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Leitthema

RadiologeDOI 10.1007/s00117-016-0185-8© Springer Medizin Verlag Berlin 2016

L. GrenacherDiagnostik München, München, Deutschland

PankreatikohepatobiliäreErkrankungen beiIgG4-assoziiertenAutoimmunerkrankungen

Hintergrund

Bei IgG4-assoziierten Autoimmuner-krankungen handelt es sich um systemi-sche Multiorganerkrankungen, die jedesOrgansystembetreffen können, darunterauch die Verdauungsorgane des Abdo-minaltrakts wie Pankreas, Leber undGallenwege [1].

Bislang wurden für die Diagnostikeiner IgG4-assoziierten Autoimmuner-krankung organspezifischeDiagnosesys-teme entwickelt, die aber sämtlich ähn-liche Parameter verwenden [2, 3]. Da-bei wird als eines der 3 Hauptkriterienneben der IgG4-Erhöhung und der typi-schen Histologie eine „charakteristischeOrganschwellung“ z. B. in der entspre-chenden Schnittbildgebung vorgeschla-gen [4].

Ob die „charakteristische“ bildgeben-deDarstellungderOrganschwellungbzw.

Abb. 18 a Computertomographie einer Autoimmunpankreatitis (AIP)mit generalisierter Organschwellung (Pfeile). (Aus[12],mit freundl. Genehmigung von Elsevier).bMagnetresonanztomographie, T2-Wichtung einer AIPmit fokaler, hyperin-tenser Schwellung des Pankreasschwanzes (Pfeile)

einer Raumforderung wirklich der ein-zige, doch eher unspezifische Beitrag derRadiologie zurDiagnostikbei IgG4-asso-ziierten Autoimmunerkrankungen spe-ziell im Bereich des hepatobiliären Sys-tems ist, wird im folgenden Artikel syste-matisch für das Pankreas, dieGallenwegeund die Leber beleuchtet.

Autoimmunpankreatitis

Die autoimmune Pankreatitis (AIP) istinsgesamt selten. Allerdings nimmt dieAnzahl der veröffentlichten Fälle inder medizinischen Literatur der letz-ten 10 Jahre deutlich zu, wobei diemeisten publizierten Fälle aus Japanbzw. dem asiatischen Raum stammen.Wie allgemein bei IgG4-assoziiertenErkrankungen tritt auch die Autoim-munpankreatitis häufiger bei Männernals bei Frauen auf (Faktor 3,5). Laut einer

Studie aus Japan wurde eine geschätz-te Gesamtprävalenz von 0,82/100.000Einwohner angeben [5]. Angaben überdie Häufigkeit in der westlichen Weltsind rar, eine Studie aus den USA be-richtet über eine Häufigkeit von 11%histologisch gesicherten AIP-Fällen beiinsgesamt 254 Patienten mit chronischerPankreatitis [6]. Letztlich nimmt mitder zunehmenden Wahrnehmung derAutoimmunerkrankungen auch derenDiagnosehäufigkeit zu [7].

Die Autoimmunpankreatitis ist eineseltene Ursache der chronischen Pan-kreatitis und erst seit 1995 als eigeneEntität definiert [8].

Grundsätzlich werden 2 Formen derAutoimmunpankreatitis unterschieden:4 Typ 1 lymphoplasmatische sklerosie-

rende Pankreatitis (LPSP) und4 Typ 2 idiopathische duktzentrische

Pankreatitis (IDCP),

Der Radiologe

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Abb. 28 Computertomographiemit diffuser Organschwellung, sog. „sau-sage sign“ („Wurstzeichen“,Pfeile). (Aus [12],mit freundl. GenehmigungvonElsevier)

Abb. 38 KontrastverstärkteMagnetresonanztomographie, T1-Wichtung,mit insgesamt 3 fokalen kontrastmittelaffinenAutoimmunpankreati-tis(AIP)-Herden (Pfeile). (Aus [12],mit freundl. Genehmigung von Elsevier)

Abb. 48 aComputertomographieeinerAutoimmunpankreatitis (AIP)mithypodensemFlüssigkeitsrandsaum,demsog„rimsign“ (Pfeil).bMagnetresonanztomographie, T1-Wichtung einer AIPmit hypointensemFlüssigkeitsrandsaum, dem sog „rimsign“ (Pfeile). (Beide Abb. aus [12],mit freundl. Genehmigung von Elsevier)

Abb. 58 aMagnetresonanztomographie, T1-Wichtungeiner hypointensen Schwanz-AIP (Ellipse).bMagnetresonanztomo-graphie, T2-Wichtung einer hyperintensen Schwanz-AIP (Ellipse).AIPAutoimmunpankreatitis

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Zusammenfassung · Abstract

Radiologe DOI 10.1007/s00117-016-0185-8© Springer Medizin Verlag Berlin 2016

L. Grenacher

Pankreatikohepatobiliäre Erkrankungen bei IgG4-assoziierten Autoimmunerkrankungen

ZusammenfassungHintergrund. IgG4-assoziierte Autoimmun-erkrankungen sind seltene systemischeMultiorganerkrankungen und könnenjedes Organsystem betreffen. Ihre Diagno-sehäufigkeit nimmt mit zunehmendemBekanntheitsgrad deutlich zu.Fragestellung. Im Abdomen bietet daspankreatikohepatobiliäre System einwesentlichesOrgansystem für die AusprägungIgG4-assoziierter Autoimmunerkrankungen.Im Vordergrund steht die Autoimmun-pankreatitis Typ 1, weniger bekannt sinddie IgG4-assoziierte Cholangitis und dieIgG4-assoziierte Hepatopathie, die auch inKombination auftreten können.Material undMethode. Für die Diagnostik derpankreatikohepatobiliären IgG4-assoziiertenAutoimmunerkrankungen existieren verschie-

dene, überwiegend asiatische, histologischzentrierte Diagnosesystemewie HISORt oderICDC (International Consensus DiagnosticCriteria), in welchen die Bildgebung jedocheinen wichtigen Stellenwert einnimmt.Ergebnisse. Neben der generalisiertenOrgan-schwellung sind weitere morphologische,aber auch funktionelle bildgebende Kriterienbesonders für die Autoimmunpankreatitiszunehmend bekannt geworden wie das„late enhancement“ oder das bildgebendeAnsprechen auf eine Steroidtherapie. Auchdie Magnetresonanzcholangiopankreati-kographie (MRCP) und die endoskopischeretrograde Cholangiopankreatikogra-phie (ERP) können bei IgG4-assoziiertenAutoimmunerkrankungen im pankreatikohe-

patobiliären Systemwertvolle Hinweise aufderen Vorliegen liefern.Schlussfolgerungen. IgG4-assozierteAutoimmunerkrankungen des pankreatiko-hepatobiliären Systems sind eine selteneErkrankungsgruppe, deren radiologischesErscheinungsbild zu kennen auch zu einer zu-nehmenden Diagnosehäufigkeit führt. Davonabzugrenzen sind die nicht nekrotisierendePankreatitis und das Pankreaskarzinom, wasoft schwierig ist, für den Patienten aber einewesentliche therapeutische Konsequenz nachsich zieht.

SchlüsselwörterPankreatitis · Hepatopathie · Cholangitis ·LPSP (lymphoplasmatische sklerosierendePankreatitis) · AIP (Autoimmunpankreatitis)

Hepatopancreaticobiliary diseases in IgG4-associated autoimmune diseases

AbstractBackground. IgG4-related diseases are raresystemicmultiorgan diseases and can thusaffect any organ system. The incidence ofdiagnosis has significantly increased due toincreasing awareness.Objective. In the abdomen the hepatopan-creaticobiliary system provides an essentialorgan system for the expression of IgG4-associated autoimmune diseases. The focushere is autoimmune pancreatitis type 1 butIgG4-associated sclerosing cholangitis andIgG4-associated hepatopathy, which can alsooccur in combination are less well-known.Methods. Various mostly Asiatic, histolo-gically-based diagnostic systems, such asHISORt or international consensus diagnosticcriteria (ICDC) are available for the diagnostics

of hepatopancreaticobiliary IgG4-relatedautoimmune diseases, in which imagingtechniques playing an increasingly importantrole.Results. In addition to generalized organswelling further morphological and alsofunctional imaging criteria have becomeincreasingly well-known for autoimmunepancreatitis, such as late enhancement or theimaging response to steroid therapy.Magneticresonance cholangiopancreatography (MRCP)and endoscopic retrograde cholangiopan-creatography (ERP) can provide valuableinformation for the diagnostics of IgG4-relateddiseases in the hepatopancreaticobiliarysystem.

Conclusion. IgG4-related autoimmunediseases of the hepatopancreaticobiliarysystem are a rare group of diseases in whichincreasing knowledge of the radiologicalappearance also leads to an increasinglyfrequency of diagnosis. IgG4-related diseasesmust be distinguished from non-necrotizingpancreatitis and pancreatic cancer, which isoften difficult but has significant therapeuticconsequences for the patients.

KeywordsPancreatitis · Hepatopathy · Cholangitis ·Lymphoplasmacytic sclerosing pancreatitis ·Autoimmune pancreatitis

wobei nur beim Typ 1 auch eine Erhö-hung der Serum-IgG4-Spiegel nachweis-bar ist und damit nur er zu den IgG4-assoziierten Erkrankungen gezählt wird[9].

Es handelt sich um einen Prozess mitImmunglobulinerhöhung im Serum, dersystemisch zu entzündlicher Fibrosie-rung in mehreren Organen führt, u. a.im Pankreas, klinisch zeigt sich dieAIP unspezifisch, die Patienten habenOberbauchschmerzen, Gewichtsverlustund Ikterus [10–12]. Die AIP spricht

therapeutisch sehr gut auf eine Steroid-behandlung an, was charakteristisch fürdiese Erkrankung ist [11]. Histologischwurden 4 Hauptkriterien festgelegt [11,12]:4 interstitielle (storiforme) Fibrose,4 lymphoplasmazelluläre Infiltrati-

on (bestehend aus IgG4-positivenPlasmazellen), die hauptsächlichperiduktal zu finden ist,

4 gefäßassoziierte Entzündung als sog.Periphlebitis.

Die Diagnose der AIP setzt sich gemäßden Leitlinien der International Associa-tionof Pancreatology aus derKombinati-onmehrererKriterien zusammen (Inter-national Consensus Diagnostic Criteria[ICDC]), die weltweit Anwendung fin-den, um die AIP von der wichtigstenDifferenzialdiagnose, dem Pankreaskar-zinom, abgrenzen zu können [3]. Ne-ben dem Kriterium der oben genann-ten typischen Histologie spielt dabei dieBildgebung als Kriterium im morpho-logischen Erscheinungsbild als auch als

Der Radiologe

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Tab. 1 Diagnostische Kriterien für die Diagnose einer IgG4-assoziierten Cholangitis (IAC)

1. Diffuse oder segmentale Engstellung des intra- und/oder extrahepatischenGallengangs mit Wandverdickung

2. Erhöhte IgG4-Serumspiegel

3. Koexistenz einer AIP, Sialadenitis, IgG4-assoziierten retroperitonealen Fibrose

4. Histologiea lymphozytische und plasmazelluläre Infiltrate oder Fibroseb Infiltrate von IgG4-positiven Plasmazellen (>10/Gesichtsfeld)c storiforme Fibrose (bastmattenartig)d obliterative Phlebitis

Entscheidungshilfe eines weiteren Krite-riums, dem Ansprechen auf eine Stero-idtherapie, eine doppelt wichtige Rolle[9].

Bildgebung

In der bildgebenden Diagnostik wird alseinziges Charakteristikum die Organ-schwellung genannt [1], die mit ver-schiedenen Verfahren wie CT oderMRT gleichermaßen als generalisier-te (. Abb. 1a) oder fokale Schwellung(. Abb. 1b) abgebildet werden kann [13].

Bislang gilt die globale Pankreas-vergrößerung als Hauptmerkmal undwird in der Literatur dann deskriptivals „sausage-shaped enlargement“ [14]mit Häufigkeiten zwischen 50 und 100%beschrieben.

Diese „Wurstform“ (. Abb. 2) ist mitallen bildgebenden Methoden gleicher-maßen gut zu detektieren und gleicher-maßen unspezifisch.

Bei etwa 40% der Patienten ist dasPankreas diffus, wurstförmig vergrößertmit verringerter Echogenität und zartemPankreasgang. Bei 60% zeigt sich hinge-gen sogar ein fokalerHerdbefund, der oftschwierig von einem Pankreaskarzinomabzugrenzen ist (. Abb. 3; [3, 15]).

Die endoskopische retrograde Cho-langiopankreatikographie (ERCP) sowiedie Sonographie bringen die segmentaleoder diffuse Verengung des Ductus pan-creaticus zur Darstellung, prästenotischeDilatationen fehlen aber häufig. Oft fin-den sich aber eben auch unspezifischeZeichen wie ein ödematöses Pankreas[16].

In der ERCP wurden von Sugumaret al. [17] Kriterien entwickelt, die dieDiagnose einer AIP ermöglichen:4 Striktur desDuctus pancreaticus über

mehr als ein Drittel der Gesamtlänge.

4 multiple Strikturen,4 rechtwinklig abgehende kontrastmit-

telgefüllte Nebengänge,4 keine Gangdilatation >5 mm proxi-

mal der Striktur (keine prästenotischeDilatation).

CT und MRTMorphologischeStandards.Hilfreich istinderSchnittbildgebungnebendemklas-sischen„sausage sign“ das sog. „rimsign“,ein sowohl in der MRT als auch in derCTdunklerRandsaum (. Abb. 4a, b), derbei Rehnitz et al. [12] bei 25% aller AIP-Patienten vorhanden war und am bestenin der T2w-Sequenz erkenntlich ist. Das„rim sign“ repräsentiert wahrscheinlicheine Fibrosierung [18] und wird in un-terschiedlichen Häufigkeit zwischen 30und 83% [18–20] angegeben. Zur sub-tilen Beurteilung der AIP-Morphologiein der MRT sind bisher nur Einzelfall-studien veröffentlicht.

Nativ-CT/MRT/MRCP. In der MRT lässtsich bei der AIP in den Nativsequenzenin ungefähr der Hälfte der Fälle ein Are-al abgrenzen, das in der T1-Wichtunghypointens und in der T2-Wichtung hy-perintens ist (. Abb. 5a, b; [12]).Dienati-ve Computertomographie zeigt darüberhinaus das Pankreatitisareal in 90% derFälle nicht und trägt somit kaumzurDia-gnosefindung bei. Die typischen Gang-veränderungen in der ERCP lassen sichebenfallsgut inderMagnetresonanzchol-angiopankreatikographie (MRCP) dar-stellen. In einer Studie von Negrelli et al.[21] konnten bei Vorliegen einer AIP in46% eine singuläre Gangstenose, in 54%multiple Gangstenosen (. Abb. 6) jeweilsohne gleichzeitige prästenotische Dilata-tion (DP < 3,8 mm) diagnostiziert wer-den. Dies entspricht dem Erscheinungs-bild in der ERCP.

Kontrastmitteldynamik. In der arteriel-len Phase der Kontrastmittel(KM)-Dy-namik inderMRTzeigte sich bei Rehnitzet al. [12] eine Hypointensität sowie beica. 65% in der venösen und bei 74% inder spätvenösen Phase ein hyperinten-ses Signal, das sog. „late enhancement“,wobei gerade dieses hyperintense Signalin der venösen und spätvenösen Phaseauf eine AIP hinweist [22]. In der CTist ein solches hyperdenses Verhalten inder venösen Phase nicht abgrenzbar, da-her ist hier die MRT der CT überlegen[12]. Yang et al. [19] legten ähnliche Si-gnalcharakteristikanaheundberichtetenüber ein erniedrigtes Signal in der T1w-in 82% (9/11) und ein hyperintenses Si-gnal in der T2w-Bildgebung in 87% derFälle (13/15), allerdings verglichen mitdem Leberparenchym. Irie et al. [20] be-richteten von einer späten KM-Aufnah-me bei 3 von 4 Patienten, allerdings imVergleich zur arteriellen Phase. Grazia-ni et al. [22] beschreiben gleichfalls das„late enhancement“ sowohl in der Mul-tidetektor-CT als auch in der MRT, wasals Argument für ein 4-Phasen-Protokollzur Sicherung der Diagnose AIP ange-führt wird (. Abb. 7).

Funktionelle BildgebungDie Kenntnisse bzgl. Wertigkeit derfunktionellen Bildgebung bei der Au-toimmunpankreatitis sind aktuell sehrbegrenzt. Einige Arbeitsgruppen ha-ben sich mit dem Ansprechen auf eineSteroidtherapie beschäftigt.

So konnten Klauß et al. [23] zei-gen, dass die Intravoxel-incoherent-motion(IVIM)-diffusion-weighted-ima-ging(DWI)-MRT als potenzieller Bio-marker des Ansprechens auf eine Ste-roidtherapie bei der AIP geeignet ist(. Abb. 8a, b). Dies wurde von Ka-misawa et al. [24] bestätigt, die einVerschwinden bzw. eine deutliche Ab-nahme der Diffusionsrestriktion derApparent-diffusion-coefficient(ADC)-Werte beim Therapieansprechen auf dieSteroidtherapie finden konnten. Diesspielt insofern eine wichtige Rolle, alsgemäß der ICDC (Konsensuskriterien)das Ansprechen auf eine Steroidtherapieradiologisch diagnostiziert werden kann(. Abb. 9a, b; [3]).

Der Radiologe

Abb. 68 Computertomographie einer Autoimmunpankreatitismitmulti-plenGangstenosen. (Aus [12],mit freundl. Genehmigung von Elsevier)

Abb. 78 KontrastverstärkteMagnetresonanztomographie, T1-Wichtung,mit typischer Kontrastmittelspätanreicherung, dem sog „late enhance-ment“ (Pfeil)

Abb. 88 aDiffusions-MRT (b = 200) einer Autoimmunpankreatitis (AIP) vor Therapiemit Restriktion imPankreaskopf.bDif-fusions-MRT(b=200)einerAIPnach28-tägigerSteroidtherapie.Die Intravoxel-incoherent-motion(IVIM)-f-Wertestiegenvon9,3 auf 19,7% (Abnahme der Restriktion). (Beide Abb. aus [23],mit freundl. Genehmigung)

Abb. 98 aMagnetresonanztomographie, T1-Wichtung einer Autoimmunpankreatitis (AIP) des Pankreasschwanzes vorTherapie (Ellipse).bMagnetresonanztomographie, T1-Wichtung einer AIP des Pankreasschwanzes nach 14-tägiger Steroid-therapiemit signifikanter Dickenabnahme (Ellipse)

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Abb. 108 Endoskopische retrograde Cho-langiopankreatikographie (ERCP) einer typi-schen intrahepatischen Stenose (Pfeil) einerIgG4-assoziierten Cholangitis ohne prästeno-tische Dilatation (IgG4-SC-Typ 4: hiläre Stenose)

Differenzialdiagnose

Die wichtigste Differenzialdiagnose derAIP ist, wie auch bei der chronischenPankreatitis anderer Ätiologie, das Pan-kreaskarzinom [9, 25].

Zu unterscheiden ist dabei die Diffe-renzialdiagnose der diffusenAIP (DAIP)von einer nicht nekrotisierenden Pan-kreatitis oder von einem Lymphom-befall bzw. bei der fokalen Form derAIP (FAIP) die Differenzierung vomduktalen Pankreaskarzinom. Die kli-nische Unterscheidung kann im Ein-zelfall sehr schwierig sein, sodass derSchnittbildgebung hier eine bedeutendeRolle zukommt [22]. Die peripankreati-sche Gewebeimbibierung und die retro-pankreatische Flüssigkeitsansammlungsprechen für eine nicht nekrotisierendePankreatitis, das „late enhancement“und das Fehlen dieser anderen beidenZeichen für eine DAIP [25].

Nicht selten zeigt sich bei Patienten,die wegen des Verdachts auf ein Pankre-askarzinom operiert werden, eine AIP[11]. Da bei der AIP die Steroidtherapiesehr wirksam ist, ist es Ziel der Bildge-

Abb. 119 Mag-netresonanzcholan-giopankreatikogra-phie (MRCP) einerIgG4-assoziiertenCholangitismit ty-pischen intrahepati-schen Stenosierun-gen ohne präste-notische Dilatation.Kein PerlschnurbildwiebeiderprimärensklerosierendenCholangitis (PSC)

bung,dieAIPmöglichst sichervoneinemmalignenProzesszudifferenzieren.Hier-bei kann auch die Diffusionsbildgebungeinen wertvollen Beitrag leisten [24].

Die Schnittbildgebung hilft somit we-sentlich bei der Differenzierung gegen-über dem Pankreaskarzinom, aber auchbei der Beurteilung eines Ansprechensauf eine Steroidtherapie [23, 24, 26].

IgG4-assoziierte Cholangitis(IAC)

Bei der IgG4-assoziierten Cholangitis(IAC, engl. IgG4 SC) handelt es sich umeine biliäre Manifestation einer IgG4-assoziierten Erkrankung, die durch er-höhte IgG4-Serumspiegel und IgG4-positive Plasmazellinfiltrationen mit Fi-brose und/oder obliterierender Phlebitisin die Gallengangswand einhergehensowie ein gutes Ansprechen auf eineSteroidtherapie zeigen. Differenzialdia-gnostisch müssen alle primären und se-kundären Formen einer sklerosierendenCholangitis (PSC) sowie pankreatischeTumoren in Betracht gezogen werden[1, 27], die jedoch nicht mit der IgG4-assoziierten Cholangitis, die als eigen-ständiges Krankheitsbild zu sehen ist,verwechselt werden dürfen. In über 70%der Fälle besteht eine Assoziation derIAC mit der AIP [28], die Geschlechter-

verteilung liegt stärker auf der Seite derMänner (Faktor 8).

Die Diagnose wird neben den erhöh-ten Serumwerten durch die Histologieund die charakteristische Morphologiegestellt, die gleichermaßen in der MRCP,ERCP und der Endosonographie beur-teilt werden kann (. Abb. 10, 11).

Bildgebung undDifferenzialdiagnose

Die japanische Studiengruppe für dieIgG4-assoziierte sklerosierende Cholan-gitis hat diagnostische Kriterien für diedefinitive Diagnose einer IAC festgelegt(. Tab. 1; [29]):4 gleichzeitiges Auftreten von Kriteri-

um 1 und 3,4 gleichzeitiges Auftreten von Kriteri-

um 1, 2 und 4a,b,4 gleichzeitiges Auftreten von Kriteri-

um 4a,b,c oder 4 a,b,d.

Bildgebend finden sich typischerweiseeine zirkuläre Wandverdickung der Gal-lengänge [30] sowie eine nach 4 Typenklassifizierbare charakteristische Verän-derung der Gallenwege (. Abb. 12):4 Typ 1 zeigt eine Stenose im distalen

Anteil des Ductus hepatocholedo-chus (DHC) und sollte differenzial-diagnostisch von einer chronischenPankreatitis, einem Pankreas- oder

Der Radiologe

Abb. 129 Vier Typen derIgG4-assoziierten Cholan-gitis (IAC). (Aus [30],mitfreundl. Genehmigung vonElsevier)

Abb. 138 aMagnetresonanztomographie,T2-Wichtungeiner IgG4-assoziiertenCholangitis(IAC)derGallengänge imlinkenLeberlappen vor Therapie.bMagnetresonanztomographie, T2-Wichtung, nach 4-wöchiger Steroidtherapiemit deutlicherrückläufigenGallenwegen im linken Leberlappen

Abb. 149 Com-putertomographiezweier hepatischerIgG4-assoziierterPseudotumorenin Segment 6 (klei-ne weiße Pfeile) beigleichzeitiger Au-toimmunpankrea-titis des Pankreas-schwanzes (dickerweißer Pfeil). (Aus[34])

Cholangiokarzinom unterschiedenwerden.

4 Typ 2 zeigt eine diffuse Verteilungin intra- und extrahepatische Gal-lenwege und sollte von der PSCunterschieden werden. Die Unter-scheidung zwischen 2a und 2b besteht

im gleichzeitigen Auftreten mit (2a)oder ohne (2b) prästenotischer Dila-tation.

4 Typ 3 führt zu Engstellungen beiderdes Ductus hepaticus dexter undsinister und dem distalen DHC.

4 Typ 4 betrifft nur die hilusnahenGallengangsanteile. Beide Typensollten differenzialdiagnostisch vomCholangiokarzinom unterschiedenwerden (. Abb. 10; [28, 30]).

Auch das Ansprechen auf eine Steroid-therapie bei IgG4-assoziierter Cholangi-tis istmithilfe derMRCPgut darzustellen(. Abb. 13a, b).

IgG4-assoziierte Hepatopathie

Manchmal wird die Affektion der Gal-lenwege, die oben beschriebene IAC, derLeber zugeordnet, ist aber eine eigen-ständige Entität und wurde ausführlichim Abschn. „IgG4-assoziierte Cholangi-tis“ diskutiert.

Zwei Formen hepatischer Paren-chymbeteiligung bei IgG4-assoziiertenErkrankungen werden in der Literaturgrundsätzlich unterschieden:

Der Radiologe

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4 die IgG4-assoziierte Autoimmunhe-patitis als Unterform der Autoim-munhepatitis und

4 die IgG4 assoziierte Autoimmunhe-patopathie.

Erstere ist eine absolute Rarität mit le-diglich Einzelfallbeschreibungen [31].Dennoch treten beide hepatischen For-men häufig in Kombination mit wei-teren IgG4-assoziierten Erkrankungenauf, hier ist insbesondere die AIP zunennen [31].

Die IgG4-assoziierte Hepatopathie istgekennzeichnetdurcheinediffuseLeber-schwellung und/oder Fibrose und wirdin 5 verschiedene Muster unterteilt [31]:4 portale Entzündung,4 ausgedehnter Gallengangsschaden,4 portale Sklerose,4 lobuläre Hepatitis,4 Cholestase.

Die IgG4-assoziierte Hepatopathie ma-nifestiert sich manchmal als hepatischeLäsion, dem sog. inflammatorischen he-patischenPseudotumor(IPT[32]).Dabeiimponieren diese Pseudotumoren mor-phologisch oft wie Metastasen mit ei-nem „target sign“ und „rim enhance-ment“ oder haben eine potenziell mali-gne imponierende Morphologie und be-stehen histologisch aus lymphoplasma-tischen IgG4-positiven Zellen (Abb 14;[33]). Insgesamt ist das Erscheinungsbildso wenig spezifisch, dass erst die histo-logische Überprüfung die Diagnose si-chern kann.

Fazit für die Praxis

4 IgG4-assoziierte Erkrankungen despankreatikohepatobiliären Systemssind seltene Erkrankungen, zu denendie Autoimmunpankreatitis Typ 1,die IgG4-assoziierte Cholangitis unddie Hepatopathie zählen, die auch inKombination auftreten können.

4 Neben dem „sausage sign“ und dem„rim sign“ sollte man das spätvenöseEnhancement, sog. „late enhance-ment“ und das morphologische oderfunktionell bildgebende typischeAnsprechen auf eine Steroidtherapiebei der AIP erkennen.

4 Typische Gallenwegsveränderungenbei der IgG4-Cholangitis und desDuctus pancreaticus bei der AIP sindmit der MRCP gut zu diagnostizieren.

4 Die Abgrenzung von einer nichtnekrotisierenden Pankreatitis unddem Pankreaskarzinom ist schwierig,für den Patienten aber absoluttherapierelevant.

4 Der intrahepatische Pseudotumorimponiert oft wie einmaligner Tumorund ist nur durch die Histologie zusichern.

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. L. GrenacherDiagnostik MünchenAugustenstraße 115,80798München, Deutschlandl.grenacher@diagnostik-muenchen.de

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt. L. Grenacher gibt an, dass keinInteressenkonflikt besteht.

Dieser Beitragbeinhaltet keine vomAutor durchge-führten Studien anMenschenoder Tieren.

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Der Radiologe

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