BR Gläser-Zikuda Leistungsbeurteilung als Lernförderung¤ser-Zikuda... · bei Bearbeitung einer...
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Prof. Dr. Michaela Gläser-Zikuda, Nadine Schlomske & Dr. Sascha Ziegelbauer
Lehrstuhl für Schulpädagogik und Didaktik
Institut für Erziehungswissenschaft
Friedrich-Schiller-Universität Jena
„Im Dialog mit den Lernenden:
Leistungsbeurteilung als
Lernförderung und
demokratisches Erfahrungslernen“
Gliederung
1.Lernförderung auf der Grundlage selbstgesteuerten Lernens
2.Die vielfältigen Seiten der Leistungsbeurteilung
3.Lernförderung und Leistungsbeurteilung mit Lerntagebuch und Portfolio
Selbstgesteuertes Lernen
Selbstgesteuerte Lernformen sind solche, bei denen„der Handelnde die wesentlichen Entschei-dungen, ob, was, wann, wie und woraufhin er lernt, gravierend und folgenreich beeinflussen kann“.
(Weinert, 1982)
Selbstgesteuertes Lernen
Was ist meine Aufgabe?
Was weiß ich, was nicht?
Was will ich herausfinden?
Wie gehe ich dabei vor?
Orientierung und Planung
Zielbildung- Erwartungen an mich- Erwartungen an Ziel- Motive, Bedürfnisse,Gefühle, Interesse
Handlungsvorbereitung- Wissen über Aufgabenanforderungen- Lernorganisation (Ort,Zeit, Hilfsmittel)- Auswahl geeigneter Lösungswege und
Lerntechniken überlegen
Ausführung
Kontrolle und Bewertung
- Ich konzentriere mich.- Es lohnt sich, durch-zuhalten!
- Ich will es verstehen!- Das mache ich gern!
- Ich führe Lösungsschritte durch und verwende Lerntechniken wie z.B. unterstreichen, im Buch nachschlagen,eine Tabelle, Mind Map erstellen
Wie gut habe ich es gemacht? Bin ich zufrieden? Was hat sich bewährt, was sollte ich ändern?
- Ich bespreche Lernschritte mit anderen
- Ich berate andere beim Lernen
Hierarchie von Bedürfnissen
Biologische Bedürfnisse (Nahrung, Schlaf,
körperl. Wohlbefinden)
Bedürfnis nach Sicherheit, Ruhe,
Angstfreiheit
Bedürfnis nach sozialer Integration, Bedürfnis
zu lieben und geliebt zu werden
Selbstwertschätzung,Selbstvertrauen, eigene
Kompetenz
Bedürfnis, eigenes Potenzial auszuschöpfen, eigene Ziele zu setzen und zu erreichen, Neugier und
Verstehen, ästhetische Bedürfnisse
(Maslow, 1970)
Autonomieerleben
(freie Wahl von Aufgaben, Arbeitsform, Bearbeitungsdauer etc.
Kompetenzerleben
(etwas verstanden oder gemeistert zu haben, anderen etwas erklären können etc.)
Soziale Eingebundenheit
(sich angenommen, aufgehoben fühlen etc.)
Selbstbestimmung motiviert!
Balance zwischen
Instruktion durch Lehrende und
Konstruktion der Lernenden
Lernen zwischen Selbst- und
Fremdsteuerung
INSTRUKTION
Unterrichten i.S.v. Anregen, Unterstützen und Beraten sowie Anleiten, Darbieten und Kontrollieren:
Aktive Position des Lehrenden
KONSTRUKTION
Lernen als konstruktiver, selbstgesteuerter, sozialer und emotionaler Prozess:
Aktive Position des Lernenden
Perspektivenwechsel: Vom Lehren zum Lernen
Der Grad an Selbststeuerung des Lerners ist abhängig
von
• individuellen Lernvoraussetzungen,
• den angestrebten Kompetenzen,
• den Anforderungen des Lerngegenstands,
• und den gegebenen Rahmenbedingungen.
Wie viel Selbststeuerung?
Gliederung
1.Lernförderung auf der Grundlage selbstgesteuerten Lernens
2.Die vielfältigen Seiten der Leistungsbeurteilung
3.Lernförderung und Leistungsbeurteilung mit Lerntagebuch und Portfolio
Prozess-analyse
Lehrerfolg Überprüfung des Unterrichtserfolges:Curriculum-evaluation
Änderung des Lehrens
Änderung der Lehrinhalte
DiagnostischesZiel
DiagnostischerInformations-
gehalt
DiagnostischeFunktion
PädagogischeEntscheidung
Leistungs-beurteilung
Lernrück-meldung
Lern-diagnostik
(Selbst)-Beob-
achtung,Prüfung,
Test,Portfolio
Leistungs-fähigkeit
Lernergebnis
Lerndefizit
Lernvorsprung
Objektive Bewertung: leitungsgemäßeDifferenzierung
Lernbestätigung
Lernhinweise
Analyseaktueller Lern-schwierigkeiten
Selektion/Platzierung
Klassifizierung
Selbstregulationdes Lernenden
Lernförderung
Differenzierungs-maßnahmen
(in Anlehnung an Twellmann, 1981)
Pädagogisches Leistungsprinzip
Schüler an schulische Leistungsanforderungen und den produktiven Umgang mit der eigenen Leistungsfähigkeit heranzuführen, ist eine wesentliche Aufgabe der Schule.
Pädagogisches Leistungsverständnis heißt, dass Leistungsanforderungen mit individueller Förderung verbunden sind.
Für den Unterricht bedeutet dies, Leistungen nicht nur zu fordern, sondern sie vor allem auch zu ermöglichen und zu fördern.
Es geht um die individuellen Voraussetzungen der Kinder mit dem Ziel, es ihnen zu ermöglichen ihre Leistungsfähigkeit zu erproben und weiterzuentwickeln.
Gliederung
1.Lernförderung auf der Grundlage selbstgesteuerten Lernens
2.Die vielfältigen Seiten der Leistungsbeurteilung
3.Lernförderung und Leistungsbeurteilung mit Lerntagebuch und Portfolio
Drei Ausgangspunkte für die Arbeit mit
Lerntagebuch und Portfolio
Literalität
Spätestens nach PISA wird Sprach- und Schriftgebrauch als vor- und überfachliche Grundqualifikation verstanden.
Neue Lernkultur („Vom Lehren zum Lernen“)
Selbstgesteuertes Lernen erfordert neue Formen der
Leistungsbewertung
(Lerntagebuch und Portfolio als „direkte Leistungsvorlage“)
Reformpädagogische Ideen
„Lernen mit Kopf, Herz und Hand“„Den Kindern das Wort geben“„Ganzheitlichkeit“
Formen reflexiven Schreibens
(Bräuer, 2000)
Arbeitsjournal- Aufgaben bearbeiten,
Texte entwickeln- Strategien anwenden- kommentieren- bewerten- kommunizieren
Lerntagebuch- sich selbst
beobachten- reflektieren- dokumentieren- mit sich selbst
kommunizieren- Strategien
entwerfen
Portfolio- sammeln- reproduzieren- bewerten- Leistung
präsentieren- Prozess- oder
Produkt - Portfolio
Merkmale des Lerntagebuchs
• Persönliche Eintragungen: „Im Gespräch mit sich selbst“
• Lernorientierung: Erzählen und Aufschreiben von Lernerfahrungen
• Sammlung: Zusammenstellung von Lernwegen und -ergebnissen
• Kontinuität: Ereignisse, Veränderungen über längere Zeiträume
• Gedächtnisstütze: Notiertes als Erinnerungshilfe
• Reflexion: Auseinandersetzung mit Lernerfahrungen, Gefühlen etc.
• Planung: persönliche Lernziele, konkrete Planungsschritte
Beispiele
Lehrertagebuch: Dokumentation u. Reflexion im Schulalltag Schulpraxis
WILZ & BRÄHLER: Klinisches Tagebuch Therapie
STERN; BÜHLER; SEIFFGE-KRENKE; SOFF EntwicklungspsychologieTagebuch als Forschungsinstrument (Dokumentation von Entwicklung) und -objekt (Analyse von Jugendtagebüchern) Biographische Forschung
ALTRICHTER & POSCH Schulische HandlungsforschungTagebuch zur Dokumentation und Reflexion über Schule und Unterricht
HASCHER; GLÄSER-ZIKUDA; SCHMITZ; SPINATH Lehr-LernforschungTagebuch zur Analyse und Förderung kognitiver, emotional-motivationaler und sozialer Aspekte des Lernens
GALLIN & RUF UnterrichtspraxisTagebuch als schriftlicher, individueller Niederschlag der Auseinandersetzung mit Lerninhalten und Lernprozessen im „Lern- bzw. Reisetagebuch“
1. Warum soll ein Lerntagebuch geführt werden?Das Lerntagebuch soll kein besseres Hausaufgabenheft sein, sondern es soll dir helfen, den roten Faden im Unterricht und bei deiner selbständigen Arbeit nicht zu verlieren.Im Lerntagebuch sollst du notieren, welche neuen Inhalte du erarbeitet oder in der Unterrichtsstunde gelernt hast. Außerdem sollst du dort erläutern, wie du deinen Arbeitsprozess bei größeren Vorhaben (z.B. Referate, Projekte) strukturieren willst.2. Anleitung zur äußeren FormDein Lerntagebuch sollte ein etwas dickeres Heft im DINA4- Format sein. Am Ende jeder Unterrichtsstunde bzw. noch am gleichen Tag zu Hause vor der Bearbeitung der Hausaufgaben solltest du eine Eintragung machen. Es ist hilfreich, wenn du zwei Farben benutzt. So kannst du neue Inhalte in einer Farbe gestalten und offene Fragen oder Probleme, die du noch hast, oder auch die Planung von weiteren Arbeitsprozessen in einer anderen Farbe gestalten.
Heske, Henning (1999): Lerntagebücher im Mathematikunterricht - ein Baustein zumselbstreflexiven Lernen und zur Teamentwicklung. - In: Pädagogik 51, H. 6, S. 8-11.
Anleitung für ein Lerntagebuch
3. Inhalta) Was war das Thema der Stunde? (Datum)b) Wusstest du schon etwas über das Thema? c) Wurden neue Begriffe eingeführt? In welchem Zusammenhang stehen diese neuen Begriffe mit bereits bekannten Begriffen? Versuche eine Mindmap zu erstellen.d) Ist dir etwas nicht klar geworden? Wenn ja, dann formuliere eine Frage, die du deinen Mitschülern oder deinem Lehrer stellen willst. e) Gab es verschiedene Lösungswege? Hast du andere Ideen zur Lösung gehabt?4. Planung von Arbeitsprozessena) Versuche das Problem (die Aufgabe) mit eigenen Worten zu formulieren. b) Überlege dir eine Lösungsstrategie. c) In welchen Schritten willst du vorgehen? d) Lässt sich die Aufgabe arbeitsteilig lösen? e) Werden zusätzliche Hilfsmittel (Lexika, Fachbücher, Computer) benötigt?f) Erstelle dir gegebenenfalls einen Arbeitsplan oder eine Mindmap.
Heske, Henning (1999): Lerntagebücher im Mathematikunterricht - ein Baustein zumselbstreflexiven Lernen und zur Teamentwicklung. - In: Pädagogik 51, H. 6, S. 8-11.
Anleitung für ein Lerntagebuch
Anleitung für ein Lerntagebuch
5. Reflexion deiner Arbeit
a) Welche Schwierigkeiten sind bei der Lösung aufgetreten?b) Warum bist du nicht weiter gekommen? c) An welchen Stellen hast du etwas für dich Neues gelernt? d) Bist du mit deiner Arbeit zufrieden?e) Hast du dein Arbeitsziel in dieser Stunde erreicht? Wenn nicht, woran
lag es?f) Wie hast du dich in dieser Stunde im Unterricht oder in der
Gruppenarbeit beteiligt? Gib dir eine Note.
Heske, Henning (1999): Lerntagebücher im Mathematikunterricht - ein Baustein zumselbstreflexiven Lernen und zur Teamentwicklung. - In: Pädagogik 51, H. 6, S. 8-11.
Lernförderung durch das Lerntagebuch
Führen eines Lerntagebuchs- Lernwege, Lösungen, Fragen,
Probleme, Erfahrungen fest-halten
- Selbstbeobachtung und Selbst-erfahrung
Lernpartnerschaft- jeder hat einen Lernpartner- Austausch von Lerntagebüchern,
Lernerfahrungen, Problemen, Fragen
Klassenkonferenz- Lernerfahrungen in größeren
Gruppen besprechen- Klassenkonferenz =Lernkonferenz
Ausführungsmodell-Lehrer bzw. Schüler denkt
bei Bearbeitung einer Aufgabe lautvor
- Schüler beobachten, vergleichen,erproben
Beck, Guldimann & Zutavern,1991
Rückblick im LerntagebuchReflexion über den Lernprozess
• Ein Pädagogisches Portfolio ist eine zielgerichtete
Sammlung von Dokumenten, welche die
Lernentwicklung und Lernleistungen eines
Lernenden in einem thematischen Bereich
veranschaulichen soll.
• Diese Lernentwicklung und Lernleistungen werden
von dem Lernenden regelmäßig selbst beobachtet,
reflektiert und beurteilt.
Was ist ein pädagogisches Portfolio?
(Brunner et al., 2006; Gläser-Zikuda & Hascher, 2007;
Häcker, 2002; Lissmann, 2001)
Möglicher Nutzen und Ziele der
Portfolioarbeit
• Erhöhung der (Selbst-)Reflexivität der Beteiligten
• Erhöhung der Eigenverantwortung, Selbststeuerung
• Transparente, individuelle Leistungsbeurteilung
• Ermöglichung von Kompetenzerleben (Selbstbild als Lerner)
• Optimierung des individuellen Lernprozesses und der Lernstrategien
• Planungsinstrument für die Lehrkraft
Portfolio-Typen
(Lissmann, 2000)
Präsentationsportfolio:
Sammlung der „besten“ und repräsentativsten Arbeiten (Begründung der Auswahl!)
Entwicklungsportfolio:Aufzeigen von Veränderung (Lernprozess, Selbstreflexion)
Arbeitsportfolio:Dokumentation des Gelernten (Lerninhalte und Selbstreflexion)
Bewerbungsportfolio:„Ausweis“ für Zugang zuBildungs- und Berufswegen(erreichte Leistung)
Beurteilungsportfolio:Dokumentation des Gelernten (Beurteilungsrichtlinien, formaler Charakter)
Bestandteile eines Portfolios
Auswahl von Arbeiten, welche die Fähigkeiten und Leistungen eines Lernenden dokumentieren
Ein Portfolio enthält:
- Schulische Arbeitsergebnisse- außerschulische Dokumente- Dokumente verschiedenster Art- Lehrerrückmeldungen- Schülerreflexionen
Aufbau eines Portfolios
• Pflichtteile– Gemeinsam mit Schülern festgelegt– oder vom Lehrperson vorgegeben
• Wahlteile– Sehr persönlich und individuell– Schüler entscheidet selbst– Sehr unterschiedlich und vielfältig
• Selbstbeobachtung und -reflexion
LeitfragenDatum Wann habe ich diesen Eintrag gemacht?
(Zeit als Ordnungsprinzip)
Thema Womit befassen wir uns? Was mache ich? (Schlagzeile / Blickfang)
Auftrag Was muss ich tun?(Problem, Erwartungen, Hilfen, Ziele)
Orientierung Wozu machen wir / mache ich das?(Motive, Fragestellungen, Überblick)
Spuren Welchen Weg beschreite ich bei der Lösung des Auftrages?(persönliche Auseinandersetzung mit dem Thema)
Rückblick Wo stehe ich jetzt?(Zusammenfassung, Merksatz, persönlicher Kommentar, offene Fragen, neue Aufträge)
Rückmeldung Was kann ich? Wer kann mir bei Fragen weiterhelfen?(Reaktionen, Tipps, Beurteilungen: Lehrperson oder Mitschüler)
Hier kreuze ich an … stimmtgar nicht
stimmtwenig
stimmtziemlich
stimmtgenau
Die Aufgabenstellung war mir schnell klar.
Ich habe mir überlegt, wie ich vorgehen werde.
Ich habe mir das notwendige Material beschafft.
Ich habe nachgedacht, ob ich die Aufgabe richtig verstanden habe.
Ich habe konzentriert gearbeitet.
Selbstreflexion in Briefform
• Welche Aufgaben habe ich erledigt?
• Was betrachte ich bei meinem jeweiligen Arbeitsprodukt als gelungen? Warum?
• Mit welchen Arbeiten bin ich nicht so besonders zufrieden?
• Was habe ich bei meinen Arbeitsprodukten gelernt?
• Wo gab es Schwierigkeiten während der Arbeitsphase?
• Über was bin ich mir (immer noch) nicht im Klaren? Was würde ich beim nächsten Mal anders machen?
• Welche persönlichen Stärken habe ich an mir entdeckt?
• Welche persönlichen Schwächen sind mir aufgefallen?
• In welchem Bereich könnte ich mich weiterentwickeln / verbessern?
• Was sagt mein Portfolio über mich aus?
Lernentwicklungen feststellen
Leistungen werden überprüft – mündlich (bzw. handelnd)
oder schriftlich (im Minitest).
(Vortrag Hecker, 2004)
Die Gruppe diskutiert den Lösungsweg.
Die Gruppe bereitet sich auf die Präsentation ihres Arbeitsergebnisses vor.
(Vortrag Hecker, 2004)
Lerngespräche führen
Lerntagebuch und Portfolio
Offene Fragen?
Kommentare?Kritik?
Erfahrungen?
Stellungnahmen?Lösungsvorschläge?