Entwicklungspsychologie für Lehrer Die intellektuelle Entwicklung im Vorschulalter.

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Entwicklungspsychologie für Lehrer

Die intellektuelle Entwicklung im Vorschulalter

Inhalt der Veranstaltung

Entwicklung kognitiver Leistungen Das Gedächtnis / die Intelligenz Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Literaturhinweise

Hackfort, Dieter (2003): Studientext Entwicklungspsychologie 1. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht Verlag. Kap II.

Keller, Gustav (2000): Schulische Entwicklungspsychologie. Donauwörth: Auer Verlag. Kap. 4.4

Oerter, Rolf (Hrsg.) (2002): Entwicklungspsychologie. Weinheim: Beltz Verlag. (Präsenzbestand Uni-Bibliothek)

Rossmann, Peter (1996): Einführung in die Entwicklungspsychologie des Kindes- und Jugendalters. Bern: Hans Huber Verlag. Kap. 9.

Sander, Elisabeth: Skript-Auszug

Die Überwindung des kleinkindhaften Weltbildes

Anthropomorphistisches Denken des Kindes logisch-kausales Denken Erwachsener

Überwindung des Anthropomophismus etwa mit 5. Lebensjahr

Unterscheidung zwischen belebter & unbelebter Welt wird möglich

Deutlich durch „als-ob-Charakter“ des Rollenspiels

Wahrnehmung

Wesentlicher Entwicklungsfortschritt im Vorschulalter:

Differenzierung der Wahrnehmung Entwicklung ermöglicht Orientierung in

der räumlichen, zeitlichen, personalen & dinglichen Umwelt

Wahrnehmung

Grundlage der Raumorientierung: Tiefensehen Wahrnehmungskonstanz

Eroberung des Raumes

Raumkategorien in denen des Kind denkt: Topologischer Raum

= Kategorie der Nachbarschaft, Geschlossen-heit & Eingeschlossenheit

Euklidischer Raum

= Dimensionen Höhe, Länge, Breite - können noch nicht miteinander in Beziehung gebracht werden

Gestaltwahrnehmung

Formwahrnehmung: Bereits im 1. Lebensjahr vorhanden (weil

lebenswichtig) Unterscheidung von Gesichtern im 8. Monat 3. Lebensjahr - Unterscheidung zwischen

Längen, Höhen, Flächen, Farbtönen

Gestaltwahrnehmung

Raum-Lage-Indifferenz: 2. Lebensjahr – Schwierigkeiten in der

Wahrnehmung gegenständlicher Gebilde Bsp. Bilderbuch wird verkehrt herum gehalten

Ab 3. Lebensjahr – Korrektur der Raum-Lage-Indifferenz durch Lebenserfahrung

Gestaltwahrnehmung

Schwierigkeiten der Wahrnehmung der Raumlage von Gestalten (oben, unten, rechts, links)

Differenzierung wichtig für Erlernen von Lesen & Schreiben

Schwierigkeiten der verbalen Bezeichnung von links & rechts bis ins Schulkindalter

Differenzierte Wahrnehmung

Teilinhaltliches Erfassen: Ab 4. Lebensjahr Isolierung von Objekten & Bildern Erkennen von Unterschieden auf versch.

Bildern Aufmerksamkeit & Konzentrationsfähigkeit als

wichtige Voraussetzung

Zeitwahrnehmung / Zeitperspektive

Zeitablauf wird repräsentiert durch: Anschauliche & räumliche

Gegebenheiten

Beurteilung der Länge der Zeit: Nach sichtbarem Effekt

Zeitwahrnehmung / Zeitperspektive

Experiment: zurückgelegter Weg von Spielzeugautos

Auto A fährt in gleicher Zeit eine weitere Strecke als Auto B

Zeitwahrnehmung / Zeitperspektive

Wahrnehmung des Zeitablaufes: Das Längere; Größere, Intensivere

= längerer Zeitablauf

Beurteilung des Alters von Personen: Wird gleichgesetzt mit der Körpergröße

Zeitwahrnehmung / Zeitperspektive

Zeitperspektive: Entwicklung anhand eines geordneten

Tagesablaufs Schwierigkeiten mit Standpunktrelationen

(gestern, heute, morgen) – bis ins 5. Lebensjahr

Erfassung größerer Zeiträume mit Hilfe emotionaler Markierungspunkte

Das Gedächtnis

Größte Leistung des frühkindlichen Gedächtnisses im Bereich der Sprache

Erinnerung an positiv & negativ besetzte Personen, Objekte, Ereignisse & Orte

Selektion der eindringenden Reize durch Egozentrismus

Die Intelligenz

Intelligenz:

• Leistungsgrad der psychischen Funktionen in ihrem Zusammenwirken bei der Bewältigung neuer Situationen

Die Intelligenz

Zu Beginn der Intelligenzentwicklung: Erfassen von Beziehungen auf der

sensumotorischen Ebene

(Werkzeugdenken)

Die Intelligenz

Voraussetzungen für höhere Leistungen im sprachlichen & nicht-anschaulichen Gebiet:

Merkmalsdiskriminierung Verfügen über Begriffe Wissen um Regeln

Wahrnehmungsdifferenzierung & Intelligenz

Wesentliche Charakteristik der Intelligenz: Fähigkeit der realistischen Hinwendung zur

Umwelt Teilinhaltliche Erfassung von

Wahrnehmungsinhalten Ab 4 ½ Jahren: Korrelation zwischen visueller

Differenzierungsfähigkeit & messbarer Intelligenz

Verlagerung: praktisches Handeln

Vorstellungsebene Loslösung von wahrnehmbaren &

konkreten Einzelsituationen Gedankliche Vorwegnahme der Lösung

auf der Vorstellungsebene

Problemlöseverhalten

Begriffsbildung

Beginn der Sprachentwicklung: übergreifende Generalisierung von Merkmalen

Zunehmende Differenzierung ermöglicht Individualbegriffe & später Gattungsbegriffe

Ende des Vorschulalters - Ablösung des Denkens von konkreter Sachvorstellung

Begriffsbildung

Entwicklung:

1. perzeptuelle Begriffsbildung (Gruppierung nach wahrnehmbaren Gegenstandsmerkmalen)

2. relationale Begriffsbildung (vom Eigenerlebnis bestimmt)

3. Bildung von Oberbegriffen

(1896-1980)Schweizer PsychologeBegründer der Genfer Schule 

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Grundgedanke Piagets: Entwicklung der Intelligenz = Prozess

einer Veränderung von Denkstrukturen Entwicklung erfolgt in qualitativ klar

abgrenzbaren Stadien Abfolge der Stadien festgelegt – nicht

umkehrbar

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Aktiver Prozess – durch aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt gewinnt Individuum fortschreitend Erkenntnisse

Piaget - zahlreiche Experimente zu Strukturveränderungen der Entwicklung intelligenten Verhaltens

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Intelligenz nach Piaget: Prozess zwischen Individuum & Umwelt,

zur Herstellung eines Gleichgewichts

= Äquilibration Entwicklung von einfachsten Formen der

Umweltbegegnung immer komplexere Formen der Umweltbewältigung

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Zentrale Begriffe: Kognitives Schema / kognitive

Organisation Assimilation Akkomodation

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Assimilation: Aufnahme eines Gegenstandes in geistiges

Schema (Rassel wird gegriffen = Assimilation der Rassel in das Greifschema)

Akkomodation: Anpassung der Schemata in die Wirklichkeit

(Struktur des Greifens muss an den zu greifenden Gegenstand angepasst werden)

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Intelligenzentwicklung nach Jean Piaget

Stufenförmige Intelligenzentwicklung: Sensumotorik (1. Lebensjahr) voroperatorisches / anschauliches

Denken (2.-7. Lebensjahr) konkrete Operation (7.-11. Lebensjahr) formal-logisches Denken (ab 11.

Lebensjahr)

Sensumotorische Intelligenz

Sensumotorische Intelligenz: praktische Intelligenz Kleinkind lernt Wahrnehmung & Motorik

miteinander zu koordinieren Kleinkind kann nur verstehen, was sich

„begreifen“ & bewegen lässt

Sensumotorische Intelligenz

Unterteilung in 6 Stufen:

1. Übung angeborener Reflex- mechanismen:

(1. Monat) Säugling ausgerüstet mit angeborenen

Reflexen & Sinnesorganen

Sensumotorische Intelligenz

2. Primäre Kreisreaktionen:

(1.- 4. Monat) Wiederholung von Handlungen, die zu

einem angenehmen Ergebnis führen Erste Gewohnheiten bilden sich aus generalisierende Assimilation

Sensumotorische Intelligenz

3.Sekundäre Kreisreaktionen: (4.-8.Monat)

Differenzierung von Mittel und Zweck Entdeckung: bestimmte

Handlungsweisen führen immer zum selben Ergebnis

Motorisches Erkennen

Sensumotorische Intelligenz

4. Koordinierung erworbener Handlungs-schemata & Anwendung auf neue Situationen: (8.-11.Monat)

Anwendung mehrer Handlungsschemata auf den gleichen Gegenstand

Differenzierung der Handlungsschemata Anpassung der Handlungsschemata auf den

Gegenstand

Sensumotorische Intelligenz

5. Tertiäre Kreisreaktionen:

(1-1 ½ Jahren) Entdeckung neuer Handlungsschemata

durch aktives Experimentieren Systematisches Ausprobieren

verschiedener Möglichkeiten

Sensumotorische Intelligenz

6. Übergang von sensumotorischer Intelligenz zur Vorstellung: (1 ½ -2Jahre)

Werkzeugdenken Ergebnisse der eigenen Handlungen werden

antizipiert (2 ½ Jahren) Handlungen werden innerlich vollzogen Aha-Erlebnis

Entwicklung der Darstellungs- und Symbolfunktion

Entdeckung der Objektpermanenz:

(6.-8. Monat) Erkenntnis - Gegenstand existiert auch

dann noch, wenn man ihn nicht sieht Kinder beginnen nach einem versteckten

Gegenstand zu suchen

Entdeckung der Objektpermanenz

Entwicklung der Darstellungs- und Symbolfunktion

Entwicklung der Darstellungs- und Symbolfunktion

Nachahmungsverhalten: Handlung wird nachgeahmt, wenn sie innerlich

repräsentiert ist 

Symbolhandlung: Objekt / Handlung wird durch ein Zeichen oder

Symbol ersetzt z.B. Schlafen spielen

Voroperatorisches, anschauliches Denken 

Charakteristika:

1.Denken und Urteilen in Analogien

2. Animistische Weltdeutungen: Vorstellung des Kindes alle Dinge, Objekte

seien belebt Vorstellung der Personifizierung, Beseelung,

phantastische Belebungen der Erscheinungen in Natur und Gesellschaft

Voroperatorisches, anschauliches Denken

3.Denken durch eingeschränkte Beweglichkeit und fehlendes Gleichgewicht charakterisiert

4. Finalistische Erklärungen: Objekten werden menschliche Züge,

Verhaltensweisen zugeschrieben

Voroperatorisches, anschauliches Denken

5. Egozentrismus: Unvollständige Unterscheidung zwischen

Selbst & Außenwelt Tendenz die Welt aus eigener

Perspektive wahrzunehmen

Voroperatorisches, anschaulichesDenken

Demonstration egozentrischer Wahrnehmung:3-Berge-Versuch

Voroperatorisches, anschaulichesDenken

Mengenbegriff: Fehlen des Begriffs der Mengenkonstanz

im Vorschulalter

= Mengeninvarianz Umschüttversuche Piagets mit 4-5

jährigen Kindern

Prüfung der Einsicht in die Invarianz der Menge bei Operationen des Umfüllens

Voroperatorisches, anschaulichesDenken

Voroperatorisches, anschaulichesDenken

Pendelversuch: Faktoren von denen die Frequenz

eines Pendels abhängt = Gewicht / Länge

Nur eine der beiden Dimensionen wird im voroperatorischen Stadium betrachtet

Voroperatorisches, anschaulichesDenken

Pendelversuch:Dimensionen Gewicht & Länge können nicht kombiniert werden

Kritik an Piagets Theorie

Unterschätze Kompetenzen: Kinder viel früher zu kognitiven Leistungen

fähig als von Piaget angenommen Kausales Denken von Vorschulkinder ähnelt

dem Erwachsener Mehr Fähigkeiten angeboren als vermutet

Kritik an Piagets Theorie

Stufenförmige Entwicklung Asynchrone Entwicklung zum

Stadienkonzept häufig vorzufinden

Vernachlässigung sozialer, kultureller & historischer Faktoren

Intelligenztests im Kleinkindalter

Prognostischer Wert des IQ im Vorschulalter gering

Sehr große Entwicklungsrückstände oder –vorsprünge zu erkennen

Testung aufgrund der Eigenwilligkeit des Kleinkindes problematisch