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Desinfektion und Sterilisation

Studentenvorlesung

25. Januar 2018

Walter Popp

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Begriff Definition

Reinigung Im allgemeinen mechanisches Entfernen von Schmutz

und Mikroorganismen, ohne diese unbedingt abzutöten.

Meistens im medizinischen Bereich in Form einer

Scheuer-Wisch-Reinigung: Tuch, Wasser,

Reinigungsmittel.

Selten auch Kehren (Klima-Anlagen) oder

Staubsaugen (Klima-Anlagen, Teppichböden) möglich.

Desinfektion Reduzierung der Anzahl krankmachender Keime, so dass

von dem Gegenstand keine Infektionsgefahr mehr

ausgeht.

Sterilisation Steril heißt frei von vermehrungsfähigen Keimen:

Bakterien, Pilze, Sporen, Viren, auch Prionen müssen

inaktiviert sein.

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Begriff Keimzahlreduktion

Reinigung Faktor 10 bis 100.

1-2 lg-Stufen.

KRINKO: Keimreduktion 50-80 % (1 lg)

Desinfektion Faktor 1.000 bis 100.000.

3-5 lg-Stufen.

KRINKO: Keimreduktion 85-99 % (2 lg)

Händedesinfektion: 2 lg-Stufen realistisch.

Sterilisation Keine Keime bleiben zurück.

DIN EN 556: Ein Sterilisationsverfahren ist geeignet,

wenn unter 1.000.000 sterilisierten Gütern maximal 1

unsteril ist.

Rechenbeispiel

Ausgangslage 1.000.000 Keime 10.000 Keime

Nach optimaler Reinigung 10.000 Keime 100 Keime

Nach optimaler

Desinfektion

10 Keime 0 Keime

Nach Sterilisation 0 Keime 0 Keime

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Reinigung:

Eimer mit Wasser und

Reinigungsmittel

Fußboden - Mopp

Möbel - Oberflächentuch

Einmaltuchspender-Systeme

Heute sehr häufig in der Pflege.

Vorteil:

Einfach.

Nachteile:

Evtl. Biofilm-Bildung bei ungenügender Aufbereitung und

nachfolgend Verkeimung.

Lösung:

Komplettes Einmalsystem (einschl. Eimer und Deckel).

Eimer Mehrweg – Tücher in Einmalbeutel.

Weiter Handling-Fehler möglich:

Deckel offen – Austrocknung.

Zu wenig Flüssigkeit – letzte Tücher trocken.

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Physikalische Desinfektions-Verfahren sind gegenüber

chemischen zu bevorzugen!

Physikalische Desinfektionsverfahren

UV-Strahlen: z.B. Wasser.

Pasteurisieren: 62-150°C, Minuten-Sekunden – z.B. Milch.

Thermische Desinfektion: 90°C, mehrere Minuten – z.B. RDG,

Steckbeckenspüle.

Thermische Desinfektion: z.B. > 55°C dauerhaft – z.B. gegen

Legionellen in Wassersystemen.

Chemothermische Desinfektion: 40-65°C, mehrere Minuten, mit

Desinfektionsmittel! – z.B. chemothermische RDGs (Anästhesie).

(Sterilisation)

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Chemische Desinfektionsverfahren

Wenn physikalisch nicht möglich:

Hände

Haut

Oberflächen

grundlagen -1/2014 10

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Begriffe Desinfektionsmittel Antibiotika, Virustatika

Bakterien Bakterizid + +

Viren Viruzid Begrenzt viruzid (behüllteViren)

+ +

Viruzid (unbehüllte Viren) +

Viruzid plus: begrenzt viruzidplus Adeno-, Noro-, Rotavirus

Pilze Levurozid (Hefepilze abtötend, z.B. Candida)

+ +

Fungizid (Pilze) +

Tuberkulosa-Bakterien

Tuberkulozid + +Tuberkulostatisch

Mykobakterien mykobakterizid +

Bakterien-Sporen Sporizid +

Wirkungsbereiche von Desinfektionsverfahren nach RKI

Wirkungsbereich Abtötung bzw. Inaktivierung

A Vermehrungsfähige Bakterien, einschl.

Mykobakterien, sowie Pilze und Pilzsporen

B Viren

C Bakterielle Sporen bis zur Widerstandsstufe

von Bacillus-anthracis-Sporen

D Bakterielle Sporen bis zur Widerstandsstufe

von Clostridium-perfringens-Sporen

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Viruswirksamkeit von Desinfektionsmitteln

Behüllte Viren:

Begrenzt viruzide Mittel ausreichend

SARS-Coronaviren

HCV

HBV

Herpesviren

Influenza A und B

HIV

Unbehüllte Viren:

Viruzide Mittel erforderlich

oder viruzid plus *

Adenoviren*

HAV

Noroviren*

Papillomaviren

Poliovirus

Rotavirus*

Alternativ: separate Auslobung eines begrenzt viruziden

Mittels für jeweiliges Virus

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Chemikalie Gram + Gram – Behüllte

Viren

Un-

behüllte

Viren

Mykobak Pilze Bak-

Sporen

Seifen + + - - - - -

Alkohole ++ ++ ++ + ++ ++ -

Chlorhexidin ++ + + + + + -

Iod ++ ++ ++ + ++ ++ (+)

Chlor ++ ++ ++ + ++ ++ (+)

Quaternäre

Ammonium-

Verbindungen

(Quats)

++ + ++ (+) - + -

Amine ++ + ++ (+) ++ + -

Sauerstoff-

Radikale

++ ++ ++ ++ ++ ++ (+)

Aldehyde ++ ++ ++ ++ ++ + (+)

++ Wirksam + Wirksam mit einigen

Defiziten

- Nicht wirksam

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Chemikalie Eiweiß-

Fehler

Seifen-

Fehler

korrosiv Haut-

schädigend

Alcohole - - - -

Iod (+) + (+) (+)

Chlor ++ + + (+)

Quaternäre

Ammonium-

Verbindungen(Quats)

+ ++ - -

Sauerstoff-Radikale ++ - ++ +

Aldehyde + - - ++

Vorsichts-

Maßnahmen

Häufiger

Wechsel

Nicht

mischen

Handschuhe

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Desinfektion

Desinfektionsmittel müssen gelistet sein:

VAH-Liste (Verbund für angewandte Hygiene – früher DGHM)

- Standard

(RKI-Liste bei behördlich angeordneten

Desinfektionsmaßnahmen – heute extrem selten)

VAH-Liste:

Einwirkzeit

Konzentration

9

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Desinfektion

Hände (chemisch) – VAH-Liste, Arzneimittel / Biozide

Haut (chemisch) – VAH-Liste, Arzneimittel

Schleimhaut (chemisch) – Arzneimittel

Flächen (chemisch) – VAH-Liste, Biozide

Instrumente (thermisch, chemisch) – VAH-Liste, Medizinprod.

Wasser (thermisch, chemisch)

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Hygienische Händedesinfektion

Alkoholische Präparate.

> 70 % Alkohol – bessere Viruswirksamkeit

(Propanol und Ethanol in Kombination)

Spender mit Ellenbogenbedienung oder

Kittelflasche.

30 Sekunden Einwirkzeit einhalten.

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Chirurgische Händedesinfektion:

nach Herstellerangaben.

Besser: mindestens 3 Minuten.

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Hautdesinfektion

i.c., s.c., i.m., i.v. Injektionen, Blutentnahmen:

(alkoholisches) Hautantiseptikum satt aufsprühen, mit sterilisiertem Tupfer

(z.B. PurZellin®) in einer Richtung abreiben,

Einwirkzeit mind. 15 Sek.,

Einstichstelle soll trocken sein.

Legen von peripheren Verweilkanülen für Infusionen:

(alkoholisches) Hautantiseptikum satt aufsprühen, mit sterilem Tupfer

abreiben oder antrocknen lassen,

Einwirkzeit mind. 15 Sek.,

Einstichstelle soll trocken sein.

Punktion Punktion von Gelenken, Liquorraum, Körperhöhlen:

Sterile Handschuhe, steriler Kittel, Mundschutz, (Kopfhaube)

Antiseptik der Einstichstelle: Desinfektionsmittel mit sterilem

Tupfer satt auftragen, nach außen streichen,

Einwirkzeit mind. 1 Min., eher 3-5 Min.

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Flächendesinfektion

Tägliche Reinigung des Fußbodens.

Flächendesinfektion: Scheuer-Wisch-Methode

Mindestens tägliche Desinfektion patientennaher Gegenstände: z.B.

Liegen, Auflageflächen, Arbeitsflächen, Lichtschalter, Türdrücker

Im allgemeinen Konzentration entsprechend 1-h-Wert.

Fläche kann meist wieder benutzt werden, wenn trocken.

Bacterium persistence on dry surfaces

Bacterium Duration of persistence

Campylobacter jejuni Up to 6 days

Clostridium difficile (spores) 5 months

Escherichia coli 1,5 hours – 16 months

Enterococcus spp. including VRE 5 days – 4 months

Klebsiella spp. 2 hours – 30 months

Salmonelly typhi 6 hours – 4 weeks

Kramer, BMC Infect Dis 2006, 6, 130

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Cleaning in hospitals

A survey of DGKH in 2012

285 answers

Only 20 % own cleaning staff

No routine cleaning on Sunday… and Saturday… and Wednesday

During night, if you need some cleaning staff, how long will it take

until she/he will come: over 6 hours 44 %

Example:

own cleaning staff – service company

Patient room: 150 qm/h – 200 qm/h

Toilets: 65 qm/h – 126 qm/h

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Sprühdesinfektion nur in

Ausnahmefällen:

-Alkohol (eingeschränktes

Wirkspektrum, Explosionsgefahr)

-Nur mit Wischen kombiniert!

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Instrumentendesinfektion

Früher ausschließlich Einlegen in Wannen mit

Desinfektionsmittel: manuelle Desinfektion.

Heute zunehmend maschinelle Desinfektion in

RDGs: Reinigungs-Desinfektions-Geräte

(„Spülmaschine“).

Die maschinelle Desinfektion ist, wenn immer

möglich, zu bevorzugen.

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Vario-Programm

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Sterilisation

Physikalisch:

Autoklav

Gesättigter, gespannter Wasserdampf

121°C, 2 bar, 15-20 Min.

134°C, 3 bar, 5 Min.

CJK: 18 Min.

Heißluft

200°C, 10 Min.

180°C, 30 Min.

160°C, 200 Min.

Chemisch:

Ethylenoxid (50-60°C – Auslüften!)

Formaldehyd (70°C – Auslüften!)

Plasma (45°C – Lumina!)

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Dampfsterilisation

Wasserdampf ist wesentlich wirksamer als trockene Wärme

gleicher Temperatur:

-Wärmeinhalt ist größer (Energieabgabe über 1.000 mal größer),

-die Mikroorganismen quellen auf und werden hitzeempfindlicher.

Abtötung von Diphtheriebakterien bei 90°C

Luftfeuchte Dauer

20 % 180 Min.

40 % 120 Min.

60 % 5 Min.

80 % 2 Min.

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Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV)

Aufbereitung setzt Sachkenntnis voraus, außerdem die erforderlichen

Mittel.

Berücksichtigung der Angaben des Herstellers.

Der Erfolg der Aufbereitungsverfahren muss nachvollziehbar

gewährleistet sein – Validierung!

Ordnungsgemäße Aufbereitung, wenn KRINKO/BfArM-Empfehlung

beachtet wird.

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Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten

(KRINKO/BfArM, 2012)

Einzelschritte:

sachgerechte Vorbereitung,

Reinigung → Desinfektion, Spülung, Trocknung,

Prüfung auf Sauberkeit, Unversehrtheit,

Pflege, Instandsetzung,

Funktionsprüfung,

ggfs. Kennzeichnung,

ggfs. Verpacken, Sterilisation,

dokumentierte Freigabe.

Validierte Verfahren,

Vorherige Risikobewertung,

Personal: benannt, qualifiziert.

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Bauliche Voraussetzungen

Sächliche Voraussetzungen, z.B. Geräte

Sachkenntnis

Validierung

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Bauliche Voraussetzungen, z.B.

Trennung rein-unrein,

Oberflächen desinfizierbar.

Sächliche Voraussetzungen, z.B. Geräte:

Ultraschall,

RDG (Reinigungs-Desinfektionsgerät),

Folienschweißgerät,

Sterilisator (Autoklav).

Sachkenntnis:

Kurse – mindestens eine Woche.

Validierung:

Jährlich,

alle Geräte.

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Sterilisierverpackung

Feste Sterilisierbehälter

(Container), meist aus

Aluminium

Klarsichtverpackung aus

Papier-Folien-Kombinationen

Sterilisationspapier (Vlies)

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Lagerfristen von Sterilgut

Lagerung staubarm, trocken bzw. in

Schränken

Ungeschützt: alsbaldiger Verbrauch (max.

2 Tage)

Geschützt: 6 Monate (5 Jahre mit

Umhüllung)

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