Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union Norbert Hiller.

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Inhalt

2Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Unionhiller@insiwo.de

1. Politische Begründung

2. Theoretische Begründung

3. Praktische Regionalpolitik

4. Bewertung und Fazit

1. Politische Begründung

3hiller@insiwo.de

Europäische UnionArt. 2: „…den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt und die Solidarität zwischen den Mitgliedsstaaten zu fördern“

Art. 174: „…die Unterschiede im Entwicklungsstand der verschiedenen Regionen und den Rückstand der am stärksten benachteiligten Gebiete zu verringern.“

Deutschland

Art. 91a GG: „Gemeinschaftsaufgaben: Verbesserung der regionalen Wirtschafts-struktur, Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“

Art. 106 GG: „Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse“

Art. 72 GG: „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“

Ziel: Regionale Disparität reduzieren!

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

1. Politische Begründung

4hiller@insiwo.de

- Unausgewogene Entwicklung in der Raumstruktur

o Rohstoffe,

o Bevölkerung,

o Industrien,

o Infrastruktur, etc.

- Folgen

o Wohlfahrtsunterschiede,

o Lohndifferenzen,

o Arbeitslosigkeit

Regionale Disparität

Politisches Ziel: Reduzierung der regionalen Unterschiede (Divergenz) durch Angleichung der Lebensverhältnisse (Konvergenz)

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

β-Konvergenz:Ärmere Regionen weisen höheres Wachstum (Pro-Kopf Einkommen) auf als reichere Regionen.δ-Konvergenz:Streuung des Pro-Kopf Einkommens nimmt über die Zeit ab.

2. Theoretische Begründung

5hiller@insiwo.de

Regionalpolitik

I. Neoklassische Außenhandelstheorie

II. NeueAußenhandelstheorie

III. NeueWachstumstheorie

IV. Neue ÖkonomischeGeographie

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

2. Theoretische Begründung

6hiller@insiwo.de

Annahmen- einheitliche Produktionstechnologie- perfekte Mobilität- konstante Skalenerträge- keine externen Effekte- Spezialisierung (komparativer Vorteil)- Angleichung der Faktorpreise (Arbeit, Kapital)- Führt zu Konvergenz

KEIN regionalpolitischer Handlungsbedarf!

Der Markt wird es schon richten…

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Eher allokative Ziele

I. Neoklassische Außenhandelstheorie

Keine Region kann die andere stark überflügeln. Durch Ausgleichsmechanismen (Mobilität, Faktorpreise) nähern sich Regionen an.

2. Theoretische Begründung

7hiller@insiwo.de

Annahmen- unterschiedliche Produktionstechnologie- perfekte Mobilität- steigende Skalenerträge- externe Effekte- Führt zu Divergenz

Mobilität kann im Extremfall dazu führen, dass eine Region weder über Arbeit noch Kapital verfügt.

Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse

Regionalpolitischer Handlungsbedarf!

Wanderung (Arbeit, Kapital) sollen reduziert werden…

Eher distributive Ziele

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

II. NeueAußenhandelstheorie

2. Theoretische Begründung

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Annahmen- Technischer Fortschritt ist endogen- Abhängig von Kapital (öffentliches Kapital, Humankapital, etc.)- Reiche Regionen nutzen positive Externalitäten- Führt zu Divergenz

Regionalpolitischer Handlungsbedarf! Eher distributive Ziele

Faktoren wandern in Regionen mit hoher Wissensagglomeration, hohen Skalenerträgen

und positiven Externalitäten

Wanderung (Arbeit, Kapital) sollen reduziert werden…

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

III. NeueWachstumstheorie

Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse

2. Theoretische Begründung

9hiller@insiwo.de

Regionalpolitischer Handlungsbedarf! Eher distributive Ziele

Trade-Off zwischen Konvergenz und Wachstum

Annahmen- unterschiedliche Produktionstechnologie- Immobilität (Transportkosten relevant!)- steigende Skalenerträge- externe Effekte- Führt zu Divergenz

Wanderung (Arbeit, Kapital) sollen reduziert werden…

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

IV. Neue ÖkonomischeGeographie

Durch Konvergenzen schränke ich womöglich Wachstumsprozesse ein

2. Theoretische Begründung

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Fazit

- Theorien weisen Konvergenz und Divergenz auf

- Faktormobilität (Transportkosten) von entscheidender Bedeutung

- Regionalförderung eher distributiv (politisch) motiviert, nicht allokativ (ökonomisch)

Größenvorteile durch Konzentration

(spricht für Divergenz)

Einheitliche Lebensverhältnisse

(spricht für Konvergenz)

Allokation: Distribution:

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Regionalpolitik

11hiller@insiwo.de

Marktwirtschaftlicher Ansatz Interventionistischer Ansatz

Grundlegende Theorie Neoklassisch: Deregulierung, Privatisierung, niedrige Staatsquote, so wenig staatliche Eingriffe wie möglich

Keynesianisch: Angebotsseitige Unterstützung der Unternehmen, staatliche Interventionen

Gründe für regionale Disparitäten

Marktineffizienzen durch Rigiditäten, z. B. Lohnrigiditäten, Mobilitätshemmnisse, mangelnde Innovationsfähigkeit, starke staatliche Interventionen

Strukturelle Defizite, Investitionsschwäche, Kapitalabfluss in reiche Regionen, unangemessene staatliche Einflussnahme auf die regionale Entwicklung

Ansatzpunkte zum Abbau regionaler Disparitäten

Deregulierung regionaler Arbeits-märkte, insb. Lockerung gesetzlicher Bestimmungen, steuerliche Anreize, mehr Wettbewerb

"aktive" Regionalpolitik auf lokaler und regionaler Ebene, öffentliche Infrastrukturinvestitionen

Ausgestaltung der Regionalpolitik

Minimale Ausgaben, selektive Förde-rung (Projekte, Programme), Ausbau der Infrastruktur, „passive Rolle“ der Regionalpolitik

Starke Regionalförderung, Gesetzgebungs- und Finanzierungskompetenz auf höherer staatlicher Ebene, Verwaltungskompetenz unten („Dezentralisierung“) – „aktive Rolle“ der Regionalpolitik

2. Theoretische Begründung

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

3. Praktische Regionalpolitik

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Die Deutsche Institution der Regionalförderung

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschafts-struktur“ (GRW) Regionalpolitik

Inhaltliche Ausrichtungo Abbau der interregionalen Einkommensunterschiedeo Schaffung neuer Arbeitsplätze

Fördermethodeo Vorwiegend direkte Zuschüsse zu den Investitionskosten privater Unternehmeno Bezug zur Export-Basis-Theorieo Ergänzend nichtinvestive Fördermöglichkeiten für KMU

Abgrenzung des Fördergebieteso Grundlage bildet Indikatorenmodell auf Basis von Arbeitsmarktregioneno Auf Grundlage des Indikators wird ein Ranking erstellto Förderung konzentriert sich auf die aus dem Ranking hervorgegangenen strukturschwächsten

Regionen

3. Praktische Regionalpolitik

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Kennziffern in Deutschland

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Beispielkennziffern für die Beurteilung der Wirtschaftsstruktur

Auf Basis von Arbeitsmarktregionen (AMR)o Funktionale Regionen (AMR) vs. administrative Regionen (Kreise)o Bildung anhand von Pendlerströmeno Beheben regionalbedingte, statistische Verzerrungen

o Pro-Kopf-Einkommen: BIP/Einwohnero Bevölkerungsdichte: Einwohner/qkmo Industriedichte: Industriebeschäftigte/ qkmo Industriebesatz: Industriebeschäftigte/1000 EWo Arbeitsplatzbesatz: Beschäftigte/1000 EWo Arbeitsproduktivität: BWS/Erwerbstätigeo Exportorientierung: Exportanteil an BWS

3. Praktische Regionalpolitik

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Arbeitsmarktregionen im Vergleich

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Arbeitsmarktindikator: Arbeitslosenquote

3. Praktische Regionalpolitik

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Arbeitsmarktregionen im Vergleich

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Einkommensindikator: Bruttojahreslohn pro

Beschäftigten

3. Praktische Regionalpolitik

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Arbeitsmarktregionen im Vergleich

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

3. Praktische Regionalpolitik

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Fördergebiete

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Regionalindikator Gewicht

Ø-ALQ 50 %

Bruttojahreslohn je SVB 40 %

Erwerbstätigenprognose 5 %

Infrastrukturindikator 5 %

Fördersätze: 10 bis 50% der Investitionssumme

Unterscheidung nach Unternehmensgröße (kleine Unternehmen werden mehr gefördert)

3. Praktische Regionalpolitik

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Bewilligte GRW-Mittel in Mio. EUR

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

EFRE: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung

3. Praktische Regionalpolitik

19hiller@insiwo.de

Die EU Institutionen der Regionalförderung

ESF (Europäischer Sozialfond, seit 1961)

o U.a. Schaffung neuer, hochqualifizierter Arbeitsplätze

EFRE (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, seit 1975)

o U.a. Unterstützung mittelständischer Unternehmen

Kohäsionsfonds (seit 1993)

o U.a. Förderung der Verkehrsnetze und der Umwelt

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

3. Praktische Regionalpolitik

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Die EU-Regionalförderung

Ziele Fördermittel Kriterien

KonvergenzEFRE, ESF,

Kohäsionsfonds

Regionen mit einem Pro-Kopf-BIP unter 75% des EU-25-Durchschnitt. Regionen in

äußerster Randlage (Azoren, Madeira, Guadeloupe usw.).

Mitgliedstaaten mit einem BNE/Kopf <90% des

europäischen Durchschnitts

Regionale Wettbewerbsfähigkeit und

BeschäftigungEFRE, ESF

Alle Gebiete die nicht unter das Ziel Konvergenz fallen. Die

Mitgliedsstaaten schlagen eine Liste der Regionen vor.

Europäische territoriale Zusammenarbeit

EFREGrenzregionen und Räume der

transnationalen Zusammenarbeit

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

3. Praktische Regionalpolitik

21hiller@insiwo.de

EU-Förderung

Förderung der Wettbewerbsfähigkeit

Förderung der Konvergenz

Förderung der Konvergenz

(Phasing-Out)

Förderung der Wettbewerbsfähigkeit

(Phasing-In)

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Phasing-Out: über 75%-Grenze (BIP/Kopf, EU-25) aber unter 75%-Grenze (BIP/Kopf, EU-15), BNE weniger als 90% des Durchschnitts (EU-25)

Phasing-In: unter 75%-Grenze (BIP/Kopf, EU-15)

3. Praktische Regionalpolitik

22hiller@insiwo.de

Regionalfördermittel nach Zielen

Fördermittel in Mrd. EUR Fördermittel in %Ziel 1 Konvergenz

Konvergenzregionen (NUTS-2) 177,10 57,51Phasing-Out Regionen (NUTS-2) 15,70 5,10Kohäsionsstaaten (MGS) 58,30 18,93

Gesamt 251,10 81,54Ziel 2 Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung

nicht unter Konvergenz fallende Regionen 38,74 12,58Phasing-In Regionen (NUTS-2) 10,40 3,38

Gesamt 49,14 15,96Ziel 3 Europäische Territoriale Zusammenarbeit

grenzüberschreitende Zusammenarbeit 5,70 1,85transnationale Zusammenarbeit 1,60 0,52interregionale Zusammenarbeit 0,40 0,13

Gesamt 7,70 2,50Summe 307,94 100,00

Budget für 2007-2013

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

3. Praktische Regionalpolitik

23hiller@insiwo.de

Aufteilung Regionalförderung nach Ländern in Mio. EUR

Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Budget für 2007-2013

3. Praktische Regionalpolitik

24hiller@insiwo.de Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Aufteilung Regionalförderung (ESF, EFRE, Kohäsionsf.) nach Themen

Budget für 2007-2013

4. Bewertung und Fazit

25hiller@insiwo.de Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Was bringt die Regionalförderung?

Ökonom Sala-i-Marin Vergleicht Konvergenzprozesse in verschiedenen Ländern (Italien, Spanien,

Frankreich, Deutschland, UK, Japan)

Konvergenzprozesse verlaufen überall gleich, egal ob mit oder ohne

Regionalförderung

Ist die Regionalförderung somit sinnlos? Evaluierung anhand von Fallstudien, Simulationsmodellen, Ökonometrischen

Analysen

Widersprüchliche Ergebnisse, je nach regionaler Beobachtungseinheit

Einigkeit: Humankapitalförderung hat deutlich höhere Wirkung als

Infrastrukturmaßnahmen

4. Bewertung und Fazit

26hiller@insiwo.de Die Regionalpolitik in Deutschland und der Europäischen Union

Tendenz zu humankapitalorientierter Regionalpolitik…

Aktivierung „endogener Entwicklungspotenziale“ (Innovationen!)

Regionale FuE-Förderung

Beratungsinfrastruktur

Wissenschafts- und Technologieparks

Risikokapitalfonds