ORIGINALE Durch die Moschee ins Morgenland€¦ · entdecken. Diese hatte der deutsch e Steinmetz...

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SCHWETZINGEN10 Donnerstag27. AUGUST 2015

ORIGINALE

Unser Englisch- und Franzö-sischlehrer Gerhard Friedrich

ist ein gut aussehender, stets gutgekleideter Mann, im Sommer inhellem Anzug, meist mit Tüchleinin der Brusttasche, oft mit Stroh-hut. Ein Herr, umhaucht von Eaude Cologne. Als junger Lehrer ister lange im Ausland, als Prinzen-erzieher in Kabul, an deutschenSchulen in Südafrika, in Spanien,während des Bürgerkriegs wird erüber Barcelona per Kriegsschiffevakuiert. Anschaulich, zuweilenschwärmerisch, berichtet er vondieser Zeit – er ist leicht zumErzählen zu bewegen.

Seine Plaudereien verknüpft erstets mit Nützlichem, mit demEinstreuen von Vokabeln. Als Bei-spiel ist mir to pin in Erinnerunggeblieben, medal-pinning, undpin up-girl, möglicherweise hat eruns weitere mit dem englischenVerb zusammenhängendeBegriffe genannt, aus dem späterdie deutsche Pinnwand wurde.

Friedrich bringt uns nahe, wieviel Fremdsprache in Besat-zungszeiten aufgeschnappt unddem eigenen Sprachgebrauchoftmals verballhornt hinzugefügtwird. Jahre später führt mir ineinem Rathaus in Frankreich eineAusstellung diese französisch-deutsche Wechselbeziehung vorAugen. In meinen Flegeljahrenschützt Friedrich mich vor jenenPaukern, für die ich ein Gräuelbin, und ohne ihn wäre mir ver-mutlich das Consilium Abeundierteilt worden. Er macht mich mitden Geschichten von Edgar AllenPoe bekannt und mit Churchillvertraut, dessen „Weltabenteuerim Dienst“ eines der erstenTaschenbücher ist, die ich mir inder Buchhandlung an der EckeMühlen-/Heidelberger Straßekaufe. Friedrich wirbt bei mir fürHawthorne und lässt mich zumHornblower-Fan werden, jenesdem Admiral Nelson nachemp-fundenen Seehelden: Der Lehrerleiht mir seine Forester-Ausga-ben, die ich verschlinge – ange-fangen vom „Fähnrich zur SeeHornblower“, die Karriereleiterhoch bis hin zu „Lord Hornblo-wer“. Von diesem Zauber bin ichnoch gefangen, als ich 2002 inLondon im „Independent“ lese,die Geldbörse, die Nelson 1805während der Seeschlacht vonTrafalgar bei sich getragen habe,sei in einem Nachlass gefundenworden und solle versteigert wer-den, blutverschmiert mit den21 alten Goldstücken darin.

Meine Bienen tun das nichtFriedrich, Jahrgang 1908, ist Hob-by-Imker, behauptet, seine Bie-nen seien ganz friedfertig, tätenniemanden etwas zuleide, derkeine bösen Absichten habe. Alser eines Tages böse malträtiert indie Schule gekommen ist, versi-chert er allen Ernstes, er sei vonfremden, aufgeregten Bienen ge-stochen worden, die ihn nicht ge-kannt hätten. Bei aller Großzügig-keit achtet er sehr genau darauf,nach Unterrichtsende mit demGlockenschlag die Schule zu ver-lassen, um wieder in sein Häus-chen und zu den Bienen am Gais-berg in Heidelberg zu gelangen:Im Geschwindschritt eilt er zumLehrerzimmer, ist umgehendwieder auf dem Flur, eilt mit we-hendem Mantel und flatterndemSchal, zwei Treppenstufen aufeinmal nehmend, aus dem Portalund stürmt zur Haltestelle derStraßenbahn in der Carl-Theo-dor-Straße. Mir und einigen an-deren hat er das Schülerdasein er-träglich gemacht. Ein Glücksfallin vielfacher Beziehung.

Autor Hans-Peter Sattlerkommt aus Schwetzingen, warlange Jahre Journalist und lebtheute in Wolfshagen im Harz. Erhat für Kinder, Enkel undFreunde kleine Geschichten überbekannte Personen im Schwet-zingen der 1940er und 1950erJahre aufgeschrieben, die wir inder Sommerserie veröffentlichen.

Prinzenerzieher

Hans-Peter Sattlerbeschreibt das alte

Schwetzingen (Teil 7)

Vernissage-Künstlermesse (4. Teil): Andrea F. Müller lädt Porträts von Adeligen aus der Renaissance mit neuer Spannung auf

Der verfremdete Blick aufs WesentlicheVon unserer AutorinStella Unger

Die Bilder von Andrea F. Müller spie-len stets zugleich auf verschiedenenEbenen: Zunächst nimmt der Be-trachter ein bekanntes Motiv wahr,wie in der Werkreihe „RenaissanceReloaded“, wofür die Künstlerin Sei-tenporträts von Adeligen aus der Re-naissancezeit verwendet hat. Dannwird er über raffinierte digitale Ver-arbeitungen des vorgegebenen Ma-terials, Überblendungen mit ande-ren Motiven in eine bizarre Kunst-welt entführt, die dem vermeintlichNarrativen den Boden entzieht undneue Interpretationen erlaubt.

So finden sich die porträtiertenRenaissance-Adeligen plötzlich in ei-nem Rosenteich oder einem Astge-wirr wieder, wodurch sich die erstarr-te Künstlichkeit der vergangenen Zeitaufhebt, zeitgemäß lebendig wird.Um das Verwirrspiel komplett zu ma-chen, projiziert Müller ihre Motive zuguter Letzt auf Leinwand, so dass derEindruck entsteht, hier handele essich um ein Ölgemälde.

Zur Künstlermesse im Schwetzin-ger Schloss bringt Andrea F. Müllerzudem ihre neueste Arbeit „FliegMaikäfer, flieg“ mit. Dieser liegt einFamilienbild zugrunde, wie es kurz

nach dem Zweiten Weltkrieg üblichwar. Die abgemergelten Gesichter,die abgetragenen, aber sauber her-gerichteten Kleider stehen im Kon-trast zum jüngsten, nach dem Krieggeborenen, Spross, der pausbäckig

unbelastet in die verheißungsvolleZukunft schaut. Diesen Effekt stei-gert die Künstlerin, indem sie die Äl-teren digital absoftet.

„Traumwerk“ nimmt das Holzge-bälk eines Landgutdachstuhls zumAusgangspunkt, in dem sich dank di-gitaler Bearbeitung ganze Dschun-gellandschaften zu verstecken schei-nen. „Waterproof“ bildet auf denersten Blick einen von Tannen um-grenzten Weiher ab. Aber weshalb

stehen die Tannen auf dem Kopf?Andrea F. Müller hat die Abbildungdes Weihers im Wasser selbst aufge-nommen und so eine ihrer geliebtenVerfremdungen geschaffen.

iDie Künstlermesse im Schlossfindet am Wochenende, 19./20. September, 10 bis 18 Uhr,statt. Der Eintritt zur Messe istfrei, es muss ein Schlossgarten-ticket für 5 Euro gelöst werden.

Das „Traumwerk“ von Andrea F. Müllerbringt den Dschungel in den Dachstuhl.

„Flieg Maikäfer, flieg“ nennt sich dieses Bild der Künstlerin. Nur das Mädchen istpositiv zu sehen, die anderen Familienmitglieder im Negativ. BILDER: VERNISSAGE

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Wir gratulieren! Heute feiert RosaSchultheiß, Goethestraße 54, ihren94. Geburtstag.Apothekendienst. Apotheke imreal, Brühl, Mannheimer Landstraße2, Telefon 06202/703434.Luxor Filmtheater. (06202/27 03 07) Dating Queen (20.30). Derkleine Rabe Socke II – Das großeRennen (14, 15.45). Magic Mike XXL(18.15). Minions (14, 16, 16.15). Mis-sion: Impossible – Rogue Nation(17.30, 20.15). Pixels (14).Liederkranz. Heute ab 20 Uhr Feri-enzusammenkunft im „Lügen-brückl“. Freunde und Interessiertesind willkommen.Schlossgarten. Orangerie, 11 bis 19Uhr, „augenweiTe Teil II“, Gemein-schaftsausstellung der Künstler-gruppe „wieArt Rhein-Neckar“, Ma-lerei, Fotografie, Skulptur, Objekt,Keramik, Modekunst.

KURZ NOTIERT

der kommenden Saison jedes Mit-glied eine Karte pro Fahrt bestellenkann. Sollte eine Fahrt nicht ausge-bucht sein, kann dieses Kontingentim Einzelfall erhöht werden. fcb

rufbar sind. Dieser Bereich wird pass-wortgeschützt. Außerdem wurde dieBeschaffung einheitlicher Textilienfür den Fanclub beschlossen. HansBayerlein wird Vorschläge für eineKollektion erbringen.

Karten werden kontigentiertFür die fünf Fahrten in der kommen-den Saison sei ein neues Busunter-nehmen gefunden worden. Diesesrufe allerdings einen um 5 Euro proMitfahrer höheren Preis pro Fahrtauf, berichtete der zweiten Vorsit-zende Thomas Büse.

Eine längere Diskussion entfachteschließlich das Thema Kartenkonti-gentierung bei den Fahrten, Schließ-lich einigte man sich darauf, dass in

allem die erfreuliche Mitteilung desVorstands, dass der Verein wieder imVorteilsprogramm des FC Bayernaufgenommen worden sei: „Wir ge-hören wieder zu den Glücklichenund werden Karten für fünf Heim-spiele erhalten“, verkündete Vorsit-zende Silke Heim, die eine positiveJahresbilanz zog.

Drei Anträge fanden die Zustim-mung der Mitglieder: Zum einen dieGründung eines Vergnügungsaus-schusses, der beim Grillfest gleich sei-ne Feuertaufe bestand. Ein weitererAntrag betraf die Aktivierung einesinternen Bereichs auf der Vereinsho-mepage (www.kurpfalz-schwetzin-gen.de), in dem Bilder und weiterepersönliche Daten der Mitglieder ab-

FC-Bayern-Fanclub: Stärke von 90 Mitgliedern erreicht / Wieder ins Heimspiel-Programm aufgenommen / Privater Homepage-Bereich

Fünfmal geht’s zum Rekordmeister in die Allianz-ArenaDer Fanclub Kurpfalz Schwetzingendes FC Bayern München ist optimis-tisch in die neue Fußball-Bundesli-ga-Saison gestartet. Dies liegt nichtnur an den beiden Auftaktsiegen desRekordmeisters und dem gelunge-nen Vereinsgrillfest am Wochenen-de, sondern auch daran, dass derVerein gut aufgestellt ist. Das warauch der Tenor bei der gut besuch-ten Jahreshauptversammlung.

Denn nicht nur die Tatsache, dassder Fanclub inzwischen auf rund 90Mitglieder angewachsen ist, stimm-te die Anwesenden zufrieden. Auchzwei weitere Punkte sorgten für zu-friedene Gesichter: Einerseits derpositive Kassenbericht von Schatz-meister Christian Breunig und vor

Der Vorstand

� Vorsitzende: Silke Heim, Kassie-rer: Christian Breunig, Schriftführer:Holger Herrmann, Kassenprüfer:Heinrich Back und Andreas Lin, Web-master: Rouven Ernst.

� Vergnügungsausschuss: HansBayerlein, Dieter Ernst, WolfgangGeiß, Daniel Kreichgauer, TobiasKreichgauer, Manfred Kropp undPeter Zemler. zg

ranz des aufgeklärten Bauherrn CarlTheodor. Verweise auf unterschied-liche Weltreligionen und Philoso-phien sollten zum Nachdenken an-regen.

In amüsanten Kurzführungen,die von 12 bis 18 Uhr stündlich ange-boten werden, stellt der einstigeHofhistoriograph Georg ChristianCrollius die Moschee am 29. Augustnäher vor.

Von Orient zu OkzidentDie Schwetzinger Moschee mit ih-rem Zentralbau, den beiden Mina-retten und Gebetsgängen wurdezwischen 1779 und 1795 von Nicolasde Pigage errichtet. Als Vorbild fürdiese außergewöhnliche Gartenar-chitektur dienten neben der Garten-moschee von William Chambers inKew Gardens in London vor allemEntwürfe von Johann Fischer von Er-lach.

Heute ist die Schwetzinger Gar-tenmoschee die letzte erhaltene ih-rer Art überhaupt. Der Innenraumder Gartenmoschee besteht aus ei-nem runden Zentralraum mit Säu-len und Nischen. Inschriften in ara-bischer und deutscher Sprache ver-weisen auf Tugenden wie Weisheit,Fleiß und Verschwiegenheit. Insämtlichen arabischen Texten sindFehler in der Punktierung der Kon-sonanten und der Vokalisierung zuentdecken. Diese hatte der deutscheSteinmetz zu verantworten, der dieInschriften 1794 übertrug. zg

iWeitere Informationen zuSchlossgarten-Führungen sowieAnmeldungen unter der Telefon-nummer 06221/658880.

Exotische und insbesondere für dieWelt des Orients. Die Moschee wur-de jedoch nicht als Sakralraum er-richtet; vielmehr ist sie eher ein Sym-bol für Neugier und geistige Tole-

haus, der Kurfürst von der Pfalz be-saß eine Gartenmoschee. KurfürstCarl Theodor folgte mit ihrem Baunicht nur einem Modetrend seinerZeit: Man interessierte sich für alles

Schlossgarten: „Hereinspaziert“-Programm mit Lesung zu Märchen aus 1001 Nacht / Amüsante Kurzführungen im Stundentakt mit dem „einstigen Hofhistoriographen“

Durch die Moschee ins MorgenlandIn diesem Sommer öffnen die Staat-lichen Schlösser und Gärten die Torezu besonderen Orten im Schlossgar-ten: Bei der Veranstaltungsreihe„Hereinspaziert“ entdecken die Gäs-te historische Parkgebäude, die teil-weise ansonsten nicht zugänglichsind. Am morgigen Freitag, 28., undSamstag, 29. August, steht die be-rühmte Moschee im Fokus, heißt esin einer Pressemitteilung. Dort kön-nen die Gäste in einer Lesung denMärchen aus 1001 Nacht lauschenund die Gartenmoschee in Führun-gen näher kennenlernen.

Bei der Veranstaltungsreihe „He-reinspaziert“ können die Besucherjeden Monat ein anderes Gartenmo-nument kennenlernen und in Füh-rungen mehr über dessen Geschich-te erfahren. Das Besondere: „Man-che der historischen Parkgebäude,die man dabei betreten kann, sindsonst nicht zugänglich“, sagt SandraMoritz, Leiterin der hiesigenSchlossverwaltung.

Schauplatz des Programms amkommenden Wochenende ist dieGartenmoschee, die zu den faszinie-rendsten Bauten im Garten der kur-fürstlichen Sommerresidenz zählt.Hier können die „Hereinspaziert“-Gäste am morgigen Freitag, 28. Au-gust, um 20 Uhr bei einer Kurzfüh-rung den Märchen von Aladin undScheherazade lauschen und sich indie exotische Welt des Morgenlan-des entführen lassen.

Wahrer KennerMehrere Führungen werden amSamstag, 29. August, mit einer histo-rischen Persönlichkeit auf dem Pro-gramm: Georg Christian Crollius

„Hofhistoriograph und Mitglied derhistorischen Akademie“ erläutert imbarocken Kostüm Geschichte undBedeutung der Moschee. AndereFürsten hatten ein chinesisches Tee-

Der Innenraum der Gartenmoschee besteht aus einem runden Zentralraum mit Säulen und Nischen. BILD: SCHLOSS