PS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik Ein paar...

Post on 10-Aug-2019

219 views 0 download

Transcript of PS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik Ein paar...

PS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

Ein paar Grundlagen

Andrea Kowalski

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

2

Semantische Strukturen

• Strukturalistische Sichtweise: Sprache alsNetzwerk systematischer Relationen zwischensprachlichen Einheiten

• semantische Einheiten = Lexemegehe, gehst, ging ...Idiome (ins Gras beissen, jemanden übers Ohrhauen ...)

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

3

Lexikalische Relationen:Synonymie

• Bedeutungsgleichheit

Briefträger : Postbote

• wenige echte Synonyme(sprachl. Ökonomie: Taxi : †Kraftdroschke)

• häufig stilistische, regionale ... Unterschiede

Geld, Kohle, Knete, Moneten ...

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

4

• Ersetzbarkeit salva veritate als def. Kriterium:Ein Ausdruck a ist synonym zu einem Ausdruckb, gdw. die Ersetzung von a durch b (undumgekehrt) in einem Aussagesatz dessenWahrheitsbedingungen nicht ändert.

Hans arbeitet als Briefträger / Hans arbeitet alsPostboteEr ist gestorben / Er ist abgekratzt.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

5

Lexikalische Relationen/Synonymie

• Unterschiede in gram. Merkmalen möglich:

Kartoffel (fem.) : Erdapfel (masc.)

Er wirft die verschimmelte Kartoffel weg.* Er wirft die verschimmelte Erdapfel weg.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

6

Lexikalische RelationenHyponymie

• ein Ausdruck a ist ein Hyponym (Unterbegriff)eines Ausdrucks b, gdw. alles, das unter b fällt,auch unter a fällt

• Hyperonym: Oberbegriff

Hund : Säugetierhellblau : blau(sich) fortbewegen : gehen

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

7

Lexikalische RelationenHyponymie

• operationaler Test:

Ein Ausdruck a ist hyponym zu einem Ausdruckb, gdw.:Jeder Aussagesatz S1, der a enthält, impliziertden entsprechenden Aussagesatz S2, den manerhält, indem man in S1 a durch b ersetzt.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

8

Lexikalische RelationenHyponymie

Ulli hat eine Banane gegessen.=> Ulli hat (ein Stück) Obst gegessen.

Andrea hat zwei Katzen.=> Andrea hat zwei Säugetiere. :-)

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

9

Lexikalische RelationenHyponymie

• Test ist kontextsensitiv:

Ulli hat keine Banane gegessen=/=> Ulli hat kein Obst gegessen

Andrea mag Katzen=/=> Andrea mag Säugetiere

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

10

Lexikalische RelationenMeronymie

• Ein Ausdruck a ist ein Meronym einesAusdrucks b (Holonym), wenn a einen Teil von bbezeichnet

• Tests:Ein b hat (ein) a.Ein a ist ein Teil eines b.

Arm : Hand, Baum : Ast

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

11

Lexikalische RelationenMeronymie

• Im Unterschied zu Hyponymie/Hyperonymie nureingeschränkt transitiv:

Banane : Obst : LebensmittelArm : Hand : Daumen

*Ein Arm hat Daumen.* Der Daumen ist Teil des Arms.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

12

Lexikalische RelationenMeronymie

• Meronymie als Menge verschiedenersemantischer Relationen:

Der Zweig ist Teil des Baumes.Der Baum ist Teil des Waldes.

* Der Zweig ist Teil des Waldes.

Teil : Objekt (Zweig : Baum)Mitglied : Gruppe (Baum : Wald)

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

13

Lexikalische Relationen:Mehrdeutigkeit

• Polysemie: ein Lexem, das mehrere verwandteBedeutungen hat (aus einer Grundbedeutungableitbar)grün: „unerfahren“, „frisch“, „roh“

• Homonymie: mehrere gleichlautende Lexememit verschiedenen Bedeutungen

Der Zug entgleiste auf der Strecke SB – Mannheim.

Nach dieser Beleidigung entgleisten ihm die(Gesichts-)Züge.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

14

Lexikalische Relationen:Kompatibilität/Inkompatibilität

• Inkompatibilität:Zwei Ausdrücke a und b sind inkompatibel,wenn sie nicht gleichzeitig auf dieselbe Entitätzutreffen können.

Molly ist eine Katze und ein Kater / ein Hund undeine Katze.Hans war auf der Party sternhagelvoll undnüchtern.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

15

Lexikalische Relationen/Gegensätze: Komplementarität

• Gegensatzpaare, die einen Bereich „komplettabdecken“

verheiratet : ledig, wahr : falsch, an : aus

* Das Licht ist weder an noch aus.Uli ist weder ledig noch verheiratet.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

16

Lexikalische Relationen/Gegensätze: Komplementarität

• Test:Negation von a impliziert b (und umgekehrt)Zutreffen von a impliziert Negation von b (undumgekehrt)

Das Licht ist nicht an. => Das Licht ist aus.Das Licht ist nicht aus. => Das Licht ist an.Das Licht ist an. => Das Licht ist nicht aus.Das Licht ist aus. => Das Licht ist nicht an.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

17

Lexikalische Relationen/Gegensätze: Komplementarität

• nicht steigerbar/graduierbar:

* Hans ist lediger als Uli.Uli ist sehr verheiratet.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

18

Lexikalische Relationen/Gegensätze II: Antonymie

• Gegensatzpaare, die einen Bereich nicht„komplett unter sich aufteilen“:

jung : alt, schön : hässlich, kalt : warm

Elke ist weder schön noch hässlich.Heute ist es weder richtig warm noch richtig kalt.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

19

Lexikalische Relationen/Gegensätze: Antonymie

Zutreffen von a impliziert Negation von b (undumgekehrt)

Elke ist schön. => Elke ist nicht hässlich.Elke ist hässlich. => Elke ist nicht schön.Draußen ist es kalt. => Draußen ist es nichtwarm.Draußen ist es warm. => Draußen ist es nichtkalt.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

20

Lexikalische Relationen/Gegensätze II: Antonymie

• Antonyme sind graduierbar/steigerbar:

Elke ist sehr schön.Elke ist schöner als Erika.Draußen ist es schrecklich kalt.Im Keller ist es kälter als im Hausflur.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

21

Lexikalische Relationen/Gegensätze II: Antonymie

• In Antonympaaren ist einer der beidenAusdrücke oft „unmarkiert“:

Wie alt ist deine Tochter denn inzwischen?Wie jung ist deine Tochter denn inzwischen?

Sie ist jetzt schon 6 Jahre alt.=/=> Sie ist jetzt schon alt.

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

22

Semantische Dekomposition

• Welche Gründe sprechen dafür, Wortbedeutungen zuzerlegen?

• Simplizia können dieselbe Bedeutung haben wiekomplexe Ausdrücke

• Innerhalb bestimmter Paradigmen lassen sichBedeutungsbestandteile im Kontrast zwischenlexikalischen Einheiten ausmachen

• Die Satzsemantik kann Zugriff auf lokalisierbareTeilbedeutungen von Wörtern haben

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

23

Semantische Dekomposition

• Bedeutungen, die in (einer Sprache) durchSimplizia ausgedrückt werden, können (in eineranderen Sprache) auch mit komplexenAusdrücken verbunden sein

timber : Bauholz

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

24

Semantische Dekomposition

2. Bestimmte semantische Kontraste tauchen mehrfachinnerhalb eines Paradigmas (z.B. Gattungsnamen) auf:

Frau Mann KindStute Hengst FohlenHenne Hahn Küken...derselbe Bedeutungsaspekt = dasselbe semantischeMerkmal

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

25

Semantische Dekomposition

• Bedeutungen lassen sich in einzelne„Bestandteile“ (semantische Merkmale)zerlegen:

Frau: menschlich, erwachsen, weiblichMann: menschlich, erwachsen, männlichMädchen: menschlich, nicht erwachsen, weiblich

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

26

Semantische Dekomposition

• erlaubt generalisierende Aussagen überBedeutungszusammenhänge, z.B.:

die semantischen Merkmale eines Hyponymsstellen eine echte Obermenge der semantischenMerkmale seines Hyperonyms dar

Junggeselle: menschlich, erwachsen,männlich, unverheiratet

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

27

Semantische Dekomposition

• Möglichst wenige semantische Merkmale, die inmöglichst vielen Bedeutungen vorkommen, füreine möglichst vollständige Darstellung derBedeutungsbeziehungen

• Theoretischer Anspruch: alle lexikalischenEinheiten einer Sprache so in semantischeMerkmale zu zerlegen, dass sich die Bedeutungjeder lexikalischen Einheit von der jeder anderenunterscheidet (außer natürlich echte Synonyme).

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

28

Semantische Dekomposition

++++----equide

----++++bovide

-++-++-++erwachsen

-+-+-+weibl.

---------++++menschl.

+++++++++++++belebt

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

29

Semantische Dekomposition

• Probleme:

• Existenz semantisch primitiver Merkmale (alssemantische Universalien)

• Regeln für Kombinationsmöglichkeiten(*[+verheiratet, -belebt])

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

30

Semantische Dekomposition

3.Die Satzsemantik hat Zugriff auf lokalisierbareTeile von Wortbedeutungen:

Hans hat das Fenster geöffnet.

x öffnet y: „x verursacht, dass y offen ist“

„Hans hat verursacht, dass das Fenster offen ist“

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

31

Semantische Dekomposition

3.Die Satzsemantik hat Zugriff auf lokalisierbareTeile von Wortbedeutungen:

Hans hat das Fenster wieder geöffnet.a) Hans verursachte, dass das Fenster wieder

offen istb) Hans verursachte wieder, dass das Fenster

offen ist

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

32

Semantische Dekomposition

• Komplexe Bedeutungen:

töten: X verursacht (Y verändern zu(Y nicht leben))

Y belebtgeben: X verursacht (Y hat Z)

• Vermehrung (komplexer) semantischerMerkmale

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

33

Semantische Dekomposition

• Erfassung der Bedeutungsunterschiedezwischen:

Hans tötet Uli.Uli tötet Hans.

töten: XS verursacht (YO verändern zu(YO nicht leben))

YO belebt

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

34

Semantische Dekomposition

• nur selten Synonymie von Zerlegungsstrukturund analysiertem Wort

töten: XS verursacht (YO verändern zu(YO nicht leben))

YO belebt

+ ???

05.05.03 Andrea KowalskiPS Lexikalische Semantik und Korpuslinguistik

35

Semantische Dekomposition

• nur selten Synonymie von Zerlegungsstrukturund analysiertem Wort

töten: „direkte Verursachung“

• abstrakte semantische Merkmale/Operatoren