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30.01.2014
Grundlagen der Industrie- und
Organisationssoziologie
12. Arbeit und Organisation und Geschlecht
Prof. Dr. Birgit Blättel-Mink
e-mail: b.blaettel-mink@soz.uni-frankfurt.de
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Lektüre
Gottschall, Karin (1995): Geschlechterverhältnis und
Arbeitsmarktsegregation. In: Becker, Schmidt, Regina/ Knapp,
Gudrun-Axeli (Hrsg.): Das Geschlechterverhältnis als Gegenstand der
Sozialwissenschaften. Frankfurt/M.: Campus, S. 125-162.
Schwarzkopf, Jutta (1993): Die soziale Konstruktion von
Qualifikation. In: PROKLA (93): Frauen in der Ökonomie, S. 613-632.
Acker, Joan (1992): Gendering Organizational Theory. In: Mills,
Albert/Tancred, Peta (eds.): Gendering Organizational Analysis,
London: SAGE, S. 248-260.
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Inhalt
1. Begriffsarbeit
2. Karin Gottschall – Frauen im Erwerbsleben
3. Joan Acker – Organisation und Geschlecht
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
„Als geschlechtsspezifische Arbeitsteilung wird die Einteilung der
gesellschaftlich notwendigen Arbeit in bezahlte Erwerbsarbeit und
unbezahlte Haus- und Familienarbeit und ihre Zuschreibung an Männer
und Frauen bezeichnet. Sie ist eine der Ursachen für die ökonomische
und soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern.
Ein konstitutives Element der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung ist
die normative Zuschreibung von unterschiedlichen Lebenslagen für
Frauen und Männer, mit denen ungeachtet der individuellen Interessen
und der gelebten Realität die unentgeltliche Haus- und Familienarbeit als
"weiblich" und die Ernährerrolle und damit die entgeltliche Erwerbsarbeit
als "männlich" gelten.“
http://www.bmfsfj.bund.de/bmfsfj/generator/gm/wissensnetz,did=16848.html
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Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in modernen Industriegesellschaften reproduziert zwei Widersprüche:
Hauptwiderspruch Kapital – Arbeit
Nebenwiderspruch Mann – Frau
Den Geschlechtern werden je spezifische Rollen zugeschrieben:
weiblich – Reproduktion
männlich – Produktion
Geschlecht ist eine soziale Konstruktion
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Vergesellschaftung der sozialen Felder und individuelle
Vergesellschaftung durch Übernahme einer sozialen Position im
Produktionssystem
Reproduktionssystem kann nur teilweise vergesellschaftet werden
Intimität der Familie ist nicht zu vergesellschaften
Anders formuliert:
„Hinzu kommt, dass die von Frauen verrichtete Haus- und Familienarbeit und
die damit verbundenen Qualifikationen gesellschaftlich nicht als Arbeit
anerkannt bzw. als solche unsichtbar gemacht werden, was (unabhängig von
der Art der Tätigkeit) eine systematische Abwertung von Frauenarbeit auch im
Erwerbssystem ermöglicht.“ (Gottschall, S. 127 )
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Geschlecht als soziale Strukturkategorie
Sämtliche soziale Strukturen spiegeln die
Zweigeschlechtlichkeit wieder
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Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist geschlechtsspezifisch
segmentiert („freiwillige“ Differenzierung der Geschlechter
auf einzelne Sektoren und Berufe, auch Disziplinen)
Typische Frauen- und typische Männerberufe
Studienfachwahl differiert nach Geschlecht
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist geschlechtsspezifisch
segregriert („erzwungener“ Ausschluss aus bestimmten
Berufsfeldern und vertikalen Positionssystem aufgrund der
Geschlechtszugehörigkeit)
Je höher das soziale Prestige eines Berufs, desto geringer
der Frauenanteil
Je höher die Position im hierarchischen System, desto
geringer der Frauenanteil
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Deutschland im internationalen Vergleich
Steigerung der Frauenerwerbsquote in Westdeutschland fiel deutlich
geringer aus als in anderen Ländern - Rückgriff auf Arbeitsmigranten
Flexibilisierung der Arbeitszeit von Frauen mit dem Ziel - von Seiten
der Frauen – der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsarbeit als
wichtiges Flexibilisierungs- bzw. Rationalisierungspotential
Frauen in Deutschland können Bildungskapital nicht in dem selben
Maße wie Männer in Erwerbsarbeit umsetzen.
Ein wesentlicher Effekt der geschlechtsspezifischen
Arbeitsmarktsegregation ist die anhaltende und in Westdeutschland
im EU-Vergleich besonders stark ausgeprägte Einkommensdifferenz
zwischen den Geschlechtern.
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Deutschland im internationalen Vergleich
Typische Frauenberufe ermöglichen keine eigenständige
Existenzsicherung. Und damit auch nicht die Möglichkeit, eine
Familie zu ernähren.
Der Tertiarisiungsprozess in Deutschland ist weniger weit als
prognostiziert und als wir das in anderen Ländern vorfinden.
Der Ausbau des Wohlfahrtsstaates erfolgte stärker transfer- als
dienstleistungsorientiert, d.h. nicht Professionalisierung weiblicher
Tätigkeiten, sondern sozialpolitische und steuerliche Anreize für –
meist weibliche – Nichterwerbstätigkeit.
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Deutschland im internationalen Vergleich
Eine eigenständige Grundsicherung, insbesondere der Familienarbeit
leistenden Frauen, ist nicht durchgesetzt.
Zunehmendes Ungleichgewicht zwischen Angebot an weiblicher
Arbeitskraft und Nachfrage; außer in manchen Feldern, aber auch
hier eher Rückgriff auf Arbeitsmigranten.
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Angebotsorientierte Ansätze
Erklärung der ungleichen Strukturen durch typische Unterschiede im
Arbeitsmarktverhalten zwischen den Geschlechtern
Humankapitaltheorie
Ungleichbehandlung als Folge eines rational-ökonomischen Kalküls von
Frauen
Nachfrageorientierte Ansätze
Verhalten der Arbeitgeberseite; Frauen in schlechtbezahlte Positionen –
betrifft vor allem die Arbeiterinnen
Kritik:
Arbeits- und industriesoziologische Erklärungsmuster gehen zwar
davon aus, dass Arbeit sozial konstruiert ist, differenzieren aber nicht
systematisch nach Geschlecht.
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Differenztheoretischer Ansatz
Inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Arbeitsanforderungen an
bestimmten Frauenarbeitsplätzen und den Eigenschaften und Merkmalen
des Arbeitsvermögens von Frauen („Weibliches Arbeitsvermögen“, nach
Ilona Ostner
„Aufgrund der vorrangigen Zuweisung von Haus- und Familienarbeit an das
weibliche Geschlecht entwickeln Frauen […] prinzipiell ein eher
reproduktionsbezogenes sog. »weibliches Arbeitsvermögen«. Dieses auf die
Befriedigung leiblicher und emotionaler Bedürfnisse der Familienangehörigen
gerichtete Arbeitsvermögen, gekennzeichnet durch Erfahrungswissen,
Intuition, Fürsorglichkeit und Geduld, steht in gewissem Widerspruch zu den
im Berufssystem geforderten Fähigkeiten und Orientierungen […]”
(Gottschall 1995: 137-38)
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Soziale Konstruktion von Geschlecht als Grundlage
Geschlecht als Statuskategorie
Hierarchietheoretische Argumentation (Wetterer, Teubner)
„Die Entstehung und Veränderung von geschlechtsspezifischen
Trennungslinien auf dem Arbeitsmarkt sind demnach auf der
sozialstrukturellen Ebene als Prozesses der Statusdistribution zu begreifen,
die zu einer fortwährenden Ausdifferenzierung und Reproduktion der
Hierarchie im Geschlechterverhältnis führen.“
(Gottschall 1995: 140)
Weiterhin: Doppelte Vergesellschaftung (Becker-Schmidt und Knapp)
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Soziale Konstruktion von Qualifikation
„Berufsstrukturelle und rationalisierungsbedingte Veränderungen, die
zugleich mit einer Veränderung der personellen Besetzung von
Arbeitsplätzen einhergehen, können so als Prozesse der
Vergeschlechtlichung von Tätigkeiten (engendering jobs) analysiert werden,
die sich ein Stück weit hinter dem Rücken der Beteiligten abspielen, indem
die Geschlechterklassifikation (als Differenz und Hierarchie) immer schon
vorausgesetzt ist, die jedoch auch zugleich von ihnen getragen werden,
indem sie eben diese Geschlechterklassifikation sozial und interaktiv immer
wieder herstellen (doing gender) ...“. (Gottschall 1995: 141)
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
Verhältnis Organisation und Gesellschaft
Joan Acker 1993
Organisationen sind keine geschlechtsneutralen
sozialen Gebilde.
Es finden kontinuierliche „Gendering“ Prozesse statt.
Prozesse des organisationalen „gendering“ stehen in
Wechselwirkung mit gesamtgesellschaftlichen
Prozessen - Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung
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Arbeit und Organisation und Geschlecht
„Gendering“ in Organisationen Joan Acker 1992
(Re-)Produktion von geschlechtsspezifischen Bereichen - Segmentation und
Segregation.
(Re-)Produktion von Symbolen, Vorstellungen und Bewusstseinsformen, die
geschlechtsspezifische Ungleichheiten legitimieren (selten auch ablehnen) -
Symbolische Ordnung.
Interaktionsprozesse zwischen Individuen, die geschlechtsspezifische
Herrschafts- und Unterordnungsstrukturen manifestieren und Allianzen sowie
Exklusionen bewirken.
Mentale Prozesse, die im Individuum ablaufen, wenn es bewusst
Organisationen als geschlechtsstrukturierte Gebilde konzipiert (sowohl im
Hinblick auf Strukturen als auch auf die Kultur einer Organisation).