Kristallstruktur und Mikrostruktur Teil II Vorlesung 2 · 6 Erstarrung mit...

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Kristallstruktur und Mikrostruktur

Teil II

Vorlesung 2

2

6/m 2/m 2/m

3

Teil II

1 Erstarrung: Grundlagen

2 Erstarrung: Wachstum und Gefüge

3 Praktische Aspekte: Schweißen; Thermisches Spritzen

4 Texturanalyse

4

Teil II

Vorlesung 2

Erstarrung von Legierungen mit Konzentrationsunterschieden

Kristallwachstum

kontinuierliches Wachstum

laterales Wachstum

Gefüge

reine Metalle

Legierungen

eutektische Legierungen

5

Erstarrung

Erstarrung ohne Konzentrazionsunterschieden L → a (1)

(Vorlesung II-1)

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden L → L' + a (2)

La

6

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

Grenzfälle:

1. schnelle Diffusion in der Schmelze und im Festkörper

2. niedrige Diffusion im Festkörper, sehr höhe Diffusivität in der Schmelze

3. niedrige Diffusion im Festkörper, nur ‘normale’ Diffusivität in der Schmelze

L

Homogene Schmelze

A B

A

Gebiete (Partikeln) mit

unterschiedlicher Zusammensetzung

?

L → L‘ + a

A

BL‘

7

Größenordnung von D in Schmelzen

Diffusionsprozeß T [K] Diffusionskonstante [cm2/s]

Si in Ge 1683 3 x 10-4;

Cu in Cu 1356 5 x10-5;

Na in Na 644 4 x 10-5;

Kinetische Theorie D ~ T2;

Arrhenius D = Do exp( -Q/kBT)

Al in Ga-Schmelze

8

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

lineare Annäherung

möglich nur in binären Systemen oder in Systemen mit mehreren Komponenten!

L → L‘ + Al

9

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

T = T* - kLXL (3a)

T = T* - kSXS (3b)

k = kL/kS < 1

XS – Konzentration von B im Kristall

XL – Konzentration von B in der SchmelzeT*

Eine Schmelze mit Zusammensetzung Xo

beginnt zu erstarren bei Temperatur T1.

Wie viel ist XS bei T1?

Easterling (2009)

A B

10

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

T*

L

S L

T = T1 ~0 kXo < Xo

L T = T2 ↑

T = T3 100% Xo < Xo/k

Volumenfraktion Konzentration von B

Wärme

schnelle Diffusion in der Schmelze und im Festkörper

Hauptfragen:

# die Volumenfraktion der Phasen?

# die Zusammensetzung der Phasen?

FS XS XL

Erstarrung eines Stabes mit planarem Interface

k = kL/kS < 1

11

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

T1 < T < T3

Die Schmelze und der Festkörper sind homogen mit

Zusammensetzungen entlang dem Liquidus und dem Solidus.

T=T1 XS = kXo, XL = X0

T1 > T > T3 XS = (T* - T)/kS (3a)XL = (T* - T)/kL (3b)

T=T3 XS = Xo, XL = Xo/k

starke Diffusion in der Schmelze und im Festkörper

S

L

12

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

niedrige Diffusion im Festkörper, sehr höhe Diffusivität in der Schmelze

schnelles Abkühlen, Rühren der Schmelze

Erstarrung beginnt wieder bei der Temperatur T1

XS = kXo bei T1; XS = Xo bei T3

Erstarrung eines Stabes mit planarem Interface

13

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschiedenniedrige Diffusion im Festkörper, höhe Diffusivität in der Schmelze

T1 < T < T3

Scheil Gleichung XS = kXo(1 – FS) (k-1)

Die Schmelze bleibt homogen mit Zusammensetzung entlang dem Liquidus.

In dem Festkörper entsteht ein Konzentrationsgradient.

(4)

Ausgleich der Konzentrationsunterschiede im Kristall nicht möglich

(k = kL/kS < 1, (1 –FS) (k-1) > 1; XS > kXo)

14

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

niedrige Diffusion im Festkörper, nur ‘normale’ Diffusivität in der Schmelze

T ~ T1

kXo < XL = Xo

Erstarrung eines Stabes mit planarem Interface

15

Erstarrung mit Konzentrazionsunterschieden

niedrige Diffusion im Festkörper, nur‘normale’ Diffusivität in der Schmelze

T1 < T < T3

konstante Erstarrungsgeschwindigkeit n

Konzentrationgradienten sowohl in der Schmelze als

auch im Festkörper

0

11 exp

/L

k xX X

k D v

(5)

Front

16

Erstarrung von LegierungenPlanar Interfaces - Zusammenfassung

Gottstein (2001)

die durchgehenden Linien – Konzentrationsverlauf

bei der angegebenen Interface-

Position

die gestrichelten Linien - die Zusammensetzungen des Kristalls

und der Schmelze bei der Bewegung

der Front durch den Stab (Tigel)

co = Xo

c1 = kXo

17

Kristallwachstum

~ 0.1 mm/Jahr

Die Kristallisationsgeschwindigkeit Ġ in metallischen Schmelzen

ist abhängigt von der Unterkühlung (DT)

(DT = 10 K)

Pb 102 cm/s

Sn 14 cm/s

Bi 1 cm/sKobayashi et al. (1984)

18

Kristallwachstum

Die atomare Struktur des Interfaces Wachstumsvorgang

# raue Grenzfläche viele energetisch kontinuierliches Wachstum

günstige Plätze

# glatte Grenzfläche laterales Wachstum

S

L

S

L

S

L

19

Kristallwachstum

Jackson Parameter (a) [K. A. Jackson, Liquid Metal and Silidification, ASM, Kleveland, OH, 1958]

a ~ DS│Tm (NA/R) (6)

Vorlesung KM_II_1: DS│Tm ~ L/Tm;

a ~ (L/Tm) NA/ kBNA = L/kBTm (6‘)

D.P. Woodruff, The Solid-Liquid Interface, Cambridge Uni Press, 1973

Jackson Regel:

a < 2 entstehen raue Grenzflächen

a > 2 enstehen glatte Grenzflächen (*)

Bi Ġ ~ 1 cm/s

20

Kristallwachstumkontinuierliches Wachstum

L

S

Der Flux L → S

JLS ~ AS nL nL exp(-DGa/RT) 7a

Der Flux S → L

JSL ~ AL nS nS exp[- (DGa

+ DGv)/RT] 7b

AL & AS Akkomodationkoeffizienten

DGa

– Aktivierungsenergie für Diffusion

nL und nS – Zahl von Atomen/m2

nL und nS – Schwingungsfrequenz (Hz)

Bedingung für Wachstum: J = JLS – JSL > 0 (8a)

J = AS nL nL exp(-DGa/RT) - AL nS nS exp[- (DG

a+ DGv)/RT] (8b)

Easterling (2009)

T ≤ Tm

~ QDiff

21

Kristallwachstum

kontinuierliches Wachstum

gesamter Flux

T > Tm , J < 0 Der Kristall schmilzt.

bei T = Tm DGV = 0 (Vorlessung KM_II_1) und J = 0 und DGa = 0 →

AS nL nL = AL nS nS (8c)

T < Tm

J = AS nL nL exp(-DGa/RT){ 1 - exp(- DGv/RT)} (9a)

Raue Grenzflächen → die Ablagerung der Atome ist überall möglich →

AS ~ 1

J = nL nL exp(-DGa/RT){ 1 - exp(- DGv/RT)} (9b)

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Kristallwachstum

kontinuierliches Wachstum

Grenzflächengeschwindigkeit

Per Definition: v = JVm/NA

v = Vm/NA exp(-DGa/RT){1 – exp(-DGv/RT)} (10a)

Taylorentwicklung unter der Annahme DGv/RT << 1

V ~ Vm/NA exp(-DGa/RT) DGv/RT; v = M DGv (10b)

Die Mobilität M = (Vm/NART) exp(-DGa/RT) (10c)

Vorlesung KM_II_1 : DGv ~ LDT/Tm → v = C DT (10d)

C = M L/ Tm

Gottstein (2001)

Al - Ga

Gl. (9b)

23

Kristallwachstum

kontinuierliches Wachstum

Grenzflächengeschwindigkeit

Kobayashi et al. (1984)

24

Kristallwachstum

laterales Wachstum

(glatte Grenzflächen)

nicht stabile Konfiguration

Abtrennungsrate hoch

2D – Insel

(stabile Konfiguration)

Terrassen (Ledges)

Ecken (Jogs)

S

L

25

Kristallwachstum

laterales Wachstum

(glatte Grenzflächen)

Wie entstehen Ledges und Jogs?

Oberflächenwachstum

durch thermische Fluktoationen

entsehen stabile 2D-Inseln

Spiralenwachstum

Schraubenversetzungen bieten viele Kanten und Ecken

keine kritische 2D-Inseln notwendig

Easterling (2009) Jog

26

Kristallwachstum

laterales Wachstum(glatte Grenzflächen)

Keimbildung von 2D-Inseln

DGI = - pr2aDgV + 2prag (11a)

a – die Inselhöhe

Kritischer Radius:

rI* = g/ DgV (11b) r < r* die Inseln schrumpfen

r > r* die Insel wachsen

Kritische Energie für Bildung von stabilen 2D-Inseln:

DGI* = pag2/DgV (11c)

27

KristallwachstumVergleich laterales und kontinuierliches

Wachstums

Die notwendige Unterkühlung ist

die kleinste für das kontinuierliche Wachstum

Easterling (2009)

Kontinuierliches Wachstum

v ~ C DT

Spiralformiges Wachstum

v ~ kSW(DT)2

Oberflächen-Wachstum

v ~ exp(-kOW/DT)

28

Gefüge

reine Metalle Legierungen Eutektische Legierungen

29

Gefüge I(reine Metalle, kongruente Legierungen)

Grenzfälle:

Wärmeabfuhr durch den Kristall

Wärmeabfuhr durch die Schmelze

Die Morphologie der Gefüge für reine Metalle wird hauptsächlich durch die

Wärmeabfuhr bestimmt.

30

Wärmeabfuhr durch den Kristall

Ein Kristall (Keim) formiert sich durch Fluktuationen

Bei T > Tm der Kristall schmilzt

die Erstarrungsfront bleibt lokal stabil und planar

So entstehen globulare Körner

überhitzte Schmelze T > Tm

Gefüge I

(reine Metalle, kongruente Legierungen)

schematische Darstellung von

globularem Wachstum

Zinn-Teilchen (Gottstein 2001)

31

Wärmeabfuhr durch die Schmelze

unterkühlte Schmelze

Gefüge I(reine Metalle, kongruente Legierungen)

Gottstein (2001)

Ein Kristall formiert sich durch Fluktuationen

Der Kristall wächst (lokal) bei grösserer Unterkühlung →

Die Wachstumsgeschwindigkeit wird grösser →

Der Kristall wächst schneller und bleibt stabil.

Das Interface wird lokal nicht mehr planar

thermische Dendritbildung

v = C DT !

32

Dendriten von SuccinonitrilGottstein (2001)

schematische Darstellung von

Dendritenwachstum

Easterling (2009)

Gefüge I

(reine Metalle, kongruente Legierungen)

33

Gefüge IIErstarrung von Legierungen

Grenzfall: niedrige Diffusion im Festkörper, normale Diffusivität in der Schmelze

→ Konzentrazionsgradient in der Schmelze in der Nähe der Front.

Die Liquidustemperatur rechts von der Erstarrungsfront variert mit der Zusammensetzung.

TC

T > TC Überhitzung der Schmelze

T < TC (konstitutionelle) Unterkühlung der Schmelze

Die Steigung der kritischen Temperatur bei T3:

Steigung = ∂TL/∂x│T3 = (T1 – T3)/ (D/Ѵ)

x

Die Morphologie der Gefüge hängt sowohl von der Wärmeabfuhr

als auch von den Stoffinhomogenitäten in der Schmelze ab.

34

Gefüge IIErstarrung von Legierungen

Die konstitutionelle Unterkühlung führt zu

Zellularwachstum und Dendritenbildung in

Legierungen

Zellular Wachstum – schematische Dartellung

(a) Die Erstarrungsfront ist planar;

(b) Ein Kristall ist formiert. Der Kristal hat

weniger gelöste Atome (kXo<Xo) → Der Rest

diffundiert lateral in die Schmelze.

(c) XL nimmt zu und TL nimmt ab

(konstituzionelle Unterkühlung)

(d) Neue ‚Finger‘ bilden sich

(e) zellulare Mikrostruktur entsteht.

A

B

B

C

C

35

Gefüge IIErstarrung von Legierungen

zellulares Wachstum im CBr4

Eastering (2009)

Dendriten in einer Fe-24% Cr Legierung

Gottstein (2010)

36

Gefüge IIErstarrung von Legierungen

Mathiesen et al., PRL (1999)

Pb Dendriten in Sn-52%Pb Schmelze

1 Etappe – planare Kristalle

2 Etappe – Dendrite senkrecht

zu der planaren Front

37

Gefüge IIErstarrung von Legierungen

Al-30%Mg

Sunseri (2009)

38

Gefüge III

Erstarrung eutektischer Legierungen

Eutektische Reaktion L → a + ß (12)

Typische Gefüge (Easterling 2009)

lamellenartige Gefüge

stabartige Gefüge

Gottstein (2001)

L(12at% Si) → Al(2%Si) + Si

Al-Fe Schmelze

39

Gefüge III

Erstarrung eutektischer Legierungenlamellenartige Gefüge

Gefüge bei Cd-18% Zn

Gefüge in Al-Cu eutektischer Legierung

Eastering (2009)

Gottstein (2001)

40

Gefüge III

Erstarrung eutektischer Legierungenlamellenartige Gefüge

Eastering (2009)

– der Lamellenabstand; Einheit [m].

die Lamellen sind senkrecht zu der Erstarrungsfront

die Erstarrungsfront

# Ein ß-Kristall formiert sich durch Fluktuationen

# die extra A-Atome diffundieren lateral in die Schmelze

# Die Übersättigung von A-Atomen links und rechts steigt →

# Zwei a-Mischkristalle kristallisieren links und rechts;

die extra B-Atome diffundieren lateral in die Schmelze

ß Mischkristall reich an B-Atomen

a-Mischkristall reich an A-Atomen

L

x

41

Gefüge III

Erstarrung eutektischer Legierungenlamellenartige Gefüge

DG() =

= - DGCh + gab Aaß - DGCh + gab Vm/ ; (13)

DG() > 0 kein Lamellenwachstum

DG() < 0 Lamellenwachstum

Vorlesung KM-II-1, Gl. 10: DGch ~ L|DT|/TE ; Minimisierung von DG() →

* ~ gabVmTE/LDT (14) Kritischer Lamellenabstand

< * Lamellen-Wachstum nicht möglich

> * Lamellen-Wachstum möglich

DT *

42

Gefüge III

Erstarrung eutektischer Legierungenlamellenartige Gefüge

~ (c/Ṙ) ½

(15)

Ṙ - Abkühlgeschwindigkeit; Einheiten [K/s]

Eutectic System c

[m(K/s)-1/2 ]

Ag-Pb 1.2x10-7

Cd-Pb 2.1x10-8

Cd-Zn 2.8x10-8

Pb-Sn 3.3x10-8

a-phase (Pb-rich, dark)

ß-phase (Sn-rich, light)

Unregelmäßigkeiten bei dem Lamellen-Aufbau:

Oscillationen

Kippen

Aufspaltung

43

Gefüge III

Erstarrung eutektischer Legierungenlamellenartige Gefüge

Faivre (1996)

NN – Normalle

lamellenartige Gefüge

Osc – Oscillationen

T – Kippen

Stabile Lamelle

Spalten

44

Übungen

Übungen 1 -5: Alle haben die Übungen bestanden, mit Ausnahme von

Jens Bauer

Daniel Bernath

Vanessa Jeske

Übungen 6-10: Dr Ralf Schaherl wird die Übungen betreuen

Letzte Übung am 24.01.2018: Übungsklausur