Post on 18-Oct-2020
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Praxis bei ELVIS -Wie wir den Umgang mit Fahrern
verändern, um 17.000 Lkw in Bewegung zu halten
Quelle: ©monicello/Shutterstock
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Inhalt
1. Ausgangssituation und Initiative „ELVIS Projekt Fahrpersonal“
2. Bindung von Fahrpersonal
3. Bereitschaft und Fähigkeit
4. Gesellschaftliche und politische Einflussnahme
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Ausgangssituation
und Initiative ELVIS
Quelle: ©Tigger11th/Shutterstock
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Fahrermangel in aller Munde
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Ausgangssituation
Das Problem des Fahrermangels nimmt seit Jahren zu und hat inzwischen einen neuen
Höhepunkt erreicht. Im Laufe des Jahres 2017 gab es kaum ein ELVIS Mitglied, bei dem
nicht zumindest zeitweise LKW stehen bleiben mussten, da kein Fahrpersonal verfügbar
war.
Im Mittel fehlen den ELVIS Mitgliedern zeitweise zwischen 5-10% des Fahrpersonals –
Austausch und Fuhrparkaufbau.
Die Zahlen sind erschreckend:
- 45.000 LKW Fahrer werden derzeit in Deutschland gesucht
- Durchschnittsalter liegt bei rund 45 Jahren
- In den kommenden Jahren werden also große Teile der heutigen Fahrer in Rente gehen
- Die Zahl der Auszubildenden kann die Lücke nicht schließen
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Ausgangssituation
Das Nachwuchsproblem zeigt sich in
der Altersstruktur und insbesondere
auch in deren Entwicklung.
Der Anteil der über 55-jährigen Fahrer
ist in nur vier Jahren von 2012 bis 2016
von 0% auf 2,3 % deutlich angestiegen,
während der Anteil der unter 25-
jährigen von 2,8% auf 2,5% gesunken
ist.
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Ausgangssituation
Auch die Anzahl der
Ausbildungsverträge für
Berufskraftfahrer sinkt seit 2013
kontinuierlich.
Die Lücke wird somit immer
größer und es beginnt der
Kampf um die verbleibenden
Fahrer.
Fahrpersonal ist ein knappes
Gut!
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Gemeinsam nachhaltige Lösungen entwickeln
Die Herausforderungen und Anliegen der Mitglieder aufzunehmen und gemeinsame
Lösungen zu schaffen, ist eine der ureigenen Aufgaben der ELVIS AG.
Um mit der Herausforderung Fahrermangel zukunftsorientiert umzugehen, hat es sich
ELVIS daher zur Aufgabe gemacht, gemeinsam mit Ihnen, den Mitgliedern, langfristige
Lösungsansätze zu entwickeln und konkrete Handlungsoptionen für die Betriebe
abzuleiten.
Es geht uns um ein Umdenken im Umgang mit dem
Fahrpersonal. Dazu verfolgen wir einen Ansatz, der sich
mit verschiedenen Bereichen im Zusammenhang mit
dem Fahrermangel heute und morgen befasst.
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ELVIS „Projekt Fahrpersonal“
Aufgabenstellung aus den Reihen der Mitglieder
ELVIS AG
Projektgruppe
intern
Externe Experten
& Berater
Entwicklung von verschiedenen
Handlungsempfehlungen & MaßnahmenM MM M
Hilfe bei der
individuellen Analyse
Aktions-
kreis
ELVIS
Mitglieder
Hilfe bei
Implementierung
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Drei Ansatzpunkte
Fahrerbindung – Wie können wir unser Fahrpersonal halten und langfristig an das
Unternehmen binden?
Fahrerrekrutierung – Welche Wege und Maßnahmen gibt es, um Fahrpersonal zu
finden?
Berufsbild heute und morgen – Wie können wir das Image des Fahrerberufs verbessern und den Beruf auch für Nachwuchskräfte wieder attraktiv machen?
Quelle: ©Thomas Söllner/fotolia
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Bindung
Fahrpersonal
Quelle: ©bbernard/Shutterstock
Emotionale Einflussfaktoren:
- Kommunikation
- Betreuung
- Wertschätzung
- Auszeichnungen
- Einbindung
- Berufliche Entwicklung
- Stärkung/Aufwertung des
Berufsbildes
- …
Materielle
Maßnahmen
Monetäre
Vergütungsformen:
- Lohn
- Prämien
- Spesen
- Boni
- Sonderzahlungen
- …
Materielle
Zuwendungsformen:
- Geldwerte Vorteile
- Mitarbeiterrabatte
- Zeitmodelle
- Sportkurse u.ä.
- LKW Ausstattung
- z.B. Regenerations-
matratze
- Präsente
- PKW
- …
Kategorisierung der Maßnahmen
Monetäre
Maßnahmen
Emotionale
Maßnahmen
Emotionale
Verbundenheit
Emotionale
Verbundenheit
Mitarbeiterbindung
Bindungskriterien für Mitarbeiter: Warum bleibt ein Mitarbeiter langfristig bei einem Arbeitgeber?
Rationale
Verbundenheit
Verhaltensbedingte
Verbundenheit
Normative
Verbundenheit
Arbeit-
nehmer
Kosten-Nutzen-
Abwägung
(Lohn/Gehalt)
Festhalten am
Gewohnten
Pflichtgefühl
Spaß an der Arbeit,
Zusammenhalt mit den
Kollegen und im Team
Quelle: Eigene Darstellung nach Wolf 2014
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Auslöser für Arbeitgeberwechsel
Studie des ELVIS Mitglieds BTK unter
eigenen Fahrern:
Es gibt verschiedene Gründe, den
Arbeitgeber zu wechseln. Die
Unzufriedenheit mit dem Gehalt ist
dabei jedoch nur auf Rang 4.
Spitzenreiter sind das Betriebsklima,
die schlechte Disposition und der
Druck zur Lenk- und
Ruhezeitenmissachtung.
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Einflussfaktoren
Studie der Universität
Stuttgart:
„Welche Faktoren
beeinflussen die
Zufriedenheit?“
Lohn/Gehalt spielen eine
untergeordnete Rolle und
auch hier wird sichtbar,
dass der Umgang durch
Vorgesetzte und bei
Arbeitsanweisungen
besonders wichtig sind.
Quelle: Eigene Darstellung nach Breitling/Large 2013
0,033
0,036
0,060
0,076
0,133
0,151
0,157
0,246
0,372
ARBEITSMENGE
KOLLEGEN
LOHN/GEHALT
ZEITDRUCK
ARBEITSBEDINGUNGEN
VARIATION DER AUFGABEN
ARBEITSZEIT
ARBEITSANWEISUNGEN
VORGESETZTE
EINFLUSS AUF DIE ZUFRIEDENHEIT
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Trotzdem… die Unzufriedenheit mit dem Lohn groß
Studie der Universität
Stuttgart:
„Wie hoch ist der
Zufriedenheitsgrad mit
bestimmten
Rahmenbedingungen?“
Hier zeigt sich, dass
neben Lohn/Gehalt vor
allem die Zufriedenheit
mit den Arbeitszeiten
gering ist.
2,32
2,64
2,77
3,02
3,05
3,1
3,13
3,35
3,64
LOHN/GEHALT
ARBEITSZEIT
ARBEITSBEDINGUNGEN
ZEITDRUCK
ARBEITSMENGE
ARBEITSANWEISUNGEN
VORGESETZTE
VARIATION DER AUFGABEN
KOLLEGEN
SKALA 1-5
Quelle: Eigene Darstellung nach Breitling/Large 2013
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Aber… Geld allein ist nicht die Lösung
Die Auswertungen zeigen, dass die Zufriedenheit des Fahrpersonals mit
Lohn/Gehalt gering und die gerade stattfindende Anpassung notwendig ist. Aber
die Zufriedenheit ist nur bedingt von der finanziellen Vergütung abhängig.
Achtung: Unzufriedenheit entsteht insbesondere bei Lohn-Ungerechtigkeit
innerhalb des eigenen Unternehmens – nicht so sehr im Vergleich nach außen.
Das Arbeitsumfeld, der Umgang mit den Menschen und die Wertschätzung
der Berufskraftfahrer insgesamt spielen eine wichtige Rolle.
Diese Forschungsergebnisse korrelieren mit der Bedeutung der emotionalen
Verbundenheit mit dem Arbeitgeber.
Emotionale Einflussfaktoren:
- Kommunikation
- Wertschätzung
- Auszeichnungen
- Einbindung
- Berufliche Entwicklung
- Stärkung/Aufwertung des
Berufsbildes
- ….
Materielle
Maßnahmen
Monetäre
Vergütungsformen:
- Lohn
- Prämien
- Spesen
- Boni
- Sonderzahlungen
- ….
Materielle
Zuwendungsformen:
- Geldwerte Vorteile
- Mitarbeiterrabatte
- Zeitmodelle
- Sportkurse u.ä.
- LKW Ausstattung
- Präsente
- PKW
- ….
Rückblick auf die Kategorien
Monetäre
Maßnahmen
Emotionale
Maßnahmen
Emotionale
Maßnahmen
Maßnahmen, die die emotionale Verbundenheit der Mitarbeiter mit
dem Unternehmen stärken, sind somit im Hinblick auf die
Mitarbeiterbindung – insbesondere langfristig – wesentlich
erfolgversprechender, als „einfach mehr Geld“ zu bezahlen.
Ist die emotionale Verbundenheit stark und stabil, so „ertragen“
Mitarbeiter auch Defizite in anderen Bereich zumindest
vorübergehend.
Emotionale Verbundenheit – Emotionale Maßnahmen
Emotionale
Maßnahmen
Bsp. Anerkennung für unfallfreies Fahren
Ansatzpunkt: unfallfreies Fahren Führen Sie in Ihrem Betrieb ein System zur Anerkennung für unfallfreies Fahren ein.
Systematik:
Belobigen Sie ab sofort alle Fahrer, die in einem Zeitraum von 12 Monaten keinen Verkehrsunfall
verursacht haben bzw. an einem Verkehrsunfall beteiligt waren. (Unfallfrei)
Anerkennung:
1. Persönliches Gespräch mit dem Chef (Lob)
2. Übergabe einer finanziellen Anerkennung (ggf. Aufstieg in einer andere Lohnklasse)
3. Übergabe einer Auszeichnung Plakette für LKW und Award
4. Abzeichen für die Fahrerjacke
5. Veröffentlichung am schwarzen Brett, Artikel Hauszeitung, Facebook-Post…
Emotionale
Maßnahmen
Bsp. Anerkennung für unfallfreies Fahren
Umsetzungsdetails
1. Persönliches Gespräch mit dem Chef (Lob)
1.1. Nehmen Sie sich die Zeit, um mit den Fahrer persönlich zu sprechen
1.2. Bereiten Sie sich auf das Gespräch vor. (Sie müssen wissen, welche Tour der Fahrer fährt,
wie lange er im Unternehmen ist….)
1.3. Übergeben Sie einen symbolischen Scheck mit dem Anerkennungsbetrag und einen
Sachpreis
1.4. Begrenzen Sie das Gespräch auf 10 Minuten
1.5. Machen Sie ein Foto vom Fahrer und Ihnen und veröffentlichen Sie dieses intern (ggf.
extern)
2. …..
Emotionale
Maßnahmen
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Bereitschaft und
Fähigkeit
Quelle: ©Yakov Stavchansky/fotolia
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Vom Wollen und vom Können…
Neben der Frage, ob die Kraftfahrer dazu bereit sind, ihren Beruf weiter
auszuüben – also der Frage, ob diese ihren Beruf weiter ausüben wollen – stellt
sich aber auch die Frage nach der Fähigkeit – also dem Können.
Können Berufskraftfahrer ihren Beruf überhaupt weiter ausüben – gerade vor
dem Hintergrund des steigenden Durchschnittsalters? Hierbei spielt vor allem
die Frage der körperlichen Gesundheit eine entscheidende Rolle, denn die
Arbeitsfähigkeit hängt sowohl mit dem Alter als auch mit der Dauer der Tätigkeit
zusammen.
Berufsbedingter Bewegungsmangel und teilweise ungesunder Ernährung
machen die Situation nicht einfacher.
Quelle: Breitling/Large 2013
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Gesundheitsmanagement fehlt
Quelle: Eigene Darstellung nach Breitling et al. 2015
0,00
0,50
1,00
1,50
2,00
2,50
3,00
3,50
4,00
4,50
… verschiedene Maßnahmen
(ausgeblendet)
… Schulung im Umgang mit
Gesundheitsgefährdungen
… Maßnahmen gegen den
Bewegungsmangel
… (arbeits-)medizinische
Betreuung
… Prämien für eine
kostengünstige Fahrweise
Welche Maßnahmen wären förderlich, sind aber kaum umgesetzt?
umgesetzt wäre förderlich Differenz
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Kooperationen von ELVIS
Quelle: DocStop für Europäer e.V. www.docstop.eu
ELVIS ist bereits seit Jahren Förderer
des Vereins DocStop für Europäer
e.V., der sich für die „…bessere(n)
medizinische(n) Unterwegsversorgung
für alle … Berufskraftfahrer/innen auf
den transeuropäischen
Verkehrswegen…“ einsetzt.
DocStop kooperiert dazu mit über 450
Ärzten in Deutschland und in
Österreich.
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Kooperationen von ELVIS
Quelle: www.elvis-truckstar.com
ELVIS kooperiert mit dem Hersteller
Wohlana und bietet bei „ELVIS
TRUCKSTAR“ zwei medizinische
Matratzen für den LKW an.
Die Matratzen sorgen dafür, dass das
Körpergewicht absorbiert werden
kann, sodass die Wirbelsäule gerade
liegt. Die Schwingung dient zudem der
optimalen Regenration und der
Vorbeugung von
Rückenbeschwerden.
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Gesellschaftlicher &
Politischer Einfluss
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Gesellschaftliche Sicht auf den Beruf
Die Gesellschaft schenkt der Gruppe
der Berufskraftfahrer keine
angemessene Wertschätzung.
72 % stimmen zumindest eher zu,
dass sie ein schlechtes Ansehen in
der Öffentlichkeit haben.
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Vielschichtige Aufgabe
Die Erkenntnisse aus der Forschung und aus der Praxis zeigen, dass das Thema
Fahrermangel vielschichtig ist und es nicht mit einigen, wenigen Maßnahmen
getan ist.
Insbesondere die langfristige Sicherung von Nachwuchs kann nur dann
gelingen, wenn ein anderer Blickwinkel auf den Beruf entsteht und die
Gesellschaft die Bedeutung des Beitrags von LKW Unternehmern und ihren
Berufskraftfahrern erkennt und wertschätzt.
Wir wollen daher mittelfristig nicht nur in die eigenen Betriebe schauen, sondern
auch Zeichen der Wertschätzung nach außen sichtbar machen und den Blick
auf den Beruf und unsere „Helden des Alltags“ verändern.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!