Ernährungstherapie bei Tumorpatienten während...

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Ernährungstherapie bei Tumorpatienten während

Chemotherapie

Prof. Ernst-Dietrich Kreuser

16. Onkologisches Symposium22. Januar 2011

Hintergrund• Bei Tumorpatienten werden in 31-87% bereits zum

Zeitpunkt der Diagnose eine Mangelernährung festgestellt.• In bis zu 40% der Tumorpatienten ist die Tumorkachexie

Todesursache.• Die Lebensqualität von Tumorpatienten wird durch eine

Mangelernährung stark beeinträchtigt.• Durch die Mangelernährung ist die Toxizität signifikant

höher.• Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch eine

Mangelernährung die Remissionsraten niedriger sind und die Überlebenszeit kürzer.

Rechtliche und logistische Voraussetzungen

• Positives Votum der Ethikkommission der Universität Regensburg

• Sponsor: B. Braun-TravaCare, Melsungen-Hallbergmoos bei München

• Promotion von Frau Susanne Daum, Assistentin der Klinik Innere Medizin IV, Onkologie und Hämatologie

• Dokumentations-Assistentin: Frau Schuierer• Statistik: Dr. Crispin, Institut für Medizinische

Informationsverarbeitung, Biometrie und Epidemiologie, LMU München

Definition der MangelernährungSevere nutritional risk

• Ernährungszustand, bei dem aufgrund unzureichenden Energie-, Protein-, Kohlehydrat- und Fettzufuhr messbare Veränderung in der Körperkomposition, eine Funktionseinschränkung oder eine Prognoseverschlechterung auftritt. Parameter sind: unfreiwilliger Gewichtsverlust von 10% in den letzten 6 Monaten, BMI unter 18.5 kg/m2, SGA Grad C oder NRS >3, Serum-Albumin <30 g/l.

.

Lochs et al. 2006

Gründe der Mangelernährung bei Tumorpatienten

• Inappetenz• Übelkeit• Mukositis• Metabolische Störungen• Elektrolytstörungen• Geschmacksstörungen• Dysbalance der Körperkomposition• Immunschwäche

Screening

• Nutritional Screening: Rasche und einfache Untersuchungs-Methoden, um den aktuellen Ernährungszustand festzuhalten.

• Nutritional assessment: Detaillierte Untersuchung über metabolische, ernährungsphysiologische und -pathologische Parameter mit Hilfe der Bioelektrische -Impedanz-Analyse und der Ernährungs-Anamnese.

Lochs et al. 2006

Studienziele• Dokumentation des Ernährungsstatus vor Chemotherapie

und parenteraler Ernährung (PEE).• Quantifizierung der tatsächlichen, täglichen oralen

Kalorienaufnahme.• Bio-Impedanz-Analyse zur Erfassung der

Körperkomposition vor Chemotherapie und PEE.• Erfassung der Nebenwirkungen der Chemotherapie und

der PEE mittels der NCI-Kriterien• Dokumentation der Remissionsraten und der

Überlebenszeit der Patienten.

Einschlußkriterien

• Patienten mit Tumorerkrankungen, bei denen die Indikation für eine Chemotherapie besteht.

• Unfreiwillige Gewichtsabnahme von mehr als 10% in den letzten 6 Monaten.

• Schriftliches und mündliches Einverständnis des Patienten

• Implantation eines Portkatheters

Patientencharakteristikan 53Alter [J.] (m±s) 62 ± 13Größe [cm] (m±s) 173 ± 8Gewicht [kg] (m±s) 66 ± 11BMI [kg/qm] : Median 22 ± 3Karnofsky-Index [%]: Median 70 (40 – 90)Orale Energiezufuhr [kcal] (m±s) 911 ± 508BIA: ECM [kg] (m±s) 32 ±8BIA: BCM [kg] (m±s) 23 ± 6BIA: Cell % (m±s) 41 ± 9

TumorentitätenLokalisation n %

Ösophagus-Ca 4 9,3

Magen-Ca 10 23,3Kolorektale Ca 7 16,3

Pankreas-Ca 9 20,9

Bronchial-Ca 3 7,0

Ovarial-Ca 2 4,7Mamma-Ca 2 4,7

Andere 16 14,0

Chemotherapieregime unter PEE

Ernährungsanamnese bei Tumorpatienten

Vernetzung stationärer und ambulanter PEE

Vernetzung ambulante und stationäre PEE

Klinische Parameter vor und monatlich unter Chemotherapie und PEE

• Klinische Untersuchung, Body-Mass-Index, subjective global assessment (SGA), Gewicht, Karnofsky-Leistungs-Index

• Bio-Impedanz-Analyse• Remissionsstatus• Toxizität der Chemotherapie und der PEE

nach NCI-Kriterien

Gewichtsverlust in den letzten 6 Monaten

Körperkomposition bei Gesunden und Tumorpatienten mit Katabolie

Keller et al. 2001

Bio-Impedanz-Analyse (BIA)

• Bestimmung des elektrischen Widerstandes des Körpers

• Messung bei 50 KHz über einige Sekunden

• Erfassung von Fett, Wasser, Organmasse, extrazelluläre Masse und Grundumsatz

Nutri plus, Data Input

Bioimpendanz-Analyse zur Bestimmung der Körperkomposition vor PEE

Gewichtsadaptierte parenterale Ernährungstherapie (PEE)

Pat.-Gewicht

In kg

VolumenIn ml

EnergieIn kcal Beutel

40 -50 1250 1265 Nutriflex Lipid Plus

50 - 60 1500 1523 Oliclinomel 3,4% GF-E

60 - 65 1875 1900 Nutriflex Lipid Plus

65 – 70 2000 2030 Oliclinomel 3,4% GF-E

> 70 2500 2530 Nutriflex Lipid Plus

Impedanz-Analyse unter PEE:Verlaufsbeobachtung

Kriterien zur Beendigung der PEE

• Keine weitere Gewichtsabnahme• Ausreichende orale

Kalorienaufnahme• Zunahme des Leistungs-Karnofsky-

Index um 20%

Orale Energiezufuhr unter PEE

Gewichtsentwicklung unter PEE

Body Mass Index unter PEE

Entwicklung des Karnofsky-Index unter PEE

Entwicklung der Organzell-Masse unter PEE

Entwicklung der extrazellulären Masse unter PE

Korrelationen: Parameter der Bio-Impedanz-Analyse, Body-Mass-Index und Gewichtsverlust

Überlebenskurve aller Patienten unter Chemotherapie und PEE

Zusammenfassung I• Die unfreiwillige Gewichtsabnahme von über 10% in den

letzten 6 Monaten bei Tumorpatienten ist ein relevanter Parameter zur Indikationsstellung der parenteralen Ernährung (PEE) vor oder unter Chemotherapie.

• Eine Ernährungs-Anamnese mit Bio-Impedanz-Analyse und Erfassung des Kalorien-Intakes in den letzten 24 Stunden sollte bei jedem Tumorpatient bei relevanter Gewichtsabnahme durchgeführt werden.

• Durch eine frühzeitige PEE, d.h. vor Auftreten einer Tumorkachexie, kann ein weiterer Gewichtsverlust bei den meisten Patienten vermieden werden.

• Die gewichtsadaptierte PEE nachts über 12 Stunden ist gut verträglich.

Zusammenfassung II• Der Leistungs-Karnofsky-Index steigt unter PEE an.• Die Bio-Impedanz-Analyse ist eine brauchbare Methode, um

die Körperkomposition vor und unter PEE zu bestimmen.• Durch die frühzeitige parenterale Ernährung konnte die

durchschnittliche orale Kalorienaufnahme von 911 auf 1758 kcal gesteigert werden.

• Die PEE ist eine integraler Bestandteil des supportiven Therapiekonzepts bei Tumorpatienten, wie hämatopoetischen Wachstumsfaktoren, Antibiotika, Psychoonkolgie und Antifatigue-Programm.

• Die Vernetzung von stationärer und ambulanter PEE ist Voraussetzung für eine standardisierte Kalorien-, Flüssigkeits- und Vitaminzufuhr.