getrennte Buchungen mit getrennten Rechnungen
•Einziger Besuch/Kontakt oder Buchung binnen 24h mit gezielter Werbung
•Unternehmer ist stationärer/online Vermittler
Reisevermittlung
•Fremde Einzelleistung/Pauschalreise
•Stationär/Online •Offenkundigkeit des Leistungserbringers
•z. B. Pauschalreise, Flug, Hotel, Mietwagen, sonstige touristische Einzelleistungen wie Eintrittskarten, Ausflüge, Skipässe, Wellnessbehandlung
IV. Blick ins Pauschalreisegesetz
§§ 651a bis y BGB und kein Sondergesetz
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IV. Blick ins Pauschalreisegesetz
1. Pauschalreise (§§ 651a-c BGB)
2. Informationspflichten (§ 651d BGB iVm Art. 250-252 EGBGB)
3. Vertragsübertragung (§ 651e BGB)
4. Preis- und Vertragsänderungen (§§ 651f, g BGB)
5. Rücktritt vor Reisebeginn (§ 651h BGB)
6. Gewährleistungsrechte bei Reisemängeln (§§ 651i-p BGB)
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IV. Blick ins Pauschalreisegesetz
7. Beistandspflicht (§ 651q BGB)
8. Insolvenzsicherung und Sicherungsschein (§§ 651r-t BGB)
9. Gastschulaufenthalte (§ 651u BGB)
10. Reisevermittlung (§ 651v BGB)
11. Vermittlung verbundener Reiseleistungen (§ 651w BGB)
12. Haftung für Buchungsfehler (§ 651x BGB)
13. Abweichende Vereinbarungen (§ 651y BGB)
14. Zentrale Kontaktstelle (Art. 253 EGBGB)
15. Folgeänderungen in EGBGB, GewO, UKlaG, PAngV
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V. Verlorene Eckpfeiler des bisherigen Reiserechts
1. Preiserhöhungen bis zu 8 % bis 20 Tage vor Reise möglich
2. Wegfall der 4-Monatsgrenze bei Preiserhöhungen 3. Ersetzung der „höheren Gewalt“ durch
„unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ 4. Wegfall des Eigenverschuldens des Veranstalters
beim Schadensersatz 5. Wegfall der Ausschlussfrist von 1 Monat 6. Keine Verkürzung der Verjährung von 2 auf 1 Jahr
durch AGB möglich 7. Ferienunterkunft/Hotelzimmer als Einzelleistung
eines Reiseveranstalters ist künftig nur Beherbergungsrecht und nicht wie bisher Pauschalreiserecht
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VI. Stolperfalle: Bin ich Veranstalter einer Pauschalreise? (§§ 651a-c BGB)
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1. Gesamtheit mindestens 2 verschiedener (Haupt-) Reiseleistungen zum Zweck derselben Reise durch alternative Buchungsvorgänge a) Prospekt/Website b) Dynamic Packaging auf Kundenwunsch c) Verbundene Online-Buchungsverfahren (Click-Through-Buchung)
2. Arten von Reiseleistungen sind nur
a) Personenbeförderung b) Beherbergung c) Fahrzeugvermietung d) Jede andere touristische Leistung, die nicht a-c ist Tipp: Pauschalreise selbst ist keine Reiseleistung nach a-d, sondern die Kombination von a-d
3. Nebenleistungen bleiben unberücksichtigt wie a) Wesensmäßige Bestandteile der Reiseleistung b) Reiseleistung unter 25% des Gesamtwerts der Kombination oder
nicht als wesentliches Merkmal beworben
4. Keine Pauschalreise ist a) Reise nichtgewerblicher Gelegenheitsveranstalter
b) Tagesreise bis 500 € c) Geschäftsreise bei Rahmenvertrag d) Reiseeinzelleistung
Tipp: Reiseveranstalter ist jeder Unternehmer, der eine Pauschalreise zu Kombination bündelt
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VI. Stolperfalle: Bin ich Veranstalter einer Pauschalreise? (§§ 651a-c BGB)
5. Verbundenes Online-Buchungsverfahren einer Pauschalreise
a) Vertrag über eine Reiseleistung b) Zugriff auf Online-Buchungsverfahren eines anderen
Unternehmers mit Link zur vollständigen Datenübermittlung von „Name, Zahlungsdaten, E-Mail-Adresse“
c) binnen 24 Stunden nach Bestätigung des ersten Vertrags d) Folge: Unternehmer der ersten Reiseleistung wird
Reiseveranstalter mit allen Pflichten Tipp: Keine Umgehung des Gesetzes bei Vermeidung der vollständigen Datenübermittlung oder der 24-Stunden-Frist
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VI. Stolperfalle: Bin ich Veranstalter einer Pauschalreise? (§§ 651a-c BGB)
6. Abgrenzung zur Reisevermittlung bei Bausteinen (§ 651b BGB)
a) Vermittlung fremder Reiseleistungen weiterhin möglich b) Aufklärung des Kunden im Beratungsgespräch über Reisewunsch:
Pauschalreise, Einzelleistung oder Vermittlung verbundener Reiseleistungen und anschließende Übergabe des Formblatts
c) 3 Stolperfallen bei Buchung mit Haftung als Veranstalter bei • gleichzeitiger Buchung von mind. 2 Reiseleistungen in
Vertriebsstelle (Geschäftsraum/Website/Telefon) • einem Gesamtpreis • Werbung unter Bezeichnung Pauschalreise, Pauschale, AI...
Tipp: Getrennte Buchung, getrennte Rechnung und getrennte Bezahlung ist weder Pauschalreise, noch verbundene Reiseleistung, sondern Vermittlung dieser Einzelleistungen Tipp: Nicht Bezeichnung „Pauschalreise oder Gesamtpreis “
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VI. Stolperfalle: Bin ich Veranstalter einer Pauschalreise? (§§ 651a-c BGB)
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VI. Stolperfalle: Bin ich Veranstalter einer Pauschalreise? (§§ 651a-c BGB) 7. Pauschalreise oder keine Pauschalreise? • Flug + Hotel von TUI = PR von RV TUI • Kreuzfahrt von Arosa = PR von RV Arosa • Kreuzfahrt von Arosa + Hafentransfer Bus bei Buchung
im Reisebüro = PR von RV Arosa + Einzelleistung Beförderung
• Bus + Hotel + Ausflüge + kostenlose Haustürabholung von Busreisebüro mit Werbung Jubiläumspaket = PR von Reisebüro
• Flug LH + Hotel von DERTOUR bei Buchung im Reisebüro mit Gesamtrechnung = PR von RB
• Flug Ryanair + Hotels + Pkw auf Portal Ryanair mit Datenweiterleitung in 24 h= PR Ryanair
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VI. Stolperfalle: Bin ich Veranstalter einer Pauschalreise? (§§ 651a-c BGB) 7. Pauschalreise oder keine Pauschalreise? • Hotel + HP, Sauna, Pool, Tennisplatz, Welcome zum
Sonderpreis = Hotelier nur Beherbergungswirt mit Mietrecht und NL, die wesensmäßig zur Beherbergung zählen
• Hotel + Hoteltransfer = Keine PR des Hoteliers • Hotel + Bahnanreise = PR des Hoteliers
• Hotel + nach Ankunft Buchung Wellnesspaket =
Beherbergung, keine PR
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• Hotelpauschale mit Unterkunft und Wellnesspaket > 25% ohne Vorauskasse mit Eigenanreise = PR, aber keine Insolvenzsicherung notwendig
• Hotelpauschale: „Skierlebnis Im Bayerischen Wald“ mit 1
Woche Ü/VP, Skipass und 3 Massagen und Zugang zu allen Hoteleinrichtungen = PR wegen Werbung als solche, auf Wert kommt es daher nicht an
• „Urlaub von Anfang an“ mit Ü/F + Transfer von Zuhause
und zurück eines Busunternehmens = PR
• Hotelwebsite mit Warenkorb für Ü/F + Skipass + Skileihausrüstung mit Gesamtpreis = PR
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• TI mit eigenem Paket Unterkunft + Bergbahn (< 25%) = Beherbergung und NL
• AllgäuWalserCard = keine PR, da nur „sonstige touristische
Leistungen“, PR nur bei mehreren Arten von Reiseleistungen
• Verein, Schule organisiert nur für Mitglieder 2 bis 3
Reisen/Jahr = keine PR, Gelegenheitsreise • Busunternehmen mit Tagesskifahrt incl. Skipass für 100 € =
Keine PR
• TI-Mitarbeiter bucht für Messebesuch Hotel und Bahn bei DB-Website = PR von DB mit Reisender TI (Geschäftsreise)
Pauschalreise
Mindestens 2 versch. Hauptreiseleistungen mit mindestens 25 %
Gesamtwert der Kombination
Kombination durch - Prospekt/Website - Dynamic Packaging
- Click-Through-Buchung
Ausnahmen: - Nichtgewerbliche
Gelegenheitsveranstalter - Tagesreise bis 500 € - Geschäftsreise mit
Rahmenvertrag - Reiseeinzelleistung
Unternehmer ist Reiseveranstalter
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VII. Stolperfalle: Bin ich Vermittler „verbundener Reiseleistungen“ VVR? (§ 651w BGB) 1. „Verbundene Reiseleistung“ ist neue Reisekategorie und keine
Pauschalreise
2. Neutrales Beratungsgespräch
3. Mindestens 2 verschiedene Reiseleistungen zum Zweck einer Reise, die keine Pauschalreise ist
4. 2 Fallgruppen der VVR
a) Einziger Besuch/Kontakt in Vertriebsstelle Getrennte Verträge mit Leistungserbringer und getrennte Bezahlung Gemeinsame Bezahlung als Gesamtsumme soll möglich sein
(streitig!)
b) Online-Buchung binnen 24h mit „gezielter Werbung“ Buchung einer ersten Reiseleistung (z. B. Flug) Vermittlung „in gezielter Weise“ einer weiteren Reiseleistung mit
anderem Unternehmer (z. B. Hotel) mit Hinweis auf Kunde, Ziel und Reisezeit. Banner/Link ist nicht „gezielt“
binnen 24 Stunden
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VII. Stolperfalle: Bin ich Vermittler „verbundener Reiseleistungen“ VVR? (§ 651w BGB)
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VII. Stolperfalle: Bin ich Vermittler „verbundener Reiseleistungen“ VVR? (§ 651w BGB)
3. Rechtsfolgen a) Insolvenzsicherung bei Eigeninkasso des Vermittlers bei seiner
Insolvenz • 2 Ausnahmen
• Direktinkasso der Leistungserbringer oder • Inkassovollmacht durch Leistungserbringer
• Absicherung der Rückbeförderung, wenn Vermittler selbst Beförderer
b) Informationspflichten und Haftung für Reisemängel
• Kein Schutz wie bei Pauschalreise • Insolvenzschutz von Zahlungen bei Vermittlerinkasso mit
Bonitätsprüfung durch Insolvenzversicherer • Verwendung des Formblattes zur Information • Bei Verstößen Haftung für Reisemängel der Reise wie ein
Veranstalter
c) Bußgeld durch Gewerbeaufsicht • Bis 30.000 €, wenn kein Insolvenzschutz besteht • Bis 5000 €, wenn Info-Pflicht fahrlässig verletzt
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VII. Stolperfalle: Bin ich Vermittler „verbundener Reiseleistungen“ VVR? (§ 651w BGB) 5. VVR oder keine VVR? • Vermittlung einer Pauschalreise (Kreuzfahrt) + Transfer Flug oder
Bus zum Hafen durch anderen Unternehmer = keine VVR, da es an 2 verschiedenen Arten von RL fehlt. Kreuzfahrt ist Pauschalreise und nicht Einzelleistung.
• Tagesreise ohne Übernachtung ohne Rücksicht auf Reisepreis = keine VVR (§ 651w I 4, 651a V Nr. 2 BGB)
• Geschäftsreise mit Business Travel ist Ausnahme (§§ 651w I 3, 651a V Nr. 3 BGB)
• RL unter 25 % des Gesamtwerts ist nur NL (§§ 651w I 3, 651IV 1 Nr. 1 BGB).
• Verschiedene Hotels mit Eigenanreise = keine VRL, da nur eine Art von RL
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VII. Stolperfalle: Bin ich Vermittler „verbundener Reiseleistungen“ VVR? (§ 651w BGB) • Hotel + Reiserücktrittskostenversicherung = keine VVR, da
Reiseversicherungen keine RL • Vermittlung einer Opernfahrt mit Bus und Karten unter 24h = keine
VVR, da Ausnahme ungeachtet des Preises (§ 651w, I 4, § 651a V Nr. 2 BGB)
• TI vermittelt mit 2 Reisebestätigungen Hotel Ü/F + Stadtführung (oder Konzertkarten) bei einem Kontakt/binnen 24h auf Website = VVR, aber kein SS ohne Vorauskasse
• TI vermittelt Bergbahn + Unterkunft mit eigenen Rechnungen = VVR, nur bei Vorauskasse SS
• TI vermittelt Ausflugspaket + Bergbahnpass = keine VVR, da nur eine Art von „sonstigen touristischen Leistungen, Bergbahn keine Personenbeförderung
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VII. Ausblick 1. Das nee Reiserecht ist Chance für den Mittelstand gegen die Online-
Plattformen. Legen Sie Wert auf das Beratungsgespräch und erklären Sie die Vorteile der neuen Pauschalreise
1. Rechtzeitige Schulungen, neue AGB, Versicherungen und technische IT-
Umsetzungen für Musterformulare vornehmen 1. Neues Recht gilt für Verträge an 1.7.2018
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