Post on 18-Sep-2018
Kompetenzorientiert unterrichten in EnglischMöglichkeiten und Grenzen der Umsetzung von Bildungsstandards im Englischunterricht an beruf-lichen Schulen
Ralf Hölzer-Germann (Studienseminar für berufliche Schulen in Wiesbaden, Januar 2013)
Gliederung
1. Was sind Kompetenzen? Eine praktische Übung (nach Ziener [2008])
2. Begriffsklärung: Kompetenz, Performanz, Bildungsstandards
3. Historischer Begründungszusammenhang der Kompetenzorientierung
4. Allgemeine Zielsetzungen kompetenzorientierten Unterrichts und der Entwicklung von Bildungsstandards
5. Anforderungen an kompetenzorientierten Unterricht (nach HKM-Entwurf [2010])
6. Annäherung an ein Kompetenzmodell (in Anlehnung an den HKM-Entwurf [2010])
7. Konkretisierung der fachlichen Kompetenzen (in Anlehnung an den HKM Entwurf [2010])
Gliederung
8. Merkmale kompetenzorientierten Englischunterrichts im Vergleich zum lernziel-.
orientierten Fremdsprachenunterricht (in Anlehnung an Hallet/Müller-Hartmann
[2006])
9. Persönliches Kompetenzmodell des Fremdsprachenunterrichts
10. Konsequenzen der Kompetenzorientierung für die Fachschaften (in Anlehnung an
Hallet/ Müller-Hartmann[2006])
11. Möglichkeiten und Grenzen kompetenzorientierten Fremdsprachenunterrichts
12. Literaturverzeichnis
1. Was sind Kompetenzen? Eine praktische Übung (nach Ziener 2008)
Thema: _________________________
Elemente der Unterrichtseinheit:
_________________________________
_________________________________
_________________________________
_________________________________
_________________________________
(Stichworte reichen)
Nach ________ Stunden zum Thema
_________________________________
da erwarte ich eigentlich, dass die Schülerinnen und Schüler…
Erwartungen:
1. __________________________________
2. __________________________________
3. __________________________________
(Bitte drei solcher Erwartungen in eigenen Worten formulieren)
Schritt:
1. Ich erinnere mich an die letzte Unterrichtseinheit und zähle auf, welche Elemente in die Lerngruppe eingegeben wurden:
2. Schritt:
Ich nehme die Adressatinnen und Adressaten dieser Unterrichtseinheit in den Blick und vervollständige folgenden Satz
Auswertung
Drei Antworttypen:
Vermittlung von Wissen Erwerb von Kenntnissen
Vermittlung von Fähig- Erwerb von Handlungs-
keiten und Fertigkeiten kompetenz
Sensiblisierung für Ein- Entwicklung von Urteils-
stellung und Haltungen fähigkeit
2. Begriffsklärung: Kompetenz, Performanz, Bildungs- standards
Kompetenzdefinition nach Weinert (2001):
„Dabei versteht man unter Kompetenzen die bei den Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um be-stimmte Probleme zu lösen, sowie die damit ver-bundenen motivationalen, volitionalen und sozi-alen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Pro-blemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können.“
(Weinert [2001], S. 27f. – Hervorhebungen R. Hölzer-Germann)
2. Begriffsklärung: Kompetenz, Performanz, Bildungs- standards
Performanz in Abgrenzung zur Kompetenz (nach Bonnet [2004]):
Performanz: „Oberflächenstruktur der Handlungen und Aussagen eines Menschen“
steht in Diskrepanz zur
Kompetenz als “nicht wahrnehmbare Tiefenstruktur der Kognition” (Bonnet 2004)
doch: “[...] keine Kompetenz ohne Performanz, aber auch kein Handeln ohne Disposition” (Ziener [2008])
2. Begriffsklärung: Kompetenz, Performanz, Bildungs- standards
Bildungsstandards nach dem Verständnis der KMK 2004:
„Bildungsstandards werden international in der Regel als normative Vorgaben für die Steuerung von Bildungssystemen verstanden [….] Die von der Kultusministerkonferenz verab-schiedeten Bildungsstandards greifen allgemeine Bildungsziele auf und legen fest, welche Kompetenzen die Schüler-innen und Schüler bis zu einer bestimmten Jahrgangsstufe an wesent-lichen Inhalten erworben haben sollen. Die Bildungsstandards konzentrieren sich auf Kernbereiche eines Fachs und be-schreiben erwartete Lernergebnisse.“
2. Begriffsklärung: Kompetenz, Performanz, Bildungs- standards
Inhaltliche Standards (content standards oder curriculum standards)
Standards für Lehr- und Lernbedingungen (opportunity-to-learn-standards)
Leistungs- oder Ergebnisstandards (performance oder outcome standards)
Niveauanforderungen (Mindest-, Regel- und Maximal-standards)
2. Begriffsklärung: Kompetenz, Performanz, Bildungs- standards
Zwei Dimensionen von Bildungsstandards:
Erwünschte Handlung benötigte Kompetenz
Beispiel Interkulturelle Kompetenz:
Die Schüler/-innen gestalten im kritischen Bewusstsein ihrer eigenen Werte und Einstellungen sowie in Kenntnis und unter Akzeptanz der Zielsprachenkultur autonom und verantwortungsvoll kommunikative Beziehungen zu Personen ihrer eigenen sowie der Fremdkultur.
Kompetenz: Handlungsdisposition
Arbeitsauftrag
Denken Sie an ihre aktuelle Unterrichtseinheit und formulieren Sie einen Bildungsstandard, welcher sowohl die Handlungs- als auch die Kompetenzdimension abdeckt.
(ca. 10 Minuten)
Stellen Sie sich gegenseitig zu zweit Ihren jeweiligen Bildungs-standard vor.
(ca. 10 Minunten)
Plenum: Im Plenum werden wir anschließend über mögliche Schwierigkeiten bei der Formulierung sprechen.
(ca. 10 Minuten)
3. Historischer Begründungszusammenhang der Kompetenzorientierung
Unerfahrenheit der deutschen Bildungslandschaft mit testspezi-fischen Verfahren zur Evaluation von Lernergebnissen
Wunsch der KMK nach Evaluation der Bildungsarbeit :
Beschluss zur Formulierung von Bildungsstandards (1995)
Gründung des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
(IQB)in Berlin 2004
Reaktion auf internationale Vergleichsstudien wie TIMSS (1997/98), PISA / PISA-E (2000), IGLU (2004) und DESI (2006)
Anpassung an den europäischen Entwicklungsprozess zur Eva-luierung von Kompetenzständen und –zuwächsen im Bereich des Sprachenlernens
Gemeinsamer Europäischer Referenz-rahmen für Sprachen [GeR]; Europarat 2001)
4. Allgemeine Zielsetzungen kompetenzorientierten Unterrichts und der Entwicklung von Bildungsstandards
Verbesserung der Bildungsqualität
Transparenz im Hinblick auf die An-forderungen an das Lehren und Lernen
Vergleichbarkeit schulischer Lernergebnisse
„Rechenschaftslegung und Systemmonitoring“ (KMK 2005b:6)
5. Anforderungen an kompetenzorientierten Unterricht (nach HKM- Entwurf [2010])
Outcome-Orientierung zu einem bestimmten Lernzeitpunkt oder zum Abschluss eines Bildungsweges
Kumulativer Kompetenzerwerb und Anschlussfähigkeit von In-halten und Fähigkeiten
Erwerb von Wissen und Können
Problemorientierung von Inhalten
Situiertes Lernen mit Anwendungsbezug in transferierbaren Situationen
Lernerorientierung und Lernbegleitung (individuelle Lernstands-diagnose und Förderung, Individualisierung von Lernprozessen und transparente Leistungsrückmeldung unter Berücksichtigung alter-nativer Formen der Leistungsdokumentation)
Instruktion und individuelles, eigenverantwortliches Lernen
Förderung überfachlicher und fachlicher Kompetenzen
6. Annäherung an ein Kompetenzmodell (in Anlehnung an den HKM-Entwurf [Hessen 2010])
Personale Kompetenz
Soziale Kompetenz
Lern- und Arbeits-kompe-tenz
Sprach- kompe- tenz
Überfachliche Kompetenzbereiche
Diskursfähigkeit
Kommunikative Kompetenz
Transkulturelle Kompetenz
Sprachlern-kompetenz
Fachliche Kompetenzbereiche
Inhaltsfeld
Inhaltsfeld
Inhaltsfeld
Inhaltsfeld
Bildungs-standards
7. Konkretisierung der fachlichen Kompetenzbereiche im Fremd- sprachunterricht (in Anlehnung an den HKM-Entwurf [2010])
Diskursfähigkeit
Kommunikative Kompetenz
Teilkompetenzen:• Hör- und Hör-/sehverstehen• Leseverstehen• Sprechen• Schreiben• Sprachmittlung
Sprachliche Mittel:• Wortschatz• Grammatik• Orthographie• Aussprache • Intonation
Transkulturelle Kompetenz
• Wissen um die eigene und die fremde Kultur
• Wahrnehmung und Re-spektanz unterschiedlicher kultureller Perspektiven
• Reflexion der eigenen kult-urellen Perspektive und der persönlichen Veränderungs-bereitschaft
Sprachlernkompetenz (Bewusstsein und Wissen über das eigene Sprachlernen)
• Selbstgesteuertes Sprach-lernverhalten (auch Erwerb von Lernstrategien)
• kooperatives Sprachlernen
• reflektiertes Sprachlernen
7. Konkretisierung der fachlichen Kompetenzbereiche im Fremd- sprachenunterricht (in Anlehnung an der HKM- Entwurf [2010])
Inhaltsfeld
PERSÖNLICHE LEBENSWELTEN
„Ich und die Anderen“
Inhaltsfeld
ÖFFENTLICH-GESELLSCHAFTLICHE
LEBENSWELTEN
„Ich und die Gesellschaft“
Inhaltsfeld
KUTURELLE LEBENSWELTEN
„Ich und die Welt“
Konkretisierung durch Schulen
8. Merkmale kompetenzorientierten Englischunterrichts im Ver- gleich zum lernzielorientierten Fremdsprachenunterricht (in Anlehnung an Hallet/ Müller-Hartmann, 2006)
Lernzielorientierung (input)
Formulierung von Intentionen und Fach-inhalten
Lernkompetenz (fachspezifisch / fächer-übergreifend) mit den Dimensionen Sach-, Methoden-, Selbst- und Sozialkompetenz
Verbindlichkeit, aber keine Überprüfung
Anregungen für die Unterrichtsgestaltung und Leistungsermittlung
Orientierung an Lernergebnissen (outcome)
Formulierung von Leistungserwartungen (Kernbereiche)
fachl. Kompetenzbereiche auf unterschied-lichen Anforderungsniveaus, konkretisiert durch Aufgabenbeispiele, und überfachliche Kompetenzbereiche
regelmäßige Überprüfung durch Vergleichsarbeiten
Weiterentwicklung von Unterricht
lernzeitbezogenen Kompetenzen und abschlussbezogene Regelstandards
Lehrpläne Bildungsstandards
9. Persönliches Kompetenzmodell des Fremdsprachenuterrichts(R. Hölzer-Germann [2009] in Anlehnung an KMK-Bildungsstandards erste Fremdsprache, Ziener [2008] und Weinert [2002])
Kenntnisse
Fertigkeiten
Fähigkeiten
Einstellungen und Haltungen
Kommu-nikative Kompe-tenz
Sprachlern-kompetenz
transkulturelle Kompetenz
Niveaustufen A1 – C2
Kompetenzebenen
Kompetenz-bereiche
Performanz
Motivationale,volitionale Faktoren
Soziale Faktoren
Lehr-person
Lernum-gebung
Aufgaben-formate:
*situativ ein-gebettet
* schüler- orientiert
* inhaltlich gehaltvoll
* problem- orientiert
Unterrichts-planung:
*“backwardplanning“
*aus der Schüler-
perspektive
*Kompetenz-exegese
*fachspezi- fische Me-
thoden-schulung
und Förderung
Kompetenzorientiert Lehr-und Lernprozesse in Englisch gestalten: ein Prozessmodell (nach W. Bauch/ C. Maitzen / M. Katzenbach [Frankfurt/ AfL 2011]
Lernen vorbereiten und initiieren - Bezug zu Kern- und Schul- curriculum bzw. Lehrplänen …
Lernen bilanzieren und reflektieren
- Anforderungssituationen (Leistungsauf- gaben)- Leistungsfeststellung (summativ: be- zogen auf Kompetenzniveaus (auch GeR)- zumeist Bewertung- Reflexion und Perspektiven
Kompetenzen stärken und er-weitern
- Differenzierte Anforderungs- situationen: - Übung, Vertiefung, Anwendung und Transfer
Orientierung geben und erhalten
- Lernstandserhebungen (formativ, be- urteilend, orientierend, unbewertet)- Selbst- und Mitschülereinschätzung- Feedback: Lerngespräche- Stärkung und Ermutigung
Lernen vorbereiten und initiieren
- Bezug zu Kern- und Schulcurriculum bzw. Lehrplänen- Lernausgangslage (GeR / individuelle Fragebögen)- Transparenz der Kompetenzerwartung- affektive und kognitive Aktivierung
Lernwege eröffnen und gestalten
- Lernangebote: Schülerorientierung, kognitive Herausforderung, situative Einbettung, Exemplarik, Lernaufgaben- Anknüpfung und Vernetzung- Konstruktion und Instruktion- ansprechende Methoden- Dokumentation der Lernwege (z.B. Lernjournal, Reading Log)
Lehrende
Lernende
Exkurs: Praxisbeispiel
Aufgabenstellung zum Praxisbeispiel
(ca. 30 Minuten [individuell + Partnerarbeit] – Plenum: ca. 10 Minuten)
Diskutieren Sie nach der Lektüre des Unterrichtsbeispiels aus dem Beruflichen Gymnasium (Jahrgangsstufe 11) mit Ihrer Nachbarin/ mit Ihrem Nachbarn,
* inwiefern die Planungskonzeption einem kompetenz- orientierten Unterrichtsansatz Rechnung trägt sowie
* ob und inwiefern sich aus dem Beispiel Anregungen für Ihre eigene Unterrichtsplanung ergeben.
10. Konsequenzen der Kompetenzorientierung für die Fachschaften (in Anlehnung an Hallet /Müller-Hartmann [2006])
Information über den Stand der Implementierung von Bildungsstandards in Hessen
Recherche über weitere Unterstützungsangebote von Seiten des Ministeriums, des IQ, der Schulämter, der Verlage, der Studienseminare etc.
Diskussion des kompetenzorientierten Ansatzes in der Fachschaft und Entwicklung eines Schulcurriculums Englisch
wenn es soweit ist: Erstellung eines Zeitplans für die Umsetzung der ministeriellen Vorgaben
Einigung auf Themenschwerpunkte für die Inhaltsfelder und deren weitere Ausgestaltung
gemeinsame Entwicklung von kompetenzorientierten Aufgabenbeispielen für einzelne Schulformen und Jahrgangsstufen (auch Konzeption von Vergleichsarbeiten)
Vereinbarung mit anderen Fachschaften über fächerübergreifende Kompetenzen
Analyse der eingeführten Lehrwerke im Hinblick auf die Kompatibilität mit den Bildungs-standards und dem eigenen Schulcurriculum
Entwicklung und Weiterverbreitung von Best-Practice-Beispielen
Kontinuierlicher Austausch und Rückmeldung über Erfolge/ Schwierigkeiten (auch an vorgesetzte Stellen)
12. Literaturverzeichnis
* Bauch, Werner, Christoph Maitzen, Michael Katzenbach, Auf dem Weg zum kompetenzorientierten Unterricht – Lehr- und Lernprozesse gestalten. Ein Prozessmodell zur Unterstützung der Unter-richtsentwicklung, Frankfurt (Amt für Lehrerbildung) 2011.
* Hallet, Wolfgang/ Andreas Müller-Hartmann, For better or for worse? Bildungsstandards Englisch im Überblick, in: Der Fremdsprachliche Unterricht Englisch, 81, 2006, S. 2- 9.
* Hessische Kultusministerium (Hrsg.), Bildungsstandards und Inhaltsfelder. Das neue Kerncurriculum für Hessen. Sekundarstufe I – Gymnasien. Moderne Fremdsprachen (Entwurf), Wiesbaden 2010.
* Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.), Ver-öffentlichungen der Kultusministerkonferenz. Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz. Erläuterungen zur Konzeption und Entwicklung, München/ Neuwied (Luchterhand), 2005.
* Weinert, Franz E., (Hrsg.), Leistungsmessungen in Schulen, 2. Aufl., Weinheim/ Basel (Beltz) 2002.
* Weskamp, Ralf, Bildungsstandards lernerorientiert umsetzen: Kompetenzen, Aufgabenstellungen und Leistungsbeurteilung, in: Gerhard Bach, Johannes- Peter Timm (Hgg.), Englischunterricht, 4. Aufl., Tübingen (UTB-Francke) 2009, S. 256 – 279.
* Ziener, Gerhard, Bildungsstandards in der Praxis. Kompetenzorientiert unterrichten, 2. Auf., Seelze-Velber (Kallmeyer) 2008.