Allmähliche Sehverschlechterung – Katarakt (Grauer...

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1 3. Allmähliche Sehverschlechterung – Katarakt (Grauer Star) Katarakt / Grauer Star / Linsentrübung Definition: Trübung der Augenlinse Bedeutung: weltweit und hier häufigste Erblindungs- ursache, aber therapierbar, damit häufigster Opera- tionsverfahren. Ätiologie: Alterungsprozesse der Linse, Trauma, Kortison Symptome: allmähliche Sehverschlechterung, Grau- schleier, Blendungsgefühl, Myopisierung, meist beidseitig, wenn auch oft nicht parallel. Therapie / Verlauf: meist allmähliche Zunahme, Operation wenn dadurch Beeinträchtigung in wichti- gen Lebensbereichen, meist bei Visus um 0,3. Pha- koemulsifikation der Linse und Ersatz durch eine Kunstlinse in Lokalanästhesie, dadurch oft hervorra- gende Ergebnisse. Komplikationen: Nachstar (the- rapierbar) in bis zu 20%, Netzhautablösung (selten). Hauptsymptom ist die allmähliche Sehverschlechte- rung meist über Monate, oft als Grauschleier empfun- den, Patientenalter meist >60 Jahre. Da auch sehr scharf umschriebene Linsentrübungen nur unscharf auf der Netzhaut abgebildet werden deuten entsprechend umschriebene Schatten nicht auf eine Katarakt oder Er- krankung des vorderen Augenabschnittes hin. Weitere Symptome: Teilweise Blendungsempfinden (vor allem bei Trübungen der hinteren Linse), monoku- lare Doppelbilder (Kern bricht stärker als Rinde der Lin- se), Myopisierung (Zunahme der Linsenbrechkraft, evtl. vorübergehend Lesen ohne Brille möglich). Die Katarakt tritt in der Regel beidseits auf, wenn auch nicht unbedingt seitengleich. Vor allem bei Einseitigkeit oder Alter <60 Jahre an andere Ätiologien denken (bds: Diabetes mellitus, Cortisonanamnese; einseitig: Trau- ma, intraokulare Entzündungen oder intraokularen Operationen). Manchmal wird die Funktionsminderung auch akut empfunden, z.B. bei plötzlichem Funktions- verlust des bisher besseren Auges. Ursache: altersbedingte Trübung der Linse, begünstigt durch Stoffwechselstörungen (vor allem Diabetes mel- litus, Alkoholabusus), längerfristige lokale oder systemi- sche Cortisonmedikation (Immunsuppression bei Or- gantransplantation, Kollagenosen, Asthma u.a.), intrao- kulare Entzündungen (anteriore und intermediäre Uvei- tis), direktes und indirektes Trauma (Pars plana Vitrek- tomie, Perforation, Contusion). Selten angeborene Lin- sentrübung, dann ist eine frühzeitige Operation wichtig wenn man ein brauchbares Sehvermögen erreichen möchte, vor allem bei der einseitigen Form. Die Kata- rakt ist ein weltweites Problem unabhängig von sozio- kulturellen Lebensbedingungen oder ethnischen Her- kunft, sie ist auch im Tierreich weit verbreitet, z.B. bei Hunden. Die moderne Kataraktchirurgie hat wirklich spektakuläre Erfolge zu verzeichnen und ist auch aus anderer Sicht die ‚Star‘operation überhaupt. Durch Phakoemulsifika- tion (Kernauflösung mit Ultraschall) der Linse und Ein- pflanzung einer künstlichen Hinterkammerlinse in den erhaltenen Kapselsack ist die Wiederherstellung einer guten Sehschärfe in vielen Fällen innerhalb weniger Stunden möglich. Die Operation erfolgt in der Regel in Lokalanästhesie, teilweise in Tropfanästhesie, dauert 10 bis 20 min und kann deshalb auch bei hinfälligen Patienten ohne deutliche Risiken erfolgen. Die Indika- tion zur Operation ist in der Regel gegeben, wenn der Patient durch die Linsentrübung wichtige Dinge seines Lebens nicht mehr allein bewältigen kann. Das ist meist der Fall bei einer Sehschärfe um 0,3 bis 0,4, da dies auch die Grenze für eine problemlose Lesefähigkeit darstellt. Wichtige Nebenwirkungen des Operations- verfahrens treten relativ selten auf. Als intraoperative Komplikation ist die Verletzung der hinteren Linsenkap- sel zu nennen, da dadurch die Verankerung der Kunst- linse erschwert ist und vermehrt weitere postoperative Komplikationen wie Netzhautablösung, Augeninnen- druckerhöhung und ein Makulaödem auftreten können. Aber auch bei unkompliziertem Operationsverlauf ist die Rate der Netzhautablösung wahrscheinlich durch se- kundäre Veränderungen des Glaskörpers um etwa 1% erhöht. Weiterhin kommt es bei etwa 10-20% der Pati- enten in den Folgejahren zu einer Trübung der belas- senen hinteren Linsenkapsel (Nachstar) durch regene- rierendes Linsenepithel oder fibrotische Veränderun- gen. Die Linsenkapsel kann dann mit einem Nd-Yag- Laser relativ einfach im Zentrum eröffnet werden, ohne dass hierfür eine Eröffnung des Augapfels erforderlich ist. Auch diese Form der Kapsulotomie ist mit einer leicht erhöhten Rate von Netzhautablösung (um 1%) verbunden. Weltweit ist die Katarakt die häufigste Erblindungsursa- che (Sehschärfe < 0,05; 25 Mio) und Ursache schwerer Sehbehinderung (< 0,1; 110 Mio). Weltweit werden jährlich etwa 6 Mio Kataraktoperationen (noch viel zu wenig) durchgeführt, in Deutschland etwa 440.000. So- zioökonomisch bedeutet das einen Betrag von etwa 1 Mrd. Mark jährlich in Deutschland. Mehr wird für kein anderes Operationsverfahren ausgegeben, dicht da- hinter rangieren schon die Kosten für die Nachstarlase- rung. Diagnose: bei deutlicher Linsentrübung ist die helle Pu- pille evtl. schon mit bloßem Auge zu erkennen. Zuver- lässiger ist die Beurteilung bei weiter Pupille (Mydriasis) am besten an der Spaltlampe oder im reflektierten Rot- licht (Rotlichtreflex); typische Anamnese mit Visusabfall. Operierte Augen mit Kunstlinse sind ggf. an der auffälli- gen Spiegelung in der Pupille zu erkennen. Da die Berechnung der eingepflanzten Linse nicht ganz exakt möglich und die eingepflanzten Linsen nur eine unveränderliche Brechkraft haben ist für eine optimale Sehschärfe und zum Lesen in den meisten Fällen das Tragen einer entsprechenden Brille erforderlich. Falls die Einpflanzung einer Hinterkammerlinse nicht möglich ist kann die Korrektur über eine Vorderkammerlinse, eine Kontaktlinse oder eine Starbrille (etwa +13 Dptr.) erfolgen, aber auch unkorrigiert ist bei Linsenlosgkeit (Aphakie) ein orientierendes Sehvermögen gegeben. Differentialdiagnosen: da sich die Katarakt zuverlässig diagnostizieren lässt meist kein Problem. Als Ursache für eine allmähliche Sehverschlechterung kommt vor allem auch eine altersabhängige Makuladegeneration in

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3. Allmähliche Sehverschlechterung – Katarakt (Grauer Star)Katarakt / Grauer Star / LinsentrübungDefinition: Trübung der Augenlinse

Bedeutung: weltweit und hier häufigste Erblindungs-ursache, aber therapierbar, damit häufigster Opera-tionsverfahren.

Ätiologie: Alterungsprozesse der Linse, Trauma,Kortison

Symptome: allmähliche Sehverschlechterung, Grau-schleier, Blendungsgefühl, Myopisierung, meistbeidseitig, wenn auch oft nicht parallel.

Therapie / Verlauf: meist allmähliche Zunahme,Operation wenn dadurch Beeinträchtigung in wichti-gen Lebensbereichen, meist bei Visus um 0,3. Pha-koemulsifikation der Linse und Ersatz durch eineKunstlinse in Lokalanästhesie, dadurch oft hervorra-gende Ergebnisse. Komplikationen: Nachstar (the-rapierbar) in bis zu 20%, Netzhautablösung (selten).

Hauptsymptom ist die allmähliche Sehverschlechte-rung meist über Monate, oft als Grauschleier empfun-den, Patientenalter meist >60 Jahre. Da auch sehrscharf umschriebene Linsentrübungen nur unscharf aufder Netzhaut abgebildet werden deuten entsprechendumschriebene Schatten nicht auf eine Katarakt oder Er-krankung des vorderen Augenabschnittes hin.

Weitere Symptome: Teilweise Blendungsempfinden(vor allem bei Trübungen der hinteren Linse), monoku-lare Doppelbilder (Kern bricht stärker als Rinde der Lin-se), Myopisierung (Zunahme der Linsenbrechkraft, evtl.vorübergehend Lesen ohne Brille möglich).

Die Katarakt tritt in der Regel beidseits auf, wenn auchnicht unbedingt seitengleich. Vor allem bei Einseitigkeitoder Alter <60 Jahre an andere Ätiologien denken (bds:Diabetes mellitus, Cortisonanamnese; einseitig: Trau-ma, intraokulare Entzündungen oder intraokularenOperationen). Manchmal wird die Funktionsminderungauch akut empfunden, z.B. bei plötzlichem Funktions-verlust des bisher besseren Auges.

Ursache: altersbedingte Trübung der Linse, begünstigtdurch Stoffwechselstörungen (vor allem Diabetes mel-litus, Alkoholabusus), längerfristige lokale oder systemi-sche Cortisonmedikation (Immunsuppression bei Or-gantransplantation, Kollagenosen, Asthma u.a.), intrao-kulare Entzündungen (anteriore und intermediäre Uvei-tis), direktes und indirektes Trauma (Pars plana Vitrek-tomie, Perforation, Contusion). Selten angeborene Lin-sentrübung, dann ist eine frühzeitige Operation wichtigwenn man ein brauchbares Sehvermögen erreichenmöchte, vor allem bei der einseitigen Form. Die Kata-rakt ist ein weltweites Problem unabhängig von sozio-kulturellen Lebensbedingungen oder ethnischen Her-kunft, sie ist auch im Tierreich weit verbreitet, z.B. beiHunden.

Die moderne Kataraktchirurgie hat wirklich spektakuläreErfolge zu verzeichnen und ist auch aus anderer Sichtdie ‚Star‘operation überhaupt. Durch Phakoemulsifika-tion (Kernauflösung mit Ultraschall) der Linse und Ein-pflanzung einer künstlichen Hinterkammerlinse in denerhaltenen Kapselsack ist die Wiederherstellung einerguten Sehschärfe in vielen Fällen innerhalb weniger

Stunden möglich. Die Operation erfolgt in der Regel inLokalanästhesie, teilweise in Tropfanästhesie, dauert10 bis 20 min und kann deshalb auch bei hinfälligenPatienten ohne deutliche Risiken erfolgen. Die Indika-tion zur Operation ist in der Regel gegeben, wenn derPatient durch die Linsentrübung wichtige Dinge seinesLebens nicht mehr allein bewältigen kann. Das ist meistder Fall bei einer Sehschärfe um 0,3 bis 0,4, da diesauch die Grenze für eine problemlose Lesefähigkeitdarstellt. Wichtige Nebenwirkungen des Operations-verfahrens treten relativ selten auf. Als intraoperativeKomplikation ist die Verletzung der hinteren Linsenkap-sel zu nennen, da dadurch die Verankerung der Kunst-linse erschwert ist und vermehrt weitere postoperativeKomplikationen wie Netzhautablösung, Augeninnen-druckerhöhung und ein Makulaödem auftreten können.Aber auch bei unkompliziertem Operationsverlauf ist dieRate der Netzhautablösung wahrscheinlich durch se-kundäre Veränderungen des Glaskörpers um etwa 1%erhöht. Weiterhin kommt es bei etwa 10-20% der Pati-enten in den Folgejahren zu einer Trübung der belas-senen hinteren Linsenkapsel (Nachstar) durch regene-rierendes Linsenepithel oder fibrotische Veränderun-gen. Die Linsenkapsel kann dann mit einem Nd-Yag-Laser relativ einfach im Zentrum eröffnet werden, ohnedass hierfür eine Eröffnung des Augapfels erforderlichist. Auch diese Form der Kapsulotomie ist mit einerleicht erhöhten Rate von Netzhautablösung (um 1%)verbunden.

Weltweit ist die Katarakt die häufigste Erblindungsursa-che (Sehschärfe < 0,05; 25 Mio) und Ursache schwererSehbehinderung (< 0,1; 110 Mio). Weltweit werdenjährlich etwa 6 Mio Kataraktoperationen (noch viel zuwenig) durchgeführt, in Deutschland etwa 440.000. So-zioökonomisch bedeutet das einen Betrag von etwa 1Mrd. Mark jährlich in Deutschland. Mehr wird für keinanderes Operationsverfahren ausgegeben, dicht da-hinter rangieren schon die Kosten für die Nachstarlase-rung.

Diagnose: bei deutlicher Linsentrübung ist die helle Pu-pille evtl. schon mit bloßem Auge zu erkennen. Zuver-lässiger ist die Beurteilung bei weiter Pupille (Mydriasis)am besten an der Spaltlampe oder im reflektierten Rot-licht (Rotlichtreflex); typische Anamnese mit Visusabfall.Operierte Augen mit Kunstlinse sind ggf. an der auffälli-gen Spiegelung in der Pupille zu erkennen.

Da die Berechnung der eingepflanzten Linse nicht ganzexakt möglich und die eingepflanzten Linsen nur eineunveränderliche Brechkraft haben ist für eine optimaleSehschärfe und zum Lesen in den meisten Fällen dasTragen einer entsprechenden Brille erforderlich. Fallsdie Einpflanzung einer Hinterkammerlinse nicht möglichist kann die Korrektur über eine Vorderkammerlinse,eine Kontaktlinse oder eine Starbrille (etwa +13 Dptr.)erfolgen, aber auch unkorrigiert ist bei Linsenlosgkeit(Aphakie) ein orientierendes Sehvermögen gegeben.

Differentialdiagnosen: da sich die Katarakt zuverlässigdiagnostizieren lässt meist kein Problem. Als Ursachefür eine allmähliche Sehverschlechterung kommt vorallem auch eine altersabhängige Makuladegeneration in

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Frage. Da beide Erkrankungen nicht selten gemeinsamauftreten kann es evtl. schwierig sein präoperativ fest-zustellen, welche Erkrankung das Sehvermögen be-stimmt. Aufgrund der großen Sicherheit der modernenKataraktoperation kann auch im Zweifelsfall eine Kata-raktoperation durchgeführt werden. Gleichzeitig ist diealtersabhängige Makuladegeneration mit Abstand die

häufigste Ursache wenn postoperativ kein befriedigen-des Sehvermögen erreicht wird. Weitere wichtige Ursa-che einer allmählichen Sehverschlechterung ist die dia-betische Retinopathie (meist wegen des Makulaö-dems), auch sie kommt relativ häufig kombiniert mit ei-ner Linsentrübung vor.

4. Allmähliche Sehverschlechterung - Altersabhängige MakuladegenerationAltersabhängige Makuladegeneration / feuch-te/trockene senile MakulopathieDefinition: Sehverschlechterung durch altersassoziierteVeränderungen im Bereich des retinalen Pigmentepit-hels

Bedeutung: häufigste irreversible Erblindungsursacheim Alter

Ätiologie / Pathologie: Einlagerungen (Drusen) und de-generative Veränderungen im Bereich des Pigmente-pithels, in fortgeschrittenen Formen mit Degenerationvon Pigmentepithel und Rezeptorzellen, in einem TeilDurchbrechung der Basalmembran des Pigmentepih-tels und/oder des Pigmentepithels durch neugebildeteGefäße der Aderhaut

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Symptomatik: die altersabhängige Makuladegeneration(AMD) ist die häufigste Ursache für eine irreversibleSehschärfenminderung im Alter. Die Sehschärfen-minderung tritt meist allmählich und häufig beidseitig,wenn auch durchaus asymmetrisch, auf. In fortge-schrittenen Stadien geht oft die Lesefähigkeit verloren.Die AMD ist von der Symptomatik oft nicht oder nurschwer von der Katarakt zu differenzieren, beide tretenmeist beidseitig und vor allem im höheren Alter auf undliegen aufgrund ihrer hohen Prävalenz bei älteren Men-schen nicht selten gleichzeitig vor. Wenn ein graueroder dunkler Fleck in der Mitte des Gesichtsfeldes(relatives Zentralskotom durch Degeneration derPhotorezeptoren) oder Verzerrtsehen (Metamorphop-sie durch unregelmäßige Anordnung der Photorezepto-ren) angegeben werden ist das differentialdiagnostischein deutlicher Hinweis für eine AMD.

Die AMD kann sich aber auch als akute Makulablutungoder frische subretinale Neovaskularisation mit akuterSehverschlechterung manifestieren. Dann wird oft einZentralskotom angegeben; das damit vergesellschaf-tete Makulaödem durch die leckenden neugebildetenGefäße empfinden die Patienten häufig Verzerrtsehen,dies wird oft nur bei Nachfrage angegeben und kannauch bei anderen Unregelmäßigkeiten der Makula auf-treten (z.B: bei venösen Gefäßverschlüssen oder beidiabetischer Retinopathie), differentialdiagnostisch nichtjedoch nicht bei arteriellen Gefäßverschlüssen (DDakute Sehverschlechterung). Immer erhalten bleibt beider AMD das periphere Gesichtsfeld (oft im Gegensatzzu arteriellen Gefäßverschlüssen).

Die Ursache der AMD ist nicht geklärt. Auch große epi-demiologische Studien konnten keine entscheidendenRisikofaktoren verifizieren. Die Prävalenz der Erkran-kung zeigt eine exponentiellen Anstieg ab dem 60. Le-

bensjahr. Sie wird in der Altersgruppen 65-74 Jahre mitetwa 20% und in der Altersgruppe 75 bis 84 Jahre mitetwa 35% angegeben. Die AMD ist auch in alterskorri-gierten Statistiken deutlich steigend (Euch wird es nochmehr betreffen). Histopathologisch kommt es zu ver-mehrten Ablagerungen extrazellulären Materials (Dru-sen) im Bereich der Basalmembran des retinalen Pig-mentepithels (Bruchsche Membran). Diese Ablagerun-gen können zu einer Schädigung des Pigmentepithelsmit Hypo- und Hyperpigmentation der Makula (soge-nannte trockene AMD, etwa 90% der Fälle) führen. Diedamit einher gehenden Unregelmäßigkeiten der Zytoar-chitektur der Fovea sind mit einer leicht bis mäßig redu-zierte Sehschärfe und evtl. Verzerrtsehen verbunden. Inausgeprägten Fällen kommt es zur flächigen Degene-ration des zentralen Pigmentepithel und der Rezeptor-zellen mit stark verminderter Sehschärfe (areoläre Formder AMD, <10% der Patienten, Visus um 0,1).Begünstigt durch die degenerativen Veränderungen imBereich des Pigmentepithels und Bruchschen Membrankann es zu Gefäßneubildung der Choroidea kommen,die die Bruchsche Membran und das Pigmentepitheldurchbrechen und sich unterhalb des Pigmentepithelsbzw. zwischen Pigmentepithel und der Neuroretinaausbreiten (Pigmentepithelabhebung, subretinaleNeovaskularisation). Diesen Gefäßneubildungen fehltdie Blut-Retina-Schranke, sie lecken und führen zu ei-nem Ödem der Fovea, evtl. auch zu Blutungen. DieseForm wird deshalb auch feuchte oder exsudative AMDgenannt. Die Sehverschlechterung ist häufig relativ akutund deutlicher als bei der trockenen Form (meist < 0,2).Die Gefäßneubildungen vergrößern sich meist im Zeit-raum einiger Monate, zurück bleibt oft eine zentraleNarbenplatte (disziforme Narbe). Das Risiko für einesubretinale Neovaskularisation des zweiten Auges liegtbei etwa 20%.

Die AMD ist mit 88% die häufigste Ursache für eine Er-blindung im Sinne des Gesetzes im höheren Alter we-gen des Verlustes der zentralen Sehschärfe. Die peri-phere Netzhaut ist bei keiner Form der AMD betroffen,das periphere Gesichtsfeld bleibt deshalb erhalten undermöglicht zumindest ein orientierendes Sehvermögen.

Diagnose: Visus, Nahvisus oft noch schlechter, Meta-morphopsie (Amlser-Netz), meist kein afferenter Pupil-lendefekt, ophthalmoskopisch fehlender Fovealreflex,helle Flecken (Drusen), evtl. Pigmentklumpen und evtl.helle Scheibe im Bereich der Fovea (areoläre Atrophie)bei der trockenen Form, zusätzlich Makulaödem, evtl.Blutungen und Lipidablagerungen bei der feuchtenForm. Differenzierung evtl. erst nach Fluoreszenzan-giographie möglich.

Eine sinnvolle Therapie ist nur in Einzelfällen und nurbei einer subretinalen Neovaskularisation möglich. In

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den seltenen Fällen, in denen die Foveola durch diesubretinale Neovaskularisation nicht erreicht wird kanndie Neovaskularisation evtl. erfolgreich gelasert oderauch operativ entfernt werden. Rezidive sind jedochhäufig (50% innerhalb von 2-5 Jahren). Ist die Foveolamitbetroffen, entsteht durch eine Laserung oder opera-tive Entfernung eine entsprechende zentrale Narbe mitVisusverlust, eine Therapie ist deshalb in der Regelwenig sinnvoll. Sehr aufwendige operative Verfahren(Makularotation) bringen bisher nur in Einzelfällen ge-wisse Erfolge. Mit der photodynamische Therapie kön-nen neuerdings auch zentrale subretinale Neovaskula-risationen nach Injektion eines Farbstoffes (Verteporfin)selektiv gelasert und ein Verschluß erreicht werden.Leider wird in den meisten Fällen dadurch die Ver-

schlechterung nur verzögert, vor allem deshalb, da esinnerhalb weniger Monate zu einem erneuten Rezidivkommt, auch wenn dieses erneut behandelt werdenkann. Außerdem ist die Behandlung teuer (mehr als3000,- DM pro Sitzung). Die präventive Laserbehand-lung von ausgeprägten frühen Veränderungen (Drusen)wird wissenschaftlich untersucht. In vielen Fällen vonAMD bleiben den Patienten nur vergrößernde Sehhilfenwie beleuchtete Lupen oder aufwendigere Systeme.

Subretinale Neovaskularisationen können auch alsKomplikation anderer Erkrankungen auftreten (hoheMyopie, intraokulare Entzündungen, Trauma), das Bildist sehr ähnlich wie bei der AMD, häufiger als bei derAMD kommt es jedoch dabei zu einem spontanen Still-stand des Prozesses.

5. Diabetische Retinopathie (allmähliche / akute Sehverschlechterung, Prävention)

Aufbau EinzelerkrankungenDefinition:

Bedeutung:

Ätiologie / Pathologie:

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Augensymptome:- oft über mehrere Jahre keine Symptome, regelmäßige

Untersuchungen erforderlich (Prävention);

- In fortgeschrittenen Stadien meist allmähliche Seh-verschlechterung (Wochen bis Monate) vor allemdurch ein diabetisches Makulaödem, gehäuft beidsei-tig. Das häufig damit einhergehende Verzerrtsehen(Metamorphopsie) wird oft erst auf Nachfrage ange-geben; allmähliche Sehverschlechterung auch durchdie diabetisch begünstigte Katarakt möglich;

- Manchmal in fortgeschrittenen Stadien akute Seh-verschlechterung meist einseitig bei frischer Glas-körperblutung (subjektiv oft als Rußregen oder Wolke,schwappender Schatten);

- Seltener auch andere Symptome wie wechselndeSehschärfe (vor allem bei BZ-Schwankungen) oder inSpätstadien Sehverschlechterung und Augenschmer-zen durch sehr hohen Augendruck; Doppelbilderdurch Augenmuskellähmungen.

Der Diabetes mellitus (DM) ist eine ‚Volkskrankheit‘ mitsteigender Prävalenz (ca. 4% der Bevölkerung be-kannter DM, gleiche Prozentzahl wahrscheinlich uner-kannt). Die diabetische Retinopathie (DR) ist die häu-figste Erblindungsursache im berufsfähigen Alter, und2% aller Diabetiker sind blind. . Eine stadiengerechteTherapie erfordert regelmäßige und aufwendige au-genärztliche Kontrollen mit Beginn der Diagnosestel-lung und dann zumindest jährlich, da rechtzeitige Ein-griffe (Laserkoagulation, Vitrektomie) den Verlauf derDR in vielen Fällen günstig beeinflussen.

Aufgrund der Schäden vor allem der retinalen Gefäßeentstehen stadienabhängige retinale Veränderungen.Diese lassen sich ophthalmoskopisch erfassen und dieGefahr eines Fortschreitens der DR mit drohendemSehverlust statistisch voraussagen. Die Sehver-schlechterung wird in ¾ der Fälle durch ein diabeti-

sches Makulaödem bedingt, das zu jedem Zeitpunkt derErkrankung auftreten kann, auch wenn die Prävalenzdes Makulaödems mit der Diabetesdauer korreliert. Vorallem bei Typ 1 Diabetes kann als Spätfolge eine pro-liferative DR entstehen, bei der ein hohes Risiko für ei-ne Glaskörperblutung oder Netzhautablösung mit ent-sprechender akuter Sehverschlechterung besteht. DieKatarakt tritt bei Diabetes ebenfalls früher und häufigerauf, lässt sich aber wie die Alterskatarakt erfolgreichoperieren. Bei diabetischer Optikusneuropathie als Ma-nifestation einer schweren Mikroangiopathie bestehtkeine Therapiemöglichkeit. Die Gefäßneubildung derIris und im Kammerwinkel stellt ein Spätstadium vor al-lem der unbehandelten oder unzureichend behandel-ten DR dar, die zu einem nur schwer beherrschbarenneovaskulären Sekundärglaukom (Verlegung desKammerwasserabflusses durch die Gefäßproliferatio-nen) führen können.

Verlauf des DM und der DR werden vor allem durchfolgende Faktoren beeinflusst: Lebensalter und Diabe-testyp, Diabetesdauer, Blutzuckerregulation, Blut-druck, Lipidstoffwechsel, Niereninsuffizienz, Schwan-gerschaft, Rauchen. Vor allem mit der verbessertenMöglichkeit der BZ-Regulation wird deutlich, dass durcheine optimale BZ-Regulation die Komplikationen unddamit die Lebensqualität und Lebenserwartung durchden DM ganz wesentlich beeinflusst werden können.So lässt sich bei Typ-1 Diabetes die Verschlechterungder DR unter intensivierter Insulintherapie auf 25% ge-genüber konventionell eingestellten Diabetikern senken,das Makulaödem immerhin noch auf 75%; ähnliches giltfür andere Komplikationen und den Typ-2 Diabetes.

Auch wenn heute die Prophylaxe und Behandlung derDR eine enorme Bedeutung hat darf nicht vergessenwerden, dass es sich dabei um eine Erkrankung han-delt die mit fortschreitenden und später schweren Ge-fäßschäden verbunden ist, deren Folgen wir im Bereichdes Auges zwar teilweise behandeln können, die aberlangfristig doch häufig mit einem erheblichen Funktion-verlust vor allem durch ein chronisches/ischämischesMakulaödem oder eine Optikusneuropathie bedingtsind. Da uns hierfür bisher keine erfolgreiche Thera-piemöglichkeit zur Verfügung steht kommt der Optimie-rung des BZ und des Blutdruckes eine ganz entschei-denden Bedeutung zu, da dadurch die Manifestation

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dieser Schäden zumindest hinausgezögert werdenkann.

Diabetische Augenhintergrundveränderungen:Die sichtbaren diabetischen Veränderungen spielensich vor allem in der unmittelbaren Umgebung der Ge-fäße der retinalen Nervenfaserschicht ab.

- Mikroaneurysmen: hypoxisch bedingte Aussackungender Gefäßwände, erste sichtbare Veränderung;

- Lidpidexsudate: Reste nicht resorbierter Plasma- undBlutbestandteile; sie weisen auf erhöhte Durchlässig-keit der sonst ‚dichten‘ retinalen Gefäße (Blut-Retina-Schranke) hin;

- Fleckblutungen: Zeichen fortgeschrittener Ge-fäßschäden;

- Cotton-Wool-Spots: aufgestaute Axoplasmabestand-teile als Zeichen von Mikroinfarkten der Nervenfaser-schicht bei fortgeschrittenen Gefäßschäden;

- deutlich verdickte Venen und venöse Kaliberschwan-kungen als Zeichen schwerer hypoxischer Verände-rungen;

- intraretinale mikrovaskuläre Anomalien (IRMAs): er-weiterte Gefäße, Gefäßnetze und Gefäßshunts inner-halb der Retina bei fortgeschrittenen Veränderungen;

- weiße eingescheidete oder obliterierte Gefäße beischwerer Angiopathie;

- fibrovaskuläre Proliferationen aus der Nervenfaser-schicht heraus in den Glaskörperraum in Bereichenausgeprägter Ischämie und auf der Papille als Zei-chen generalisierter hypoxischer Schäden. Durch Zugdes Glasköpers an diesen Proliferationen könnengrößere präretinale und Glaskörperblutungen sowieNetzhautablösungen entstehen;

- Das Makulaödem lässt sich ophthalmoskopisch er-kennen (allerdings schwierig) und kann mit allen hiergenannten Veränderungen einher gehen;

Einteilung der DR:Nichtproliferative DR

- mild: Mikroaneurysmen;- mäßig: Mikroaneurysmen, zusätzlich Lipidexsudate,

einzelne Fleckblutungen evtl. einzelne Cotton-wool-Herde, keine oder nur geringe Venenveränderungen;

- schwer: ausgeprägte Fleckblutungen, Cotton-woolHerde, venöse Kaliberschwankungen, IRMAs.

Proliferative DR: fibrovaskuläre Proliferationen in denGlaskörper, in schweren Fällen ausgeprägt (Hochrisi-koform), ggf. mit präretinalen Blutungen, Glaskörper-blutung und Netzhautablösung.

Das Makulaödem kann in allen Stadien auftreten undspielt oft die funktionell entscheidende Rolle.

Vorkommen nach 15 Jahren Diabetesdauer:

Typ-1 DM: 98% haben irgendeine DR, davon 50% eineproliferative, 18% ein Makulaödem.

Typ-2 DM: 2/3 haben irgendeine DR, 10% eine prolife-rative. Das Makulaödem tritt bei 12%-20% auf.

Therapie:

Gefäßneubildungen (fibrovaskuläre Proliferationen),die aus der Retina heraus in den Glaskörper wachsenlassen sich häufig durch eine panretinale Laserkoa-gulation (Ausschaltung/Vernarbung von sauerstoffver-brauchender Retina einschließlich Pigmentepithel unterAussparung der Makula) zum Stillstand oder zur Rück-bildung bringen. Dadurch kann eine Sehverschlechte-rung durch eine Glaskörperblutung oder Netzhautablö-sung in den meisten Fällen verhindert werden. Die pan-retinale Laserkoagulation erfolgt deshalb in der Regelsowie Proliferation zu erkennen sind, bei unsichererCompliance auch schon bei ausgeprägten nicht prolife-rativen Veränderungen. Die Glaskörper- und Netzhau-toperation (Pars plana Vitrektomie) bleibt vor allemschlecht versorgter oder besonders schwerer Retino-pathie (häufiger bei früher Diabetesmanifestation) vor-behalten.

Das diabetische Makulaödem kann als fokales Ödemoder als flächiges Ödem auftreten. Das fokale Ödemwird meist durch leckende Mikroaneurysmen verur-sacht, die durch eine fokale Laserkoagulation oft zurRückbildung gebracht werden können, so dass sich dasÖdem resorbiert und die Sehschärfe evtl. erhalten odermanchmal sogar wieder verbessert werden kann. Dasdiffuse Ödem deutet auf einen allgemeinen zentralenGefäßschaden hin und kann bei nicht zu schwererIschämie evtl. durch eine zarte disseminierte Laserkoa-gulation der Makula günstig beeinflusst werden, sodass in einem Teil der Fälle die Sehverschlechterungaufgehalten oder verzögert werden kann. Visusverbes-serungen sind hier aber nicht zu erwarten und ein we-sentlicher Anteil der Patienten erfährt hierdurch keinenentscheidenden Vorteil. Schwerste ischämische Schä-den (Makulaödem, Optikusatrophie) lassen sich durchdie Lasertherapie oder die Operation nicht beeinflus-sen. Auch medikamentöse Ansätze (z.B. Aspirin) habenkeinen positiven Effekt gezeigt.

Untersuchungsrichtlinien: Vor der Pubertät tritt prak-tisch keine DR auf. Mit dieser Ausnahme gilt, dass jederDiabetiker schon bei Diagnosestellung augenärztlichuntersucht werden soll, da der DM evtl. schon längerbestand und zu Schäden geführt hat. Die augenärztli-chen Untersuchungen sollten bei keiner oder sehr mil-der Retinopathie mindestens jährlich stattfinden, beifortgeschrittenerer Retinopathie drei- bis sechsmonat-lich, bei subjektiver Verschlechterung umgehend. Einejährliche Funduskontrolle findet bisher jedoch nur beirund 20% der Diabetiker statt. Verschlechterungen tre-ten gehäuft während der Schwangerschaft oder nachUmstellung auf eine intensivierte oder verbesserte BZ-Einstellung auf. Da der Vorteil der guten Stoffwechse-leinstellung für den Verlauf der DR so bedeutend ist,haben selbst die Patienten einen Vorteil, die eine initialeVerschlechterung durch ein optimale BZ-Einstellungerfahren. Neben der BZ-Einstellung sollte vor allem aufeine gute Blutdruckeinstellung (vor allem niedrige dia-stolische Werte), körperliche Bewegung und ggf. Be-handlung von Fettstoffwechselstörungen und kardio-vaskulären Risikofaktoren geachtet werden. Gegenübereiner Hämodialyse hat die Peritonealdialyse auch be-züglich der DR entscheidende Vorteile.

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6. Schlagartige Sehverschlechterung: arterielle GefäßverschlüsseAufbau EinzelerkrankungenDefinition:

Bedeutung:

Ätiologie / Pathologie:

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Die arteriellen Gefäßverschlüsse der Retina und Papilletreten meist als schlagartige Sehverschlechterungauf, nicht selten werden sie jedoch morgens beim Auf-wachen bemerkt. Die Sehverschlechterung ist einseitigund häufig ziemlich vollständig (z.B. nur noch Wahr-nehmung von Schatten) auf dem betroffenen Auge.Entsprechend findet sich fast immer ein deutlicher affe-renter Pupillendefekt. Wenn nur Teile der Papille oderdes Versorgungsgebietes der Zentralarterie betroffensind werden entsprechende relativ scharf begrenzteAusfälle des korrespondierenden monokularen Ge-sichtsfeldes empfunden. Umgehend sollte eine Arterii-tis temporalis erkannt bzw. ausgeschlossen werden(Kopfschmerz, Muskelschmerz, Allgemeinsymptome,BSG/CRP, s.u.), da sie akutes Handeln (Cortison) er-fordert. Ähnlich akut wird sonst eigentlich nur noch dieSehverschlechterung bei zentralen Durchblutungsstö-rungen (korrespondierende Gesichtsfeldausfälle anbeiden Augen) und bei Netzhautablösung angegeben.Die Ablösung der zentralen Netzhaut kann auch alssehr plötzliche Sehverschlechterung empfunden wer-den. Häufig bemerken diese Patienten jedoch auchBlitze oder kleinere und größere Schatten und eineschrittweise Zunahme eines grauen Vorhanges oderWand bis zur Sehachse.

Schwierigkeiten bereitet manchmal die Differenzierungälterer Ereignisse, die der Patient rein zufällig bemerkt,weil z.B. das gute Auge abgedeckt wird oder sich ver-schlechtert.

Die arteriellen Gefäßverschlüsse betreffen entweder diePapille durch Verschluss einer der versorgenden Ziliar-arterien (Apoplexia papillae oder anteriore ischämischeOptikusneuropathie [AION]) oder die Zentralarterie bzw.einer ihrer Äste. Bei 20% der Bevölkerung wird ein Teilder Makula durch einen Ast der Ziliararterie versorgt(zilioretinales Gefäß), diese Verschlüsse verhalten sichbzgl. der Klinik wie die Verschlüsse eines Zentralarteri-enastes.

Bei der Arteriitis temporalis handelt sich um eine gra-nulomatösen Entzündung mit Verdickung der Ge-fäßwand vor allem der Kopfarterien. Sie tritt fast aus-schließlich im höheren Lebensalter auf (Inzidenz beiüber 50jährigen etwa 20/100.000/Jahr), vermehrt beiFrauen. Typisch geht sie mit Kopfschmerzen (bevor-zugt Temporalregion) und Allgemeinsymptomen (Abge-schlagenheit, Krankheitsgefühl, leichtes Fieber, Mus-kelschmerz vor allem der stammnahen Muskulatur,Nachtschweiß) einher. Nicht so häufig aber sehr hin-weisend sind Schmerzen und Rötung im Bereich deroberflächlichen Temporalarterie und Schmerzen beilängerem Kauen oder Sprechen (Claudicatio der Kau-muskulatur). Das Auge ist häufigster Manifestationsortder Gefäßverschlüsse, meist sind es die Ziliararterien

mit Papillenischämie, seltener die Zentralarterie oderauch andere Arterien im Bereich des Auges. Meist be-steht eine deutliche bis extreme Erhöhung der Blutsen-kungsgeschwindigkeit (BSG, z.B. 70/100) oder des C-reaktiven Proteins (CRP), andere Laborparameter sindweniger spezifisch und mehr im Sinne einer chroni-schen Erkrankung verändert (Anämie etc.). Die Diagno-se lässt sich durch eine Biopsie eines Astes der Tem-poralarterie relativ einfach sichern aber bei negativerHistologie nicht sicher ausschließen (der entnommeneAst kann nicht befallen sein). Die Therapie besteht inhochdosierter Cortisontherapie (Initial 100 bis 1000mg Prednisolon pro Tag) und allmählicher Reduktionunter Kontrolle der Klinik und Laborparameter (CRP,BSG) und langfristiger Erhaltungsdosis meist um 10 mgpro Tag (mindestens 1 Jahr). Eine Besserung einereingetretenen Sehverschlechterung lässt sich nicht er-reichen, in den meisten Fällen aber ein Erhalt derFunktion des anderen Auges (ohne Therapie Befallauch des anderen Auges um 50%) und bisher nicht be-troffener Organgebiete. Die Symptomatik bessert sichunter Cortison in der Regel beeindruckend, was dieDiagnose in Zweifelsfällen stützen kann.

Differentialdiagnose: nicht arteriitische Durchblu-tungsstörungen des Auges (s.o.), Kopfschmerzen undMyalgien anderer Genese (oft schwierig), chronischekonsumierende Erkrankungen (Tumoren, andere Kolla-genosen). Wichtig aber schwierig ist die Herausfilterungdieser Patienten noch bevor eine Sehverschlechterungoder ein anderer Gefäßverschluss auftritt aus dem gro-ßen Krankengut unspezifischer Kopf- und Muskel-schmerzen für den Allgemeinarzt oder Neurologen. Hilf-reiche Merkmale sind dabei höheres Lebensalter, Sym-ptomatik erst seit einigen Tagen oder Wochen, hoheBSG/CRP, sehr hinweisend, falls vorhanden, Entzün-dungszeichen im Bereich der Temporalarterie oderKauschmerzen.

Etwa fünf mal häufiger aber therapeutisch wenig be-deutsam sind nicht-arteriitische Verschlüsse der Pa-pille, Zentralarterie oder Äste der Zentralarterie. Sietreten charakteristischerweise ohne Allgemeinsympto-me auf, meist bestehen jedoch Anzeichen für eine ge-neralisierte kardiovaskuläre Erkrankung wie Bluthoch-druck, Diabetes mellitus, Carotisstenosen (Dopplerso-nographie), Herzrythmusstörungen (Thromben, Her-zecho), die entsprechend berücksichtigt werden müs-sen. Die lokalisierte Lyse eines Thrombus der Zentral-arterie ist in Einzelfällen erfolgreich, aber in der Regel(Alter des Verschlusses, Problematik des invasivenEingriffes) nicht sinnvoll, auch vielfach angewandteMaßnahmen mit dem Ziel der Verbesserung der Perfu-sion/Reperfusion sind wahrscheinlich nicht wirksamoder kommen zu spät. Eine spontane Besserung inner-halb der ersten Stunden des Verschlusses der Zentral-arterie ist nicht selten und meist durch eine Verlagerungdes Thrombus in ein weiter peripher gelegenes Versor-gungsgebiet zu erklären.

Diagnose: Sehverschlechterung, afferenter Pupillen-defekt, bei Teilverschlüssen scharf begrenzte Ge-sichtsfeldausfälle; am Fundus: bei Apolexia papillae

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Papillenschwellung und –blässe, oft kleine papilläreBlutungen; bei Zentralarterienverschluss: kirschroterFleck . Dieser kommt dadurch zustande, das durch dieIschämie die von der Zentralarterie versorgte Schichtder Ganglienzellen und Bipolarzellen ihre Transparenzverliert und den Rotreflex der Aderhaut nicht mehr gutdurchscheinen lässt, hingegen die von der Aderhautversorgte Rezeptorschicht transparent bleibt und in der

Region fehlender innerer Netzhautschichten (Fovea!)das Fundusrot unverändert bleibt. Die Funduszeichender arteriellen Verschlüsse bilden sich durch Atrophiebzw. spätere Reperfusion (Funktion meist erloschen)zurück, meist entsteht dann eine Optikusatrophie, esverbleiben auch die häufigen unspezifischen Zeichenallgemeiner Gefäßschäden wie enge Arterien.

7. Akute Sehverschlechterung: venöse GefäßverschlüsseAufbau EinzelerkrankungenDefinition:

Bedeutung:

Ätiologie / Pathologie:

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Der Zentralvenenverschluss oder Venenastverschlussist häufiger als arterielle Verschlüsse des Auges. DieSehverschlechterung entwickelt sich meist über meh-rere Stunden, oft Tage im Sinne von zunehmendemVerschwommensehen, die gemessene Sehschärfe istsehr unterschiedlich, meist zwischen 0,1 und 1,0, jenach Ausmaß die Foveabeteiligung. Auch wenn bevor-zugt ältere Patienten und solche mit kardiovaskulärenRisikofaktoren (Hypertonus, Diabetes mellitus, Arterios-klerose, Hyperviskosität, Thromboseneigung) betroffensind treten Zentralvenenverschlüsse vereinzelt auch beijüngeren Patienten ohne entsprechende Risikofaktorenauf. Wichtig für den Verlauf und die Prognose ist auchnoch die Unterscheidung in Formen mit schwererIschämie (schlechterer Visus, deutliche Fundusverän-derungen, afferenter Pupillendefekt, Kapillarverschluss-gebiete in der Angiographie) von solchen ohne deutli-che Ischämiezeichen (s.u.).

Zeichen: Sehverschlechterung, vor allem bei ischämi-schen Formen afferenter Pupillendefekt, Metamorphop-sie bei Makulaödem; Fundus: gestaute und geschlän-gelte Venen, Fleckblutungen, teilweise sehr ausge-prägt, im Bereich um die Papille streifenförmig ange-ordnet, Cotton-Wool-Spots, Papillenschwellung, evtl.zystoides Makulaödem mit Blutspiegeln.

Therapie: Vor allem bei ausgeprägter Ischämie kommtes gehäuft nach rund 100 Tagen zu Gefäßneubildun-gen auf der Iris, die zu einer Abflussstörung im Bereichdes Kammerwinkels mit Augeninnendruckerhöhung(neovaskuläres Sekundärglaukom, 100-Tage-Glaukom)führen kann. Diese Komplikation kann durch eine pan-retinale Laserkoagulation deutlich vermindert werden.Die Sehverschlechterung ist vor allem durch das Ma-kulaödem bedingt, hierfür gibt es keine allgemein eta-blierte Therapie, in kontrollierten Studien konnte durchdie isovolämische Hämodilution die Perfusion in diesemBereich verbessert und der Visusverlauf günstig beein-flusst werden. Da es sich meist jedoch um ein generali-siertes kardiovaskuläres Problem (zweites Auge in 5%innerhalb von 5 Jahren betroffen) handelt sollte sichdas Augenmerk auch auf die assoziierten anderenFaktoren richten.

8. Akute Sehverschlechterung: NetzhautablösungAufbau EinzelerkrankungenDefinition:

Bedeutung:

Ätiologie / Pathologie:

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Die Netzhautablösung wird meist als akute Sehver-schlechterung bemerkt vor allem in dem Moment indem die Makula betroffen ist. Die vorausgehende Loch-bildung geht häufig einher mit einer symptomatischenGlasköperabhebung wie Lichterscheinungen (Blitzen)auf dem Auge und evtl. neuen oder veränderte Schat-ten (Fliegen, Spinnweben, Rußregen), die sichschwappend (eindeutiger Hinweis auf die Lokalisationim Glaskörper) bei Augenbewegungen mitbewegen.Deshalb bei symptomatische GK-Abhebung gründlicheFundusuntersuchung bei weiter Pupille. Meist hebt sichdie Netzhaut erst peripher oben ab und der Patient be-merkt entsprechend einen Schatten der sich von außenoder unten (Vorhang, aufsteigende Wand) zum Zen-trum vorschiebt, die Sehschärfe bleibt weitgehend er-halten solange die Fovea nicht mit abgehoben ist. VielePatienten suchen den Augenarzt erst dann auf, wenn

die Fovea mitbetroffen ist. Die Netzhautablösung hatzwar eine relativ geringe Inzidenz (1/10.000/Jahr), dieBedeutung liegt darin, dass der funktionelle Operati-onserfolg von der frühzeitigen Therapie abhängt.

PathomechanismusEntwicklungsgeschichtlich entsteht die Retina aus einerEinstülpung des Augenbechers. Der eingestülpte vorde-re, dann innenliegende Teil wird zur neurosensorischenRetina, der äußere ursprünglich hintere Anteil zum reti-nalen Pigmentepithel (RPE). Der Raum zwischen die-sen beiden Schichten verschließt sich nur funktionelldurch einen permanenten Flüssigkeitsentzug (Pump-funktion des RPE), fest verbunden ist die Retina mit Ih-rer Unterlage nur an der Papille und ganz peripher vordem Äquator im Bereich der Pars plana. Damit eineNetzhautablösung entsteht sind drei Faktoren entschei-dend: 1. es muss ein Loch entstehen, damit Flüssigkeithinter die Netzhaut zwischen Nerzhaut und RPE tretenkann; 2. der Glaskörper muss partiell verflüssigt sein,um durch das Loch zu gelangen; 3. es muss ein Zugauf die Netzhaut wirken, der die Adhäsionskräfte desPumpmechanismus übersteigt. Diese Bedingungen er-füllen sich mit zunehmenden Alter: der Glaskörper ver-

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flüssigt sich zunehmend und löst sich von der Retina.Dabei kann es an Stellen festerer Verbindungen mit derNetzhaut (fast immer im Äquatorbereich, also peripher)zu Lochbildungen in der Retina kommen. Löst sichdurch die Lochbildung die Traktion auf die Retina, bleibtdie Netzhaut anliegend, verbleiben noch Zugkräfte anden Lochrändern ist die Gefahr der Netzhautablösunghoch. Diese Glaskörperabhebungen, Traktionen undLochbildungen können mit entsprechenden Symptomen(Lichtblitze durch unphysiologische Reizung der Re-zeptoren, neue Schatten durch Abhebung des Glaskör-pers oder Blutungen aus durch den Lochbereich ver-laufende intraretinale Gefäße) einher gehen. Die Inzi-denz der Netzhautablösung nimmt deutlich zu mit Stär-ke der Myopie (größeres Auge mit stärkerer Glaskör-perbewegung, vermehrte Lochbildung der ‚dünnen‘Netzhaut), ist erhöht nach Kataraktoperation (vermehrteGlaskörperbewegung durch fehlende/verkleinerte Lin-se) besonders bei Defekten der hinteren Linsenkapsel(Operationskomplikation, Nachstarbehandlung), undnach Trauma (Netzhautdefekte, Glaskörperverflüssi-gung). Da die Netzhautablösung meist in Stadien sol-cher Glaskörperablösungen entsteht ist die Forderunglogisch, alle Patienten mit entsprechenden Symptomengründlich besonders im Bereich der peripheren Retinazu untersuchen, ggf. wiederholt bis keine Symptomemehr bestehen.

Zur eigenen Beruhigung: relativ konstante kleine Fusseloder Mücken (Mouches volantes) als Zeichen von zar-ten Glaskörpertrübungen sind physiologisch und harm-los und lassen sich bei entsprechenden Lichtverhältnis-sen bei jedem von uns beobachten.

Zeichen der Netzhautablösung: meist plötzliche Seh-verschlechterung bei Makulabeteiligung, evtl. afferenterPupillendefekt, relativer Gesichtsfelddefekt im Bereichder Ablösung, ophthalmoskopisch abgelöste promi-nente Netzhaut mit entsprechendem Loch (helles Rotauf opaquer Umgebung), ggf. Glaskörperblutung, Fal-tenbildung. Bei fehlendem Funduseinblick Ultraschal-luntersuchung. Vermehrtes Auftreten bei: höherem Alter(zunehmende Glaskörperdestruktion), Kurzsichtigkeitvor allem über –5 Dptr., Augenoperationen wie Kata-rakt-OP, Trauma, Netzhautdegenerationen und Ablatioam Partnerauge.

Therapie: die Ablatio sollte möglichst operiert werdenbevor die Fovea sich mit abhebt, da abhängig auch vonder Dauer der zentralen Abhebung dann meist keinerichtige Lesefähigkeit mehr erreicht werden kann (irre-versible strukturelle Veränderungen der zentralen Netz-haut), deshalb ggf. notfallmäßige eindellende Netzhau-toperation durch Aufnähen eines Silikoschwämmchens(Plombe) oder eines Bandes (Cerclage) auf die Skleravon außen im Bereich der Löcher der Netzhaut (Äqua-tor) verbunden mit der Induktion einer Vernarbung vonPigmentepithel und Netzhaut (Kryokoagulation) im Be-reich der Lochränder, so dass kein verflüssigter Glas-körper mehr zwischen Netzhaut und Pigmentepithelgelangen kann. Häufig wird intraoperativ die subretinaleFlüssigkeit durch eine kleine Öffnung in Sklera, Ader-haut und Pigmentepithel nach außen abgelassen. Inschwierigen Situation oder wenn Traktionen des Glas-körpers und von Proliferationen entscheidend sind hatsich die Glaskörperausschneidung (Pars plana Vitrek-

tomie) in den letzten Jahren zunehmend etabliert. Hier-bei kann nicht nur der Glaskörper entfernt werden, son-dern es bestehen eine Fülle weiterer Optionserweite-rungen wie Narbeninduktion durch Laser- oder Kryo-koagulation, Entfernung subretinaler Flüssigkeit, Blutoder ähnlichem, Tamponierung der Löcher von innendurch Gas oder Silikon, Befreiung der Retina von Nar-ben, ggf. auch in Kombination mit anderen Verfahren,wie Cerclage, Linsenoperation. Nicht immer gelingt dieanatomische Anlage der Netzhaut, die funktionellen Er-gebnisse sind vor allem bei älterer Ablösung meist un-befriedigend, weiterhin haben diese Augen und diePartneraugen eine deutlich erhöhtes Risiko einer Abla-tio und erfordern entsprechende Kontrollen vor allembei Symptomen.

Prophylaktische Laserkoagulation: bei etwa 10% al-ler Menschen lassen sich ein oder mehrere Löcher inder Retina nachweisen, nur ein extrem geringer Pro-zentsatz davon erfährt eine Netzhautablösung, meist imRahmen eines frischen Loches bei frischer Glaskör-perabhebung. Der Vorstellung, mit dem Laser relativeinfach eine Verklebung zwischen neuronaler Retinaund RPE zu erzeugen ist sehr verführerisch, es hat sichjedoch gezeigt, dass die erzeugten Narben eine Netz-hautablösung nicht sicher vermeiden können, dass diemeisten Ablösungen aus frischen Löchern in zuvor evtl.wenig auffälligen Netzhautregionen resultieren, unddass die prophylaktische Laserkoagulation auch nichtkomplikationslos ist (frische Löcher und Zug auf dieMakula durch ‚Narbenbildung‘). Daher werden meist nurnoch Löcher im Rahmen einer symptomatischen Glas-körperabhebung oder bei besonderen Risikokonstella-tionen prophylaktisch behandelt.

Erkrankungen der Glaskörpergrenzfläche: beson-ders nach Netzhautablösung, Laserkoagulation, Trau-men, aber auch als altersabhängige Veränderung kannes zu einer Verdickung und Kontraktion der Grenz-schicht zwischen Glaskörper und Netzhaut kommen(epiretinale Membran). Dies kann zu Verziehungen derangrenzenden Netzhaut und damit zu Sehverschlechte-rung durch Verzerrtsehen führen. Bei wesentlicher Be-hinderung erreicht eine Pars plana Vitrektomie mit Ab-ziehen der Grenzfläche eine gewisse Visusverbesse-rung. Als unerwünschter Effekt tritt postoperativ bei biszu 10% der Patienten eine Netzhautablösung auf dadiese Grenzschicht auch an der peripheren Netzhauthaftet und bei der Entfernung Netzhautlöcher entstehenoder begünstigt werden können.

Makulaforamen: Eine Sonderform der Grenzschicht-veränderung stellt das Makulaforamen dar, bei dem esin der Foveola durch tangentiale Zugkräfte der Grenz-fläche zu einem Auseinanderweichen der Rezeptorzel-len kommt und damit ein zentrales Loch ohne Gewebe-verlust entsteht. Der Visus bewegt sich häufig um 0,1,die Patienten geben nur eine Sehverschlechterung undVerzerrtsehen ohne Skotom an, da die Rezeptoren janur verlagert sind und nicht fehlen. Aus diesen Löchernentsteht praktisch nie eine Netzhautablösung, auchwenn die Lochränder in der Regel leicht angehobensind. Eine Entfernung der Grenzschicht im Rahmen ei-ner Pars plana Vitrektomie und damit Beseitigung dertangentialen Zugkräfte kann zu einem postoperativen

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Verschluß der zentralen Gewebelücke und einem Vi-susanstieg in einigen Fällen bis 100% führen.

Seröse Ablatio: in Einzelfällen kann eine Netzhautablö-sung auch durch ein Exsudat oder Transudat unter dieNetzhaut entstehen, vor allem bei entzündlichen odertumorösen Prozessen der Aderhaut. Das maligne Me-lanom der Aderhaut ist der mit Abstand häufigste in-traokulare Tumor, aber trotzdem relativ selten (Inzidenz7/1Mio/Jahr). Es geht von den Melanozyten der Ader-haut aus und bleibt in mehr als 50% auf das Augenin-

nere beschränkt. Die Diagnose läßt sich ophthalmosko-pisch oft sicher stellen und erfolgt deshalb meist zufälligoder wenn der Tumor oder die seröse Ablatio zu einerzentralen Sehverschlechterung führen. Es existierenmehrere augenerhaltende Therapieverfahren z.B. durcheinen auf die Sklera genähten Strahlenträger (Rutheni-umapplikator). Die 15-Jahre Überlebensrate liegt zwi-schen 50 und 80%, eine sinnvolle Therapie für die Me-tastasen ist bisher nicht bekannt.

9. Chronisches GlaukomAufbau EinzelerkrankungenDefinition:

Bedeutung:

Ätiologie / Pathologie:

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Zusammenfassung: Augeninnendruckassoziierte Op-tikusneuropathie mit langsam fortschreitenden para-zentralen Gesichtsfeldausfällen, die lange symptomlosbleiben. Behandlung durch lokale medikamentöse Au-geninnendrucksenkung , ggf. chirurgisch. Die zuverläs-sige Diagnose und erfolgreiche Behandlung ist auchheute nicht befriedigend gelöst.

Glaucoma chronicum simplex ist gemeint, wenn manunpräzise von „Glaukom“ oder Grünem Star spricht. Esstellt nach der Katarakt, der altersabhängigen Makula-degeneration und der diabetischen Retinopathie auch inden industrialisierten Ländern die häufigste Erblin-dungsursache dar (Prävalenz 1-2% bei über50jährigen). Es tritt erst nach dem 45. bis 50. LJ auf, istbeidseitig und lange symptomlos. Durch einen relativerhöhten Augeninnendruck (Orientierungswert über 22mm Hg) kommt es zum Verlust von Sehnervenfasern(in fortgeschrittenen Stadien relativ charakteristischePapillenexkavation) der mit einem vorwiegend para-zentralen und daher lange unbemerkten Gesichtsfeld-ausfall (Perimetrie) einhergeht. Deshalb gilt ähnlich wiebei der arteriellen Hypertension, dass das chronischeGlaukom lange symptomlos ist. Der präventiven Unter-suchung kommt eine entsprechende Bedeutung zu.

Eine relativ häufige Sonderform des chronischen Weit-winkelglaukoms ist das Pseudoexfoliationsglaukom,bei dem es durch Ausscheidung von Pseudoexfoliati-onsmaterial (fibrillenähnliche Produkte) durch die Au-genepithelien zu einer Verlegung des Kammerwasser-abflusses kommt. Diese Form kann auch über einenlängeren Zeitraum einseitig verlaufen und geht häufigermit besonders hohen Augeninnendrucken und danneher schnell fortschreitendem Glaukom einher, verhältsich aber sonst sehr ähnlich zum Glaucoma chronicumsimplex.

Warum der erhöhte Augeninnendruck zu einem Verlustvon Sehnervenfasern führt ist bisher nicht eindeutig ge-klärt. Auch ist die Unterscheidung gegenüber vaskulä-ren Sehnervenfaserverlusten nicht immer möglich. Dasklinische Spektrum reicht von typischen Glaukomen mithohen Augeninnendrucken (unbehandelt über 30 mmHg) bis zu Formen mit typischen glaukomatösen Papil-

len- und Gesichtsfeldveränderungen, bei denen nie er-höhte Augeninnendrucke festgestellt werden, soge-nanntes Normaldruckglaukom. Vor allem beimNormaldruckglaukom wird eine wesentliche vaskuläreKomponente vermutet, dafür sprechen gelegentlichePapillenrandblutungen, die diagnostisch sehr hinwei-send sind und die späteren Gesichtsfeldausfällen ent-sprechen. Auch das Normaldruckglaukom erfährt einengewissen Vorteil durch eine medikamentöse oder chir-urgische Senkung des Augeninnendruckes.

Und dann gibt es noch die Grauzone der okulären Hy-pertension, bei der unsicher ist, ob eine Behandlungsinnvoll ist oder nicht: eine nennenswerte Zahl vor al-lem älterer Menschen weist auch bei wiederholter Mes-sung einen Augeninnendruck auf der über der 95%-Grenze liegt, also z.B. zwischen 25 und 30 mm Hg, oh-ne dass Gesichtsfeld- oder Papillenschäden nachweis-bar sind, evtl. lassen sich auch nach Jahren keineGlaukomschäden nachweisen (etwa 4% der über50jährigen). Das Risiko Glaukomschäden zu entwickelnist bei einem Augeninnendruck von 23 mm Hg etwa10%, bei 27 mm Hg immerhin 50%. Diese ganze Pro-blematik erschwert die Früherkennung und Behandlungdes Glaukoms, da die Augeninnendruckmessung zwarrelativ einfach und zuverlässig durchführbar ist, aber dieSpezifität und Selektivität nicht sehr hoch sind, Papil-lenbeurteilung und Gesichtsfelduntersuchungen hinge-gen sind wesentlich aufwendiger und erfordern mehrfachliches Wissen vom Anwender, und die Grenze zwi-schen normal und pathologisch lässt sich auch bei er-fahrenen Beurteilern oft nicht eindeutig ziehen.

Therapie: Die medikamentöse oder chirurgische Au-geninnendrucksenkung ist die Therapie der Wahl, lei-der lässt sich aber vor allem bei den Formen mit relativniedrigem Augeninnendruck oder fortgeschrittenenSchäden ein Fortschreiten oft nicht vollständig aufhal-ten.

Medikamentöse Therapie: die Compliance ist beimchronischen Glaukom oft problematisch, da die Erkran-kung lange symptomlos ist, die Therapie 'lebenslang' 1-4x tgl. lokal angewandt werden muss und für viele Pati-enten mehr oder weniger unangenehm ist (zumindestleichtes Brennen). Wichtigster Faktor für eine guteCompliance ist die patientengerechte wiederholte Auf-klärung über die Erkrankung und Folgen der Behand-lung bzw. Nichtbehandlung.

[Lee, 2000 #1611]

Glaukommedikamente:

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1. Wahl: ß-Blocker (als Tropfen 1-2x tgl., Timolol, Be-taxolol u.a., auch systemisch angewandte ß-Blockerführen zur Augeninnendrucksenkung) hemmen dieKammerwassersekretion, sie haben keine wesentlichenlokalen unerwünschten Nebenwirkungen, wegen derGefahr schwerer Nebenwirkungen auf keinen Fall beiAsthmatikern oder Patienten mit obstruktiver Lungener-krankung anwenden; durch die negativ chronotrope undinotrope Wirkung auch entsprechende Kontraindikation/ Vorsicht bei entsprechenden Herzrythmusstörungenund schwerer Herzinsuffizienz, selten ZNS-Depression.

2. Wahl: Carboanhydrasehemmer (lokal 2-3x tgl.,Dorzolamid (TrusoptR, AzoptR), systemisch Acetazola-mid (DiamoxR); hemmen die Kammerwassersekretion;deutliches Brennen beim Tropfen, Metallgeschmack.Systemisch: 4. Wahl; 1-4x tgl. 125-250 mg. Uner-wünschte Effekte: Parästhesien, Acidose, Diurese, Hy-pokaliämie, Nierensteine, nicht bei Sulfonamidallergie.

2. Wahl: Sympathikomimetika (AT Clonidin, Apraclo-nidin (IsoglauconR), Brimonidin (AlphaganR), Adrenalin-derivate), Hemmen Kammerwassersekretion und erhö-hen die Abflussleichtigkeit, 2-3x tgl., Clonidin kann alsAugentropfen zu einer arteriellen Blutdrucksenkung füh-ren, bei Apraclonidin und Brimonidin treten nach länge-rer Anwendung häufig Allergien auf. Adrenalin wird fastnicht mehr angewandt.

2. Wahl Prostaglandinanaloga (LatanoprostXalathanR). Fördert den uveoskleralen Abfluss und istsehr effektiv. Es kann zu einer minimalen intraokularenReizerscheinung führen, bei längerer Anwendung tretengehäuft Pigmentierungen der Iris auf, die wahrschein-lich gutartig aber irreversibel sind, keine systemischenNebenwirkungen.

3. Wahl Parasympathikomimetika (Pilocarpin, Car-bachol), 4x tgl., werden wegen der Miose vor allem beiKatarakt und wegen der induzierten Myopie bei unter60jährigen schlecht toleriert.

Anwendung: So wichtig wie die Wahl des Medikamen-tes ist auch die Aufklärung (Compliance) und Instruktiondes Patienten. Der Tropfen soll frei in den unteren Bin-dehautsack fallen, das Unterlid wird dabei etwas abge-zogen, am besten gelingt dies im Liegen oder vor demSpiegel. Alle o.g. Medikamente können kombiniert an-gewandt werden und wirken additiv. Bei Kombinationenvon Augentropfen soll in mindestens fünfminütigem Ab-stand getropft werden, damit der zuerst verabreichteTropfen nicht durch den Folgetropfen ausgespült wirdund wirkungslos bleibt. Dorzolamid, Apraclonidin, Bri-monidin und Latanoprost sind erst seit wenigen Jahrenzugelassen und sind bezüglich langfristiger uner-wünschter Wirkungen weniger sicher und relativ teuer.

Da eine alleinige Augeninnendrucksenkung in vielenFällen ein gewisses Fortschreiten des Glaukomscha-dens nicht verhindern kann, wird heutzutage ein neuro-protektiver Effekt angeprießen, für den es bisher jedochbei keinem Präparat einen klinischen Wirksamkeits-nachweis gibt.

Der Hinweis bei cholinerg wirkenden Pharmaka, dasssie zu Augeninnendruckerhöhungen oder einem Glau-komanfall führen können hat etwa die gleiche Bedeu-tung wie mein Hinweis, dass die Verdunkelung eines

Raumes die gleiche Folge haben kann und kann ohnepraktische Konsequenz bleiben.

Chirurgie des GlaukomsDie Methode der Wahl ist die Trabekelektomie. Durchein gedecktes Sklerafenster im Bereich des Kammer-winkels kann das Kammerwasser dann unter die Bin-dehaut in die episkleralen Gefäße abfließen. Die Ope-ration bewirkt langfristig nur in etwa 50% der Fälle einegute Augeninnendruckregulation mit Funktionserhaltdes N. opticus, ein Teil der Patienten benötigt auchweiterhin (weniger) Glaukommedikamente, etwa 10-20% sind mittelfristige Versager durch Vernarbung desoperativ erzeugten Kammerwasserabflusses. Ein Teilder Patienten hat fortschreitende Gesichtsfeldausfälletrotz guter oder mäßiger Druckregulation. Hautkompli-kation neben der unzureichenden Druckregulation istdie beschleunigte Kataraktentwicklung, unmittelbarpostoperativ kann eine Hypotonie Probleme bereiten.Wegen der unerwünschten Wirkungen und der nicht sozuverlässigen drucksenkenden Wirkung wird die Trabe-kelektomie meist nur bei unzureichender medikamentö-ser Drucksenkung angewandt. Modifikationen durchAntimetaboliten oder Silikonimplantate oder auchneuere Techniken der Filtrationserhöhung, Laserverfah-ren und die Ziliarkörperkoagulation haben das Problembisher auch nicht grundsätzlich lösen können, werdenjedoch in bestimmten Fällen angewandt.

Weniger häufige Glaukomformen:

Der Glaukomanfall wird auch beim Roten Auge be-sprochen, er hat eine prinzipiell andere Ätiologie. In derRegel handelt es sich um kurze hyperope Augen (ver-größernde Brillengläser). Durch das zunehmende Lin-sendickenwachstum mit dem Lebensalter kann es beidiesen Augen zu einer plötzlichen (meist Beginn in denAbendstunden bei mittelweiter Pupille) weitgehendkompletten Verlegung des hier sehr engen Kammer-winkels kommen. Der Augeninnendruck steigt einseitigplötzlich stark an (vergleichende Palpation), was dieteilweise sehr ausgeprägte Schmerzsymptomatik undteilweise vegetative Allgemeinsymptomatik mit Übelkeitund Erbrechen hervorruft. Die Pupille bleibt mittelweit,der erhöhte Druck führt zum vermehrten Wasserein-strom in die Hornhaut (Hornhauttrübung mit Sehver-schlechterung, evtl. bunte Farbringe). Hier ist akutesHandeln erforderlich (intensive medikamentöse oderchirurgische Therapie, Iridektomie), da es innerhalb vonStunden zu irreversiblen Schäden kommen kann.

Neovaskuläres Glaukom (hämorrhagisches Sekun-därglaukom) bei chronischen okulären Perfusionsstö-rungen, vor allem proliferativer diabetischer Retinopa-thie oder Zentralvenenverschlüssen. Die Ischämie in-duziert fibrovaskulären Proliferationen im Kammerwin-kelbereich und dadurch eine Abflussstörung. Einerechtzeitige panretinale Laserkoagulation kann dieNeovaskularisation vermeiden oder unterdrücken.

Kindliches Glaukom (Buphthalmus) ist sehr selten.Hier fällt zuerst die vergrößerte Hornhaut auf, da dieSklera und Hornhaut des Kleinkindes dem erhöhtenAugeninnendruck nachgeben. Ggf. ist das Auge auchgerötet und durch die Hornhautproblematik könnenLichtscheu und Tränen hervorgerufen werden. Thera-pie: chirurgisch

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10. Sehverschlechterung durch FehlsichtigkeitenAufbau EinzelerkrankungenDefinition:

Bedeutung:

Ätiologie / Pathologie:

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Myopie (Kurzsichtigkeit)Prävalenz: etwa 30% geringgradige, 7% mittelgradige(2-6 Dioptrien) und 2,5% höhere Myopie. Auftretenmeist um die Pupertät, der Fernpunkt der Brechungliegt im endlichen durch relativ zu langen Augapfel.Ätiologie: ungünstiger Einfluss exzessiver Naharbeit,Lebensbedingungen der Industrieländer.

Symptom: allmähliche Sehverschlechterung in der Fer-ne, z.B. abfallende Schulleistung wegen schlechtemTafelvisus, Kneistern (Schlitzblendenerzeugung),spätes Erkennen von Verkehrsschildern.

Therapie: Minusgläser als Brille (verkleinerndes Bril-lenglas), Kontaktlinsen. Chirurgische und laserchirurgi-sche Maßnahmen (fast alle an der Hornhaut) sind nochproblembehaftet (Narben, Blendung, Instabilität, Wund-heilungsprobleme) und werden vom Autor abgelehnt,stellen aber eine günstige Einkommensquelle entspre-chender Augenarztzentren dar.

Kontaktlinsen: besonders sogenannte weiche Kon-taktlinsen oder solche mit verlängerter Tragezeit kön-nen vor allem bei unsachgemäßer Handhabung zuschweren bakteriellen Hornhautgeschwüren führen.Deshalb hygienischer Umgang, regelrechte Reinigungund Verwendung entsprechender Pflegemittel. Soforti-ge Entfernung der Kontaktlinse bei Beschwerden, um-gehende augenärztliche Vorstellung bei anhaltendenoder deutlichen Beschwerden.

Weitsichtigkeit (Hyperopie)Nicht ganz so häufig wie die Myopie. Das Auge ist rela-tiv zu kurz, es muss auch in der Ferne akkomodiertwerden um scharf zu sehen. In der Kindheit kann dieWeitsichtigkeit zu einem Schielen (akkomodativer Stra-bismus) führen oder den Einwärtsschielwinkel vergrö-ßern, da die Akkomodation an eine Konvergenzreaktion(Einwärtsausrichtung der Sehachsen) gekoppelt ist. Mitzunehmendem Alter können Probleme bei längererNaharbeit auftreten, verfrühte Presbyopiesymptome(normal um 45. LJ).

Therapie: Plusgläser als Brille oder Kontaktlinse, chir-urgische und laserchirurgische Maßnahmen sind hiernoch problematischer als bei der Myopie.

Altersweitsichtigkeit (Presbyopie):Nachlassen der Akkomodationsfähigkeit mit der Alter,zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr verlagert sich derNahpunkt jenseits des Bereiches, in dem bequem gele-sen werden kann (etwa 40 cm).

Therapie: Lesebrille zwischen 1 und 3 Dptr., Myope um3 Dptr. können dann bequem ohne ihre Fernkorrekturlesen.

Hornhautverkrümmung (Astigmatismus):Meist angeboren; irregulär als Folge von Veränderun-gen der Hornhautoberfläche (Keratokonus, chirurgischeEingriffe an der Hornhaut, vor allem Keratoplastik, Nar-ben). Therapie: Zylindergläser, formstabile Kontaktlin-sen, chirurgische Eingriffe problematisch.

Anisometropie:ungleiche Brechkraft von rechtem und linken Auge, oftmit Amblyopie des weitsichtigeren Auges oder des Au-ges mit dem stärkeren Zylinderglas assoziiert, z.B. Mi-krostrabismus. Deshalb frühes Erkennen und Refrakti-onsausgleich ggf. mit Abkleben erforderlich.

Skript Kinder DD Visus 10.07.02 11

11. Ambylopie, Begleitschielen, KinderophthalmologieAufbau EinzelerkrankungenDefinition:

Bedeutung:

Ätiologie / Pathologie:

Symptome:

Therapie / Verlauf:

Die Kinderophthalmologie beinhaltet Krankheitsbilder,die sich von der Erwachsenenophthalmologie wesent-lich unterscheiden (Amblyopie, Begleitschielen, Trä-nenwegsstenose, Retinopathia prämaturorum). Vor al-lem müssen aufgrund der Amblyopiegefahr andere Ge-sichtspunkte berücksichtigt werden, so dass diese Pati-entengruppe gesondert besprochen wird.

AmblyopieBei vielen Augenerkrankungen im Kindesalter ist dieAmblyopie (Schwachsichtigkeit) ein zentrales Problem.Sie tritt auf, wenn während der Entwicklungszeit (etwabis 6.-10. Lebensjahr) auf der Netzhaut keine scharfeAbbildung stattfindet (Refraktionsfehler, Medientrü-bungen, Ptosis) oder häufiger wenn auf Grund eineskindlichen Schielens das Bild des schielenden Augesvom ZNS konstant unterdrückt/ausgeblendet wird.

Definition: Amblyopie ist eine bei rechtzeitiger Erken-nung und Behandlung reversible Schwachsichtigkeit,die unter den anatomisch-funktionellen Möglichkeitendes Auges und ZNS zurückbleibt.

Die Bedeutung besteht einerseits in der Häufigkeit desVorkommens (Prävalenz 1 bis 5% der Bevölkerung,abhängig auch von den Kriterien der Amblyopie), dermöglichen erfolgreichen Behandlung und der sich dar-aus ergebenden Notwendigkeit der Früherkennung.Zwei Dinge müssen beachtet werden:

- Es kommt darauf an, eine scharfe Abbildung auf derNetzhaut zu ermöglichen. Vor allem bei Brechkraf-tunterschieden zwischen beiden Augen (Anisometro-pie) findet in der Regel am weitsichtigeren Auge (hierwäre eine einseitige zusätzliche Akkomodationsan-strengung erforderlich) keine scharfe retinale Abbil-dung statt. Amblyope Augen haben viel häufiger Fehl-sichtigkeiten (primär? sekundär?) als normale Augenoder das Partnerauge, wahrscheinlich durch Fortfallvon Regulationsmechanismen, die über die scharfeAbbildung auf der Netzhaut das Bulbuswachstumsteuern. Wegen der relativ hohen Rate an Fehlsich-tigkeiten ist bei Amblyopie und Schielen häufig eineBrillenkorrektur erforderlich. Medientrübungen (sel-ten, z.B. Linsentrübung) sind umgehend zu beseiti-gen.

- Vor allem bei Schielamplyopie ist eine Okklusi-onstherapie des besseren Auges durch Pflasterab-klebung oder ggf. auch Vernebelungsfolien erforder-lich um das sehschwächere Auge zu schulen. DerTherapieerfolg ist um so schneller, einfacher und voll-ständiger zu erreichen, je früher und konsequenter dieOkklusion begonnen und fortgeführt wird. In entspre-chenden Fällen ist unbedingt auch schon im erstenLebensjahr zu beginnen. Wird dagegen bei schwerer

Amblyopie die Behandlung erst z.B. nach dem viertenLebensjahr begonnen, ist die Therapie traumatischer,langwieriger und nicht so erfolgreich.

Frühkindliche Schielsyndrom (FSS)oder frühkindliche Einwärtsschielen (Strabismus con-vergens) ist das klassische kindliche Schielen, das je-der schon einmal beobachten konnte. Es tritt bei etwa1% der Bevölkerung auf.

Charakteristika:

- auffälliger Einwärtsschielwinkel (meist >10°, leichterkennbar, asymmetrische Hornhautreflexe);

- Schielbeginn bis zum 6. Lebensmonat (davor darfnoch zumindest teilweise geschielt werden, nach dem6. Lebensmonat ist es pathologisch);

- anfangs meist wechselseitige Fixation, z.B. beiRechtsblick mit links, bei Linksblick mit rechts (Kreuz-fixation), im Verlauf kommt es in etwa der Hälfte derFälle zum einseitigen Schielen, dann ist eine Amblyo-pietherapie erforderlich;

- häufig assoziierte Störungen, z.B. bei Seitblick Höher-stand des Auge, das zur Nase blickt (die Koppelungbeider Augen über das beidäugige Sehen ist gestört)

Bisher ist beim FSS kein normales beidäugiges Sehenerreichbar. Am wichtigsten ist die Amblyopieprophy-laxe-/therapie häufig mit Okklusion und Brillenverord-nung. Durch eine spätere Schieloperation lässt sich ei-ne ansprechende Augenstellung erreichen (Schiel-OPvor der Einschulung).

Untersuchungen durch den Studenten/Kinderarzt:

- Sehschärfe wenn möglich, sonst Prüfung seitenglei-chen Abwehrverhaltens bei Abdecken eines Augesdurch die Hand der Mutter oder des Untersuchers

- Symmetrie der Hornhautreflexe (evtl. Fotoanamnese)- einseitiger Abdecktest- Augenbeweglichkeitsprüfung- beidäugige Zusammenarbeit, Brechkraftbestimmung

und Augenhintergrunduntersuchung mit Überprüfungder Fixation und Medien durch den Augenarzt

Differentialdiagnostisch muss vor allem an den häufigenPseudostrabismus durch den breiten kindlichen Na-senrücken (Epikanthus) gedacht werden (Symmetrieder Hornhautreflexe, unauffälliger Abdecktest, positiverLang-Stereo-Test).

Ausgesprochen schwierig ist das Erkennen des klein-winkligen Schielens, des Mikrostrabismus: Hier liegtein kleiner kosmetisch unauffälliger Schielwinkel unter5° vor. Das Schielen ist einseitig und nach innen, imAbdecktest sind die Einstellbewegungen nur schweroder evtl. überhaupt nicht zu erkennen. Zur Vermeidungvon Diplopie kommt es auch hier zu einer konstantenBildunterdrückung der Fovea des schielenden Auges,die Sehschärfe ist in der Regel schwer bis leicht redu-ziert. Eine stabile Zusammenarbeit beider Augen istdurch eine feste funktionelle Verschaltung beider Augen(anomale Korrespondenz) gegeben, diese ist aber umwenige Grad versetzt. Deshalb werden anspruchsvolleStereosehteste nicht erkannt. Der einfache und gut ak-zeptierte Lang-Stereo-Test ist daher eine ganz ent-

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scheidende Hilfe zur Aufdeckung eines Mikrostrabis-mus. Vorkommen bis 1% der Bevölkerung. Therapie:Refraktionsausgleich der häufigen Anisometropie (Bril-le), Amblyopietherapie, keine Operation erforderlich.

‚Gutartiger‘ ist das meist nur zeitweilig auftretendeAuswärtsschielen (Strabismus divergens intermittens),häufig ist es mit keiner oder keiner deutlichen Amblyo-pie verbunden und es besteht in nicht schielenden Mo-menten oft gutes beidäugiges Sehen (Stereosehen).Bei häufigem und auffälligem Schielen kann derSchielwinkel operativ korrigiert werden.

TränennasengangsstenoseDie Vereinigung von proximalem und distalem Tränen-nasengang ist bei Geburt oft noch nicht vollständig,meist verbleibt eine membranöse Struktur (HasnerscheKlappe), die sich meist in den ersten Lebensmonatenspontan öffnet.

Zeichen: eitriges Sekret vor allem am nasalen Lidwin-kel, vor allem morgens verklebte Lider, sonst symptom-und reizloses Auge.Die TNG-Stenose ist ausgesprochen gutartig, es kommtpraktisch nie zu Bindehaut- oder Lidentzündungen auchwenn es teilweise ‚gefährlich‘ aussieht. Meist Spontan-heilung, ggf. kann dies durch Massage des nasalenLidwinkels nach unten unterstützt werden. AntibiotischeSalben bringen nur vorübergehend Linderung. Der Ka-nal kann etwa bis zum 6. Lebensmonat ohne Allge-meinnarkose durch Spülung oder mit einer stumpfenSonde geöffnet werden, bei älteren Kindern muß dieSondierung ggf. in Allgemeinnarkose erfolgen.

Leukokorie:Die weiße Pupille (Leukokorie) ist ein sehr seltenesaber sehr ernstes Zeichen, da sie auf gravierende Stö-rungen mit wichtigen Konsequenzen hinweist. Sie fälltbesonders bei weiter Pupille und regredientem Licht(z.B. bei Rote-Augen-Effekt schlechter Blitzfotos) auf.Wichtige Ursachen:

Frühkindliche Katarakt: besonders bei einseitigerdichter Katarakt nur gute visuelle Funktion erreichbar,wenn sie in den ersten Lebenswochen operiert wird.

Retinoblastom: wichtiger kindlicher Tumor, teilweisefamiliär (Gendefekt, dann oft beidseitig), der sich beifrühzeitiger Entdeckung relativ gut behandeln lässt (lo-

kale Bestrahlung durch Strahlenträger und/oder Che-motherapie).

Retinopathia prämaturorumBei Frühgeborenen unter 1500g sind wesentliche An-teile der peripheren Netzhaut noch nicht vollständigvaskularisiert. Im Rahmen der fortschreitenden Vasku-larisation kann es zu einem fehlgeleiteten Einwachsendieser Gefäße in den Glasköperraum mit schwerenKomplikationen bis zur beidseitigen Erblindung kom-men. Die Gefahr ist um so größer, je unreifer das Neu-geborene war und je gravierender die allgemeine Hy-poxie (z.B. Ausmaß der Sauerstoffbeatmung). DieseProblematik ist erst ab der 6. Lebenswoche oder 31.Gestationswoche von therapeutischer Bedeutung. Des-halb sind bei allen Kindern unter 1500g Geburtsgewichtentsprechende augenärztliche Kontrollen erforderlich,da sich die Erkrankung ggf. durch eine Laserkoagulati-on der Netzhaut günstig beeinflussen lässt.

NeugeborenenkonjunktivitisSelten. Die über Erreger des Geburtskanals hervorgerufeneBindehautentzündung Neugeborener kann von erheblicherklinischer Bedeutung sein:

Gonokokken-Konjunktivitis (Gonoblenorrhoe): extrem seltene,aber schwere eitrige Konjunctivitis der ersten Lebenstage mitGefahr der Hornhauteinschmelzung innerhalb einiger Stun-den. Prophylaxe durch einmaliges Tropfen von Silbernitrat-Lösung bei Geburt (Credésche Prophylaxe) oder andere Mit-tel.

Chemische Konjunktivitis: das Silbernitrat bei der CredéschenProphylaxe kann zu einer Reizung mit Rötung der Bindehautführen

Chlamydien-Konjunktivitis: sie tritt erst nach einigen Tagen bisWochen auf und ist weniger deutlich, ggf. systemische Thera-pie durch den Pädiater, da die Erreger auch eine Pneumonieauslösen können

Herpes-Blepharo-Kerato-Konjunctivitis: Lidveränderungen mitBläschen und Krusten, rotes Auge, Hornhautbeteiligung. Ne-ben der Gefahr von Hornhautnarben besteht vor allem einehohe Gefahr des Virämie mit Überwindung der unreifen Blut-Hirn-Schranke und schwersten ZNS-Schäden. SystemischeVirostase durch Kinderklinik.

Die kindliche TNG-Stenose manifestiert sich immer erst nacheinigen Wochen, da anfangs kaum Tränen produziert werdenund die Besiedlung mit Keimen einige Zeit in Anspruch nimmt.Die Bindehaut ist dabei nicht gerötet.

12. Differentialdiagnose SehverschlechterungDie Sehverschlechterung ist ein häufiges und wichtigesSymptom/Zeichen. Viele Erkrankungen des Auges undseiner Anhangsgebilde können zur Sehverschlechte-rung führen (siehe auch Tabelle am Ende des Skriptes).Für eine sinnvolle Differentialdiagnose sind deshalb vorallem folgende Faktoren zu berücksichtigen:

- Patientenalter- Zeitliche Entwicklung der Sehverschlechterung- Ausmaß der Sehverschlechterung- Einseitigkeit / Beidseitigkeit- Assoziierte Symptome und Zeichen: afferente Pupil-

lenreaktion, Rotes Auge, Schmerzen, Gesichtsfeld,Doppelbilder, Exophthalmus, Lidfehlstellungen, Trau-ma usw.

Patientenalter:höheres Alter (> 60J)Viele der häufigeren Erkrankungen mit Sehverschlech-terung kommen typischerweise jenseits des 60. Le-bensjahres und nur vereinzelt früher vor.

Die ganze erste Gruppe mit den häufigsten Erkrankun-gen geht ohne Rotes Auge oder Schmerzen einher:

- Katarakt: allmählich, bds. aber nicht unbedingt sei-tengleich, Grauschleier, manchmal Blendungsgefühl,kein afferenter Pupillendefekt, evtl. vorübergehendLesen ohne Nahbrille möglich, Sehschärfe meist bes-ser als 0,1, Linsenbeurteilung in Mydriasis an derSpaltlampe oder mit dem Rotreflex;

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- Altersabhängige Makuladegeneration: allmählich,oft bds., meist nicht seitengleich, meist >70 Jahre,ggf. mit kurzfristiger Verschlechterung bei subretinalerNeovaskularisation, besonders dann oft Verzerrtse-hen oder dunkler zentraler Fleck; alle Visusstufenmöglich, häufig Leseschwierigkeiten, äußeres Ge-sichtsfeld auch subjektiv normal;

- diabetische Retinopathie kommt in dieser Alters-gruppe als Ursache häufig in Frage (meist bekannterDiabetes mellitus), Auftreten plötzlich (schwappendeSchatten der Glaskörperblutung) bis allmählich (Ma-kulaödem), einseitig oder beidseitig, evtl. Verzerrtse-hen; charakteristische Fundusveränderungen, meistkein afferenter Pupillendefekt oder deutlicher Ge-sichtsfeldausfall, alle Sehschärfen möglich.

- arterielle Verschlüsse: schlagartig, ggf. beim Aufste-hen bemerkt, einseitig, oft weitgehender Funktions-verlust im betroffenen Gebiet bis fehlende Lichtwahr-nehmung wenn die Zentralarterie oder ganze Papillebetroffen ist. Arteriitis temporalis ausschließen (Kopf-schmerzen, BSG/CRP, Allgemeinsymptome, Muskel-schmerz usw.) bzw. sofort therapieren (hochdosiertCortison). Häufig kardiovaskuläre Risikofaktoren.Deutlicher afferenter Pupillendefekt zumindest beigrößeren Verschlüssen, Gesichtsfeldausfälle meist indem Bereich vollständig; Fundus: blasse Papillen-schwellung oder retinales Ödem mit unterbrochenemBlutstrom im Akutstadium, später Optikusatrophie(blasse Papille);

- Venenverschlüsse: nicht ganz so plötzlich, eher übereinige Tage, meist noch Visus um 0,1 oder besser,einseitig, oft Verzerrtsehen, charakteristisches Fun-dusbild, evtl. afferenter Pupillendefekt, Gesichtsfeldeher dezente Einschränkungen; häufig kardiovaskulä-re Risikofaktoren;

- Glaucoma chronicum simplex: erst in den fortge-schrittenen Stadien wird eine Sehverschlechterungbemerkt, manchmal auch plötzlich, dann bestehenmeist ausgeprägte Gesichtsfeldausfälle; afferenterPupillendefekt möglich; Glaukompapille; Glaukom oftbekannt, ggf. Tropfen zeigen lassen;

- Netzhautablösung: häufig im Zusammenhang mitsymptomatischer Glasköperabhebung (Blitzen,schwappende Schatten, einseitig) oder symptomati-schen Lochbildung (oft zusätzlich Rußregen oderWolke durch GK-Blutung), die Netzhautablösung wirdmeist als Vorhang oder Wand von peripher, meistunten, kommend empfunden, Verlust der zentralenSehschärfe auf Werte um 0,1 bei zentraler Ablösung,afferenter Pupillendefekt möglich; häufig Myopie oderAugenoperationen oder Trauma; möglichst umgehen-de Behandlung (OP, ggf. Laserprophylaxe).

- Glaukomanfall: meist ältere Patienten mit weitsichti-gen Augen (vergrößernde Brille), mittelweite reakti-onslose Pupille, alle Visusstufen möglich, entwickeltsich meist über Stunden bevorzugt am Abend,Schmerzen, rotes Auge, evtl. subjektiv Farbringe undTransparenzminderung der Hornhaut durch Horn-hautepithelödem, evtl. vegetative Begleitsymptomatik,Bulbus palpatorisch verhärtet.

Alter der Berufstätigkeit:

In dieser Altersgruppe ist das Spektrum viel größer, ei-ne deutliche Sehverschlechterung tritt wesentlich selte-ner auf (ausgenommen Refraktionsstörungen). In Ein-zelfällen können die o.g. Erkrankungen als Frühmanife-station auftreten. Eine Sehverschlechterung in dieserGruppe wird man großzügig umgehend einem Augen-arzt zuweisen.

- diabetische Retinopathie: häufigste Ursache in die-ser Altersgruppe, Manifestation s.o.

- Kurzsichtigkeit (Myopie): meist in der Pubertät bisins Erwachsenenalter zunehmend, manchmal fort-schreitend, deutlich bessere Sehschärfe in der Nähebis extremen Nähe, keine weiteren Symptome, beid-seitig. Vorsicht: erhöhtes Ablatiorisiko.

- Altersweitsichtigkeit (Presbyopie): zunehmendeSchwierigkeiten nur in der Nähe vor allem beischlechter Beleuchtung, Manifestationsalter 40-50Jahre, bei Hyperopie evtl. auch früher, immer beidsei-tig.

- Katarakt: in dieser Altersgruppe relativ selten, danngehäuft als Komplikation von Trauma, Cortison, Dia-betes mellitus, intraokulare Entzündungen.

- Retinitis centralis serosa: meist mäßige Sehver-schlechterung mit Mikro- oder Makropsie über einigeTage, vor allem Männer, ggf. Rezidive, hohe spontaneBesserungsrate, Fundusveränderungen meist nur fürgeübte zu erkennen;

- Neuritis nervi optici: nicht häufig, Sehverschlechte-rung über Stunden bis Tage, einseitig, oft retrobulbä-rer Bulbusbewegungsschmerz, evtl. Sympto-me/Anamnese einer MS, Sehschärfe von 0 bis 100%alles möglich, typisch relativer afferenter Pupillende-fekt, Farben erscheinen blasser; meist weitgehendespontane Besserung; fast immer einseitig.

- Herpes Keratitis: Rotes Auge, zarter bis deutlicherHornhautbefund (am besten mit Fluoreszein), vermin-derte Hornhautsensibilität, oft Rezidiv;

- Trauma: besonders berufliche Exposition beachten(Schweißen, Metallarbeiter, Hammer und Meisel etc.),Hornhautverletzung /-fremdkörper (Fluoreszeinfär-bung), bei Contusio Sehverschlechterung durchHornhautschaden, Linsenschaden, intraokulare Blu-tung, Netzhautödem und Orbitafraktur möglich.

- Uveitis: relativ selten. Bei Iritis ciliare Rötung,Schmerzen vor allem bei hellem Licht, Pupille etwasenger und evtl. entrundet (Synechie), ggf. Hypopyon,Fibrin und Endothelbeschläge erkennbar, oft Iritisa-namnese; med. Mydriasis und Cortison. Bei Choriore-tinitis und intermediärer Uveitis keine Rötung, keineSchmerzen, charakteristischer Fundusbefund. Ätiolo-gie oft nicht bekannt, häufig Autoimmunkomponente,teilweise Systemerkrankungen (rheumatoider For-menkreis, Sarkoidose, Toxoplasmose, Borrellioseu.a.)

Kindheit:Wegen der therapeutischen Konsequenz (Amblyopie)erfordert nicht nur eine kindliche Sehverschlechterungsondern jeder Verdacht einer nicht vollen Sehschärfeeine umgehende augenärztliche Abklärung.

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- Amblyopie vor allem bei Strabismus (Vorkommen 1-5%, Anamnese, Hornhautreflexe, Abdecktest, Lang-Test)

- Refraktionsstörungen (relativ selten, Anisometropie,Myopie, Hyperopie)

- Selten: Tumor, Katarakt (regredientes Licht), Uveitis,Ptosis, aber wichtig wegen der Therapie

Wichtige Untersuchungen:Abschätzung der Sehschärfe (immer einseitig, Ver-gleich mit eigener Sehschärfe, Zeitungstext mit Lese-brille aus 30 cm entspricht Visus >0,3 bis 0,5, aus 1 metwa 100%, siehe Visustafel)

Relative afferente Pupillenreaktion (siehe Untersu-chungen), einziger einfacher objektiver Test. Unauffälligbei vielen wichtigen Problemen (Katarakt, altersabhän-gige Makuladegeneration, Amblyopie), hinweisend aufProzesse des Sehnerven (Neuritis, Gefäßverschlüsse,fortgeschrittenes Glaukom, Kompression) oder ausge-dehnte retinale Veränderungen (Arterienverschluss,evtl. bei Venenverschluss und Netzhautablösung posi-tiv).

Konfrontationsgesichtsfeld: vertikale Mittellinienbe-grenzung bei zentralen Störungen, Quadranten-/Sektorausfall bei Arterienasteverschluss, umschriebe-ne Einschränkung der Außengrenzen bei Netzhautab-lösung, fortgeschrittenem Glaukom

Metamorphopsie: Prüfung am besten mit karriertemPapier mit aufgemaltem Fixationspunkt, hinweisend aufMakulaprozess.

Inspektion: spiegelnde glatte Hornhaut (ggf. Fluores-zeinfärbung), Fremdkörper, assoziierte Befunde wieLidfehlstellung, Exophthalmus, Rötung (conjunctival,ciliar, gemischt), entrundete, weite oder enge Pupille,getrübte Linse,

Hinweisende Symptome / Zeichen / AngabenSchlagartige Sehverschlechterung zeigt eine arterielleDurchblutungsstörung an, Glaskörperblutung und Netz-hautablösung treten schnell bis schlagartig auf, lassensich dann jedoch meist anamnestisch abgrenzen(schwappende Schatten, aufsteigende Wand, keine ab-soluten Gesichtsfeldausfälle), eine Makulablutung imRahmen einer altersabhängigen Makuladegenerationkann plötzlich auftreten (Zentralskotom), Traumen sindmeist aufgrund der Anamnese klar.

Stunden bis Tage: venöse Verschlüsse, subretinaleNeovaskularisation bei altersabhängiger Makuladege-neration (Verzerrtsehen), Neuritis nervi optici, Uvei-tis/Iritis, Glaukomanfall, Herpes, Konjunktivitis (machteigentlich keine richtige Sehverschlechterung sonderneher Schleiersehen, kommt aber häufig vor und wirdmanchmal als Sehverschlechterung angegeben).

Allmählich: Katarakt, Altersabhängige Makuladegene-ration, diabetische Retinopathie, Refraktionsstörungen.

Beidseitigkeit: typisch bei Katarakt, altersabhängigeMakuladegeneration, diabetischer Retinopathie, Re-fraktionsstörungen, zentralen Sehstörungen

Verzerrungen (Metamorphopsie) von Linien und Buch-staben ist stark hinweisend auf ein Makulaprozess.

Schmerzen: vordere Augenabschnitte (insbesondereHornhaut und Iris), Ausnahmen: Arteriitis temporalis,Trigeminusaffektionen (Zoster, Sinus cavernosus u.a.);bei Neuritis nervi optici und Endokrine Orbitopathie nurmäßiger retrobulbärer Schmerz und Druckgefühl.

Farbsinnesstörungen im Seitenvergleich sind hinwei-send auf Optikusprozesse, vor allem Neuritis nervi opti-ci und Kompression z.B. bei Endokriner Orbitopathie,da angeborenen Farbsinnesstörungen beidseitig sindund kompensiert werden.

Schwappende Schatten beweisend für Glaskörpertrü-bung bzw. abgelöste Netzhaut.

Doppelbilder, die auf Abdecken eines Auges ver-schwinden, zeigen eine Störung der Augenstellung an,wenn sie auch einäugig wahrgenommen werden zeigensie Refraktionsstörungen der Hornhaut (Astigmatismus)oder Linse (z.B. Katarakt) an.

Brillenanamnese: höhere Kurzsichtigkeit (Netz-hautablösung), Weitsichtigkeit (Glaukomanfall), Aniso-metropie (Amblyopie).

Augenoperationen: nach Katarakt-OP tritt häufig einNachstar auf der sich meist als allmähliche Sehver-schlechterung manifestiert, intraokulare Eingriffe gehenmit schnellerer Kataraktentwicklung einher, das Ablatio-risiko ist nach den meisten intraokularen Eingriffen er-höht.

Trauma: Hornhautfremdkörper (Schleifen, Über-Kopf-Arbeiten), Hornhauterosio (z.B. Palmen, Kinderfinger),Contusio bulbi (Hornhaut, Blutung, Netzhautödem),Perforationen (z.B. Hammer-Meisel-Verletzung).

Allgemeinerkrankungen: Diabetes mellitus (Makulaö-dem, Glaskörperblutung, Netzhautablösung, Gefäßver-schlüsse, verfrühte Katarakt), arterieller Hypertonus(Gefäßverschlüsse, hypertensive Retinopathie), Hy-perthyreose (Endokrine Orbitopathie), neurologischeAusfälle (zentrale Störung, MS, Augenbewegungsstö-rungen, Nystagmus), rheumatoider Formenkreis (Uvei-tis).

Schielstellung: kann auf eine akute Bewegungsstö-rung hinweisen (Paresen, Endokrine Orbitopathie, Or-bitafraktur), Zeichen eines kindlichen Strabismus seinoder auf eine schwere Visuseinschränkung des schie-lenden Auges hinweisen (sekundärer Strabismus).

13. Rotes Auge, Schmerzen, gereiztes Auge, TraumaDie mit Abstand häufigsten Ursachen sind äußerlicherund relativ harmloser Natur wie konjunktivale Reizun-gen (Wind, UV-Strahlen, Allergien, Virusinfektionen),Lidprobleme (Blepharitis, Lidfehlstellungen) o.ä.

Um wichtige ernste Ursachen nicht zu übersehen sollteimmer ausgeschlossen werden:

Sehschärfenminderung (Iritis, Glaukomanfall, Horn-hautprozesse)

Skript Blockpraktikum Augenheilkunde 10.07.02 15

Schmerzen (Glaukomanfall, Iritis, Hornhautprozesse,Zoster, Optikusneuritis). Auch bei Konjunktivitiden wer-den manchmal spontan Schmerzen angegeben, beiNachfrage wird dies dann jedoch nicht als eigentlicherSchmerz sondern eher Reiben o.ä. charakterisiert.

Pupillenbeteiligung afferenter Pupillendefekt bei Opti-kusprozessen und Gefäßverschlüsssen; Unregelmä-ßigkeiten und Miose bei Iritis, Voroperationen, Pilocar-pinmedikation; Mydriasis bei Glaukomanfall, Atropinund Okulomotoriusparese.

Hornhautbeteiligung meist durch Inspektion zu erken-nen (die normale Hornhaut ist spiegelblank und lässtdie Iris klar erkennen)

Bindehautreizung:Die Ursachen können vielfältig sein:

Physikalisch: UV-Strahlung durch Schweißen (Verblit-zung), Sonnenstudio, intensive Sonnenstrahlung. Hin-weisend: Gesichtsrötung, Anamnese, Symptome ersteinige Stunden nach Exposition wie bei Sonnenbrand;Wind, Staub, Chlorwasser usw., Fremdkörper s. u..

Mikrobiell: primäre bakterielle Bindehautinfektionen sindnach Ansicht des Autors selten. Virale Infektionen(u.a. Adenoviren) treten oft erst einseitig auf, das ande-re Augen folgt oft in zwei bis drei Tagen; subjektiv oftwie Sand im Auge, charakteristisch präaurikuläre undsubmandibuläre Lymphdrüsenschwellung, manchmalandere Zeichen eines viralen Infektes. Übertragungdurch Tröpfcheninfektion. Therapie symptomatisch, Hy-giene (Krankschreibung).

Allergisch: Leitsymptom: Jucken; häufig deutlicheChemose der Bindehaut und Lidschwellung, fast immerbeidseitig. Bei Augentropfen sind nicht selten die Kon-servierungsmittel (u.a. Benzalkoniumchlorid) Ursacheder Allergie. Therapie: Allergenvermeidung, Antihista-minika und Chromoglycinsäure, Vorsicht mit Cortison(Glaukom, Katarakt).

Chronische Blepharitis: durch Störung der Talgsekreti-on (Verstopfung der Meibom-Drüsen des Tarsus) undbakterielle Besiedlung der veränderten Lidränder mitStaphylokokken entsteht vermehrt im Alter nicht selteneine chronische, schwer zu beeinflussende Symptoma-tik mit Juckreiz, Reiben und Brennen. Die Lidrändersind verdickt und gerötet, besonders an den Wimpernfinden sich oft Auflagerungen (Krusten). Therapie: Li-drandhygiene (Entfernung der Auflagerungen 2x tgl.durch feuchte Watteträger), warme Kompressen, ggf.Antibiotika lokal.

Trockenes Auge (Keratokonjunktivitis sicca)Das trockene Auge stellt mit den häufigsten Grund derVorstellung beim Augenarzt dar, schätzungsweise jederdritte bis siebte Patient. Das Krankheitsbild ist schwereinzugrenzen, oft stehen die Zeichen wenig im Verhält-nis zu den subjektiven Störungen, andererseits gibt esnicht selten Patienten mit deutlichen Zeichen einestrockenen Auges ohne entsprechende Beschwerden.

Ursache: qualitative und quantitative Veränderungendes Tränenfilms, dies kann folgende Strukturen betref-fen:Tränendrüse und akzessorische Tränendrüsen produ-zieren die wässrige Phase des Tränenfilms; Untersu-

chung mit Schirmer Teststreifen; sie kann z.B. im Kli-makterium vermindert sein, Zusammenhang mit Er-krankungen des rheumatischen Formenkreises.

Lipidphase: siehe auch chronische Blepharitis; durchdie gestörte Lipidschicht (Meibomdrüsen des Tarsus)auf der Oberfläche des Tränenfilms kommt es zu einerzu schnellen Verdampfung der wässrigen Phase unddamit Austrocknung.

Bei fehlerhafter Mucinschicht (Becherzellen der Binde-haut) ist die gleichmäßige Benetzung von Bindehautund Hornhaut nicht gewährleistet.

Andere Ursachen für ein trockenes Auge wie Lidfehl-stellungen, gestörter Lidschluss, Exophthalmus werdenin der Regel nicht zur Keratokonjunktivitis sicca gezählt.

Untersuchungen: Schirmer-Test, Betrachtung der Lider,Bindehaut und Hornhaut (ggf. Spaltlampe), Anfärbungdes Tränenfilms mit Fluoreszein und/oder Bengal-Rosazur Aufdeckung von punktförmigen Epitheldefekten undBestimmung der Tränenfilmaufrisszeit.

Therapie: hohe Luftfeuchtigkeit, vermehrter Aufenthaltim Freien, Seitenschutz an der Brille, Tränenersatzmit-tel bessern häufig die Symptome, können aber keinennormalen Tränenfilm aufbauen und sind oft unzurei-chend und nur ein Kompromiss; ggf. Korrektur assozi-ierter Störungen. In Einzelfällen Verschluss der abfüh-renden Tränenwege.

Glaukomanfall:siehe auch unter Glaukom. Relativ seltenes Krank-heitsbild (ca 20/100.000/Jahr). Es handelt sich fast im-mer um weitsichtige, kurze Augen (vergrößernde Bril-lengläser) und Menschen >60 Jahre. Mit zunehmen-dem Alter vergrößert sich fortlaufend die Linse, die Vor-derkammer und der Abstand zwischen peripherer Irisund Hornhautrückfläche wird entsprechend geringer.Das aus der Hinterkammer in die Vorderkammer strö-mende Kammerwasser drückt die Irisbasis in RichtungTrabekelwerk (Kammerwasserabfluss). Bevorzugt inden Abendstunden (weite Pupille) kommt es dann ir-gendwann plötzlich und meist einseitig zu einer Verle-gung des Trabekelwerkes durch die periphere Iris, derAugeninnendruck steigt plötzlich an (palpatorisch ver-härtet, Schmerzen im Kopf- oder Augenbereich) undführt evtl. zu vegetativen Begleiterscheinungen (Ober-bauchbeschwerden, Übelkeit, Erbrechen). Durch denerhöhten Augeninnendruck wird vermehrt Kammerwas-ser in die Hornhaut gepresst, es entsteht ein Hornhau-tepithelödem (Farbringe werden wahrgenommen, Seh-verschlechterung oft deutlich, Irisstruktur verwa-schen). Die Pupille bleibt mittelweit bis weit, das Augeist gerötet. Therapie: Krankenhauseinweisung, umge-hende medikamentöse, evtl. chirurgische bzw. laser-chirurgische Drucksenkung.

Iritis:Kein häufiges Krankheitsbild, Ursache oft nicht geklärt,gehäuft HLA B27 assoziiert (M. Bechterew u.a.). Meisteinseitig. Charakteristisch sind Schmerzen bei Licht-einwirkung, Lichtscheu (durch die Kontraktion des ent-zündeten Sphincter pupillae). Die Pupille ist etwas en-ger als am Partnerauge, durch entzündliche Verwach-sungen evtl. entrundet, vor allem am Hornhautrand(Limbus) ist eine feine Rötung zu erkennen (ciliare In-

Skript Blockpraktikum Augenheilkunde 10.07.02 16

jektion). In schweren Fällen ist der Einblick auf die Irisverwaschen durch Zellen und Fibrin in der Vorderkam-mer, ggf. Zellansammlung in der unteren Vorderkam-mer (Hypopyon), bei genauer Beobachtung lassen sichevtl. Zellklumpen auf der Hornhautrückfläche erkennen(Endothelbeschläge). Die Sehverschlechterung istdurch die Medientrübung bedingt und häufig nicht sehrausgeprägt. Therapie: durch Augenarzt, Weitstellung(Atropin), cortisonhaltige Augentropfen.

Verätzung:am gefährlichsten sind Laugen (Abflussreiniger, Trä-nengas, ungelöschter Kalk, Amoniak) da die Gewebedadurch aufgelöst und die weitere Penetration erleich-tert wird. Aber ähnlich wirken auch Säuren (Reini-gungsmittel, Batterien) und auch Verbrennungen (hei-ßes Öl, Metall). Entscheidend ist die sofortige anhal-tende Spülung am Unfallort mit der am schnellsten er-reichbaren Flüssigkeit (meist Leitungswasser). Unterdie Lider schauen, sind z.B. Kalkpartikel vorhanden,sollten diese schnell entfernt werden. Im Zweifelsfallmuss man unsanft mit dem Betroffenen umgehen, alleHilfsmittel sind erlaubt (z.B. einer spült, der andere hältdie Lider auf, der Betroffene soll in wechselnde Rich-tungen sehen), Hauptsache es geht schnell. Hilfreichsind ggf. ein Lokalanästhetikum und Tupfer zum Auf-halten der Lider. Am besten am Unfallort ausgiebigspülen (in schweren Fällen ca. 30 min) und dann erstTransport organisieren, da während des Transporteseine Spülung schwierig ist.

Subtarsaler Fremdkörper:Häufig, meist durch Staub in der Umgebung oder Wind,Holzarbeiten. Charakteristisch ist ein Fremdkörperge-fühl vor allem bei Lidbewegungen. Die Entfernung ge-lingt leicht durch Umklappen des Oberlides (Ektropio-nieren) durch Druck auf den oberen Tarsusrand 10 mmoberhalb der Lidkante, der Patient blickt dabei nachunten. Wegwischen des Fremdkörpers auf der tarsalenBindehaut an der Lidkante.

Hornhautfremdkörper:Häufig, meist durch Schleifen von Metall oder bei Ar-beiten über Kopf, meist als kleiner dunkler Fleck aufder Hornhaut bei näherer Betrachtung zu erkennen.Subjektiv oft deutliches Schmerz- oder Fremdkör-perempfinden, aber nicht leicht vom subtarsalenFremdkörper zu unterscheiden. Da der Fremdkörper ofteingebrannt ist, muss er mit einem kleinen Metallin-strument nach Lokalanästhesie abgeschabt werden undder Rosthof (schon nach Stunden) mit einem kleinenBohrer gesäubert werden.

Hornhauterosio:Häufig, evtl. als kleiner matter Bezirk auf der Hornhau-toberfläche zu erkennen. Vielfältige Ursachen, z.B. Fin-gernagelverletzung, Fremdkörper, Palmenblätter usw.Meist sehr unangenehm und schmerzhaft, heilt in derRegel spontan zu, bis zur Verheilung augenärztlicheKontrollen. Besonders gefährdet sind Kontaktlinsenträ-ger (vor allem ‚weiche‘ Linsen), da es hier zu einemschnell fortschreitenden mikrobiellen Geschwür kom-men kann. Deshalb bei Beschwerden immer sofort dieCL entfernen und bei anhaltenden Beschwerden Au-

genarzt aufsuchen, genaue Beachtung der Hygiene undAnleitungen im Umgang mit den CL.

Vorsicht: wiederholte Anwendung von Lokalanästhetikaam Auge kann zu schweren Hornhautschäden führen.

Herpeskeratitis:Nicht selten. Bei Primärinfektion epitheliale Läsion(Bäumchenfigur = Dendritika), die am besten nachFluoreszeinfärbung zu erkennen ist; hinweisend: her-abgesetzte Hornhautsensibilität; ggf. Bläschen an derLidhaut. Problematisch sind die Stromanarben vor al-lem nach Rezidiven (Virus verbleibt in der Nervenzellender Hornhaut), sehr nachteilig die Anwendung von Cor-ticoiden im Stadium der aktiven viralen Infektion.Durchseuchung der Bevölkerung 90%, Serologie des-halb nicht hilfreich. Therapie: Virostatika lokal (z.B.Azyklovir).

Perforierende Verletzung.Selten. Nicht immer ist die Perforation offensichtlich(Glas- oder Metallsplitter, Drähte, Stichverletzungen),hinweisend sind auch Verziehungen der Pupille, Blu-tungen unter die Bindehaut oder in die Vorderkammer,Trübungen von Hornhaut oder Linse. Klinikeinweisungzur chirurgischen Versorgung. Bei Lidverletzungen imnasalen Bereich sind die Tränenwege häufig mitbetrof-fen und erfordern eine entsprechende chirurgische Ver-sorgung (Ringintubation).

Subkonjunktivale Blutung (Hypsphagma)Häufig, meist harmlos und oft ohne erkennbare Ursa-che, dann auch keine weitere Symptomatik. Ggf. auchnach Pressen, Trauma, Blutungsneigungen etc..Spontanresorption abwarten.

Lidfehlstellungen:Entropium, Ektropium, Lagophthalmus, Exophthalmus,gehen ggf. mit einem roten Auge einher; die Ursache istin der Regel leicht zu erkennen, entsprechend ist dieTherapie. Vorsicht bei bewusstlosen Patienten, nachden Vitalfunktionen auch auf den Lidschluss achten,ggf. Salbe, Verband. Bei Facialisparese (Lagophthal-mus) initial Salbe und Uhrglasverband, später ggf. Lid-gewicht ins Oberlid einnähen.

Orbitafraktur:Orbitafraktur: Ursache: Gewalteinwirkung auf den Or-bitarand und die Umgebung (oft Rohheitsdelikte), häufigbricht der Orbitaboden (Dach der Kieferhöhle). Wichti-ges Zeichen ist die Hebungseinschränkung des Bulbus,ggf. Enophthalmus durch Einklemmung/Verlagerungdes Orbitainhaltes in die Kieferhöhle (Rö: Blutspiegel,Frakturspalt, hängender ‚Tropfen‘); Exophthalmus durchBlutungen, Sensibilitätsstörung durch Verletzung des N.infraorbitalis (V/2). Therapie: bei deutlichen Verlagerun-gen des Orbitarandes immer relativ akut, eine Orbita-bodenfraktur wird eigentlich nur bei Enophthalmus oderdeutlicher Verlagerung der Orbitainhaltes bzw. ausge-prägter Einklemmung mit Beweglichkeitseinschränkungempfohlen und hat einige Tage Zeit.

Contusio bulbi:Ursachen: Squashball, Sektkorken, Fingerverletzung,kleine stumpfe Geschosse wie Erbsen. Es kann fast je-

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de Struktur des Auges geschädigt werden, bei schwe-ren Fällen findet man Einblutungen in die Vorderkam-mer oder den Glaskörper, Einrisse an der Iris, Contusi-onsschäden der Netzhaut, in Einzelfällen mit konsekuti-ver Netzhautablösung evtl. nach einem längeren Inter-vall. Als Spätfolge kann auch eine Katarakt oder einGlaukom entstehen.

Prävention: beim Squash Schutzbrille, beim Öffnenvon Sektflaschen Korken mit Handtuch fassen und Fla-schenhals in eine freie Richtung halten. Weitere Prä-ventionen: Schutzbrille beim Schleifen und Schweißen.Der Sicherheitsgurt im PKW hat die Gesichts- und Au-genverletzungen bei KFZ-Unfällen dramatisch reduziert(Gesicht oder Augen schlagen bei Auffahrunfällen un-angeschnallt auf den Rand der zerbrochenen Wind-schutzscheibe).

14. Lidschwellung / Lidtumoren /LidfehlstellungenBasaliom:Mit Abstand häufigster bösartiger Lidtumor. Es tritt ver-mehrt im hohen Lebensalter und nach vermehrter Son-nenexposition auf und geht von den Epithelien der Lid-haut aus. Das Basaliom kann begrenzt nodulär undsklerodermiform infiltrierend wachsen, Metastasen gibtes keine. Typischerweise hat es eine etwas höckrigeOberfläche teilweise mit Krusten bedeckt, die ein blu-tendes Ulkus hinterlassen, wenn sie entfernt werden,fehlende Zilien deuten ebenfalls auf ein bösartiges Ge-schehen hin. Der Tumor wird in der Regel chirurgischunter histologischer Kontrolle entfernt, die Deckungrichtet sich nach der Lokalisation und dem Defekt undgelingt in der Regel befriedigend. Das Plattenepit-helcarcinom und Talgdrüsencarcinom verhalten sichwesentlich bösartiger da sie auch Metastasen bildenund infiltrierender wachsen, sind klinisch aber nichteinfach vom Basaliom abgrenzbar.

Gutartige epitheliale Lidtumoren: Warze (Verruca vulga-ris; stark zerklüftete höckerige Oberfläche ohne Kru-sten/Blutungen, oft multiple Tumoren), Papillom, Cornucutaneum, Keratoakanthom, Dellwarzen (Molluscumcontagiosum) und andere Tumoren der Haut.

Chalazion, eigentlich Hagelkorn, im Volksmund auchoft falsch als Gerstenkorn (Hordeolum) bezeichnet: eshandelt sich um ein Fremdkörpergranulom der Talgdrü-sen des Tarsus (Meibomsche Drüsen) als Reaktion aufdie Zerfallsprodukte (Fettsäuren) ihres Sekretes ähnlichwie die pubertären Aknepickel und kommt relativ häufigin allen Altergruppen vor. Oft akute Schwellung undRötung, teilweise schmerzhaft, häufig spontane Rück-bildung, Therapie mit warmen Kompressen, Rotlicht

o.ä. zur Verflüssigung des Sekretes, ggf. Unterspritzungmit Cortison oder chirurgische Entfernung. Vermehrt beiVerstopfung der Talgdrüsenausführungsgänge und ent-sprechenden Hauterkrankungen.

Lidschwellung sind treten häufig auch reaktiv bei Ent-zündungen der vorderen Augenabschnitte auf, fernerdurch Insektenstich, Allergien (Jucken, beidseitig), Ei-weismangelödem (beidseitig), Endokrine Orbitopathie(ein- oder beidseitig), Hagelkorn, Hämatom, Lid- bzw.Orbitaphlegmone, postoperativ.

Lidfehlstellungen treten vor allem als Folge der Er-schlaffung der Lidstrukturen mit zunehmendem Alterauf, können aber auch durch Narbenzug oder nach Li-doperationen entstehen. Beim Ektropium steht dasUnterlid nach außen gekippt, die auf der Lidinnenflächehaftende Bindehaut ist dann exponiert, trocknet aus undist gerötet und verdickt. Die Therapie ist chirurgisch.Auch eine Facialisparese geht in der Regel mit einemEktropium des Unterlides einher. Beim Entropium istdas Lid nach innen gekippt, die Wimpern scheuern aufder Bindehaut und Hornhaut und führen zur Reizungund Rötung, der dadurch erzeugte Lidschlussreflexverschlechtert die Situation noch mehr. Vorübergehendist durch einen Pflasterzug eine Besserung zu errei-chen, langfristig ist meist eine operative Korrektur erfor-derlich, Rezidive nicht selten. Bei der altersabhängigenPtosis ist die Hebung des Oberlides gelockert, eineVerkürzung des M. levator palpebrae ergibt in der Re-gel ein schönes funktionelles und kosmetisches Ergeb-nis. Differentialdiagnostisch muss eine Myasthenieausgeschlossen werden (Ermüdungszeichen).

15. Doppelbilder, Augenbewegungsstörungen, NeuroophthalmologieDoppelbilder können durch Fehlstellungen der Augen(binokulare DB) oder auch Brechungsunregelmäßig-keiten (monokular, z.B. Kerntrübung der Linse, Horn-hautverkrümmung) entstehen. Die Differenzierung ge-lingt leicht, die binokulare Diplopie verschwindet beiAbdecken eines Auges.

Augenbewegungsstörungen können auf 3 Ebenen ent-stehen: muskulär/orbital (z.B. Endokrine Orbitopathie,Orbitabodenfraktur, Myasthenie), Läsionen der Au-genmuskelnerven (z.B.: Mikroangiopathie, Trauma,Raumforderung) oder zentralnervös (z.B. vaskulär,MS). Mit relativ einfachen Untersuchungen lässt sichdie Störung meist gut lokalisieren, die Klärung derÄtiologie erfordert oft aufwendigere Verfahren (vor al-lem CT und MRT) sowie eine Gesamtbeurteilung.

Charakteristikum der Augenmuskelparesen ist derblickrichtungsabhängige Schielwinkel bzw. subjektivdie blickrichtungsabhängigen Doppelbilder:- der Schielwinkel nimmt in die Blickrichtung zu, die der

Zugrichtung des betroffenen Muskels entspricht; beiLäsion des rechten N. abducens also bei Rechtsblick;

- der Schielwinkel ist am kleinsten in der entgegenge-setzen Blickrichtung bei Entspannung des entspre-chenden Muskels; bei rechtsseitiger Abducensparesealso bei Linksblick;

- durch eine entsprechende Kopfzwangshaltung kannevtl. doppelbildfreies Sehen erreicht werden; beirechtsseitiger Abducensparese fällt die fehlende oderverminderte Innervation des rechten M. rectus latera-lis am wenigsten ins Gewicht, wenn nach links ge-

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blickt oder entsprechend der Kopf nach rechts gedrehtwird.

Häufig lässt sich die Parese schon durch entsprechen-de Befragung des Patienten herausfinden: Lokalisationder Doppelbilder zueinander (horizontal oder/und verti-kal versetzt, verkippt/verrollt, in welcher Blickrichtungsind sie am weitesten voneinander entfernt, ermü-dungsabhängig bei Myasthenie).

Untersuchungen:- Motilitätsprüfung in 6 Blickrichtungen, ggf. mit Kopf-

neigetest, am besten mit Beobachtung der Hornhau-treflexe des Fixierlichtes (entsprechende Kopfdrehungdes Patienten);

- einseitiger Abdecktest auch in den entsprechendenBlickrichtungen (manifester Schielwinkel); verglei-chender wechselseitiger Abdecktest in verschiedeneBlickrichtungen deckt evtl. auch latente Schielstellun-gen auf;

- Untersuchung mit dem Dunkelrotglas.Immer muss auch auf andere Störungen geachtet wer-

den, vor allem

- Sensibilität V1/V2 (Sinus cavernosus, Fissura orbitalissuperior)

- Lidstellung (III-Parese, Basedow, Facialis, Horner)

- Sehstörungen / afferenter Pupillendefekt (Optikusbe-teiligung)

- Exophthalmus (Endokrine Orbitopathie / Orbitapro-zesse), gestaute Gefäße (Fisteln, Entzündungen)

Wichtige Ursachen für Augenmuskelparesen (nachHäufigkeit):

Mikroangiopathie (Diabetes, Hypertonus, Arterioskle-rose), idiopathisch (in der Regel von der Mikroangio-pathie nicht abzugrenzen), Trauma, seltener entzünd-lich, Aneurysmen, Tumoren.

Leitsymptom horizontale Diplopie

Abducensparese (VI):Innerviert den M. rectus lateralis. Abduktionseinschrän-kung, Kopfzwangshaltung in Zugrichtung des Muskels,horizontal versetzte Doppelbilder vor allem bei Blick zurgelähmten Seite, Doppelbilder weiter auseinander beiBlick in die Ferne gegenüber der Nähe (Konvergenz-stellung). Aufgrund des langen und geknickten Verlau-fes des Nerven entlang der Schädelbasis vielseitigeSchädigungsursachen.

DD horizontale Diplopie: dekompensiertes Begleit-schielen (Strabismus divergens), internukleäre Oph-thalmoplegie, Okulomotoriusparese.

Leitsymptom vertikal-/schrägversetzte Diplopie

Okulomotoriusparese (III)Innerviert alle äußeren Augenmuskeln bis auf den M.rectus lateralis und M. obliquus superior: das Augesteht bei kompletter Parese in Abduktionsstellung undhat fast völlig aufgehobene Motilität. Weiterhin bestehteine ausgeprägte Ptosis durch Ausfall des Lidhebers(M. levator palpebrae). Die externe III-Parese ist nichtselten auch inkomplett. Hinzu kann noch eine innereParese kommen wenn die parasympathischen Fasern

der Pupille (Mydriasis) und des Ziliarmuskels (Akkom-modation) hinzukommen. Die innere Ophthalmoplegiewird relativ häufig durch Kompressionen, vor allemAneurysmen im Bereich des Circulus wilisi, bedingt undeine weite Pupille bei III-Parese gilt deshalb als Alarm-zeichen für ein Aneurysma bzw. bei bewusstlosen Pati-enten als Hirndruckzeichen und erfordert schnellesHandeln.

Trochlearisparese (IV):Der N. trochlearis tritt als einziger Hirnnerv dorsal aus undkann dort durch Schädeltraumata leicht, evtl. bds., geschädigtwerden, Mikroangiopathien und angeborene sind ebenfallshäufig. Trochlearisparesen werden häufig übersehen, da siedurch eine entsprechende Kopfneigung (Kopf zur paretischenSeite geneigt, evtl. auch etwas gedreht) gut kompensiert wer-den und der Höherstand des betroffenen Auges erst bei Ad-duktion des paretischen Auges oder bei Kopfneigung auf diebetroffene Seite deutlich wird.

DD vertikale/schräge Diplopie: Myasthenie (s.u.), En-dokrine Orbitopathie (s.u.), Orbitafrakturen und andereOrbitaprozesse, zentrale Motilitätsstörungen

Therapie neurogener Paresen: Besonders vaskuläreund ideopathische Paresen, bei denen die Nerven-leitstrukturen nicht geschädigt sind, haben eine guteRückbildungstendenz. Bis zur operativen Korrektur derAugenmuskeln sollte deshalb mindestens ein Jahr ge-wartet werden. Durch eine Schieloperation lässt sichdie Augenstellung ändern und der Bereich beidäugigenEinfachsehens evtl. in das Gebrauchsblickfeld verla-gern, die Erfolgschancen sind abhängig vom Ausmaßund Art der Parese.

MyasthenieEs handelt sich um eine Störung der motorischen End-platte. Charakteristisches Zeichen ist die Ermüdbarkeitund Zunahme im Tagesverlauf, in 70% der Fälle findetsich die Erstmanifestation am Auge, oft als Ptosis undhäufig erst einseitig. Diagnose: Besserung auf Gabevon Cholinesterase-Hemmstoffen (Tensilon, Mestinon).

Endokrine Orbitopathie (M. Basedow)Mit Schilddrüsenerkrankungen (meist Hyperthyreose,Immunthyreopathie) assoziierte Augenmuskelschwel-lung und Zunahme des Orbitavolumens.

Zeichen:

- Schwellung und Rötung der Lider und Bindehaut,und , Oberlidretraktion, Störungen des Tränenfilms;

- Verdickung der äußeren Augenmuskeln(Exophthalmus, Sehnervenkompression) mit Ver-minderung der Dehnbarkeit und evtl. Augenbewe-gungsstörungen (häufig Hebungseinschränkung,ggf. Kopfzwangshaltung);

- Exophthalmus (dadurch evtl. Hornhautschäden)durch Muskel- und Fettgewebszunahme; die EO istnicht selten einseitig und aufgrund ihres relativ häu-figen Vorkommens die häufigste Ursache auch deseinseitigen Exophthalmus;

- Sehverschlechterung durch Störungen der Lider unddes Tränenfilms, Augenbewegungsstörungen undam gefährlichsten, Sehnervenkompression (Visus,Farbsehen, afferente Pupillenreaktion);

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Therapie: Schilddrüsenfunktionseinstellung, Kühlung,ggf. Cortison, Retrobulbärbestrahlung, Lid- Augenmus-kelchirurgie oder chirurgische Erweiterung der Orbita.Keine optimalen Möglichkeiten. Subklinische Orbitopa-thien sind jedoch häufig und erfordern keine Therapie.

OrbitafrakturEingeschränkte Muskeldehnbarkeit durch Einklemmungvon Muskeln oder Septen, Hämatom und andere Schä-digung nach Trauma auf den Orbitarand, ggf. He-bungseinschränkung und Doppelbilder bei Aufblick.Operation oft nur bei deutlichem Volumenverlust in dieKieferhöhle oder eindeutiger Einklemmung erforderlich,da sich die Augenbewegungsstörung oft spontan bes-sert.

Differentialdiagnose der Ptosis (Hängelid)Senile Ptosis (nicht selten, bds.), Dermatochalasis (re-lativ häufig, Hautüberschuss). Lidschwellungen (nichtselten), congenitale Ptosis (selten), Okulomotoriuspare-se (selten, dann auch Motilitätsstörung, Vorsicht beiweiter Pupille), Myasthenie (selten, Tagesschwankun-gen, Ermüdbarkeit), Hornersyndrom (selten, einseitig,geringe Ptosis, Miose vor allem bei schwacher Be-leuchtung).

Differentialdiagnose der PupillenstörungenDie Pupillenweite nimmt in der Jugendzeit zu und wirdmit zunehmendem Alter wieder geringer. Ein leichterUnterschied der Pupillenweite (Anisocorie) ist häufig (ca20%), deshalb ist eine Anisocorie mit intakter Pupillen-reaktion und ohne neurologische Symptome und Zei-chen nicht pathologisch.

Weite Pupille (Mydriasis): kann Hinweis auf eine Schä-digung des N. okulomotorius sein (Motilitätsstörung, ca-ve Aneurysma), häufiger ist die medikamentös indu-zierte weite Pupille (Atropin und verwandte Medika-mente, vor allem nach intraokularen Operationen, teil-weise unbemerkt nach Hantieren mit Atropin o.a. undentsprechenden Pflanzen (Trompetenblume)). Glauko-manfall (Rotes Auge, Schmerzen, Druck).

Enge Pupille (Miose): Häufigste Ursache ist das Alter(seitengleich), Miotika (Glaukomtherapie), Opiate (keineGewöhnung), Verwachsungen nach Iritis oder intrao-kularen Operationen, akute Iritis (Rotes Auge). Horner-syndrom (leichte Ptosis, Anisocorie wird im Dunkelndeutlicher).

Immer beachten: Rotes Auge, Schmerzen Sehver-schlechterung (Glaukomanfall, Iritis), Lidstellung (Ptosisbei Horner, Okulomotoriusparese), Augenstellung/-bewegung (Okulomotoriusparese).

Ergänzung

Laser in der AugenheilkundeDie Laser spielen in der Augenheilkunde eine ganzwichtige Rolle. Bezüglich der gesundheitspolitischenKosten der medizinischen Operationsverfahren in denUSA nehmen hinter der Kataraktoperation (1. Stelle) dieLinsenkapseleröffnung bei Nachstar mit dem Nd-Yag-Laser (2. Stelle) und die Laserkoagulation der Netzhaut(9. Stelle) vor allem bei diabetischer Retinopathie ganzentscheidende Resourcen in Anspruch. Zunehmend an

Bedeutung gewinnen mehr kosmetisch begründeteOperationsverfahren an der Hornhaut mit dem Exzimer-Laser. Weiterhin haben verschiedene Laseroperationenim Bereich der Glaukomchirurgie (Argon-Laser, Erbium-Laser, Nd-Yag-Laser, Diodenlaser u.a.) größere Be-deutung und sich verschiedentlich etabliert, allerdingsohne das Glaukomproblem befriedigend zu lösen.

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Tabelle zur Differenzierung der Sehverschlechterung

Differenzierung durch mögliche Ursache besondere differentialdiagnostische Charakteristika

Lochblende bessert Myopie scharfer Nahpunkt, Jugendalter= Refraktionsfehler Astigmatismus Refraktion, Brilleninspektion

Weitsichtigkeit Probleme vor allem in der Nähe, ggf Schielen

Schlagartig Zentralarterienverschluss afferenter Pupillendefekt, Ophthalmoskopie, BSG - Arteriitis= Arterienverschluss Apoplexia papillae wie Zentralarterienverschluss

DD Ablatio Schwappende Schatten, Blitzen, Ophthalmoskopie

Afferenter Apoplexia Papillae schlagartig, Opthalmoskopie,Pupillendefekt Arteriitis BSG, Schmerzen= Optikus/Netzhaut Neuritis n. optici Farbsehen, retrobulbärer Bewegungsschmerz

Optikuskompression Basedow. Tumor, Farbsehen

Verzerrtsehen diab. Makulaödem Diabetesanamnese, Ophthalmoskopie= Makulaprozess altersabh. Makula-Degen. bds, Ophthalmoskopie

venöser Verschluss Ophthalmoskopie, evtl. afferenter PupillendefektRetinitis centralis serosa jünger, vor allem Männer, Ophthalmoskopie

beidseitig altersabh. Makula-Degen. evtl. Verzerrtsehen, Ophthalmoskopie, evtl. plötzlichKatarakt allmählich, Grauschleier, Alter, Blendung, Rotreflexdiab. Makulaödem Diabetes, Verzerrtsehenwichtig: bei diesen Erkrankungen kein Pupillendefekt, keine Rötung, keine Schmerzen

Rotes Auge Glaukomanfall weite Pupille, hartes Auge, hohes Alter, Hyperopie= vorderes Auge Iritis Lichtscheu, Vorderkammerbefund, evtl Miose

Hornhautaffektion Inspektion, Anamnese (Kontaktlinse, Trauma, Herpes)wichtig: eine Sehverschlechterung bei unkomplizierten Lid- oder Bindehautaffektionentritt nicht auf oder ist minimal, Hornhaut und Pupille sind unauffällig;

Schmerzen Arteriitis temporalis BSG, Schmerzen, afferenter PupillendefektGlaukomanfall rotes Auge, weite Pupille, hohes Alter, HyperopieIritis Lichtscheu, ciliare Injektion, Vorderkammerbefund, MioseNeuritis n. optici Bewegungsschmerz, afferenter Pupillendefekt, FarbsehenVorderer Augenabschnitt Rötung, Inspektion, PupilleTrigeminusaffektion weitere U, u.a. Strabismus, Inspektion etc.

Schwappende Glaskörpertrübung Mouches volantes, keine weiteren Symptome - eher harmlosSchatten symptom. GK-Abhebung Blitzen, Fäden, Myopie – Ophthalmoskopie, DD beg. Ablatio

= Glaskörper Ablatio Wand/Vorhang, BlitzenGlaskörperblutung Diabetes, Ablatio, Ophthalmoskopie

Gesichtsfeldausfall ZNS vertikale Begrenzung, Hemianopsie, kein Pupillendefekt- Konfrontations-GF Röhrengesichtsfeld weit fortgeschrittenes Glaukom

Einseitig Gefäßverschluss, Ablatio, NeuritisDD durch Pupillenreaktion, Ophthalmoskopie u.a.

Z.n. Augenoperation? Nachstar vorausgegangene Katarakt-OP, Rotreflex, sonst unauffälligAblatio Schwappen, Vorhang, WandKatarakt

Nur binokular Parese HHR, Abdecktest, Motilitätsprüfung, ggf. Ptose, Mydriasis= Strabismus Basedow Exophthalmus, Rötung, Oberlidretraktion, Motilität

Orbitafraktur Traumaanamnese, Hebungseinschränkung

Monokulare Diplopie Astigmatismus Besserung durch Lockblende= Refraktionsfehler Katarakt Alter, seitengleich, Myopisierung

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Tabelle zur Differenzierung des Roten Auges

Am wichtigsten zur Differenzierung ist die Inspektion der Lider und vorderen Augenabschnitte im Zusammenhangmit einer gezielten Anamnese. Gravierende Ursachen lassen sich häufig ausschließen wenn keine Schmerzen undkeine Sehverschlechterung vorliegen und die Pupille und deren Reaktion unauffällig sind. Ein tränendes Auge oderSekret kann zu einer leichten Sehverschlechterung führen, diese bessert sich jedoch evtl. durch den Lidschlag,richtige Schmerzen weisen auf ernste Ursachen hin, wird auf Nachfrage mehr ein Reiben oder Brennen angege-ben ist das Problem eher harmlos. Eine Lidschwellung kann Ursache in Frage kommen oder aber auch Folge vorallem entzündlicher Prozesse des vorderen Auges sein.

Ursache differentialdiagnostische Charakteristika

Glaukomanfall Pupille weit und reaktionslos, Schmerzen, Sehverschlechterung, Übelkeit, harter Bulbus, ge-trübte Hornhaut, höheres Alter, Fernbrille vergrößernder Effekt

Iritis Lichtscheu, oft Schmerzen, Pupille eher enger, ggf. entrundet, ciliare Injektion, Sehverschlech-terung oft nicht ausgeprägt, ggf. Trübungen der Medien durch Zellen in der Vorderkammer,Anamnese evtl. hinweisend (Rezidiv, HLA B27)

Hornhautprozess Schmerzen, Hornhautoberfläche hauchig bis getrübt, evtl. Fremdkörper, Sehverschlechterungnur bei Beteiligung des Zentrums, Vorsicht bei Kontaktlinsenträgern,

Herpeskeratitis relativ geringe Beschwerden, Sensibilitätsminderung, Bäumchenfigur, evtl. alte Hornhautnar-ben, Anamnese, ggf. Lidbeteiligung

Lidprobleme Fehlstellung, Krusten oder Auflagerungen, Verdickung der Lidränder,

Trockenes Auge eher wenig Rötung, Reiben, älteres Problem, Besserung auf Tropfen

Hyposphagma nur umschriebene Unterblutung der Bindehaut, symptomlos, evtl. Trauma

Subtarsaler FK Lidschlagabhängiges Reiben, evtl. Expositionsanamnese, Ektropionieren

Verblitzung UV-Anamnese, beidseits, Gesichtsrötung, Latenzzeit

Allergie Jucken, bds., Anamnese, Bindehaut- und Lidschwellung evtl. sehr deutlich, fädiges Sekret

Keratokonjunkti- initial oft einseitig, Sandgefühl, Lymphknoten, ggf. Kontaktanamnese, Schwellung nasalervitis epidemica Lidwinkel

Katarakt ist eine schwere