Eigenständige Lernerinnen und Lerner: Lernförderung … · ÖSelbstbeobachtung und Reflexion des...

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Eigenständige Lernerinnen und Lerner:Lernförderung durch Metakognition

SINUS-Workshop, 19. September 2005, Leibzig

Dr. Titus GuldimannKompetenzzentrum Forschung und Entwicklung Pädagogische Hochschule St. Gallen/Rorschach

Kompetenzzentrum Forschung & Entwicklung

Pädagogische Hochschulen St. Gallen (PHS) und Rorschach (PHR)

Kompetenzzentrum F + E

Lehr-Lernforschung- NF-Projekt ‚Adaptive Lehrkompetenz‘- IBH-Projekt ‚Standarderreichung in der Lehrerbildung‘

Bildungsevaluation- PISA- Fremdevaluation der Basisstufenversuche in 19 Kantonen - Fremdevaluation von Schulen und Ausbildungen

Entwicklungsprojekte - Basisstufenversuche im Kanton SG- Volksschulabschluss- Tagesstruktur

Ziele des Workshops

- Merkmale eigenständiger Lernerinnen und Lerner kennen

- Konzept der Metakognition zur Lernförderung verstehen

- Methoden zur Förderung eigenständigen Lernens kennen

- Schülerdokumente analysieren

- Reaktionsweisen der Lehrpersonen diskutieren

Programm des Workshops

1. Merkmale eigenständiger Lernerinnen und Lerner

2. Metakognition und seine Bedeutung für das Lernen

3. Forschungshintergrund

4. Studium von Schülerdokumenten

5. Diskussion von Fragen und Einsichten

6. Aufgaben der Lehrperson

Instruktives Lehr-Lernverständnis

setzt Zieleplant

- Lernphase/Methode- Medieneinsatz- Sozialform- Zeit

führt durchüberwachtbeurteilt

analysiert instruiert

vollzieht nach reproduziert

- träges Wissen- kein Transfer- Wissen als

Fertigprodukt- für alle das Gleiche- kaum

Selbständigkeit

Interaktives Lehr- Lernverständnisses

• vereinbaren Ziele• planen Lehren &

Lernen• beurteilen &

Selbstbeurteilung

• Lernen durch Verstehen• Informationsquellen nutzen• Lernen reflektieren• Strategien entwickeln

• Lernen beobachten• und unterstützen• Lernreflexion anregen• Lernmodell sein

• Metakognition nutzen

Kompetenzen eigenständiger Lernerinnen und Lerner

Kognition Motivation KommunikationSie verfügen über ein differenziertes, gut organisiertes Wissen

Sie sind durch die Sache motiviert und entwickeln ihre Interessen

Sie können sich mit anderen verständigen und voneinander lernen

MetakognitionSie setzen sich Ziele, planen, steuern und kontrollieren das eigene Lernen

Sie besitzen Strategien, das eigene Wissen anzuwenden und zu entwickeln

Sie kennen ihre Stärken und Schwächen und können aus ihren Erfahrungen lernen

Programm des Workshops

1. Merkmale eigenständiger Lernerinnen und Lerner

2. Metakognition und seine Bedeutung für das Lernen

3. Forschungshintergrund

4. Studium von Schülerdokumenten

5. Diskussion von Fragen und Einsichten

6. Aufgaben der Lehrperson

Metakognitives Wissen

= (Meta)wissenüber

Wissen

DASS (= deklarativ) WIE (= prozedural)

Person Sachwissen Aufgaben Strategien Kooperation

Metakognitive Fähigkeiten

Wissen, wie das Gedächtnis funktioniert (John Flavell)

Eigenes Gedächtnis kennen

Sensibel gegenüber eigenen Lernerfahrungen sein

Eigenes Lernen steuern, z.B. (Anne Brown)- Grenzen vorhersagen- Strategien bewusst werden und auswählen- neue Probleme erkennen- mit Stärken und Schwächen umgehen- Motivation erhöhen

Arten von metakognitivem Wissen

Metakognitives Wissen über die eigene Person

Metakognitives Wissen über Lernaufgaben

Metakognitives Wissen über Lernstrategien

Metakognitives Wissen über die eigene Person

Selbstwahrnehmung der eigenen Person beim Lernen: Was lerne ich momentan?

Selbstbewertung: Kann ich unter den momentanen Bedingungen gut lernen?

Selbstregulation: Ist mein Lernprozess erfolgreich ?

Metakognitives Wissen über Lernaufgaben

Erkennen des Aufgabentyps: Um welchen Aufgabentyp handelt es sich?

Vorwissen aktivieren: Welche Kenntnisse sind notwendig, um diese Aufgabe zu lösen?

Lösungswege bestimmen: Wie gehe ich bei diesem Aufgabentyp am besten vor?

Metakognitives Wissen über Lernstrategien

Lernstrategie/n auswählen: Welche Strategie ist Erfolg versprechend?

Merkmale der Lernstrategie: Worauf muss ich bei der Anwendung achten?

Wie kann das Lernen gelernt werden?

3 Möglichkeiten der Förderung des eigenständigen Lernens:

A Allgemeines Denk-, Intelligenz- und Problemlösetraining durchführen

B Lern- und Arbeitstechniken vermitteln

C Eigenständiger Lernen durch erkennen und entwickeln eigener Strategien in spezifischen Sachbereichen

zu B) Lern- und Arbeitsstrategien vermitteln

Wissen über Strategie vermitteln. Anwendungsdefizit

Strategien werden im erlernten Bereich angewendet. Transferdefizit

Strategien werden als Routinen eingesetzt und auf neue Anwendungsbereiche übertragen.

Integrationsdefizit

zu C) Eigenständig lernen: Projektziele

1. Schüler/innen sollen sich ihre eigenen höheren Lern- und Denktätigkeiten bewusst machen und entwickeln:

• sich beim Arbeiten und Lernen beobachten lernen• eigene Lernstrategien bewusstmachen • Lernerfahrungen mit anderen austauschen und sich anregen lassen • Lernfortschritte beachten und Ergebnisse selber prüfen• aus eigenen Fehlern lernen

2. Schüler/innen sollen handlungswirksames Wissen über das WIE des Lernens, den Lernprozess und dessen Bedingungen aufbauen resp. erweitern.

3. Lehrpersonen sollen das Lernen ihrer Schüler besser ver-stehen lernen, um eigenständiges Lernen zu unterstützen.

Programm des Workshops

1. Merkmale eigenständiger Lernerinnen und Lerner

2. Metakognition und seine Bedeutung für das Lernen

3. Forschungshintergrund

4. Studium von Schülerdokumenten

5. Diskussion von Fragen und Einsichten

6. Aufgaben der Lehrperson

Haupthypothese

Bei den Lernenden der Versuchsklassen soll gegenüber denjenigen der Kontrollklassen durch

Selbstbeobachtung und Reflexion des eigenen Lernens,Einsicht in die eigenen kognitiven Fähigkeiten unddas Entwickeln der autonomen Anwendung

das Strategiewissen erweitert, die Anwendung gesteigert und die Fachleistungen verbessert werden.

Forschungsdesign

ArbeitsheftFallstudieLehrerdokumentation

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ArbeitsheftFallstudieLehrerdokumentation

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t 1 (20 Monate) t 2 (12 Monate)

Wissenserwerb / Textschreiben / Mathematik

5 Instrumente zur Förderung eigenständigen Lernens

Arbeitsheft

Arbeitsrückblick

Ausführungsmodell

Klassenkonferenz

Lernpartnerschaft

Methoden zur Reflexion, zum Austausch und zur Anregung von Lernerfahrungen:

Arbeitsheft

Lernende beobachten sich bei der Arbeit und halten wichtige Beobachtungen im Arbeitsheft fest.Beispielsweise:

- beim Setzen von Zielen- Bei der Planung, Überwachung und Prüfung des eigenen

Vorgehens - Bei der Arbeiten mit verschiedenen Lernmedien- notieren Bemerkungen über sich als Lernende- notieren Bemerkungen zum Lernauftrag, den Lernpartner, die

Kollegen und die Lehrperson- zu den Rahmenbedingungen

Beispiel Arbeitsheft “Skelett”

Arbeitsrückblick

Arbeitsrückblick nach einer Lernsequenz um festzuhalten, was persönlich gelernt wurde:

- Ziele erreicht?- jetziger Lernstand?- zielgerichtetes Vorgehen?- eigene Schwächen und Stärken?- Umgang mit Fehlern?- Verbesserungen?- Motivation und Interesse?

Festhalten in einem Lerntagebuch/Lernjournal

Arbeitsrückblick: Leitfragen

Ausführungsmodell

Die Lehrperson oder ein Schüler machen laut denkend vor, wie sie/er eine Aufgabe löst. Die andern Lernenden beobachten das Vorgehen:

– die Handlung unmittelbar beobachten– sich handelnd anregen lassen– sich des eigenen Vorgehens bewusst werden– handlungsleitende Begriffe aufbauen

Klassenkonferenz

Periodisch werden persönliche Erfahrungen in grösseren Gruppen oder in der Klasse ausgetauscht:

- Lernerfahrungen- Strategie- und Aufgabenwissen- anderen zuhören und daraus lernen- gute Lern- und Rahmenbedingungen - häufigste Probleme und Lösungsversuche- Fehlerquellen und Vermeidungsstrategien - …

Lernpartnerschaft

Zwei Lernende arbeiten über längere Zeit zusammen:– von andern und mit andern lernen– ein Wegstück der Lerngeschichte miteinander gehen– den andern beobachten, beraten, fragen, unterstützen– mit dem andern zusammenarbeiten

≠ Partnerarbeit

Lernpartnerschaft: Schülerinnen schreiben sich

Auf dem Weg zum eigenständigen LernenVom angeleiteten zum eigenständigen Lernen

L macht Handlungen vor. S ahmen nach

S denkt laut. S vergleichen mit eigenen Strategien

Ausführungs-modell

L beobachtet und kommentiert Lernprozesse

S beobachten eigenes Vorgehen und notieren Probleme, Erkenntnisse

Arbeits-heft

S arbeiten für sich allein S lernen mit und von anderen, helfen einander

Lernpartner-schaft

L begutachtet das Lernergebnis

S evaluieren selber das Vorgehen und Ergebnis

Arbeits-rückblick

L bespricht Arbeiten vor der Klasse

Klasse/Gruppe tauscht Lernerfahrungen aus

Klassen-konferenz

Verwendung der Instrumente

flexibler und situativer Einsatzindividuell und sozial ausgelöst von der Lehrperson und den Schülern

Ausführungsmodell

Selbstbeobachtung

mit dem Lernpartner besprochen

Klassenkonferenz Erfahrungen im Arbeitsheft festgehalten

Programm des Workshops

1. Merkmale eigenständiger Lernerinnen und Lerner

2. Metakognition und seine Bedeutung für das Lernen

3. Forschungshintergrund

4. Studium von Schülerdokumenten

5. Diskussion von Fragen und Einsichten

6. Aufgaben der Lehrperson

Leitfragen zu den Schülerdokumenten

- Wie äussert sich eigenständiges Lernen in den einzelnen Dokumenten und Instrumenten?

- Wie würden Sie auf die Schüleräusserung reagieren? Allgemeine Überlegungen

- Unter welchen Bedingungen könnten Sie sich den Einsatz der Instrumente vorstellen?

- Was sind ihre Bedenken?

Programm des Workshops

1. Merkmale eigenständiger Lernerinnen und Lerner

2. Metakognition und seine Bedeutung für das Lernen

3. Forschungshintergrund

4. Studium von Schülerdokumenten

5. Diskussion von Fragen und Einsichten

6. Folgerungen für den Unterricht

Operationalisierung von eigenständigem Lernen

Selbständigkeit

Eigenständigkeit im Lernen

Metakognitive Bewusstheit

anderen Hilfe zur Selbsthilfe geben

(6-stufige) Qualität der Hilfe in 8 Unterrichtssituation

= MKB-Score

Beispiel zur mkBMetakognitive Bewusstheit - Videotest

8 Unterrichtsszenen entlang des Lernprozesses:

4. Szene: “Was heisst Sedimentation?”X Sage dir nichts Y Sedimentation bedeutet Ablagerung.Z2 Schaue im Duden selber nach.Z3 Du könntest aus dem Text das Wort versuchen zu

erschliessen; du könntest aber auch im Duden nachschlagen oder deinen Lernpartner fragen.

Z4 Wie bist du in vergleichbaren früheren Situationen vorgegangen?

Z5 Wie könntest du das selber herausfinden?

Entwicklung metakognitiver Bewusstheit

0

2

4

6

8

10

12

14

Prä Post Follow

KontrollVersuch

Beliebtheit der Instrumente

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6

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Aus Lehrer-sicht

Aus Schüler-sicht

Umgang mit Fehlern

Erwartete und unerwartete ErgebnisseErwartete Ergebnisse Unerwartete Ergebnisse

sign. Steigerung metakognitiverBewusstheit in den Versuchsklassen

langsame Entwicklung metakognitiverBewusstheit in Kontrollklassen

keine sign. Leistungssteigerung über die 3 Fachbereichen

sign. Leistungssteigerung im Fach Mathematik

spez. Wirksamkeit bei Primarschü-lerinnen im mittleren Leistungen

keine sign. Wirkung bei Schülern mit geringer Leistungsfähigkeit

Dies lässt sich nur in Einzelfällen, aber noch nicht statistischen signifikant nachweisen

grössere Bewusstheit führt zu breiterem Strategierepetoire, das konsequenter umgesetzt wird

Lernpartnerschaft als besonders wirksames Instrument

allgemeine Steigerung des sozialen Klimas in den Versuchsklassen

neue Rolle des Lehrers als Lernberater

Schwierigkeiten mit dieser neuen Rolle. Auswirkung auf die didaktische Gestaltung von Unterricht und Beurteilungsformen

Programm des Workshops

1. Merkmale eigenständiger Lernerinnen und Lerner

2. Metakognition und seine Bedeutung für das Lernen

3. Forschungshintergrund

4. Studium von Schülerdokumenten

5. Diskussion von Fragen und Einsichten

6. Folgerungen für den Unterricht

Folgerungen für den Unterricht1. Das eigene Lernen verstehen ist eine wichtige

Voraussetzung für eigenständiges Lernen.2. Reflexionsinstrumente fördern den Aufbau metakognitiver

Bewusstheit.3. Lernpartnerschaften erleichtern das Lernen.4. Eigenständige Lerner verfügen über ein differenziertes, gut

organisiertes und verstandenes Sachwissen.

5. Mädchen profitieren von Lernpartnerschaften speziell.

6. Die Förderung eigenständigen Lernens muss unterrichtliches Prinzip werden.