Post on 07-Feb-2018
Kausalitätsbeurteilung bei Kniebinnenschäden
Dr. med. Ute HeroldChirurgie und Unfallchirurgie
Agnes-Heineken-Str.17, 28277 Bremen
Herold.Bremen@t-online.de
Kniebinnenschaden
Kausalitätsanalyse
Nennung typischer Verletzungen am Kniegelenk
Indizien pro Unfallzusammenhang
Indizien für Anlage
Nennung von Spezialuntersuchungen
Welche Vorarbeiten der Verwaltung benötigt der Arzt?
Ziele
• Erkennen des Problemfalles
• Abkürzung des Heilverfahrens (Zuständigkeit)
• Abgrenzung gegenüber anderen Kostenträgern
• Folgekosten durch Fehlanerkennung
Knieverletzungen
Patellaluxation
Kreuzbandläsion
Meniskusläsion
Anatomie des Kniegelenkes
2 Teilgelenke
Tibio-femoral-Gelenk (Kniehauptgelenk)Patello-femoral-Gelenk
funktionell Dreh-Schanier-Gelenk
für Verletzungsfolgen wie für degenerativeVeränderungen anfällig
Anatomie
Aufsicht auf Kniehauptgelenk,Kniescheibe weggeklappt
AnatomieKniehauptgelenk Menisken, Aufsicht
Kreuzbandansätze
Röntgenbild des Kniegelenkes
von vornundseitlich
MRT des Kniegelenkes
sagittal
MRT des Kniegelenkes
koronar
Bone bruise - Phänomen
Bruise = Quetschung (Kontusion des Knochens)
Bone bruise - Phänomen
• Die Knochenkontusionen beruhen auf trabekulären Mikrofrakturen mit Oedemund Blutung in das Knochenmark.
• Im MRT sog. Oedemmuster.
• Signalminderung im T1- und Signalerhöhung im T2-gewichteten Bild.
Bone bruise - Phänomen
Ursachen
– Direktes stumpfes Trauma
– Komplexe Unfallmechanismen mit Kapsel-Band-Schäden
Bone bruise - Phänomen
• Bei stumpfen Traumen ist das Knochenmarksoedem i.B. der Krafteinwirkung lokalisiert.
• Bei Kapsel-Band-Verletzungen finden sich typische Verteilungsmuster der Kontusionsherde.
Bone bruise - PhänomenLokalisation bei• Vorderer Kreuzbandruptur
– Oedemzone lateraler Femurkondylus und dorsolateraler Tibiakopf
• Hinterer Kreuzbandruptur– Oedemzone vorderer
Anteil des Tibiaplateaus
• Patellaluxation– Kontusion lateraler
Femurkondylus
Bone bruise - Phänomen
• Nach 6-8 Wochen heilen die Knochenkontusionen folgenlos aus
• Therapie: keine
Bone bruise - Phänomen
Bei kernspintomographisch fehlendemNachweis einer bone bruise ist einerelevante Verletzung des Kniegelenkesauszuschließen.
Kniescheibenverrenkung
1. Oberschenkel (Femurkondyle) 2. Kniescheiben-gleitlager (Femoro-Patellar- Gelenk) 3. nach außen verrenkte / luxierte Patella (Kniescheibe)
Kniescheibenverrenkung
nur selten unfallbedingtnur starke, i.d.R. indirekte Krafteinwirkungen ursächlichKniescheibe luxiert nach außenReposition in Narkose
häufiger habituell (Kinder, Jugendliche)meist Selbstreposition
Disposition zur Kniescheibenverrenkung
1. Kniescheibe (Patella) mit Lateralisation2. Kniescheiben-gleitlager (Femoro-Patellar- Gelenk) 3. Oberschenkel (Femurkondyle)
Zur Luxation disponierendeFaktoren
1. Fehlform der Kniescheibe
2. Fehlform des patello-femoralen Gleitlagers
3. X-Fehlstellung im Kniegelenk
4. Hochstand der Patella
5. Muskelinsuffizienz des Vastus medialis
Verrenkungsvorgang
Unfallbedingte Patellaluxation
Valgus-Torsionsstress bei maximaler
Muskelanspannung und gleichzeitiger
Fehlbelastung der Extremität
Zusammenhangsbegutachtung der Patellaluxation
Erfolgte ein physiologischer oder gewaltsamer Valgus-Torsionsstress(Verdrehen)?
Lag eine normale oder maximal abrupte Muskelanspannung vor?
Welche individuellen anatomischenGegebenheiten bestanden?
Kniescheibenverrenkung
SpezialuntersuchungRö-Aufnahmen in 30, 60, 90 Grad-Stellung zur Beurteilung des Gleitvorganges der Kniescheibe
Ganzbeinaufnahmen im Stehen (selten)
MRT: bone bruise Phänomen
Kniescheibenverrenkung
Vorarbeiten der VerwaltungUnfallhergang möglichst exakt klären (schwierig!)
AU-Verzeichnis der Krankenkasse
Krankheitsberichte des Orthopäden (Luxation auf der Gegenseite?)
Kreuzbandverletzungen
Der typische Verletzungsmechanismus bei vorderer Kreuzbandruptur ist das Flexions-Valgus-Aussenrotationstrauma (Fussball, Skifahren)
unhappy triad
Akute vordere Kreuzbandruptur
Überwiegend Hämarthros
Lokale Druckschmerzhaftigkeit
Lachmann-Test positiv
MRT zum erkennen wichtiger Begleitveränderungen (Bone-bruise, Meniskusverletzungen, Seitenbandverletzungen)
Vordere Kreuzbandruptur
MRT Bild Knie1. Quadricepssehne2. Oberschenkel-knochen
(Femur) 3. gerissenes vorderes
Kreuzband (roter Pfeil zeigt Rissstelle)
4. Schienbein (Tibia) 5. Kniescheibe (Patella) 6. Hoffa´scher Fettkörper 7. Kniescheibensehne
(Patellarsehne)
Kreuzbandruptur
normal vordere Kreuzbandruptur
Bone bruise (STIR)
Hintere Kreuzbandruptur
Typischer Verletzungsmechanismus des
hinteren Kreuzbandes
Zur Verletzung kommt esdurch das Einwirkendirekter Gewalt vonventral bei flektiertemKniegelenk.
Hintere Kreuzbandruptur
MRT Kniegelenk1. Oberschelkel-
knochen (Femur) 2. Kniescheibe
(Patella) 3. hinterer
Kreuzbandriss (rot)
4. Schienbein (Tibia)
Hintere Kreuzbandruptur
Ursache: Hochenergie-TraumaDashboard injury
Folge: hintere Subluxation des Tibiaplateaus
Bei chronischer Instabilität:Knorpelschaden retropatellar und medial am Kniehauptgelenk
Kreuzbandruptur
Indizienanalyse– pro
HämarthrosAdäquates TraumaBone-Bruise-PhänomenSofortiger Funktionsverlust
– kontraGiving-way vor UnfallSportanamneseMRT-Befund (frisch/alt)
Kreuzbandruptur
Spezialuntersuchung
MRT
Arthroskopie
Kreuzbandruptur
Vorarbeiten der Verwaltung
Exakte UnfallanamneseAU-VerzeichnisSportanamneseBildmaterialien beiziehen (ggf. Befunde überprüfen lassen)Operationsberichte (auch alte)
Meniskusverletzungen
Meniskusverletzungen
Arthroskopische Sanierung einer Meniskusläsion
MeniskusverletzungenRissformen und Durchblutung der Menisken
Meniskusverletzungen
Geeignete Ereignisabläufe sind folgende:
Fluchtartige Ausweichbewegung unter Drehung des Oberkörpers bei fixiertem FußSturz bei fixiertem Fuß des Standbeines
Sprungsverletzung, z. B. schwungvolle Körperdrehung bei Hängenbleiben des Standbeinesim Sport oder Absprung vom fahrenden Zug
Drehsturz!
MeniskusverletzungenBeispiele für ungeeignete Ereignisabläufe:
– Isolierte Beugung oder Streckung des Kniegelenkes sowie Krafteinwirkung auf das Kniegelenk in Streckstellung
– Stoß des Kniegelenkes an einer Kante im Sinne einer Knieprellung– Hochkommen aus der Hocke– Axiale Stauchung des Gelenkes, z. B. bei einem Absprung mit Aufkommen
auf den Füßen– Wegrutschen des Fußes mit Krafteinwirkung auf das Kniegelenk im X-
oder O-Sinne ohne gleichzeitiges Verdrehen des Gelenkes unter Fixierung des Ober- bzw. Unterschenkels
– Plötzliche Drehbewegungen, z. B. beim Öffnen einer Tür, wenn sich das Gelenk dabei in Streckstellung befindet
– Sturz auf das nach vorn gebeugte Knie– Einfaches Stolpern oder Ausrutschen– Vertreten– Treppensteigen– Hängen bleiben mit dem Fuß und Einknicken im Kniegelenk
Meniskusverletzungen-MRTDiagnostische Treffsicherheit über 90%
Meniskusverletzung
Diagnostische Sicherheit durch klinische
Befunderhebung 75 %
Diagnostische Sicherheit durch MRT >90 %
Diagnostische Sicherheit durch
Arthroskopie 70-98 %
Meniskusverletzung
Durch Anamnese, exakte Unfallanalyse
und MRT lässt sich die Diagnose sichern.
Die Arthroskopie ist in der Regel nicht
erforderlich zur Entscheidung, ob die BG
der Kostenträger ist!
Meniskopathie
Normalbefund hochgradigeMeniskopathie
Meniskopathie
Zum Krankheitsbild gehören degenerative
Veränderungen mit Zerstörung der
Grundsubstanz, Spaltbildung, reparative
Narbenbildung.
MeniskopathieZwischen den Lebensjahren,
• 20 und 39 keine, geringe his höchstens ganz leichte degenerative Veränderungen,
• 40 und 50 bis leichtgradige degenerative Veränderungen,
• 51 und 60 bis gut leichtgradige degenerative Veränderungen,
• 61 und 80 gelegentlich bis knapp mittelgradigedegenerative Veränderungen.
Meniskopathie/MRT-Diagnostik
Die Meniskopathie ist im MRT gut zu erkennen
Signalerhöhungen innerhalb der Menisken
Weitgehende Übereinstimmung MRT/Histopathologie
MeniskusverletzungIndizienanalyse
ProUnfallhergangFunktionsverlust im zeitlichen VerlaufBegleitverletzungenHistopathologieRissform
KontraUnfallmechanismus (kein Drehsturz)Zeitlicher VerlaufFehlende BegleitverletzungVorbestehende Meniskopathie
Meniskusverletzung
Spezialdiagnostik
In den meisten Fällen genügen MRT, Klinik
und Unfallhergang, um die Zuständigkeit zu
klären.
Meniskusverletzung
Vorarbeiten der Verwaltung
Unfallhergang
AU-Verzeichnis
Bildmaterialien
Operationsberichte
Sportanamnese
Gonarthrose
Gonarthrose
• Bis zum Alter von 50 Jahren ist die Häufigkeit bei Frauen und Männern gleich.
• Danach steigt die Inzidenz bei Frauen deutlich an.
• Mit 50 Jahren hat jede 7. Frau eine wesentliche Gonarthrose.
Ursachen der Gonarthrose
• Achsabweichung (X- oder O-Bein)
• Verletzungen des Kniegelenkes(Frakturen, Bandverletzungen)
• Systemerkrankung (z.B. Bluterkrankheit, rheumatoide Arthritis)
• Osteochondrosis dissecans
• Stoffwechselerkrankungen (z.B. Gicht)
Gonarthrose
Genu varum
Genu valgum
Zusammenfassung
Bei Patellaluxationen sind Unfallhergang und dispositionelle Faktoren abzuwägen.
Bei Kreuzbandschäden sprechen ein Bone-Bruise-Phänomen und ein Hämarthros für einen frischen Kniebinnenschaden.
Bei Meniskusverletzung sind Begleitverletzungen zu fordern, Unfallhergang muss adäquat sein.
Herzliche Grüße aus Bremen