Die Erfolgsstrategie des Uni-Bankers I - Lupus Alpha€¦ · ment. Doch das war wohl auch ein...

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„Höhere Renditen gibt es nicht ohne eigenen Einsatz“

R alf Lochmüller, Chef derdeutschen FondsgesellschaftLupus alpha, sagt, was deut-

sche Anleger von David Swensenabschauen sollten.

WELT AM SONNTAG: Inwieweitkann ein Privatanleger dem Yale-Konzept überhaupt folgen?RALF LOCHMÜLLER: Eine durch-schnittliche Wertentwicklung vonmehr als zwölf Prozent pro Jahr istnatürlich ein Wort. Das geht nurmit einer Langfriststrategie. Stän-dige Käufe und Verkäufe von Wert-papieren bringen wenig, sie kostennur Geld. Daneben zeigt die Yale-Universität, wie wichtig eine Streu-ung über viele Anlageklassen ist.

Swensen investiert viel in Hedge-

fonds und Private Equity. Da ha-ben Privatanleger selten Zugang.Das stimmt, Privatanleger könnendaran aber lernen: Es bringt nichts,sich nur auf ausgetretenen Anle-gerpfaden zu bewegen. Abseits gibtes mehr Rendite. Mit Nebenwertenverdienen Anleger seit Jahrenmehr als mit Aktien großer Indizeswie Euro-Stoxx-50 oder Dax.

Das Risiko ist aber auch größer.Nicht, wenn man sein Geld breitstreut. Was viele Anleger verges-sen: Die Fonds und Indizes mit dengroßen Unternehmen sind vielstärker von einzelnen Branchenabhängig als die mit den kleinen.Das zeigte sich eindrucksvoll wäh-rend der Krisen der Banken undVersorger.

Dass Swensen Anlegern zu einemdiversifizierten ETF-Portfolio rät,dürfte Ihnen als aktiver Fondsma-nager nicht behagen.Die Frage ist, wo man als Anlegerherkommt. Wer sich gerade erstvom Sparbuch wegbewegt, für densind Indexfonds als Standardanla-ge nicht schlecht. Wer allerdingsmehr als den Durchschnitt habenwill, ist bei aktiven Fonds besseraufgehoben.

Sofern er den richtigen findet.Höhere Renditen gibt es nicht ohneeigenen Einsatz. Ein Anleger musssich kümmern, Zeit in die Fonds-auswahl investieren. Auch das zeigtdas Beispiel der Yale-Universität.Hinter den zwölf Prozent Renditesteckt viel Arbeit.

I n seiner Freizeit geht DavidSwensen gern zu Bierverkostun-gen. Dort probiert er dann diver-se Sorten und diskutiert überVorzüge und Charakteristika.Doch wenn die Sprache auf seineliebste Variante des Gerstensaf-

tes kommt, fällt er in seiner Heimat,den USA, stets aus dem Rahmen: SeinLieblingsbier kommt nämlich aus Kulm-bach im fernen Deutschland.

Konformität ist nicht Swensens Sa-che. Nicht beim Bier und vor allemnicht bei der Geldanlage. Das hat derChefinvestor der Yale-Universität inden 30 Jahren bewiesen, die er das Stif-tungsvermögen der altehrwürdigen In-stitution managt. Er hat völlig neue Pfa-de beschritten, und er tut dies so erfolg-reich, dass seine Strategie der Geldanla-ge heute als das „Yale-Modell“ bekanntist, das Hunderte Stiftungen inzwischenimitieren. Doch auch für Privatanlegerhat Swensen klare und wichtige Tipps.

Dabei wirkt Swensen auf den erstenBlick nicht wie ein ungestümer Revolu-tionär. Im Gegenteil: Er sitzt in einemklassischen Anzug ruhig und zurückge-nommen auf einem Sofa in einemFrankfurter Hotel, im Hintergrund zün-geln die Flammen eines Kaminfeuers,und die angenehme sonore Stimme des63-Jährigen fügt sich perfekt in die hei-melige Atmosphäre ein. Hier sitzt keinaufrührerischer Banker von der WallStreet, der die Welt aufmischen will.

Und doch begann genau dort, im Au-ge des Finanzkapitalismus, seine Kar-riere. Nachdem er sein Studium in Yaleabgeschlossen hatte, ging er Anfang der80er-Jahre zur Investmentbank Salo-mon Brothers, später wechselte er zuLehman Brothers – beide Namen sindlängst aus dem Universum der Finanz-welt verschwunden. Doch die Welt derInvestmentbanken war nicht seine, dasmerkte er recht früh. „Ich wollte etwastun, das von Bedeutung ist, dem eineMission innewohnt“, sagt er. 1985 kamda seine alte Universität auf ihn zu,fragte ihn, ob er nicht ihr Stiftungsver-mögen managen wolle. Und dies wurdefortan seine Mission: dabei zu helfen,dass Yale die finanziellen Möglichkeitenhat, um an der Spitze der akademischenLehre zu bleiben.

Heute kann man sagen, dass ihm dashervorragend gelungen ist. Das Stif-tungsvermögen wuchs, seit Swensen dieAufgabe übernahm von rund einer aufüber 27 Milliarden Dollar. Dabei hatte eranfänglich, wie er selbst sagt, überhauptkeine Ahnung vom Vermögensmanage-ment. „Doch das war wohl auch ein Vor-teil“, stellt er nun fest. Denn er schauteganz unvoreingenommen auf das, waser vorfand – und es war nicht gut. „DieHälfte des Geldes steckte in US-Aktien,weitere 40 Prozent in Anleihen und Bar-geld und zehn Prozent in alternativenAnlagen“, erzählt er, „wobei als alterna-tive Anlagen damals Aktien aus anderenLändern galten.“ All das widersprachdem Grundprinzip der Diversifikation,das ihm seine Lehrmeister zu seinerZeit als Student beigebracht hatten, al-len voran der spätere NobelpreisträgerJames Tobin. „Das Geld war im Wesent-lichen in zwei Bereiche aufgeteilt, eswar praktisch überhaupt nicht diversifi-ziert“, sagt er. Folglich änderte er dies –allmählich, aber konsequent. Anfangder 90er-Jahre war das Yale-Vermögenso angelegt, wie Swensen es haben woll-te und wie es auch heute im Prinzipnoch verteilt ist. Dazu gehören natür-

lich Aktien und Anleihen. Doch sie ste-hen aktuell zusammen gerade mal fürrund ein Viertel. Der Rest verteilt sichauf Immobilienanlagen, Rohstoffe,Hedgefonds, Wagniskapital und PrivateEquity. Das Besondere dieser Anlagefor-men: Sie sind überwiegend illiquide, al-so nicht minütlich handelbar. Geld, dasin solche Anlagen investiert wird, steckt

auf Jahre fest. Aber für eine Stiftung istschnelle Liquidität auch nicht notwen-dig. Ihr Anlagehorizont ist langfristig.Zudem bringen diese Anlagen seit Jah-ren stets deutlich höhere Renditen alsAktien oder Anleihen. Über die vergan-genen 20 Jahre schaffte Swensen so ei-ne Rendite von 12,1 Prozent pro Jahr. Erhat die Geldanlage großer Institutionen

damit revolutioniert, denn inzwischenkopieren praktisch alle sein Modell,manche nur teilweise, andere komplett.

Aber in der Finanzkrise hätte ihmdiese Verteilung des Vermögens um einHaar das Genick gebrochen. „Es war ei-ne schreckliche Zeit“, sagt er rückbli-ckend. Der Wert illiquider Anlagenstürzte praktisch über Nacht ins Boden-

lose, denn alle brauchten plötzlich Geldund warfen alles auf den Markt. AberSwensen musste nichts tun, denn dieStiftung brauchte kein Geld. Er konntestattdessen sogar noch nachkaufen, zueinmalig günstigen Preisen. „Das Einzi-ge, was ich heute bedauere, ist, dass wirdamals nicht mehr Geld zur Verfügunghatten, um noch mehr nachzukaufen.“

Er zog dennoch Konsequenzen ausdiesen Erfahrungen, reduzierte den An-teil illiquider Anlagen im Portfolio vonrund zwei Drittel auf die Hälfte. DieseZielmarke gilt auch heute. So sieht ersich gewappnet, selbst neuerliche tur-bulente Phasen unbeschadet zu über-stehen. Gleichzeitig misstraut er derBörse heute mehr denn je. Vor allem dersogenannte Hochfrequenzhandel istihm ein Dorn im Auge, also Computer-programme, die innerhalb von Millise-kunden zahllose Aufträge abfeuern undminimale zeitliche Vorsprünge gegen-über normalen Händlern ausnutzen. Beidiesem Thema wird der sonst so abge-klärte und gelassene Swensen plötzlichrichtig emotional, es wühlt ihn auf. „DieHochfrequenzhändler haben unserenAktienmarkt total ruiniert“, empört ersich, „sie schaden normalen Investoren,das ist völlig irrsinnig.“ Und dasSchlimmste daran sei, dass die Börsen-aufsicht nichts dagegen tue. „Die ist to-tal inkompetent“, erregt er sich.

Mindestens ebenso stören ihn akti-vistische Aktionäre, also jene, die sichbei einer Firma in großem Stil einkau-fen und sie dann zwingen, hohe Baraus-schüttungen vorzunehmen – ohneRücksicht darauf, ob das Geld besser inInvestitionen in die Zukunft angelegtwäre. Deren Tätigkeit färbe zudem aufden Gesamtmarkt ab, da allein dieFurcht, in den Blick solcher Aktivistenzu geraten, viele heute dazu treibe,mehr Geld auszuschütten und wenigerzu investieren, mit allen negativen Fol-gen. Swensen redet sich in Rage, umdann erleichtert hinzuzufügen: „Bei denilliquiden Anlagen, in die wir investie-ren, gibt es das zum Glück nicht.“

Schön für ihn, Pech für normale An-leger. Denn die haben meist keine Mög-lichkeit, in Private Equity, Hedgefondsoder Wagniskapital zu investieren. Undwenn doch, dann ergibt dies angesichtsder hohen Kosten bei den üblichen In-vestitionssummen von Kleinanlegernkeinen Sinn. Aber Swensen hat auch fürsie einen Rat: „Kaufen Sie sich ein gutdiversifiziertes Portfolio von Index-fonds.“ Damit haben Kleinanleger zwarkeine Chance, den Markt zu schlagen,so wie Swensen das seit Jahren tut. Sielaufen aber auch nicht Gefahr, schlech-ter abzuschneiden. Und das bei un-schlagbar günstigen Gebühren. Zudemwarnt er davor zu glauben, dass mandurch perfektes Timing den günstigstenEinstiegszeitpunkt erwischt. Sich selbsttraut er es jedenfalls nicht zu, diesenMoment zu finden.

Über seine privaten Geldanlagen willer übrigens nicht weiter reden. Das seialles viel zu lausig, da zeichne er sichnicht durch besonderen Erfolg aus.Aber man darf davon ausgehen, dass erdennoch sein Auskommen hat, sein Jah-ressalär liegt bei vier Millionen Dollar.

Es reicht daher auch dafür, dass erseinen Aufenthalt in Europa nutzt, umaus Frankfurt für einen Kurzurlaub insitalienische Piemont weiterzureisen,zusammen mit seiner Frau, die ihn aufder Europareise begleitet. Dort werdendie beiden an einer Weinprobe teilneh-men. Wein? Warum nun plötzlich Wein?„Na wegen der Diversifikation“, sagtBiertrinker Swensen und lacht.

Die Erfolgsstrategie des Uni-BankersDavid Swensen verwaltet das Vermögen der Yale-Universität. Sein Ansatz wurde zum Maßstab – auch für Kleinanleger

VON FRANK STOCKER

„Etwas tun, dem eine Mission innewohnt“: David Swensen auf dem Yale-Campus in New Haven, Connecticut

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42 12.11.17 12. NOVEMBER 2017 WSBE-VP1BELICHTERFREIGABE: --ZEIT:::BELICHTER: FARBE:

WELT AM SONNTAG NR. 46 12. NOVEMBER 201742 FINANZEN

Dazu soll auch beitragen, was inder Verwaltung unter dem Schlag-wort E-Government läuft. Die Bür-ger sollen die Gebühren für Dienst-leistungen der Städte und Gemein-den zunehmend per Mausklick imInternet begleichen können. So ist esin Frankfurt am Main beispielsweisemöglich, mit Giropay direkt onlineeinen Bewohnerparkausweis zu be-zahlen. Mehr als 1000 Kommunensind an das Onlinebezahlverfahrenangebunden, das von mehreren Ban-ken gemeinsam betrieben wird. AuchPayPal, der Bezahlriese aus den USA,hat die Kommunen bereits vor Jah-ren als Kunden entdeckt. Mit 250Stellen aus der öffentlichen Verwal-tung arbeitet PayPal mittlerweile zu-sammen, dazu gehören auch die hes-sische Bußgeldzentrale in Kassel unddas Hunderegister in Niedersachsen.

Noch stecken viele der Bürger-portale in den Anfängen. In einigenGemeinden können Anträge zwarauf digitalem Weg gestellt werden,bezahlen müssen die Bürger aberweiterhin vor Ort. Der Druck, vielmehr online abzuarbeiten, wird mitder nächsten Generation steigen, istsich Verwaltungsexperte Erdmannsicher: mit der nächsten Generationder Beschäftigten und der nächstenGeneration der Bürger. Sie würdeneinfach erwarten, dass für Standard-verfahren niemand mehr persönlichauf einem Amt erscheinen muss,sondern alles per Smartphone imInternet abwickeln kann. Das giltauch beim Bezahlen.

Neben Sicherheit und Servicespielen bei der Abkehr vom Bargeldin der Verwaltung natürlich auch dieKosten eine Rolle. Bargeld ist für ei-ne Behörde nicht zwangsläufig teu-rer als eine EC-Karten-Transaktion,geschweige denn als eine Zahlungper PayPal. Die Finanzunternehmenverlangen schließlich Gebühren fürdie Nutzung ihrer Dienste. Einepauschale Antwort auf die Frage,was günstiger ist, wird es nicht ge-ben, das muss jeder Kassenverwal-ter für seine Behörde ausrechnen.

Die Verantwortlichen der Bun-desagentur für Arbeit kamen fürsich zu einem eindeutigen Ergebnis:Der Unterhalt eines Automaten istteurer als die Variante mit den La-denkassen. Eine einzelne Auszah-lung in den Arbeitsagenturen undJobcentern kostete die Behördenach eigenen Angaben bislang achtEuro. Die Maschinen müssenschließlich regelmäßig befüllt undgewartet werden.

Angesichts von 400.000 Transak-tionen, die im Vorjahr über die Kas-senautomaten liefen, summiertensich die Kosten auf 3,2 Millionen Eu-ro im Jahr. Wie viel die Bundesagen-tur künftig durch die Auslagerungdes Service in die Supermärkte undDrogerien spart, will sie nicht sagen.Nur so viel: Die Kosten pro Auszah-lung seien in Zukunft geringer.

So verschwindet im kommendenJahr das Bargeld aus den Räumender Bundesagentur, rund zehn Jahrenachdem dort Kassenautomatenaufgestellt wurden. Sie hatten, da-mit das Bargeld nicht mehr perHand ausgegeben werden musste,einst die Menschen von den Behör-denkassen verdrängt. Nun erhaltendie Arbeitslosen ihr Bargeld wiedervon echten Menschen ausbezahlt.Nur sitzen die jetzt bei Rossmannan der Kasse.

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Hessen könnenBußgelder perPayPal bezahlen