Post on 23-Aug-2020
MARATHONTRAININGFÜR FRAUEN
Herbert Steffny Dr. med. Birgit Friedmann Dr. med. Markus Keller
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I n h a l t
Der »kleine Unterschied«? 4Von Ehrgeiz und Zögerlichkeit 4Männer laufen anders – Frauen auch 4Mit Mut ins Projekt Marathon 5
Der biologische Unterschied 7
Frau und Mann im Vergleich 8Sportmedizinische Unterschiede 8Zyklusabhängige Besonderheiten 11Schwangerschaft und Laufen 15
Die Lauf ausrüstung 19
Vom Schuh bis zum Baby Jogger 20Die Laufschuhe 20Funktionelle Laufbekleidung 23Pulsmesser, Baby Jogger & Co. 26
Trainingssteuerung 29
Effektiv laufen nach Plan 30Energiestoffwechsel 30Biologische Grundlagen 31Trainingskontrolle 34Leistungsdiagnostik 37Formen des Lauf trainings 40
Einstieg und Fitnesslaufen 45
Zu Beginn ist der Weg das Ziel 46Richtig einsteigen 46Der Start – Laufen lernen 47Fitnesslaufen 4912-Wochen-Plan – vom Jogging zum Fitnesslaufen 50
Der Weg zum Halbmarathon 53
Grenzgang Leistungssport 54Anerkennung und Leistungsdruck 54Der erste Volkslauf 55Der Zehn-Kilometer-Test 58Halbmarathontraining 616-Wochen-Plan für Halbmarathon – Zielzeit 1:59 Stunden 63
Marathontraining 65
Sind Sie bereit für Marathon? 66Die Eingangs voraussetzungen 66Marathontraining im Jahreslauf 66Marathontrainingspläne 70
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Immer mehr Frauen laufen dem Aben-
teuer Marathon entgegen.
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I n h a l t
Countdown auf den Marathon 76Die letzten 10 Wochen zum Marathon Zielzeit 5:40 Stunden 80 Zielzeit 5:15 Stunden 82 Zielzeit 4:59 Stunden 84 Zielzeit 4:40 Stunden 86 Zielzeit 4:20 Stunden 88 Zielzeit 3:59 Stunden 90 Zielzeit 3:45 Stunden 92 Zielzeit 3:29 Stunden 94 Zielzeit 3:15 Stunden 96 Zielzeit 2:59 Stunden 98
Gymnastik und Laufstil 101
Ganzkörpertraining und Feilen am Stil 102Dehnen und Kräftigen 102So dehnen Sie richtig 102Den Laufstil optimieren 110
Laufend in Form bleiben 115
Ergänzungs- oder Crosstraining 116Walking, Aerobic oder Tanzen 116Indoortraining im Winter 116Skilanglauf 117Radfahren 117Regenerieren und Entspannen 117Verletzungen vermeiden 119Die häufigsten Verletzungen 122Laufen mit Partner 125
Ernährung in Alltag und Sport 127
Richtig essen macht die Meisterin 128Die Energielieferanten 128Vitamine 130Sekundäre Pflanzen stoffe 130Mineralstoffe und Spurenelemente 131Nährstoffdichte – mehr als Kalorien 133So stimmt die Wasser bilanz 134Trainings- und Wettkampfkost 134Laufend abnehmen 138Wettkampfgewicht 140
Weiterführende Literatur 141Wichtige Internet adressen 141Register 142Impressum/Über dieses Buch 144
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Dehnen nach dem Laufen rundet Ihr Training ab.
Marathon bedeu-tet auch einen langen Lauf zu sich selbst.
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Von Ehrgeiz und Zögerlichkeit
Sie: »Ja, mein Mann hat eigentlich schon alles gesagt. Eigentlich laufe ich für mein Wohlbefinden und um mein Gewicht im Griff zu behalten. Beim Thema Marathon bin ich mir aber noch nicht so sicher. Ich möchte da ganz vor-sichtig rangehen und erhoffe mir im Seminar von Experten Aufschluss dar-über, ob ich das überhaupt packe. Und wenn ich einen Marathon versuche, dann möchte ich es so schaffen, dass ich mit einem Lächeln über die Ziellinie laufe und nicht total kaputt bin.« Trotz gleicher Ausgangslage ganz ver-schiedene Zielvorstellungen. Er stürzt sich gleich ehrgeizig ins Abenteuer. Sie zögerlich, möchte sicher gehen und traut sich den Marathon noch nicht so recht zu.
Zielvorstellungen
Männer suchen den Wettstreit, Frauen den Laufplausch und joggen nur für die Figur? Manche Unterschiede zwi-
schen den Geschlechtern sind aller-dings geringer als die individuellen Schwankungen unter Geschlechtsge-nossen. Es gibt Frauen, die sich nicht trauen, aber auch echte Kampfmaschi-nen. Originalzitat einer Marathonläu-ferin der deutschen Spitzenklasse: »Nach dem Startschuss sind alle ande-ren Weiber meine Feindinnen!«
Männer laufen anders –Frauen auch
In diesem Buch sollen bestimmt keine Vorurteile über Mars und Venus ge-schürt werden. Es gibt durchaus ana-tomische und physiologische Unter-schiede und verschiedene Ausgangs-voraussetzungen soziologischer Natur zwischen den Geschlechtern. Aber laufen Frauen wirklich so viel anders als Männer? Die Spanne der Sichtwei-sen ist weit: von »Frauen werden vom Langstreckenlauf unfruchtbar« bis hin zu »Frauen sind den Männern im Aus-dauersport sogar überlegen!« Diese Themen sollen kritisch hinterfragt wer-
Laufen war hierzu-
lande lange eine
Männerdomäne.
Das offizielle Berli-
ner Sportorgan der
Deutschen Sport-
behörde »Sport im
Wort« verglich 1904
den Laufstil von Frau
und Mann mit dem
»Watscheln der Ente
zum stolzen Schritt
des Rennpferdes«.
Vo r w o r t
Der »kleine Unterschied«?
Ein Ehepaar in der Vorstellungsrunde eines Laufseminars. Er: »Meine Frau und ich trainieren seit nun zwei Jahren zusammen. Auch die Wettkämpfe über zehn Kilometer und Halbmarathon sind wir gemeinsam gelaufen. Nun möchte ich einen Marathon laufen. Es muss aber unbedingt unter vier Stunden sein.«
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den und das Lauftraining für Frauen aus der Sicht einer Sportmedizinerin, eines Gynäkologen und eines Trainers und Biologen dargestellt werden. Sie kennen seit Jahrzehnten Laufen aus erster Hand, von der Einsteigerbera-tung bis hin zur Weltspitze.
Mit Mut ins Projekt Marathon
Selbstverständlich ist das so genannte schwache Geschlecht genauso gut für die klassische 42,195-Kilometer-Dis-tanz wie Männer geeignet. Dennoch stellen sie bei uns mit weniger als 20 Prozent der Teilnehmer bei Mara-thons den viel geringeren Anteil, wäh-
rend sie an kürzeren Rennen über fünf oder zehn Kilometer prozentual viel häufiger starten. Dieses Buch soll Frau-en für das Projekt Marathon mehr Mut machen und Erfolg versprechende Wege aufzeigen, ohne dass der Spaß dabei verloren geht. Es gibt uns die Gelegenheit, Themen, die Männer vielleicht nur am Rande interessieren, umfassender darzustellen und mit Er-fahrungen, Fakten und Untersuchun-gen zu untermauern, die mit Frauen vorgenommen wurden. Letztlich sind auch die Trainingspläne in diesem Buch für Frauen geschrieben. Eine Läuferin, die Marathon unter drei Stun-den schafft, hat mehr Talent und kann komplexer als ein gleich schneller Mann trainieren.
Seit 1947 propagier-
te der Laufpionier
Dr. Ernst van Aaken
mit der von ihm
begründeten Wald-
nieler Dauerlauf-
methode kämpfe-
risch den langsamen
Dauerlauf als Alter-
nativmedizin und
setzte sich vehement
für das Frauenlaufen
ein. Der internatio-
nale Boom der City-
marathons seit den
1980ern mobilisiert
die Massen.
Hierzulande hat sich
der Frauenanteil
beim Marathon in
den letzten 30 Jah-
ren von unter 5 auf
knapp 20 Prozent
erhöht. Das Durch-
schnittsalter der Läu-
ferinnen beträgt bei
uns um die 40 Jahre.
Vo r w o r t
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Der biologische Unterschied
Frauen und Männer unterscheiden sich im
Körperbau, in der Fettverteilung, Muskula-
tur, Bindegewebsstruktur, Beweglichkeit, im
Hormon- und Eisenhaushalt. Hinzu kommen
Schwangerschaft, Geburt, Stillzeiten und die
Umstellungen in den Wechseljahren. Das hat
Konsequenzen für das Lauftraining.
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Sportmedizinische Unterschiede
Becken und Körperfett
Nach der Pubertät werden die unter-schiedlichen Körperbaumerkmale mit den breiteren Schultern der Männer und dem breiteren Becken der Frauen deutlich. Das breitere Becken bedingt einen kleineren Winkel zwischen Ober-schenkelhals und Oberschenkelkno-chen und eine Neigung zum »X-Bein«. Auch sind die Gelenke der Frauen nicht so fest wie die der Männer. Auf-grund der spezifischen Wirkung der Geschlechtshormone auf das Fettge-webe ist der Körperfettanteil bei Frau-en größer. Typischerweise lagern sie das Fett vor allem an Hüften und Ober-schenkeln an, die deshalb auch als Pro-blemzonen bezeichnet werden. We-gen des langsamen Stoffwechsels in diesen Fettpolstern ist ihr Abbau sehr schwierig, bei einem regelmäßigen Training aber möglich. Männer haben dafür mehr Fett im Bauchbereich.
Muskulatur und Kraft
Durch den aufbauenden, anabolen Ef-fekt des Testosterons vor allem auf die Muskulatur haben Männer im Durch-schnitt eine größere Muskelmasse als Frauen und als Folge hiervon mehr Kraft. Ermittelt man die Kraft, die pro Kilogramm Muskelmasse aufgebracht werden kann, sind keine geschlechts-spezifischen Unterschiede mehr er-kennbar. Infolge des Testosteronein-flusses weisen die einzelnen Muskel-zellen bei Männern einen größeren Querschnitt auf. Die relative Verteilung schneller und langsamer Muskelfasern ist jedoch gleich. Neuere Untersuchun-gen weisen darauf hin, dass der weibli-che Skelettmuskel langsamer ermüdet als der männliche und sich von intensi-ven Belastungen schneller erholt.
Stoffwechsel
Hinsichtlich der aeroben Energie-bereitstellung, also dem Abbau von Zucker, Fetten und Eiweiß unter Sauer-
Frau und Mann im Vergleich
Bis zum Einsetzen der Pubertät gibt es zwischen Mädchen und Jungen kei-ne sportrelevanten Unterschiede im Körperbau oder in der sportlichen Leis-tungsfähigkeit. Mit der vermehrten Produktion und Ausschüttung der Ge-schlechtshormone – den Östrogenen bei der Frau und dem Testosteron beim Mann – ändert sich das recht eindrucksvoll.
Männer sind nach
Abschluss des
Körperwachstums
durchschnittlich
13 Zentimeter
größer und 16 Kilo-
gramm schwerer als
Frauen und haben
allein deshalb im
Durchschnitt auch
größere innere
Organe und mehr
Blut.
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Unterschiede zwischen Frauen und Männern
Merkmal Frau Mann
Körperbau
Größe ø 13 cm kleiner
Gewicht ø 14 –18 kg leichter
Körperfettanteil ø 6 –10 % höher
Fettpolster Hüfte und Oberschenkel Oberkörper und Bauch
Schulter Schmaler Breiter
Becken Breiter Schmaler
Beinachsen Neigung zu X-Beinstellung Gerade
Haltungs- und Bewegungsapparat Elastischer Fester
Muskulatur und Kraft
Muskelmasse ø 21 kg (ca. 31 % des ø 33 kg (ca. 38 % Körpergewichts) des Körpergewichts)
Kraft (pro kg Muskelmasse) Keine Unterschiede
Anteil schneller/langsamer Fasern Keine Unterschiede
Querschnitt der Muskelfasern Kleiner Größer
Ermüdungsresistenz Besser Schlechter
Stoffwechsel
Aerob Keine Unterschiede
Anaerob (maximale Laktatbildung) Schlechter Besser
Herz, Kreislauf und Lunge
Relative Herzgröße (ml/kg KG) ø 10 % kleiner
Blutvolumen 3,5 – 5 Liter 5 – 8 Liter
Hämoglobin 12 –16 g/dl 13,5 –18 g/dl
Lungenvolumen ø 3,5 Liter ø 5,0 Liter
Ausdauerleistungsfähigkeit
VO2max bei Untrainierten ø 38 ml/kg*min ø 44 ml/kg*minVO2max (höchste bekannte Werte) 77 ml/kg*min 94 ml/kg*min
Leistung an der Ausdauergrenze(bezogen auf Maximalleistung) Keine Unterschiede
Trainierbarkeit Keine Unterschiede
Laufökonomie Keine Unterschiede
S p o r t m e d i z i n i s c h e U n t e r s c h i e d e
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stoffverbrauch zu Kohlendioxid und Wasser, bestehen keine Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei gleichem Trainingszustand. Im anaero-ben Energiestoffwechsel besteht ein Unterschied: Männliche Skelettmus-keln können den Glukoseabbau ohne Verbrauch von Sauerstoff zu Laktat (Milchsäure) besser nutzen und daher bei Maximalbelastung mehr Laktat bil-den als weibliche Skelettmuskeln.
Herz, Kreislauf und Lunge
Frauen haben aufgrund geringerer Testosteronspiegel verhältnismäßig kleinere Herzen und weniger Blut als Männer. Das führt dazu, dass mit ei-nem Herzschlag weniger Blut ausge-worfen werden kann. Frauen haben deshalb bei gleicher Laufgeschwindig-keit im Mittel höhere Herzfrequenzen. Für die maximal erreichbare Herzfre-quenz gibt es aber keine geschlechts-spezifischen Unterschiede. Da auch die weibliche Lunge durchschnittlich kleiner als die männliche ist, können Frauen insgesamt weniger Sauerstoff aufnehmen, diesen mit dem Blut zum Muskel transportieren und dort im Stoffwechsel verwerten. Die maximale aerobe Leistungsfähigkeit der Frauen ist geringer als die der Männer.
Ausdauerleistungsfähigkeit
Ein allgemein anerkanntes Maß für die aerobe Kapazität (= Leistungsfähigkeit bei Energiebereitstellung mit Sauer-
stoffverbrauch) ist die maximale Sau-erstoffaufnahme (VO2max), die in Liter pro Minute oder Milliliter pro Minute gemessen wird. Die VO2max kann auf dem Laufband während einer stufen-weise ansteigenden Belastung ermit-telt werden. Da Männer größer und schwerer sind, ein größeres Herz, mehr Blut, eine größere Lunge sowie eine größere aktive Muskelmasse haben, ist die maximale Sauerstoffaufnahme bei gleichem Trainingszustand und gleichen genetischen Voraussetzun-gen (Talent) bei Männern deutlich hö-her. Aber auch dann, wenn die VO2max körpergewichtsbezogen in Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht pro Mi-nute bestimmt wird, erreichen Frauen wegen des höheren Körperfettanteils bei vergleichbarem Trainingszustand nur durchschnittlich ca. 10 bis 15 Pro-zent niedrigere Werte als Männer.
Gleiche relative Leistungsfähigkeit
Die Sauerstoffaufnahme an der Aus-dauergrenze (= maximale Geschwin-digkeit, mit der eine Ausdauerbelas-tung, z. B. ein Marathonlauf, durchge-führt werden kann) ist bei Frauen und Männern mit gleichem Trainingszu-stand gleich groß, wenn sie in Prozent der maximalen Sauerstoffaufnahme angegeben wird. Während die relative Leistungsfähigkeit an der Ausdauer-grenze bei Frauen und Männern glei-chen Alters mit vergleichbarem Talent und Trainingszustand also gleich ist,
In anderen Aus-
dauersportarten
wie z. B. dem Lang-
streckenschwimmen,
wo der höhere Kör-
perfettanteil kein
Nachteil ist, überflü-
geln Frauen biswei-
len schon das starke
Geschlecht, und es
ist atemberaubend,
wie sich in den letz-
ten Jahren der Mara-
thonweltrekord der
Frauen sprunghaft
verbessert hat. Den
Männerweltrekord
hält seit 2003 mit
2:04:55 Stunden
der Kenianer Paul
Tergat. Nachdem
die Japanerin Naoko
Takahashi 2001 beim
Berlin Marathon
erstmals die
2:20-Stunden-
Grenze unterbot,
schraubte die Britin
Paula Radcliffe 2003
den Weltrekord
auf sensationelle
2:15:25 Stunden.
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wird aufgrund der besseren maxima-len Leistungsfähigkeit der Männer die Geschwindigkeit an der Ausdauer-grenze bei Frauen immer niedriger lie-gen. Durch ein regelmäßiges Ausdau-ertraining werden bei Frauen und Männern die gleichen Anpassungsre-aktionen beobachtet. Die maximale Sauerstoffaufnahme nimmt zu. Gleich-zeitig verbessert sich die Laufökono-mie, d. h. bei gleicher Geschwindigkeit sinkt der Energieverbrauch.
Solange Frauen noch Frauen sind
»Solange die Frauen noch Frauen sind, werden sie die Männer nicht überho-len.« Das sagte die Norwegerin Grete Waitz, neunfache New-York-Marathon-siegerin, frühere Weltrekordlerin und Marathonweltmeisterin. Eine, die es wissen muss. Es gab sicher einen gro-ßen Nachholbedarf, und die Kommer-zialisierung gibt auch Frauen aus der Dritten Welt die Möglichkeit, genauso professionell wie Männer zu trainieren und ihr Potenzial auszuschöpfen. Die Anfangserfolge in dem Bestreben, die Differenz zu den Männerleistungen zu schließen, sind, wenn man bei Null be-ginnt, natürlich zunächst immer groß. Wie wir aber in der Grafik sehen, wer-den die Sprünge immer geringer. Vom Überholen kann vorerst jedenfalls kei-ne Rede sein. Mögliche unterschied-liche, beispielsweise hormonelle Mani-pulierbarkeit von Männern und Frauen im Rahmen des Dopings spielten in der
Frauenleichtathletik eine nicht zu über-sehende Rolle. Auf diese Exzesse mag Grete Waitz mit ihrer Aussage ange-spielt haben.
Zyklusabhängige Besonderheiten
Der Zyklus und seine hormonabhängi-gen Veränderungen können das Befin-den und die körperliche Leistungsfä-higkeit beeinflussen, wobei es erhebli-che individuelle Unterschiede gibt. Vor allem bei Hochleistungssportlerinnen kann es zu einer Beeinträchtigung der hormonellen Regulationsmechanis-men bis hin zum völligen Ausbleiben der Periode kommen.
Entwicklung der Marathonrekorde von 1908 bis 2005
Überholen Frauen Männer?
Dr. Ernst van Aaken,
einer der Pioniere
des Frauenlaufs,
spekulierte einst,
dass Frauen im
Bezug auf Aus-
dauersportarten
besonders talentiert
sind und die Män-
ner eines Tages auf
den ganz langen
Lauf distanzen sogar
überholen könnten.
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Hormonelle Regulation
Die Zyklussteuerung erfolgt durch Hormone der Hirnanhangsdrüse, de-ren Funktion es ist, die Voraussetzun-gen für eine Schwangerschaft zu schaf-fen. Sie stimulieren auch die Eierstöcke zur Bildung der weiblichen Ge-schlechtshormone (Östrogene und Gestagene). Diese beeinflussen die Reproduktionsorgane und viele ande-re Abläufe im Körper, z.B. das subjekti-ve Befinden, den Knochenstoffwechsel oder das Herz - Kreislauf-System.
Hormonzyklus und Leistung
Die Beeinflussung des Wohlbefindens ist individuell unterschiedlich. Wäh-rend viele Frauen damit keine Proble-me haben, klagen andere über zum Teil erhebliche Beschwerden, die die körperliche Leistung beeinflussen. Hier können entzündungshemmende Schmerzmittel oder Entspannungs-übungen helfen. Bis zu 30 Prozent der Frauen zeigen Symptome wie Kopf-schmerzen, Wassereinlagerungen, Stimmungsschwankungen, Brustspan-nen oder Völlegefühl, die vor allem ge-gen Zyklusende auftreten und mit Ein-treten der Menstruation aufhören. Man bezeichnet diesen Symptomen-komplex als prämenstruelles Syndrom. Viele Betroffene berichten, dass gera-de Ausdauersport die Beschwerden erheblich lindern kann. Letztlich sollte eine Klärung und Therapie durch den behandelnden Frauenarzt erfolgen.
Zyklusverschiebung mit Pille
Eine hormonelle Therapiealternative stellt die Einnahme einer niedrig do-sierten Antibabypille dar, die zyklisch oder durchgehend eingenommen werden kann. Immer wieder diskutiert wird auch die Frage, inwieweit im Leis-tungssport eine Zyklusverschiebung zur Optimierung der Fitness zum Wett-kampftermin beitragen kann. Hier konnte ein allgemeiner Einfluss nie nachgewiesen werden; sicherlich kann dies jedoch bei Athletinnen mit erheb-lichen Zyklusbeschwerden sinnvoll sein. Insbesondere durch die Einnah-me eines monophasischen Ovulations-hemmers kann die Periode ohne ge-sundheitliche Bedenken sehr einfach verschoben werden, indem man die Pille beispielsweise vorübergehend ohne Pause weiter nimmt.
Zyklusstörungen im Leistungssport
Das empfindliche Regulationssystem des weiblichen Zyklus kann durch kör-perliche und psychische Faktoren be-einflusst werden. So kann erheblicher psychischer Stress zum Ausbleiben der Periodenblutung führen. Der biologi-sche Hintergrund: Eine Schwanger-schaft ist in Phasen existentieller Be-drohung nicht sinnvoll. Auch die enor-men Belastungen im Leistungssport können zu einer verspäteten ersten Periodenblutung bei jungen Spitzen-sportlerinnen führen, aber sich auch
Frauen im gebärfä-
higen Alter erkran-
ken viel seltener an
einem Herzinfarkt als
Männer. Nach Eintre-
ten der Menopause
gleicht sich das Risi-
ko jedoch dem von
Männern an.
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als Zyklusstörung bis hin zum Ausblei-ben der Periodenblutung (Amenorrhö) äußern. Besonders gefährdet sind sehr schlanke Sportlerinnen, da im Fettge-webe ein Teil der Östrogene gebildet wird. Bei Patientinnen mit einer Ess-störung wie Magersucht ist wegen des erheblich reduzierten Körperfettge-halts eine Amenorrhö sogar typisch.
Knochendichte und Eisen-bedarf
Weiterhin bewirkt die verminderte Hormonbildung eine reduzierte Kno-chendichte, wodurch das spätere Risi-ko für Osteoporose (Knochenschwund) erhöht ist. Daher ist es wichtig, auf eine vernünftige Körpergewichts- und Fett-regulation zu achten und bei entspre-chenden Störungen gezielte weitere Untersuchungen zu veranlassen. Durch eine starke Regelblutung ent-steht auch ein erhöhter Eisenbedarf. Frauen mit Blutungsstörungen, z. B. aufgrund einer vergrößerten Gebär-mutter, sollten dem durch eine ent-sprechend angepasste Ernährung Rechnung tragen. Im Zweifelsfall sollte eine Abklärung durch den behandeln-den Frauenarzt erfolgen.
Orthopädische Belastbarkeit
Das dehnbarere und elastischere Bin-degewebe von Frauen ist eine natürli-che Voraussetzung für den Geburts-vorgang. Die möglichen Nachteile sind
verminderte orthopädische Belastbar-keit und Bindegewebsschwächen. So kommen Krampfadern bei Frauen häu-figer vor als bei Männern. Viele Läufe-rinnen berichten über Schmerzen in den Füßen, die durch Absenkung des Fußquergewölbes, also einen Spreiz-fuß, bedingt sind. Betroffen hiervon sind insbesondere Frauen, die häufig hohe Schuhe tragen oder viel stehen müssen. Es ist deshalb wichtig, diese Schwächen durch Einlagen und ange-passte Laufschuhe auszugleichen. Un-ter Beachtung dieser Faktoren ist die orthopädische Belastbarkeit mit der der Männer vergleichbar; so stehen Frauen im Bereich des Spitzensports ihren männlichen Kollegen im Hinblick auf die wöchentliche Trainingsbelas-tung kaum nach. Ihr leichteres Körper-gewicht ist orthopädisch und für die Regeneration sogar von Vorteil.
Individuell optimale
Schuhe sind das A und
O für Läuferinnen.
Die weiblichen
Geschlechtshormo-
ne haben offensicht-
lich einen schützen-
den Effekt auf das
Blutgefäßsystem.
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Bewegung erhält Knochen
Knochen unterliegen einem ständigen Umbau. Bis etwa zum 30. Lebensjahr überwiegt der Aufbau, sodass die Ge-samtknochenmasse zunimmt. Danach dreht sich der Stoffwechsel um, die Knochen werden abgebaut und insta-biler. Wer durch Mangelernährung in der Jugend bereits eine geringere Knochenmasse hat, kann dies im höhe-ren Alter nicht mehr ausgleichen und wird früher an Knochenschwund er-kranken. Zur Vorbeugung der Osteo-
porose sind ausreichend Bewegung sowie eine ausgewogene, kalziumrei-che Ernährung (Milchprodukte) wich-tig. Rauchen und hoher Kaffeekonsum schädigen die Knochen. Schlanke Frauen erkranken häufiger, da in ihrem geringeren Körperfettanteil auch we-niger schützende Östrogene gebildet werden.
Harninkontinenz und Aktivität
Unter Harninkontinenz versteht man den unwillkürlichen Urinabgang, wo-durch die Lebensqualität teils erheb-lich eingeschränkt wird. Sie tritt vor al-lem bei Frauen auf, von denen etwa 20 Prozent damit mehr oder weniger große Probleme haben. Verantwort-lich sind anatomische und physiologi-sche Unterschiede im Vergleich zum Mann. So ist die Harnröhre mit durch-schnittlich drei bis fünf Zentimetern kürzer und die Belastung des Becken-bodens durch Schwangerschaft und Geburten erheblich größer. Verstärkt werden können die Probleme hormo-nell bedingt mit dem Eintritt in die Wechseljahre, wo sie bei vielen Frauen erstmalig auftreten. Vor allem aktive Frauen leiden sehr darunter, da sie beim Sport eingeschränkt sind. Das individuelle Risiko ist teilweise ver-erbt, aber auch von Bindegewebs-schwäche, Zahl der Schwangerschaf-ten und höherem Geburtsgewicht der Kinder abhängig. Durch regelmäßige Kräftigung der Beckenbodenmuskula-
Fragebogen zur Abschätzung des individuellen Erkrankungsrisikos für Osteoporose
1. Gibt es in der Familie Fälle von Osteoporose?2. Leiden Sie an Bewegungsmangel?3. Haben Sie aufgrund einseitiger Ernährung einen Mangel
an Milchprodukten? 4. Sind Sie Raucherin?5. Trinken Sie täglich mehr als vier Tassen Kaffee oder einen
halben Liter Cola?6. Leiden Sie häufig an Rückenschmerzen?7. Haben Sie einen erhöhten Alkoholkonsum? 8. Sind Sie vor dem 45. Lebensjahr in die Wechseljahre ge-
kommen oder wurde eine Totaloperation durchgeführt?Je mehr Fragen Sie mit Ja beantworten, desto höher ist Ihr Osteoporoserisiko. Bereits bei zwei positiven Antworten ist Ihr Erkrankungsrisiko erhöht. Ein exzessives Sportpro-gramm birgt die Gefahr einer Stressfraktur. Walking oder sanftes Jogging ist möglich, sollte aber mit einem Sportarzt abgestimmt werden und eventuell durch medikamentöse Therapie und Krafttraining ergänzt werden.
Droht Ihnen Osteoporose?
Weitere Maßnahmen
im Kampf gegen
Osteoporose sind
die Gabe von Kal-
zium, Vitamin D,
Bisphosphonaten
und eine zeitlich
begrenzte Hor-
montherapie in der
Menopause.
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tur kann der Verschlussmechanismus trainiert werden, wenngleich sich eine Inkontinenz auch damit nicht immer vermeiden lässt. Blasen- und Becken-bodentraining, medikamentöse und operative Verfahren kommen in Frage. In den meisten Fällen können die läs-tigen Beschwerden beseitigt werden, und einer ungetrübten sportlichen Be-tätigung steht dann nichts mehr im Wege.
Ausdauersport und Krebs
Brustkrebs ist das häufigste Karzinom bei Frauen, an dem jede Neunte er-krankt. Regelmäßiges Lauftraining mindert nicht nur das Risiko für Kreis-lauf-, sondern auch für Krebserkran-kungen. Durch den trainingsbedingten Fettabbau sinkt der Östrogenspiegel. Genauso ist das seltenere Vorkommen von Gebärmutterkrebs bei Ausdauer-sportlerinnen zu erklären. Auch das Ri-siko für Dickdarmkrebs wird durch sportliche Aktivität vermindert; mögli-cherweise wird dabei die Darmaktivi-tät gefördert, was auch einer Verstop-fung entgegenwirkt. Bei bereits an Krebs Erkrankten stei-gert sanftes Ausdauertraining die kör-perliche Leistungsfähigkeit und Le-bensqualität. Es gibt zahlreiche Studi-en, die positive Effekte selbst bei Chemotherapie und nach Knochen-markstransplantation zeigen. Ähnlich wie bei Koronarsportgruppen wird auch bei Krebserkrankungen mittler-weile ein individuell dosiertes körperli-
ches Training in Absprache mit einem sporterfahrenen Arzt angeboten.
Schwangerschaft und Laufen
In der Schwangerschaft ist Bewegung ganz natürlich, und es gibt zunächst keinen Grund, mit Ausdauertraining aufzuhören. Allerdings finden Verän-derungen im Körper statt, die die Leis-tungsfähigkeit und orthopädische Be-lastbarkeit beeinflussen. Es kann aller-dings auch Gründe geben, das Training einzustellen, da sonst Risiken für Mut-ter und Kind drohen.
Diese Übungen stärken den Beckenboden und dienen der Prophylaxe einer Stressharninkontinenz:
1. Um ein Gefühl für die Beckenbodenmuskulatur zu be-kommen, halten Sie den Harnstrahl an. Hierbei spannen Sie automatisch den Beckenboden an. Als Trainingsmethode ist diese Übung allerdings nicht geeignet.
2. Legen Sie sich mit gebeugten Knien auf den Rücken und versuchen die Muskulatur um Scheide und Enddarm an zuspannen und in sich »aufzusaugen«. Atmen Sie normal weiter und vermeiden ein gleichzeitiges Anspannen von Bauch und Gesäß. Diese Übung können Sie variieren, in-dem Sie die Beckenbodenmuskulatur wie einen Fahrstuhl in mehreren Etagen hochziehen und jede Etage eine gewisse Zeit halten.
3. Versuchen Sie, im Sitzen die Analregion zusammenzu-schnüren. Danach beugen Sie Ihren Oberkörper leicht vor und spannen die Muskulatur um Scheide und Harnröhre für mindestens 10 Sekunden an.
Kräftigung des Beckenbodens
Wichtig ist, dass
Sie bei einer andau-
ernden Inkontinenz
nicht aus Scham-
gefühl trotz eines
erheblichen Leidens-
drucks das Gespräch
mit Ihrem Frauenarzt
meiden, der ein indi-
viduell abgestimm-
tes Therapiekonzept
erstellen kann.
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Veränderungen in der Schwangerschaft
Zu Beginn der Schwangerschaft kommt es zu teils tiefgreifenden körperlichen Anpassungsmechanismen. In den ers-ten Wochen sind morgendliche Übel-keit und Erbrechen nicht ungewöhn-lich. Später nimmt das Blutvolumen zu. Das geschieht vor allem durch Vermeh-rung der Blutflüssigkeit bei relativer Abnahme von roten Blutkörperchen. Die Herzfrequenz und das Atemzug-volumen steigen an, um eine ausrei-chende Versorgung des Fetus mit Sau-erstoff zu gewährleisten. Es kommt zur vermehrten Flüssigkeitseinlagerung mit Gewichtszunahme. Das Bindege-webe lockert sich für den Geburtsvor-gang, was die orthopädische Belast-barkeit erheblich vermindern kann. Rückenschmerzen sind nicht selten, die durch die Zunahme des Bauchum-fangs verstärkt werden können. Das Drüsengewebe der Brust wird auf die Stillperiode vorbereitet, was sich zu-nächst durch Brustspannen und später in einer Volumenzunahme äußert. Schließlich ist auch das Thrombose- und Krampfaderrisiko erhöht.
Ausdauertraining tut gut
Moderates Jogging oder Walking stei-gert auch in der Schwangerschaft die körperliche Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden für Mutter und Kind, das über die Plazenta an den Glücks-hormonen der Mutter teilhat. Sportlich
aktive Frauen haben seltener Rücken-schmerzen und oft eine kürzere Ge-burtsdauer. Zudem ist die Rate an ope-rativen Entbindungen niedriges. Das Thromboserisiko wird vermindert, und Stoffwechselvorgänge werden günstig beeinflusst. Durch Sport sinkt auch das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes. Hierdurch ist auch die Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Zuckererkrankung im weiteren Leben des Neugeborenen geringer. Nicht zuletzt wird durch Sport einer übermäßigen Gewichtszu-nahme entgegengewirkt.
Weltrekord nach Geburt
In gewissen Grenzen ist die Schwan-gerschaft ein Training für Herz, Kreis-lauf und Lunge und durch die langsa-me Gewichtszunahme auch ein anstei-gendes Belastungstraining für den Bewegungsapparat. Manche Hoch-leistungssportlerinnen erreichen ihren Zenit erst als Mutter. So gewann die im vierten Monat schwangere Norwege-rin Ingrid Kristiansen ohne negative Folgen für das Kind 1983 den Houston Marathon. Bereits vier Monate nach der Geburt ihres Sohnes lief sie besser denn je, gewann erneut Houston und stellte weitere drei Monate später ei-nen Marathon-Europa- und ein Jahr später einen Weltrekord auf. Solche Ausnahmefälle können allerdings kein Vorbild sein. Sportliche Höchstleistun-gen und Wettkämpfe sollten in der Schwangerschaft vermieden werden.
Frauen, die auch in
der Schwangerschaft
aktiv sind, erholen
sich viel schneller
und erreichen früher
wieder die ursprüng-
liche Leistungsfähig-
keit. Es gilt: Wer sich
vorher nicht sport-
lich betätigt hat,
sollte in der Schwan-
gerschaft nicht erst
damit beginnen,
während Schwange-
re, die zuvor aktiv
waren, weiter Sport
betreiben sollten.
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Sportrisiken in der Schwangerschaft
Durch die bei stärkeren Belastungen erhöhte Körpertemperatur und verrin-gerte Sauerstoffversorgung kann es zu einer Minderversorgung und Schädi-gung des Fetus kommen. Bei Hitze sollte das Training ausfallen. Außer-dem sind beim Sport durch Stürze oder Sprünge Traumen möglich. Or-thopädische Probleme können wegen der Auflockerung des Bindegewebes und der Gewichtszunahme auftreten. Es ist deshalb wichtig, durch optimales Schuhwerk vorzubeugen und Trai-ningsintensität und -umfang den Ge-gebenheiten anzupassen. Mit Körpergefühl und in individueller Abstimmung mit dem Arzt geht von einer sanften sportlichen Betätigung kaum ein Risiko aus, im Gegenteil, es sind eher positive Effekte zu erwarten.
Geeignete Sportarten
Es gibt Sportarten, die in verschiede-nen Phasen der Schwangerschaft mehr oder weniger gut geeignet sind (siehe Tabelle). Sinnvoll ist ein langsames Ausdauertraining mit Sauerstoffüber-schuss, wobei es weder zu einer Min-derversorgung noch zu einer schädi-genden Temperaturerhöhung für den Fetus kommt. Auch körperliche Belas-tungen in dünner Bergluft und generell Höhentraining sollten wegen des ver-minderten Sauerstoffgehalts vermie-den werden.
Wann wieder laufen?
Durch eine schwangerschaftsbedingte Abnahme des Kalziumgehalts der Kno-chen ist die orthopädische Belastbar-keit zunächst reduziert. Der Bewe-gungsapparat muss sich ohnehin erst langsam wieder an Belastung gewöh-nen. So kann nach unauffälligem Wo-chenbettsverlauf etwa einen Monat nach der Entbindung mit einem syste-matischen Training begonnen werden, das aber sehr vorsichtig gesteigert werden sollte. In der Stillphase kann ein besonders stabiler und straffer Sport-BH Beschwerden entgegenwir-ken und eine Ermüdung des Brustbin-degewebes verhindern. Hören Sie auf Ihren Körper. Genießen Sie diese Lebensphase und setzen Sie sich mit zu frühzeitigen Wettkampf-zielen keinesfalls unter Druck.
In bestimmten Situ-
ationen sollte auf
Sport verzichtet
werden:
� Bei Blutungen
� Nach Frühgeburt
� Bei Frühgeburts-
bestrebungen
(z. B. offener
Mutter mund)
� Mehrlingsschwan-
gerschaft
� Unterentwicklung
des Fetus
� Extremes Über-
oder Untergewicht
Schwangerschaft und Sport
Welchen Sport sollte man in welcher Schwangerschafts-phase ausüben?
1. Trimenon 2. Trimenon 3. Trimenon
Walking/Nordic Walking � � �Laufen/Jogging � � �Marathonlauf � � �Radfahren � � �Skilanglauf � � �Skilauf alpin � � �Krafttraining � � �Schwimmen � � �Tauchen � � �
� = Empfehlenswert � = Noch in Ordnung � = Vermeiden
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Die Lauf-ausrüstung
Laufen gehört zu den kostengünstigen
Sportarten. Die Ausrüstung ist nicht sehr auf-
wändig. Aber eine gute Qualität mit indivi-
dueller Fachberatung bekommt man nicht
zum Schnäppchenpreis im Supermarkt. Mit
einigen Hundert Euro müssen Sie fürs Erste
schon rechnen.
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Die Laufschuhe
Nur spezielle Laufschuhe werden den unglaublichen Anforderungen ge-recht. Sie müssen bei jedem Schritt je nach Tempo ein Mehrfaches Ihres Ge-wichts auffangen. Im Marathon kom-men da gigantische 2000 bis 3000 Tonnen zusammen! Dabei muss der Schuh den Aufprall dämpfen, die Be-wegung stabil und kontrolliert führen, das Abrollen gut ermöglichen und ge-gebenenfalls orthopädische Fehlstel-lungen korrigieren. Modische Aspek-te, Farbe oder Marke sind dagegen unwichtig. Zur Dämpfung gibt es un-terschiedliche Systeme, beispielsweise Luft- oder Gelkissen in der Mittelsohle. Die meisten Läufer landen auf der Fer-se und benötigen daher insbesondere hinten entsprechend mehr Dämpfung. Das Obermaterial sollte atmungsaktiv sein und Reflektoren für sicheres Lau-fen bei Dunkelheit besitzen.
Beratung im Fachgeschäft
Das wichtigste Auswahlkriterium sind weniger Testberichte oder Werbeaus-
sagen von erfolgreichen Athleten, son-dern Sie selbst, Ihr Fuß, Ihr Körper-gewicht und der Untergrund, auf dem Sie trainieren werden. Hier hilft am besten geschultes Personal im Fach-geschäft weiter. Die Verkäufer sind meist selbst Läufer und beraten auch gerne Einsteiger. Erfahrene Händler können aus Ihren mitgebrachten alten Sportschuhen auch auf Fehlstellungen, Laufstil oder sogar Verletzungen schließen.
Passform und Größe
Eine gute Passform garantiert eine op-timale Laufökonomie. Sie sollten die Schuhe mit geeigneten Laufsocken an-probieren. Frauen haben meist schma-lere Füße als Männer. Sollten Sie einen breiten Fuß haben, probieren Sie ein-mal die »Herrenversion«. Es gibt von einigen Firmen auch Schuhe mit ver-schiedenen Weiten. Der Vorfußbereich muss den Zehen genügend Spielraum für freie Bewe-gung bieten. Einen Finger breit sollte vor der großen Zehe Platz sein. Im Schaft sollte der Schuh eher fest sitzen.
Vom Schuh bis zum Baby Jogger
Der richtig gewählte Schuh ist mit Abstand das Wichtigste bei der Ausrüs-tung. Gute Funktionsbekleidung sorgt zu allen Jahreszeiten für angenehmen Tragekomfort, praktische Accessoires sorgen für noch mehr Laufspaß.
Beginnen Sie auf
keinen Fall mit alten
Turn-, Aerobic- oder
Tennisschuhen oder
irgendwelchen Fit-
nessschuhen vom
Wühltisch beim Dis-
counter. Damit rui-
nieren Sie sich garan-
tiert die Knochen!
Der richtig gewählte
Laufschuh vermei-
det Verletzungen.
Sparen Sie nicht am
falschen Ende.
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Ihr Fußgewölbe sinkt im Lauf des Ta-ges etwas ab, der Fuß wird dadurch länger und breiter. Auch während des Laufens und bei Wärme schwillt der Fuß etwas an. Kaufen Sie Ihre Schuhe daher am besten nachmittags ein. Sie riskieren sonst nämlich blaue Zehen-nägel oder Blasen.
Füße weg von zu leichten Schuhen!
Der Schuh soll nicht so leicht wie mög-lich sein. Wer übergewichtig oder groß ist, benötigt ein viel stabileres Schuh-modell als eine kleine, leichte Joggerin. Zierliche Spitzenläuferinnen wiegen meist nur zwischen 45 und 50 Kilo-gramm. Diese Fliegengewichte tragen spezielle superleichte, aber orthopä-disch riskante Wettkampfmodelle. Die Gewichtsersparnis kommt durch Ver-zicht auf schwerere Dämpfungs- und härtere Stabilisationselemente zustan-de. Die Schläge gehen beim Citylauf oder Training auf Asphalt voll in die Knochen. Also: Finger weg von zu leichten »dynamischen Schläppchen«, besonders wenn Sie bei Übergewicht noch zusätzlich eine Fehlstellung haben. Das belastet nicht nur die Ge-lenke, sondern durch die mangelnde Führung des Schuhs verpufft ein Teil der Energie. Die besten Schuhe für das Marathon-training sind eher etwas fester und härter. Ein bequemer, butterweicher Schuh verstärkt dagegen vorhandene Fehlbewegungen.
Videoanalyse und Fehlstellungen
Niemand sieht sich selbst beim Laufen. Hier hilft nur eine Videoanalyse weiter, am besten im Freien. Manche Geschäf-te haben auch ein Laufband mit Video-kamera zur Analyse des Bewegungs-verhaltens in verschiedenen Schuhen. Allerdings laufen Einsteiger auf dem ungewohnten Laufband meist sehr un-natürlich, beispielsweise auf dem Vor-fuß, was möglicherweise nicht der Wirklichkeit entspricht. Ein guter Ver-käufer sieht auch ohne Laufband Ihr Bewegungsverhalten, wenn Sie im Laden auf und ab probelaufen. Sie müssen ihm dann vertrauen. Ob Sie O- oder X-Beine haben, wissen Sie viel-leicht schon, aber wie sieht es mit einer Fußfehlstellung beim Abrollen aus?
Kaufen Sie als fort-
geschrittene Läufe-
rin am besten meh-
rere verschiedene
Schuhe und tragen
Sie sie im Wechsel –
das schont Knochen
und Gelenke.
� Gehen Sie in ein Laufsportgeschäft mit Fachverkäufern.� Zur Beratung alte Sport- oder Laufschuhe mitbringen.� Kaufen Sie Ihre Schuhe am Nachmittag.� Zur Anprobe Ihre Laufsocken tragen.� Optimale Passform bei Schuhgröße und Fußweite.� Gerader oder gebogener Leisten?� Stabilität des Schuhs geht vor Gewicht.� Vor-, Mittel- oder Rückfußläufer – wie landen Sie?� Profil und Dämpfung – auf welchem Untergrund laufen
Sie?� Training oder Wettkampf – wozu verwenden Sie den
Schuh?� Belüftung – atmungsaktives Obermaterial.� Reflektoren für mehr Sicherheit im Dunkeln. � Haben Sie eine Fußfehlstellung?
So finden Sie den richtigen Laufschuh
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Überpronation und Supination
Beim Bodenkontakt des Fußes unter-scheidet man drei Phasen: die Lande-phase, eine kurze Standphase während des Abrollens und die Abruckphase. Wenn Sie während der Standphase mit dem Fuß statt gerade zu stehen nach innen einknicken (Überpronation), brauchen Sie eine Stütze auf der In-nenseite, eine stabile Fersenkappe und eine eher gerade Leistenform. Normalfüßler und Überpronierer kom-men häufig vor. Für sie gibt es ein gro-ßes Schuhsortiment. Seltener wird über die Außenkante ge-laufen (Supination). Das kann mit O-
Beinen kombiniert sein. Ein Supinierer benötigt eine stabile Fersenkappe und entsprechend in der Mittelsohle eher außen eine Verstärkung, die die Belas-tung der Außenkante vermindert. Ver-dreht sich das Fußgelenk, werden auch Achillessehne, Unterschenkel, Knie und Hüfte schief belastet.
Regelmäßig neue Schuhe
Selbst der beste Schuh hält nicht ewig! Ein guter Laufschuh sollte mindestens 500, besser 1000 Kilometer aushalten. Schnelle, übergewichtige und Läufe-rinnen mit Fehlstellungen werden die Schuhe früher verschleißen. Letztlich ist Ihr Laufschuh ein Verbrauchsgegen-
Für sicheres Lau-
fen auf eisigem
Untergrund gibt es
Trainingsschuhe, so
genannte Icebugs
mit kurzen Dornen.
Fußfehlstellungen und Sohlenabrieb *
* Rechter Fuß von hinten und Schuhsohle von unten betrachtet
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stand. Irgendwann ist die Mittelsohle völlig weich geworden, die Dämpfung hin – und der Schuh stützt nicht mehr.
Individuelle Einlagen
Bei extremen Fehlstellungen, Spreiz-füßen oder Beinlängendifferenzen kommen zusätzlich Einlagen in Be-tracht. Sie unterstützen den Fuß beim Stützen und Führen der Abrollbewe-gung. Die stabilste Einlage nutzt aber wenig, wenn sie in einem zu weichen Schuh schwimmt. Versuchen Sie daher eine Überpronation zunächst über eine gute Schuhauswahl zu korrigieren. Erst wenn das nicht genügt, brauchen Sie zusätzlich Einlagen. So genannte Pe-lotten, kleine eingebaute Erhöhungen, verteilen die Druckverhältnisse im Fuß-quergewölbe bei Spreizfüßen. Beim Orthopädieschuhmacher bekommen Sie individuell nach Ihrem Fußbett an-gefertigte und zum Laufen geeignete Einlagen aus leichtem Kunststoff.
Schuhe wechseln
Zur Verminderung einseitiger orthopä-discher Belastungen, aber auch für verschiedene Trainingszwecke sollten fortgeschrittene Läuferinnen abwech-selnd unterschiedliche Laufschuhe von verschiedenen Marken tragen. Das ist zunächst zwar teurer, aber mehrere Paare, nebeneinander gelaufen, hal-ten natürlich auch länger. Außerdem haben Sie nun Schuhe für unterschied-liche Gelände und Trainingseinheiten.
Einen mit starkem griffigem Profil für Waldboden, Matsch und Schnee, ei-nen breiteren und besser gedämpften für Asphalt und einen dritten etwas leichteren Schuh gegebenenfalls für Tempoläufe und kurze Wettkämpfe. Den Marathon sollten Sie nicht in zu leichten Wettkampfschuhen laufen.
Funktionelle Laufbekleidung
Viele hören bei Schmuddelwetter oder im Herbst, wenn die kalte und dunkle Jahreszeit beginnt, mit dem Laufen auf. Was in monatelangem Training aufgebaut wurde, verpufft über den Winter. Im Frühjahr fängt man dann fast bei Null und mit Übergewicht wie-der an. Das muss nicht sein. Sicher können Sie zunächst mit einem Trai-ningsanzug und T-Shirt beginnen, aber eine gute Funktionsbekleidung er-möglicht nicht nur ganzjähriges Trai-ning, sondern erhöht die Sicherheit, den Spaß und Komfort und verringert die Verletzungsanfälligkeit.
Passend für Bewegung und Wetter
Manche möchten zu Beginn mit weiter Kleidung vielleicht ihre Problemzone verbergen. Sie laufen in weiten Parkas oder flatternden Regenjacken oder modischen, aber unfunktionellen Plu-derhosen, die den Bewegungsablauf behindern. Sie können die Arme nicht
»Es gibt kein
schlechtes Wetter,
sondern nur schlech-
te Bekleidung.«
Diese Redensart
trifft auch auf die
Funktionskleidung
für Läufer zu.
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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE
Herbert Steffny, Dr. med. Birgit Friedmann, Dr. med.Markus Keller
Marathontraining für FrauenOptimal vorbereitet - auch für den Halbmarathon Extra:Trainingspläne zur Steigerung der persönlichen Bestzeit
Paperback, Klappenbroschur, 144 Seiten, 17,2 x 23,5 cm4 s/w AbbildungenISBN: 978-3-517-08164-9
Südwest
Erscheinungstermin: Oktober 2006
So läuft frau schneller, besser und weiter In Hamburg lag der Anteil an Frauen, die dieses Jahr den Marathon beendeten, bei rund 20%.Beim Honolulu Marathon auf Hawaii beträgt der Anteil weiblicher Teilnehmer sogar die Hälfte.Zeitversetzt zu den USA ist auch bei uns noch ein deutliches Wachstum beim Frauenanteil zuerwarten. Mit diesem Buch können Anfängerinnen und ambitionierte Freizeitläuferinnen dasTraining für ihren Halbmarathon und Marathon optimal gestalten, ihre Kondition verbessern undBestleistungen erzielen. Frauen haben eine andere Kondition und einen anderen Körperbauals Männer. Speziell darauf geht Herbert Steffny ein, der zusammen mit dem GynäkologenDr. Markus Keller und der Sportmedizinerin Dr. med. Birgit Friedmann erklärt, was beimFrauentraining besonders berücksichtigt werden muss und wo Frauen hinsichtlich ihrerLeistungsfähigkeit Vorteile haben. Sie informieren auch über das Thema „Laufen während derSchwangerschaft“ und geben viele Tipps für die persönliche Sicherheit beim Laufen. Damit auchAnfängerinnen beim nächsten Marathon durchhalten können.