Internationales Institut für Management Fachgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie...

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Internationales Institut für ManagementFachgebiet Arbeits- und Organisationspsychologie

Vereinbarkeit, „Work Life Balance“ und Familienfreundlichkeit

Impulsreferat für die Austauschgruppe „Vereinbarkeit von Arbeit und anderen Lebensbereichen“ 2. Konferenz des Deutschen Netzwerkes für Betriebliche Gesundheitsförderung

Bonn, 28./29. März 2006

Prof. Dr. Marianne Resch

Gliederung

1. Worum geht es?

2. Wie sieht die (gute) Praxis aus?

3. Warum sollte betriebliche

Gesundheitsförderung das Thema

aufgreifen?

Vereinbarkeit: ein alter Hut.

„Für den Mann ist der Beruf das Schicksal,

die Liebe eine Episode;

für die Frau ist die Liebe das Schicksal und

der Beruf eine Episode“

(Ackermann, 1964)

Der „Anderthalb-Personen-Beruf“

„Das Normalarbeitsverhältnis in seiner jetzigen Form ist keine

Basis für eine zufrieden stellende Abstimmung der Zeitbedürfnisse

von Beruf und Familie.“ (Stolz-Willig, 1991)

Work Life Balance: ein neues Modewort mit positiven Assoziationen

Ausgeglichenheit Gesundheit und Wohlbefinden Ausgeglichene Mischung von Tätigkeiten geringe Konflikte zwischen Beruf und

Privatleben Übereinstimmung der existierenden

Lebenssituation mit den eigenen Wünschen und Pläne

...

Work Life Balance-Konzepte

(1) „Maßnahmen zur intelligenten Verteilung der Arbeitszeit im Lebensverlauf und zu einer ergebnisorientierten Leistungserbringung,

(2) Maßnahmen zur Flexibilisierung von Zeit und Ort der Leistungserbringung sowie

(3) Maßnahmen, die auf Mitarbeiterbindung zielen.“

(Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2005, S.

15)

Familienfreundlichkeit in aller Munde ...

Mit familienbewusster Personal-politik zum Unternehmenserfolg!

„Das weiche Weiber-Thema wird zu einem Win-Win-Thema“1

Allianz der Spitzenverbände für die Familie: Familie bringt Gewinn!

Unternehmenswett-bewerb: Familie als Erfolgsfaktor

Prognos-Studie verspricht 25 % „Return on Investment“

1) Renate Schmidt anlässlich einer DGB-Tagung zum Thema Familienfreundlichkeit

Work Life

Balance

? ?

Ein irreführender Begriff

?

Menschen balancieren, um ihre Tätigkeiten in verschiedenen Bereichen ausüben zu können ...

Beruf Familie

Balance

Worum geht es eigentlich?

Beruf Familie

Aber auch positive Effekte

Äußere Vereinbarkeit: Empirische Befunde

Zeitbudgeterhebung des statistischen Bundesamts: Vollzeiterwerbstätige Eltern: ca. 70 h/Wo Alleinerziehende 77 h/Wo

Befragung Beschäftigter mit Kindern und Pflegeaufgaben: Je länger die Erwerbsarbeitszeit, desto schlechter wurde die

Vereinbarkeit beurteilt (Klenner, 2004).

Arbeitszeitpräferenzen: Männer (76,9 %) und Frauen (54,3 %) wünschen eine

Reduzierung ihrer tatsächlichen Arbeitszeit (Klenner, 2004). Gewünscht ist auch eine weniger ungleiche Verteilung

zwischen Frauen und Männern (Bielenski, 2000).

Vereinbarkeit ohne Belastungen: Empirische Befunde

Beruf-Familie-Konflikte: • Zeitbezogene Konflikte• Stressbezogene Konflikte• Verhaltensbezogene Konflikte

Unterscheidung der Richtung des Konflikts:• Wirkungen vom Beruf auf die Familie sind häufiger. • Wirkungen von der Familie auf den Beruf sind

dramatischer.(zum Überblick vgl. z.B. Frone,

2002)

Vereinbarkeit und Gesundheit: Empirische Befunde

• Protektive Wirkung und Kompensation

• Kompetenzerwerb durch den Beruf und die Familie

• Kontrolle („Autonomie über den Arbeits-inhalt“) beeinflusst die empfundene Balance.

• Entscheidend für Gesundheit und Zufriedenheit ist die Übereinstimmung des Lebensentwurfs mit den eigenen Zielen.

Gliederung

1. Worum geht es?

2. Wie sieht die (gute) Praxis aus?

3. Warum sollte betriebliche

Gesundheitsförderung das Thema

aufgreifen?

Es tut sich viel ...

Audit Beruf und Familie: www.beruf-und-familie.de/

Wettbewerbe sind wieder in:

www.google.de/ Lokale Bündnisse

www.lokale-buendnisse-fuer-familie.de/ Allianz für die Familie usw.

Arbeitszeit: Maßnahmen flexibler Arbeitszeit-gestaltung, Freistellungsregelungen

Arbeitsabläufe und Arbeitsinhalte: flexible Ge-staltung und Verteilung von Arbeitsaufträgen, Teamarbeit

Arbeitsort: Möglichkeiten eines flexiblen Arbeitsortes und seine Anbindung an den Betrieb

Informations- und Kommunikationspolitik: Öffentlichkeitsarbeit über familienunterstützende Aktivitäten

Das Audit Familie und Beruf

Führungskompetenz: familienbewusstes Verhalten der Führungskräfteaktive

Personalentwicklung: positive Bewertung von „Patchwork“-Erwerbsbiographien

Entgeltbestandteile und geldwerte Leistungen: Unterstützung für Beschäftigte mit Familie

Service für Familien: Versorgungsarrangements für Kinder oder pflegebedürftige Familienan-gehörige

Ein Beispiel: Das Projekt CheFsache Familie

Projektverbund mit unterschiedlichsten Partnern (IHK, Gleichstellungsbeauftragte, DGB usw.)

Unternehmensbefragung Fallstudien:

Beteiligungsorientierte Analyse und Bewertung Gestaltungsmaßnahmen Meilensteine und Evaluation

Netzwerk familienfreundlicher Unternehmen

Zum Begriff der FamilienfreundlichkeitFamilienfreundliche Arbeitsgestaltung erschöpft sich nicht in Fragen der Kinderbetreuung. Es geht um Mütter und Väter, aber auch um Mitarbeitende, die pflegebedürftige Angehörige zu versorgen haben, sowie Beschäftigte, die eine Familie gründen wollen.

Familienfreundlichkeit heißt ganz allgemein, Arbeit so zu gestalten, dass den Beschäftigten eines Betriebs ein Familienleben – in welcher Form auch immer – möglich ist, sei es durch Kinder- oder Altenbetreuung oder durch andere Formen gesellschaftlich nützlicher Tätigkeiten.

Drei Aspekte der Vereinbarkeit Ausführbarkeit

„äußere“ VereinbarkeitArbeitszeit (Lage/Dauer); Lebensarbeitszeit; Familienservice usw.

Schädigungslosigkeit, Beeinträchtigungsfreiheit Vereinbarkeit ohne Belastungen

Optimierung der Arbeitszeit, Abbau (psychischer) Belastungen

Persönlichkeitsförderlichkeit „Work-Family-Enrichment“

Zeitsouveränität, Entscheidungsspielräume, Gruppenarbeit

Gliederung

1. Worum geht es?

2. Wie sieht die (gute) Praxis aus?

3. Warum sollte betriebliche

Gesundheitsförderung das Thema

aufgreifen?

Allgemeine Gründe

1. Konflikte zwischen Berufs- und Familienleben

Höhere Erwerbsquote von Frauen Vereinbarkeitsprobleme auch für Männer

2. Demografischer Wandel

3. Steigende Belastungen in der Arbeitswelt

Eine gemeinsame Perspektive„Gesundheit ist die Fähigkeit und Motivation, ein wirtschaftlich und sozial aktives Leben zu führen.“

Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO

(Ottawa-Charta 1987)

Gesundheit ist kein Zustand, sondern ein Prozess. Gesundheit umfasst körperliche und seelische Aspekte.

Menschen können ihr Gesundheitspotential nur dann entfalten, wenn sie auf die Faktoren, die ihre Gesundheit beeinflussen, auch Einfluss nehmen können ...

These 1

Die Anforderungen des „Privaten“ müssen ermittelt und berücksichtigt werden.

Es geht um Zeitsouveränität – nicht (nur) um

Flexibilisierung. Dies beinhaltet Planbarkeit und

Beeinflussbarkeit der Erwerbsarbeitszeit. Es geht um Zeit für außerberufliche Lebensbereiche –

nicht nur um Rationalisierung von Haushalts- und Betreuungspflichten. Dies erfordert eine Begrenzung des Umfangs der Erwerbsarbeit.

These 2

Die Gestaltungsmaßnahmen betreffen nicht nur zeitliche Aspekte der Erwerbsarbeit.

Berufliche Arbeit sollte so gestaltet sein, dass sie

erlaubt und dazu befähigt, generationsübergreifend

soziale Verantwortung in der Gesellschaft zu

übernehmen. Es geht nicht nur um Anpassung, sondern um die

Schaffung erweiterter Möglichkeiten der Vereinbarung verschiedener Lebensbereiche.

These 3

Es geht darum, aktives Handeln in den ver-schiedenen Lebensbereichen zu ermög-lichen.

Es geht nicht (nur) um die Betreuung kleiner Kinder, sondern generell um Verantwortungsübernahme, sei es durch Pflege, ehrenamtliches Engagement oder politische Teilhabe.

Die Folgen der angebotenen Vereinbarkeitsmodelle für die Handlungsbedingungen derjenigen Personen, für die Verantwortung übernommen werden, sind in den Blick zu nehmen.

Von Bilanzen und BalancenNur für qualifizierte und gut verdienende Beschäftigte?

• Verallgemeinerbarkeit von Vereinbarkeitsmodellen herstellen!

Nur eine Frage der subjektiven Balance?• Dominanz der verhaltensbezogenen Maßnahmen im

„Work Life Balance-Markt“ verringern!• Die Diskussion auf erweiterte Möglichkeiten des

Balancierens richten!

Nur Vereinbarkeitsfragen?• Vereinbarkeit mit anderen Tätigkeitsbereichen

beachten!• Eltern und Beschäftigte mit sozialer Verantwortung

einbeziehen!