Medizinische Grundlagen Demenz · Frontotemporale Demenz semantische Demenz • Grundlegende...

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Frontotemporale

Demenz

Jens Reinders

Facharzt für Nervenheilkunde

Bergedorfer Markt 2

21029 Hamburg

Ahrensburg

04.02.2019

DEMENZ-TYPEN UND

KLINISCHE

KLASSIFIKATIONEN04.02.2019 Jens Reinders

04.02.2019

Ausschlusskriterien Bewusstseinsstörungen

Symptome Beeinträchtigung höherer kortikaler Funktionen:

Gedächtnis +

Rechnen, Denken Lernfähigkeit

Orientierung Urteilsvermögen Sprache

Ausprägungsgrad Beeinträchtigung der Alltagsaktivitäten

z.B. persönliche Hygiene, Haushaltsführung, Beruf

Dauer und Verlauf Symptomatik > 6 Monate, chronisch progredient

Definition der Demenz nach ICD-10 GM

Jens Reinders

04.02.2019

nach Brand et al., NeuroGer 2004, 1 (1): 9-20

Gedächtnis – Einteilung nach

zeitlichen Aspekten

UKZG = Ultrakurzzeitgedächtnis, KZG = Kurzzeitgedächtnis, LZG = Langzeitgedächtnis

Input

Millisekunden

UKZG

Selektion

* visuell, akustisch, taktil, olfaktorisch, gustatorisch

Sekunden - Minuten

KZG

Arbeits-

gedächtnisEnkodierung

Dekodierung

n

unbegrenzt

LZG

episodisch

semantisch

perzeptuell

Priming

prozedural

Konsolidierung

Jens Reinders

04.02.2019

nach Brand et al., NeuroGer 2004, 1 (1): 9-20

Perzeptuelles

Gedächtnis

Bewusstes

Erkennen Objekte/Geräusche

aufgrund ihrer

Merkmale

Episodisches

Gedächtnis

Erlebnisse Ereignisse

+ Gefühle

Semantisches

Gedächtnis

Faktenwissen ohne persönlichen

Bezug

Priming

(„Bahnung“)

Wiedererkennenzuvor unbewusst

Wahrgenommenes

aufgrund weniger

Fragmente

Prozedurales

Gedächtnis

Automatisierte

Fertigkeiten /

Gewohnheiten

Langzeitgedächtnis

Langzeit-

Gedächtnissysteme

Urlaubsreisen

erster Flirt

Vokabeln

geographische,

mathematische

Kenntnisse

Treppensteigen

Zähneputzen

Jens Reinders

04.02.2019

Primäre und sekundäre Demenzen

nach Ebert D, Psychiatrie systematisch 1999, UNI-MED Verlag: Bremen 3. Aufl.

Demenz-Formen

Hirnorganische

(primäre)

90%

Nicht-hirnorganische

(sekundäre)

10%

Neurodegenerativ Vaskulär Gemischt

(Degenerativ + Vaskulär)

Jens Reinders

Häufigkeit primärer Demenzen

04.02.2019 Jens Reinders

60%15%

15%

5% 5%

Diagnosen

DAT Vaskulär LBD/Parkinson FTD Sonstige

04.02.2019 Jens Reinders

Ko

gn

itiv

e L

eis

tun

gsfä

hig

keit

„Gesundes Altern“

Demenz

mod. nach Petersen RC, Semin Neurol, 2007

Gesundes Altern und demenzielle

Symptomatik

ALZHEIMER DEMENZ

04.02.2019 Jens Reinders

Grundlagen der Alzheimer-Demenz

• Bei der Alzheimererkrankung kommt es zu

einem übermäßigen Absterben von Nervenzellen

im Gehirn durch Ablagerung von krankhaften

Eiweißen (sog. Plaques und Neurofibrillen).

04.02.2019

• Vererbte Form sehr selten

(Amyloid-Precursor-Protein,

Presenilin 1+2)

• Sporadische Form (Apo-E-4

assoziiert)

• Ursache des

Krankheitsausbruchs nicht

bekannt

Jens Reinders

Grundlagen der Alzheimer-Demenz

• Nicht nur das Absterben von Nervenzellen

beeinträchtigt aber die Gehirnfunktionen,

sondern auch ein Mangel an sog. Botenstoffen,

insbesondere Acetylcholin.

Nervenendigung Nervenzelle

Acetylcholin

Acetylcholinesterase

04.02.2019 Jens Reinders

Die Symptome der Erkrankung lassen

sich in drei Bereiche gliedern

Kognition

Verhalten

Alltags-

kompetenz

Toilette

Ankleiden

Haushalt

Telefonieren

Umgang mit Geld

Reisen

Gedächtnis

Orientierung

Aufmerksamkeit

Denken, Logik

Sprache

Veränderung der Persönlichkeit

Angst, Halluzinationen, Wahn, Apathie

04.02.2019 Jens Reinders

04.02.2019

Auffälligkeiten im Beruf

Vergesslichkeit

Stimmungslabilität

Aufmerksamkeitsdefizite

Beginnendes Moderates Schweres Stadium

Verlust der Selbstständigkeit

Gedächtnis- u. Sprachzerfall

Aggressionen

Verhaltensstörungen

Inkontinenz

auffällige kognitive Defizite

Alltagsaktivitäten eingeschränkt

Orientierungsstörungen (Zeit, Ort, Person)

Eingeschränkte Selbstständigkeit Pflegeabhängigkeit

nach Gauthier 1996

Progredienz der Alzheimer-Demenz

Jens Reinders

FRONTOTEMPORALE

LOBÄRE DEGENERATION

(FTLD)

04.02.2019 Jens Reinders

Fronto-temporale Demenz (FTD) I

• M. Pick; kortikobasale Degeneration;

fronto-temporale Degeneration;

semantische Demenz

• M. Pick (um 1900): Pat. mit

progredienter Aphasie und Demenz

• Pathologie: umschriebene

asymmetrische Atrophien in Stirn-

und Schläfenlappen

04.02.2019 Jens Reinders

Fronto-temporale Demenz (FTD) I

• 3 Verlaufsformen: Frontotemporale Demenz

Semantische Demenz

Primär progressive Aphasie

• positive Familien-Anamnese; Mutation auf

Chromosom 17;

• Erkrankungsbeginn 50.-60. Lj.

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Fronto-temporale Demenz (FTD) II

• Früh Verhaltens- und Wesensveränderungen

• Durchschnittliche Krankheitsdauer 6-8 Jahre

• Verhalten: Frontalhirn-Symptome mit

Persönlichkeitsveränderungen und gestörtem

Sozialverhalten (meist sozialer Rückzug, aber

auch Enthemmung, Aggression), emotionale

Stumpfheit (besonders wenn rechtsseitig

betont)

04.02.2019 Jens Reinders

04.02.2019 Jens Reinders

Frontotemporale Demenz

Frontale/frontotemporale Verlaufsform

• Grundlegende klinische Merkmale (alle zu

erfüllen)

– Schleichender Beginn und allmähliche Progredienz

– Frühauftretendes Defizit im zwischenmenschlichen

Sozialkontakt

– Frühauftretende Verhaltensauffälligkeit

– Frühauftretende emotionale Indifferenz

– Frühauftretender Verlust der Krankheitseinsicht

04.02.2019 Jens Reinders

Frontotemporale Demenz

Frontale/frontotemporale Verlaufsform

• Unterstützende Merkmale

A. Verhaltensauffälligkeiten

• Vernachlässigung der Körperpflege

• Geistige Unflexibilität

• Ablenkbarkeit und fehlende Ausdauer

• Hyperoralität und Veränderung der Essgewohnheiten

• Perserveration und stereotypes Verhalten

• Unaufgeforderte Manipulation von Gegenständen

(utilization behaviour)

04.02.2019 Jens Reinders

Frontotemporale Demenz

Frontale/frontotemporale Verlaufsform

• Unterstützende Merkmale

B. Sprache und Sprechen

• Veränderte Sprachproduktion

Wortkargheit – Logorrhoe

• Sprachliche Stereotypien

• Echolalie

• Perserverationen

• Mutismus

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Frontotemporale Demenz

Frontale/frontotemporale Verlaufsform

• Unterstützende Merkmale

C. Somatische Symptome

• Primitivreflexe

• Inkontinenz

• Akinese, Rigor, Tremor

• Erniedrigter, labiler Blutdruck

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Frontotemporale Demenz

Frontale/frontotemporale Verlaufsform

• Unterstützende Merkmale

D. Zusatzuntersuchungen

• Neuropsychologie: „Frontales Defizit“ bei fehlender schwerer

Gedächtnisstörung, Aphasie oder visuell-räumlicher Störung

• EEG: normal

• Bildgebung: vorherrschend frontale oder/und temporale

Pathologie

04.02.2019 Jens Reinders

Frontotemporale Demenz

primär-progressive Aphasie

• Grundlegende klinische Merkmale (beide zu erfüllen)

– A. Schleichender Beginn und allmähliche Progression

– B. Nichtflüssige Aphasie mit einem dieser Symptome

• Aggrammatismus, Paraphasien, Benennstörung

04.02.2019 Jens Reinders

Frontotemporale Demenz

primär-progressive Aphasie

• Unterstützende Merkmale

– A. Sprache und Sprechen

• 1. Stottern oder Sprechapraxie

• 2. Störung des Nachsprechens

• 3. Alexie, Agraphie

• 4. Im frühen Stadium erhaltenes Sprachverständnis auf Wortebene

• 5. Im späten Stadium Mutismus

– B. Verhaltensauffälligkeiten

• Im frühen Stadium intaktes Sozialverhalten

• Im späten Stadium Verhaltensauffälligkeiten wie bei frontaler/frontotemporaler Verlaufsform

04.02.2019 Jens Reinders

Frontotemporale Demenz

semantische Demenz

• Grundlegende klinische Merkmale

– A. Schleichender Beginn und allmähliche Progredienz

– B. Sprachstörung

• 1. Inhaltsarme flüssige Spontansprache

• 2. Verlust des Wissens über Wortbedeutung, die sich im

Benennen und im Sprachverständnis zeigt

• 3. Semantische Paraphasien

und /oder visuelle Agnosie mit

• 1. Prosopagnosie oder

• 2. Objektagnosie

– C. – E. Erhaltene Fähigkeit, Objekte anhand ihrer Form

zuzuordnen und Zeichnungen zu kopieren, Einzelworte

nachzusprechen, lesen und Worte nach Diktat zu schreiben

THERAPIE

04.02.2019 Jens Reinders

04.02.2019 Jens Reinders

Frontotemporale Demenz

Therapie

• Acethylcholinesterase-Hemmstoffe

(=„Alzheimermedikamente“) nahezu keinen Effekt, da

kein ausgeprägtes cholinerges Defizit vorliegt

• Positive Beeinflussung einer Antriebsstörung durch

SSRI (selektive-Serotonin-Wiederaufnahme-

Hemmer)

• Neuroleptika (Melperon, Quetiapin, Risperidon) bei

starker Unruhe oder Aggressivität

• Nicht-medikamentöse Therapie zur

Verhaltensmodifikation

Zusammenfassung

• Früher Erkrankungsbeginn (50. – 60.LJ)

• Führende Verhaltensstörung

• 3 Verlaufsformen:

– Frontotemporale Verlaufsform

– Primär progressive Aphasie

– Semantische Demenz

• Nur symptomatische Therapie möglich

• Oft rascher Krankheitsverlauf

04.02.2019 Jens Reinders

04.02.2019

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

Jens Reinders